Einfluss von Handystrahlen auf das Genom

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Geschäftsfeld 1
Einfluss von Handystrahlen auf
das Genom humaner peripherer
Blutlymphozyten
Hochfrequenzstrahlung wird in der
Mobilfunkkommunikation, z. B. beim
telefonieren mit Handys, großflächig
seit 1992 eingesetzt. Da die hierbei
verwendeten GSM-Signale unmittelbar
auf den Mobilfunknutzer einwirken,
wurden zahlreiche In-vitro-Studien mit
verschiedenen Zelllinien und In-vivoStudien an Tieren und Probanden
durchgeführt, um mögliche Risiken erkennen und bewerten zu können. In
der Regel erbrachten diese Studien keine Hinweise auf Beeinträchtigungen
von Organfunktionen, insbesondere
wenn Untersuchungen mit Probanden
oder Versuchstieren durchgeführt wurden. In einigen Publikationen wurde
auf Veränderungen und mögliche
Schädigungen in kultivierten Zellen
hingewiesen. Die Veränderungen be-
trafen die Expression einzelner Gene,
wie Hitzeschockproteingene oder am
Zellzyklus beteiligte Gene, und waren
vom verwendeten Zelltyp abhängig.
Diese Ergebnisse konnten aber nicht
immer von anderen Arbeitsgruppen
bestätigt werden, so dass gesundheitliche Risiken weiterhin kontrovers diskutiert werden. Epidemiologische Untersuchungen lassen bislang nicht auf
ein erhöhtes Krebsrisiko schließen.
den, mit GSM-Signalen befeldet. Ziel
war es, zu überprüfen, ob durch die
Exposition die Aktivität von Genen in
den Zellen verändert wird. Ein besonderes Interesse galt Protoonkogenen,
da deren veränderte Aktivität mit
einem erhöhten Krebsrisiko einhergeht. Außerdem sollte die Expression
von Stress- und Apoptosegenen untersucht werden, die darauf hinweisen,
dass die Zellen auf Handystrahlen reagieren und im Extremfall den programmierten Zelltod (Apoptose) einleiten.
Studie zur Genexpression am
Fraunhofer ITEM
Befeldung peripherer Lymphozyten
Um gesundheitliche Risiken durch Handystrahlung besser bewerten zu können, wurden weitere Studien durchgeführt, die von der Gesellschaft für
Strahlenschutz gefördert wurden. Im
Rahmen dieses Förderprogramms wurden am Fraunhofer ITEM periphere
Lymphozyten, die aus menschlichem
Blut gesunder Probanden isoliert wur-
Für die Untersuchungen wurden Blutproben von vier Probandengruppen
verwendet, die aus männlichen und
weiblichen Personen zwischen 18 und
21 sowie zwischen 50 und 60 Jahren
bestanden. Diese vier Personengruppen wurden ausgewählt, um sowohl
altersbedingte als auch geschlechts­
Fraunhofer ITEM Jahresbericht 2008
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Geschäftsfeld 1
Tab. 1: Übersicht über die Anzahl verändert regulierter Gene in Abhängigkeit
von der Strahlendosis nach einer und nach 48 Stunden.
SAR-Werte (W/Kg)
Befeldung für
1 Stunde
Befeldung für
48 Stunden
0 0,2 2 5
0 0,2 2 5
Dosis-abhängig in einer Behandlungsgruppe
13 26
Dosis-abhängig in zwei Behandlungsgruppen
4 29
4 7
Dosis-abhängig in drei Behandlungsgruppen 3
Dosis-abhängig in vier Behandlungsgruppen 4
Tab. 2: Biologische Klassifizierung signifikant regulierter Gene. Die Anzahl induzierter Gene ist in Rot gezeigt, die Anzahl reprimierter Gene in Blau.
weiblich weiblich männlich männlich
(50-60
(18-21
(50-60
(18-21
Jahre)
Jahre)
Jahre)
Jahre)
Gengruppe
Gesamtanzahl
ausgewerteter Gene
1h 48h 1h 48h 1h 48h 1h 48h
Hitzeschock
11
8
Andere Stressfaktoren
9
Zellzyklus / Signaltransduktion
8
1
Apoptose
7
2
Immunantwort
3
4
2 2/2
– 2/1
1
2/1
1
3
–
–
1
2
1
–
3
–
–
–
–
1/1
1
–
–
–
–
– 1/1
–
2/3
4
–
–
2
–
–
–
1
1
Nervenzellen
7
1
1
1
1
–
1
1
2/1
Zell-Zell-Interaktion
4
–
2
–
–
–
–
–
2
Metabolismus
7
3 1/1
–
–
–
1
–
2/1
Proteinfaltung
3
2
–
–
–
–
–
3
–
Transport
4
–
–
–
1
– 1/1
–
1
2/1 3
1
2
– 2/1
–
1/1
10
1/1 2/2
–
Transkription / Splicing
andere
11
–
1/1 3/2
spezifische Unterschiede feststellen zu
können. Die peripheren Lymphozyten
jedes Spenders wurden mit drei unterschiedlichen Intensitäten von GSMSignalen jeweils für eine und für 48
Stunden befeldet. Die Ergebnisse wurden mit denen von unbehandelten
Lymphozyten desselben Spenders ver­
glichen. Somit konnte die individuelle
biologische Streuung zwischen den
Spendern limitiert werden. Die Anlage
zur Generierung der SAR-Werte wurde
von der IMST GmbH, Kamp-Lintfort, in
einem Brutschrank installiert.
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Fraunhofer ITEM Jahresbericht 2008
Nach Exposition der peripheren Lymphozyten wurden Genexpessionsanalysen mittels Microarrays durchgeführt.
Diese Ergebnisse wurden mittels Echtzeit-PCR und durch immunologischen
Nachweis der Proteine im Western-Blot
an ausgewählten Genen überprüft.
Nach Abschluss der Befeldung wurden
deshalb aus den peripheren Lymphozyten Proteinextrakte für Western-BlotAnalysen sowie RNA für die Genexpressionsanalysen isoliert.
Ergebnisse aus Microarray-Analysen
Für die Genexpressionsanalysen mit
Hilfe von Microarrays wurde der
»Human Genome U133 Plus 2.0 Array«
eingesetzt, der das gesamte menschliche Genom erfasst. Die MicroarrayAnalysen haben ergeben, dass Gene
in den behandelten Gruppen verändert reguliert vorlagen. Während die
Expression der meisten Gene nur in
einer Behandlungsgruppe verändert
war (39 nach einer Stunde, 33 nach
48 Stunden), waren nur vier Gene
nach einer Stunde in zwei Behandlungsgruppen und 14 Gene nach
48 Stunden in mehr als einer Behandlungsgruppe verändert exprimiert
(Tabelle 1). Nur vier Gene waren in
allen Behandlungsgruppen verändert
reguliert.
Ergebnisse aus qRT-PCR- und
Western-Blot-Analysen
Um die Ergebnisse zu bestätigen, wurde
mit zwei weiteren Methoden eine bestimmte Anzahl von Genen zusätzlich
überprüft. Mittels quantitativer Echtzeit-PCR (qRT-PCR) wurde erneut die
Genexpression gemessen und mittels
Western-Blot die Proteinexpression der
entsprechenden Gene bestimmt. Unter
den mit qRT-PCR überprüften Genen
waren auch drei der vier Gene, die nach
den Genexpressionsanalysen anhand
von Microarrays in allen Behandlungs-
Geschäftsfeld 1
Ausgewählte
Vorlaufforschung
gruppen reguliert vorlagen. Basierend
auf den qRT-PCR-Ergebnissen war die
Expression von nur einem der drei Gene
in allen vier Behandlungsgruppen sig­
nifikant verändert. Die RT-PCR-Ergebnisse zeigten noch weniger statistisch
signifikant regulierte Gene als die
Microarray-Daten und wurden von
den Western-Blot-Ergebnissen gestützt, die sogar keine signifikante
Änderung anzeigten. Auffallend bei
den Western-Blot-Ergebnissen war,
dass Änderungen häufig dosisunabhängig erfolgten.
Biologische Klassifizierung
signifikant regulierter Gene
Die biologische Klassifizierung signifikant regulierter Gene nach den Micro­
array-Analysen (Tabelle 2) lässt für die
einzelnen Behandlungsgruppen bis
auf eine Ausnahme keine bevorzugte
Funktion der verändert regulierten
Gene erkennen. Nur periphere Lymphozyten von Spenderinnen der Altersgruppe 50 bis 60 Jahre zeigten eine
erhöhte Anzahl verändert exprimierter
Hitzeschockproteingene, die jedoch
nach 48 Stunden Befeldung nicht mehr
verändert vorlagen.
Zusammenfassung
Die Ergebnisse der Genexpressionsanalysen anhand von Microarrays haben
gezeigt, dass eine begrenzte Anzahl
von Genen durch die Befeldung reguliert wird. Dieses Ergebnis konnte mit
RT-PCR nur für wenige Gene bestätigt
werden und ist darin begründet, dass
die Auswahlkriterien für die Festlegung
signifikant veränderter Gene bei den
Microarray­analysen zu wenig stringent
festgelegt waren. Die Western-BlotErgebnisse haben die RT-PCR-Ergebnisse
bestätigt; es wurden keine statistisch
signifikant veränderten Ergebnisse für
die exprimierten Proteine ermittelt. Auf­
grund der vorliegenden Ergebnisse
wurde auch keine Alters- oder Geschlechtsabhängigkeit festgestellt. Nur
die Dauer der Kultivierung der Lymphozyten beeinflusste unabhängig von
der Stärke der Befeldung das Expressionsmuster.
Kontakt
Prof. Dr. Jürgen Borlak
Telefon +49 511 5350-520
[email protected]
Dr. Roman Halter
Telefon +49 511 5350-521
[email protected]
Aufbau neuer Plattformtechno­
logien für die Herstellung von
biopharmazeutischen Wirkstoffen
für klinische Prüfungen
In dem Bereich Pharmazeutische Biotechnologie wurde 2008 mit Mitteln
des Bundesministeriums für Bildung
und Forschung (BMBF) und des Landes
Niedersachsen ein Vorlaufforschungsprojekt mit dem Titel »Biotechnologie
in Braunschweig« (BIB) begonnen. Das
BIB-Projekt hat die Entwicklung von
robusten und standardisierten Herstellungsverfahren für zwei wichtige biopharmazeutische Wirkstoffklassen zum
Ziel: rekombinante Antikörper und Nukleinsäuren (DNA). Bei rekombinanten
Antikörpern handelt es sich um eine
Wirkstoffklasse, für die schon jetzt eine
erhebliche Nachfrage für klinische Prüfungen besteht und auch mittelfristig
bestehen wird. Der Bedarf an Nukleinsäurewirkstoffen für klinische Prüfun­
gen wird eher in mittel- bis langfristigen
Zeiträumen erwartet.
Standardisierte Herstellungs­
verfahren für Antikörper und
Nukleinsäuren
Beide Wirkstoffklassen können mit
standardisierten Herstellungsverfahren
unabhängig von den Bindungseigenschaften des Antikörpers bzw. der Basen-Sequenz des Nukleinsäuremoleküls
hergestellt werden. Dies gilt sowohl
für die Anzucht der Produktionsorganismen (Kultivierung) wie auch für die
anschließende Produktisolierung (Aufarbeitung). Beides ist mit standardisierten Arbeitsschritten möglich. Das bedeutet, dass sich mit einmal entwickelten Herstellungssequenzen schnell beliebige Antikörper bzw. Nukleinsäuren
in klinisch verwendbarer Qualität herstellen lassen werden.
Das Projekt sieht vor, innerhalb von
fünf Jahren robuste Plattformtechnolo-
Fraunhofer ITEM Jahresbericht 2008
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