Leitfaden der Immunologie

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Leitfaden der Immunologie
Leitfaden der
Immunologie
Ivan M. Roitt
M. A., D. Sc. (aXON), M. R. Path.
Professor and Head of Department of Immunology Middlesex Hospital
Medical School, London WI
Autorisierte Ubersetzung von Prof. Dr. med.
Peter A. Berg unter Mitarbeit von
Paul V. Lehmann und G. Schumm
Medizinische Klinik der Eberhard-Karls-Universitat Tlibingen
Steinkopff Verlag Darmstadt 1984
Titel der englischen Originalausgabe:
Essential Immunology
Ivan M. Roitt
Middlesex Hospital Medical School London, WI
© 1971, 1974, 1977, 1980 by
Blackwell Scientific Publications
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek
Roitt, Ivan M.:
Leitfaden der ImmunologiejIvan M. Roitt. Autoris.
Dbers. von Peter A. Berg unter Mitarb. von Paul V. Lehmann u. G. Schumm. - 2. Aufl., - Darmstadt:
SteinkoplT, 1984.
Einheitssacht.: Essential immunology (dt.)
ISBN-13: 978-3-7985-0619-0
e-ISBN -13: 978-3-642-97770-1
DOl: 10.1007/978-3-642-97770-1
Alle Rechte vorbehalten
(insbesondere des Nachdruckes und der Ubersetzung)
Kein Teil dieses Buches darf in irgendeiner Form (durch Photokopie, Xerographie, Mikrofilm, unter
Verwendung elektronischer Systeme oder anderer Reproduktionsverfahren) ohne schriftliche Genehmigung
des Verlages reproduziert werden.
Copyright © 1984 by Dr. Dietrich Steinkopff Verlag, GmbH & Co. KG, Darmstadt
Verlagsredaktion: Juliane K. Weller - Herstellung: Heinz J. Schafer
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in dieser Veroffentlichung berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daB so1che Namen im Sinne
der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann
benutzt werden diirften.
Beltz Offsetdruck, 6944 Hemsbach
Vorwort
Die 3. Auflage muBte einigen entscheidenden Operationen unterzogen werden. Ich
hoffe, daB die neue Aufmachung der faszinierenden Entwicklung gerecht wird, welche
die Immunologie zu einem so groBen Vergntigen macht.
Neue Abschnitte wurden eingefUgt - so tiber idiotypische Netzwerke, monoklonale
Antikorper, maligne Erkrankungen des Lymphsystems und Blutgruppen-Antigene.
Besondere Aufmerksamkeit wurde Stoffgebieten wie Amyloid, der Ontogenese der
Lymphozyten, den dentritischen Makrophagen und der Granulombildung gewidmet.
Auf technischem Gebiet wurden der fluoreszenzaktivierte Zellsortierer, die Lasernephelometrie und die immunchemische Analyse von Membranen neu aufgenommen.
Uberarbeitet oder neu geschrieben wurden die Abschnitte tiber die zellvermittelten
Immunantworten, die genetische Grundlage der Antikorper-Variabilitat, die biologische Bedeutung des MHC und die Natur des T-Zellrezeptors, tiber die Immunkomplex-bedingte Hypersensibilitat sowie die Atiologie und die Behandlung von Autoimmunkrankheiten.
Ferner habe ich sHirker die Rolle der akut entztindlichen Reaktion bei der Infektionsabwehr herausgestellt und den gegen Mikroben gerichteten Abt6tungsmechanismen
breiteren Raum gegeben sowie die Wirksamkeit offentlicher Impfprogramme hera usgehoben. DaB man die Uberempfindlichkeitsreaktionen vor allem als eine Ubertreibung der normalen Abwehrprozesse sehen muB, wurde besonders unterstrichen.
Viele Abbildungen sind neu oder wurden tiberarbeitet. Die QualiUit der Fotografien
wurde verbessert. Eine Bereicherung dtirften auch die farbigen Fotografien sein, die die
an der Immunantwort beteiligten Zellen zeigen, so wie man sie im Lichtmikroskop
sieht, sowie die Farbfotografien von Hauthypersensibilitatsreaktionen.
Meinen Kollegen Franco Bottazzo, Jonathan Brostoff, Anne Cooke, Deborah
Doniach, Frank Hay, Peter Lydyard, Ian McConnell, Philip Penfold und John Playfair
bin ich zu besonderem Dank verpflichtet, da sie mich mit ihrem unschatzbaren Wissen
und ihrer Weisheit bei der Abfassung dieses Buches untersttitzt haben. Und nicht
zuletzt danke ich wie stets meiner Sekretarin, Christine Meats, fUr ihre unermtidliche
Hilfe bei der Abwicklung administrativer Angelegenheiten.
IVAN ROITT
V
Danksagungen
Erste Auflage
Wenn ich auch meine Kollegen nicht mit der Verantwortung fUr einige in diesem Buch
ausgesprochene gewagtere Ansichten belasten will, so ware es doch undankbar von
mir, nicht mit VergnUgen die hilfreichen Diskussionen hervorzuheben, die ich mit
Jonathan BrostotT, George Dick, Deborah Doniach, Frank Hay, Leslie Hudson,
Gerald Jones und John Playfair fUhren konnte. Ich bin ferner besonders dankbar
meiner SekreHirin Gladys Stead, die bei der Vorbereitung und Zusammenstellung des
Manuskriptes mit der an ihr gewohnten tadellosen Sachkenntnis mitgeholfen hat, und
die mich sHindig ermutigte, wenn mein schriftstellerischer Drang zu erlahmen drohte.
Weiterhin bin ich Valerie Petts meinen Dank schuldig fUr die ausgezeichnete Hilfe bei
der Erstellung von Zeichnungen und Fotografien. Von vielen Seiten wurde mir ferner
Material fUr Abbildungen zur VerfUgung gestellt; auf die jeweiligen Quellen ist im Text
an entsprechender Stelle hingewiesen. Bill Weigle UberlieB mir freundlicherweise noch
nicht publizierte Daten. AbschlieBend mochte ich sagen, daB mir die Qual, weiBes
Papier in ein geschriebenes Manuskript zu Hause umzuwande1n, vor allem durch die
liebende Unterstlitzung meiner Familie ertraglich gemacht wurde.
Zweite Auflage
Die Notwendigkeit einer Zweitauflage ergab sich aus dem rasanten Anwachsen des
immunologischen Wissens, seitdem dieses Buch erstmals aufgelegt wurde - kein
Zweifel, dieses Gebiet hat zu viele Anhanger! Meine Kollegen werden wissen, wie
wertvoll mir ihre zahlreichen Anregungen waren; dabei muB ich hier erwahnen Ita
Asconas, Jonathan Brostoff, Deborah Doniach, Arnold Greenberg, Hilliard Festenstein, Frank Hay, Leslie Hudson, D. L. Brown, John Playfair und Mac Turner. Noch
einmal sei es betont: ich ware verloren gewesen ohne die bewundernswerte Hilfe meiner
Sekretarin Gladys Stead. Selbst die Herausgeber waren nett zu mir!
Dritte Auflage
Die unglaublich schnelle Entwicklung hat in dieser neuen Auflage eine radikale
Uberarbeitung vieler Abschnitte notwendig gemacht. Umfassender als bisher wurden
die anatomische Grundlage der Immunantwort, die Immunitat gegen Infektionen und
die biologische Bedeutung des Haupthistokompatibilitatskomplexes behandelt. Am
Ende eines jeden Kapitels steht jetzt eine Zusammenfassung, urn auch denjenigen
gerecht zu werden, die aus GrUnden, wie auch immer, sich nur mit dem Wesentlichen
befassen konnen. Dem Sachverzeichnis wurde jetzt besondere Beachtung geschenkt.
Ich hotTe, es ist jetzt noch nUtzlicher. Sehr dankbar bin ich meinen Kollegen, deren
Sachverstand und deren Kompetenz ich oft geschatzt habe: Franco Bottazzo,
Jonathan BrostofT, Peter Campbell, Deborah Doniach, Hilliard Festenstein, Peter
Gould, Frank Hay, Peter Lachman, Ian McConnell, John Playfair and Martin RafT.
SchlieBlich gilt mein Dank meiner Sekretarin Christine Meats fUr ihre stets kompetente
und liebevolle Assistenz.
VI
Vorwort des Ubersetzers
Die 4. Auflage der Essential Immunology wurde iibersetzt in dankbarer Erinnerung an
die nun schon 20 Jahre bestehende Freundschaft zu meinem Lehrmeister I van Roitt. Er
mage Nachsicht iiben, wenn es nicht immer gelungen ist, das zu vermitteln, was die
Faszination des Originals ausmacht; Klarheit der Diktion, Lebendigkeit der Darstellung und das aus jeder Zeile spiirbare Engagement.
Die 4. Auflage ist auch heute noch, 3 Jahre nach ihrem Erscheinen, aktuell, und die
Fiille des verarbeiteten Stoffes ist beeindruckend. Mit groBer Souvedinitat sind die
Mechanismen der unspezifischen und spezifischen Abwehr, die Regulation und die
genetische Kontrolle immunologischer Reaktionen sowie Probleme der Tumorimmunologie und der Autoimmunitat besprochen. Fast spielend und heiteren Sinnes
werden dem Leser schwierige immunologische Zusammenhange und Begriffe verstandlich gemacht und Ergebnisse in die Erklarung einbezogen.
Ich kenne kein Werk, das auf einem so begrenzten Raum wie diesem so priizise,
umfassend und weitsichtig den Stand der heutigen Immunologie wiedergibt und dabei
auch die Maglichkeiten ihrer Anwendung in der Medizin beriicksichtigt.
Mage das Werk dieses enthusiastischen Lehrers der Immunologie auch in der
deutschen Fassung viele Anhanger finden.
Tiibingen, im Dezember 1983
PETER
A.
BERG
VII
Fiir meine Familie
VIII
InhaItsverzeichnis
Vorwort . . .
Danksagungen
V
VI
Kapitel I Einftihrung
Einige bistoriscbe Riickblicke.
Die klassische Priizipitations-Reaktion
Grundlagen der Spezifitat . . . . . .
Krafte, die Antigene an Antikorper binden
a) Coulomb-Krlifte . . . . . .
b) Wasserstoffbriickenbindung .
c) Hydrophobe Bindungen .
d) Van der Waals'sche Krafte .
Antikorperaffinitat . . . . . .
Die Aviditat und der BonuselTekt der multivalenten Bindung
Spezifitat und Kreuzreaktionen . . . . . . . . . . .
Antikorperbindungsbereich und Antigendeterminanten .
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Zusammenfassung . . .
Weiterflihrende Litera tur . .
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Kapitel II Immunglobuline
19
Die Grundstruktur der Immunglobuline
Unterscbiede in der Struktur der Immunglobuline .
22
Strukturelle Anderungen der Immunglobuline in Beziehung zur Antikorperspezifitat.
Strukturelle Anderungen ohne Beziehung zur Antikorperspezifitat .
Leichte Ketten. . . . . . . .
Schwere Ketten . . . . . . . .
Domanen der Immunglobuline. .
Vergleicb der Immunglobulinklassen.
Immunglobulin G
Immunglobulin A
Immunglobulin M
Immunglobulin D
Immunglobulin E
Immunglobulinsubklassen .
Andere Immunglobulin-Varianten
Isotypen.
Allotypen . . .
Idiotypen . . .
Zusammenfassung
Weiterflibrende Literatur
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30
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41
Kapitel III Die Immunantwort
1. Grundlagen . . . . . . . .
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42
Zwei Arten der Immunantwort. .
Die Rolle der kleinen Lympbozyten .
42
42
IX
Primarantwort. . . . . . .
Sekundarantwort-Gedachtnis
Der Thymus . . . . . . . . .
Die Bursa fabricii. . . . . . .
Zwei Populationen von Lymphozyten- T- und B-Zellen
Identifikation von B- und T-Lymphozyten
Phanomene der Lymphozytenoberflache .
Zelluliire Kooperation bei der Immunantwort.
Die Rolle der Makrophagen. . . . . . .
Kooperation zwischen T- und B-Zellen . .
Relevanz der Kooperation im Hinblick auf die Struktur der Antigene
Die zellvermittelte Immunantwort. . . . . . . .
Die zwei Arme der zellvermittelten Immunitat.
Lymphokine. . . . . . . . . . . . . . .
Zytotoxische T-Zellen. . . . . . . . . . .
Die anatomische Grundlage der Immunantwort.
Der Lymphknoten
B-Zell-Areale . . . . . . . .
T-Zell-Areale . . . . . . . .
Der Kreislauf der Lymphozyten
Milz . . . . . . . . . . . .
Lymphgewebe ohne bindegewebige Kapsel
Zusammenfassung . . .
Weiterfiihrende Literatur . . . .
42
Kapitel IV Die Immunantwort
2. Weitere Gesichtspunkte. . .
Die Synthese humoraler Antikiirper .
Methoden zur Erfassung Antikiirper-bildender Zellen
Immunfluoreszenz
Plaque-Techniken . . . . . . . .
Protein-Synthese. . . . . . . . .
Abnorme Immunglobulin-Synthese .
Monoklonale Antikiirper . . . . .
Immunglobulinklassen . . . . . .
Genetische Kontrolle der Antikiirper-Antwort.
Gene, die die Immunantwort beeinflussen .
Die an Immunglobulin-Gene gekoppelte Immunantwort
Die Immunantwort, die an den Haupthistokompatibilitatskomplex gekoppelt ist
Kontrolle der T-B Kooperation durch H-2 I-Gene.
Regulation der Immunantwort
Suppressor-T -Zellen . .
Idiotypische Netzwerke .
Immuntoleranz. . . . . .
1m Neugeborenenalter .
Toleranz im Erwachsenenalter .
Mechanismen . . . . . . . .
Ontogenese der Immunantwort. .
Maligne Erkrankungen des Lymphsystems
Phylogenese der Immunantwort.
Zusammenfassung . . .
Weiterfiihrende Literatur . . .
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74
74
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Kapitel V Die Immunantwort .
3. Theoretische Gesichtspunkte
Instruktive Theorie
Selektive Theorie .
x
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103
103
103
Argumente ftir die selektive Theorie. . . .
Fehlen des Antigens in der Plasmazelle .
Entfaltung der Sekundarstruktur. .
Aminosauresequenz der Antikorper
Genetische Studien" . . . . . . .
Klonales Selektionsmodell . . . . . .
Argumente fUr die klonale Selektionstheorie
Eine Zelle - ein Immunglobulin . . . .
Funktion der Oberflachenantikorper . .
Giiltigkeit des k10nalen Selektionsmodelles .
Antikorperaffinitat und Antigendosierung .
Hemmung der Antikorpersynthese durch Riickkoppelung (feed back inhibition) .
Zunahme der Affinitat im Laufe der Immunantwort
Hemmung der Antikorpersynthese durch Haptene.
Wirkung der elektrischen Ladung des Antigens Immunologische Toleranz. . . . . . . . . . .
Genetische Theorien zur Variabilitiit der Antikiirper.
Gene, die Antikorper kodieren .
Entstehung der Diversitat .
Zusammenfassung . . . . . . .
WeiterfUhrende Literatur . . . .
Kapitel VI Wechselwirkung von Antigen und Antikorper.
Priizipitation. . . . . . . . . . . . . .
Prazipitation in Gelen . . . . . . . .
Einfache radiale Immundiffusion (SRID)
Immunelektrophorese. . . . . . . . .
Quantitative Bestimmungen mit Hilfe der Nephelometrie.
Radioaktive Bindungstechniken. . . .
Bestimmung von Antikorper. . . .
Verwendung radioaktiven Antigens.
Verwendung unloslicher Antigene
Antigenbestimmung. . . . . . . .
Radioimmunoassay. . . . . . . .
Immunradiometrische Bestimmungen.
Nicht~radioaktive Markierung
Immunhistochemie . . . . . . . . . .
Immunfluoreszenz . . . . . . . . .
Weitere Methoden mit markierten Antikorpern
Reaktionen mit Zelloberfliichen-Antigenen .
Bindung von Antikorpern. . . .
Agglutination . . . . . . . . .
Opsonin-bedingte (Fc) Adharenz.
Stimulation . . . . . .
Zytotoxische Reaktionen . .
Komplement. . . . . . . . .
Die Natur des Komplements
Aktivierung von Komplement .
Die Komplementsequenz . .
Der klassische Reaktionsweg
Der Alternativweg . . . . .
Die Sequenz nach C 3 . . • .
Rolle des Komplements bei der Abwehr
Zytolyse . . . . . . . .
Immun (C 3 b)-Adharenz .
Immunkonglutinin .
Akute Entziindung. . .
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XI
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145
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Rolle des Komplements bei Krankheiten
Komplementmangel
Genetische Varianten
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Neutralisation der biologiscben Aktivitiit
Zusammenfassung
Weiterftihrende Literatur
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Kapitel VII Immunitiit gegen Infektion
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Angeborene Immunitiit
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Verwehren des Zutritts
Gegenangriffe gegen Eindringlinge
Humorale Faktoren
Phagozytose
Die Rolle des Komplements
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Die erworbene Immunitiit
Immunitiit gegen bakterielle Infektionen
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Die Rolle humoraler Antikorper
Beschleunigung der Phagozytose
Schutz iiuJ3erer Oberfliichen
Neutralisierung von Toxinen
Spezifische Organismen
Die Rolle der zellvermittelten Immunitiit
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Immunitiit gegen virale Infektionen
Schutz durch Serumantikorper
Lokale Faktoren
Zellvermittelte Immunitiit
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Immunitiit gegen parasitiire Infektionen
Protozoen
Helminthen
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Prophylaxe
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Passiv erworbene Immunitiit.
Homologe Antikorper
Heterologe Antikorper
Aktive Immunisierung
Adjuvantien
Einige allgemeine Probleme
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Primiirer Immundefekt
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Defekt der angeborenen Immunitiit.
B-Zell-Defekt
T -Zell-Defekt
Stammzell-Defekte
Erkennen von Immundefekten
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Sekundiire Immundefekte
Zusammenfassung
Weiterftihrende Literatur
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Kapitel VIII Uberempfindlichkeit
Typ
Typ
Typ
Typ
Typ
I
II
III
IV
V
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Uberempfindlichkeit anaphylaktischen Typs
Antikorper-abhiingige Uberempfindlichkeit von zytotoxischem Typ
Komplex-vermittelte Uberempfindlichkeit
Zellvermittelte o"9berempfindlichkeit yom verzogerten Typo
Stimulierende Uberempfindlichkeit Typ I Oberempfmdlichkeit vom anaphylaktischen Typo
Generalisierte Anaphylaxie
Mechanismen der Anaphylaxieo
Atopische Allergie
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XII
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193
Typ II Antikorper-abhiingige Dberempfindlichkeit vom zytotoxischen Typ .
Isoimmunreaktionen . .
Transfusionsreaktionen .
Rhesusinkompatibilitat .
Organtransplantate. . .
Autoimmune Reaktionen
Reaktionen gegen Medikamente .
Typ III Komplex-vermittelte Dberempfindlichkeit.
Lokale Arthus-Reaktion (Komplexbildung im Antik6rperliberschu13).
Zirkulierende Komplexe (Serumkrankheit)
Nachweis der Immunkomplexe . . . . . . . . . . . . . . . . .
Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Typ IV Dberempfindlichkeit vom verziigerten Typ (Spiitreaktion bzw. zellvermittelte
Dberempfmdlichkeit) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Zellulare Grundlagen. . . . . . . . . . . . . . . . .
In vitro-Tests fUr die zellvermittelte Uberempfindlichkeit .
Migrations-Inhibitionstest.
Transformation . .
Zytotoxizitat. . . .
Gewebsschadigung .
Infektion . . . .
Kontaktdermatitis .
Weitere Beispiele . .
Typ V Stimulierende Dberempfindlichkeit .
Zusammenfassung . . . . .
Weiterflihrende Literatur . .
195
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199
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201
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206
Kapitel IX Transplantation
219
Beweis fUr die immunologische Natur der AbstoBung
Erste und zweite Transplantatabsto13ung
Spezifitat . . . . . . .
Rolle der Lymphozyten .
Bildung von Antik6rpern
Transplantationsantigene. .
Genetik . . . . . . . .
Der Haupthistokompatibilitatskomplex bei der Maus
Klassische Transplantationsantigene . . . . . . . .
Lymphozyten-aktivierende Deterrninanten . . . . .
Der Haupthistokompatibilitatskomplex beim Menschen
AbstoBungsmechanismen. . . . . . . .
Lymphozyten-vermittelte Absto13ung .
Die Rolle der humoralen Antik6rper .
Verhinderung der TransplantatabstoBung.
Gewebstypisierung. . . . . . . . .
Allgemeine Immunsuppression. . . .
Lymphozytenpherese (Ablatio lymphoider Zellen)
Immunsuppressive Medikamente. . . . . . . .
Antigen-spezifische Unterdrlickung der Reaktionsbereitschaft gegen Allotransplantate .
Immuntoleranz. . . . . . . . . . . . .
Enhancement . . . . . . . . . . . . .
Klinische Erfahrungen bei Transplantationen .
Bevorzugte Transplantationsorte .
Nieren
Herz . . . . . . ' . . .
Leber . . . . . . . . .
Hamopoetische Gewebe.
Andere Organe. . . . .
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212
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214
215
218
XIII
Biologische Bedeutung des Haupthistokompatibilitiitskomplexes
Polymorphism us. . . . . . . . . . . . . . . . . .
Immunologische Beziehung zwischen Mutter und Fotus
Erkennungssysteme. . . . . .
MHC Restriktion . . . . . . . . . . . . . . . . .
Steuerung der Immunantwort . . . . . . . . . . . .
Die maligne eutartete Zelle und die Allotransplantatabsto8ung .
Tumor-Oberfliichenantigene. .
Immunantwort gegen Tumore .
Immuntherapie. . . . . . . .
Immundiagnose . . . . . . .
Beziehung des MHC zorn Komplementsystem
Die Assoziation des MHC mit bestimmten Krankheiten .
Zusammenfassung . . .
Weiterfrlhrende Literatur . .
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Kapitel X Autoimmunitiit .
255
Das Spektrum der Autoimmunkrankheiten.
Autoantikorper bei Erkrankungen der Menschen
Uberschneidungen von Autoimmunkrankheiten .
Genetische Faktoren bei Autoimmunkrankheiten .
Atiologie der Autoimmunantwort. . . . . .
Entstehung neuer Carrier-Determinanten .
Polyklonale Aktivierung. . . . . . . . .
Versagen der Immunregulation . . . . .
Pathogene Mechanismen bei Autoimmunkrankheiten
EinfluB humoraler Antikorper .
Blut. . . . . .
Schilddriise. . .
Intrinsic factor .
Spermien . . .
GlomeruIiire Basalmembran (GBM).
Muskulatur . . . . . . . . . . .
Wirkungen von Immunkomplexen .
Systemischer Lupus erythematodes (SLE)
Rheumatoide Arthritis. . . . . . . . .
Zellvermittelte Uberempfindlichkeit .
Experimentelle Modelle ftiT Autoimmunkrankheiten.
Spontane Autoimmunkrankheiten. . . . . . . . .
Diagnostischer Wert der Autoantikorper-Bestimmung .
Behandlung von Autoimmunkrankheiten .
Zusammenfassung . . .
Weiterfrlhrende Literatur
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257
257
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288
Anhang . . . . .
290
Sachverzeichnis .
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XIV
Kapitel I Einftihrung
Die Hauptaufgabe des Immunsystems ist die Abwehr von Infektionen. Werden Babies
mit einem Defekt in einem entscheidenden Teilbereich dieses Systems geboren, leiden
sie fortwahrend an Infektionen und sterben in vielen Fallen, wenn modernste
medizinische Einrichtungen nicht zur Verftigung stehen. Niedriger entwickelte Tierarten besitzen sogenannte angeborene oder unspezifische Immunmechanismen, wie
Phagozytose, die einen Schutz gegen infektii:>se Keime bieten. Dartiber hinaus haben
hoher entwickelte Tiere eine adaptive, d. h. erworbene Immunantwort im Laufe der
Evolution entwickelt, die eine flexible, spezifische und wesentlich wirksamere Reaktion
gegentiber verschiedenen Infektionen garantiert.
Den Mittelpunkt dieser erworbenen Immunantwort bilden drei Eigenschaften:
Gedachtnis, Spezifitat und Erkennen von "nicht-Selbst". Diese Erfahrung konnen wir
aus unseren Beobachtungen tiber die Ausbildung eines Schutzes vor Wiedererkrankung durch denselben Erreger (Immunitat) nach vielen abgelaufenen Infektionskrankheiten gewinnen.
Nur selten erkranken wir zweimal an Masern, Mumps, Windpocken oder Keuchhusten usw. Bereits der erste Kontakt mit einem infektiosen Organismus pragt uns,
hinterlaBt bestimmte Informationen und erzeugt eine Art von Gedachtnis. Der
Organismus wird also in die Lage versetzt, eine spatere Invasion dieses Mikroorganismus wirksam abzuwehren. Diese Abwehr wird gewahrleistet durch das erworbene
Immunsystem, das als Antwort auf das als Antigen wirkende infektiose Agens die
entsprechenden Abwehrmechanismen auslost, wie z. B. die Synthese von Antikorpern,
die sich dann mit dem Antigen verbinden, um es zu eliminieren.
Dartiber, wie sich die Immunitat entwickelt, erfahren wir Grundlegendes, wenn wir
den Ablauf der Antikorperproduktion wahrend des ersten und zweiten Kontaktes mit
dem Antigen verfolgen. Injizieren wir einem Kaninchen z. B. ein Staphylokokkentoxoid, verstreichen mehrere Tage, ehe Antikorper im Blut nachgewiesen werden konnen.
Diese erreichen ein Maximum und fallen dann wieder ab (Abb. 1.2). Injizieren wir nun
dem Tier nach einem Intervall zum zweiten Mal Toxoid, ist die Immunantwort
dramatisch verandert. Innerhalb von 2-3 Tagen steigt nun der Antikorperspiegel steil
an und erreicht weit hOhere Werte als bei der ersten Antigenexposition (Primarantwort). Diese Sekundarantwort zeichnet sich durch eine schnellere und starkere
Antikorperproduktion aus, die nur dadurch moglich wird, daB sich das Antikorperproduzierende Zellsystem wahrend des ersten Kontaktes tiber das Antigen informieren
und Gedachtniszellen bilden konnte ("priming").
Bei der aktiven Impfung bedient man sich dieses Prinzips, indem man ein Antigen in
unschadlicher Form (z. B. abgetotete Viren) als Primarstimulus verwendet, um damit
den Zellen die Erinnerung (memory) an dieses Antigen einzupragen. Dies fUhrt zu einer
erhohten Abwehrbereitschaft insofern, als jeder erneute Kontakt mit dem virulenten
1
/
I nfekti6ses
Agens
l
ANTIGEN
I
ANTIKORPER " \
\
(iJ
IMMUNITAT
Abb. 1.1. Antikorper (gegen Fremdes gerichtete Korper) werden von den weiBen Blutkorperchen des Wirts
durch den Kontakt mit eindringenden Mikroorganismen, welche als Antigen (d. h. Antikorperbildner)
wirken, induziert. Damit wird das Individuum gegeniiber weiteren (infektiosen) Attacken immun.
Primarantwort
Sekundarantwort
Zweitinjektion
des Antigens
Erstinjektion
des Antigens
Antik6rper- l
konzentration
im Serum
1
~"',-,
o
10
20
30
60
I
70
I
80
I
90
Tage
Abb. 1.2. Primar- und Sekundarantwort. Ein Kaninchen wird nacheinander zweirnal mit Staphylokokkentoxoid gespritzt. Nach dem zweiten Kontakt mit dem Antigen ist die Antikorperantwort schneller und
starker.
2
Agens nun zu einer Sekundarreaktion fUhrt mit explosionsartiger Antikorperproduktion, die im allgemeinen das FuBfassen der Infektion verhindert.
Die Spezifitat wurde oben als eine Grundeigenschaft der hOher entwickelten
Immunantwort bezeichnet; d. h. die Ausbildung des Gedachtnisses bzw. der Immunitat gegentiber einem bestimmten Mikroorganismus fUhrt nur zum Schutz gegentiber
diesem einen Mikroorganismus. So sind wir nach einer Maserninfektion zwar gegen
eine erneute Infektion durch Masern gefeit, bleiben aber durchaus empfanglich
gegentiber anderen Erregern wie Poliomyelitis- oder Mumps-Viren. In der Tat kann
der Korper spezifisch zwischen Mikroorganismen unterscheiden.
Neben der Fahigkeit, ein Antigen zu erkennen und es von einem anderen zu
unterscheiden, muB der Organismus auch differenzieren, was fremd, d. h. was "nichtSelbst" ist. Sonst konnte das Unvermogen, zwischen "Selbst' und "nicht-Selbst" zu
unterscheiden, zur Bildung von Antikorpern gegen korpereigene Komponenten
(Autoantikorper) und damit zu einer fUr den Organismus hochst prekaren Situation
fUhren. Ausgehend von rein theoretischen Uberlegungen folgerten Burnet und Fenner,
daB sich im Korper ein Mechanismus ausbilden mtisse, der die Unterscheidung von
"Selbst" und "nicht-Selbst" garantiert. Sie postulieren, daB das sich entwickelnde
Lymphsystem wahrend der perinatalen Periode durch den Kontakt mit korpereigenen
Komponenten in irgendeiner Form diese als "Selbst" zu erkennen lernt. Damit ware
die Toleranz (der Organismus kann gegen diese Antigene keine Immunantwort leisten)
geschaffen, mit der Folge, daB bei der Ausreifung des Immunsystems der Organismus
unfahig ware, gegen "Selbst"-Komponenten zu reagieren. Wie wir noch spater sehen
werden, haben sich diese Annahmen weitgehend als richtig erwiesen.
Der grundlegende Unterschied zum spezifischen, adaptiven Immunsystem besteht
darin, daB unspezifische Immunmechanismen, wie z. B. die Phagozytose von Bakterien, bei einer wiederholten Infektion mit demselben Erreger nicht verstarkt ausfallen.
1m Gegensatz dazu kommt die wirkungsvolle Sekundarantwort der hoher entwickelten Tiere dadurch zustande, daB sich bei der Primarantwort der kleine Teil von
immunkompetenten Zellen, der das infektiose Agens erkannt hat, vermehrt, urn bei
einer erneuten Infektion Antikorper zu synthetisieren. Diese spezifischen Antikorper
verstarken ganz betrachtlich die Eliminierung der Mikroorganismen, indem sie deren
Adharenz an die phagozytierenden Zellen erleichtern (s. Kapitel VII). Mit anderen
Worten, die Wirkung der spezifischen, adaptiven Immunantwort besteht vor allem
darin, daB die Wirksamkeit der unspezifischen Immunitat betrachtlich verstarkt wird.
Einige historische Riickblicke
Aus Platzgrtindeh mtissen wir uns hier auf einen kursorischen Uberblick tiber die fUr
die Entwicklung der Immunologie wesentlichen Entdeckungen beschranken.
Indien und China (Frtihzeit): Austibung einer "Pocken-Impfung" zum Schutz gegen
Pocken durch eine Inokulation lebender Mikroorganismen aus Pusteln von
Kranken (gefahrlich !).
Jenner (1798): Schutz vor Pocken durch Vakzination mit nicht-virulenten Kuhpocken
(angeregt durch die Beobachtung der zarten "pockenfreien" Haut von Melkerinnen).
Pasteur (1881): Entwicklung von Impfstoff gegen Milzbrand unter Verwendung
abgeschwachter Mikroorganismen.
3
Metchnikoff (1883): Bedeutung der Phagozyten fUr die Immunitat.
von Behring (1890): Entdeckung von Antik6rpern gegen das Diphtherietoxin im
Serum.
Denys and Lec1ef(1895): Betrachtliche Steigerung der Phagozytose durch Immunisierung.
Ehrlich (1897): Theorie tiber die Seitenkettenrezeptoren der Antik6rpersynthese.
Bordet (1899): Die Lyse von Zellen durch Antik6rper erfordert das Zusammenwirken
von Serumfaktoren, jetzt als Komplementfaktoren bezeichnet.
Landsteiner (1900): Entdeckung der menschlichen ABO-Blutgruppen und der nattirlichen Isohamagglutinine.
Richet und Portier (1902): Entdeckung der Anaphylaxie (Gegenteil der Prophylaxe).
Wright (1903): Beziehung zwischen Opsonin-Aktivitat und Phagozytose.
von Pirquet und Schick (1905): Beschreibung der Serumkrankheit nach Injektion eines
fremden Serums.
Fleming (1922): Lysozym.
Zinsser (1925): Unterschiedliches Verhalten der Sensibilitat vom Sofort- und SpatTyp.
Heidelberger und Kendall (1930-1935): Quantitative Studien tiber die Prazipitationsreaktionen von Antigen und Antik6rper.
Wir wollenjetzt auf die Arbeiten von Heidelberger und Kendall und ihre praktische
Bedeutung naher eingehen.
Die klassische Prazipitationsreaktion
Mischt man eine Antigenl6sung mit einem potenten Antiserum im richtigen Verhaltnis, bildet sich ein Prazipitat. Die quantitative Analyse dieses Reaktionsproduktes mit
der in Abb. 1.3 angegebenen Methode gibt uns AufschluB sowohl tiber den
Antik6rpergehalt des Immunserums als auch tiber die Antigenvalenz. Hierbei k6nnen
groBe Unterschiede auftreten, die einerseits von den Eigenschaften des Antigens, z. B.
seiner Gr6Be, abhangen, andererseits von der Tierspezies, in der die Antik6rper
gebildet wurden. So k6nnen mit Kaninchen-Antiseren bei Ovalbumin 10 Valenzen
(Bindungsstellen), beim menschlichen Thyreoglobulin dagegen bis zu 40 Valenzen
nachgewiesen werden. Durch proteolytische Spaltung von Antigenen in groBe
Fragmente konnte nachgewiesen werden, daB die einzelnen Bindungsbereiche an der
Oberflache eines bestimmten Proteins (Antigendeterminanten oder auch Epitope
genannt) keineswegs identisch sind.
Die Prazipitationskurve in Abb. 1.3 zeigt, daB mit steigender Antigenzugabe (bei
konstanter Antiserummenge) eine maximale Menge Prazipitat gebildet wird; eine
weitere Antigenzugabe fUhrt zu einer Abnahme der gebildeten Prazipitatmenge. In
diesem Bereich der Kurve findet man im Uberstand verschiedene 16sliche Komplexe
von Antigen (Ag) und Antik6rper (Ak), so die Kombinationen Ag4 Ak 3, Ag3Ak2 und
Ag 2Ak. Bei extremem AntigentiberschuB (Abb. 1.3) zeigt die Analyse mit Hilfe der
Ultrazentrifuge, daB hauptsachlich Ag 2Ak-Komplexe gebildet werden. Hieraus kann
man schlieBen, daB die untersuchten Kaninchen-Antik6rper bivalent sind (Abb. 1.4,
siehe auch Abb. 2.5 und 2.6). Zwischen beiden Extremen, dem Antik6rpertiberschuB
und dem AntigentiberschuB, entstehen durch die Vernetzung von Antik6rper und
4
Zusatz von I-Ig Ovalbumin
o
...
••
15
30
•
90
60
...
120
t
150
...
0,1 ml Antiovalbumin Serum
lnkubation
Zentrifugation
Oberstand
Priizipitat
-
+
++
Gewicht des
Priizipitates
i
+
+
Untersuchung des
Oberstandes auf
freies Antigen
freien Antikorper
I
I
I
I
Antikorper- .
OberschuB
l~!
I
AquivalenzZone
I
,
I
I
I
I
I
I
I
I
GAll
,
A '
.. ntlgen\ UberschuB
\\ I
\
\
\
Gewicht des hinzugefugten Ovalbumins
Abb. 1.3. Quantitative Prazipitationsreaktion zwischen Kaninchen-Anti-Ovalbumin und Ovalbumin (nach
Heidelberger und Kendall). Zu einer konstanten Menge Antiserum, die in Reagenzgliisern vorgelegt wird,
werden steigende Mengen Ovalbumin gegeben. Nach Inkubation werden die gebildeten Prazipitate
abzentrifugiert und gemessen. Jeder Uberstand wird in 2 Halften geteilt, indem man zu der einen Fraktion
Antigen, zu der anderen Antikorper zugibt und dadurch die Anwesenheit von Antikorper- bzw.
AntigeniiberschuB nachweist. Mit Hilfe des Aquivalenzpunktes, bei dem weder Antigen noch Antikorper im
Uberstand sind, laBt sich der Antikorpergehalt des Serums bestimmen. An diesem Punkt ist die gesamte
zugegebene Antigenmenge im Priizipitat an die vorhandene Antikorpermenge gebunden. Der Antikorpergehalt von 0,1 ml Serum ergibt sich daher aus der Formel (GAgAk-GAg)' Die Analyse des Prazipitates, das bei
AntikorperiiberschuB gebildet wird, in dem die Antigen-bindenden Bereiche weitgehend abgesattigt sind,
gibt ein MaB fUr das molare Verhaltnis von Antikorper zu Antigen in dem Komplex und damit einen
Hinweis auf die Antigen-Valenz.
5
(a) Antikorperiiberschu(!,
(b) Aquivalenzbereich
(c) Antigeniiberschu(!'
(d) Monovalentes Antigen
Abb. 1.4. Schematische Darstellung von Komplexen zwischen einem hypothetischen tetravalenten Antigen
) bei verschiedenen Mengenverhaltnissen. In Wirklichkeit ist es
sehr unwahrscheinlich, daB die Antigenvalenzen in derselben Ebene liegen oder auch von identischen
Determinanten gebildet werden, wie in der Abbildung angenommen.
a) Komplexe bei extremem Antikorper- UberschuB. Die Antigenvalenzen sind abgesattigt und das molare
Verhaltnis Ak: Ag entspricht ungefahr der Antigenvalenz.
b) 1m i\quivalenzbereich erhalt man ein groBes dreidimensionales Gitter, ein typisches Immunprazipitat.
Diese Sekundaraggregation, also die Prazipitation, wird durch hohe Salzkonzentrationen gehemmt.
c) Komplex bei Antigen-UberschuB. Bei extremem UberschuB, wo die zwei Valenzenjedes Antikorpermoleki.ils schnell abgesattigt werden, iiberwiegen die Komplexe Ag2Ak.
d) Monovalentes Antigen kann Antikorpermolekiile zwar binden, ist aber unfahig, diese zu ver~fen.
( + ~ und einem bivalenten Antikorper ( H
Antigen gewohnlich dreidimensionale Gitterstrukturen, wie Marrack bereits angenommen hatte. Diese Anlagerungen fUhren zur Ausbildung groBer Pdizipitationsaggregate.
Grundlage der Spezifitat
Das VersHindnis fUr die Bedingungen, die die Antigen-Spezifitiit bestimmen, verdanken wir zu einem groBen Teil Landsteiner, Pauling und ihren Mitarbeitern. Sie
untersuchten die Wechselwirkung zwischen Antikorpern und Haptenen, chemisch
genau definierten Molekiilgruppen. Ein typisches Beispiel stellt das m-Aminobenzol6
Protein (Tyrosin)
I
N
N.I'
m - Aminobenzol
sulphonat
~SO""
i ~SOi
an Trager- Protein
gebunden
diazotiert
Abb. 1.5. Bindung eines Haptens an ein Protein durch Diazotierung.
sulphonat dar (Abb. 1.5). Haptene sind kleine Molekiile, die gegen sie gerichtete
Antikorper binden konnen. 1m Gegensatz zu Vollantigenen vermogen sie jedoch keine
Antikorpersynthese auszulosen.
Das Problem, Antikorper gegen Haptene herzustellen, loste man durch Injektion
von Haptenen, die vorher an Proteine gekoppelt wurden. Es wurde dann moglich,
Veranderungen der chemischen Struktur des Haptens in Beziehung zur Bindungsfahigkeit eines gegebenen Antikorpers zu setzen. In einem Experiment wurden gegen
m-Aminobenzolsulphonat gerichtete Antikorper auf ihre Bindungsfahigkeit mit den
ortho-, meta- und para-Isomer en des Haptens geprlift. AuBerdem untersuchte man die
Fahigkeit dieser Antikorper, mit verwandten Molekiilen Bindungen einzugehen, bei
denen die SUlphonatgruppen durch Arsenat- oder Carboxylatgruppen ersetzt waren.
Die Ergebnisse sind in Tabelle 1.1 zusammengefaBt. Das Hapten mit den Sulphonatgruppen in ortho-Stellung verbindet sich etwas schlechter als das ursprlingliche metaIsomer mit dem Antikorper. Das para-substituierte Isomer (das chemisch dem or tho-
&R &R
Tabelle 1.1 Einflu13 verschiedener Haptenstrukturen auf die Bindungsstlirke mit anti-m-Aminobenzolsulphonat-Antikorper.
or tho
R = sulphonat
R = arsenat
R = carboxylat
++
meta
+++
+
¢
R
para-I somere
±
±
Die Bindungsstlirke ist graduiert von negativ ( - ) bis sehr stark positiv (+ + +). Da freie Haptene nur mit
einer Antikorper-bindenden Stelle reagieren und dadurch zu keiner Vernetzung fiihren konnen, bilden sie
nur losliche Komplexe. Ihre Bindungsstlirke wurde aufgrund ihrer Fahigkeit bestimmt, die Priizipitation des
Antikorpers mit einem neuen Tragerprotein zu inhibieren, das mit einigen urspriinglichen Haptengruppen
(m-Aminobenzolsulphonat) substituiert war. (von Landsteiner K. und van der Scheer J. J. Exp. Med. 63 : 325
(1936)).
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