ETWR – Teil B

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ETWR – Teil B
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
Marcel Lichters, Stephan Schosser
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
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Ziele
•  Bisher (in ETWR – Teil B)
•  Grundlegende Modelle zur Abbildung von Entscheidungen
•  Wertfunktion – Formales Konzept zur Abbildung von Präferenzen
•  Methoden zur Bestimmung von Wertfunktionen von Entscheidern
•  Bisher (in ETWR – Teil A)
•  Mathematisches Verständnis von Wahrscheinlichkeiten
•  Dabei: Wahrscheinlichkeiten sind „objektiv“ gegeben
•  Ziel dieses Kapitels: Zusammenführen beider „Denkwelten“
Methoden zum Ableiten „subjektiver“ Wahrscheinlichkeiten...
... durch Befragung von Entscheidern
•  Motivation
•  Tägliches Leben
Diskrepanz zwischen „objektiver“ und „subjektiver“ Wahrscheinlichkeit
(z.B. Wahrscheinlichkeit von rot nach 100x schwarz beim Roulette)
•  Ökonomische Entscheidungen
Diskrepanz zwischen „objektiven“ Modellen und tatsächlichem Verhalten
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Marcel Lichters, Stephan Schosser
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
Agenda
•  Einführung
•  Entscheidungen unter Sicherheit
•  Generierung von Wahrscheinlichkeiten
•  Interpretationsansätze
•  Notwendigkeit der Quantifizierung
•  Messung subjektiver Wahrscheinlichkeiten
•  Satz von Bayes
•  Fehlerquellen bei der Messung von Wahrscheinlichkeiten
•  Empirische Beobachtungen
•  Entscheidungen unter Risiko
•  Zeitpräferenzen bei sicheren Erwartungen
•  Deskriptive Aspekte des Entscheidens
•  Naive Entscheidungsregeln und Heuristiken
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
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Marcel Lichters, Stephan Schosser
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
Eine Wahrscheinlichkeit P muss drei Axiome erfüllen
•  Axiom 1: 0 ≤ P(A) für alle Ereignisse A
•  Axiom 2: P(Ω) = 1
•  Axiom 3: P(A∪B) = P(A) + P(B) für disjunkte Ereignisse A und B
•  Bedeutung
•  Formulieren Anforderungen an Wahrscheinlichkeiten...
.. um „rechnen“ zu können
•  Bilden Grundlage für Wahrscheinlichkeitsrechnung
•  Problem
•  Keine Aussage über Interpretation von Wahrscheinlichkeiten
•  Keine Aussage über Messung von Wahrscheinlichkeiten
•  Unterschiedliche Interpretationsansätze
•  Klassischer Ansatz
•  Frequentistischer Ansatz
•  Subjektivistischer Ansatz
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
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Wdh. Teil A
Mathematische Definition von Wahrscheinlichkeiten
•  Kolmogoroff-Axiome (1933):
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Marcel Lichters, Stephan Schosser
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
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Klassischer Ansatz
•  Wahrscheinlichkeit von Ereignis A
•  Besondere Ereignisse und deren Wahrscheinlichkeiten
•  P(Ω) = 1 → Ω tritt sicher ein
•  P(Ø) = 0 → Ø tritt sicher nicht ein
•  Anwendbarkeit: Klassischer Ansatz nur anwendbar, wenn
•  die Ergebnismenge endlich ist und ...
•  ... alle Elementarereignisse gleichwahrscheinlich sind.
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Wiederholung Teil A
Anzahl Ergebnisse in A
P(A) =
Anzahl Ergebnisse in Ω
Marcel Lichters, Stephan Schosser
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
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Klassischer Ansatz - Beispiel Würfel
•  Ergebnisse in Ω
Anzahl der Elemente in einer Menge
•  Ω = {1, 2, 3, 4, 5, 6};
(auch: Kardinalität)
•  |Ω| = 6
•  Wahrscheinlichkeit anderer Ereignisse
•  A = {1, 2, 3}: P(A) = 3/6 = 1/2
•  B = {1, 3, 5} : P(B) = 3/6 = 1/2
•  C = {6} gilt: P(C) = 1/6
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Wiederholung Teil A
•  Wahrscheinlichkeit für die Elementarereignisse
•  X1 = {1}, X2 = {2}, X3 = {3}, X4 = {4}, X5 = {5}, X6 = {6}
•  P(X1) = P(X2) = P(X3) = P(X4) = P(X5) = P(X6) = 1/6
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Generierung von Wahrscheinlichkeiten
Klassischer Ansatz - Probleme
•  Typische Anwendungsgebiete
•  Münzwurf
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Kein Grund zur Annahme, dass „Kopf“ oder „Zahl“ unterschiedlich häufig
•  Roulette
Kein Grund zur Annahme, dass eine Zahl häufiger als die übrigen
•  Anwendungsprobleme in der Praxis
•  Ereignisse meist unterschiedlich wahrscheinlich
(z.B. Wurf einer Reiszwecke, Eintritt von Hagelschauern)
•  Elementarereignisse oft schwer vollständig aufzuzählen
(z.B. Wahrscheinlichkeit des Anrufbeantworters aus Sicht von Caesar)
•  Gegenseitige Beeinflussung von Ereignissen
(z.B. Wahrscheinlichkeit von Zwillingsgeburt – künstliche Befruchtung!)
•  Vergangene Erfahrungen unberücksichtigt
(z.B. Bisherige Münzwürfe –
(z.B. Münze aus Thessalien um 470 v. Chr.)
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Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Marcel Lichters, Stephan Schosser
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
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Frequentistischer Ansatz
•  Betrachteter Zufallsvorgang: 600x Würfeln
•  Wie häufig ist die 1?
•  Erwartung: 600 · 1/6 = 100
... beobachtet.
•  Eintrittshäufigkeit des interessierenden Ereignisses wird gezählt.
•  Zusammengefasst
•  Erfahrungen über Realisationsmöglichkeiten eines Ereignisses durch
Beobachten und Zählen gesammelt
•  Name: frequentistische Ansatz
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Wiederholung Teil A
•  Idee zur Prüfung:
•  Zufallsvorgang wird...
•  (a) mehrmals...
•  (b) unter identischen Bedingungen...
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Generierung von Wahrscheinlichkeiten
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Frequentistischer Ansatz – Beispiel
•  Ereignis A sei bei N Durchführungen des
Zufallsvorgangs nN (A)-mal eingetreten.
•  hN (A) =
•  Dabei gilt:
•  h ( A) ≥ 0
N
•  h
N
nN (A)
N
für jedes Ereignis A
(Ω) = 1
•  h
( A ∪ B) = hN ( A) + hN ( B)
für disjunkte Ereignisse A und B
N
•  Es scheint, als ob gilt (in Praxis nicht verifizierbar oder falsifizierbar)
limN→∞ hN(A) = p mit p ∈ ℝ
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Wiederholung Teil A
•  Relative Häufigkeit
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Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Frequentistischer Ansatz – Probleme
•  Vergleich mit klassischem Ansatz
•  Erlaubt unterschiedlich wahrscheinliche Elementarereignisse
•  Berücksichtigt vergangene Erfahrungen
•  Bei ausreichender Wiederholung: Alle möglichen Ereignisse beobachtbar
•  Typische Anwendungsgebiete
•  Prognose von Aktienrenditen
•  Prognose der Durchfallquote für Klausuren
•  Anwendungsprobleme in der Praxis
•  Unendliches wiederholen unmöglich (meist nur theoretisches Problem)
(vgl. Hypothesentest – Wiederholungen bestimmbar für relative Sicherheit)
•  Identische Wiederholung des Zufallsexperiments unmöglich
(z.B. Roulettewurf, abnutzungsbedinge Effekte – Kernkraftwerke)
•  Mangel an vorhergehenden Erfahrungen
(z.B. neues Medikament, Lungenkrebs in der Durchschnittsbevölkerung)
•  Nicht Anwendungsgebiete
•  Einfluss der Wochenarbeitszeit auf Wettbewerbssituation
•  Abgabe von harten Drogen an Süchtige
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
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Generierung von Wahrscheinlichkeiten
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Subjektivistischer Ansatz
•  Wahrscheinlichkeit als „subjektive Auffassung“ einer Person
•  Person gibt an, wie sehr sie darauf vertraut, dass Ereignis eintritt
•  Wahrscheinlichkeit keine „objektive“ Eigenschaft der Umwelt
•  Eigenschaften
•  Wahrscheinlichkeit abhängig von Wissensstand und...
... Informationsverarbeitung der Person
•  Verschiedene Personen ordnen Ereignissen...
... verschiedene Wahrscheinlichkeiten zu
•  Ereignisse, die keiner erwartet, haben keine Wahrscheinlichkeit
•  Unabhängigkeit von Vergangenheit und Zukunft
•  Wahrscheinlichkeit Caesar war in England bestimmbar, ...
•  ... wie Wahrscheinlichkeit das die USA der EU beitreten
•  Mensch bildet andauernd subjektive Wahrscheinlichkeiten
•  Wahrscheinlichkeit über Wichtigkeit eines eingehenden Anrufs
•  Wahrscheinlichkeit über Schwäche des Euros in der Urlaubszeit
•  Wahrscheinlichkeit über Deutscher Meister 2014/2015
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Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
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Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Agenda
•  Einführung
•  Entscheidungen unter Sicherheit
•  Generierung von Wahrscheinlichkeiten
•  Interpretationsansätze
•  Notwendigkeit der Quantifizierung
•  Messung subjektiver Wahrscheinlichkeiten
•  Satz von Bayes
•  Fehlerquellen bei der Messung von Wahrscheinlichkeiten
•  Empirische Beobachtungen
•  Entscheidungen unter Risiko
•  Zeitpräferenzen bei sicheren Erwartungen
•  Deskriptive Aspekte des Entscheidens
•  Naive Entscheidungsregeln und Heuristiken
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Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
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Generierung von Wahrscheinlichkeiten
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Wahrscheinlichkeitswahrnehmung
•  Beobachtung
Menschen denken nicht in mathematischen Wahrscheinlichkeiten
•  Wie wahrscheinlich ist ihr Bestehen von ETWR – Teil B?
•  Erwartete Antworten
wahrscheinlich, unmöglich, wenn mein Nachbar gelernt hat, ...
•  Unerwartete Antwort
Bedingte Wahrscheinlichkeit!
p = 66.0%
•  Probleme bei der Interpretation „verbaler“ Wahrscheinlichkeiten
Verbale Wkt.
praktisch ausgeschlossen
unwahrscheinlich
möglich
denkbar
fast sicher
zu erwarten
0.00%
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50.00%
numerische Wahrscheinlichkeit
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
100.00%
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Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Bedeutung verbaler Wahrscheinlichkeiten
•  Medizin: Beipackzettel zu Medikamenten
•  „Tod tritt in sehr seltenen Fällen auf“
•  „Bei kleinem Prozentsatz der Patienten kommt es zu inneren Blutungen“
•  Konsequenz: Medikamente nicht eingenommen, da Risiken überschätzt
•  Medizin: Patientenverfügung (Formulierungsvorschlag des BMJ)
•  „Wenn ich mich aller Wahrscheinlichkeit nach im unmittelbaren
Sterbeprozess befinde...“
•  „Wenn ich mich im Endstadium einer unheilbaren, tödlich verlaufenden
Krankheit befinde, selbst wenn der Todeszeitpunkt nicht absehbar ist...“
•  „In den oben beschriebenen Situationen wünsche ich die Unterlassung von
Versuchen der Wiederbelebung.“
•  Konsequenz: Arzt hat Freibrief ihr Ableben herbeizuführen
(Unser Glück: Ärzte sind ehrlich – kein Missbrauch beim Organhandel)
•  Jura: §252 BGB (Entgangener Gewinn)
•  „Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der
Dinge [...] mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.“
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Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
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Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Bedeutung verbaler Wahrscheinlichkeiten – Ursachen
•  Intuition
•  Verbaler Wahrscheinlichkeiten werden vom Menschen intuitiv eingesetzt
•  Mensch kann sich unter verbaler Wahrscheinlichkeit etwas vorstellen
•  Rechtliche Absicherung
•  Durch unpräzise Wahrscheinlichkeitsformulierung Interpretationsspielraum
•  Keine Probleme mit Gutachtern (d.h. wer prüft ob Wkt. p =40% oder 41%)
•  Argumentationshilfe
•  Formulierungen „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ glaubwürdiger als p = 90%
•  Kein Risiko in Frage gestellt zu werden
•  Reduktion des Denkaufwands
•  Präzise Wahrscheinlichkeitsangaben erfordern hohen Rechenaufwand
•  Angaben oft „on the fly“ nötig
•  Möglicher Ausweg: Intervalle
„Verzicht der Wiederbelebung wenn Tod binnen 2 Wochen mit p > 80%
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Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
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Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Agenda
•  Einführung
•  Entscheidungen unter Sicherheit
•  Generierung von Wahrscheinlichkeiten
•  Interpretationsansätze
•  Notwendigkeit der Quantifizierung
•  Messung subjektiver Wahrscheinlichkeiten
•  Satz von Bayes
•  Fehlerquellen bei der Messung von Wahrscheinlichkeiten
•  Empirische Beobachtungen
•  Entscheidungen unter Risiko
•  Zeitpräferenzen bei sicheren Erwartungen
•  Deskriptive Aspekte des Entscheidens
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Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
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Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Messung subjektiver Wahrscheinlichkeiten
•  Bisher
•  Unterscheidung zwischen objektiven und subjektiven Wahrscheinlichkeiten
•  Feststellung: Mensch denkt in Wahrscheinlichkeitsintervallen
•  Jetzt
•  Mathematische Formalisierung von Wahrscheinlichkeitsintervallen
•  Techniken zur Abfrage von Wahrscheinlichkeiten
•  Ausblick
•  Kurze Wiederholung ETWR – Teil A
•  Techniken zur Abfrage von Wahrscheinlichkeiten
•  Diskussion der Vor- und Nachteile
•  Ziel
Untermauerung der formalen Beschreibung von Entscheidungsproblemen...
... mit erhobenen Kennzahlen
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Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
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Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Diskrete Zufallsvariable
•  Wahrscheinlichkeits- und Verteilungsfunktion
(X: Anzahl Kopf bei 2mal wiederholtem Münzwurf)
1.00
Wiederholung Teil A
fX FX
0.75
0.50
0.25
0.00
0
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1
X
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
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Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Stetige Zufallsvariable
•  Visualisierung: Dichte- und Verteilungsfunktion der Gleichverteilung auf [0,10]
Wiederholung Teil A
fX, FX
1,00
0,10
0
WS14/15
10
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
x
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Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Wahrscheinlichkeiten für Intervalle P(a<X≤b)
•  Allgemein gilt:
P ( a < X ≤ b) = FX (b) − FX (a)
•  Stetig
FX
FX
FX(b)
FX(b)
FX(a)
FX(a)
a
WS14/15
b
x
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Wiederholung Teil A
•  Diskret
a
b
x
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Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Diskrete vs. stetige Zufallsvariablen in der Praxis
•  Beobachtungen
•  Mathematische Sicht: Variablen sind entweder diskret oder stetig
(z.B. Alter immer stetig, Preise immer diskret)
•  Für Anwendung oft diskret bzw. stetig gewünscht...
(z.B. Diskrete Zufallsvariablen „einfacher“ darzustellen / analysieren)
•  „Umwandlung“ diskreter in stetige Variablen
Bsp.: Zufallsvariable X: Anzahl Neuzulassungen pro Jahr (diskret!)
•  X besitzt sehr viele mögliche Ausprägungen
•  X wird als stetig betrachtet (und durch Dichtefunktion beschrieben)
•  Bei Bedarf werden von Verteilungsfunktion...
... abgeleitete Aussagen wieder diskretisiert (auf ganze Zahlen gerundet)
•  Umwandlung stetiger in diskrete Variablen
Bsp.: Zufallsvariable Y: Alter einer Person
•  Y in kann in diskrete Gruppen zerlegt werden ([0-5][5-10][10-15][15-...])
•  Betrachtung / Visualisierung als diskrete Verteilungsfunktion möglich
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Marcel Lichters, Stephan Schosser
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Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Messmethoden für Wahrscheinlichkeiten
•  Übersicht
Direkte Messung
Indirekte Messung
Fragen nach
Wahrscheinlichkeiten
Direkte Wahrscheinlich- Indirekte Wahrscheinlichkeitsabfrage
keitsabfrage
Fragen nach Werten
unsicherer Variablen
Direkte Wertabfrage
Indirekte Wertabfrage
•  Direkte vs. Indirekte Messung
•  Direkte Messung: Frage des Entscheiders nach konkreter Zahl
•  Indirekte Messung: Vergleiche von Referenzsituationen
•  Vergleich
Indirekte Messung verhindert Schwierigkeiten mit Wahrscheinlichkeiten
•  Frage nach Wahrscheinlichkeiten vs. Werten unsicherer Variablen
•  Wahrscheinlichkeiten: Frage nach Wahrscheinlichkeit
•  Werte unsicherer Variablen: Frage nach Wert für unsichere Variable
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Marcel Lichters, Stephan Schosser
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Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Direkte Wahrscheinlichkeitsabfrage
•  Beispiel
„Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie die Prüfung ETWR bestehen?“
•  Entscheidungsunterstützung
•  Ordnung der Ereignisse nach Wahrscheinlichkeiten
•  Visualisierung der Wahrscheinlichkeitsabstände in Diagramm
•  Herausforderung bei stetigen Variablen
Nicht jede Ausprägung kann abgefragt werden
•  Alternative 1: Abfrage der Dichtefunktion
•  Diskretisierung der Variablen
•  Abfrage der diskretisierten Intervalle
•  Ggfs. Aufspalten der Intervalle
•  Wichtig: Gesamter Wertebereich muss abgefragt werden!
•  Alternative 2: Abfrage der Verteilungsfunktion
•  Abfrage der Wahrscheinlichkeit, dass Zufallsvariable kleiner Z
•  Konstruktion der vollständigen Verteilungsfunktion auf Basis der Daten
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
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Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Direkte Wahrscheinlichkeitsabfrage – Beispiel I
•  Abfrage der Dichtefunktion: Verteilung des Alters hier im Hörsaal
Alter
Wahrscheinlichkeit
[5,10]
0%
[10,15]
0%
[15,20]
84%
[20,25]
10%
[25,30]
Alter
Wahrscheinlichkeit
16
0%
17
19%
18
30%
4%
19
25%
[30,35]
1%
20
10%
[35,40]
1%
100%
hier keine
Gleichverteilung!
80%
80%
60%
60%
40%
40%
20%
20%
0%
0%
5
WS14/15
15
25
Verteilungsfunktion Fx
100%
Dichtefunktion fx
35
5
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
15
25
35
Marcel Lichters, Stephan Schosser
25
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Direkte Wahrscheinlichkeitsabfrage – Beispiel II
•  Abfrage der Verteilungsfunktion: Verteilung des Alters hier im Hörsaal
•  Wahrscheinlichkeit eine Person jünger 10?
•  Wahrscheinlichkeit eine Person älter 40?
•  Wahrscheinlichkeit eine Person jünger 25?
•  ... Werte so lange halbieren bis
•  Unterschied zwischen Obergrenze und Untergrenze 0
•  Verteilung ausreichend präzise
100%
80%
60%
40%
20%
Verteilungsfunktion Fx
0%
10
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15
20
25
30
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
35
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Marcel Lichters, Stephan Schosser
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Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Direkte Wertabfrage
•  Beispiel
„Welchen Umsatz werden wir mit Wahrscheinlichkeit 10% unterschreiten?“
•  Vergleich mit Direkter Wahrscheinlichkeitsabfrage
•  Hier: Frage nach Umsatz nicht nach Wahrscheinlichkeit
•  Motivation: Umsatz für Entscheider besser greifbar
•  Typisches Vorgehen
•  Ermittlung Ober-/Untergrenze (0% und 100%)
(Beginn mit Extrema – sonst erfahrungsgemäß zu „enge“ Verteilung)
•  Ermittlung des Medians (50%)
•  Ermittlung der Quartile (25% und 75%)
•  Danach: weitere Halbierung der Wahrscheinlichkeitswertebereiche
•  Problem
Nicht für diskrete Variablen mit wenigen Ausprägungen geeignet
Warum?
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Marcel Lichters, Stephan Schosser
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Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Direkte Wertabfrage - Beispiel
•  Ermittlung Ober-/Untergrenze
„Welchen Umsatz werden wir mindestens / maximal erreichen?“
•  Ermittlung des Medians
„Wie hoch ist der Umsatz, dass die Wahrscheinlichkeit ihn zu überschreiten
gleich hoch ist wie die Wahrscheinlichkeit der Unterschreitung?“
•  Ermittlung der Quartile
„Wie hoch muss der Umsatz sein, damit die Wahrscheinlichkeit zwischen
Untergrenze und diesem Umsatz gleich der Wahrscheinlichkeit des Umsatzes
und Median ist?
Verteilungsfunktion Fx
100%
80%
60%
40%
Ist der Entscheider
Optimist oder Pessimist?
20%
0%
1000000 800000 600000 400000 200000
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Marcel Lichters, Stephan Schosser
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Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Indirekte Wahrscheinlichkeitsabfrage
•  Annahme
Entscheidern fällt es schwer Wahrscheinlichkeiten direkt anzugeben
•  Idee
Umgehen des Wahrscheinlichkeitsbegriffs
•  Typisches Vorgehen
Beispiel: Verteilung des Alters hier im Hörsaal
•  Alternative 1: Gewinn von 100 €, wenn ein gezogener Student 20 Jahre
•  Alternative 2: Gewinn von 100 €, wenn der gelbe Ball aus Urne mit 9
Alternative 2: weiteren blauen Bällen gezogen
•  Frage an Entscheider: „Welche Alternative wählen Sie?“
•  Modifikation der Bälle in Alternative 2 bis Entscheider indifferent
•  Wahrscheinlichkeit ablesbar ohne Wahrscheinlichkeit zu nennen
Wie?
•  Anmerkung
Verfahren kann für Verteilungs-, Wahrscheinlichkeits- und Dichtefunktionen
genutzt werden!
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Marcel Lichters, Stephan Schosser
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Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Indirekte Wertabfrage
•  Vergleich mit Direkter Wahrscheinlichkeitsabfrage (Vorgehen analog)
Anstelle der Bälle in Alternative 2 wird Wert in Alternative 1 variiert
•  Typisches Vorgehen
Beispiel: Verteilung des Alters hier im Hörsaal
•  Alternative 1: Gewinn von 100 €, wenn ein gezogener Student 20 Jahre
•  Alternative 2: Gewinn von 100 €, wenn der gelbe Ball aus Urne mit 9
Alternative 2: weiteren blauen Bällen gezogen
•  Frage an Entscheider: „Welche Alternative wählen Sie?“
•  Modifikation des Alters in Alternative 2 bis Entscheider indifferent
•  Wahrscheinlichkeit ablesbar ohne Wahrscheinlichkeit zu nennen
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Marcel Lichters, Stephan Schosser
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Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Konsistenzprüfung
•  Erheben der Verteilungen mit unterschiedlichen Verfahren
Immer Wert- und Wahrscheinlichkeitsabfrage durchführen
•  Prüfung der Verteilung
•  Verteilungsfunktion sollte monoton steigend sein
Warum?
•  „Fordert“ Zufallsprozess bestimmte Verteilung – Abgleich mit Verteilung
Beispiel: Produktionstechnische Abweichungen sollten normalverteilt sein
•  Abgeleitete Wahrscheinlichkeiten
•  Gegenwahrscheinlichkeit abfragen (Summe sollte 1 sein)
Beispiel: „Armut morgen“ plus „Lottogewinn“
•  Ereignisse in Elementarereignisse zerlegen und diese Abfragen
Beispiel: „Nicht bestehen“ zerlegen in „Krankheit“ und „Nicht gelernt“
•  ... und wieder grüßt ETWR – Teil A!
•  Berechnung der Ereignisse auf Basis der Elementarereignisse...
... erfordert zwingend die Kenntnis der Wahrscheinlichkeitsrechnung
•  Weitere Details (mit Fokus auf Satz von Bayes) im Folgenden
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Marcel Lichters, Stephan Schosser
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Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Agenda
•  Einführung
•  Entscheidungen unter Sicherheit
•  Generierung von Wahrscheinlichkeiten
•  Interpretationsansätze
•  Notwendigkeit der Quantifizierung
•  Messung subjektiver Wahrscheinlichkeiten
•  Satz von Bayes
•  Fehlerquellen bei der Messung von Wahrscheinlichkeiten
•  Empirische Beobachtungen
•  Entscheidungen unter Risiko
•  Zeitpräferenzen bei sicheren Erwartungen
•  Deskriptive Aspekte des Entscheidens
•  Naive Entscheidungsregeln und Heuristiken
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Marcel Lichters, Stephan Schosser
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Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Formales
•  Satz (Satz von Bayes)
P(Ai | B j ) =
P(B j | Ai )⋅ P(Ai )
n
∑ P(B
j
| Ai )⋅ P(Ai )
i=1
•  Anwendung in unserem Kontext
Bestimmung von unsicherem Umweltzustand auf Basis von Beobachtungen
•  Ai:
Umweltzustände
•  Bj:
Beobachtungen
•  P(Ai): a priori Wahrscheinlichkeiten (Annahmen über Eintrittswkt. von Ai)
•  P(Bj|Ai): Likelihood (Beobachtung von Bj gegeben Ai)
•  Gesucht: a posteriori Wahrscheinlichkeiten: P(Ai|Bj)
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Wdh. Teil A
Sei Ω eine Ergebnismenge. Die Ereignisse A1,…, An ⊆ Ω bilden ein
vollständiges System von Ereignissen mit P(Ai)>0 für i=1,…,n. Dann gilt für
jedes Ereignis Bj ⊆ Ω:
Marcel Lichters, Stephan Schosser
33
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Illustration
•  Darstellung als Baum
Likelihoods
P(B1|A1)
A priori Wkt.
P(B2|A1)
P(A1)
P(Bm|A1)
P(B1|A1) · P(A1)
P(B2|A1) · P(A1)
P(Bm|A1) · P(A1)
P(A2)
P(B1|An)
P(An)
P(B2|An)
•  Posteriori Wahrscheinlichkeiten
P(Ai | B j ) =
P(Bm|An)
P(B2|An) · P(An)
P(Bm|An) · P(An)
P(B j | Ai )⋅ P(Ai )
n
∑ P(B
j | Ai )⋅ P(Ai )
aus Baumdarstellung ablesbar
i=1
WS14/15
P(B1|An) · P(An)
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Wie?
Marcel Lichters, Stephan Schosser
34
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Beispiel
•  Mordverdächtiger wird verhört
Vermutung
Lügendetektor
Ausschlag (0.9)
Täter (0.7)
Unschuldig (0.3)
P(A1) · P(B2|A1) = 0.7 · 0.1 = 0.07
Kein Ausschlag (0.1)
Ausschlag (0.2)
P(A2) · P(B1|A2) = 0.3 · 0.2 = 0.06
Kein Ausschlag (0.8)
A priori Wkt. P(Ai)
P(A1) · P(B1|A1) = 0.7 · 0.9 = 0.63
P(A2) · P(B2|A2) = 0.3 · 0.8 = 0.24
Likelihoods P(Bj|Ai)
•  Posteriori Wahrscheinlichkeiten
•  P(Täter|Ausschlag)
= P(A1|B1) = 0.63 / (0.63 + 0.06) = 0.913
•  P(Täter|Kein Ausschlag)
= P(A1|B2) = 0.07 / (0.07 + 0.24) = 0.226
•  P(Unschuldig|Ausschlag)
= P(A2|B1) = 0.06 / (0.06 + 0.63) = 0.087
•  P(Unschuldig|Kein Ausschlag) = P(A2|B2) = 0.24 / (0.24 + 0.07) = 0.774
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Marcel Lichters, Stephan Schosser
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Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Rechenschema
•  Allgemein
A
Likelihoods
priori
A1
P(A1)
...
...
An
P(An)
B1
...
Gemeinsame Wkt.
Bm
B1
...
A posteriori
Bm
B1
...
Bm
P(B1|A1) ... P(Bm|A1) P(A1,B1) ... P(A1,Bm) P(A1|B1) ... P(A1|Bm)
...
...
...
...
...
...
...
...
...
P(B1|An) ... P(Bm|An) P(An,B1) ... P(An,Bm) P(An|B1) ... P(An|Bm)
Summe
P(B1)
...
P(Bm)
•  Im Beispiel
A
Likelihoods
Gemeinsame Wkt.
A posteriori
priori
B1
B2
Täter
0.7
0.9
0.1
0.7·0.9=0.63 0.7·0.1=0.07 0.63/0.69=.91 0.07/0.31=.23
Unschul.
0.3
0.2
0.8
0.3·0.2=0.06 0.3·0.8=0.24 0.06/0.69=.09 0.24/0.31=.77
Summe
WS14/15
B1
0.69
B2
0.31
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
B1
B2
Marcel Lichters, Stephan Schosser
36
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Anwendungsgebiete & Relevanz
•  Praxis
Problem
Umweltzustände
Beobachtungen
Markteinführung
Höhe der Nachfrage
Testmarkt
Medizinische Diagnose
Art der Krankheit
Untersuchung
Bohrung nach Erdöl
Menge des Ölvorkommens
Seismischer Test
Ursache Flugzeugabsturz Pilotenfehler, Defekt, Sabotage Untersuchung
Fallen ihnen noch weitere Beispiele ein?
•  Relevanz
•  Überraschende Ergebnisse
•  Beispiel Krebsprävention
•  Krebstest liefert selten falsche Ergebnisse P(pos.Test|Krebs) = 0.05
•  Wahrscheinlichkeit an Krebs zu erkranken P(Krebs) = 1/10.000
•  Erkrankungswkt. bei pos. Test: P(Krebs|pos.Test) = 0.0019
•  Jährlich in Deutschland 10.000 bis 15.000 unnötige Chemotherapien
•  Schätzung von Wahrscheinlichkeiten
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Marcel Lichters, Stephan Schosser
37
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Agenda
•  Einführung
•  Entscheidungen unter Sicherheit
•  Generierung von Wahrscheinlichkeiten
•  Interpretationsansätze
•  Notwendigkeit der Quantifizierung
•  Messung subjektiver Wahrscheinlichkeiten
•  Satz von Bayes
•  Fehlerquellen bei der Messung von Wahrscheinlichkeiten
•  Empirische Beobachtungen
•  Entscheidungen unter Risiko
•  Zeitpräferenzen bei sicheren Erwartungen
•  Deskriptive Aspekte des Entscheidens
•  Naive Entscheidungsregeln und Heuristiken
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Marcel Lichters, Stephan Schosser
38
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Fehlerquellen
•  Unvollständige oder ungeeignete Datenbasis
•  Daten für Schätzung von Wahrscheinlichkeiten fehlen
•  Informationsquellen oft tendenziös
•  Unkorrekte Verarbeitung von Wahrscheinlichkeiten
•  Interpretationsspielraum falsch genutzt
•  Satz von Bayes!
•  Unzureichende Kritik an dem eigenen Urteil
•  Angst vor Gesichtsverlust verhindert Revision des Urteils
•  Zeitdruck verringert Bereitschaft auf Prüfung
•  Auswirkungen des Informationszeitalters („Big Data“)
Verfügbarkeit von Daten steigt, ...
... dabei aber Zuverlässigkeit der Daten nicht stärker gewährleistet...
... Auswahl der „richtigen“ Daten schwieriger ...
... geringere Bereitschaft Urteil in Frage zu stellen
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Marcel Lichters, Stephan Schosser
39
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Ungenügende Stichprobe
•  Stichprobe zu klein
Schließen von Einzelfällen auf Allgemeinheit
•  Beispiele
•  „98% Testerinnen empfehlen Nivea Hair Cair ihrer besten Freundin“
Dabei verschwiegen: Stichprobengröße 500 mit Geschenken beeinflusst
(übrigens: mit der Pflegeleistung waren nur 96% Testerinnen zufrieden)
•  „Mein Frauentyp ist 160 cm groß und dunkelblond“
Dabei nicht berücksichtigt, dass Stichprobe ca. 5
•  „Ich kenne Raucher mit 90 – Risiko des Rauchens ist gering!“
Dabei nicht berücksichtigt wie viele Raucher bereits mit 80 tot
•  Stichprobe zu groß
Identifikation der relevanten Beobachtungen schwierig
•  Beispiele
•  NSA erkennt gelegentlich Terroristen nicht, obwohl Hinweise vorlagen
•  Online Werbung für angesehene und abgelehnte Artikel
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Marcel Lichters, Stephan Schosser
40
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Agenda
•  Einführung
•  Entscheidungen unter Sicherheit
•  Generierung von Wahrscheinlichkeiten
•  Interpretationsansätze
•  Notwendigkeit der Quantifizierung
•  Messung subjektiver Wahrscheinlichkeiten
•  Satz von Bayes
•  Fehlerquellen bei der Messung von Wahrscheinlichkeiten
•  Empirische Beobachtungen
•  Entscheidungen unter Risiko
•  Zeitpräferenzen bei sicheren Erwartungen
•  Deskriptive Aspekte des Entscheidens
•  Naive Entscheidungsregeln und Heuristiken
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Marcel Lichters, Stephan Schosser
41
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Selbstüberschätzung
•  Probleme bei der Wahrscheinlichkeitsschätzung
•  Umgang mit Wahrscheinlichkeiten „unnatürlich“
•  Wahrscheinlichkeiten widersprechen oft natürlicher Wahrnehmung
•  Im Folgenden
•  Fokus auf entsprechende Anomalien
•  Drei Schwerpunkte
•  Selbstüberschätzung
•  Probleme mit bedingten Wahrscheinlichkeiten
•  Sonstige systematische Fehler
•  Jetzt: Selbstüberschätzung
•  Hindsight bias: Was geht mich mein dummes Geschwätz von gestern an?
•  Overconfidence: Entscheider sind sich systematisch zu sicher
•  Illusion of Controll: Glauben die Zukunft zu beeinflussen
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
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42
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Hindsight Bias
•  Selbstüberschätzung
Entscheider tendiert dazu sich in besserem Licht darzustellen
„Habe ich ja schon immer gewusst“
•  Konsequenz
Entscheider überschätzen Wahrscheinlichkeiten eingetretener Ereignisse
•  Beispiele
•  Nuklearkatastrophe in Fukushima
•  Truppenbewegung Russlands in der Ukraine
•  Plagiatsaffäre Gutenberg
•  Erfolg von Managemententscheidungen
(Fehlentscheidungen alleine getroffen, gute Entscheidungen treffen alle)
•  Publikationserfolg in der Wissenschaft
(exzellente Idee hatten alle vorher)
•  Interessant
Menschen lügen dabei nicht bewusst, sondern haben verzerrte Erinnerung
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Marcel Lichters, Stephan Schosser
43
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Hindsight Bias
•  Beobachtung: Entscheider passen Wahrnehmung an Wirklichkeit an
•  Zwei Effekte
•  Entscheider bewerten Wahrscheinlichkeit für eingetretenes Ereignis
•  Entscheider überbewerten die Richtigkeit ihrer Entscheidung ex post
•  Experiment
•  Teilnehmer lesen Beschreibung einer historischen Begebenheit
•  Gruppe 1: nur Angabe von 4 möglichen Ausgängen
•  Gruppe 2: Angabe der möglichen und des realisierten Ausgangs
•  Teilnehmer werden nach Wahrscheinlichkeit für die Ausgänge gefragt
WS14/15
Realisiert
Ausgang 1
Ausgang 2
Ausgang 3
Ausgang 4
keiner
33.8%
21.3%
32.3%
12.3%
1
57.2%
14.3%
15.3%
13.4%
2
30.3%
38.4%
20.4%
10.5%
3
25.7%
17.0%
48.0%
9.9%
4
33.0%
15.8%
24.3%
27.0%
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Marcel Lichters, Stephan Schosser
44
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Overconfidence
•  Overconfidence
Menschen neigen dazu sich zu überschätzen
•  Vergleich mit Hindsight
Bei Hindsight belügt sich der Mensch über seine vergangene Meinung...
... hier überschätzt er sich schon vor dem vorhersagbaren Ereignis
•  Beispiele
•  Sicherheit bei Abfragen
•  Geben Sie das Intervall an indem die Anzahl...
... der Staaten in Afrika mit Wkt. 90% liegt
(Erfahrungsgemäß wird das Intervall deutlich zu klein sein)
•  Gleicher Fehler auch bei Domänenexperten...
... in ihrer Domäne
•  Erfolgswahrscheinlichkeit bei Produkteinführungen
•  Einschätzung der Richtigkeit bei der Rechtsprechung/med. Diagnose
•  Nuklearexperten hielten bis Fukushima einen Störfall für unmöglich
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Marcel Lichters, Stephan Schosser
45
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Illusion of Control
•  Beobachtung: Entscheider glauben den Zufall beeinflussen zu können
•  Effekt
Menschen glauben beim Lotto an höhere Gewinnwahrscheinlichkeit, ...
... wenn sie die Gewinnzahlen selbst gezogen haben
•  Experiment
•  Verkauf eines Lotterieloses (mit aufgedruckten Footballspielern)
•  Gruppe 1: Teilnehmer kann Spieler selbst aussuchen
•  Gruppe 2: Teilnehmer bekommt Spieler von Experimentator
•  Gewinn bei Ziehen des Lotterieloses 50 €
•  Am Tag der Ziehung:
Zu welchem Preis wären sie bekannt ihr Los zu verkaufen?
Gruppe
Willingness to accept
1
$ 8.67
2
$ 1.96
•  Teilnehmer in Grupp 1 schätzen folglich Auszahlung höher ein
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Marcel Lichters, Stephan Schosser
46
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Probleme mit bedingten Wahrscheinlichkeiten
•  Probleme bei der Wahrscheinlichkeitsschätzung
•  Umgang mit Wahrscheinlichkeiten „unnatürlich“
•  Wahrscheinlichkeiten widersprechen oft natürlicher Wahrnehmung
•  Im Folgenden
•  Fokus auf entsprechende Anomalien
•  Drei Schwerpunkte
•  Selbstüberschätzung
•  Probleme mit bedingten Wahrscheinlichkeiten
•  Sonstige systematische Fehler
•  Jetzt: Probleme mit bedingten Wahrscheinlichkeiten
•  Intensitivity to base rates:
A priori Wahrscheinlichkeiten vernachlässigt
•  Umkehrung bedingter Wahrscheinlichkeiten:
Likelihood und posteriori Wahrscheinlichkeiten vertauscht
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Marcel Lichters, Stephan Schosser
47
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Insensitivity to Base Rates
•  Vernachlässigung der a priori Wahrscheinlichkeiten
•  Konsequenz der Ähnlichkeitsheuristik
•  Entscheider ignoriert ihm bekannte Wahrscheinlichkeiten
•  Beispiele
•  Bewerber auf Stelle
•  Sei der Anteil der übergewichtigen, unrasierten an Bevölkerung 10%
•  Nach Sehen des Bewerbers ignoriert Entscheider diesen Fakt...
... dabei egal ob Anteil an der Bevölkerung 5% oder 50%
•  Wären übergewichtige, unrasierte mit hoher Wkt. faul...
... müsste Entscheider nach Sehen von höherer Wkt. fleißig ausgehen
•  Eheschließungen
•  Verzicht auf Ehevertrag ...
... weil durchschnittliche Scheidungsquote irrelevant
•  Formal
Wkt. gewaschen geg. fleißig
P(Ai | B j ) =
Wkt. fleißig geg. gewaschen
WS14/15
P(B j | Ai )⋅ P(Ai )
P(Bi )
Wahrscheinlichkeit fleißig
Wahrscheinlichkeit gewaschen
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Marcel Lichters, Stephan Schosser
48
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Umkehrung bedingter Wahrscheinlichkeiten
•  Problem
Likelihood P(Bj|Ai) und a posteriori Wahrscheinlichkeit P(Ai|Bj) verwechselt
•  Beispiele
•  Weiche Drogen
Häufige Aussage in der Presse weiche Drogen sind Einstiegsdroge
•  A1: weiche Drogen; A2: keine weichen Drogen
•  B1: harte Drogen; B2: keine harten Drogen
•  P(B1|A1): Mensch konsumiert harte Drogen, gegeben vorher weiche
•  Gegeben: P(A1|B1) > 90% (Entdeckte Konsumenten harter Drogen mit weichen)
Wichtig:
•  Nur P(A1|B1) können sie beobachten, Rest ist unbekannt
•  In der Presse P(A1|B1) = P(B1|A1) (Wichtig: Ist falsch!)
| B )⋅ P(B )
•  Formal P(B | A ) = P(A | B )⋅P(A
P(B ) + P(A | B )⋅ P(B )
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
Deutlich größer als P(B1)
•  Analog weiß ich, dass sie alle als pädophile Mörder enden!
(Ist natürlich vollkommener Unsinn, oder?)
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Warum?
Marcel Lichters, Stephan Schosser
49
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Probleme mit bedingten Wahrscheinlichkeiten
•  Probleme bei der Wahrscheinlichkeitsschätzung
•  Umgang mit Wahrscheinlichkeiten „unnatürlich“
•  Wahrscheinlichkeiten widersprechen oft natürlicher Wahrnehmung
•  Im Folgenden
•  Fokus auf entsprechende Anomalien
•  Drei Schwerpunkte
•  Selbstüberschätzung
•  Probleme mit bedingten Wahrscheinlichkeiten
•  Sonstige systematische Fehler
•  Jetzt: Sonstige systematische Fehler
•  Fluency heuristic: Zuerst erinnertes wird für wahrscheinlicher gehalten
•  Repräsentativitätsheuristik: Wahrscheinlichkeiten an Stereotypen orientiert
•  Gambler‘s fallacy: Bei wiederholter Beobachtung Erwartung von Änderung
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Marcel Lichters, Stephan Schosser
50
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Fluency Heuristic
•  Idee
Je schneller man sich an etwas erinnert, umso bedeutender ist es
•  Beispiele (pro fluency heuristic)
•  Wahrscheinlichste Todesursache
•  Wahrscheinlichste Kinderkrankheiten
•  Wahrscheinlichste Fehlerursache in Produktion
•  Beispiele (contra fluency heuristic)
•  Wahrscheinlichste Ursachen für Umweltzerstörung
•  Wahrscheinlichkeit Klausur zu bestehen
•  Wahrscheinlichkeit des Flugzeugabsturzes
•  Ursachen für Fehleinschätzung
•  „Einschneidende“ Ereignisse werden überbewertet
•  Ereignisse wahrscheinlicher je weniger lang sie her sind
•  Einschätzung kann Verhalten / Entscheidungen beeinflussen
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Marcel Lichters, Stephan Schosser
51
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Repräsentativitätsheuristik
•  Falsche Schlussfolgerung
Von allgemeiner Beobachtung wird auf Einzelfall geschlossen
•  Beispiele
•  Bewerber auf Stelle
•  Bewerber ist unrasiert und übergewichtig
•  Arbeitgeber glaubt unrasierte und übergewichtige sind faul
•  Bewerber wird nicht eingestellt
•  Erfolg von Spielekonsolen
•  Bis 2008 gilt: Neue Konsolen müssen leistungsstark sein
•  Verkauf von drei Wettbewerbern:
Xbox 360, PS3, Wii (technisch weit unterlegen)
•  Verkaufszahlen rechts (blau ist Wii)
•  Ursache Risikominimierung
•  Entscheider wird nicht kritisiert, wenn er mit „Standard“ scheitert
•  Entscheider der Risiko eingeht steht unter stärkerer Beobachtung
•  Konsequenz: Wahrscheinlichkeiten werden konsequent falsch eingeschätzt
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Marcel Lichters, Stephan Schosser
52
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Repräsentativitätsheuristik – Illustration
•  Im täglichen Leben wird die Aussage des Satzes beim
Vergleich von Wahrscheinlichkeiten oft verletzt.
A
B
•  “Linda” (Kahnemann und Tversky)
Ω
•  31 Jahre, ledig
Wahrscheinlichkeit •  Extravertiert
für
und !
•  Intellektuell brillant
•  Uni-Abschluss in Philosophie
•  Als Studentin hat sie sich gegen Diskriminierung
und soziale Ungerechtigkeit engagiert
•  Hat an Demonstrationen gegen Kernkraft teilgenommen
•  Was ist wahrscheinlicher
•  Alternative A:
Linda ist Bankangestellte und in der Frauenbewegung aktiv
•  Alternative B:
Linda ist Bankangestellte
•  Ergebnis der Befragung:
Mehrheit sagt, dass A wahrscheinlicher ist,
obwohl A ⊂ B ⇒ P(A) ≤ P(B)
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Marcel Lichters, Stephan Schosser
53
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Repräsentativitätsheuristik – Beispiel I
•  Experiment (Tversky & Kahneman, 1983)
•  Sechseitiger Würfel (4 Seiten: rot, 2 Seiten: grün)
•  Zwanzigmaliges Werfen des Würfels
•  Auswahl von Sequenzen, bei Eintritt 50 €
Alternative
Sequenz
Entscheidungen
a
-, r, g, r, r, r
35%
b
g, r, g, r, r, r
63%
c
g, r, r, r, r, r
2%
•  „Problem“
•  Sequenz a ⊂ b, d.h. immer wenn b Eintritt auch a
... damit a wahrscheinlicher als b
•  Sequenz b spiegelt aber 4x rot und 2x grün wieder!
... daher Überschätzung der Eintrittswahrscheinlichkeit
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Marcel Lichters, Stephan Schosser
54
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Repräsentativitätsheuristik – Beispiel II
•  Experiment (Fischhoff, Slovic, Lichtenstein, 1978)
•  Fragen an Fachleute und Laien
•  Wie wahrscheinlich ist bestimmte Ursache für Nichtanspringen von Autos
•  Zwei Abfragen
Sequenz
Anteil
a Andere Gründe als das Versagen von Batterie, Motor oder Treibstoffzufuhr
22%
b Andere Gründe als das Versagen von Batterie, Motor oder Treibstoffzufuhr
(z.B. Anlasser oder Zündung)
44%
•  „Problem“
•  Alternativen a und b sind identisch
... lediglich Beschreibung von b ausführlicher als a
•  Länge der Beschreibung beeinflusst Einschätzung der Wahrscheinlichkeit
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Nicht in der Vorlesung behandelt
Marcel Lichters, Stephan Schosser
55
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Repräsentativitätsheuristik – Beispiel III
•  Experiment (Fox & Clemen, 2005)
•  Umfrage unter Entscheidungsanalytikern
(Mitglieder der „Decision Analysis Society“ DAS)
•  Wie hoch ist Anzahl der DAS Mitglieder in fünf Jahren
•  Zwei Abfragen
Angebotene Intervalle
a [0; 400]
[401; 600]
[601; 800]
[801; 1000] [>1001]
b [0; 1000] [1001; 1200] [1201; 1400] [1401; 1600] [>1601]
•  „Problem“
•  Bei Abfrage a gehen 10% von mehr als 1000 aus
... bei Abfrage b gehen 35% von mehr als 1000 aus
•  Entscheider schließen aus höherem Fokus auf größere Intervalle bei b
... von größerer Wahrscheinlichkeit für große Werte aus
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Marcel Lichters, Stephan Schosser
56
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Nicht in der Vorlesung behandelt
Wenn die Ereignisse A und B unabhängig sind, so gilt P(A∩B) = P(A) · P(B)
•  Beobachtung
P(A∩B) wird häufig überschätzt (gelegentlich sogar größer als Einzelwkt.)
•  Beispiele
•  Patientin mit Lungenembolie
91% von 32 Internisten glauben, dass Ursache Atemnot und Lähmung...
... wahrscheinlicher als Lähmung alleine
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Teil A
Conjunction fallacy
•  Satz (Unabhängigkeit)
Nicht in der Vorlesung behandelt
Marcel Lichters, Stephan Schosser
57
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Base rate neglect
•  Idee
•  Menschen denken in Stereotypen...
•  ... und ignorieren mathematische Fakten
•  Experiment
•  Person gegeben
•  45 Jahre alt
•  Verheirate 4 Kinder
•  Konservativ, sorgfältig und ehrgeizig
•  Kein Interesse für Politik und soziale Fragen
•  Hobby: Tischlern, Segeln und mathematische Denksportaufgaben
•  Beschreibung Ergebnis von Umfrage mit x% Juristen / (1-x)% Ingenieuren
•  Mit welcher Wahrscheinlichkeit ist Person Ingenieur?
•  Experimentalergebnis
•  Probanden ignorieren x und ...
•  ... Wählen Zuordnung im Kern auf Basis der Beschreibung
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Marcel Lichters, Stephan Schosser
58
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Nicht in der Vorlesung behandelt
Es scheint so, als ob gilt:
wobei p ∈ ℝ
lim hn (A) = p
n→∞
•  Problem:
Menschen glauben an frequentistischen Ansatz auch für kleine n...
... obwohl Mathematik sagt, dass Aussage nicht verifizierbar!
•  Ergebnis
Wiederholte Zufallsprozesse (z.B. Münzwurf) werden falsch bewertet
•  Beispiel
•  Sie stehen am Roulettetisch
•  Sie sehen, dass bisher 10 mal rot in Folge auftrat
•  Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass beim 11. Mal wieder rot?
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Wdh. Teil A
Gambler‘s fallacy
•  Frequentistischer Ansatz zur Bestimmung von Wahrscheinlichkeiten
Marcel Lichters, Stephan Schosser
59
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Nicht in der Vorlesung behandelt
Gambler‘s fallacy – Feldstudie I
•  Roulette (französisch)
•  In der „amerikanischen“ Variante 38. Feld mit „00“
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Marcel Lichters, Stephan Schosser
60
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Nicht in der Vorlesung behandelt
Gambler‘s fallacy – Feldstudie II
•  Jeder Spieler setzt Geld auf Feld
(siehe Übersicht rechts)
•  Zahl / Farbe wird durch Kugel bestimmt
(Kugel läuft über Roulettetisch)
•  Quoten
•  36:1 (Zahl)
•  2:1 (Farbe / Hälfte / Gerade)
•  3:1 (Drittel)
•  Erwartungswert der Auszahlung (immer)
Verlust von 2.70% der Einzahlung
(entspricht -1/37; die grüne Null)
•  Wie spielen?
Egal: Immer gleicher Erwartungswert!
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Nicht in der Vorlesung behandelt
Marcel Lichters, Stephan Schosser
61
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Gambler‘s fallacy – Feldstudie III
•  Daten
•  Videokamera Aufzeichnungen
•  Großes Casino in Reno, Nevada (amerikanisches Roulette mit „00“)
•  Drei getrennte 6 Stunden Blöcke an drei Tagen
•  Blick von oben
•  Auswertung der Daten
•  Anzahl der Wetten (nicht Wert, Blick von oben!)
•  Kodierung der Wetten pro Spieler in Reihenfolge
•  Deskriptive Statistik
•  Ca. 900 Drehungen des Rouletterads (1 Drehung pro Minute)
•  Häufigste Zahl 30 (3.7%); seltenste 26 (1.7%); Mittel (2.6% = 1/38)
Roulette scheint also einigermaßen „fair“ zu sein
•  139 Spieler mit 24.131 Wetten (armer Doktorand für Auswertung!)
•  Anzahl Wetten pro Spieler: 174
•  Anzahl „Spins“ pro Spieler: 18
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Marcel Lichters, Stephan Schosser
62
Generierung von Wahrscheinlichkeiten
62
Nicht in der Vorlesung behandelt
Gambler‘s fallacy – Feldstudie III
•  Ergebnisse bezogen auf Gambler‘s fallacy
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
WS14/15
Entscheidungstheorie, Wahrscheinlichkeit und Risiko – Teil B
Gemäß Reihe
Gegen Reihe
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