V ERSTÄRKEN ? I GNORIEREN ? B INDEN ? S YMPOSIUM „V ERBINDUNG 26.1. – 27.1.2012 HERGESTELLT ?!“ VORNEWEG „Bindung“ ist nicht der einzige Zugang, aber „Bindung“ ist auch keine ,Fashion‘ „Bindung“ gewinnt an anscheinend an Relevanz „Bindung“ ist nicht (ausschließlich) gleich Therapie „Bindung“ hat pädagogische Relevanz „Bindung“ ist kein Programm WAS MICH BESCHÄFTIGT … Persönliche Erfahrung die Grenze der Machbarkeit ,Professionelle‘ Überlegungen zunehmende Anzahl von ,early-school-leavers‘ und der Drop-out-Rate (10.000 Jugendliche pro Jahr) ,gefühlte‘ steigende Anzahl von Suspendierungen Überforderung von Lehrer/innen und Schüler/innen es wird schwieriger, die Erfüllung des Grundrechtes von Kindern und Jugendlichen auf Bildung zu erfüllen PASSEN SCHULE UND KINDER/JUGENDLICHE NOCH ZUSAMMEN? A NNAHME „Der Behaviorismus und seine lerntheoretischen Annahmen beeinflussen uns Pädagog/innen mehr als wir glauben.“ Behaviorismus und Lernen Behaviorismus und Auswirkungen auf den Schulalltag andere Annahmen von Lernen Bindungstheorie und Lernen Bindungstheorie und pädagogische Interventionen B EHAVORISMUS DIE F ORMBARKEIT DES S UBJEKTS Der Behaviorismus als psychologische Erklärung für Lernen wurde Ende des 19. Jahrhunderts begründet. Experimentelle Psychologie Pawlow - klassische Konditionierung Skinner – operante Konditionierung beschäftigte sich mit dem vom Lernenden ausgehenden instrumentellen Lernen Ein zentraler Aspekt der behavioristischen Lerntheorie ist das Reiz-Reaktions-Schema. Ausgehend von der Annahme, das Gehirn sei eine Art Black-box, nimmt dieses Konzept an, dass das Gehirn eines Lebewesens einen Reiz erhält und darauf reagiert. WATSON UND DAS BEHAVIORISTISCHE M ENSCHENBILD „Man möge mir ein Dutzend Kinder geben und eine Welt, in der ich sie aufziehen kann, dann garantiere ich, dass ich jedes zu dem mache, was man wolle: Arzt, Rechtsanwalt, Künstler, Unternehmer oder auch Bettler und Dieb.“ externe Reize kontrollieren die Entwicklung eines Menschen strikte Reizkontrolle des Verhaltens. folgerichtig: beliebige Interventionen in die Entwicklung sind möglich (H. Zeier(Hrg.): Lernen und Verhalten. Band 1 Lerntheorien. Beltz 1984) E INIGE B EGRIFFE Operantes Konditionieren Verstärkung auf Verhaltensweisen. Verstärkung ist eine Konsequenz auf ein bestimmtes gezeigtes Verhalten Verstärker Positive Verstärkung : Man tut etwas häufiger, weil man etwas Angenehmes dafür bekommt. Negative Verstärkung : Man tut etwas häufiger, weil etwas Unangenehmes dadurch beendet oder vermieden wird. Bestrafung durch Verlust (Typ II) : Man tut etwas seltener, weil man ansonsten etwas Angenehmes verlieren würde. L ERNPARADIGMA 1 Operante Konditionierung wird als Ursache für Verhaltensänderungen gesehen, die durch die Folgen in der Umwelt beeinflusst werden. Der/die Lehrende besitzt im Lehr-Lernprozess die Kontrolle über die Lernumgebung. Der Lernende hat wenig bis keinen Einfluss. Die Rolle der/des Lehrenden ist im Wesentlichen ist Instruktion. Ein Lernangebot, das nach behavioristischen Gesichtspunkten gestaltet ist, hat meist die Vermittlung von Faktenwissen zum Ziel. Dies kann die Grundlage für weiteres Lernen wie Konzeptlernen und selbstständiges Problemlösen bilden. (Wulf, C. (1984). Wörterbuch der Erziehung.Verlag Piper) … EIN ÜBERDAUERNDES B ILD ?! A LLTAGSTAUGLICHKEIT Fachliches Lernen (programmierter Unterricht) Beziehungslernen/soziales Lernen primäre Verstärker (z.B. Lob) sekundäre Verstärker (z.B. Token) Verträge positiv & negativ Training: Faustlos, Anti-Mobbing-Programm nach Olweus, Friedensstiftertraining, WISK – Programm (soz.-interkulturelle Kompetenz…) … ABER Wer verstärkt was? - hidden curriculum - Rolle der Mitschüler/innen - Rolle der Kolleg/innen Motive, Gefühle, Bedürftigkeit… L ERNPARADIGMA II Der Mensch selbst wird als Gestalter seiner Entwicklung betrachtet. Er wird als erkennendes und selbstreflektierendes Wesen aufgefasst, das ein Bild von sich und seiner Umwelt hat und beides im Zuge der Auswertung neuer und vorausgehender Erfahrungen modifiziert. Der reflexive Mensch reagiert nicht mechanisch auf äußere Reize. Seine Entwicklung ist auch nicht nur durch biologische Reifung bestimmt, er handelt ziel- und zukunftsorientiert und gestaltet damit seine eigene Entwicklung mit. (vgl. z.B. Reich,K., 2006) L ERNPARADIGMA III Die Teilsysteme Mensch und Umwelt stehen im Austausch und beeinflussen sich gegenseitig. Gemeinsame Kernannahme dieser Modelle ist, dass der Mensch und seine Umwelt ein Gesamtsystem bilden, und dass Mensch und Umwelt aktiv und in Veränderung begriffen sind. Die Aktivitäten und die Veränderung beider Systemteile sind verschränkt. Die Veränderungen eines Teils führen zu Veränderungen auch anderer Teile und/oder des Gesamtsystems und wirken wieder zurück. (vgl. z.B. Capra,F., 1999, Maturana,H.,Varela,F, 1980, Luhmann, N., 1984) L ERNPARADIGMA IV „Hirngerechtes“ Lernen sind Bildungsangebote für Kinder (wie auch für Jugendliche und Erwachsene) immer dann, 1) wenn sie „Sinn machen“, d. h. bedeutsam und wichtig für das betreffende Kind sind – unterschiedliche Entwicklungsaufgaben 2) Grundlage ist Angstfreiheit und Vertrauen. und wenn sie als eigene Erfahrung am ganzen Körper, mit allen Sinnen und unter emotionaler Beteiligung erfahren werden, wenn sie also „unter die Haut“ gehen. 3) Wenn die so gewonnenen Einsichten, Erfahrungen, Kenntnisse und Fähigkeiten im praktischen Lebensvollzug sich als nützlich und vorteilhaft erweisen. G. Hüther: Die Evolution der Liebe, Vandenhoeck & Ruprecht Göttingen, 1999. S TRESS Aus der Stressforschung ist hinreichend bekannt, was die Entstehung und Ausbreitung von Angst verhindert: Vertrauen. Damit Bildung aus neurowissenschaftlicher Sicht gelingen kann, müssten die Bildungseinrichtungen also zu Orten werden, und die ErzieherInnen und LehrerInnen Beziehungspersonen sein, die die Kinder gern aufsuchen, wo sie sich sicher und geborgen, unterstützt und gewertschätzt und natürlich maximal gefordert und optimal gefördert fühlen. Entscheidend ist dabei – auch das ist eine wichtige neue Erkenntnis der Hirnforschung – immer die subjektive Bewertung. Das eigene Gefühl des Kindes, nicht die objektiv herrschenden Umstände oder die behördlich geregelten Verhältnisse ist ausschlaggebend dafür, ob ein Kind seine Potentiale entfalten kann oder ob es sie aus Angst unterdrücken muss. (supportive leadership) Gefühle haben einen enormen Einfluss auf den Lernvorgang. Negative Gefühle wie Angst, Unlust oder Sorge beeinträchtigen das Einprägen des Lernstoffs. Auch Lernen unter Stress mindert den Erfolg. (G. Hüther: Biologie der Angst, Vandenhoeck & Ruprecht Göttingen, 1997) B INDUNG Mit dem Begriff BINDUNG wird die enge soziale Beziehung zu bestimmten Personen, die Schutz und Unterstützung bieten, bezeichnet. (vgl. Jungmann, T., Reichenbach,Ch.: Bindungstheorie und pädagogisches Handeln. Borgmann 2009) Bindungsverhalten Exploration Balance zwischen Bindungsverhalten und Exploration bei sicher gebundenen Kindern B P ÄDAGOGISCHE I NTERVENTIONEN IN BINDUNGSRELEVANTEN S ITUATIONEN – AMBIVALENT GEBUNDENE K INDER DIKONTINUITÄT: Vorhersehbarkeit, Konsistenz, Zuverlässlichkeit KOMPLIMENTÄR: Ausschluss, Rückzug, Bestrafung Um für diese Bindungserwartung Diskontinuität zu erzeugen ist es notwendig, dass Lehrer/innen Regelmäßigkeit und Vorhersehbarkeit erzeugen bei unvermeidbaren Unterbrechungen (Krankheit, Ferien…) Schüler/innen Übergangsobjekte anbieten bei Wut, Zorn, Aggression: adäquate „weite!“ Grenzen, gleichzeitig spiegeln las Zeichen des Verstehens und der Empathie (vgl. Julius ,H, Gasteiger-Klicpera,B.,Kißgen, R.: Bindung im Kindesalter: Diagnostik und Intervention. Hogrefe-Verlag, 2009) P ÄDAGOGISCHE I NTERVENTIONEN – BINDUNGSRELEVANTEN S ITUATIONEN V ERMEIDEND GEBUNDENE S CHÜLER / INNEN DISKONTINUITÄT: Verlässlichkeit,Verfügbarkeit,Zuwendung KOMPLIMENTÄR: Zurückweisung, Bestrafung den Schüler/innen viel Freiraum lassen (z.B. Freiarbeit), damit die Schüler/innen über ihr eigenes Handeln Kontrolle haben können. Sachorientierung in der gemeinsamen Beziehung in den Vordergrund stellen – langsam in die direkte Beziehung gehen Schüler/innen in Spielsituationen oder konkret ermöglichen, Versorgungssituationen selbst zu übernehmen – sich versorgen und versorgen Bindungsangebote sofort annehmen (vgl. Julius ,H, Gasteiger-Klicpera,B.,Kißgen, R.: Bindung im Kindesalter: Diagnostik und Intervention. Hogrefe-Verlag, 2009) P ÄDAGOGISCHE I NTERVENTIONEN – BINDUNGSRELEVANTEN S ITUATIONEN DESORGANISIERTES B INDUNGSVERHALTEN DISKONTINUITÄT: Verlässlichkeit, Verfügbarkeit, Verstehen durch Deutung kindlichen Verhaltens KOMPLIMENTÄR: Aggression, Rückzug, Trennung Kontrollierend – bestrafend Metaphergeschichten direkte Deutung kindlichen Verhaltens Kontrollierend – fürsorglich klarstellen, wer älter und verantwortlich ist verbales Spiegeln des kindlichen Verhaltens (vgl. Julius ,H, Gasteiger-Klicpera,B.,Kißgen, R.: Bindung im Kindesalter: Diagnostik und Intervention. Hogrefe-Verlag, 2009) K ONZEPT DER F EINFÜHLIGKEIT Unterschiede zwischen »Feinfühligkeit« und »unfeinfühliger Verwöhnung« Die Bedeutung der Sprache für die Bindungsentwicklung Die Bedeutung des Rhythmus in der Interaktion für die Bindungsentwicklung Die Bedeutung der neurologischen Entwicklung für die Bindungsqualität (vgl. Urte Finger-Trescher,U.,Krebs,H. (Hrsg.): Bindungsstörungen und Entwicklungschancen. PsychosozialVerlag 2003) K ONKRETE H INWEISE ZUR B EZIEHUNGSGESTALTUNG Spiegeln nonverbal: Mimik, Gestik, Blicke, Stimme, Haltung verbal: Verbalisierung der Empfindungen, signalisiert Verständnis Autonomie gewähren Genauso wichtig wie das Spiegeln ist für ein befriedigendes Beziehungs- und Selbsterleben die Erfahrung, dass Selbstbestimmung erlaubt wird. Übergangsobjekt Gegenstand mit besonders emotionaler Bedeutung – stellvertretend für Bindungsperson Gestaltung von Übergangssituationen und Trennungszeiten Übergangs- und Trennungssituationen gefährden stets das emotionale Gleichgewicht. Gestaltung durch Rituale, verbal begleiten, Symbole einsetzen…, K ONKRETE H INWEISE ZUR B EZIEHUNGSGESTALTUNG Umgang mit Anforderungen Versagensängste und Misserfolgsorientierung durch adäquate Aufgabenstellungen verringern - Druck heraus! Umgang mit Konflikten Verhinderung, Deeskalation, geäußertes Verständnis/vermutete Gründe verbalisieren, Zuwendung, Verzeihen und Lösungen suchen Unterstützung sozialer Kompetenzen Formulieren, trainieren, rückmelden (vgl. Senckel ,B.: Mit geistig behinderten leben und arbeiten, Verlag C.H. München 1996) WAS Fürsorge Spiel (Theater)spiel ,Gewaltfreie Kommunikation‘ … NOCH ? … UND DAS G ANZE IN S PANNUNGSFELDERN Individualisierung vs. Standardisierung Autonomie vs. Kontrolle (System) Aus/Besonderung vs. Wunsch nach Anerkennung Individuum vs. Subjekt Gerechtigkeit für den/die Einzelne vs. Gerechtigkeit für alle Rolle: Lehrer/in vs. Rolle Bindungsfigur Vereinzelung vs. Kooperation Einzelschule vs. Netzwerk Elternwunsch vs. Verantwortung für alle