BIOLOGIE Basiswissen | Aufgaben und Lösungen Dein Lernverzeichnis ◮ Genetik | Molekulare Genetik | Viren Skript Molekulare Genetik Viren Übersicht 1 Einleitung 1 2 Aufbau 2 3 Lebenszyklus 3 3.1 3.2 Lytischer Zyklus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lysogener Zyklus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Alltagsbeispiel 3 4 4 c Karlsruhe 2013 | SchulLV | Verena Bessenbacher und Melissa Käß Vervielfältigung nur innerhalb einer Lehrer-/Klassen- oder Schullizenz und mit Hinweis auf BiologieLV erlaubt. www.BiologieLV.net BIOLOGIE Basiswissen | Aufgaben und Lösungen Dein Lernverzeichnis ◮ Genetik | Molekulare Genetik | Viren Skript 1 Einleitung Was erzeugt ein Gemisch aus Influenza-A-Viren H1N1 (A/H1N1), Rhinoviren, Herpes-simplex-Viren und humanen Pappilomviren? Wahrscheinlich verursacht es Schweinegrippe, eine Erkältung, Herpes und Warzen zugleich. Sicherlich nicht gerade erstrebenswert, aber wenn unser Immunsystem geschwächt ist, können wir uns leider nur noch schwer gegen Virusinfektionen wehren. Bei einer Virusinfektion handelt es sich um eine Ansteckung Abb. 1: Tröpfcheninfektion durch Niesen Quelle: Fotolia.com- Subbotina Anna mit Viren, durch die eine Krankheit ausgelöst wird. Viren (sing. das Virus; lat. virus = Gift) nutzen Organismen als Wirt, um sich vermehren zu können. Dabei wird der Stoffwechsel des Wirts stark beeinflusst, das schwächt den Organismus. Stellenweise führt das sogar zum Tod der Wirtszellen. Virusinfektionen können auf unterschiedliche Weisen über-tragen werden: • Tröpfcheninfektion: Beim Sprechen, Husten oder Niesen sondern wir ungewollt kleine tropfenähnliche Sekrete wie bspw. Speichel ab. Diese können unmittelbar durch Luftübertragung auf Personen in unserem näheren Umfeld gelangen. Steckt man sich auf diese Weise mit in den Sekreten enthaltenen Krankheitserregern an, spricht man von einer Tröpfcheninfektion. So werden auch Influenza-viren (= Grippeviren) übertragen. • Schmierinfektion: Werden Krankheitserreger wie Viren direkt von Mensch zu Mensch übertragen, ohne dass dafür ein Übertragungsmedium (z.B. Luft) benötigt wird, handelt es sich um eine Schmierinfektion. Meist sind Schmierinfektionen auf mangelnden Hygiene wie fehlendes Händewaschen zurückzuführen. Adenoviren, die eine Erkrankung der Atemwege (bspw. Bronchitis) auslösen, werden durch Schmierfinfektionen übertragen. • Insekten: Auch andere Körperflüssigkeiten können Viren übertragen. Dazu gehört auch Blut. Blutsaugende Insekten (etwa Stechmücken oder Zecken), die infektiöses Blut in sich tragen und dann einen neuen Wirt aufsuchen, sind dabei häufige Überträger. In Süddeutschland wird FSME (= FrühsommerMeningoenzephalitis) etwa durch Zeckenbisse übertragen. c Karlsruhe 2013 | SchulLV | Verena Bessenbacher und Melissa Käß Seite 1/5 Vervielfältigung nur innerhalb einer Lehrer-/Klassen- oder Schullizenz und mit Hinweis auf BiologieLV erlaubt. www.BiologieLV.net BIOLOGIE Basiswissen | Aufgaben und Lösungen Dein Lernverzeichnis ◮ Genetik | Molekulare Genetik | Viren Skript 2 Aufbau So vielfältig Viren sind, weisen sie einige Gemeinsamkeiten auf, denn der Grundaufbau aller Viren ist sehr ähnlich. Alle Viren haben im Gegensatz zu Zellen einen vereinfachten Aufbau und bestehen aus... • ...Nukleinsäuren. Die Erbinformation ist dabei in Form von doppel- bzw. einsträngiger DNA oder doppelsträngiger RNA gespeichert. Der RNA- bzw. DNA-Strang liegt dabei nicht wie bei humaner DNA als Doppelhelix vor. Die Stränge sind stets linear oder ringförmig angeordnet. Die Erbinformation ist in bis zu 100 Genabschnitte gegliedert. Die RNA oder DNA von Bakterien hat hingegen mindestens 200 Genabschnitte. • ...einer Genom (= Erbgut) umhüllenden Proteinstruktur. Diese Struktur wird als Capsid bezeichnet. Capside sind dabei sehr formenvielfaltig, je nach Virentypus unterscheiden sie sich. Sie können die Form von Kugeln, Stäbchen, Vielecken etc. aufweisen (siehe Abbildung 2). Einige Viren besitzen sogar noch eine... • ...Virushülle. Diese Hülle ist aus einer Biomembran aufgebaut. Influenzaviren besitzen eine solche Virushülle. Wie in die Biomembran einer Zelle sind auch in die Biomembran eines Virus Membranproteine eingelagert. Mit diesen Proteinen kann das Virus zunächst an eine Wirtszelle andocken und letztlich in sie eindringen. Bsp.: Das Influenza-A-Virus H1N1 (= Schweinegrippevirus) besitzt das Protein Hämaglutinin Variante 1 und das Enzym Neuraminidase Variante 1, ein Protein. Beide Proteine sind Membranproteine des Virus. Durch diese Kombination an Membranproteinen ist das Virus in der Lage, an menschliche Zellen anzudocken und eine Infektion auszulösen. Auch die Größe der Viren variiert stark. Sie sind etwa 10 bis 100 mal kleiner als Bakterien. Das klein-ste bekannte Virus misst gerade einmal 20 nm, andere Viren messen bis zu 400 nm. Gemeinsam ist jedoch allen Viren, dass sie unter dem Lichtmikroskop nicht erkennbar sind. Um Viren sichtbar zu machen, benötigt man ein Elektronenmikroskop. Abb. 2: Formenprächtig: Capsid von Bakteriophage, Adenovirus, Influenzavirus Quelle: wikipedia.org- Leonhard von Welser (CC BY-SA 3.0), Richard Feldmann (public domain), United States Government (public domain); Bildcollage: BioLV Viren lassen sich grob in vier Kategorien einteilen. Man klassifiziert sie nach den Wirten, die sie befallen. Als Bakteriophage werden Viren bezeichnet, deren Wirte Bakterien sind, Viroide befallen Pflanzen. Außerdem gibt es Viren, die speziell Algen und Pilze als Wirte nutzen. Die vierte Kategorie der Viren nutzt Tiere als Wirt. c Karlsruhe 2013 | SchulLV | Verena Bessenbacher und Melissa Käß Seite 2/5 Vervielfältigung nur innerhalb einer Lehrer-/Klassen- oder Schullizenz und mit Hinweis auf BiologieLV erlaubt. www.BiologieLV.net BIOLOGIE Basiswissen | Aufgaben und Lösungen Dein Lernverzeichnis ◮ Genetik | Molekulare Genetik | Viren Skript 3 Lebenszyklus Vielleicht erinnerst du dich noch an einige Kennzeichen des Lebens: 1. Wachstum und Entwicklung 2. Stoffwechsel 3. Reizbarkeit 4. Evolutive Anpassung 5. Fortpflanzung 6. Aufbau aus Zellen Viren haben keinen Stoffwechsel und können sich nicht eigenständig vermehren. Sie nehmen in der Natur eine besondere Rolle ein, denn bisher sind sich Wissenschaftler nicht zu 100 % sicher, ob Viren zu den Lebewesen gehören oder nicht. Die Tendenz geht jedoch stark dahin, Viren nicht zu den Lebewesen zu zählen. Dennoch haben Viren sehr erfolgreiche Vermehrungsstrategien. Alle Virentypen haben ähnliche Lebenszyklen, welche sich aber in Teilschritten unterscheiden. Im Folgenden werden beispielhaft die Vermehrungszyklen der Bakteriophage (= Viren, die nur Bakterien befallen) genauer beleuchtet. Diese kann sich auf zwei Weisen vermehren. 3.1 Lytischer Zyklus Als Beispiel für eine Bakteriophage wählen wir die T4Phage. Dieses Virus befällt Escherichia coli (= E.coli) Bakterien. E. coli sind Prokaryoten, deren Lebensraum der tierische Darm ist. Erreicht die T4-Phage Escherichia coli, dockt es via Schlüssel-Schloss-Prinzip an der Bakterienzellwand an. Dies ist möglich, da die Mebranproteine von Virus und Wirtszelle kompatibel sind. Die DNA des Virus wird dann in das Innere des Bakterium injiziert. Ein leeres Capsid des T4-Phagen bleibt zurück. Einschub: Andere Viren, etwa das H1N1-Virus, werden via Endo- Schlüssel-Schloss-Prinzip: Wenn du versuchst, mit deinem Haustürschlüssel die Tür des Nachbarn aufzuschließen, wirst du wahrscheinlich scheitern. Das ist sinnbildlich auch in der Biologie der Fall. Bestimmte räumliche Strukturen müssen exakt zusammenpassen, um ihre Funktion erfüllen zu können. zytose von den Bakterien aufgenommen. Nur wenn die Struktur des Phagen exakt zur räumlichen Struktur des Im Inneren des Bakteriums fängt nun die DNA des T4-Phagen an, die Chromosomen von E.coli zu zerstören. Durch enzyma- Bakterium passt, kann es seine DNA weiter geben. Ein Schlüssel öffnet eben nur das für ihn bestimmte Schloss. tische Aktivitäten wird letztlich die bakterieneigene DNA abgebaut. Die DNA des T4-Phagen steuert die im E.coli vorgehenden Stoffwechselprozesse. Durch Translation der Phagen-DNA werden Virusproteine ect. synthetisiert. Es kommt zum self assembly“(= Selbst” aufbau) von neuen T4-Phagen aus den produzierten Teilstücken. Es entstehen 100-200 neue T4-Phagen, deren DNA repliziert wird. Die Vermehrung des Virus war erfolgreich. Die Phagen-DNA codiert aber nicht nur Proteinstrukturen, die zum Aufbau neuer Phagen nötig sind, sondern auch das Enzym Lysozym. Dieses Enzym katalysiert den Abbau der Bakterienzellwand. Die Lyse (= Zerfall) des Bakteriums beginnt, alle neue Phagen werden frei gelassen und das Bakterium stirbt. Die neuen T4-Phagen können nun andere E.coli infizieren. Abbildung 2 zeigt den schematischen Ablauf des lytischen Zyklus. c Karlsruhe 2013 | SchulLV | Verena Bessenbacher und Melissa Käß Seite 3/5 Vervielfältigung nur innerhalb einer Lehrer-/Klassen- oder Schullizenz und mit Hinweis auf BiologieLV erlaubt. www.BiologieLV.net BIOLOGIE Basiswissen | Aufgaben und Lösungen Dein Lernverzeichnis ◮ Genetik | Molekulare Genetik | Viren Skript Manche Bakterienzellen haben spezielle Schutzmechanismen gegen Bakteriophagen entwickelt. Bestimmte Enzyme könne nach Infektion mit dem Virus die fremde DNA erkennen und sie wieder aus dem Bakteriengenom herausschneiden. Diese Enzyme werden Restriktionsenzyme genannt. Der Vermehrungszyklus des Virus wird dadurch unterbrochen, es entstehen keine neuen Viren. 3.2 Lysogener Zyklus Temperente Phagen sind in der Lage, auch eine weitere Vermehrungsstrategie zu nutzen. Im lysogenen Zyklus wird zunächst die virale DNA in das Genom des Bakteriums eingebaut. Die entstehende DNA-Sequenz heißt Prophage. Die Prophage codiert ein Protein, welches verhindert, dass die Gene der Phage abgelesen werden. Es kommt nicht zur Synthese von Proteinen, die neue Phagen bilden. Dennoch wird bei jeder Zellteilung auch die Prophage verdoppelt, sodass jede Tochterzelle eine Prophage enthält. Durch bestimmte äußere Einflüsse wie Temperatur oder Chemikalien kann letztlich die Transkription der Phagengene angeschaltet werden. Ein lytischer Zyklus wird eingeleitet, die Vermehrung der Bakteriophagen und die Lyse des Bakteriums setzt ein (siehe Abbildung 3). Abb. 3: Vermehrungsstrategien: Lytischer und lysogener Zyklus 4 Alltagsbeispiel Wusstest du schon: Die Rote Schleife ist seit 1991 das international anerkannte Symbol gegen AIDS (Abbildung 4). Bestimmt hast du das Symbol schon öfter gesehen. Vielleicht sind dir auch schon Plakate der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) aufgefallen, die zur Kampagne GIB AIDS KEINE CHANCE gehören. Der Kampf gegen AIDS ist in vollem Gange. Das Acquired Immune Deficiency Syndrome (= deutsch etwa: erworbenes Immundefektsyndrom), im allgemeinen Sprachgebrauch als AIDS bekannt, ist ein Defekt des Immunsystems, der durch das HI-Virus (= Humanes Immundefizienz-Virus) ausgelöst wird. Dabei funktioniert das Immunsystem des Körpers nicht mehr richtig. Es hat Probleme damit, Krankheitserreger zu bekämpfen. Abb. 4: Rote AIDS-Schleife Quelle: wikipedia.org-public domain Die Übertragung des HI-Virus ist dabei nicht ganz so einfach wie etwa die von Grippeviren. Übertragen wird HIV, wenn es auf die Schleimhäute gelangt, z.B. beim Geschlechtsakt ohne den Gebrauch eines Kondoms. Mögliche Überträger von HIV sind: c Karlsruhe 2013 | SchulLV | Verena Bessenbacher und Melissa Käß Seite 4/5 Vervielfältigung nur innerhalb einer Lehrer-/Klassen- oder Schullizenz und mit Hinweis auf BiologieLV erlaubt. www.BiologieLV.net BIOLOGIE Basiswissen | Aufgaben und Lösungen Dein Lernverzeichnis ◮ Genetik | Molekulare Genetik | Viren Skript • Blut • Samen- und Scheidenflüssigkeit • Muttermilch • verschiedene Flüssigkeiten auf Schleimhäuten (wichtig: durch Zungenküsse wird das HI-Virus nicht übertragen) Ist der Erreger einmal in den Körper eingedrungen, geschieht Folgendes: Das Virus dockt mittels Membranproteinen an die menschliche Wirtszelle an. Durch Endozytose dringt das Virus in die Wirtszelle ein. Mit Hilfe des Enzyms Reverse Transkripase wird die Erbinformation des HI-Virus in DNA umgeschrieben und in das Genom der Wirtszelle eingebaut. Ähnlich wie beim lysogenen Zyklus wird zunächst ein Provirus gebildet. Der Provirus codiert ein Protein, welches verhindert, dass die Gene des HI-Virus abgelesen werden. Dennoch wird bei jeder Zellteilung auch das Provirus verdoppelt, sodass jede Tochterzelle ein Provirus enthält. Solange die Gene des HI-Virus nicht abgelesen werden, brechen die üblichen Symptome der Immunschwächekrankheit nicht aus. Wenn es nach einiger Zeit zur Transkription der Gene des HI-Virus kommt, vermehrt sich das Virus und verbreitet sich im Körper. Durch die Viren werden dann auch die T-Helferzellen geschädigt. Diese sind aber wichtige Komponenten bei der Immunantwort nach Infektion des Organismus mit einem Krankheitserreger. Die Immunantwort des Menschen wird beeinträchtigt; man spricht von der Immunschwächekrankheit AIDS. Zwar gibt es seit der Entdeckung des HI-Virus 1980 immer wieder Versuche, eine Schutzimpfung zu entwickeln, doch nach heutigem Stand der Wissenschaft wird es noch eine ganze Weile dauern, bis eine solche auch wirklich die gewünschte Wirkung erfüllt. Das Problem bei der Entwicklung einer Schutzimpfung ist die große Variabilität und Evolutionsrate des Virus. Wenn du mehr über das Thema AIDS und sicheren Sex erfahren möchtest, kannst du dafür verschieden Informationsseite im Internet nutzen. c Karlsruhe 2013 | SchulLV | Verena Bessenbacher und Melissa Käß Seite 5/5 Vervielfältigung nur innerhalb einer Lehrer-/Klassen- oder Schullizenz und mit Hinweis auf BiologieLV erlaubt. www.BiologieLV.net