Wurzeln der Biophysik „Grundlagen der Biophysik“ Prof. Dr. Gimsa Weitere Durchführende: Dr. W. Baumann D. Wachner Dr. J. Sakowski Dr. E. Schreiber Biomechanik und Bionik - G.A. Borelli, Rom 1680: „De motu animalium“ Strahlenbiophysik - 20iger: Röntgenstrahlen, Treffertheorie Dessauer, Timofeef-Ressovskij Welle-Teilchen Dualismus: de Broglie - 40-50iger: „Atomzeitalter“ Physikochemie in der Biologie - Höber (1902-1930): „Physikalische Chemie der Zellen und der Gewebe“ Irreversible Thermodynamik offener Systeme - Onsager 1931: „The reciprocal relation in irreversible processes“ Phys. Rev. 37:405 & 38:2265 Bionik-Konferenz in Dayton (USA) - 1960: „Anwendung biologischer Lösungen in der Technik„ Kybernetik - Norbert Wiener 1948 „Kybernetik“ L. Haberland Theoretische Biophysik mathematische Biologie, Bioinformatik Molekulare Biophysik Physikalische Besonderheiten biologischer Systeme Generell gibt es zwei Arten von Systemen: - Das mechanische System – Beispiel Uhr – voll determiniert. - Das stochastische System – Beispiel: chem. Reaktion – nur im Mittelwert determiniert. Im biologischen System ist das mechanische Prinzip bis weit in den molekularen Bereich getrieben. Grundlagen der Biophysik 2. Vorlesung Molekulare Struktur biologischer System 1 - Das biologische System ist ein kybernetisches, kein stochastisches System. - Das biologische System ist hierarchisch geordnet. - Das biologische System ist in Raum und Zeit organisiert. - Das biologische System ist als Ganzes im thermodynamischen Ungleichgewicht - Das biologische System ist bezüglich seiner Umwelt optimiert. Prof. Dr. Gimsa Wurzeln der Biophysik - Aristoteles: Mechanik, Metaphysik, Technik - Heraklit: “Alles fließt” - Anatomie im Römischen Reich - Harvey: 1628, Entdeckung des Blutkreislaufs - G.A. Borelli: “De motu animalium” 1680; Römische Schule der “Iatrophysik” (“Iatros” = “Arzt”, menschlicher Körper als mechanische Maschine) - L. Galvani (1737-1798): “tierische Elektrizität” - Lavosier & Laplace: 1780: Kalorimetrie an Meerschweinchen - Th. Young (1773-1829): physiologische Optik (Keilschrift entziffert) - Julius R. Mayer (1814-1878): Färbung arteriellen & venösen Bluts - H. von Helmholtz (1821-1894): Optik des Sehens, Hörtheorie, Doppelschicht - Pearson, 1892 Begriff “Biophysik” in “The Grammar of Science” eingeführt 1 Quantenzahlen Die Hauptquantenzahl (n) drückt nach dem Bohrschen Modell die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Elektronenschale aus. Sie kann folgende Werte annehmen: n= 1, 2, 3, 4, ... 7. Die Nebenquantenzahl (l) bestimmt die räumlich Verteilung der Ladungsdichte. Sie ist durch n begrenzt und kann nur Werte von l = 0, 1, 2, 3, ... (n–1) annehmen. Für n=1 kann l nur den Wert 0 annehmen (He). Die magnetische Quantenzahl (m) resultiert aus der Tatsache, dass ein sich bewegendes Elektron ähnlich einem elektrischen Strom in einer Spule ein Magnetfeld erzeugt (bzw. umkehrt durch ein äußeres Magnetfeld beeinflusst werden kann). m kann die Werte m = - l ... 0 ... + l annehmen. Für He (n = 2 und folglich l = 0 oder 1) kann m demnach nur –1, 0 oder +1 betragen. Bei n= 3 sind für m die Werte -2, -1, 0 +1, +2 möglich. Das Spektrum elektromagnetischer Strahlen: Wellenlängen-, Frequenz- und Energieskalen! Zusammenhang von Ausbreitungsgeschwindigkeit (v), Frequenz (<) & Wellenlänge (λ) v = c = λ < z. B.: 300 . 106 m/s = λ . 100 . 106 Hz λ= 3 m UKW-Radiofrequenz λ= 15 cm Handy (~2 GHz) Zusammenhang von Energie (E) & Frequenz (<) E= h< mit h =6.625*10-34 Ws2 (Plancksches Wirkungsquantum) Beachte: 1 eV=1,602*10-19 Ws, 1 cal= 4,187 Ws, 1 Mol=6,023*1023 Teilchen Energie einer Bindung: ~100 kcal/Mol => ~ 4*105 Ws /6*1023 =0,66* 10-18 Ws => 4,2 eV Die Spinquantenzahl (s) eines Elektrons erklärt sich aus seiner Rotation um die eigene Achse. Hier kommen generell nur zwei Fälle in Frage, nämlich die Rotation im oder gegen den Uhrzeigersinn. Sie werden mit s= +1/2, -1/2 gekennzeichnet. Die Spinquantenzahl hat keinen Einfluss auf das Energieniveau der Elektronen (Achtung: ESR!). Pauli-Prinzip (1926): Zwei Elektronen eines Atoms (Moleküls) sind NIE in allen Quantenzahlen gleich 2. Die Ionenbeziehung 1. Die kovalente Bindung Wie dick ist eine Zellmembran? • Extrem polar (auch Synonyme: Ionenbindung, Elektrovalenz, heteropolare Bindung) • z.B. NaCl: e--aufnahme und –abgabe führt zu qNa= -qCl ~ 1,602*10-19 C Edelgaskonfigurationen von Cl- (Argon) und Na+ (Neon) • Kraft durch elektrische Anziehung (Coulombsches Gesetz) Aufg.: Berechnen Sie die Bindungsenergie des KBr-Kristalls ausgehend vom Coulombschen Gesetz! Def. Bindungsenergie: Energie, die notwendig ist um zwei Ionen auf Abstand ∞ zu bringen (ausgehend vom Kristallgitterabstand; Arbeit entgegen der Bindungskraft) Radius wird benötigt: 1) Bohrscher Radius: „Planetenbahn der e-" Schalenradius 2) Van-der-Waals-Radius: min. Radius des Atoms in einer Bindungsstruktur ohne Deformation der inneren Elektronenbahnen (Radius max. Annäherung) entspricht den Kristallradien aus der Röntgenbeugung (siehe Gitterspaltexperiment) 3) Ionenradius im Wasser (Kugelreibung nach Stokes, unterschiedlich für Anion und Kation) Modell der effektiven Ionenradien Größenvergleich • • • • • • • • Bindungslänge: Ionenradius: Membrandicke: Influenza: Thromozyten: Eizellen: Muskelzellen: Nervenzellen: ~0,1 nm= 1Å ~0,1 nm= 1Å 4-8 nm 100 nm 2 µm 200 µm mm m Radien Kristallradien Ion Ionic radius, Å Ion Li+ 0.60 Fe++ Ionic radius, Å 0.76 Na+ 0.95 Co++ 0.74 K+ 1.33 Ni++ 0.72 Rb+ 1.48 Cu++ 0.72 Cs+ 1.69 Al3+ 0.50 Ag+ 1.26 Sc3+ 0.81 Be++ 0.31 La3+ 1.15 Mg++ 0.61 Fe3+ 0.64 Ca++ 0.99 F- 1.36 Sr++ 1.13 Cl- 1.81 Ba++ 1.35 Br- 1.95 Zn++ 0.74 I- 2.16 Mn++ 0.80 2 Die koordinative Bindung (Metallo-organische Komplexe) - Verbindungen org. Moleküle mit mehrwertigen Metallionen (Biologie) - Moleküle oder Molekülgruppen sind als Liganden um Zentralatom geordnet - elektrische Ligandenfeld beeinflußt Orbitale des Zentralions (energetisch vorteilhaft) - Ligandenfeld spaltet Orbitale des Zentralions energetisch auf (je stärker, desto stabiler der Komplex) - freie Bindungsstellen durch H2O, O2 usw. besetzbar - u.U. hohe Affinität zu kompetetiven Verbindunge, z.B. CO, CN- Der Hydratationsradius eines Ions ist der Radius (r), der sich aus seiner Beweglichkeit (v/F) ergibt, wenn man das hydratisierte Ion als große Kugel im Sinne der Stokesschen Gleichung betrachtet. Das Stokessche Gesetz: Beispiele: Chlorophyll (Mg), Hämoglobin (Fe), Myoglobin (Fe), Zytochrom C (Fe) F = 6π rη ηv Chelat: alle Liganden gehören zum selben Molekül also ist: r= F 6π ηv Der Hydratationsradius ist somit ein: - effektiver, - wohl definierter, - aber fiktiver Parameter! Ionen im Wasser Zur Struktur des Wassers thermische Unordnung ionales Feld Orientierungskräfte auf H2O-Moleküle Wasserstruktur Bindungswinkel im Wassermolekül Abb.: Molekülorbitale des H2O-Moleküls (vereinfachte Konstruktion durch Überlappung der Atomorbitale) Aus Äquivalenzleitfähigkeit bei unendlicher Verdünnung ⇒Bindungswinkel eigentlich 90°, wirklich: 104,5° durch Dipol-Dipol-WW entstehen Wasserstoffbrücken Dipolmoment: µ = 1,85 D = 6,11 . 10-30 Cm Bindungslänge: 2,6 bis 3,1 Å (Ångström) Rel. Atommasse KristallRadius [nm] Wasserstoffbrücken: - Inter- oder intramolekular relative Verweilzeit der H2OMoleküle ti/t0 HydratationsRadius [nm] - Stabilisieren Sekundär-, Tertiär-, & Quarternärstruktur von Proteinen etc. Li+ 6,9 0,068 0,00387 2,60 0,240 - Fluktuation der Bindung mit ca. 1013 Hz => flickering water clusters Na+ 23 0,098 0,00501 1,27 0,185 0,54 0,126 - Rotation des Wassermoleküls mit ca. 1,5.109 Hz dieses Molekül macht die Anomalie (Dichte ~) K+ 39 0,133 0,00735 Rb+ 85,5 0,148 0,00778 Cs+ 133 0,169 0,00772 Sekundärer Hydratationsradius 0,119 0,59 Strukturbildner Strukturbrecher 0,120 Übersicht über Bindungsarten • • • • • Primäre Hydratationsschicht (Radius) Äquivalenzleitfähigkeit bei unendl. Verdünnung [Sm2 val-1] Kovalante Bindung Ionenbeziehung Koordinative Bindung Wasserstoffbrückenbindung Hydrophobe Bindung (entropiegetrieben) Ungestörte Wasserstruktur 3