Leitfaden der Immunologie Leitfaden der Immunologie Ivan M. Roitt M. A., D. Sc. (aXON), M. R. Path. Professor and Head of Department of Immunology Middlesex Hospital Medical School, London WI Autorisierte Ubersetzung von Prof. Dr. med. Peter A. Berg unter Mitarbeit von Paul V. Lehmann und G. Schumm Medizinische Klinik der Eberhard-Karls-Universitat Tlibingen Steinkopff Verlag Darmstadt 1984 Titel der englischen Originalausgabe: Essential Immunology Ivan M. Roitt Middlesex Hospital Medical School London, WI © 1971, 1974, 1977, 1980 by Blackwell Scientific Publications CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Roitt, Ivan M.: Leitfaden der ImmunologiejIvan M. Roitt. Autoris. Dbers. von Peter A. Berg unter Mitarb. von Paul V. Lehmann u. G. Schumm. - 2. Aufl., - Darmstadt: SteinkoplT, 1984. Einheitssacht.: Essential immunology (dt.) ISBN-13: 978-3-7985-0619-0 e-ISBN -13: 978-3-642-97770-1 DOl: 10.1007/978-3-642-97770-1 Alle Rechte vorbehalten (insbesondere des Nachdruckes und der Ubersetzung) Kein Teil dieses Buches darf in irgendeiner Form (durch Photokopie, Xerographie, Mikrofilm, unter Verwendung elektronischer Systeme oder anderer Reproduktionsverfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert werden. Copyright © 1984 by Dr. Dietrich Steinkopff Verlag, GmbH & Co. KG, Darmstadt Verlagsredaktion: Juliane K. Weller - Herstellung: Heinz J. Schafer Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in dieser Veroffentlichung berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daB so1che Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden diirften. Beltz Offsetdruck, 6944 Hemsbach Vorwort Die 3. Auflage muBte einigen entscheidenden Operationen unterzogen werden. Ich hoffe, daB die neue Aufmachung der faszinierenden Entwicklung gerecht wird, welche die Immunologie zu einem so groBen Vergntigen macht. Neue Abschnitte wurden eingefUgt - so tiber idiotypische Netzwerke, monoklonale Antikorper, maligne Erkrankungen des Lymphsystems und Blutgruppen-Antigene. Besondere Aufmerksamkeit wurde Stoffgebieten wie Amyloid, der Ontogenese der Lymphozyten, den dentritischen Makrophagen und der Granulombildung gewidmet. Auf technischem Gebiet wurden der fluoreszenzaktivierte Zellsortierer, die Lasernephelometrie und die immunchemische Analyse von Membranen neu aufgenommen. Uberarbeitet oder neu geschrieben wurden die Abschnitte tiber die zellvermittelten Immunantworten, die genetische Grundlage der Antikorper-Variabilitat, die biologische Bedeutung des MHC und die Natur des T-Zellrezeptors, tiber die Immunkomplex-bedingte Hypersensibilitat sowie die Atiologie und die Behandlung von Autoimmunkrankheiten. Ferner habe ich sHirker die Rolle der akut entztindlichen Reaktion bei der Infektionsabwehr herausgestellt und den gegen Mikroben gerichteten Abt6tungsmechanismen breiteren Raum gegeben sowie die Wirksamkeit offentlicher Impfprogramme hera usgehoben. DaB man die Uberempfindlichkeitsreaktionen vor allem als eine Ubertreibung der normalen Abwehrprozesse sehen muB, wurde besonders unterstrichen. Viele Abbildungen sind neu oder wurden tiberarbeitet. Die QualiUit der Fotografien wurde verbessert. Eine Bereicherung dtirften auch die farbigen Fotografien sein, die die an der Immunantwort beteiligten Zellen zeigen, so wie man sie im Lichtmikroskop sieht, sowie die Farbfotografien von Hauthypersensibilitatsreaktionen. Meinen Kollegen Franco Bottazzo, Jonathan Brostoff, Anne Cooke, Deborah Doniach, Frank Hay, Peter Lydyard, Ian McConnell, Philip Penfold und John Playfair bin ich zu besonderem Dank verpflichtet, da sie mich mit ihrem unschatzbaren Wissen und ihrer Weisheit bei der Abfassung dieses Buches untersttitzt haben. Und nicht zuletzt danke ich wie stets meiner Sekretarin, Christine Meats, fUr ihre unermtidliche Hilfe bei der Abwicklung administrativer Angelegenheiten. IVAN ROITT V Danksagungen Erste Auflage Wenn ich auch meine Kollegen nicht mit der Verantwortung fUr einige in diesem Buch ausgesprochene gewagtere Ansichten belasten will, so ware es doch undankbar von mir, nicht mit VergnUgen die hilfreichen Diskussionen hervorzuheben, die ich mit Jonathan BrostotT, George Dick, Deborah Doniach, Frank Hay, Leslie Hudson, Gerald Jones und John Playfair fUhren konnte. Ich bin ferner besonders dankbar meiner SekreHirin Gladys Stead, die bei der Vorbereitung und Zusammenstellung des Manuskriptes mit der an ihr gewohnten tadellosen Sachkenntnis mitgeholfen hat, und die mich sHindig ermutigte, wenn mein schriftstellerischer Drang zu erlahmen drohte. Weiterhin bin ich Valerie Petts meinen Dank schuldig fUr die ausgezeichnete Hilfe bei der Erstellung von Zeichnungen und Fotografien. Von vielen Seiten wurde mir ferner Material fUr Abbildungen zur VerfUgung gestellt; auf die jeweiligen Quellen ist im Text an entsprechender Stelle hingewiesen. Bill Weigle UberlieB mir freundlicherweise noch nicht publizierte Daten. AbschlieBend mochte ich sagen, daB mir die Qual, weiBes Papier in ein geschriebenes Manuskript zu Hause umzuwande1n, vor allem durch die liebende Unterstlitzung meiner Familie ertraglich gemacht wurde. Zweite Auflage Die Notwendigkeit einer Zweitauflage ergab sich aus dem rasanten Anwachsen des immunologischen Wissens, seitdem dieses Buch erstmals aufgelegt wurde - kein Zweifel, dieses Gebiet hat zu viele Anhanger! Meine Kollegen werden wissen, wie wertvoll mir ihre zahlreichen Anregungen waren; dabei muB ich hier erwahnen Ita Asconas, Jonathan Brostoff, Deborah Doniach, Arnold Greenberg, Hilliard Festenstein, Frank Hay, Leslie Hudson, D. L. Brown, John Playfair und Mac Turner. Noch einmal sei es betont: ich ware verloren gewesen ohne die bewundernswerte Hilfe meiner Sekretarin Gladys Stead. Selbst die Herausgeber waren nett zu mir! Dritte Auflage Die unglaublich schnelle Entwicklung hat in dieser neuen Auflage eine radikale Uberarbeitung vieler Abschnitte notwendig gemacht. Umfassender als bisher wurden die anatomische Grundlage der Immunantwort, die Immunitat gegen Infektionen und die biologische Bedeutung des Haupthistokompatibilitatskomplexes behandelt. Am Ende eines jeden Kapitels steht jetzt eine Zusammenfassung, urn auch denjenigen gerecht zu werden, die aus GrUnden, wie auch immer, sich nur mit dem Wesentlichen befassen konnen. Dem Sachverzeichnis wurde jetzt besondere Beachtung geschenkt. Ich hotTe, es ist jetzt noch nUtzlicher. Sehr dankbar bin ich meinen Kollegen, deren Sachverstand und deren Kompetenz ich oft geschatzt habe: Franco Bottazzo, Jonathan BrostofT, Peter Campbell, Deborah Doniach, Hilliard Festenstein, Peter Gould, Frank Hay, Peter Lachman, Ian McConnell, John Playfair and Martin RafT. SchlieBlich gilt mein Dank meiner Sekretarin Christine Meats fUr ihre stets kompetente und liebevolle Assistenz. VI Vorwort des Ubersetzers Die 4. Auflage der Essential Immunology wurde iibersetzt in dankbarer Erinnerung an die nun schon 20 Jahre bestehende Freundschaft zu meinem Lehrmeister I van Roitt. Er mage Nachsicht iiben, wenn es nicht immer gelungen ist, das zu vermitteln, was die Faszination des Originals ausmacht; Klarheit der Diktion, Lebendigkeit der Darstellung und das aus jeder Zeile spiirbare Engagement. Die 4. Auflage ist auch heute noch, 3 Jahre nach ihrem Erscheinen, aktuell, und die Fiille des verarbeiteten Stoffes ist beeindruckend. Mit groBer Souvedinitat sind die Mechanismen der unspezifischen und spezifischen Abwehr, die Regulation und die genetische Kontrolle immunologischer Reaktionen sowie Probleme der Tumorimmunologie und der Autoimmunitat besprochen. Fast spielend und heiteren Sinnes werden dem Leser schwierige immunologische Zusammenhange und Begriffe verstandlich gemacht und Ergebnisse in die Erklarung einbezogen. Ich kenne kein Werk, das auf einem so begrenzten Raum wie diesem so priizise, umfassend und weitsichtig den Stand der heutigen Immunologie wiedergibt und dabei auch die Maglichkeiten ihrer Anwendung in der Medizin beriicksichtigt. Mage das Werk dieses enthusiastischen Lehrers der Immunologie auch in der deutschen Fassung viele Anhanger finden. Tiibingen, im Dezember 1983 PETER A. BERG VII Fiir meine Familie VIII InhaItsverzeichnis Vorwort . . . Danksagungen V VI Kapitel I Einftihrung Einige bistoriscbe Riickblicke. Die klassische Priizipitations-Reaktion Grundlagen der Spezifitat . . . . . . Krafte, die Antigene an Antikorper binden a) Coulomb-Krlifte . . . . . . b) Wasserstoffbriickenbindung . c) Hydrophobe Bindungen . d) Van der Waals'sche Krafte . Antikorperaffinitat . . . . . . Die Aviditat und der BonuselTekt der multivalenten Bindung Spezifitat und Kreuzreaktionen . . . . . . . . . . . Antikorperbindungsbereich und Antigendeterminanten . 3 4 6 8 8 9 9 9 12 14 15 Zusammenfassung . . . Weiterflihrende Litera tur . . 16 17 18 Kapitel II Immunglobuline 19 Die Grundstruktur der Immunglobuline Unterscbiede in der Struktur der Immunglobuline . 22 Strukturelle Anderungen der Immunglobuline in Beziehung zur Antikorperspezifitat. Strukturelle Anderungen ohne Beziehung zur Antikorperspezifitat . Leichte Ketten. . . . . . . . Schwere Ketten . . . . . . . . Domanen der Immunglobuline. . Vergleicb der Immunglobulinklassen. Immunglobulin G Immunglobulin A Immunglobulin M Immunglobulin D Immunglobulin E Immunglobulinsubklassen . Andere Immunglobulin-Varianten Isotypen. Allotypen . . . Idiotypen . . . Zusammenfassung Weiterflibrende Literatur 19 26 30 30 31 34 34 34 35 36 38 38 39 39 39 39 40 40 41 Kapitel III Die Immunantwort 1. Grundlagen . . . . . . . . 42 42 Zwei Arten der Immunantwort. . Die Rolle der kleinen Lympbozyten . 42 42 IX Primarantwort. . . . . . . Sekundarantwort-Gedachtnis Der Thymus . . . . . . . . . Die Bursa fabricii. . . . . . . Zwei Populationen von Lymphozyten- T- und B-Zellen Identifikation von B- und T-Lymphozyten Phanomene der Lymphozytenoberflache . Zelluliire Kooperation bei der Immunantwort. Die Rolle der Makrophagen. . . . . . . Kooperation zwischen T- und B-Zellen . . Relevanz der Kooperation im Hinblick auf die Struktur der Antigene Die zellvermittelte Immunantwort. . . . . . . . Die zwei Arme der zellvermittelten Immunitat. Lymphokine. . . . . . . . . . . . . . . Zytotoxische T-Zellen. . . . . . . . . . . Die anatomische Grundlage der Immunantwort. Der Lymphknoten B-Zell-Areale . . . . . . . . T-Zell-Areale . . . . . . . . Der Kreislauf der Lymphozyten Milz . . . . . . . . . . . . Lymphgewebe ohne bindegewebige Kapsel Zusammenfassung . . . Weiterfiihrende Literatur . . . . 42 Kapitel IV Die Immunantwort 2. Weitere Gesichtspunkte. . . Die Synthese humoraler Antikiirper . Methoden zur Erfassung Antikiirper-bildender Zellen Immunfluoreszenz Plaque-Techniken . . . . . . . . Protein-Synthese. . . . . . . . . Abnorme Immunglobulin-Synthese . Monoklonale Antikiirper . . . . . Immunglobulinklassen . . . . . . Genetische Kontrolle der Antikiirper-Antwort. Gene, die die Immunantwort beeinflussen . Die an Immunglobulin-Gene gekoppelte Immunantwort Die Immunantwort, die an den Haupthistokompatibilitatskomplex gekoppelt ist Kontrolle der T-B Kooperation durch H-2 I-Gene. Regulation der Immunantwort Suppressor-T -Zellen . . Idiotypische Netzwerke . Immuntoleranz. . . . . . 1m Neugeborenenalter . Toleranz im Erwachsenenalter . Mechanismen . . . . . . . . Ontogenese der Immunantwort. . Maligne Erkrankungen des Lymphsystems Phylogenese der Immunantwort. Zusammenfassung . . . Weiterfiihrende Literatur . . . 74 74 74 74 74 74 76 76 78 Kapitel V Die Immunantwort . 3. Theoretische Gesichtspunkte Instruktive Theorie Selektive Theorie . x 43 44 46 47 48 57 58 58 59 62 63 66 66 67 68 68 68 70 70 72 72 73 73 79 80 80 80 80 82 84 85 87 90 90 91 92 94 98 99 100 102 103 103 103 103 Argumente ftir die selektive Theorie. . . . Fehlen des Antigens in der Plasmazelle . Entfaltung der Sekundarstruktur. . Aminosauresequenz der Antikorper Genetische Studien" . . . . . . . Klonales Selektionsmodell . . . . . . Argumente fUr die klonale Selektionstheorie Eine Zelle - ein Immunglobulin . . . . Funktion der Oberflachenantikorper . . Giiltigkeit des k10nalen Selektionsmodelles . Antikorperaffinitat und Antigendosierung . Hemmung der Antikorpersynthese durch Riickkoppelung (feed back inhibition) . Zunahme der Affinitat im Laufe der Immunantwort Hemmung der Antikorpersynthese durch Haptene. Wirkung der elektrischen Ladung des Antigens Immunologische Toleranz. . . . . . . . . . . Genetische Theorien zur Variabilitiit der Antikiirper. Gene, die Antikorper kodieren . Entstehung der Diversitat . Zusammenfassung . . . . . . . WeiterfUhrende Literatur . . . . Kapitel VI Wechselwirkung von Antigen und Antikorper. Priizipitation. . . . . . . . . . . . . . Prazipitation in Gelen . . . . . . . . Einfache radiale Immundiffusion (SRID) Immunelektrophorese. . . . . . . . . Quantitative Bestimmungen mit Hilfe der Nephelometrie. Radioaktive Bindungstechniken. . . . Bestimmung von Antikorper. . . . Verwendung radioaktiven Antigens. Verwendung unloslicher Antigene Antigenbestimmung. . . . . . . . Radioimmunoassay. . . . . . . . Immunradiometrische Bestimmungen. Nicht~radioaktive Markierung Immunhistochemie . . . . . . . . . . Immunfluoreszenz . . . . . . . . . Weitere Methoden mit markierten Antikorpern Reaktionen mit Zelloberfliichen-Antigenen . Bindung von Antikorpern. . . . Agglutination . . . . . . . . . Opsonin-bedingte (Fc) Adharenz. Stimulation . . . . . . Zytotoxische Reaktionen . . Komplement. . . . . . . . . Die Natur des Komplements Aktivierung von Komplement . Die Komplementsequenz . . Der klassische Reaktionsweg Der Alternativweg . . . . . Die Sequenz nach C 3 . . • . Rolle des Komplements bei der Abwehr Zytolyse . . . . . . . . Immun (C 3 b)-Adharenz . Immunkonglutinin . Akute Entziindung. . . 104 104 104 105 105 105 106 106 108 108 108 109 110 110 110 110 111 112 114 115 116 117 117 117 118 119 122 122 122 123 124 125 125 126 126 127 127 129 130 130 132 134 135 135 136 136 137 138 138 139 140 141 141 142 142 142 XI 142 144 145 145 145 147 Rolle des Komplements bei Krankheiten Komplementmangel Genetische Varianten 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Neutralisation der biologiscben Aktivitiit Zusammenfassung Weiterftihrende Literatur 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Kapitel VII Immunitiit gegen Infektion 148 Angeborene Immunitiit 148 148 149 149 150 152 153 154 154 154 156 157 157 158 161 162 162 163 165 165 167 168 168 169 169 169 0 0 0 0 0 0 0 Verwehren des Zutritts Gegenangriffe gegen Eindringlinge Humorale Faktoren Phagozytose Die Rolle des Komplements 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Die erworbene Immunitiit Immunitiit gegen bakterielle Infektionen 0 0 0 0 Die Rolle humoraler Antikorper Beschleunigung der Phagozytose Schutz iiuJ3erer Oberfliichen Neutralisierung von Toxinen Spezifische Organismen Die Rolle der zellvermittelten Immunitiit 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Immunitiit gegen virale Infektionen Schutz durch Serumantikorper Lokale Faktoren Zellvermittelte Immunitiit 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Immunitiit gegen parasitiire Infektionen Protozoen Helminthen 0 0 Prophylaxe 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Passiv erworbene Immunitiit. Homologe Antikorper Heterologe Antikorper Aktive Immunisierung Adjuvantien Einige allgemeine Probleme 0 0 0 0 173 174 0 0 Primiirer Immundefekt 0 0 0 176 177 0 Defekt der angeborenen Immunitiit. B-Zell-Defekt T -Zell-Defekt Stammzell-Defekte Erkennen von Immundefekten 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 177 178 181 181 182 182 185 0 Sekundiire Immundefekte Zusammenfassung Weiterftihrende Literatur 0 0 0 Kapitel VIII Uberempfindlichkeit Typ Typ Typ Typ Typ I II III IV V 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Uberempfindlichkeit anaphylaktischen Typs Antikorper-abhiingige Uberempfindlichkeit von zytotoxischem Typ Komplex-vermittelte Uberempfindlichkeit Zellvermittelte o"9berempfindlichkeit yom verzogerten Typo Stimulierende Uberempfindlichkeit Typ I Oberempfmdlichkeit vom anaphylaktischen Typo Generalisierte Anaphylaxie Mechanismen der Anaphylaxieo Atopische Allergie 0 0 0 XII 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 187 187 187 188 188 190 190 190 191 193 Typ II Antikorper-abhiingige Dberempfindlichkeit vom zytotoxischen Typ . Isoimmunreaktionen . . Transfusionsreaktionen . Rhesusinkompatibilitat . Organtransplantate. . . Autoimmune Reaktionen Reaktionen gegen Medikamente . Typ III Komplex-vermittelte Dberempfindlichkeit. Lokale Arthus-Reaktion (Komplexbildung im Antik6rperliberschu13). Zirkulierende Komplexe (Serumkrankheit) Nachweis der Immunkomplexe . . . . . . . . . . . . . . . . . Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Typ IV Dberempfindlichkeit vom verziigerten Typ (Spiitreaktion bzw. zellvermittelte Dberempfmdlichkeit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zellulare Grundlagen. . . . . . . . . . . . . . . . . In vitro-Tests fUr die zellvermittelte Uberempfindlichkeit . Migrations-Inhibitionstest. Transformation . . Zytotoxizitat. . . . Gewebsschadigung . Infektion . . . . Kontaktdermatitis . Weitere Beispiele . . Typ V Stimulierende Dberempfindlichkeit . Zusammenfassung . . . . . Weiterflihrende Literatur . . 195 197 197 198 199 199 201 201 202 203 205 206 Kapitel IX Transplantation 219 Beweis fUr die immunologische Natur der AbstoBung Erste und zweite Transplantatabsto13ung Spezifitat . . . . . . . Rolle der Lymphozyten . Bildung von Antik6rpern Transplantationsantigene. . Genetik . . . . . . . . Der Haupthistokompatibilitatskomplex bei der Maus Klassische Transplantationsantigene . . . . . . . . Lymphozyten-aktivierende Deterrninanten . . . . . Der Haupthistokompatibilitatskomplex beim Menschen AbstoBungsmechanismen. . . . . . . . Lymphozyten-vermittelte Absto13ung . Die Rolle der humoralen Antik6rper . Verhinderung der TransplantatabstoBung. Gewebstypisierung. . . . . . . . . Allgemeine Immunsuppression. . . . Lymphozytenpherese (Ablatio lymphoider Zellen) Immunsuppressive Medikamente. . . . . . . . Antigen-spezifische Unterdrlickung der Reaktionsbereitschaft gegen Allotransplantate . Immuntoleranz. . . . . . . . . . . . . Enhancement . . . . . . . . . . . . . Klinische Erfahrungen bei Transplantationen . Bevorzugte Transplantationsorte . Nieren Herz . . . . . . ' . . . Leber . . . . . . . . . Hamopoetische Gewebe. Andere Organe. . . . . 220 220 220 220 221 221 221 222 222 224 227 229 229 230 231 231 234 235 235 236 236 237 238 238 239 239 239 240 240 206 209 210 210 211 212 212 212 213 214 214 215 218 XIII Biologische Bedeutung des Haupthistokompatibilitiitskomplexes Polymorphism us. . . . . . . . . . . . . . . . . . Immunologische Beziehung zwischen Mutter und Fotus Erkennungssysteme. . . . . . MHC Restriktion . . . . . . . . . . . . . . . . . Steuerung der Immunantwort . . . . . . . . . . . . Die maligne eutartete Zelle und die Allotransplantatabsto8ung . Tumor-Oberfliichenantigene. . Immunantwort gegen Tumore . Immuntherapie. . . . . . . . Immundiagnose . . . . . . . Beziehung des MHC zorn Komplementsystem Die Assoziation des MHC mit bestimmten Krankheiten . Zusammenfassung . . . Weiterfrlhrende Literatur . . 240 240 241 241 242 244 245 246 247 248 249 249 249 251 254 Kapitel X Autoimmunitiit . 255 Das Spektrum der Autoimmunkrankheiten. Autoantikorper bei Erkrankungen der Menschen Uberschneidungen von Autoimmunkrankheiten . Genetische Faktoren bei Autoimmunkrankheiten . Atiologie der Autoimmunantwort. . . . . . Entstehung neuer Carrier-Determinanten . Polyklonale Aktivierung. . . . . . . . . Versagen der Immunregulation . . . . . Pathogene Mechanismen bei Autoimmunkrankheiten EinfluB humoraler Antikorper . Blut. . . . . . Schilddriise. . . Intrinsic factor . Spermien . . . GlomeruIiire Basalmembran (GBM). Muskulatur . . . . . . . . . . . Wirkungen von Immunkomplexen . Systemischer Lupus erythematodes (SLE) Rheumatoide Arthritis. . . . . . . . . Zellvermittelte Uberempfindlichkeit . Experimentelle Modelle ftiT Autoimmunkrankheiten. Spontane Autoimmunkrankheiten. . . . . . . . . Diagnostischer Wert der Autoantikorper-Bestimmung . Behandlung von Autoimmunkrankheiten . Zusammenfassung . . . Weiterfrlhrende Literatur 255 257 257 259 264 266 269 269 271 271 271 271 273 274 274 275 276 276 276 279 281 284 284 286 288 288 Anhang . . . . . 290 Sachverzeichnis . 293 XIV Kapitel I Einftihrung Die Hauptaufgabe des Immunsystems ist die Abwehr von Infektionen. Werden Babies mit einem Defekt in einem entscheidenden Teilbereich dieses Systems geboren, leiden sie fortwahrend an Infektionen und sterben in vielen Fallen, wenn modernste medizinische Einrichtungen nicht zur Verftigung stehen. Niedriger entwickelte Tierarten besitzen sogenannte angeborene oder unspezifische Immunmechanismen, wie Phagozytose, die einen Schutz gegen infektii:>se Keime bieten. Dartiber hinaus haben hoher entwickelte Tiere eine adaptive, d. h. erworbene Immunantwort im Laufe der Evolution entwickelt, die eine flexible, spezifische und wesentlich wirksamere Reaktion gegentiber verschiedenen Infektionen garantiert. Den Mittelpunkt dieser erworbenen Immunantwort bilden drei Eigenschaften: Gedachtnis, Spezifitat und Erkennen von "nicht-Selbst". Diese Erfahrung konnen wir aus unseren Beobachtungen tiber die Ausbildung eines Schutzes vor Wiedererkrankung durch denselben Erreger (Immunitat) nach vielen abgelaufenen Infektionskrankheiten gewinnen. Nur selten erkranken wir zweimal an Masern, Mumps, Windpocken oder Keuchhusten usw. Bereits der erste Kontakt mit einem infektiosen Organismus pragt uns, hinterlaBt bestimmte Informationen und erzeugt eine Art von Gedachtnis. Der Organismus wird also in die Lage versetzt, eine spatere Invasion dieses Mikroorganismus wirksam abzuwehren. Diese Abwehr wird gewahrleistet durch das erworbene Immunsystem, das als Antwort auf das als Antigen wirkende infektiose Agens die entsprechenden Abwehrmechanismen auslost, wie z. B. die Synthese von Antikorpern, die sich dann mit dem Antigen verbinden, um es zu eliminieren. Dartiber, wie sich die Immunitat entwickelt, erfahren wir Grundlegendes, wenn wir den Ablauf der Antikorperproduktion wahrend des ersten und zweiten Kontaktes mit dem Antigen verfolgen. Injizieren wir einem Kaninchen z. B. ein Staphylokokkentoxoid, verstreichen mehrere Tage, ehe Antikorper im Blut nachgewiesen werden konnen. Diese erreichen ein Maximum und fallen dann wieder ab (Abb. 1.2). Injizieren wir nun dem Tier nach einem Intervall zum zweiten Mal Toxoid, ist die Immunantwort dramatisch verandert. Innerhalb von 2-3 Tagen steigt nun der Antikorperspiegel steil an und erreicht weit hOhere Werte als bei der ersten Antigenexposition (Primarantwort). Diese Sekundarantwort zeichnet sich durch eine schnellere und starkere Antikorperproduktion aus, die nur dadurch moglich wird, daB sich das Antikorperproduzierende Zellsystem wahrend des ersten Kontaktes tiber das Antigen informieren und Gedachtniszellen bilden konnte ("priming"). Bei der aktiven Impfung bedient man sich dieses Prinzips, indem man ein Antigen in unschadlicher Form (z. B. abgetotete Viren) als Primarstimulus verwendet, um damit den Zellen die Erinnerung (memory) an dieses Antigen einzupragen. Dies fUhrt zu einer erhohten Abwehrbereitschaft insofern, als jeder erneute Kontakt mit dem virulenten 1 / I nfekti6ses Agens l ANTIGEN I ANTIKORPER " \ \ (iJ IMMUNITAT Abb. 1.1. Antikorper (gegen Fremdes gerichtete Korper) werden von den weiBen Blutkorperchen des Wirts durch den Kontakt mit eindringenden Mikroorganismen, welche als Antigen (d. h. Antikorperbildner) wirken, induziert. Damit wird das Individuum gegeniiber weiteren (infektiosen) Attacken immun. Primarantwort Sekundarantwort Zweitinjektion des Antigens Erstinjektion des Antigens Antik6rper- l konzentration im Serum 1 ~"',-, o 10 20 30 60 I 70 I 80 I 90 Tage Abb. 1.2. Primar- und Sekundarantwort. Ein Kaninchen wird nacheinander zweirnal mit Staphylokokkentoxoid gespritzt. Nach dem zweiten Kontakt mit dem Antigen ist die Antikorperantwort schneller und starker. 2 Agens nun zu einer Sekundarreaktion fUhrt mit explosionsartiger Antikorperproduktion, die im allgemeinen das FuBfassen der Infektion verhindert. Die Spezifitat wurde oben als eine Grundeigenschaft der hOher entwickelten Immunantwort bezeichnet; d. h. die Ausbildung des Gedachtnisses bzw. der Immunitat gegentiber einem bestimmten Mikroorganismus fUhrt nur zum Schutz gegentiber diesem einen Mikroorganismus. So sind wir nach einer Maserninfektion zwar gegen eine erneute Infektion durch Masern gefeit, bleiben aber durchaus empfanglich gegentiber anderen Erregern wie Poliomyelitis- oder Mumps-Viren. In der Tat kann der Korper spezifisch zwischen Mikroorganismen unterscheiden. Neben der Fahigkeit, ein Antigen zu erkennen und es von einem anderen zu unterscheiden, muB der Organismus auch differenzieren, was fremd, d. h. was "nichtSelbst" ist. Sonst konnte das Unvermogen, zwischen "Selbst' und "nicht-Selbst" zu unterscheiden, zur Bildung von Antikorpern gegen korpereigene Komponenten (Autoantikorper) und damit zu einer fUr den Organismus hochst prekaren Situation fUhren. Ausgehend von rein theoretischen Uberlegungen folgerten Burnet und Fenner, daB sich im Korper ein Mechanismus ausbilden mtisse, der die Unterscheidung von "Selbst" und "nicht-Selbst" garantiert. Sie postulieren, daB das sich entwickelnde Lymphsystem wahrend der perinatalen Periode durch den Kontakt mit korpereigenen Komponenten in irgendeiner Form diese als "Selbst" zu erkennen lernt. Damit ware die Toleranz (der Organismus kann gegen diese Antigene keine Immunantwort leisten) geschaffen, mit der Folge, daB bei der Ausreifung des Immunsystems der Organismus unfahig ware, gegen "Selbst"-Komponenten zu reagieren. Wie wir noch spater sehen werden, haben sich diese Annahmen weitgehend als richtig erwiesen. Der grundlegende Unterschied zum spezifischen, adaptiven Immunsystem besteht darin, daB unspezifische Immunmechanismen, wie z. B. die Phagozytose von Bakterien, bei einer wiederholten Infektion mit demselben Erreger nicht verstarkt ausfallen. 1m Gegensatz dazu kommt die wirkungsvolle Sekundarantwort der hoher entwickelten Tiere dadurch zustande, daB sich bei der Primarantwort der kleine Teil von immunkompetenten Zellen, der das infektiose Agens erkannt hat, vermehrt, urn bei einer erneuten Infektion Antikorper zu synthetisieren. Diese spezifischen Antikorper verstarken ganz betrachtlich die Eliminierung der Mikroorganismen, indem sie deren Adharenz an die phagozytierenden Zellen erleichtern (s. Kapitel VII). Mit anderen Worten, die Wirkung der spezifischen, adaptiven Immunantwort besteht vor allem darin, daB die Wirksamkeit der unspezifischen Immunitat betrachtlich verstarkt wird. Einige historische Riickblicke Aus Platzgrtindeh mtissen wir uns hier auf einen kursorischen Uberblick tiber die fUr die Entwicklung der Immunologie wesentlichen Entdeckungen beschranken. Indien und China (Frtihzeit): Austibung einer "Pocken-Impfung" zum Schutz gegen Pocken durch eine Inokulation lebender Mikroorganismen aus Pusteln von Kranken (gefahrlich !). Jenner (1798): Schutz vor Pocken durch Vakzination mit nicht-virulenten Kuhpocken (angeregt durch die Beobachtung der zarten "pockenfreien" Haut von Melkerinnen). Pasteur (1881): Entwicklung von Impfstoff gegen Milzbrand unter Verwendung abgeschwachter Mikroorganismen. 3 Metchnikoff (1883): Bedeutung der Phagozyten fUr die Immunitat. von Behring (1890): Entdeckung von Antik6rpern gegen das Diphtherietoxin im Serum. Denys and Lec1ef(1895): Betrachtliche Steigerung der Phagozytose durch Immunisierung. Ehrlich (1897): Theorie tiber die Seitenkettenrezeptoren der Antik6rpersynthese. Bordet (1899): Die Lyse von Zellen durch Antik6rper erfordert das Zusammenwirken von Serumfaktoren, jetzt als Komplementfaktoren bezeichnet. Landsteiner (1900): Entdeckung der menschlichen ABO-Blutgruppen und der nattirlichen Isohamagglutinine. Richet und Portier (1902): Entdeckung der Anaphylaxie (Gegenteil der Prophylaxe). Wright (1903): Beziehung zwischen Opsonin-Aktivitat und Phagozytose. von Pirquet und Schick (1905): Beschreibung der Serumkrankheit nach Injektion eines fremden Serums. Fleming (1922): Lysozym. Zinsser (1925): Unterschiedliches Verhalten der Sensibilitat vom Sofort- und SpatTyp. Heidelberger und Kendall (1930-1935): Quantitative Studien tiber die Prazipitationsreaktionen von Antigen und Antik6rper. Wir wollenjetzt auf die Arbeiten von Heidelberger und Kendall und ihre praktische Bedeutung naher eingehen. Die klassische Prazipitationsreaktion Mischt man eine Antigenl6sung mit einem potenten Antiserum im richtigen Verhaltnis, bildet sich ein Prazipitat. Die quantitative Analyse dieses Reaktionsproduktes mit der in Abb. 1.3 angegebenen Methode gibt uns AufschluB sowohl tiber den Antik6rpergehalt des Immunserums als auch tiber die Antigenvalenz. Hierbei k6nnen groBe Unterschiede auftreten, die einerseits von den Eigenschaften des Antigens, z. B. seiner Gr6Be, abhangen, andererseits von der Tierspezies, in der die Antik6rper gebildet wurden. So k6nnen mit Kaninchen-Antiseren bei Ovalbumin 10 Valenzen (Bindungsstellen), beim menschlichen Thyreoglobulin dagegen bis zu 40 Valenzen nachgewiesen werden. Durch proteolytische Spaltung von Antigenen in groBe Fragmente konnte nachgewiesen werden, daB die einzelnen Bindungsbereiche an der Oberflache eines bestimmten Proteins (Antigendeterminanten oder auch Epitope genannt) keineswegs identisch sind. Die Prazipitationskurve in Abb. 1.3 zeigt, daB mit steigender Antigenzugabe (bei konstanter Antiserummenge) eine maximale Menge Prazipitat gebildet wird; eine weitere Antigenzugabe fUhrt zu einer Abnahme der gebildeten Prazipitatmenge. In diesem Bereich der Kurve findet man im Uberstand verschiedene 16sliche Komplexe von Antigen (Ag) und Antik6rper (Ak), so die Kombinationen Ag4 Ak 3, Ag3Ak2 und Ag 2Ak. Bei extremem AntigentiberschuB (Abb. 1.3) zeigt die Analyse mit Hilfe der Ultrazentrifuge, daB hauptsachlich Ag 2Ak-Komplexe gebildet werden. Hieraus kann man schlieBen, daB die untersuchten Kaninchen-Antik6rper bivalent sind (Abb. 1.4, siehe auch Abb. 2.5 und 2.6). Zwischen beiden Extremen, dem Antik6rpertiberschuB und dem AntigentiberschuB, entstehen durch die Vernetzung von Antik6rper und 4 Zusatz von I-Ig Ovalbumin o ... •• 15 30 • 90 60 ... 120 t 150 ... 0,1 ml Antiovalbumin Serum lnkubation Zentrifugation Oberstand Priizipitat - + ++ Gewicht des Priizipitates i + + Untersuchung des Oberstandes auf freies Antigen freien Antikorper I I I I Antikorper- . OberschuB l~! I AquivalenzZone I , I I I I I I I I GAll , A ' .. ntlgen\ UberschuB \\ I \ \ \ Gewicht des hinzugefugten Ovalbumins Abb. 1.3. Quantitative Prazipitationsreaktion zwischen Kaninchen-Anti-Ovalbumin und Ovalbumin (nach Heidelberger und Kendall). Zu einer konstanten Menge Antiserum, die in Reagenzgliisern vorgelegt wird, werden steigende Mengen Ovalbumin gegeben. Nach Inkubation werden die gebildeten Prazipitate abzentrifugiert und gemessen. Jeder Uberstand wird in 2 Halften geteilt, indem man zu der einen Fraktion Antigen, zu der anderen Antikorper zugibt und dadurch die Anwesenheit von Antikorper- bzw. AntigeniiberschuB nachweist. Mit Hilfe des Aquivalenzpunktes, bei dem weder Antigen noch Antikorper im Uberstand sind, laBt sich der Antikorpergehalt des Serums bestimmen. An diesem Punkt ist die gesamte zugegebene Antigenmenge im Priizipitat an die vorhandene Antikorpermenge gebunden. Der Antikorpergehalt von 0,1 ml Serum ergibt sich daher aus der Formel (GAgAk-GAg)' Die Analyse des Prazipitates, das bei AntikorperiiberschuB gebildet wird, in dem die Antigen-bindenden Bereiche weitgehend abgesattigt sind, gibt ein MaB fUr das molare Verhaltnis von Antikorper zu Antigen in dem Komplex und damit einen Hinweis auf die Antigen-Valenz. 5 (a) Antikorperiiberschu(!, (b) Aquivalenzbereich (c) Antigeniiberschu(!' (d) Monovalentes Antigen Abb. 1.4. Schematische Darstellung von Komplexen zwischen einem hypothetischen tetravalenten Antigen ) bei verschiedenen Mengenverhaltnissen. In Wirklichkeit ist es sehr unwahrscheinlich, daB die Antigenvalenzen in derselben Ebene liegen oder auch von identischen Determinanten gebildet werden, wie in der Abbildung angenommen. a) Komplexe bei extremem Antikorper- UberschuB. Die Antigenvalenzen sind abgesattigt und das molare Verhaltnis Ak: Ag entspricht ungefahr der Antigenvalenz. b) 1m i\quivalenzbereich erhalt man ein groBes dreidimensionales Gitter, ein typisches Immunprazipitat. Diese Sekundaraggregation, also die Prazipitation, wird durch hohe Salzkonzentrationen gehemmt. c) Komplex bei Antigen-UberschuB. Bei extremem UberschuB, wo die zwei Valenzenjedes Antikorpermoleki.ils schnell abgesattigt werden, iiberwiegen die Komplexe Ag2Ak. d) Monovalentes Antigen kann Antikorpermolekiile zwar binden, ist aber unfahig, diese zu ver~fen. ( + ~ und einem bivalenten Antikorper ( H Antigen gewohnlich dreidimensionale Gitterstrukturen, wie Marrack bereits angenommen hatte. Diese Anlagerungen fUhren zur Ausbildung groBer Pdizipitationsaggregate. Grundlage der Spezifitat Das VersHindnis fUr die Bedingungen, die die Antigen-Spezifitiit bestimmen, verdanken wir zu einem groBen Teil Landsteiner, Pauling und ihren Mitarbeitern. Sie untersuchten die Wechselwirkung zwischen Antikorpern und Haptenen, chemisch genau definierten Molekiilgruppen. Ein typisches Beispiel stellt das m-Aminobenzol6 Protein (Tyrosin) I N N.I' m - Aminobenzol sulphonat ~SO"" i ~SOi an Trager- Protein gebunden diazotiert Abb. 1.5. Bindung eines Haptens an ein Protein durch Diazotierung. sulphonat dar (Abb. 1.5). Haptene sind kleine Molekiile, die gegen sie gerichtete Antikorper binden konnen. 1m Gegensatz zu Vollantigenen vermogen sie jedoch keine Antikorpersynthese auszulosen. Das Problem, Antikorper gegen Haptene herzustellen, loste man durch Injektion von Haptenen, die vorher an Proteine gekoppelt wurden. Es wurde dann moglich, Veranderungen der chemischen Struktur des Haptens in Beziehung zur Bindungsfahigkeit eines gegebenen Antikorpers zu setzen. In einem Experiment wurden gegen m-Aminobenzolsulphonat gerichtete Antikorper auf ihre Bindungsfahigkeit mit den ortho-, meta- und para-Isomer en des Haptens geprlift. AuBerdem untersuchte man die Fahigkeit dieser Antikorper, mit verwandten Molekiilen Bindungen einzugehen, bei denen die SUlphonatgruppen durch Arsenat- oder Carboxylatgruppen ersetzt waren. Die Ergebnisse sind in Tabelle 1.1 zusammengefaBt. Das Hapten mit den Sulphonatgruppen in ortho-Stellung verbindet sich etwas schlechter als das ursprlingliche metaIsomer mit dem Antikorper. Das para-substituierte Isomer (das chemisch dem or tho- &R &R Tabelle 1.1 Einflu13 verschiedener Haptenstrukturen auf die Bindungsstlirke mit anti-m-Aminobenzolsulphonat-Antikorper. or tho R = sulphonat R = arsenat R = carboxylat ++ meta +++ + ¢ R para-I somere ± ± Die Bindungsstlirke ist graduiert von negativ ( - ) bis sehr stark positiv (+ + +). Da freie Haptene nur mit einer Antikorper-bindenden Stelle reagieren und dadurch zu keiner Vernetzung fiihren konnen, bilden sie nur losliche Komplexe. Ihre Bindungsstlirke wurde aufgrund ihrer Fahigkeit bestimmt, die Priizipitation des Antikorpers mit einem neuen Tragerprotein zu inhibieren, das mit einigen urspriinglichen Haptengruppen (m-Aminobenzolsulphonat) substituiert war. (von Landsteiner K. und van der Scheer J. J. Exp. Med. 63 : 325 (1936)). 7