GfE-Doktorandenpreis 2003

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GfE-Doktorandenpreis 2003
Analyse von Neuron-Glia Interaktionen
in Drosophila
Jan Pielage, Department of Biochemistry, GBDS, University of California, San Francisco
Die direkte Interaktion zwischen Neuronen und Gliazellen ist für die Entwicklung, Plastizität und Funktion aller höheren Nervensysteme von großer Bedeutung.
In bilateral symmetrischen Organismen dienen die Zellen der Mittellinie des zentralen
Nervensystems (ZNS) als bedeutendes intermediäres Ziel für kommissurale Axone,
die die beiden Seiten des Nervensystems
verbinden. In Drosophila besteht die Mittellinie nur aus wenigen, sehr gut charakterisierten Neuronen und Gliazellen, die durch
eine enge Interaktion gekennzeichnet sind[1[.
Am Ende der Embyronalentwicklung migrieren die Mittelliniengliazellen entlang der
Axone der Mittellinieneurone und trennen
die anteriore und posteriore Kommissur voneinander. Der Verlust oder die Fehldifferenzierung der Mittelliniengliazellen führt
zu einem charakteristischen ZNS Phänotyp
(Abb. 1)[1]. Zur Identifizierung von Genen,
die für die Entwicklung der Mittellinienzellen benötigt werden, wurde ein genetischer Screen nach Mutationen durchgeführt,
die zu einem fusionierten Kommissurenphänotyp führen[2]. Während meiner Doktorarbeit habe ich zunächst eine Reihe dieser Mutationen phänotypisch und molekular charakterisiert, um Gene zu identifizieren, die unmittelbar an Neuron-Glia Inter-
aktion beteiligt sind. Im Rahmen dieser Studien konnte ich Mutationen in zwei Genen
beschreiben, die an der Festlegung des Zellschicksals der Mittellinienzellen beteiligt
sind: single minded und schmalspur. Beide Gene kodieren für Transkriptionsfaktoren, die
an der Entwicklung des embryonalen und
adulten Nervensystems beteiligt sind[3]
(PIELAGE und KLÄMBT, unveröffentlicht).
Im Mittelpunkt meiner Arbeit stand die
Analyse der beiden Gene klötzchen und kästchen, die direkt für die Interaktion zwischen
Neuronen und Gliazellen benötigt werden.
Mutationen in klötzchen führen zu einem Verlust der Polarität der Mittelliniengliazellen,
so dass die Gliazellen sind nicht mehr in der
Lage sind, die beiden Kommissuren voneinander zu trennen (Abb. 1 B). Die genetische und molekulare Analyse zeigte, dass
in klötzchen mutanten Embryonen eine Komponente des Spectrin Cytoskeletts fehlt und
so die Polarität der Gliazellen beeinträchtigt
wird. Im Zuge der Analyse von klötzchen
konnten wir zeigen, dass Discs lost, das
durch ein Gen im ersten Intron von α-spectrin kodiert wird, für die Koordination der
Zellproliferation, nicht aber für die Etablierung von Zellpolarität benötigt wird[4]. Während klötzchen für die Differenzierung und
Zellformveränderungen in den Mittelli-
niengliazellen gebraucht wird, ist kästchen
möglicherweise direkt an der Kommunikation zwischen Neuronen und Gliazellen beteiligt. In kästchen mutanten Embryonen ist
nicht nur die Migration der Mittelliniengliazellen gestört (Abb. 1 C), sondern auch die
Migration der longitudinalen und peripheren Gliazellen. Ein Teil der Gliazellen beendet den Migrationsprozess vorzeitig, während andere Gliazellen über ihr Ziel hinauswandern. Die molekulare und klonale Analyse zeigte, dass kästchen ein konserviertes
Transmembranprotein kodiert, das nicht
autonom die Migration glialer Zellen terminiert[5].
Literatur
[1] Klämbt, C., J.R. Jacobs, and C.S. Goodman
(1991): The midline of the Drosophila central nervous
system: a model for the genetic analysis of cell fate, cell
migration, and growth cone guidance. Cell 64, 801–15
[2] Hummel, T., K. Schimmelpfeng, and C.
Klämbt (1999): Commissure formation in the embryonic
CNS of Drosophila. Dev Biol 209, 381–98
[3] Pielage, J., Steffes, G., Lau, D. C., Parente, B.
A., Crews, S. T., Strauss, R. and Klämbt, C. (2002):
Novel behavioral and developmental defects associated
with Drosophila single-minded. Dev Biol 249, 283–99
[4] Pielage, J., Stork, T., Bunse, I., and Klämbt, C.
(2003): The cell survival gene discs lost encodes a cytoplasmic Codanin-1 like protein, not a homolog of the
tight junction PDZ-protein Patj. Dev Cell 5, 841–851
[5] Pielage, J., Kippert, A., Klämbt, C. (2004): The
Drosophila gene kästchen controls the migration of glial
cells (submitted)
Korrespondenzadresse:
Dr. Jan Pielage
Department of Biochemistry, GBDS
University of California, San Francisco
1550 4th Street
San Francisco, CA 94143-2822
[email protected]
Jan Pielage
Abb. 1: Die Gene klötzchen und kästchen werden für die Trennung der Kommissuren benötigt. (A) In
wildtypischen Embryonen ist ein Strickleiternervensystem zu erkennen. Die anteriore und posteriore
Kommissur sind durch die interkalierende Migration der Mittelliniengliazellen voneinander getrennt
worden. (B, C) In klötzchen und kästchen mutanten Embryonen sind die Mittelliniengliazellen nicht in
der Lage die Kommissuren voneinander zu trennen, so dass es zu einem charakteristischen Kommissurenphänotyp kommt.
Jahrgang 1973,
1993–1999 Studium der
Biologie an der Universität Kaiserslautern,
dem University College
London und der Universität Münster.
1999–2002 Promotion
am Institut für Neurobiologie bei Professor
Klämbt, Münster, gefördert durch ein Doktorandenstipendium des
Boehringer Ingelheim
Fonds. Seit März 2003
Postdoc im Labor von
Professor Graeme Davis
an der University of California, San Francisco.
BIOspektrum · 3/04 · 10. Jahrgang
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