3. Affektive Störungen: Bei diesen Störungen bestehen die Hauptsymptome (klinischen Bilder) in einer Veränderung der Stimmung oder Affektivität, meist zur Depression hin, mit oder ohne begleitende Angst, oder zu gehobener Stimmung. Dieser Stimmungswechsel wird in der Regel von einem Wechsel des allgemeinen Aktivitätsniveaus begleitet. Die affektiven Störungen sind folgende: - Manie - Hypomanie - depressive Störungen - bipolare affektive Störungen 3.1 Manie: Die Manie ist durch gehobene Stimmung, sorglose Heiterkeit, unkontrollierbare Erregung, vermehrten Antrieb, Überaktivität, Rededrang, vermindertes Schlafbedürfnis, verminderte soziale Hemmungen, ablenkbare Aufmerksamkeit, eher erhöhte Selbsteinschätzung, große Ideen oder maßlosen Optimismus und Wahrnehmungsstörungen, leichtsinniges Geldausgeben, erhöhte sexuelle Libido gekennzeichnet. Hier bestehen sowohl Selbst- als auch Fremdgefährdung. 3.2 Hypomanie Hypomanie ist eine leichtere Ausprägung der Manie. Bei dieser Störung handelt es sich um eine anhaltende leicht gehobene Stimmung, gesteigerten Antrieb und Aktivität und gewöhnlich ein auffallendes Gefühl von Wohlbefinden mit körperlicher und seelischer Leistungsfähigkeit und gesteigerter Libido. 3.3 Depressive Störungen: Bei diesen Störungen handelt es sich um gedrückte Stimmung, Interessenverlust, Freudlosigkeit, eine Verminderung des Antriebs, Müdigkeit, verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit, vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen, Schuldgefühl und Gefühle von Wertlosigkeit, negative und pessimistische Zukunftsperspektiven, Suizidgedanken oder erfolgte Selbstverletzungen oder Suizidhandlungen. Ebenso können auftreten: Schlafstörungen (Ein- und Durchschlafstörungen, frühmorgendliches Erwachen), Morgentief, deutlicher Appetitverlust, Gewichtsverlust und deutlicher Libidoverlust. Depressionen können verschiedene äußere und innere Auslöser haben, die aber alle in die gleiche Störung des biologischen Gleichgewichtes im Nervensystem münden. Dafür gibt es zwei Hypothesen: Die erste Hypothese besagt, dass die Depression durch einen Mangel an Botenstoffen (u.a. Noradrenalin, Serotonin, Dopamin) entsteht. Das zweite Modell geht davon aus, dass die Bereitschaft der Empfängerzellen mit den Botenstoffen in Kontakt zu treten, vermindert ist. Hier besteht eine Neurotoxikation (Nervenvergiftung) durch Belastungen oder Vererbungen oder beides. Faktoren Umgang mit Belastungen zu lernen -Vererbung - innerlich und äußerliche Belastungen - Jahreszeitwechsel - Medikamentöse Behandlung - Psychotherapie - Schlafentzug - Lichttherapie - Elektrokrampftherapie Unterteilung der Depressionen: a) b) c) d) Psychogene (psychisch bedingte oder sozial bedingte) Depressionen rezidivierende (endogene - von innen entstehende) Depressionen Körperlich bedingte Depressionen Winterdepression Zu a) Psychisch-sozial bedingte Depressionen: Die Auslöser sind sehr unterschiedlich, z.B. der Tod eines Angehörigen, Krebserkrankung, tief beeindruckende Ereignisse in der frühen Kindheit, wie z.B. Missbrauch, Vernachlässigung, die nicht verarbeitet wurden. Oder lang anhaltende Ehekonflikte, Mobbing, finanzielle Sorgen, Vereinsamung und Entwurzelung. Zu b) rezidivierende (endogene) Depressionen: Diese Depressionen werden „von innen entstehende Depressionen“ genannt. Sie werden nicht durch einen äußeren Anlass verursacht. Häufig kommt eine endogene Depression aus heiterem Himmel und verschwindet genauso. Bei der endogenen Depression spielt die Vererbung eine große Rolle. In der Familiengeschichte der Betroffenen findet man sehr oft nahe Verwandte, die an einer endogenen Depression leiden. Vererbt wird dabei die biologische Bereitschaft an einer Depression zu erkranken. Die depressiven Phasen können Wochen, Monate und in seltenen Fällen sogar Jahre anhalten. Zwischen diesen Phasen ist der Betroffene völlig normal gestimmt, voll leistungsfähig und nichts erinnert mehr an die vergangene depressive Phase. Wenn die Depression in dieser Art verläuft nennt man sie normalpolare Depression, d.h. eine depressive Phase, danach eine normale Phase. Zu c) Körperlich bedingte Depressionen: Hier liegt eine körperliche Veränderung vor, die zur Depression führt, z.B. Unterfunktion der Schilddrüse, Blutarmut (Anämie), Einnahme von einigen Medikamenten, Kortison. Zu d) Winterdepressionen: Im Herbst und Winter, wenn die Tage kürzer werden, fallen mehr Menschen als in den lichtintensiven Monaten in leichte bis mittelschwere Depressionen. Bei dieser sog. Winterdepression fehlen im Vergleich zur klassischen Depression viele Symptome. Die Betroffenen entwickeln dafür ein enormes Schlafbedürfnis, einen kräftigen Appetit, geradezu einen Heißhunger auf kohlehydrathaltige Speisen wie Süßes und nehmen an Gewicht zu. Hilfe bringt in diesen Fällen oft die Lichttherapie, bei der sich Betoffene täglich etwa für eine Stunde dem Licht einer Speziallampe aussetzen. Selbst-Test: Leiden Sie an einer Depression? Bitte kreuzen Sie an, was Sie betrifft: O Fühlen Sie sich fast durchgängig traurig, niedergeschlagen oder hoffnungslos? O Haben Sie so gut wie jedes Interesse an fast allen Dingen verloren, empfinden Sie keine Freude mehr, z.. auch an Dingen, die Ihnen gewöhnlich Freude bereiten ? O Haben Sie keinen Appetit mehr oder erheblich an Gewicht verloren ? Schmeckt es Ihnen nicht mehr so gut wie früher ? O Leiden Sie fast täglich unter Schlafstörungen (Einschlafstörungen, Durchschlafstörungen oder frühem Erwachen morgens)? O Sprechen oder bewegen Sie sich langsamer als sonst ? O Oder leiden Sie im Gegenteil unter einer inneren Unruhe, so dass Sie nicht stillsitzen können, sondern auf und ab gehen müssen ? O Hat sich Ihr sexuelles Verlangen vermindert oder ist es gar nicht mehr vorhanden ? O Haben Sie kein Selbstvertrauen mehr ? Fühlen Sie sich wertlos oder machen Sie sich Selbstvorwürfe ? O Haben Sie Schwierigkeiten sich zu konzentrieren und sich Dinge zu merken, oder fallen Ihnen sogar ganz alltägliche Entscheidungen schwer? O Denken Sie häufig über den Tod nach oder sogar daran, sich das Leben zu nehmen ? Auswertung: Haben Sie mehr als vier Aussagen angekreuzt, leiden Sie wahrscheinlich an einer typischen Depression. Bitte suchen Sie einen Psychiater auf. Therapie (Behandlung): Die Behandlung der Depression basiert auf zwei wichtigen Säulen: 1. Medikamentöse Behandlung mit Antidepressiva 2. Psychotherapie Zu 1) Medikamentöse Behandlung: Bei mittelschweren und schweren Depressionen ist die Behandlung mit Antidepressiva erforderlich. Die Antidepressiva wirken meist erst nach einer zwei- bis sechswöchigen Behandlung. Gelegentlich ist es auch notwendig, nacheinander verschiedene Medikamente jeweils für einige Wochen zu verabreichen, bis das optimale Medikament gefunden ist. Dies stellt die Geduld des Patienten oft auf eine harte Probe, zumal es viele Betroffene schon eine große Überwindung gekostet hat, sich überhaupt auf die Einnahme der Tabletten einzulassen. Setzen Sie deshalb die Medikamente nicht selbständig ab wenn sie ungeduldig werden oder am Sinn der Behandlung zweifeln. Sprechen Sie auf jeden Fall vorher mit ihrem Arzt. Ein vertrauensvolles Arzt-Patienten-Verhältnis ist die Voraussetzung für jede erfolgreiche Depressionsbehandlung. Auch wenn unter der Behandlung mit Antidepressiva die depressiven Symptome abklingen, sollten Sie die Medikamente nicht absetzen, da sonst die Depression sehr wahrscheinlich wiederkehrt. Es empfiehlt sich, die Behandlung zunächst für vier bis sechs Monate fortzuführen. Danach sollten Sie mit ihrem Arzt besprechen, ob eine längerfristige rückfallverhütende Behandlung angebracht ist. Zu 2) Psychotherapie: Durch die Psychotherapie werden innere Konflikte und äußere Belastungen bewusst gemacht und verarbeitet, die Ressourcen werden wahrgenommen und mobilisiert. Selbstvertrauen wird aufgebaut. Die unreifen Abwehrmechanismen werden aufgelöst, reife Abwehrmechanismen aufgebaut. Erlerntes Fehlverhalten wird erkannt und durch reale Kognition ersetzt. Selbsthilfe: - Gute-Laune-Musik auflegen - Sport treiben - Glückstagebuch führen. Sie sollten sich daran erinnern, wie gut es ihnen geht und welche schwierigen Situationen Sie in ihrem Leben bereits gemeistert haben. Seien Sie dankbar für die beglückenden Momente in ihrem Leben - Lächeln - Humor-Ecken einrichten - Lachen - Blödeln - Kreativität freisetzen 3.4 Bipolare affektive Störungen: Bei dieser Störung geht es um zwei unterschiedliche Phasen: einmal die depressive Phase, zum anderen die manische Phase oder hypomanische Phase. In der manischen Episode treten folgende Symptome auf: - Gehobene oder gereizt aggressive Stimmung - Expansives Verhalten, extrem gesteigerter Antrieb - Gesteigertes Selbstwertgefühl (bis zu Omnipotenz und Grandiositätsgefühl) - Größenwahn, Selbstüberschätzung - Rededrang - Ideenflucht - Distanzlosigkeit, leichtsinniges Verhalten, Enthemmung - Ablenkbarkeit, Konzentrationsstörungen - Wahrnehmungsveränderungen - Verminderung der Schlafdauer, Hyperaktivität - Libidosteigerung - Wahnvorstellungen Als hypomane Phase gestaltet sie sich oft milder. Der Patient fühlt sich gut, ist bestens gelaunt, Arbeit und Hobbys gehen flink von der Hand. Die Stimmung ist leicht gehoben, evtl. treten weitere Zeichen der Manie auf. Dieser Zustand wird von dem Patienten mit bipolarer Störung meistens als angenehm erlebt. Er selbst, seine Familie und auch der Arzt nehmen die Hypomanie als positive, kreative und produktive Phase zwischen depressiven Phasen wahr, nicht als Krankheitssymptom. In depressiven Phasen zeigen sich die belastenden Symptome der Depression mit gedrückter Stimmung, Interesse- und Freudlosigkeit, Antriebsstörung sowie Konzentrationsstörungen, vermindertem Selbstwertgefühl, Schuldgefühlen, Schlafstörungen und Appetitverlust. Die bipolare Störung wird nach Phasen behandelt. In manischen Episoden (Phasen) wird mit Neuroleptika und Lithium (stimmungsstabilisierende Medikamente) behandelt. In depressiven Phasen wird mit Antidepressiva behandelt. Außerhalb dieser Phasen wird der Patient mit stimmungsstabilisierenden Medikamenten (Lithium, Valproat, Carbamazepin) behandelt. 3.5 Zyklothymia: Hierbei handelt es sich um eine andauernde Instabilität der Stimmung mit zahlreichen Perioden leichter Depression und leicht gehobener Stimmung.