Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik 3. Vorlesung - 21.10.2016 Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik Bedingte Wahrscheinlichkeit In einer Urne sind 2 grüne und 3 blaue Kugeln. 2 Kugeln werden ohne Zürücklegen gezogen. Welches ist die Wahrscheinlichkeit, dass : a) man eine grüne und danach eine blaue Kugel zieht? b) beide Kugeln die gleiche Farbe haben? Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik Bedingte Wahrscheinlichkeit Definition 4 Sei (Ω, K, P) ein Wahrscheinlichkeitsraum und seien A, B ∈ K. Die bedingte Wahrscheinlichkeit von A durch B ist P(·|B) : K → R definiert durch P(A ∩ B) P(A|B) = , P(B) wenn P(B) > 0. P(A|B) ist die Wahrscheinlichkeit des Eintretens des Ereignisses A unter der Bedingung, dass das Eintreten des Ereignisses B bereits bekannt ist. Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik Übung Man beweise, dass für A, B ∈ K, P(A) > 0, P(B) > 0 gilt: P(A ∩ B) = P(B)P(A|B) = P(A)P(B|A) P(A|B) = 1 − P(Ā|B) Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik Satz 5 - Multiplikationsregel Sei (Ω, K, P) ein Wahrscheinlichkeitsraum und seien A1 , . . . , An ∈ K so dass P(A1 ∩ · · · ∩ An−1 ) > 0. Es gilt P(A1 ∩ · · · ∩ An ) = P(A1 )P(A2 |A1 ) . . . P(An |A1 ∩ · · · ∩ An−1 ). Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik Vollständiges System von Ereignissen Definition 5 Eine Menge von Ereignissen (Ai )i∈I aus Ω heißt vollständiges System von Ereignissen (Partition, Unterteilung) in Ω, wenn [ Ai = Ω i∈I und für alle i, j ∈ I , i 6= j, die Ereignisse Ai und Aj disjunkt sind, d.h. ∀i, j ∈ I , i 6= j, Ai ∩ Aj = ∅. . Beispiel: A ⊂ Ω ⇒ {A, Ā} ist vollständiges System von Ereignissen in Ω. Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik Satz 6 - Formel der totalen Wahrscheinlichkeit In einem Wahrscheinlichkeitsraum (Ω, K, P) sei (Ai )i∈I ein vollständiges System von Ereignissen mit P(Ai ) > 0 und Ai ∈ K für alle i ∈ I . Für A ∈ K gilt X P(A) = P(Ai )P(A|Ai ). i∈I Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik Satz 7 - Formel von Bayes In einem Wahrscheinlichkeitsraum (Ω, K, P) sei (Ai )i∈I ein vollständiges System von Ereignissen mit P(Ai ) > 0 und Ai ∈ K für alle i ∈ I und sei A ∈ K, so dass P(A) > 0. Es gilt P(Aj )P(A|Aj ) P(Aj |A) = X P(Ai )P(A|Ai ) ∀j ∈ I . i∈I Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik Unabhängige Ereignisse Sei (Ω, K, P) ein Wahrscheinlichkeitsraum. Definition 6 Die Ereignisse A, B ∈ K sind unabhängig, wenn das Auftauchen des Ereignisses A, das Auftauchen des Ereignisses B nicht beeinflusst und umgekehrt Wenn A und B unabhängig sind, dann gilt P(A|B) = P(A) und P(B|A) = P(B) Definition 6∗ Die Ereignisse A, B ∈ K sind unabhängig, wenn P(A ∩ B) = P(A)P(B). Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik Unabhängige Ereignisse Satz 8 In einem Wahrscheinlichkeitsraum (Ω, K, P) mit A, B ∈ K sind folgende Aussagen äquivalent: a) A und B sind unabhängig; b) A und B̄ sind unabhängig; c) Ā und B sind unabhängig; d) Ā und B̄ sind unabhängig. Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik Unabhängige Ereignissen Definition 7 Die Ereignisse A1 , . . . , An aus K sind unabhängig (in der Gesamtheit), wenn für jede endliche Menge {i1 , . . . , im } ⊂ {1, . . . , n} P(Ai1 ∩ · · · ∩ Aim ) = P(Ai1 ) . . . P(Aim ). A1 , . . . , An aus K sind paarweise unabhängig, wenn P(Ai ∩ Aj ) = P(Ai )P(Aj ) ∀ i, j ∈ {1, . . . , n}, i 6= j. Fragen: Was bedeutet: a) dass 3 Ereignisse A, B, C paarweise unabhängig sind? b) dass die 3 Ereignisse A, B, C unabhängig sind? Antworten: a) P(A ∩ B) = P(A)P(B), P(B ∩ C ) = P(B)P(C ), P(A ∩ C ) = P(A)P(C ) b) P(A ∩ B) = P(A)P(B), P(B ∩ C ) = P(B)P(C ), P(A ∩ C ) = P(A)P(C ) und P(A ∩ B ∩ C ) = P(A)P(B)P(C ) Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik Beispiel mit dem Tetraeder Die 4 Flächen eines fairen Tetraeders sind eine rot, eine blau, eine grün gefärbt. Die vierte Fläche ist mit allen drei Farben bunt bemalt. Das Tetraeder wird geworfen, und es werden die folgenden Ereignisse betrachtet: R: der Teraeder fällt auf eine Fläche mit roter Farbe B: der Teraeder fällt auf eine Fläche mit blauer Farbe G : der Teraeder fällt auf eine Fläche mit grüner Farbe a) Sind R, B, G paarweise unabhängig? b) Sind die 3 Ereignisse R, B, G unabhängig? Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik Zufallsgrößen Sei (Ω, K, P) ein Wahrscheinlichkeitsraum. Definition 8 X : Ω → R heißt Zufallsgröße (zufällige Variable), wenn {ω ∈ Ω : X (ω) ≤ x} ∈ K für alle x ∈ R. Zufallsgröße → ZG Beispiel: Ein Spieler wirft zwei unterscheidbare Münzen ⇒ Ω = {(K , Z ), (K , K ), (Z , K ), (Z , Z )} Die Zufallsgröße X zeigt an wie oft Zahl (Z ) aufgetaucht ist: ⇒ X : Ω → {0, 1, 2} ⇒ P(X = 0) = P(X = 2) = 14 , P(X = 1) = 12 , weil X ((K , Z )) = 1, X ((K , K )) = 0, X ((Z , K )) = 1, X ((Z , Z )) = 2 Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik Eine Zufallsgröße heißt diskret, wenn sie endlich viele (x1 , . . . , xn ) oder abzählbar unendlich viele (x1 , . . . , xn , . . . ) Werte stetig, wenn sie (überabzählbar viele) Werte in einem Intervall oder aus R annehmen kann. Diskrete ZG: Summe der Zahlen beim Würfeln, Anzahl defekter Teile während der Produktion, Anzahl Druckfehler auf einer Zeitungsseite. . . Stetige ZG: Brenndauer einer Glühlampe, Abfüllmenge in Konserven, Länge von hergestellten Schrauben, Temperaturen . . . Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik Diskrete Zufallsgrößen X : Ω → {x1 , x2 , . . . , xi , . . . } Beschreibung durch X ∼ x1 x2 . . . p1 p2 . . . xi pi ... ... xi = pi i∈I I ⊆ N (Indexmenge) mit den Wahrscheinlichkeiten pi = P(X = xi ) > 0, i ∈ I , wobei P i∈I Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik pi = 1