1 Gutachtengrundlagen Bereich psychischer Störungen Das Problem der Aussagenvalidität 2 Gliederung Einführung ICF Gutachtenablauf Validität der Symptomvermittlung Aufbau des Gutachtens Mängel im Gutachten Störungen Dargestellt sind die Anteile (%) der sechs w ichtigsten Krankheitsarten an den Arbeitsunfähigkeitstagen von 2000 bis 2013, gemittelt über die großen gesetzlichen Krankenkassen und gew ichtet anhand der jew eiligen Versichertenzahl. In den Wert für die Jahre 2000 bis 2002 gingen die Angaben folgender Krankenkassen ein: AOK, BKK, DAK, TK, GEK. In den Wert für die Jahre 2003 bis 2008 gingen die Angaben folgender Krankenkassen ein: AOK, BKK, DAK, TK, GEK, BEK. In den Wert für das Jahr 2009 gingen die Angaben folgender Krankenkassen ein: AOK, BKK, DAK, TK, BEK. In den Wert für die Jahre 2010 bis 2013 gingen die Angaben folgender Krankenkassen ein: AOK, BKK, DAK, TK, B-GEK. 3 Arbeitsunfähigkeitsfälle 4 AU Tage im Vergleich Der Krankenstand im Osten wird durch eine ungünstigere und im Westen durch ein günstigere Versicherten- sowie Wirtschaftsstruktur beeinflusst. Das Meldeverhalten der Versicherten im Osten führt im Vergleich zum Meldeverhalten der Versicherten im Westen zu einer exakteren Erfassung des Krankenstandes. DAK-Gesundheit 2006 5 Kumulierte Verteilung des Berentungsalters FDZ-RV – SUFRTZN03XVSTEM 6 Hauptursachen der Arbeitsunfähigkeit Arbeitsunfahigkeitstage ICD 10 V IX Produktionsausfall kosten Mio. % Mrd. € vom Bruttonationaleinkommen in % 59,2 12,9 5,9 0,2 10,3 0.4 26,9 5,8 2,7 0,1 4,7 0,2 Diagnosegruppe Psychische und V erhaltcnsstörungen Krankheiten des Kreislaufsystems Ausfall an Bruttowertschöpfung Mrd. € vom Bruttonationaleinkomnien in % X Krankheiten des Atmungssystems 65,1 14,1 6,5 0,3 11,3 0.4 XI Krankheiten des Verdauungssystems 25,5 5,5 2,5 0,1 4,4 0,2 XIII Krankheiten des MuskelSkelettSystems und des Bindegewebes 99,7 21,6 10,0 0,4 17,3 0,7 XIX Verletzungen, Vergiftungen 52,9 11.5 5,3 0,2 9,2 0,4 Übrige Krankheiten 131,3 28,5 13,1 0,5 22,8 0,9 Alle Diagnosegruppen 460,6 100,0 46,0 1,8 80,0 3,1 alle anderen 1 - XXI Rehabilitationsanträge (Psyche) 7 300.000 71.397 250.000 65.554 150.000 100.000 46.513 58.474 45.219 54.265 54.061 55.764 112.568 112.713 114.542 67.651 61.510 58.321 58.652 58.778 200.000 74.682 49.702 50.823 50.884 64.330 65.832 58.439 52.831 124.028 103.715 94.921 97.336 64.096 65.791 62.194 60.857 60.748 135.727 140.514 129.845 124.953 126.539 119.949 50.000 0 1993 1994 1995 1996 1997 Gesamt 1999 1998 1999 männlich 2001 2002 2001 weiblich 2003 2002 2003 1993 1994 1995 1996 1997 1998 2004 2005 112.568 112.713 114.542 124.028 94.921 97.336 103.715 119.949 135.727 140.514 129.845 124.953 126.539 männlich 54.265 54.061 55.764 58.474 49.702 50.823 52.831 58.439 64.330 65.832 62.194 60.857 60.748 w eiblich 58.321 58.652 58.778 65.554 45.219 46.513 50.884 61.510 71.397 74.682 67.651 64.096 65.791 Ges amt 2000 2000 2004 2005 8 9 Grundlage • z.B. Verlust einer Körperfunktion • Chronische Schmerzen • Medizinische Maßnahmen • Unfall • Umfeldfaktoren • Primäre soziale Funktionsfähigkeit, Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, • Einbettung ins Sozialgefüge • Struktur der Region • Soziale Unterstützung • …. Psyche • Funktionseinschränkung • Strukturschaden • Fähigkeitsstörung Soziale Kompenente Primäre und sekundäre psychische Ursachen Soma 10 • Körper- und Funktionsbild des Menschen (Repräsentante) • Primärpersönlichkeit • Umgang mit Hilfe, Bindung (Einbettung der Hilfe in die Biografie) • Aktuelle Stabilität, Selbstwert und Selbst – Stabilität • Usw. 11 Voraussetzung bei psychischen Störungen störungsbedingter Leistungseinbußen Bio Scham: Stigmatisierungstendenzen in der Gesellschaft Verzögerte Hilfesuche und Chronifizierung individuelle Dispositionsfaktoren –Psycho soziale Gegebenheiten – Sozial 12 ICF, WHO 2001 Leistungsfähigkeit (capacity) •maximale Leistungsniveau einer Person •Aufgabe oder Handlung •unter Test- bzw. •Standard-oder •hypothetischen Bedingungen Leistung (performance) •Tatsächliche Durchführung einer Aufgabe oder Handlung einer Person •Gegebenheiten des Kontextes (Umw eltfaktoren, personbezogene Faktoren) spezielle Kontextfaktoren, •z. B. die Vermittelbarkeit am Arbeitsmarkt, die bestehende Arbeitslosigkeit, die „Entw öhnung“ von einer beruflichen Tätigkeit oder das Lebensalter des Versicherten •Sind nicht zu berücksichtigen. Ausmaß der Kompensationsfähigkeit •Organ- als auch auf Aktiv itäts- und Teilhabeeben 13 Beurteilung der Leistungsfähigkeit •Analyse einzelner Störungsebenen •Ressourcen inkl soziale Umfeld berufliche und die medizinische Einschätzung •Zusammenwirken unterschiedlicher Experten •Ärztliche, (psycho)therapeutische •Berufspädagogische, soziotherapeutische Fachkräften Ziel einer Maßnahme (Therapie) •Funktions-, Aktiv itäts- oder Teilhabeeinschränkungen •Möglichkeit persönliche Zukunft selbst zu gestalten •Fokus Beruf Durchführung einer Therapie /Prognose •Störungsbild nicht akut behandlungsbedürftig •Sinn der Maßnahme muss v erstanden, bejaht werden •ausreichende Belastbarkeit •hinreichende Erfolgsaussicht •v erwertbare Leistungsfähigkeit (allgemeine Arbeitsmarkt) •Abwenden einer Gefahr einer Minderung der Leistungsfähigkeit im EW •unabhängig v om Alter ICF 14 Gesundheitsproblem (Gesundheitsstörung oder Krankheit) Körperfunktionen Und Strukturen Aktivitäten Umweltfaktoren Partizipation (Teilhabe) Personenbezogene Faktoren 15 Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF): Körperfunktionen Körperstrukturen Ebene der Aktiv itäten •Aufgaben, Handlungen durchführen •Leistung unter Alltagsbedingungen (Leistungsfähigkeit) Dimensionen der Persönlichkeit •Emotion, •Kognition •Antrieb, Energie •Reflexion •Intelligenz somatische, psychische und soziale Einflussfaktoren 16 Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF): Somato- psycho - sozial Folgen einer somatischen Störung /eines Unfalls Einschränkungen bei psychischen Störungen Beeinträchtigungen auf der Ebene der „Teilhabe“ •Erleben eines U nfalls: Verschuldet , U nv erschuldet , Bew usst , Bew usstlos, Folgen usw . •Erleben einer Krankheit : St rafe, Schicksal, Auflehnung usw . •psy chische Belast barkeit •int erpersonelle Kont akt e •Problemlösefähigkeit •Ent scheidungsfindung •U mst ellungsfähigkeit (z. B. auf eine neue Berufssit uat ion) •Krankheit sbew ält igung •psy chische U nabhängigkeit •soziale I nt egrat ion •w irt schaft liche Eigenst ändigkeit Kontextfaktoren bzw. psychosoziale Konsequenzen der Erkrankung •Fest st ellung der Rahmenbeding ungen, die die Part izipat ion eines Menschen fördern oder behindern •W ahrnehmen aus der Perspekt iv e des Subjekt es in Gesellschaft und U mw elt •beruflichen Abst ieg, •Arbeit splat zv erlust , •soziale I solierung und St igmat isierung •Verlust sozialer U nt erst üt zung •Ausw irkungen auf •Bew ält igung der psy chischen St örung •Familie, Beruf und Freizeit 17 Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF): gestörte Selbstwerteinschätzung Unfähigkeit zur Ausgestaltung des persönlichen Lebensumfeldes Seelische Krankheiten Pseudoneurasthenisches Syndrom inadäquate Verarbeitung seelischer Störungen, Belastungen oder Spannungen 18 Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit Fragen Weshalb • Ist der Betroffene in der Lage, seine erworbenen Qualifikationen einzusetzen? • Hat seine Aktivitätseinschränkung von vornherein zu einer Unterqualifikation • Zu einer Beeinträchtigung der Teilhabe geführt • Kann der bisherige Beruf aufgrund der psychischen Störung/organischen Störungen, Medikamenteneinflüsse u. ä. nicht weiter ausgeübt werden • Somatische Einschränkung : „objektiv“? • Erleben der somatischen Einschränkung: „subjektiv“ • Folgen der Teilhabeeinschränkung • Biografischer Hintergrund (vorher – nachher Differenz) 19 Arbeitplatz vorbestehend Soziale Integration am derzeitigen oder letzten Arbeitsplatz Erkrankung, Unfall Handicaps Med. Soziale Maßnahmen zukünftige Arbeitsituation Persönliches Erleben Veränderbarkeit Kundenkontakt Veränderung im Tätigkeitsfeld Positiv, negativ z.B. Beschwerdemanagement, EDV usw. Qualifizierung Teamarbeit Konflikte Qualität der sozialen Arbeitsplatzkomponente Eigene Persönlichkeit Eigene Persönlichkeit Rolle und Struktur Rolle und Struktur Objektive Arbeitsanforderungen Optimal, zu hoch, zu niedrig (z.B. permanetes „Schwimmen“) Vorgesetztenverhalten (richtiges, falsches Mobbing) Subjektive Arbeitsanforderungen Kompetenzen, Flexibilität Konkordanz Rolle (subjektiv, objektive) Intelligenz, Reserven (zumutbare) Motivationsspannung Grad der Objektivität von anderen Menschen und der eigenen Person Weiter Fragen Kontakt zu seinen Eltern und Geschwistern? usw Haushaltssicherung, Umgang mit Finanzen Annahme von Sozialer Sicherung Partnerschaften (Form, Rolle usw), stabile /instabile Bindungen Ressource / Handicap Partner Form der Partnerinteraktion Überantwortung, Autonomie Konflikte Außenbereiche (Garten, usw.) Wohnen Beziehung, Art und Funktion, Partnerschaft Ablösungsschwierigkeiten v on seinen Eltern? Hotel Mama? Wohnsituation Selbstorganisation mit Lebensgrundlagen, Hygiene , Versorgung (Stumpf, Hautpflege) öffentliche Angebote (kulturelle Veranstaltungen; psychosoziale Versorgung usw.)? Teilhabe Familiäre Integration Physiotherapie Außenkont akte Basisversorgung Zuv erlässigkeit hinsichtlich der Mitwirkung Medikation Lebenspraktische Fertigkeiten hinsichtlich einer selbstständigen Lebensführung 20 20 Verpflichtungen Freizeit Tagesablauf Kontakte zu Nachbarn und anderen Personen im Wohngebiet Nimmt er am öffentlichen Leben teil (Vereine usw.) fester Freundeskreis am Wohnort? 21 Vorbereiten Anknüpfungstatbestände komprimieren auf die Fragestellung Explorand anschreiben •Oft sinnv oll v orher anrufen Anknüpfungstatbestände •Gegenstand fällt unter die eigene Kompetenz •Thesen aufstellen •Untersuchungsgang planen (ein /mehrere Termine) •Testpsychologie (I Q,) Symptomerfassungsteste nur flankierend nicht begründend 22 Eingangsschritte Ausweisung des Exploranden Wahrung der ärztlichen Schweigepflicht, des Persönlichkeitsschutzes und des Datenschutzes Gutachten ist Bestandteil eines VerwaltungsGerichtsverfahrens sprachliche Verständigung (Fremdsprache, Hörminderung) •Hinzuziehung eines (Sprachbzw. Gebärden-) Dolmetschers •Keine Angehbörige 23 Inhaltlich Hilfe seines medizinischen Fachwissens und seiner Erfahrung • verschiedene Dimensionen der Erkrankung und der gesundheitlichen Ressourcen • Erfassen • differenziert herauszuarbeiten • kritisch zu hinterfragen • auf den Hintergrund der qualitativen und quantitativen Funktionen, Fähigkeiten usw. nach Fragestellung verschiedenen Dimensionen des biopsycho-sozialen Modells • Modell klarifizieren, z.B. ICF oder Anlehnung (Mini ICF u.a.) 24 Problem der Gegenübertragung in der Begutachtungssituation Einfluss des untersuchten Probanden auf die emotionalen Reaktionen des Gutachters unbewusst Kulturgebundenheit von Leidenspräsentationen seelischer Hintergrund wird übersehen Ziel des Gutachtens Meiden einer Traumatisierung z.B. Aggression des Gutachters Nach eigenen Maßstab definiert er eine Täuschung Wünsche, Ziele und Lebenspläne des Probanden sind zu respektieren Neutralität des Gutachters 25 Zumutbare Willensanstrengung Arbeitsaufnahme entgegenstehe Hemmungen Können diese mit einer zumutbarer Willensanstrengung überwunden werden? Abgrenzung gegen Aggravation, Simulation (je bewusstseinsnäher, desto eher überwindbar) Juristischer Zeitraum 6 Monate 26 Aufbau des psychiatrisch-psychotherapeutischen Gutachtens 27 Aufbau Krankheitsvorgeschichte und derzeitige Beschwerden •Allgemeine Anamnese der körperlichen und psychischen Erkrankungen Familienanamnese •Für das psychiatrisch-psychotherapeutische Gutachten der Rentenversicherung sind nur wesentliche Angaben zur familiären Belastung - bezogen auf psychische Störungen – von Bedeutung. Familiäre Situation •Angaben zur familiären Situation und deren Belastungen •Freizeitverhalten, wenn sie für die Feststellung der Leistungsfähigkeit von Bedeutung sind 28 Aufbau Arbeits- und Sozialanamnese •Berufsausbildung mit/ohne Abschluss, •Arbeitsbiografie: Gründe für ev tl. Berufswechsel, Umschulung, •jetzige Tätigkeit mit Beschreibung des Arbeitsplatzes und der -atmosphäre, besondere psychische und physische Belastungen am Arbeitsplatz, betriebsärztliche Betreuung, •Weg zur Arbeitsstelle. •Dauer und Begründung für Arbeitslosigkeit und Arbeitsunfähigkeit. •Umstände der Antragstellung, bisherige Sozialleistungen •Angabe, warum und ggf. durch wen Aufforderung zur Antragstellung erfolgte. •Bisherige Gewährung von Sozialleistungen: z. B. medizinische/berufliche Rehabilitation, •Rente, Krankengeld, Leistungen des Versorgungsamts (GdB), Renten der Berufsgenossenschaft (MdE), Arbeitslosenunterstützung, Sozialhilfe. •Frühere und aktuelle weitere Anträge auf Sozialleistungen (u. a. auf Leistungen zur Rehabilitation, Rente, ggf. Rechtsmittelverfahren). 29 Aufbau Biographische Anamnese • psychodynamische und/oder kognitivlerntheoretischen Gesichtspunkten • Im Umfang und Differenziertheit angepasst an den Erfordernissen des Einzelfalls (bei Demenz verzichtbar) 30 Aufbau Körperlicher Untersuchungsbefund •einschließlich neurologischer Untersuchung Untersuchungsdurchführung 31 Psychische Softfacts - Hardfacts Selbstbild Umgang mit Affekten (Frustration) Impulskontrolle Vorstellung von Anderen Störungen in den Bereichen Frühere Erfahrungen (Lernen) Bindung Konfliktlösungen Orientierung Denken (formaler wie inhaltlicher Bereich) Affekt Aufmerksamkeit Störungen in den Bereichen Antriebs Gedächtnis Konzentrationsfähigkeit, 32 Aufbau Psychopathologie Deskriptiver Psychischer Befund •Querschnittsbefund •Längsschnittbetrachtung Qualität •in möglichst differenzierter Form •AMDP-System •„Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik“ (OPD) Schilderung des Ersteindrucks •phänotypische Beschreibung •Individualität des Betroffenen, angemessene, lebendige und bildhafte Vorstellung des Untersuchten •Kontrolle der Gegenübertragung •keine wertenden oder deutenden Elemente •Krankheits- und Selbsterlebens •Beziehungen •persönlichen Grundüberzeugungen •Einstellungen und der verfügbaren Ressourcen 33 Aufbau Psychopathologie Orientierung •Zur Zeit, zum Ort, zur Situation und zur Person Gedächtnis •Aufnahmespeicherung und auf den Abruf v on I nformationen •Eindrücke oder Erfahrungen längerfristig (länger als ca. zehn Minuten) zu speichern •labile Frischgedächtnis (bis etw a sechzig Minuten) (erhebliche Leistungsminderung) •stabile Altgedächtnis (Erinnerung an w eiter zurückliegende •Erfahrungen) Merkfähigkeit •Fähigkeit, sich frische Eindrücke über eine Zeit v on ca. zehn Minuten zu merken •drei einmal dargebotenen und v om Probanden wiederholten Zahlen oder Begriffen •leichten Störungen: eine oder zwei können spontan erinnert werden •Schwere Störung: kein Begriff wird gemerkt 34 Aufbau Psychopathologie Auffassung, Aufmerksamkeit/ Konzentrationsfähigkeit •Fähigkeit, Wahrnehmungen in ihrer Bedeutung zu begreifen und sinnv oll miteinander zu v erbinden •Ermüdung: abnehmen im Zeitv erlauf, Einschränkung der zeitlichen Leistungsfähigkeit •Auswirkung auf Güte und Tempo der zu leistenden Arbeit •Fokussierung der Aufmerksamkeit •Beibehaltung der Aufmerksamkeit •Verschiebung der Aufmerksamkeit •geteilte Aufmerksamkeit Flexibilität •bei wechselnden Anforderungen rasch geistig umzustellen •Strategienwechsel zum Problemlösen 35 Aufbau Psychopathologie Formales Denken • Geschwindigkeit (gehemmt, erregtes Denken) • Kontrolle (Ideenflucht) • Organisation (Zerfahrenheit) • Produktivität (Verarmung des Denkens) • Einschränkung der quantitativen Leistungsfähigkeit Inhaltliches Denken • Wahn, überwertiges Denken • Leistungsvermögen ist nicht unbedingt beeinträchtigt 36 Aufbau Psychopathologie Affektivität •Einschränkungen der Gefühle, Stimmungen, Emotionalität oder Schwingungsfähigkeit •schw ere Depressivität, ausgeprägte Angst, erhebliche I nsuffizienzgefühle •Problem für das qualitativ e Leistungsvermögen Antrieb •Vitalität, I ntentionalität (Störungen des gezielten Antriebs) •Grundlage für die Erfüllung gezielter Aufgaben •Minderung der zeitlichen Leistungsfähigkeit Weitere relevante psychische Dimensionen •bei somatoformen Störungen das Krankheitsverständnis und das Selbsterleben der Betroffenen auf der psychov egetativen Ebene •subjektiv es Krankheitserleben, Krankheitseinsicht, Ursachenattribuierung („schicksalhaftes Erleben“) •I ntrospektionsfähigkeit, Psychogeneseverständnis, Veränderungsmotivation •Ressourcen: perfektionistischer Leistungsanspruch, Pflichtgefühl, Durchsetzungsvermögen, Konfliktfähigkeit oder Selbstwirksamkeitserleben 37 Psychodynamische Diagnostik Krankheitserleben und Behandlungsvoraussetzungen (VT) • Patient abholen, • wo er steht: Beschwerdesym ptomatik • Was er erwartet“: Therapieerwartun g. • Mehr Erleben als Verhalten, (Motivation, Ressourcen) valide Beziehung •W echselspiel v on Übertragung und Gegenübertragung •Kategoriensystem beobachtungsnaher Verhaltensweisen mit freier Kombinationsmöglichkeit Konflikt , zent rale Rolle innerer Konflikte Struktur •Qualitäten bzw. Insuffizienzen psychischer Strukturen •Möglichkeit bzw. Unmöglichkeit zur inneren und äußeren Abgrenzung, •die Fähigkeit bzw. Unfähigkeit zur Selbstwahrnehmung und Selbstkontrolle u.a psychische und psychosomatische Störungen •deskriptivphänomenologische Diagnostik (ICD-10, DSMIV) 38 Testdiagnostische Zusatzuntersuchungen im Rahmen der psychiatrisch /psychotherapeutischen Begutachtung Ergänzung zur psychiatrisch-psychotherapeutischen Befunderhebung •klinische Psychologie •Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologie •persönlichkeits- und leistungsdiagnostische Instrumente •An die Mitarbeit der Probanden gebunden •Auswahl ist an die Fragestellung gebunden •drei primären Gütekriterien: Objektivität, Reliabilität, Validität •kritische Gewichtung, Interpretation und Wertung der ermittelten Testergebnisse Rein ergänzende Verfahren •Erhöhung der klinischen Aussagekraft •Gedächtnis (verbale, visuell-räumliche, numerale Merkfähigkeit; Wiedererkennungs-Reproduktionsleistung; Spanne des Arbeitsgedächtnisses, Langzeitgedächtnis) •Wahrnehmung/Visuomotorik; Denk- und Problemlösefähigkeit •Umstellungsfähigkeit als kognitiver Stil, Interferenzfreiheit, Verarbeitungskapazität, Bearbeitungsgeschwindigkeit z. B. bei geistiger Tempoarbeit •Allgemeines Wissen, verbales (= kristallines, überwiegend bildungsabhängiges) intellektuelles Leistungsniveau Allgemeine intellektuelle Leistungsfähigkeit •Einstellung und Interessen, Überzeugung und Krankheitsbewältigungsstil •Persönlichkeitsfaktoren/-struktur, Selbstkonzept •Angst und Depressivität 39 Technisch - apparative Verfahren Nur bei Leistungsrelevanz • Elektroenzephalographie (EEG), Dopplersonographie, Elektromyographie (EMG), Elektroneurographie (z. B. Messung der Nervenleitgeschwindigkeit), evozierte Potenziale, craniale Computertomographie (CCT), Magnetresonanztomographie (MRT), funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) Positronenemissionstomographie (PET), Single PhotonEmissionscomputertomographie (SPECT) Aufwändige Verfahren • Duldungspflichtig (Zumutbarkeit) • Rücksprache mit dem Auftraggeber zur Abklärung der Kostenübernahme Labor • kann bei psychiatrisch- psychotherapeutischen Begutachtungen je nach Krankheitsbild sinnvoll sein • Serumspiegel bei Therapierefraktärer Situation (ggf. CDT etc. nur auf entsprechendem Hinweis) 40 Aufbau Klinische Diagnose • ICD-10, Kapitel V • Keine Relevanz für die Leistungsbeurteilung • ICF: • Aktivität und Partizipation • OPD • Operationalisierte psychodynamische Diagnostik (ggf. vor/nach Unfall, Erkrankung) 41 Epikrise zusammenfassende Darstellung der Erkrankungen • Lokalisation, Schweregrad sozialmedizinische Leistungsbeurteilung • Krankheiten ohne Bedeutung sind zu benennen Berücksichtigung • Verlauf jeder relevanten Erkrankung • Diskussion wichtiger Vorbefunde und ggf. differentialdiagnostische Überlegungen • Darstellung von Widersprüche (geänderte Diagnosen usw.) • Aussagen zur Dauer und Frequenz der Schübe bei schubweisem Krankheitsverlauf • prognostische Aussagen zum weiteren Verlauf, ggf. unter Einbeziehung von Anregungen zur Rehabilitation • Hinweise auf besondere Probleme bei der Begutachtung (Sprachkompetenz) • Anregung weiterer Begutachtungen mit Begründung 42 Sozialmedizinische Leistungsbeurteilung Profil der Funktionseinschränkungen Quantitativ Qualitativ Vorangegangene Gutachten Diskussion Berücksichtigung Rentenantragstellung Notwendigkeit einer Rehabilitation Einschätzung des Rehabilitationserfolges Leistungsvermögens im Erwerbsleben 43 Typische Mängel in psychiatrischen Epikrisen Weder Darstellung einer biographischen Entwicklung noch die einer spezifischen psychodynamischen Konstellation allein bedingt eine sozialmedizinische Beurteilung Fehlende Herausarbeitung in der psychodynamischen Konstellation Keine reine Empfehlung von therapeutischen Interventionen 44 Sozialmedizinische Beurteilung der Leistungsfähigkeit Qualitativ Fähigkeitsprofil des Versicherten Individuelles positives und negatives Leistungsbild Rückbezug auf die Gesundheitsstörungen in Beziehung zu den Anforderungen der zuletzt ausgeübten Tätigkeit Fähigkeiten unter Berücksichtigung festgestellte Funktionseinschränkungen qualitativ e Leistungseinschränkungen aus den Funktionseinschränkungen üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkt Hinblick auf die zumutbare körperliche Arbeitsschwere, die Arbeitshaltung und die Arbeitsorganisation noch v erfügt (positives Leistungsbild) geistig-psychische Belastbarkeit krankheitsbedingt nicht mehr bestehen (negativ es Leistungsbild) Sinnesorgane, Bewegungsund Haltungsapparat oder Gefährdungs- und Belastungsfaktoren 45 Sozialmedizinische Beurteilung der Leistungsfähigkeit Quantitativ kompensierbar Falls nicht , Ausprägung beschreiben. Teilzeitbeschäftigte Beurt eilung des Arbeit sv erhält nis mit Vollzeit t ät igkeit Arbeit sunfähigkeit ist nicht gleichzuset zen mit einem aufgehobenen Leist ungsv ermögen Lebensalt er des Versichert en nicht berücksichtigt werden kann Vermit t elbarkeit am Arbeit smarkt best ehende Arbeit slosigkeit "Ent w öhnung" v on einer beruflichen Tät igkeit "Doppelbelast ung", z.B. durch die Pflege v on Angehörigen Anerkennung eines GdB (Versorgungsamt ) oder einer MdE (Berufsgenossenschaft ); 46 Störungsspezifische Gesichtspunkte Einleitung 47 Organische, einschließlich symptomatischer psychischer Störungen (ICD-10: F00 - F09) organische Ätiologie • Primäre Hirnfunktionsstörungen: Erkrankungen, Verletzungen oder direkte Störungen des Gehirns • Sekundäre Hirnfunktionsstörungen: Mitbeteiligung des Gehirns im Rahmen von Systemerkrankungen Psychopathologie • Syndrome, die durch Beeinträchtigungen der kognitiven Funktionen wie Gedächtnis, Lernen, Merk- und Konzentrationsfähigkeit, intellektuelle Leistungsfähigkeit oder durch Bewusstseins- und Aufmerksamkeitsstörungen charakterisiert sind (Demenzen, HIV Encephalopathie) • Syndrome mit Auffälligkeiten im Bereich der Wahrnehmung (Halluzinationen), der Denkinhalte (Wahn), der Stimmung und der Gefühle (Depression, gehobene Stimmung, Angst) oder mit Einschränkungen im gesamten Persönlichkeits- und Verhaltensmuster (z.B. nach Tumore, Entzündungen, Alkohol) 48 Organische, einschließlich symptomatischer psychischer Störungen (ICD-10: F00 - F09) Gesundheitliche Integrität • globale (intellektuelle Fähigkeiten, Temperament oder emotionale Stabilität) und spezifische (Aufmerksamkeit, Gedächtnis, psychomotorische Akt ivität, Emot ion, Denken, Sprache sowie exekutive Funktionen wie Abstraktionsvermögen, Begriffsbildung, Planung, Flexibilität, Urteilsfähigkeit und Motivation) mentale Funktionen • Störungsmuster: Beeinträchtigungen der Aktivitäten im Bereich des Lernens, des Wissenserwerbs, der Problemlösung und der Kommunikat ion Verlauf und Prognose • Variabel, von vorübergehenden Einbußen bis zu einer irreversiblen, rasch fortschreitenden Entwicklung • Rückbildungsfähigkeit ist abhängig von der Grunderkrankung und der Trainingsmöglichkeit, individuelle Ressourcen, Coping-Strategien und Primärpersönlichkeit Sozialmedizinische Beurteilung • im Anfangsstadium schwer zu erkennen • Differentialdiagnose: Affektive und schizophrene Psychosen, Neurosen, . • Auswirkungen auf den Beruf, Neuropsychologie, • Cave Dissimulation • Je weiter das Primärereignis zurückliegt, desto besser die sozialmed. Beurteilung. • Rehabilitation sobald als möglich • Ziel ist ein Leistungsvermögen von 3 – 6 Stunden 49 Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen (ICD-10: F10 - F19) 3 % der Gesamtbevölkerung ist alkoholabhängig •ein geringer Teil der Betroffenen führt jemals eine Entwöhnungsbehandlung durch •schädlichen Gebrauch, der - ohne dass ein Abhängigkeitssyndrom besteht •Abhängigkeitssyndrom: • Vorliegen eines körperlichen Entzugssyndroms • Auftreten einer Toleranz • verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich des Beginns, der Beendigung und der Menge des Alkoholkonsums • starker Wunsch oder eine Art Zwang, Alkohol zu konsumieren • eingeengtes Verhaltensmuster im Umgang mit Alkohol • fortschreitende Vernachlässigung anderer Interessen zu Gunsten des Substanzkonsum Psychopathologie •sekundär-toxisch verursachten Schäden an den einzelnen Organen und Organsystemen •Einschränkungen des Kurz- und Langzeitgedächtnisses, ein Mangel an Einsichtsfähigkeit und in schweren Fällen auch Konfabulationen und Persönlichkeitsveränderungen •Auffälligkeiten im Bereich der Wahrnehmung, der Denkinhalte sowie der Stimmung und der Gefühle •Eifersuchtswahn oder Halluzinosen 50 Psychische und Verhaltensstörungen durch Gesundheitliche Integrität psychotrope Substanzen (ICD-10: F10 - F19) •Beeinträchtigung der Teilnahmemöglichkeit an Aktivitäten des täglichen Lebens •akute toxische Wirkung der Substanz •Entwicklung einer organisch- amnestischen Symptomatik •Persönlichkeitsveränderungen und -vergröberungen •seelische „Verwahrlosung“ Verlauf und Prognose •chronisch fortschreitend •Problem der Krankheitseinsicht, Behandlungsnotwendigkeit •Persönlichkeitsauffälligkeiten bzw. psychische Komorbiditäten liegen oft vor Beginn der Abhängigkeit oder des Schädlichen Gebrauchs vor (selbst teilhabeeinschränkend) •Problem Dissimulation •Durchführung von Laboruntersuchungen •Entwöhnungsbehandlung nach Entzug solange keine schweren kognitiven Ausfälle bestehen 51 Psychische und Verhaltensstörungen durch Störungen durch Opioide Substanzen (ICD-10: F10 - F19) psychotrope • eher seltenes Phänomen • 100 - bis 150.000 Opiatabhängigen in der BRD • Codein- und Morphinpräparaten sowie Abhängigkeiten von Schmerzmitteln führen nur selten zu organischen Störungen • jünger als Alkoholabhängige und chronische Hepatitis sowie HIVbedingte Erkrankungen • Primat: Einleitung einer Entwöhnungsbehandlung • Substitutionsprogramme: unter spezifischen Voraussetzungen kann auch der Rentenversicherungsträger als Kostenträger in Frage kommen Störungen durch Sedativa und Hypnotika • große Zahl von Betroffenen • Selten sozialrechtlich relevant 52 Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen (ICD–10: F20 – F29) Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen •schizophrenen Störungen (paranoide Schizophrenie, die Hebephrenie sowie die katatone Schizophrenie, postschizophrene Depression wie auch das schizophrene Residuum) die häufigste und wichtigste Diagnose dar. Psychopathologie •grundlegende Beeinträchtigungen des Denkens und der Wahrnehmung, formales Denken •inadäquate oder verflachte Affektivität, Ich – Störungen, Halluzinationen, Antrieb und Psychomotorik Wahn bis zum Wahnsystem Gesundheitliche Integrität •Störungen des Denkens, der Kognition, des Affektes, der Wahrnehmung und des Antriebes •Geordnete Handlungsabläufe und das Verfolgen von Intentionen können gestört sein •globale Einschränkungen auf der Ebene der Aktivitäten •in der Phase der akuten Erkrankung zu schweren Beeinträchtigungen in den Bereichen von Aktivitäten und Teilhabe •in den erscheinungsfreien Intervallen können durch Reaktionsbildungen des betroffenen Individuums oder seiner Umgebung eher mittelbare Beeinträchtigungen entstehen 53 Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Verlauf und Prognose Störungen •(ICD–10: beginnt zumeist in einem– Alter zwischen zwanzig und vierzig Jahren F20 F29) • Teil chronifiziert, führt zur Bildung eines Residuums • schlechte Prognose bezogen auf die Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben, Aktivitäten und Teilhabe • bedarf zumeist der Versorgung durch komplementäre Strukturen (betreute Wohnen, Tagesstätten, Heime, Selbsthilfefirmen und Werkstätten ) Sozialmedizinische Beurteilung • Frage zum Tagesablauf, Möglichkeit einem Fernsehfilm vollständig zu folgen • häufig ein vorzeitiges Abflachen der Leistungskurve • quantitative Leistungsvermögen ist auf eine Stundenzahl von weniger als sechs Stunden am Tag reduziert • Vorsicht vor voreiligen Prognosen (überraschende Verläufe) • Möglichkeit einer späteren Rehabilitation beachten 54 Affektive Störungen (ICD-10: F30 - F39) Psychopathologie •durch phasenhaft auftretende Veränderungen der Stimmung und der Antriebslage •gehobene oder gereizte Stimmung mit v ermehrtem Antrieb, Überaktivität, Rededrang und v ermindertem Schlafbedürfnis •Senkung v on Stimmung, Antrieb und Aktivität, Minderung v on Konzentration, Aufmerksamkeit und Selbstv ertrauen, Schuldgefühlen, Wahn und zwanghaftem Grübeln , körperliche Symptome einschließlich Appetit und Gewichtsverlust Gesundheitliche Integrität •Störung v on globalen als auch auf spezifischen mentalen Funktionen •Beeinträchtigungen der emotionalen Stabilität und des Antriebsniveaus •Einbezug v on Aufmerksamkeit, psychomotorische Aktivität, Emotion, Denken (Geschwindigkeit, Denkinhalte, Kontrolle) sowie exekutive Funktionen (Abstraktion, Planung, Organisation, Zielorientierung, Flexibilität, Urteilsfähigkeit, Motiv ation, Ausdauer, Sorgfalt, Selbstständigkeit), Lernfähigkeit betroffen •interpersonelle Fertigkeiten sind eingeschränkt 55 Affektive Störungen (ICD-10: F30 - F39) Verlauf und Prognose •Alter bei Beginn der Erkrankung, der Schweregrad, die Dauer und die Häufigkeit der Episoden sind bei affektiven Störungen äußerst variabel •Episoden dauern von zwei Wochen bis zu vier bis fünf Monaten selten über ein Jahr •Eine Zyklothymia oder die Dysthymia kann jahrelang anhalten •Wichtig ist die Grundpersönlichkeit Sozialmedizinische Beurteilung •psychopathologische Beeinträchtigung und das Ausmaß der anhaltenden Funktions- bzw. Aktivitätsstörungen •möglicherweise eingeschränkte Teilhabe an den verschiedenen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens •Rezidivierende depressive Störungen erschweren die Teilhabe erheblich •die Neigung zur Chronifizierung ist einzuschätzen •Bisweilen die die Leistungsfähigkeit quantitativ reduziert •Rehabilitation ausnutzen •Qualitative Einschränkungen durch Lithium ist möglich 56 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen (ICD-10: F40-48) Phobische Störungen und sonstige Angststörungen (ICD-10: F40, F41) • Hervorrufen durch ungefährliche Situationen oder Objekt e • generalisierten Angststörung: frei flottierende Ängst e, Befürcht ungen, mot orische Spannungszustände, Todesängste • Panikstörung: wiederkehrende unerklärliche schwere Angstattacken, oft nur Minuten andauernd Psychopathologie • Außerhalb der Phasen unauffällig • ausgeprägten Derealisations- und Depersonalisationsphänomenen sind möglich • begleitender Alkohol- oder Medikamentenabusus ist zu bedenken Gesundheitliche Integrität • erhebliche Auswirkungen auf spezifische mentale Funktionen • Funktionen: Aufmerksamkeit, psychomotorische Aktivität, die Kommunikationsfähigkeit, Flexibilität, Zielorientierung, Ausdauer, Sorgfalt und Selbst st ändigkeit • Aktivitätsbeeinträchtigungen: soziale Beziehungen der Betroffenen, 57 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Verlauf und Prognose Störungen (ICD-10: F40-48) • Angststörungen werden häufig lange Zeit verkannt, Chronifizierung • Bestand unter sechs Monaten- gute Prognose • prämorbide Persönlichkeitsstruktur, der Introspektionsfähigkeit sowie einem eventuell vorliegenden schädlichen Gebrauch psychotroper Substanzen Sozialmedizinische Beurteilung • Führt üblicherweise nicht zu einer zeitlichen Leistungsminderung • einer Minderung des qualitativen Leistungsvermögens möglich (isolierte Auslösesituationen) • sozialmedizinische Beurteilung von Panikattacken ist von deren Frequenz und Dauer abhängig • Berentung ist nicht zuträglich • Notwendigkeit einer stationären Rehabilitation in einer psychosomatisch-psychotherapeutischen Fachklinik bei Chronifizierung oder Wirklosigkeit in einer spezialisierten psychiatrischpsychotherapeutischen Klinik 58 Zwangsstörung (ICD-10: F42) Symptomatik • Quälende, ich syntone Zwangsgedanken (ldeen, Vorstellungen oder Impulse, die den Betroffenen immer wieder stereotyp beschäftigen) • Zwangshandlungen: ständig wiederholte StereotypienVorbeugung gegen ein objektiv unwahrscheinliches Ereignis, das Schaden verhindert Gesundheitliche Integrität •Die Fähigkeit zur Aneignung von Wissen und Fertigkeiten, exekutive Funktionen, die Aufmerksamkeitsleistung können reduziert sein • Bei entsprechender Ausprägung: Teilhabe am Alltags- und Berufsleben bzw. den entsprechenden Aktivitäten kann erheblich beeinträchtigt sein 59 Zwangsstörung (ICD-10: F42) Verlauf und Prognose • Krankheitsbeginn liegt meist in der Kindheit oder im frühen Erwachsenenalter • chronisch Sozialmedizinische Beurteilung • Viele abortive Formen: Leistungsfähigkeit der Betroffenen sind nicht oder nur in geringem Umfang beeinträchtigt • qualitativen Leistungseinschränkungen • üblicherweise nicht zu einer zeitlichen Leistungsminderung (außer zeitraubende Rituale) • Wenn Konzentrationsfähigkeit und andere kognitive Leistungen beeinträchtigt sind 60 PTSD (ICD-10: F43.1) verzögert e oder prot rahiert e Reakt ion auf außergew öhnliche Bedrohungs s it uationen oder Veränderungen kat as t rophalen Aus maßes • Aus lös er is t objekt iv nachvollziehbar • Typ I Traumat a bei plöt zlich eint ret enden und kurzdauernden Ereignis s en ( Beispiel Flugzeugabs t urz) • Typ I I -Traumat a bei länger andauernder bzw . w iederholt er Traumat isierung (Beispiele Folter, s exueller Missbrauch) ( komplex F62) Psychopathologie • w iederholt e Erleben des Traumas , Träumen oder Albt räumen in s ich aufdrängenden Erinnerungen ( I ntrus ionen, Flas hbacks ) • emot ionale Abs t umpfung gegenüber anderen M ens chen, Teilnahmslosigkeit gegenüber der U mgebung und Vermeidung von Sit uat ionen, die Erinnerungen an das Trauma w achrufen könnt en • Angs t , Depres s ion und Neigung zur Somat is ierung mit veget ativer Übererregbarkeit , Schreckhaft igkeit , Reizbarkeit , Schlaf - und K onzent rationsstörungen Gesundheitliche Integrität • s ozialer Rückzug is t akut die wesentliche Auffälligkeit • die M öglichkeit en zur K ommunikation sind beeint rächt igt • emot ionale I nstabilität sowohl Akt ivitätsstörungen als auch Part izipat ions störungen • M odifizierend: prämorbide organis che St örungen, Pers önlichkeit sstörungen mit neurotischen 61 PTSD (ICD-10: F43.1) Prognose • selten länger als sechs Monate • Prognose ist bei adäquater Therapie günstig • Ausbildung einer andauernden Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung (ICD-10: F62.0) Sozialmedizinische Leistungsbeurteilung • üblicherweise keine dauernde Minderung der quantitativen Leistungsfähigkeit • Vorübergehende qualitative Einbußen bei Konfrontation mit angstbesetzten Situationen und Orten 62 Anpassungsstörungen (ICD-10: F43.2) Psychopathologie • nach einer entscheidenden Lebensveränderung, nach belastenden Lebensereignissen • Anpassungsstörungen bei Langzeitarbeitslosen und Migranten • Individuelle Disposition oder Vulnerabilität • subjektives Leiden und emotionale Beeinträchtigung • der Wechselwirkung zwischen Art, Inhalt und Schwere der Symptome, Anamnese und Persönlichkeit sowie belastendem Ereignis, situativer Auslösung oder Lebenskrise • länger andauernden Reaktionen (mehr als sechs Monate) • breites Spektrum mit unterschiedlich lang andauernden und unt erschiedlich ausgeprägt en Symptomen und Verhaltensstörungen • kürzere und längere depressive Reaktionen, Angst kombiniert mit depressiven Symptomen sowie sonstige, unspezifische affektive Störungen Gesundheitliche Integrität • Hintergrund von depressiver Stimmung, Sinnverlust, Angst, Besorgnis oder einer Mischung von diesen • Gefühl, nicht mehr vorausplanen oder mit der gegenwärt igen Sit uation in Beruf und Allt ag zurechtkommen zu können • in den Bereichen von Aktivität und Partizipation sozialer Rückzug in unterschiedlicher Ausprägung, Beeinträchtigung der Möglichkeiten zur Kommunikation sowie Störungen der Fähigkeit, zwischenmenschliche Kontakte aufzunehmen oder zu unt erhalten 63 Anpassungsstörungen (ICD-10: F43.2) Prognose • In der Mehrzahl der Fälle bildet sich die Symptomatik spontan innerhalb weniger Monate zurück • Bei sogenannten "längeren depressiven Reaktion" dauert dieser Zustand auch nicht länger als zwei Jahre Sozialmedizinische Beurteilung • Eine dauernde Minderung der Leistungsfähigkeit alleine aufgrund einer Anpassungsstörung besteht üblicherweise nicht • die Gefahr der Chronifizierung mit der Entwicklung weiterer psychischer Störungen • Frühe Therapie ist nötig 64 Somatoforme Störungen (ICD-10: F45) Überblick • wiederholt werden körperliche Symptome in Verbindung mit hartnäckigen Forderungen nach medizinischer Untersuchung geklagt • Somatisierungsstörung (F45.0): Mindestens sechs über die Organsysteme wechselnde somatoforme Symptome • undifferenzierte somatoforme Störung (F45.1): Weniger als sechs wechselnde Symptome • somatoforme autonome Funktionsstörung (F45.3): Überwiegend chronische Schmerzen ohne hinreichende organische Begründbarkeit • anhaltende somatoforme Schmerzstörung (F45.4): Stressbedingte, nicht durch das vegetative Nervensystem vermittelte Störungen • hypochondrische Störung (F45.2): Überzeugtheit von körperlicher Krankheit, Nichtakzeptanz entlastender medizinischer Rückversicherung 65 Somatoforme Störungen (ICD-10: F45) Psychopathologie • Bewusstsein und Orientierung sind erhalten • inhaltliches Denken: eine pathologische Einengung auf unterschiedlichste körperliche Beschwerden • erhebliche Besorgtheit • hoher subjektiven Leidensdruck und negative Selbstbewertung • Klagsamkeit insbesondere eine gehemmte Expressivität • erhebliches Misstrauen gegenüber ärztlichen Versicherungen hinsichtlich der Beschwerden • Keine kognitive Beeinträchtigung Gesundheitliche Integrität • Beeinträchtigungen in der Teilnahme an den Aktivitäten des täglichen Lebens • sozialer Rückzug mit Isolation • Partizipation am beruflichen Alltag, aber auch im familiären Bereich und an Freizeitaktivitäten sind eingeschränkt. 66 Somatoforme Störungen (ICD-10: F45) Verlauf und Prognose •Werden lange Zeit rein organmedizinisch-symptomatisch behandelt •mehrere Jahre entsprechende Symptome – Chronifizierung •Unsichere Wirksamkeit der Psychotherapie •häufig keine Motiv ation für die notwendigen psychotherapeutischen Interventionen •überzeugt, organisch krank zu sein •Maßnahme zu wählen, in der sowohl körperliche als auch psychosomatische Aspekte gleichberechtigt berücksichtigt Sozialmedizinische Beurteilung •hohe Anforderungen an den Gutachter •Orientieren an den psychopathologischen Auffälligkeiten bei dem Probanden •Befragung des Probanden zu den Tagesaktivitäten •Symptome des sozialen Rückzugs; den Aktivitäten des täglichen •Lebens (im Sinne einer "v ita minima") beispielsweise in den Bereichen Mobilität, Selbstv ersorgung, Kommunikation, Antrieb, Konzentrationsfähigkeit, Interesse oder Aufmerksamkeit ist v on einer Minderung des qualitativ en und quantitativen Leistungsvermögens •Unklar ist der Effekt der Berentung 67 Neurasthenie (ICD-10: F48.0) Symptomatik •Klagen über vermehrte Müdigkeit nach geistigen Anstrengungen •Gefühl körperlicher Schwäche und Erschöpfung nach nur geringen Anstrengungen •muskuläre oder andere Schmerzen •Unfähigkeit, zu entspannen •Störung zeigt beträchtliche kulturelle Unterschiede Diagnose •anhaltende oder quälende Klagen über gesteigerte Ermüdbarkeit nach geistiger Anstrengung oder über körperliche Schwäche und Erschöpfung nach geringsten Anstrengungen •mindestens zwei der folgenden Empfindungen: Muskelschmerzen und -beschwerden; Schwindelgefühle, Spannungskopfschmerzen; Schlafstörungen, Unfähigkeit zu entspannen; Reizbarkeit und Dyspepsie •beim Vorhandensein von Angst- oder Depressionssymptomen sind diese nicht anhaltend und schwer genug, um die Kriterien für eine der spezifischeren Störungen dieser Klassifikation zu erfüllen •Differentialdiagnose: testpsychologische als auch technisch-apparative Untersuchungsmethoden Ausschluss einer organischen Störung 68 Spezielle Syndrome "Chronic Fatigue-Syndrom" (CFS) bzw. "Multiple Chemical Sensitivity-Syndrom" (MCS)/ "Idiopathic Environmental Intolerances" (IEI) • problematischen Vermengung von symptomatischer Ebene, Syndrom-Ebene und nosologischer Zuordnung, daher kein Eingang in die ICD- 10 • deutlich erhöhte psychische Beeinträchtigungen wie Ängstlichkeit, Depressivität oder diffuse, unterschiedlich ausgeprägte Körpersensationen • Nocebovermeidung ist kein sozialmedizinischer Grundsatz • Nach Ausschöpfung aller rehabilitativen Optionen wird sich bei CFSbzw. MCS- / IEI Betroffenen eine Frühberentung im Einzelfall möglicherweise nicht vermeiden lassen. 69 Essstörungen (ICD-10: F50) Anorexia nervosa und die Bulimia nervosa •selbst herbeigeführten bzw. aufrecht erhaltenen Gewichtsverlust (BMI < 17,5) •restriktive Nahrungsaufnahme, induziertes Erbrechen, abführende Maßnahmen, Einnahme von Laxantien und/oder Diuretika sowie teilweise exzessive körperliche Aktivität •Bulimie (BMI meist > 17,5): Anfälle von Heißhunger („Fressattacken“)Schuldgefühlen und dem Versuch, sowohl diese Schuldgefühle, als auch den Effekt der übermäßigen Nahrungszufuhr auf das Körpergewicht durch verschiedene Verhaltensweisen (Fasten, Erbrechen, Sportexzesse etc.) zu neutralisieren •80-95% junge Frauen •Aspekte der prämorbiden Persönlichkeit •Diagnosekriterium der Anorexia nervosa: endokrinen Störung auf HypothalamusHypophysen-Gonaden-Ebene Psychopathologie •affektive und mental-kognitive Veränderungen •chronische Mangel- bzw. Fehlernährung •Symptomatik wird meist verheimlicht oder verleugnet •Körperschemastörung sowie rigide, leistungsorientierte Persönlichkeitszüge •Denken, Erleben und Verhalten werden durch die Thematik von Essen und Körpergewicht dominiert, keine Krankheitseinsicht und Veränderungsmotivation 70 Essstörungen (ICD-10: F50) Gesundheitliche Integrität •Fähigkeit zur angemessenen Gestaltung der Sozialkontakte ist meist beeinträchtigt •unrealistische Selbsteinschätzung •Unvermögen, soziale Situationen und Beziehungen realistisch einzuschätzen •situationsinadäquate Affektresonanz stellt ein erhebliches Konfliktpotenzial dar Verlauf und Prognose •Anorexia nervosa: eine erheblichen Mortalität von ca. 10% •Chronifizierung bei 1/3 der Betroffenen •mangelhafte Compliance bei oberflächlicher Anpassung, Dissumulation •Abwendung einer vitalen Gefährdung •Bulimia nervosa: bessere Prognose •Günstige Prognoseindikatoren sind u. a. kurze Krankheitsdauer, Fehlen sekundärer Organschäden sowie eine gute prämorbide Sozialisation 71 Essstörungen (ICD-10: F50) Sozialmedizinische Beurteilung • besondere Schwierigkeiten in der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung • Ängste vor der möglichen Feststellung einer Behandlungsbedürftigkeit • Behandlung bedeutet Verlust an Kontrolle und Autonomie • somatische Komplikationen (hirnmorphologischen Veränderungen mit entsprechenden Funktionsstörungen) • erhebliche Minderung des qualitativen und quantitativen Leistungsvermögens • Rehabilitationsbedürftigkeit und –fähigkeit? 72 Essstörungen (ICD-10: F50) Binge Eating Disorder • 1994 als eigenständige Diagnose (DSM -IV: 307.50) • Prävalenz von 2% • meist mit deutlichem Übergewicht Gesundheitliche Integrität • schambesetzte Essattacken Sozialmedizinische Beurteilung • sozialmedizinische Bedeutung der Binge Eating Disorder ist geringer als die der beiden anderen beschriebenen Essstörungen • langfristig mögliche somatische und/oder psychische Komorbiditäten 73 Essstörungen (ICD-10: F50) Adipositas •extremer Adipositas (Body-Mass-Index ≥ 35) •gestörtes Essverhalten •unterschiedlich ausgeprägten psychopathologischen Auffälligkeiten •Häufig psychische und somatische Komorbiditäten •vorwiegend auf die Gewichtsreduktion ausgerichtete Maßnahmen sind nicht sinnvoll, es bedarf eines zusätzlichen multimodalen Rehabilitationskonzept Gesundheitliche Integrität •vielfältigen somatischen Folgeerscheinungen, andererseits zu sozialen Rückzugstendenzen und Ausgrenzungen •Alltagsaktivitäten und die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft und am Erwerbsleben Sozialmedizinische Beurteilung •Einschränkungen in der allgemeinen Beweglichkeit •Organfunktionen sind gestört 74 Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen (ICD-10: F60 - F69) Psychopathologie •starre Reaktionen auf unterschiedliche persönliche und soziale Lebenslagen •tief verwurzelten, unflexiblen Verhaltensmustern •Zeitstabile verzerrte Wahrnehmung, Denken, Fühlen, Störungen in den Beziehungen •Beginn in der Kindheit, Adoleszenz (Pers.veränderungen beginnen später) •Paranoide Störung: eine übertriebene Empfindlichkeit auf Zurückweisung und Zurücksetzung, Gedanken an Verschwörungen als Erklärung für Ereignisse, Misstrauen und eine starke Neigung zu Beziehungserleben •schizoide Persönlichkeitsstörung: Unvermögen zum Erleben von Freude, emotionale Kühle, ein Mangel an engen, vertrauensvollen Beziehungen sowie deutliche Defizite im Erkennen und Befolgen gesellschaftlicher Regeln, exzentrischer Verhaltensweisen •dissozialen Persönlichkeitsstörung: deutliche und andauernde Verantwortungslosigkeit, Missachtung sozialer Normen, Regeln und Verpflichtungen, Unvermögen zur Beibehaltung längerfristiger Beziehungen sowie eine dauernde Reizbarkeit •emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom impulsiven Typus: deutliche und andauernde Verantwortungslosigkeit und Missachtung sozialer Normen, Regeln und Verpflichtungen, das Unvermögen zur Beibehaltung längerfristiger Beziehungen sowie eine dauernde Reizbarkeit •emotional instabilen Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typus: eigene Selbstbild sowie die Ziele und “inneren Präferenzen” unklar und gestört; Beziehungen zwischen Idealisierung und Entwertung; selbstschädigendes Verhalten und Suizidtendenzen 75 Persönlichkeits- und Psychopathologie Verhaltensstörungen (ICD-10: F60 - F69) • zwanghafte Persönlichkeitsstörung: Perfektionismus, Bedürfnis nach ständiger Kontrolle sowie in Pedanterie und Konventionalität, Rigidität und Eigensinn • ängstliche (vermeidende) Persönlichkeitsstörung: umfassende und andauernde Gefühl von Anspannung, Besorgtheit, Unsicherheit und Minderwertigkeit in Verbindung mit der Sehnsucht nach Zuneigung und Akzeptanz sowie der Überempfindlichkeit gegenüber Zurückweisung und Kritik • asthenische Persönlichkeitsstörung: Überlassung der Verantwortung, Selbstwahrnehmung als schwach, hilflos • Kombinierte Persönlichkeitsstörung und andere (z.B. narzisstische) Gesundheitliche Integrität • Beeinträchtigungen der Aktivitäten des täglichen Lebens • erheblicher sozialer Rückzug 76 Persönlichkeits- und Verlauf und Prognose Verhaltensstörungen (ICD-10: F60 - F69) • üblicherweise kein primärer Leidensdruck, sekundär aufgrund der Konflikte, keine Behandlungsmotivation Sozialmedizinische Beurteilung • nicht beeinträchtigte allgemeine Leistungsvermögen • Jedoch bei soziale Rückzugstendenzen bzw. die Unfähigkeit, soziale Beziehungen aufzunehmen und aufrecht zu erhalten • Qualitative Leistungseinschränkungen: z. B. der Ausschluss von Tätigkeiten mit Publikumsverkehr bei dem Vorliegen einer paranoiden Persönlichkeitsstörung • Bei zeitlichen Beeinträchtigungen sind diese nur gering beeinflussbar 77 Spezifische abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle: Pathologisches Spielen (ICD-10: F63.0) Psychopathologie • Sozialmedizinische Ausnahme • andauerndes und wiederkehrendes fehlangepasstes Glücksspielverhalten • Merkmale einer Persönlichkeitsstörung, insbesondere vom narzisstischen Typ • depressiv-neurotischen Störung oder einer Persönlichkeitsstörung vom selbstunsicher/vermeidenden Typ Gesundheitliche Integrität • bis hin zur vollständigen Vernachlässigung von sozialen, beruflichen, materiellen und familiären Werten und Verpflichtungen • setzen ihren Beruf und ihre Anstellung aufs Spiel, machen hohe Schulden und lügen oder handeln ungesetzlich • Verlust von Wohnung oder Partnerschaft 78 Spezifische abnorme Gewohnheiten und Störungen der Impulskontrolle: Pathologisches Spielen (ICD-10: F63.0) Verlauf und Prognose •Abstinenz- und Änderungsmotivation Sozialmedizinische Beurteilung •allgemeine Leistungsvermögen muss nicht durchgängig beeinträchtigt sein •differenzierte Einschätzung der Motiv ation zur Glücksspielabstinenz, Kriterien: •Dauer und indiv idueller Verlauf der Störung •Schwere der Glücksspielsymptomatik •Missbrauch psychotroper Substanzen •Individuelle Psychopathologie •Psychische Komorbidität •Anzahl und Art der Vorbehandlungen •Suizidv ersuche •Verschuldung •Erhebliche Gefährdung oder Verlust der sozialen Integration (Arbeitsplatz, Wohnung, •Partnerschaft) •Straffälligkeit •Die Probleme bei der Begutachtung einer Persönlichkeitsstörung sind zusätzlich zu prüfen 79 Intelligenzstörungen (ICD-10: F70 - F79) Psychopathologie • Störung des kognitiv-intellektuellen Niveaus und der Anpassung an die Anforderungen des alltäglichen Lebens • soziale Integration ist stark beeinträchtigt • Mittelgradige IQ- Minderung: keine eigenständige Lebensführung • leichte Intelligenzstörungen (IQ-Bereich von 50 bis 69): Spracherwerb verzögert, Selbstversorgung ist möglich, Schulleistungsprobleme • Mittelgradige Intelligenzstörungen (IQ-Bereich von 35 und 49): verlangsamte Entwicklung von Sprachverständnis und Sprachgebrauch und Selbstversorgung, der Motorik, einfache Anweisungen werden verstanden • Schwere Intelligenzstörung (IQ-Bereich von 20 bis 34): deutlich ausgeprägte motorische Störungen und andere Beeinträchtigungen • Schwersten Intelligenzstörung (IQ-Bereich unter 20): eingeschränkte Bewegungsfähigkeit, Inkontinenz, nonverbale Kommunikation • Problem: weitere psychische Symptome (Krankheiten) 80 Intelligenzstörungen (ICD-10: F70 - F79) Gesundheitliche Integrität •Störungen in der sozialen Entwicklung, in der Fähigkeit, Kontakte aufzunehmen, mit anderen zu kommunizieren und sich an sozialen Aktivitäten zu beteiligen •Anleitung bei einfachen praktischen Tätigkeiten, eine sorgsame Strukturierung der Aufgaben sowie u. U. eine Beaufsichtigung •Verständigung auf einfache Unterhaltungen •Sprachgebrauch dient der Mitteilung der Basisbedürfnisse •Störungen der emotionalen Stabilität und des Verhaltens Verlauf und Prognose •Förderung, in deren Mittelpunkt praktische als abstrakte Fähigkeiten stehen •Krisensituationen (bereits bei atmosphärischen Veränderungen) Sozialmedizinische Beurteilung •Bei adäquater Förderung: zeitlich uneingeschränkte Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bei leichter IQ- Minderung •Keine Forderungen an die Abstraktionsfähigkeit und die Flexibilität •Versicherte, die mehr als 240 Monate in Werkstätten für behinderte Menschen tätig gewesen sind, haben ohne gesonderte medizinische Prüfung Anspruch auf eine Erwerbsunfähigkeitsrente 81 Fragestellung beantworten Sozialmedizin •Leistungsberechtigungen nach SGB Strafrechtlich •Schuldfähigkeit •Aussagequalität •Prognose •Usw. Ziv ilrechtlich •Betreuung, •Geschäftsfähigkeit •Versicherungsrecht 82 Aggravation/ Simulation/ Dissimulation Aggravation bewusst intendierte grav ierendere Darstellung einer v orhandenen Störung klar erkennbare Zwecke unterschiedliche Ausmaße unbewusst Verdeutlichungstendenz vorhandener Beschwerden Simulation Dissimulation Zweck der Überzeugung des Gutachters v on den Beschwerden bewusste Vortäuschen einer krankhaften Störung herunterspielende Darstellung v on Beschwerden Teilbewusstes Geschehen Bei Rente eher selten nachgewiesen eher bei Drogen usw. Angst v or bedrohlicher Krankheit klar erkennbare Zwecke Verleugnen v on Symptomen muss bei der Leistungsbeurteilung berücksichtigt werden 83 Krankheitsverhalten Motivation Abnorm unbewusst bewusst Symptombildung Unabsichtlich Absichtlich Absichtlich Ergebnis Somatoforme Störung Artifizielle Störung Simulation, Aggravation Wiley 1998 Definition Symptomausweitung F43.1 Posttraumatische Belastungsstörung Typ1 Symtomausweiter (Flüchtling) F43.2 Anpassungsstörungen F44: Dissoziative Störungen [Konversionsstörungen] F45.- Somatoforme Störungen Typ2 Symptomausweiter (Spieler) Typ3 Symptomausweiter (identifizierter Patient) Matheson 1988 85 Definition (Simulation, Aggravation) Simulation, Aggravation Keine Simulation/ Aggravation Bewusst Ungesteuerte Prozesse Steuerung unterliegend Unbewusste Vortäuschung/ Erhöhung Motive Beschwerden 86 Definition (Simulation, Aggravation) Simulation • Bewusstes, absichtliches Vortäuschen einer krankhaften Störung • Zu klar erkennbaren Zwecken • Zu bestimmten, klar erkennbaren Zwecken • Um materielle und andere unmittelbare Vorteile zu erlangen • Steuerungsfähigkeit ist erhalten • Z.B. Vermeiden von Haft, Strafverfolgung; Erlangen der Rente, Aggravation • Bewusste, absichtliche verschlimmernde (überhöhende) Darstellung einer vorhanden Störung • Zur Erlangung unmittelbarer materieller Vorteile • Ausprägung ist unterschiedlich Beschwerdevalidität Symptombildung Absicht Bewusst 88 Beschwerdevalidität Beschwerdenvalidierung • Untersuchungstechnik Über die Validität geltend gemachter Beschwerden Anstrengungsbereitschaft Beschwerdenvalidität • Authentizität oder Glaubhaftigkeit der durch eine Person gezeigten Symptome Antwortverzerrungen • (response bias) Bemühen, den Untersucher durch ungenaue oder unvoll-ständige Antworten falsche Eindrücke zu vermitteln Bush et al. (2005, 2006) 89 Beschwerdevalidität Negative Antwortverzerrungen • Präsentation von zu schlechten Leistungen • mehr oder gravierenderen Symptomen als tatsächlich vorliegen Anstrengungsbereitschaft oder Leistungsmotivation (effort) • Bereitschaft einer Person, in einer Testuntersuchung Leistungen zu zeigen, die dem tatsächlichen Fähigkeitsniveau der Person entsprechen • eingeschränkten Anstrengungsbereitschaft resultiert eine suboptimale Leistung eine intentionale Beschwerdenübertreibung oder –ausweitung • im Kern sind reale Symptome vorhanden • (symptom exaggeration) im englischen Sprachraum häufig der Beschwerdenerfindung (symptom fabrication) beide werden zur Simulation (malingering) zusammengefasst 90 Aktueller Forschungsstand Deutschland weniger als in Nordamerika Kognitive Störungen • Häufig, valide Messmethoden, Gefahr • suboptimalem Leistungsverhalten lässt sich als „Risiko und Chance“ vgl. Merten & Puhlmann, 2004, Giger & Mert 91 Umgang mit dem Thema Simulation größere soziale Gerechtigkeit Ungehinderten Miss-brauch Mitnahmeeffekt Bedingungen des westeuropäischen Sozialstaats Früher unbegrenzte Möglichkeiten als soziales Regulativ Billigung einer Frühberentung Thomann, 2005 92 Eine Sichtweise Dies wird … „aus untadligen Bürgern, denen eher die Hand abfallen würde, bevor sie ihren Nachbarn genau nehmen. Zum entstandenen Schaden wird leicht noch etwas hinzugeschwindelt… „ (Thomann, 2005, S. 3). Problem der Fehlbeurteilung Richtig positiv Richtig negativ fälschlich positive Ergebnisse (falsch positive) (Rente zu Unrecht) Zu Unrecht negative Beurteilungen (falsch negative) Keine Rente zu Unrecht Schaden beim Proband Schaden bei Gesellschaft 93 94 Ethisches Problem Je besser die Reflexion der Begrenzungen der eigenen Urteilsfähigkeit desto sorgfaltiger können Informationen gesammelt, abgewogen und Urteile überprüft werden Geringhalten der subjektiven Evidenzgefühle [des Untersuchers] Objektive Evidenz (Akten und FremdanamnesE) Henningsen (2004 S. 106) Objektiv Rollenkonflikt des Gutachters Unparteiisch 95 Kritisch Kein Patientenanwalt Permanent kritisch Prüfender nicht Therapeut Nicht unbedingt im Interesse des Patienten Stevens (2004 S. 31) sachwaltender Gutachter Entgegen persönlicher Ethik, kann kein Gutachten machen (vgl. Committee on Ethical Guidelines for Forensic Psychologists, 1991; Jochheim, 2000) 96 Schätzungen zur „Simulation“, „Aggravation“ 30 % 20 % •base -rate aus 33.000 Fälle, Mittenberg, Patton, Canyock und Condit (2002) •Grundraten fiir Simulation oder Aggravation kontext- bzw. diagnosespezifisch • strafrechtliche Fragestellung (Resnick, 1997) • speziell tatbezogene Amnesien (Mittenberg et al. 2002) 44% •bei Fibromyalgie-Patienten einer rheumatologischen Klinik •Im laufenden Rentenverfahren: (4% ohne Berentungswunsch) •(Merten, Friedel & Stev ens, 2006). Gervais et al. (2001) 82% • US-amerikanische Antragsteller (Rente) auffallige Ergebnisse in wenigstens einem Indikator fiir suboptimales Leistungsverhalten fest,/68 % wenigstens ein Beschwerdenvalidiemngstest auffällig. Chafetz, Abrahams und Kohlmaier (2007) sowie Chafetz (2008) 97 Methodenüberblick Vorgehen Reihung Konsistenzprüfung •Plausibilität v on Symptompräsentation •Beschwerdenvortrag •Konsistenzprüfung •Symptompräsentation •Beschwerdeprüfung •Akten (Anknüpfungstatbestände) •eigenen Untersuchungsbefunde und Beobachtungen •Ergebnisse v on Tests und Fragebögen •innerhalb jeder einzelnen •zwischen ihnen 98 Kritik der Konsistenzprüfung Gutachterdelegation • Hohe Erfahrung, Wissen für die Konsistenzprüfung nötig • Gutachten werden von Hilfskräften durchgeführt „Reported Symptoms and the correlation with a particular disorder requires that the doctor have a thorough knowledge and experience with the disorder in question. … The greatest insurance against being deceived by a counterfeit in the diagnostic process is knowing what the genuine looks like „ (Cripe (2002, S. 98). Verschriftung • Darstellung • Argumentationslogik • Ausführlicher Umfang • Bestimmen die Beurteilung Schlecht • Aktenlage, Beschwerden, Befund, Deutung, Beurteilung unklar getrennt • Durchsetzung von Beurteilung und Daten Konistenzfehler vier wichtigsten Konsistenzproble me 99 Larrabee (2005): Konsistenz der Daten innerhalb der einzelnen neuropsychologischen Funktionsbereiche sowie zwischen ihnen. Die Konsistenz des neuropsychologischen Störungsprofils mit der geltend gemachten (oder vermuteten) Erkrankung oder Verletzung. Die Konsistenz der neuropsychologischen Daten mit der dokumentierten Schwere der Verletzung. Die Konsistenz der neuropsychologischen Daten mit dem tatsächlichen Verhalten, das der Proband oder Patient zeigt. 100 Beschwerdenvalidierungstests (BVT) Testname und Autor Abkürzung Zielfunktion Amsterdamer Kurzzeitgedächtnistest (Schmand & Lindeboom, 2005) AKGT, ASTM Verbales Gedächtnis Non-Verbal Medical Symptom Validity Test (Green, 2008) NV-MSVT Bildgedächtnis Test of Memory Malingering ombaugh, 1996) TOMM Bildgedächtnis Testbatterie zur Forensischen Neuropsychologie (Heubrock & Petermann, 2000) TBFN Diverse Word Memory Test (Green, 2003) WMT Verbales Gedächtnis Blaskewitz und Merten (2007 101 Beschwerdenvalidierungstests (BVT) Testname und Autor Zielfunktion Auditory Verbal Learning Test Lernen und Gedächtnis, v erbal Δ zwischen Abruf und Wiedererkennung; Positionseffekte; usw Aufmerksamkeits-Belastungstest d2 Kurzfristige Konzentration Buchstabenfehler, Doppelfehler Judgement of Line Orientation Test Visuell-räumliches Urteilsv ermögen Gesamtzahl richtiger Antworten Rey-Osterrieth Complex Figure Test Figurales Gedächtnis Wiedererkennung ;Analyse ehe v on Fehlertypen, Memory Error Pattern Stroop-Test Interferenzneigung Unplausibles Verhältnis v on Reaktionszeiten (v erschiedene Bedingungen ) Standard Progressiv e Matrices Intelligenz Formel zur Berechnung eines Trennwertes, Fehler bei bestimmten einfachen Items Recognition Memory Test Verbales und v isuelles Gedächtnis Gesamtfehlerzahl 102 Aktuelle rechtliche Trends Asylverfahren • kritische Überprüfung der Glaubhaftigkeit und der Konsistenz Hessische Landessozialgericht in einem Beschluss vom 17. Juli 2003 • „Die Simulationsnähe neurotischer Störungen und die Schwierigkeit, solche Störungen von Fällen der Simulation und Aggravation klar zu unterscheiden, gebieten, eine eindeutig abgegrenzte Beweisantwort vom ärztlichen Sachverständigen zu verlangen und bei der Beweiswürdigung einen strengen Maßstab anzulegen“ (Az: L 3 U 36/02) 18. Januar 2008 hat sich das Oberlandesgericht Frankfurt (3 U 171/06) • Versicherungsnehmer einer Berfusunfähigkeitsversicherung hat sämt liche Vorausset zungen des Versicherungsfalls zu beweisen • Zweifel bei der Feststellung, die aus einer Aggravation erwachsen, gehen zu Lasten des Klägers • Die nicht auszuschließende Möglichkeit einer Erkrankung genügt als ausreichende Wahrscheinlichkeit nicht. 103 Sozialrechtlicher Kontext Allein aus einer mangelnden Kooperation zunächst kein nachteiliger Schluss gezogen werden dürfe; Die Frage istz u prüfen, ob sich die aufgrund eingeschränkter Kooperativität nicht zugänglichen Daten oder Fakten möglicherweise auf andere Weise gewinnen lassen oder sie möglicherweise bereits zu einem früheren Zeitpunkt gewonnen wurden; Im Gutachten selbst darzulegen ist, in welcher Weise sich die mangelnde Kooperation auf die gutachtliche Bewertung und die Beantwortung der Beweisfragen auswirkt; Ungeachtet all dessen der Grundsatz gilt, dass Krankheiten nachgewiesen sein müssen. Brockmeyer (2005) 104 Aggravation als Beweisführungshindernis •Landessozialgericht BadenWürttemberg v om 19. 06. 2008, Az: L 6 R 3419/07 •Somatoforme Schmerzstörung Aggravation Anteil •tatsächlich v orliegenden Beeinträchtigungen •Beschwerden -Ausweitung •negativ e Antwortverzerrungen, so dass der tatsächliche Anteile authentischer Psychopathologie ist nicht bestimmbar • Beweislast für das Vorhandensein der anspruchbestimmenden Voraussetzungen • Ausprägung der Beurteilungsgrundlage aus der Schilderung ist nicht messbar • Beeinträchtigung ist nicht messbar. • Zu Lasten der Klägerin Kläger 105 Abgrenzung Simulation/ Aggravation und psychische/ psychosomatische Störung These: fehlende organische Erklärung der Beschwerden Kurzschluss ist falsch! Genaue Prüfung ist notwendig (malingering/feigned illness) vgl. Main und Spanswick 1995, Wiley 1998 Problem Fehlende Differenzierung: • Simulation /Aggravation • Psychoische Störung von Krankheitswert 8depression, somatoforme Störung)* Rechtsprechung v or 1964: Neurosen, sind nicht organisch begründeten Krankheit, damit gibt es keine Rentenansprüche Psychische Störungen Bewusstes Erleben „Störungen werden erlebt“ und präsentiert Ist durchaus auch überlistbar Überlistung beweist nichts! 106 Abgrenzung Simulation/ Aggravation und psychische/ psychosomatische Störung Simulation, Aggravation Psychische/Psychosomatische Störung Bewusst, Vorsatz Unbewusst Präsentation von Beschwerden Präsentation von Beschwerden Beschwerden werden nicht erlebt Beschwerden werden erlebt Überlistung möglich Überlistung möglich 107 Problem Problem des Zugangs Kurzschluss der Simulation Zum bewussten/ unbewussten Erleben Körperbeschwerde n ohne Organkorrelat Täuschun g des Gegenüb ers Gefahr der Kränkung des Gutachters 108 Vorgehen Entlarven der „Nicht Organik“ Gefahr des Getäuscht Fühlens Frage: „Selbsttäuschung“? Somatoforme Symptomatik Pat. leiden darunter Pat. ist überzeugt von Somatik 109 Die zentrale Frage Unterliegt der Pat. einer Selbsttäuschung? • Somatoforme Symptomatik führt zu identischen Beschwerden • Überzeugung des Patienten entspricht anfänglich der des Arztes 110 Fehlläufer Rückenschmerz – Simulationsskala (Laevitt 1991) • Häufig falsch interpretiert, das Konzept ist wissenschaftlich unzureichend • Analyse von Begriffen, mit der der Patienten Schmerzen beschreibt • Diskriminanzanalyse: Simulant oder nicht Simulant • Schrecklich, bohrend, oberflächlich spräche hier für Simulation • Wellenförmig, Knochenschmerz, ärgerlich für Nicht Simulation* * Adler 1997 111 Zukunft Neurophysiologische Methoden? • Unterschiede in der P300 bei Pat. mit dissoziativer Gefühlsstörung • Im Gegensatz zu einem instruierten Patienten* PET/ fMRI Untersuchungen? • Unterschiede der regionalen Hirnfunktionen im präfrontalen Kortex (Konversionsstörung versus simulierter Lähmung ) Lorenz s.a. 1998 112 Definition „artefizielle Störung“ ICD -10 Artifizielle Störung Simulation, Aggravation Symptome werden erzeugt oder vorgetäuscht Unbewusste Vortäuschung Bewusste Vortäuschung (könnten auch anders) Ohne äußere Motivation (pekuniär, oder Flucht vor Verantwortung) Für Außenstehenden nicht erkennbar Für Außenstehenden sofort erkennbar Gestörte Persönlichkeitsentwicklung Ggf. Aufmerksamkeit Vorteile (finanziell, Vermeidung) 113 Abgrenzung Aggravation /unbewusst mitdeterminierter Verschlimmerung Aggravation als bewusstes, der Steuerung unterlegende Verschlimmerung Verschlimmerungen, die in relevanten Teilen nicht bewusst motiviert sind (Sterungsfähigkeit erheblich eingeschränkt) Schema nach Wiley 1998) 114 Somatoforme Störung Anerkennung von organisch nicht erklärbaren Körperbeschwerden als legitimes Leiden Das ärztliche Gegenüber wird von den vorhandenen Beschwerden überzeugt (Verschlimmerung, Verdeutlichung ist auch bei anderen ärztlichen Untersuchungen zu beobachten) Kriterium somatoformer Störungen Je nach Kultur, Persönlichkeit unterschiedlich Verschlimmerung aber auch bei Legitimität Gerechtigkeit Wiedergutmachung aus biographisch determinierten Konflikten oder Erfahrungen heraus (individuelle bedeutung) 115 Einschätzung des Bewusstheitsgrad Bewusst Unbewusst Erhaltene Steuerungsfähigkeit Aufgehobene (erheblich geminderte) Steuerungsfähigeit Im zeitlichen Längsschnitt inkonstant Erheblich gemindert bewusst unbewuss t unbew usst Erheblich gemindert unbewusst Erheblich geminde rt bewusst bew usst Zeit 116 Bewusstheit Mangelnde Flexibiltät /Freiheitsgrade Beispiel mangelnde Flexibilität • Umgang mit dem Motiv – Anspruch auf Gerechtigkeit • Umgang mit Kränkungen des Lebens 8lebensplanung, Beziehungen, Partnerschaften usw.) • Starkes Drängen auf Entschädigung • Auf Rente auch in der Begutachtungssituation • Der berechnende Patient taktiert eher defensiv 117 Bewusstheit Kontext Reaktion •Infragestellung der Legitimität des Leiden •z.B. Gutachten •Freiheitsgrad wird niedriger •Anspruch auf Gerechtigkeit nimmt zu •Selbsttäuschung /Täuschung nimmt zu •Motiv wird v erleugnet/verdrängt •Maß der Selbstgerechtigkeit steigt •erhöhte Aktivität bei der Verfolgung des Anerkennungszieles • 118 Faustregel unbewusste Störung Je mehr Desto •Ahnt, dass in jedem Nicht Können ein Nicht – Wollen ruht •Das Leiden In Frage gestellt wird •Heftiger der Kampf um Anerkennung Henningsen und Priebe 1999 119 Vice versa Hinweis Wenn Also Aber • Für relativ stabile, „gesunde psychische Struktur“ • Hohe Täuschung des Gegenübers • Ohne Selbsttäuschung • Wenn er definitionsgemäß simuliert, d.h. täuscht • Simulation tritt häufig bei narzisstischen und dissozialen Personen*auf • Dann muss Krankheitswert und Anspruchsberechtigung darüber erfolgen Turner 1997, 1999 120 Rolle des Gutachters Privatrechtliche Klage (Gutachterhaftung) Medienangriff Gutachter gibt „nicht Recht“ Intemetforen von Opferverbänden Beschwerde 121 Rolle des Gutachters Opportunismus Auftraggeber Gutachterwahlrecht • (§ 200 SGB VII) Zivilcourage Meiden v on • kritische und sorgfältig abwägende Untersucher Opportunismus Auftragnehmer Bev orzugung • großzügige und unproblematische Gutachter