Rush-Hour zwischen Mars und Jupiter: Den Rätseln des

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Biologie und Biotechnologie, Medizin, Astronomie, Physik, Technik
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der
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sowie
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02|Inhalt
01
02
ÜBERUNS
INHALT
03
RUSH-HOUR ZWISCHEN MARS UND
JUPITER
Den Rätseln des Asteroidengürtels
aufderSpur
04
IMPRESSUM
03|Rush-HourzwischenMarsundJupiter
DenRätselndes
Asteroidengürtelsauf
derSpur
VONNADJAPODBREGAR
EristHeimatfürMillionenPlanetentrümmerundkosmischeBedrohung
zugleich:derAsteroidengürtel.DennChaosundKollisionenindiesem
TrümmerringlenkenimmerwiederBrockeninRichtungErde.Wasdabei
passiertundwelcheSonderlingesichimSchuttringverbergen,finden
Forschererstnachundnachheraus.
KOSMISCHERELIKTE
U
rsprung in der Frühzeit des Sonnensystems Es gibt eine
Region im Sonnensystem, die ist alles andere als
gemütlich: Im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter
umkreisen Hunderttausende von winzigen, kleinen und
großenGesteinsbrockenaufmehroderminderchaotischenBahnendie
Sonne. Im Gedränge kommt es immer wieder zu heftigen Kollisionen.
DieBrockenzerbersten,schleudernBruchstückeweitinsAllhinausoder
lenken sich gegenseitig aus ihrer ursprünglichen Bahn. Unberechenbar
rasensiedannweiterenKollisionenentgegen–imExtremfallsogarmit
derErde.
DieAsteroidendesGürtelssindallesamtrund4,5MilliardenJahrealt–
so alt wie Erde, Mars und die anderen Planeten des Sonnensystems.
Doch im Unterschied zu diesen wuchsen sie nicht zur vollen
Planetengröße heran sondern sammelten sich in einem losen Ring in
der Lücke zwischen zwei Planeten. Astronomen haben ausgerechnet,
dass die Masse aller Objekte im Asteroidengürtel mehr als ausreichen
würde,umeinenkompletten,„ausgewachsenen“Planetenzubilden.
StörungdurchdengroßenNachbarn
Aber warum geschah dies nicht? Schuld
daran ist vermutlich der große Nachbar
des Asteroidengürtels, der Jupiter. Die
enorme Schwerkraft des Gasriesen wirkt
auf fast alle Himmelskörper des
Sonnensystems ein und ist umso stärker,
jenähermandemPlanetenist.Direktvor
seiner Haustür, im Gebiet des heutigen
Asteroidengürtels, zog und zerrte diese
Asteroiden©NASA
Kraft bei jedem Vorbeiziehen des
Gasriesensosehr,dasssichdiehierherumfliegendenGesteinsbrocken
nicht wie fast überall sonst dauerhaft zu einem Planeten
zusammenlagernkonnten.
Stattdessen blieb hier ein kosmisches Trümmerfeld erhalten. Der
Störeinfluss der Jupiter-Schwerkraft sorgte zudem dafür, dass nur
bestimmte Umlaufbahnen im Asteroidengürtel dauerhaft stabil waren
und sind. Bei anderen Orbits dagegen treten Resonanzen mit der
BewegungdesGasriesenauf,diealledortkreisendenObjekteausihrer
Bahn schleudert. Im Laufe der Zeit haben sich dadurch drei
Hauptgruppen der Asteroiden im Gürtel herausgebildet, die Millionen
BrockenundBröckchensinddaherallesanderealsgleichmäßigverteilt.
SteinigeZeitkapseln
Die Asteroiden sind damit Relikte aus der Frühzeit unseres
Planetensystems. Im Gegensatz zu den Planeten blieb ihnen ihre
ursprüngliche Zusammensetzung weitestgehend erhalten. Viele
Prozesse, die das Äußere und Innere von Planeten im Laufe der
Entwicklung verändert haben,
fanden bei ihnen nicht statt.
Wie Zeitkapseln haben sie
damitdieBedingungenzurZeit
ihrer Entstehung vor 4,5
Milliarden Jahren konserviert.
Für die Forscher ist dies eine
wertvolle Möglichkeit, nähere
Erkenntnisse
über
die
Entstehungszeit
unseres
Sonnensystems und damit
auch unserer Erde zu
gewinnen. So können z.B.
Meteoriten
-
auf
der
Erdoberfläche eingeschlagene
Asteroiden - viel über die
Vergangenheitverraten.
DerAsteroidengürtelliegtzwischenMarsund
Jupiter,dort,wofrüheAstronomeneinen
Planetenvermuteten.©NASA/JPL-Caltech
Die urtümlichsten Vertreter dieser
“steinigen Himmelsboten” sind die
sogenannten Chondriten. Bei diesen
relativ unauffälligen, meist grau gefärbten
Meteoriten sind kugelförmige, bis zu
einemZentimetergroßeGesteinskörnchen
in die Grundsubstanz eingeschlossen. Diese Kügelchen aus
geschmolzenemSilikatmaterialbildetensichwahrscheinlichnochinder
KohligerChondrit(CV3)©
MarioMüller/CC-by-sa3.0de
Urwolke aus Vorgängermaterial, das sehr schnell stark erhitzt wurde bis auf 1.900°C - und schmolz. Als diese Schmelzkügelchen abgekühlt
waren, klumpten sie sie dann im Laufe der Zeit mit anderem Material
zusammen.DieEinschlüssederChondritengeltendaheralsdieältesten
unverändertenReliktederUrwolke.
FOLGENREICHEKOLLISIONEN
D
ie Ziele der Dawn-Mission Auch die heutigen Bahnen der
AsteroidenimGürtelsindnichtalledauerhaftstabil.Einige
haben eine Umlaufzeit um die Sonne, die sie noch immer
regelmäßiginZonenerhöhterSchwerkrafteinwirkungbringt.
In bestimmten Bereichen ihres Orbits können dann schon kleinste
Einflüsse genügen, um sie abzulenken. Immer wieder kommt es daher
vor, dass Asteroiden im Gürtel zusammenstoßen. Wegen der riesigen
AusmaßedesAsteroidengürtelsunddergeringenGrößederbeteiligten
BrockenbleibendiemeistendieserEreignisseallerdingsunentdeckt.
IhreFolgenlassensichallerdingsbeobachten:GrößereKollisionen,wie
siesichmeistvorTausendenodergarMillionenvonJahrenereigneten,
hinterlassen oft diffuse Staubbänder. Bei anderen können Astronomen
ausihrerUmlaufbahnschließen,dasssieeinstdurcheineKollisionaus
der Bahn oder sogar ganz aus dem Asteroidengürtel geschleudert
wurden. Obwohl solche Kollisionen durchaus häufig sind, gelang es
Astronomen lange Zeit nicht, ein solches Ereignis quasi live zu
beobachten-biszumJahr2010.
ZusammenstoßimGürtel-live
Denn
dann
stießen
Wissenschaftler des USForschungsprojekts LINEAR
(LIncoln Near-Earth Asteroid
Research)
bei
ihrer
routinemäßigen
Durchmusterung
des
Weltraums nach erdnahen
Asteroiden auf das Objekt
P/2010 A2. Wegen seines
TrümmerbrockenundKollisionen-der
Asteroidengürtelistkeinsehrgemütlicher
Aussehens
hielten
die
Ort.©NASA/JPL
Forscher den Himmelskörper
zunächstfüreinenKometen-undfolgtenbeiderBenennungdaherder
gängigen Kometen-Nomenklatur. Erst genauere Beobachtungen in den
folgendenMonatendecktenseinwahresWesenauf-undlieferteneine
Überraschung.
„DasObjektP/2010A2undeinnurwenigeMetergroßerMiniplanetoid
sindsozusagenerstgesternineinandergerast”,erklärtColinSnodgrass
vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in KatlenburgLindau. Der dabei erzeugte Schweif aus Trümmerstücken lässt sich
nochdirektbeobachten.„Dasistso,alswürdemanstattderFossilien
einen vollständigen Dinosaurier mit Haut und Weichteilen finden.“ Die
genaue Länge und Form des Schweifs ließ sich allerdings mit
erdgebundenen Teleskopen und selbst mit den scharfen Augen des
Weltraumteleskops Hubble nur schlecht erkennen, weil diese quasi zu
seitlichaufdasGeschehenblickten.
TrümmerschweifverrätAlter
Abhilfe in Form eines Perspektivwechsels schaffte die Raumsonde
Rosetta. Sie befand sich zum Beobachtungszeitpunkt bereits weit
jenseitsderUmlaufbahndesMarsundkonntesoeinengenauerenBlick
erhaschen. „Anhand der Aufnahmen der Raumsonde konnten wir die
dreidimensionale Gestalt des Schweifs erkennen”, erklärt Snodgrass.
Die Form sei für einen Kometen, der kontinuierlich Material emittiert,
untypisch und deute auf den Trümmerschweif nach einem
Asteroidenaufprallhin.UndauchdieGrößeeinigerFragmenteverrieten
die Aufnahmen. Aus diesen Informationen konnten die Forscher
rekonstruieren,
wie
sich
der
Trümmerschweif nach der Kollision
entwickelt haben muss - und auch, dass
der Aufprall zum Beobachtungszeitpunkt
erst zehn Tage zurücklag. Ihre
Beobachtungen lieferten damit wichtige
Erkenntnisse über die frühe Phase nach
einerAsteroidenkollision.
Aufnahmendes
TrümmerschweifsvonP/2010
A2,einemAsteroidendirekt
nacheinerKollisionmiteinem
kleinerenBrocken.©NASA
HEIMATDESDINOKILLERS
F
ahndungnachdemUrsprungdesChicxulub-AsteroidenEine
Kollision im Asteroidengürtel könnte auch an einem der
dramatischsten Ereignisse der Erdgeschichte schuld sein:
demEinschlagdes“Dinokillers”vorrund65MillionenJahren.
DerrundzehnKilometergroßeMeteoritChicxulubschlugamEndeder
KreidezeitaufderHalbinselYucataninMittelamerikaein.
Dieser Aufprall hatte globale Folgen und veränderte die gesamte
BiosphäreunseresPlaneten.MilliardenTonnenSchwefelundStaubund
aufsteigender Rauch aus ausgedehnten Feuersbrünsten verdunkelten
den Himmel für mindestens ein halbes Jahr und ließen die globalen
Temperaturen nahezu bis zum Gefrierpunkt abstürzen. Nicht nur die
Dinosaurier, auch die Hälfte aller anderen Tier- und Pflanzenarten der
ErdestarbeninderFolgedieserKatastropheaus.Woaberkamdieser
kosmischeBolideher?UndwashatteihnRichtungErdegelenkt?
FragmentvonAsteroidBaptistina?
Die Antwort auf diese Fragen blieb lange Zeit offen. Im Jahr 2007
deutetendannDatenvonerdbasiertenoptischenTeleskopendaraufhin,
dass der Asteroid Baptistina ein möglicher Ausgangspunkt für den
Chicxulub-Meteoriten gewesen sein könnte. Dieser rund 170 Kilometer
große Brocken im Hauptgürtel des Asteroidenrings soll nach gängiger
Lehrmeinung vor rund 160 Millionen Jahren mit einem zweiten, 60
Kilometer großen Objekt zusammengestoßen und dann zerbrochen
DiesenKraterhinterließvor65
MillionenJahrenderAsteroid,
derwahrscheinlichdas
AussterbenderDinosaurier
auslöste.©LunarandPlanetary
Institute
Dinokiller©NASA/JPL/DonDavies
sein. Diese Kollision hinterließ einen nur
noch 40 Kilometer großen RestAsteroiden und unzählige Fragmente.
Modellsimulationen nach könnten dabei rund 100.000 Bruchstücke mit
mehr als einem Kilometer Durchmesser und etwa 300 mit mehr als 10
Kilometer Durchmesser entstanden sein. Rund zwei Prozent davon
wurden wahrscheinlich in Richtung des inneren Sonnensystems und
damit potenziell auch in Richtung Erdbahn abgelenkt. Eines dieser
Fragmente, so die damalige Vermutung, könnte zum ChicxulubMeteoritengewordensein.
NichtgenügendZeit
Im Jahr 2011 allerdings stellten neue Beobachtungen von NASAAstronomendiesesSzenarioinFrage.SiehattenmitHilfedesInfrarotWeltraumteleskops Wide-field
Infrared Survey Explorer
(WISE) mehr als 1.000
Gesteinsbrocken
der
sogenannten
BaptistinaFamilieanalysiert-derGruppe
von
Brocken
im
Asteroidengürtel, die aus den
Fragmenten der Kollision
gebildet
wurde.
Die
SokönntedasZerbrechendesgroßen
hochauflösenden Aufnahmen
AsteroidenBaptistinaausgesehenhaben.©
NASA/JPL-Caltech
erlaubten es, die Größe und
Verteilung der Bruchstücke
genauer als bisher zu kartieren. Weil sich größere Trümmerstücke
langsamer in ihren Bahnen verteilen als kleinere, ermöglicht die
GrößenverteilungRückschlüssedarauf,wanndieursprünglicheKollision
stattgefunden haben muss. Das Ergebnis der Auswertungen: Der
Zusammenprall des Baptistina-Asteroiden mit einem anderen Objekt
kannerstvorrund80MillionenJahrenstattgefundenhaben.Dasaberist
zu kurz vor dem Einschlag des Chicxulub-Meteoriten, um eines dieser
Fragmente zum “Dino-Killer” zu machen. “Das gab den Trümmern der
KollisionnichtgenügendZeit,umineineResonanzzugeratenunddann
vor 65 Millionen Jahren auf die Erde geschleudert zu werden”, erklärt
StudienleiterinAmyMainzervomJetPropulsionLaboratoryderNASA
in Pasadena. Denn normalerweise dauert es mehrere zehn Millionen
Jahre, bis solche Schwerkraft-Effekte die Trümmerbrocken in Richtung
Erdeauslenken.DamitistdieFrage,woherder“Dino-Killer”kam,erneut
offen. Die Suche nach dem Ursprung des Chicxulub-Meteoriten geht
weiter.
WILDEMISCHUNG
E
rdnahe Asteroiden und Erdbahnkreuzer Woher der
“Dinokiller”auchimmerkam,klaristaufjedenFalleines:Er
gehörte zu den sogenannten “Near-Earth-Objects” (NEOs).
AlssolchebezeichnenAstronomendieObjekte,derenOrbit
die Umlaufbahn der Erde um die Sonne kreuzt oder ihr zumindest bis
aufwenigerals1,3astronomischeEinheitennahekommt.
Nach Schätzungen von NASA-Astronomen existieren Millionen solcher
Brocken, die meisten von ihnen sind allerdings nur wenige Zentimeter
bisMetergroß.WennsieaufdieErdetreffen,sorgtdieReibungshitze
der Atmosphäre dafür, dass sie verglühen, bevor sie die Oberfläche
erreichen. Anders ist dies bei Objekten größer als zehn Meter: Sie
können die Atmosphäre durchschlagen oder in Bodennähe zerplatzen,
wie im Februar 2013 der Tscheljabinsk-Meteorit über Russland. Dieser
50-Meter-BrockensetztebeiseinerExplosiondieEnergievon100bis
500KilotonnenTNTfrei.
UnterBeobachtung
Genauer überwacht werden zurzeit rund
7.500 Erdbahnkreuzer mit einem
Durchmesservonmindestens140Metern.
Ihr Einschlag könnte nicht nur lokale
Zerstörungen anrichten, sondern regionale
Populationdererdnahen
oder globale Folgen nach sich ziehen.
Asteroiden(blau)undpotenziell
Daher werden ihre Flugbahn und ihr
gefährlichenObjekte(orange)©
NASA/JPL-Caltech
Verhalten möglichst akkurat bestimmt, um
rechtzeitig bemerken zu können, wenn einer von ihnen einen
KollisionskursmitderErdeeinschlägt.Allerdings:DieDunkelzifferistin
Bezug auf solche Gefahren sehr hoch. Jedes Jahr werden rund 1.000
neue erdnahe Objekte verschiedenster Größen entdeckt. NASAForschergehendaherdavonaus,dassbishernurrundeinViertelaller
erdnahenAsteroidengrößerals100Meterbekanntsind.Undauchüber
dieBeschaffenheitundphysikalischenEigenschaftendieserBrockenist
bishernurwenigbekannt.
AlterundUrsprungganzunterschiedlich
Unter anderem deshalb haben NASA-Forscher im Jahr 2010 mit Hilfe
des Infrarot-Weltraumteleskops Spitzer einen Teil dieser registrierten
erdnahen Objekte näher untersucht. Die Beobachtung im infraroten
Bereich ermöglicht es besser als im sichtbaren, die Größe und
Zusammensetzung eines Objekts zu ermitteln. Nach der Analyse von
rund 700 dieser kosmischen Brocken zeichnete sich ab, dass die
Population dieser fliegenden Brocken weitaus vielgestaltiger ist als
zuvorangenommen.DieDatenzeigtenunteranderem,dasseinigeder
kleineren Objekte eine überraschend hohe Albedo besitzen und ihre
Oberfläche wahrscheinlich sehr hell ist. Da die Oberfläche von
AsteroidennormalerweisemitderZeitdurchdieEinstrahlungderSonne
immer dunkler wird, ist dies ein Zeichen dafür, dass zumindest einige
Asteroiden im erdnahen Raum noch relativ jung sind. Die Astronomen
sehen darin einen Hinweis auf eine andauernde Entwicklung und
Ergänzung der erdnahen Population durch Objekte aus anderen
Bereichen des Sonnensystems. Die Forscher vermuten, dass ein Teil
der Objekte aus dem Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter
kommt, ein anderer Teil aber von weiter draußen aus dem äußeren
Sonnensystem stammt. Die Vielseitigkeit der Zusammensetzungen
könntezudemaufeinestarkeDurchmischungderAusgangsmaterialien
für Planeten und Asteroiden in der Frühzeit des Sonnensystems
hindeuten–quasiaufeineArt„Ursuppe“desPlanetensystems.
Ganzverschieden:DieGrößenspanneder
ObjekteimAsteroidengürtelreichtvon
winzigenBröckchenbiszumKleinplaneten
Ceres.©NASA/JPL
DASRÄTSELDERASTEROIDENPAARE
W
arum kreisen einige Brocken zu zweit im Gürtel? Die
meisten Brocken im Asteroidengürtel ziehen ihre Bahn
allein-unabhängigvondenanderengroßenundkleinen
Asteroiden im Ring. Doch es gibt unter ihnen auch
Ausnahmen: Ansammlungen von nur lose durch die Schwerkraft
zusammengehaltenen kleineren Brocken, die im gleichen Orbit um die
Sonne kreisen und sich dabei mehr oder weniger nahe sind. Einige
dieser Kombi-Asteroiden bilden dabei Paare aus zwei Einzelbrocken,
wie der tschechische Astronom David Vokrouhlicky im Jahr 2008
entdeckte.
Wie aber kommen solche Paare zustande? Sind die aus der Spaltung
eines Ursprungsbrockens hervorgegangen? Oder haben sich hier zwei
Partner nachträglich gefunden und durch ihre Schwerkraft quasi
gegenseitigeingefangen?EininternationalesAstronomenteamumPetr
Pravec vom Astronomischen Institut
TschechienshatimJahr2010dieseFrage
anhand von 35 solcher Paare im
Asteroidengürtelnäheruntersucht.„Eswar
klar, dass es nicht ausreichte, nur die
Umlaufbahnen der gepaarten Asteroiden
zu analysieren, um ihre Herkunft zu
verstehen“, so Pravec. „Wir mussten die
Eigenschaften der Objekte studieren.” Die
Asteroidenpaar:typischerweise
isteinerderbeidendeutlich
Forscher ermittelten daher zusätzlich für
größeralsderandere.©
ESO/L.Calçada
jeden Gesteinsbrocken die relative
Helligkeit, da diese wertvolle Rückschlüsse auf dessen Größe zulässt,
sowiedieRotationsrate.
EinKleinerundeinGroßer
InteressanterweiseergabendieMessungen,dassalleAsteroidenpaare
ein ganz spezifisches Größenverhältnis zwischen dem größeren und
kleinerenPartneraufwiesen:DerkleinereAsteroidhatteimmerweniger
als60ProzentderGrößeseinesPartners.DieseBeobachtungpasste
gut zu einer Theorie, die der Astronom und Raumfahrtingenieur Daniel
Scheeres von der Universität von Colorado in Boulder bereits 2007
aufgestellt hatte. Sie besagt, dass sich bei der Bildung eines
Asteroidenpaars durch Aufspaltung beide nur dann trennen können,
wenn der kleinere weniger als 60 Prozent der Größe seines Partners
aufweist.
EinesolcheTrennungkannbeispielsweisedannauftreten,wennsichein
aus losen Brocken zusammengesetzter Asteroid extrem schnell dreht.
SeinÄquatorbeultsich,getriebenvonderZentrifugalkraft,immermehr
nach außen. Ist eine bestimmte Fluchtgeschwindigkeit erreicht, lösen
sich Gesteinsbrocken aus der Äquatorgegend und sammeln sich in
einem Orbit um den Ursprungsasteroiden. Im Laufe von Millionen
Jahren verbinden sich diese Brocken zu einem zweiten, kleineren
Asteroiden,sodasseinDoppelasteroidentsteht.Astronomenschätzen,
dass zehn bis 15 Prozent aller kleineren Asteroiden im Weltall aus
solchensichumkreisendenPartnernbestehenkönnten.
SonnenlichtalsTriebkraft
Für Bildung solcher Doppelasteroiden durch eine schnelle Rotation
spielt das Sonnenlicht wahrscheinlich eine Schlüsselrolle. Studien
belegen, dass der sogenannte
„YORP“-Effekt
(Yarkovsky–
O'Keefe–Radzievskii–
Paddack-Effekt)
die
Eigendrehung von Asteroiden
beschleunigen kann. Dabei
sorgtdasLichtdafür,dasssich
die der Sonne zugewandte
EinnurlosezusammengehaltenerAsteroid
Seite des Objekts erwärmt.
verlierteinenBrocken,soentstehteinPaar.
Gleichzeitig
wirkt
der
©Pravecetal.
Strahlungsdruck
wie
ein
Anschub,derdieEigenrotationdesBrockensnachundnachverstärkt.
Das Prinzip ist wie die Reaktion einer
WindmühleaufdenWind-nurinZeitlupe.
Im Laufe von Jahrmillionen kann so das
SonnenlichtdieRotationeineswenigerals
zehn Kilometer großen Asteroiden
messbar verändern. „Dieser langsame
Prozess
und
nicht-katastrophale
Kollisionen füllen die Population von
Doppelasteroiden auf“, erklärt Franck
DerYarkovsky-Effekt:EineSeite
desAsteroidenwirdstärker
erwärmtundbewegtsichdaher
vonderLichtquelleweg.©
Graevemoore/CC-by-sa3.0
Marchis,AstronomanderUniversitätvon
Kalifornien in Berkeley. “Das erklärt auch
die große Anzahl von Doppelasteroiden
undehemaligenDoppelasteroiden,diewir
sehen.”
PartnerschaftaufZeit
Die bei der Spaltung entstandene Partnerschaft muss allerdings nicht
ewig halten: Unter bestimmten Umständen können sich die Asteroiden
eines solchen Doppelsystems trennen und anschließend getrennt
voneinander ihre Bahn ziehen. „Der Kleinere stiehlt Rotationsenergie
vondemGrößeren,dadurchdrehtsichderGrößerelangsamerunddie
Umlaufbahn beider dehnt sich aus. Wenn der zweite Asteroid klein
genug ist, gibt es ausreichend überschüssige Energie, um das Paar
voneinander zu lösen und in ihre eigenen Orbits um die Sonne zu
katapultieren”,soderForscher.Asteroidensinddahernichteinfachnur
große, unveränderliche Brocken im Orbit um die Sonne. „Stattdessen
handeltessichumkleineWelten,diesichständigverändern,wennsie
älter werden, und manchmal auch kleinere Asteroiden bilden, die dann
ihr eigenes Leben in einer Umlaufbahn um die Sonne beginnen“, so
Scheerer.
SONDERLINGEIMGÜRTEL
W
oher kommen die rätselhaften Asteroiden mit
Schweif? Der Asteroidengürtel besteht primär aus
Gesteinstrümmern, den Brocken, die bei der
Planetenbildung übrig blieben - so die gängige
Vorstellung. Doch in den letzten zehn Jahren haben Astronomen zwölf
Bewohner dieses Gürtels entdeckt, die nicht ins Bild passen: Es sind
aktiveKometen,BrockenausEisundStaub,dieeinenhellen,sichtbaren
SchweifausStaubpartikelnundGasenausbilden.
Diese “Schweifsterne” umlaufen die Sonne normalerweise in
langgezogenen,starkelliptischenBahnen,diesienurperiodischindas
Innere Sonnensystem führen. Ihr Ursprung liegt meist weit außen jenseits der Bahn des Neptun. Dort, im sogenannten Kuipergürtel, und
auch noch weiter außen, in der Oortschen Wolke, kreisen zahlreiche
dieser“schmutzigenSchneebälle”.ÄhnlichwiebeidenGesteinsbrocken
im Asteroidengürtel führen bei diesen eisige Körpern störende
Schwerkrafteinflüsse dazu, dass ab und zu einer von ihnen aus seiner
Bahn geworfen wird und in Richtung inneres Sonnensystem fliegt - es
entstehteinKomet.Soweit,sobekannt.
AsteroidenmitSchweif
Aber seltsamerweise tauchten
in den letzten Jahren einige
dieser Kometen aus heiterem
Himmel
inmitten
der
Gesteinsbrocken
des
Asteroidengürtelsauf.Stattder
normalen stark elliptischen
Bahn bleiben diese Kometen
seltsamerweise auf ihrer
nahezu kreisförmigen Bahn im
Gürtel. „Vieles spricht dafür,
dass diese sogenannten
Komet©NASA
aktiven Asteroiden keine
einheitliche Gruppe bilden“, sagt Jessica Agarwal vom Max-PlanckInstitut für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau. Von der
OberflächeeinigerdieserObjekteverdampftvermutlichEis,ähnlichwie
bei einem Kometen. Dieses stammt wahrscheinlich aus dem tiefen
InnerenderKörperundwurdemöglicherweisedurchheftigeEinschläge
freigelegt. Bei anderen aktiven Asteroiden haben Zusammenstöße
Fontänen aus Staub erzeugt, die monatelang als Schweif sichtbar
blieben. Einer dieser Sonderlinge ist auch der erst im Sommer 2013
entdeckteAsteroidP/2013P5.ZunächstschmücktesichdieserBrocken
nur mit einem Schweif, doch eine erneute Beobachtung im November
2013 enthüllte nunmehr gleich sechs Schweife, die wie die Speichen
einesWagenradsvomKernausgingen.
AsteroidmitsechsSchweifen
Aber wie waren diese Schweife
entstanden? Bei gleich sechs solcher
FontäneninwenigenMonaten,istesnach
Ansicht der Planetenforscher eher
unwahrscheinlich,
dass
Einschläge
kleinerer Brocken die Ursache sind. Aber
auch verdampfendes Eis erscheint nicht
wirklichplausibler,dennP/2013P5bewegt
Hubble-Aufnahmendes
sich
am
inneren
Rand
des
AsteroidenP/2013P5vom10.
AsteroidengürtelsunddamitineinerZone,
und23.September2013.©
NASA/ESA,andD.Jewitt
in der jedes Eis in ihm schon vor langer
(UCLA)
Zeit hätte verdampft sein müssen. Was
aber war dann der Auslöser? Entscheidende Hinweise lieferten im
September2013AufnahmendesWeltraum-TeleskopsHubble,dieden
Asteroiden zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten zeigten. „Zwischen
den Beobachtungen lagen 13 Tage. In dieser Zeit hatte sich unser
Forschungsobjekt stark verändert“, so Agarwal. Während ein Schweif
fastunverändertgebliebenwar,hatteeinzweiterdeutlichanLängeund
Leuchtkraft zugenommen. Alle anderen waren verblasst. Die Forscher
vermuten, dass die Rotation des Objektes für die Schweife
verantwortlich ist: Es dreht sich so schnell um die eigene Achse, dass
es Masse verliert. Angetrieben wird dieser Vorgang vom Druck des
Sonnenlichts. Dieses trifft in unterschiedlichen Winkeln auf die
zerklüftete Oberfläche. Unterm Strich wird dadurch die Rotation des
Asteroiden mehr und mehr beschleunigt, wie bei einem Rad, das man
nuraneinerSeiteanschiebt.IrgendwannwirddadurchdieFliehkraftam
Äquator des Asteroiden stärker als die schwache Schwerkraft des mit
einem Durchmesser von 240 Metern recht kleinen Körpers: Material
wirdvonderOberflächefortgeschleudert.DieAstronomenklassifizieren
diesekosmischeDreckschleuderals“Hauptgürtel-Kometen”.
DIELAZARUS-KOMETEN
E
in Kometen-Friedhof im Asteroidengürtel? Aber woher
kommensolcheSonderlingeimAsteroidengürtel?Forscher
um Ignacio Ferrin von der Universität von Anitoquia in
Kolumbien gingen dieser Frage im Jahr 2013 mit neuen
Beobachtungen und mit Hilfe von Simulationen und Modellrechnungen
nach. Dabei stießen sie tatsächlich auf eine plausible Erklärung für die
seltsamen“Gürtelkometen”.
LetzteRuhestätte
Demnach sah der Asteroidengürtel vor Millionen von Jahren ganz
andersausalsheute.StattnurtoterGesteinstrümmerfandensichinihm
auchTausendevonaktivenKometen.DochimLaufederZeitließderen
Aktivitätnach,weildieSonnenwärmenachundnachallesEisausihren
oberenKernschichtenherauslösteundalsWasserdampfausgasenließ.
Dadurch war quasi der Nachschub für ihren Schweif erschöpft, sie
wurden inaktiv. “Wenn ein
Kometenkern nur 50 bis 150
Meter im Radius misst, dann
ist die Sonnen-Einstrahlung im
Asteroidengürtel stark genug,
um im Laufe der Zeit alles Eis
und alle flüchtigen Substanzen
aus ihm herauszulösen - der
SokönntederAsteroidengürtelimfrühen
Sonnensystemausgesehenhaben:voller
Komet erlischt”, erklären die
aktiverKometen.©IgnacioFerrin/
UniversityofAnitoquia
Forscher. Für viele Tausend
solcher Kleinkometen wurde
dieserRingzwischenMarsundJupiterdaherzurletztenRuhestätte:Sie
haben ihr Eis längst verloren und kreisen nun für immer als steinige
Brocken inmitten der Asteroiden. “Wir haben einen echten KometenFriedhofgefunden”,erklärtFerrin.
Wiederauferstehungmöglich
Anders aber bei den größeren
Kometenkernen: Sie sind nicht tot,
sondern schlafen nur. Denn die
Sonnenwärme konnte nicht bis in das
InneredesKernseindringen,sodassdort
NeuerwachteKometenim
Asteroidengürtel©Ignacio
Ferrin/UniversityofAnitoquia
noch Eisreserven übrigblieben. “Diese
schlafenden Kometen können wieder zum
Leben erwachen, wenn die Energie der
Sonneneinstrahlung nur um wenige Prozent ansteigt”, so die
Astronomen. Das kann dadurch geschehen, dass beispielsweise die
Anziehungskraft des Jupiter oder andere Turbulenzen im lokalen
Schwerkraftfeld die Bahn dieser Kometen ein wenig weiter nach innen
verlagert. Dann dringt die Sonnenstrahlung tiefer in den Kometenkern
ein und erreicht so auch die inneren Eisreserven, die nun beginnen,
auszugasen-derKometbekommtwiedereinenSchweifundwirdaktiv.
“Diese Objekte sind 'Lazarus-Kometen', die nach Tausenden oder
MillionenvonJahrenderRuhenunwiedererwachen”,sagtFerrin.Nach
Ansicht der Forscher könnten elf der zwölf in den letzten zehn Jahren
entdeckten Kometen auf diese Weise wiederaufstanden sein - und sie
werden nicht die einzigen bleiben: “Potenziell könnte jeder der vielen
tausendschlafendenNachbarndieserKometendasGleichetun”,sodie
Astronomen.
BESUCHBEIVESTA
D
as vernarbte Relikt eines Protoplaneten Der
Asteroidengürtel birgt aber noch weitere interessante
Bewohner. Zwei davon sind der Asteroid Vesta und der
KleinplanetCeres-inmancherHinsichtsindsiegleichund
dochsehrverschieden.DendereineisteinmassiverGesteinsbrocken,
der andere besteht mindestens zum Teil aus Eis. Mit ihrer trotz der
NähesounterschiedlichenGeologiebildendiebeidenquasieineBrücke
zwischen den erdähnlichen Gesteinsplaneten
SonnensystemsunddeneisigenBrockendesäußeren.
des
inneren
Neben ihrer Position im Asteroidengürtel gibt es aber noch eine
Gemeinsamkeit: Beide sind Ziel der Dawn-Mission, die zurzeit im
Asteroidengürtel unterwegs ist. Die am 7. Juli 2007 gestartete
Raumsonde erreichte ihr erstes Untersuchungsobjekt, den Asteroiden
Vesta, im Oktober 2011 und umkreiste ihn mehrere Monate lang. Seit
2012istsienununterwegszuCeres,densieimFebruar2015erreichen
wird.
EinfastfatalerTreffer
DerAsteroidVesta,dasersteZielderDawn-Sonde,wurdebereits1807
durch
den
deutschen
Astronomen Wilhelm Olbers
entdeckt. Er gehört mit einem
Durchmesser von gut 500
Kilometernzudensehrgroßen
Objekten
des
Asteroidengürtels.
Beobachtungen deuten darauf
hin,dassseineOberflächeaus
basaltischem Gestein besteht,
gefrorenerLava,diekurznach
DawnmitCeresundVesta©WilliamK.
derEntstehungdesAsteroiden
Hartmann/UCLA
aus dem heißen Inneren quoll
understarrte.Soweit,sounspektakulär.DocheineEigenschaftbesitzt
Vesta, die ihn besonders spannend für die Wissenschaft macht: Seine
Oberfläche trägt deutliche Spuren eines dramatischen Ereignisses.
Irgendwann muss der Asteroid einen gewaltigen Treffer durch ein
anderesObjekterlittenhaben.FastdergesamteSüdpoldesansonsten
nahezu kugeligen Asteroiden wurde dabei weggesprengt, die Kollision
hinterließ einen gigantischen Krater von gut 460 Kilometern
Durchmesserund13KilometernTiefe.GuteinenProzentdesgesamten
VolumensdesAsteroidenschleudertedieKollisioninsAll.DieTrümmer
der Kollision, von winzigen Staubkörnchen bis hin zu haus- und
gebirgsgroßen Brocken, flogen fortan auf ihren eigenen chaotischen
Bahnen durch das Sonnensystem. Astronomen vermuten, dass rund
fünf Prozent aller bisher auf der Erde gefundenen Meteoriten von
diesemkosmischen„Unfall“herrühren.
DoppelschlagamSüdpol
DieTopografievonVestaist
extrem.Kraterzeugenvonder
katastrophalenVerganghenheit.
©NASA/JPL-Caltech/UCLA/
MPS/DLR/IDA/PSI
Im Herbst 2011 lieferte die Raumsonde
Dawn dann wie erhoffte genauere
Aufnahmen des gewaltigen Südpolkraters
vonVesta-undenthüllteÜberraschendes.
Denn der Asteroid wurde offenbar nicht
nur von einem, sondern gleich von zwei
großen Brocken getroffen. Die gewaltige
Vertiefung am Vesta-Südpol besteht aus
zwei teilweise überlappenden Kratern mit jeweils mehreren
kreisförmigen Wällen und Vertiefungen und einem rund 13 Kilometer
hohenZentralberg.Anfang2013gelangesdemPlanetenforscherMartin
Jutzi von der Universität Bern mit Hilfe einer dreidimensionalen
Computersimulation, zu rekonstruieren, wie diese Krater entstanden
sein könnten: Demnach trafen zwei 66 und 64 Kilometer große
GesteinsbrockenmitderhohenGeschwindigkeitvon5,4Kilometernpro
Sekundeaufdennurrund500KilometergroßenProtoplaneten.Wäreer
belebt gewesen, hätte keiner seiner Bewohner diese planetare
Katastrophe überlebt. Diese Einschläge schleuderten Gesteinsmaterial
aus bis zu 100 Kilometern Tiefe hinaus und durchbrachen an einigen
Stellen die Kruste des Protoplaneten, wie die Forscher berichten. “Wir
können anhand der Verteilung und Art dieses Materials die
verschiedenen inneren Schichten, aus denen Vesta zusammengesetzt
ist, präzise rekonstruieren”, erläutert Philippe Gillet, Direktor des Earth
and Planetary Science Laboratory der EPFL. Im Gegensatz zu vielen
kleineren Asteroiden ist Vesta ein sogenannter differenzierter Körper:
Wie bei einem Planeten ist sein Inneres aus drei Schichten - Kern,
MantelundKruste-aufgebaut.DamitdieseSchichtungentstehenkann,
muss der Himmelskörper irgendwann in seiner Geschichte komplett
aufgeschmolzen sein, so dass schwerere Elemente nach innen sinken
undleichterenachobensteigenkonnten.
Ein Flickenteppich und dunkler
Auswurf
Und noch etwas zeigten die
Aufnahmen der Raumsonde
Dawn: Die Oberfläche des
Asteroiden ist ein wahrer
Flickenteppich aus Material
unterschiedlicher Helligkeit und
Zusammensetzung. So gibt es
auf Vesta helle Bereiche, die
so weiß sind wie Schnee, und
AmCornelia-KrateraufVestaistderdunkle
Auswurfdeutlichzuerkennen.©NASA/JPLdunkle Bereiche, die so
Caltech/UCLA/MPS/DLR/IDA
schwarz sind wie Kohle.
„Vielessprichtdafür,dassdasdunkleMaterialsehrreichanKohlenstoff
ist“, erklärt Vishnu Reddy vom Max-Planck-Institut für
Sonnensystemforschung (MPS). Untersuchungen von ihm und seinen
Kollegen deuteten Anfang 2013 auf einen Zusammenhang zwischen
dem dunklen Material und den beiden riesigen Asteroideneinschlägen
auf Vestas Südhalbkugel hin. Eine Karte der Verteilung des dunklen
Materialszeigte:DiesesgruppiertsichinersterLinieumdieRänderder
beidengroßenKrateraufderSüdhalbkugel.DieForschergehendaher
davon aus, dass dieses Gestein wahrscheinlich mit dem ersten der
beiden Einschläge vor etwa zwei bis drei Milliarden Jahren auf den
Protoplaneten kam. Der zweite Einschlag, in dessen Folge der zweite
Krater entstand, hat einen Teil dieses Material dann später überdeckt.
Die Dawn-Daten lieferten den Forschern auch den ersten direkten
Beweis, dass viele auf der Erde gefundenen Meteoriten tatsächlich
Bruchstücke von Vesta sind. Denn einige dieser sogenannten HEDMeteoritenzeigendunkleEinschlüsse,dieebenfallsreichanKohlenstoff
sind. „Durch genaue Analyse des dunklen Materials auf der Vesta und
VergleichenmitLaboruntersuchungendieserMeteoritekonntenwirnun
denerstendirektenBeweisliefern,dassdieHED-Meteoritetatsächlich
BruchstückevonVestasind“,berichtetReddysKolleginLucilleLeCorre
vomMPS.
DERGRÖSSTEIMGÜRTEL
K
leinplanet Ceres und seine Geheimnisse Schon die
EntdeckungsgeschichtevonCereszeigtdieSonderstellung
diesesKleinplaneten.Denndasmitknapp1.000Kilometern
Durchmesser größte Objekt des Asteroidengürtels war der
erste im Sonnensystem entdeckte Asteroid - und wurde prompt
zunächstfüreinenechtenPlanetengehalten.
LichtpunktamrichtigenOrt
Kein Wunder: Als der italienische Astronom Giuseppe Piazzi 1801
diesen Lichtpunkt zwischen der Mars- und Jupiterbahn aufspürte, lag
dieser genau dort, wo den theoretischen Berechnungen nach noch ein
Planet im Sonnensystem fehlte. Denn die Kräfte- und
Bewegungsverhältnisse der bekannten Planeten legten eine bestimmte
AbstandsfolgederSonnenbegleiternahe-unddieLückezwischenMars
undJupiterpasstenichtinsBild.PositionundBahnvonCeresschienen
dieseLückeperfektzufüllen.Erstrund50JahrespäterkamenZweifel
daranauf,dassessichbeidiesemObjektwirklichumeinenvollwertigen
Planeten handelte. Denn inzwischen waren zahlreiche weitere, kleinere
AsteroidenindergleichenHimmelsregionentdecktworden.WäreCeres
abereinechterPlanet,hätteerdiesekleinerenBrockenlängstanziehen
undsicheinverleibenmüssen.
Nichtgefegt
DerKleinplanetCeres-noch
gibtesvonihmnurAufnamen
vonerdbasiertenTeleskopen.©
NASA/ESA/SwRI/Cornell
University)/Universityof
Maryland
Heuteistklar,dassessichbeiCereszwar
um
einen
echten
Riesen
des
Asteroidengürtels handelt, aber noch nicht
ganzumeinenvollwertigenPlaneten.Denn
auch wenn er ein Drittel der Masse aller
Asteroiden des Sonnensystems auf sich
vereinigt, annähernd kugelförmig ist und
auch eigenständig um die Sonne kreist,
fehlt ihm eine entscheidende Eigenschaft
zum echten Planeten: Er hat seinen
Vorgartennichtgefegt-seineUmlaufbahn
ist nicht durch seine Schwerkraft oder
Kollisionen freigeräumt. Für Objekte wie
Ceres, die zwar größer als die normalen
Asteroiden sind, aber die Kriterien für
einen „echten“ Planeten nicht erfüllen, hat die Internationale
Astronomische Union im Jahr 2006 daher eine eigene Kategorie von
Himmelskörpern aufgestellt: die Zwergplaneten. Zu den ersten
Mitgliedern dieser Liga der Kleinplaneten gehören neben Ceres auch
ErisundderehemaligeneuntePlanetdesSonnensystems,Pluto.
WassereisundKohlenstoff?
Besonders spannend an Ceres ist jedoch nicht nur seine Größe und
Lage im Asteroidengürtel, auch die Zusammensetzung macht ihn
interessant:Dennerkönntezu17bis27GewichtsprozentausWasser
bestehen - immerhin so viel, dass es dem Fünffachen der irdischen
Süßwasservorräte entspricht. Vermutlich liegt dieses Wasser in Form
einer zehn Kilometer dicken
Eiskrustevor,diedensteinigen
Kernumschließt.Damitkönnte
Ceres der sonnennächste
Vertreter eines so eisreichen
Himmelskörpers
im
Sonnensystem
sein.
Spektralanalysen des von der
Oberfläche des Kleinplaneten
zurückgeworfenen
Lichts
deutenzudemdaraufhin,dass
MutmaßlichesInnenlebenvonCeres:ein
es auf Ceres neben Wasser
Gesteinskern,einMantelausWassereisund
auch Karbonatgestein geben
eineKruste.©NASA,ESA,andA.Feild
(STScI)
könnte.
Diese
kohlenstoffhaltigen Verbindungen entstehen oft, wenn Wasser
verdunstet oder verdampft. Noch ist alles Weitere unklar, Forscher
halten es aber durchaus für möglich, dass der Kleinplanet in seiner
Vergangenheit einmal lebensfreundlicher war und sogar flüssiges
Wasser auf seiner Oberfläche besaß. Ob das tatsächlich der Fall war,
könntendieDatenderRaumsondeDawnimJahr2015verraten.
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