Eiweiß für den Muskelaufbau Gezieltes Bewegungstraining löst im Organismus zahlreiche physiologische Anpassungsvorgänge aus, die zu einer allgemeinen Verbesserung des Wohlbefindens und zu einer Leistungssteigerung führen. Fortschritte in der Leistungsfähigkeit werden insbesondere durch optimal zusammengestellte Trainingsmethoden in Verbindung mit einer Belastungssteigerung erzielt. Eine Grundvoraussetzung für das Erreichen sportlicher Erfolge ist eine bilanzierte (= ausgewogene) Ernährung, das heißt, die Zufuhr aller Nährstoffe, die unter extremen Bedingungen für Erhalt und Ausbau der körperlichen und geistigen Aktivitäten benötigt werden. Dazu zählen im wesentlichen Kohlenhydrate, Fett, Proteine, Vitamine und Mineralstoffe. Die Zunahme des Energieumsatzes durch körperliche Arbeit erfordert in Abhängigkeit von Art, Intensität und Dauer der Belastung eine unterschiedliche Zufuhr von Nährstoffen. Die wesentlichen energieliefernden Substrate sind Fette und Kohlenhydrate. Die Proteine haben nur eine untergeordnete Bedeutung im Energiestoffwechsel. Das Eiweiß wird vornehmlich nur dann vermehrt in die Energiegewinnung einbezogen, wenn die kalorische Versorgung durch Kohlenhydrate und Fett nicht ausreichend ist. Da keine größeren Eiweißdepots vorhanden sind, und da die Mobilisation von Eiweiß bzw. Aminosäuren bei einem Mangel durch den Abbau körpereigener Substanzen - insbesondere der Muskulatur - erfolgt, sollte man einen Eiweißmangel stets vermeiden, da dieser zwangsläufig mit einer Einschränkung der Leistungsfähigkeit verbunden ist. Die Hauptaufgabe des Eiweißes liegt in seiner Funktion im Baustoffwechsel, wobei insbesondere · Wachstum · Muskelansatz · Wiederaufbau struktureller und funktioneller Systeme wie z.B. Hormone und Enzyme · regenerative Vorgänge nach Erkrankungen oder erhöhten körperlichen Belastungen von Bedeutung sind. Damit richtet sich der Eiweißbedarf des Menschen, u.a. nach seinem Alter. So ist der Bedarf während des Wachstums, das heißt, während einer Phase, in der neues Körpergewebe aufgebaut wird, wesentlich größer als bei einem Erwachsenen, der lediglich die zerfallenen Zellen durch Eiweiß erneuern muß. Durch den gesteigerten Baustoffwechsel ist auch der Eiweißbedarf des Sportlers erhöht, so daß die anerkannte tägliche Aufnahme von 1g/kg Körpergewicht/Tag nicht mehr zur Entwicklung der körperlichen Leistungsfähigkeit ausreicht. Der Eiweißbedarf ist je nach Sportart unterschiedlich. Er ist bei einem Kraftsportler, der eine Neusynthese von Gewebe anstrebt, besonders hoch. Der Erfolg des Krafttrainings ist an der Querschnittsvermehrung des Muskels, das heißt, an dem Zuwachs von Muskelmasse meßbar; da die Muskulatur sich aus Eiweiß aufbaut, muß der Sportler bei intensivem Training große Mengen Eiweiß aufnehmen. Einmal, um Muskelsubstanz aufzubauen, zum anderen, um den erhöhten Bedarf für die vergrößerte Muskelmasse zu decken, also zur Erhaltung der erzielten Muskelmasse. Da eine Kost, die lediglich für eine ausgeglichene Eiweiß-Bilanz sorgt, keine wesentlichen Veränderungen der Muskelkraft bewirkt, muß Eiweiß im Überschuß aufgenommen werden, um einen optimalen Trainingseffekt zu erzielen. Wieviel Eiweiss darf es sein? Die Empfehlungen der täglichen Zufuhr liegen derzeit bei 2-3 g/kg Körpergewicht/Tag. Bei einem Körpergewicht von 100 kg müßten demzufolge 200-300 g Eiweiß täglich verzehrt werden. Diese Zufuhr bereitet bei einer gewöhnlichen Ernährung erhebliche Schwierigkeiten, zumal mit den Haupteiweißträgern entweder zuviel Fett und Cholesterin (z.B. Milch und Eier) oder zuviel Fett und Purine (z.B. Fleisch) aufgenommen werden. Eine Bedarfsdeckung läßt sich am einfachsten erreichen durch die Aufnahme von konzentrierten Eiweißpräparaten. Dabei ist es entscheidend, daß der beste Effekt erzielt wird, wenn die Eiweißaufnahme in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Kraftbelastung bzw. dem Trainingsreiz erfolgt, das heißt, vor und unmittelbar nach dem Training soll der beste Effekt erzielt werden. Die Eiweißaufnahme sollte auch möglichst gleich- bzw. regelmäßig erfolgen, da keine größeren Depots vorhanden sind. Quantität gegen Qualität Eine größere Bedeutung als die Quantität hat die Qualität. So muß von einem Eiweiß umso mehr aufgenommen werden, je minderwertiger es ist, um eine Bedarfsdeckung zu erzielen. Die Qualität ist im wesentlichen abhängig von der Konzentration der essentiellen Aminosäuren, also jener, die lebensnotwendig sind, aber vom Körper nicht selbst hergestellt werden können und daher zugeführt werden müssen. Das Eiweiß ist für die Ernährung umso hochwertiger, je mehr es in seiner Aminosäurenzusammensetzung der Zusammensetzung des Körperweißes und damit dem Bedarfsmuster gleichkommt, da es dann alle lebensnotwendigen Aminosäuren enthält. Der Bedarf an einzelnen Aminosäuren ist sehr verschieden, da die Eiweiße, die die unterschiedlichen Gewebe, Enzyme u.a. aufbauen, innerhalb des Organismus streng spezifisch zusammengesetzt sind. Die Zufuhr an essentiellen Aminosäuren allein ist zwar ausreichend, um ein Wachstum zu ermöglichen und alle Lebensfunktionen aufrechtzuerhalten, aber erst Zulagen von nichtessentiellen Aminosäuren bewirken eine deutliche Verbesserung. Dies ist leicht verständlich, weil bei alleiniger Gabe von essentiellen Aminosäuren diese noch den Stickstoff für die Biosynthese der nicht essentiellen Aminosäuren liefern müssen. Außerdem ist es für den Aufbau von Körpereiweiß wichtig, daß alle Bausteine - Aminosäuren - gleichzeitig vorhanden sind. Die Proteinsynthese in den Zellen verläuft am besten, wenn ihnen ein regelmäßiger Strom von Aminosäuren zur Verfügung steht. Werden Aminosäuren getrennt oder in gewissen Abständen gegeben, treten Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust auf. Diese Symptome entstehen auch bei Unterversorgung oder Fehlen einer lebensnotwendigen Aminosäure. Dabei wird die Eiweißneubildung sofort blockiert, und der Körper versucht, die Aminosäuren auf anderem Wege - Abbau von Körpersubstanzen - herzustellen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, mit denen die Qualität eines Proteins bestimmt werden kann; man unterscheidet dabei grob zwischen chemischen, biologischen und mikrobiologischen Methoden. Die Qualität der Eiweisse Zu den am häufigsten verwendeten chemischen Methoden zählen der Chemical Score und der Essential Amino Acid Index, zu den biologischen die Bestimmung der PER (Protein Efficiency Ratio) und der NPU (Net Protein Utilization). Essential Amino Acid Inedx (EAAI): Es werden alle essentiellen Aminosäuren eines EiweißProduktes mit dem entsprechenden Bedarfsaminogramm verglichen. Nur wenn alle essentiellen Aminosäuren in größeren Mengen in dem Proteinprodukt enthalten sind als in dem Referenzeiweiß, ist der höchste erreichbare Wert 100. Chemical Score: Dabei werden die essentiellen Aminosäuren des Eiweiß-Produktes mit denen von Milch- oder Eiprotein verglichen. Die Aminosäure, die in dem Protein im Vergleich zu Milch oder Ei in der geringsten Menge enthalten ist, bestimmt den Chemical Score. Protein Efficiency Ratio (PER): Die PER gibt an, wieviel g Körpergewichtszunahme durch 1g Proteinaufnahme erzielt werden. Dieser Wert ist ein relativ ungenaues Kriterium, da er neben der Protein- auch die Wasser-, Knochen-, Fett- usw. -zunahme beeinhaltet. Biologische Wertigkeit (BW): Im Tierversuch wird gemessen, wieviel g Körpereiweiß aus 100g resorbiertem - also bereits durch die Darmwände in die Blutbahn abgegebenes Nahrungseiweiß gebildet oder ersetzt werden können. Weil also von dem bereits in der Blutbahn befindlichen Eiweiß ausgegangen wird, sind die Zahlen der biologischen Wertigkeit höher als der NPU-Wert, bei dem der Verdauungsverlust abgerechnet wird. Die biologische Wertigkeit läßt sich auch rechnerisch aus dem EAA-Index (s. oben) ermitteln. Voraussetzung für eine seriöse Berechnung ist ein geeignetes Referenzeiweiß. Net Protein Utilization (NPU): Dieser Wert gibt an, wieviel g Körperweiß aus 100g aufgenommen - also noch nicht durch die Darmwand in die Blutbahn abgegebenes - Eiweiß gebildet und ersetzt werden können. Nach McLaughlan kann die NPU aus der BW und der Verdaulichkeit des Proteins berechnet werden. Der höchste rechnerische Wert ist 96. Bei Anwendung analytischer Verfahren wird üblicherweise die Zusammensetzung von hochwertigen Proteinen (Ei, Milch) oder Aminosäurenmischungen für die Qualitätsbewertung von Eiweiß zugrundegelegt. Da weder das Vollei- noch das Milcheiweiß grundsätzlich dem tatsächlichen Bedarf entsprechen können, müssen diese Bezugssysteme heute als Notbehelf angesehen werden. Der einzig wirklich fundierte Maßstab für die Beurteilung der Qualität eines Nahrungsproteins für eine bestimmte Leistung des Menschen kann nur das entsprechende Bedarfsmuster sein.