Wach-Physiologie - Kantonsschule Wattwil

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academia – Forschungsgruppe der Kantonsschule Wattwil
Wach-Physiologie
Corinne Eicher, Larissa Graf, Lisa Schmitt, Benjamin Marty
Grundlagen
Methoden
Physiologie von Koffein
Koffein kann über verschiedene molekulare Mechanismen
die Körperfunktionen beeinflussen. So interagiert es beispielsweise mit der Herz-Kreislauf-Regulation des vegetativen Nervensystems oder mit den Schlaf-Wach-Zentren im
Gehirn.
Die Aufname des Koffeins ins Blut erfolgt im Magen und
Zwölffingerdarm. Die maximale Konzentration im Blut wird
nach etwa 30 Minuten erreicht. Der Abbau erfolgt durch
Metabolisierung in der Leber und Niere. Die Halbwertszeit
berträgt etwa 3-5 Stunden. Es gibt grosse individuelle
Wirkungsunterschiede von Person zu Person. Dies hängt vor
allem mit genetischen Unterschieden in der Elimination, aber
auch in den Zielstrukturen (z.B. Adenosin-Rezeptoren) zusammen.
Studiendesign
3 gesunde, junge Probanden (18.3±4.2 Jahre alt, BMI
19.8±0.3 kg/m2)
doppelblinde, Placebo-kontrollierte Cross-over-Studie
- je 1 Messung à 90min mit 3dL koffeinhaltigem und
koffeinfreiem, kaltem Instant-Kaffee
- dazwischen Wash-out-Phase von mind. 24h
4b
1
Messgeräte
1. elektronische Blutdruck-Manschette
2. Elektrokardiografie (EKG)
3. Infrarot-Kamera
4. Temperatursensoren
a) Fuss
(eigentlicher Messparameter)
b) Ohr
(endogene Kontrolle: Körpertemperatur)
c) Raum (exogene Kontrolle: Raumtemperatur)
Fragestellung
Ziel der vorliegenden Studie war es, den Effekt von Koffein
auf verschiedene physiologische Messparameter an wachen
und schlafenden Probanden zu untersuchen. An dieser Stelle
werden ausschliesslich die Daten der Wach-Studie diskutiert.
4c
Auswertung und Statistik
Berechnung der Mittelwerte und Differenzen (KoffeinPlacebo) über 5min-Intervalle
statistische Analyse (68%-Konfidenzintervall, t-Test)
mithilfe von selbstentwickelten C-Programmen und Excel
3
4a
2
Abb. 1: Probandin mit Messgeräten
zur Erfassung verschiedener physiologischer Parameter.
Messparameter und Resultate
Die Auskühlung des Fusses bei einer
Raumtemperatur von 25-26°C wurde mit
einem Temperatursensor und mittels Infrarot-Fotografie (vgl. Abb. unten) registriert.
35°C
25°C
∆Blutdruck [mmHg]
120
― systolisch ― diastolisch
115
110
105
100
10
20
30
40 50
Zeit [min]
60
70
15
12
9
6
3
0
80
Proband Proband Proband Mittelwert
A
B
C
― EKG ― Pulsoximetrie
― mit Koffein ― ohne Koffein
-1
∆Herzfrequenz [min ]
100
90
80
70
60
0
10
20
30 40 50
Zeit [min]
0
10
20
30
15
10
5
0
-5
60
70
80
-10
60
70
80
1
Proband Proband Proband Mittelwert
A
B
C
Proband Proband Proband Mittelwert
A
B
C
Zeit [min]
40
50
∆∆Temperatur [°C]
Die Elektrokardiografie (EKG) zeichnet die
Ströme auf, die bei der elektrischen Erregung
des Herzens in den ganzen Körper geleitet
werden. Aus den charakteristischen EKGKurven kann die Herzfrequenz abgelesen
werden.
Die Pulsoximetrie erfasst die Bewegung der
roten Blutkörperchen im Finger und zeichnet
unter anderem ebenfalls die Herzfrequenz auf.
Statistik (Koffein – Placebo)
― mit Koffein ― ohne Koffein
0
Herzfrequenz [min-1]
Für die Messung des Blutdrucks wird aus
einer Oberarm-Manschette langsam Luft
abgelassen. Bei einem hohen ManschettenDruck reichen die Druckspitzen in den
Arterien gerade aus, um dem Widerstand
entgegenzuwirken (systolischer Blutdruck).
Bei einem tieferen Druck sind die Arterien
hingegen dauerhaft mit Blut gefüllt (diastolischer Blutdruck).
Syst. Blutdruck [mmHg]
Beispiel einer Messung
∆Temperatur [°C]
Temperatur
Herzfrequenz
Blutdruck
Messparameter
0
-1
-2
-3
-4
-5
-6
― mit Koffein ― ohne Koffein
0
-1
-2
-3
-4
-5
― Temp.-Sensor ― IR-Fotografie
Resultate
Der systolische Blutdruck erhöhte sich
bei
allen
Probanden
signifikant
(p<0.05), während sich der diastolische
Blutdruck bei zwei der drei Probanden
signifikant veränderte.
Daraus lässt sich schliessen, dass der
Konsum von koffeinhaltigem Kaffee
den systolischen wie auch den diastolischen Blutdruck erhöht.
Mit zwei unterschiedlichen Messprinzipien konnte bei Proband A eine signifikante Abnahme, bei Proband C hingegen eine deutliche Zunahme der Herzfrequenz festgestellt werden.
Somit ist bei den Wach-Messungen keine klare Tendenz der Herzfrequenz unter
Koffeineinfluss ersichtlich.
Bei allen Probanden konnte tendenziell
eine schnellere Temperaturabnahme des
Fusses festgestellt werden. Der Temperaturrückgang ist bei der IR-Fotografie
weniger ausgeprägt, da eine etwas körpernähere Stelle am Fuss ausgemessen
wurde.
Daraus lässt sich schliessen, dass Koffein den Fuss schneller auskühlen lässt.
Tab. 1: Zusammenstellung der wichtigsten Messparameter und –resultate der Koffein-Studie an wachen Probanden.
Diskussion
Im Laufe des Tages produzieren Körperzellen als Nebenprodukt Adenosin, welches unter anderem die sympathischen Neuronen
hemmt. Als Teil des vegetativen Nervensystems sind die Sympathicus-Neuronen für die Stressreaktion („fight or flight“) des Körpers
verantwortlich. Koffein hat eine ähnliche Struktur wie Adenosin und kann daher auch an Adenosin-Rezeptoren binden, aktiviert diese
A
A
als Antagonist aber nicht. Folglich kann Adenosin nicht an die Rezeptoren binden und kein
A
A
Signal mehr auslösen. So wird die hemmende Wirkung auf den Sympathicus unterdrückt, die
A
Reize werden ungehemmt weitergeleitet.
K
Die glatten Muskelzellen bleiben daher angespannt und die Gefässe ziehen sich zusammen
(Vasokonstriktion), weil ihre Weite muskulär geregelt ist. Engere Gefässe führen zur Zunahme
des Blutdrucks und zu einer schnelleren Auskühlung der Peripherie, da diese schlechter mit Blut
versorgt wird.
So können die Resultate der Blutdruck- und Temperaturmessung erklärt werden. Ob die
Herzfrequenz und Sauerstoffsättigung unter Koffeineinfluss leicht zu- oder abnimmt, ist wohl von
Abb. 3: Adenosin (links) und Koffein (rechts)
Abb. 2: Adenosin (A) aus Nachbarzellen bindet an spezifische Rezeptoren in den Person zu Person unterschiedlich. Dieselben Effekte wurden
haben als Purin-Derivate eine ähnliche Strukauch in anderen Studien (z.B. Quinlan et al., 1999) turformel. Deshalb kann Koffein an den AdeNervenzellen und löst eine Signalkaskade aus. Koffein (K) blockiert als Antagonist
diese Rezeptoren. Das sympathische Neuron wird nicht mehr gehemmt, die glatten beobachtet.
nosin-Rezeptor binden, ohne ihn jedoch zu
A
Muskeln bleiben angespannt und die Blutgefässe verengen sich.
aktivieren.
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