Beispielaufgabe

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Hinweise zur Behandlung von Problemen unter Anwendung des Energieerhaltungssatzes
1. Die Hauptfrage stellt sich zuerst: Kann der Energiesatz angewendet werden?
Der Energiesatz der Mechanik gilt, wenn keine Energie durch Arbeit gegen dissipative Kräfte aufgezehrt wird (z.B. Reibung in Wärme umgewandelt wird oder zu Form- und Strukturwandlungen
führt – z.B. unelastischer Stoss).
Potentielle Energie – Fähigkeit eines Systems, Arbeit zu verrichten infolge der Wirkung innerer oder äußerer Kräfte. Die verrichtete Arbeit äußert sich als Differenz von potentiellen Energien zwi2
schen zwei aufeinander folgenden Zuständen W pot 1→2 = − ∫ F ds = W pot 2 − Wpot1
1
Kinetische Energie – Fähigkeit Arbeit zu verrichten gegen die Trägheitskraft Wkin 1→2 =
(
)
m 2 2
v2 − v1 .
2
Somit gilt:
Die Summe aus Potentieller und Kinetischer Energie eines Systems ist konstant.
A) Ekin ,1 + E pot ,1 = Ekin, 2 + E pot , 2 = E ges = const.
Damit gleichbedeutend:
W pot 1→2 + Wkin 1→2 = 0
B)
2. Vorgehensweise.
• Es ist eine ausreichend große Skizze zu nutzen.
• Es wird in Bewegungsrichtung eine Koordinatenachse festgelegt (Richtung und Ursprung beliebig) bzw. bei mehrdimensionaler Bewegung ein Koordinatensystem.
• Es sind 2 Zustände zu definieren, die sich unterscheiden in ihren Anteilen an Kinetischer sowie
Potentieller Energie an der Gesamtenergie.
• Für jeden Zustand sind Ausdrücke für die einzelnen Energien in der Form A) aufzuschreiben.
Die beiden Zustände können Anfangs- sowie Endpunkt einer Bewegung charakterisieren, aber
genauso gut auch dazwischen liegende, die durch Variable wie x und v zu beschreiben sind. In
der Regel sind x1, v1 sowie entweder x2 oder v2 bekannt.
• Da die Potentielle Energie nur bis auf eine Konstante festgelegt ist, kann man diese variieren und
z.B. durch Verschieben des Koordinatenursprungs oder/und durch Wahl einer geeigneten Anfangsgeschwindigkeit erreichen, dass die Gesamtenergie gleich Null wird. Verwendet man die
Formulierung B), hebt sich diese Konstante automatisch durch die bestimmte Integration weg.
• Den so formulierten Energiesatz stellt man nach der gesuchten Größe um. Handelt es sich um eine Bewegung miteinander gekoppelter Massen, resultieren aus der Kinematik weitere Gleichungen, und ein Gleichungssystem muss aufgelöst werden. Ist der Zustand 2 variabel, erhält man einen Ausdruck v(x) oder x(v).
3. Anwendungsbeispiel
Aufgabenstellung: Berechnen Sie mittels Energieerhaltungssatz die Beschleunigung der Masse m2, die Reibung sowie Massen von Rollen und Seil seien vernachlässigbar.
Wie in der Abbildung bereits eingezeichnet, ist die x-Achse
nach oben orientiert. Man kann Rollen und Massen zunächst so
positionieren, dass beide Massen die Koordinaten x1(0)=x2(0)=0
haben und zu Beginn in Ruhe sind. Hieraus folgt Eges=0. Die
Summe der Kinetischen und Potentiellen Energien beider Massen ergeben
m1 2
m
v1 + m1 gx1 + 2 v22 + m2 gx2 = 0 mit v1 = xɺ1 , v2 = xɺ2 .
2
2
Da m1 über eine lose Rolle an m2 gekoppelt ist, gilt: x1 = −2 x2 , v1 = −2v2 .
 2m − m2 
Die Auflösung des Gleichungssystems ergibt v2 = 2 1
g  x2 . Da die Potentielle Energie aus
 4m1 + m2 
dem homogenen und zeitlich konstanten Schwerefeld der Erde resultiert, sollte es sich um eine
gleichmäßig beschleunigte Bewegung handeln. Für eine solche Bewegung (mit den Nebenbedingun2m1 − m2
gen x0 = v0 = 0) gilt: v = 2 a x . Für die Beschleunigung von m2 erhält man folglich a2 =
g.
4m1 + m2
Differentiation des Energiesatzes nach der Zeit
Hierbei handelt es sich um eine elegante Methode, aus dem Energiesatz direkt die Beschleunigung zu
bestimmen. Da der Energiesatz aus dem Integral der Bewegungsgleichung abgeleitet werden kann
(man nennt den Energiesatz auch Integral der Bewegung), lässt sich umgekehrt die Bewegungsgleichung aus dem Energiesatz durch Differentiation gewinnen. Diese Methode ist auch deshalb sehr attraktiv, da der Weg zur Bewegungsgleichung über die Analyse von Kräften und Momenten meist deutlich aufwendiger ist!
d  m1 2
m 2
m
m

 v1 + m1 gx1 + 2 v2 + m2 gx2  = 0 = 1 2v1vɺ1 + m1 gv1 + 2 2v2 vɺ2 + m2 gv2 . Mit den Kopplungsbedt  2
2
2
2

ziehungen v1 = −2v2 , vɺ1 = −2vɺ2 e erhält man über
0 = m1 4v2vɺ2 + m1 g (− 2v2 ) + m2v2vɺ2 + m2 gv2 / : v2 sofort den Ausdruck für a2 s.o.
4. Häufige Fehler bei der Anwendung des Energiesatzes
• Der Energiesatz ist gar nicht anwendbar (Reibung, unelastischer Stoß, Form- oder Strukturänderung) usw.
• Potentielle und Kinetische Energien eines (Zwischen-) Zustandes werden nicht als Summe aufgeschrieben sondern getrennt auf beide Seiten einer Gleichung, etwa nach dem leider sehr häufig
anzutreffendem Schema Epot = Ekin . Dieser Ausdruck ist immer falsch!
• Die Anerkennung der möglichen Variabilität eines zweiten Zustandes bereitet oft Probleme
5. Energiesatz und Reibungsarbeit
Lassen sich die Energieverluste z.B. durch Reibungsarbeit formal beschreiben, kann man den Ausdruck A) um solche Beiträge erweitern.
2
Ekin ,1 + E pot ,1 = Ekin, 2 + E pot , 2 − ∫ Freib ds .
1
Erfolgt die Bewegung in x-Richtung und handelt es sich um Gleitreibung mit Fx ,reib = − µ FN , ergibt
sich aus dieser Energiebetrachtung die nützliche Beziehung
Ekin ,1 + E pot ,1 = Ekin , 2 + E pot , 2 + ( x2 − x1 ) µ FN ,
wobei der rechte Summand den Energieverlust durch Reibung beschreibt.
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