2. Traumafolgen

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Teil B - Modelle
Das Drama mit dem Trauma.
Diepsychodynamische
Diagnostik und
Die
Behandlung von
Perspektive
Traumafolgestörungen
Prof.
Karl H.Schöttke
Wiedl
Prof.
Dr.Dr.
Henning
WS 2010/2011
Fachtagung
Raubüberfälle auf
Spielhallen
2013
Traumafolgestörungen
jeder kann jederzeit von einem Trauma
getroffen werden...“
Alles denkt an
den getöteten
Autofahrer. Doch
was ist mit dem
Lokführer, der
nicht mehr
bremsen konnte?
Foto: dpa
Traumafolgestörungen
Zum Traumabegriff
1.
Person hat ein oder mehrere Ereignisse als unmittelbar
Betroffener (Opfer) oder als Zeuge (Beobachter) erlebt
und wurde mit lebensbedrohlichen Ereignis, schwerer
Verletzung oder einer Bedrohung der körperlichen
Unversehrtheit der eigenen Person oder anderer
konfrontiert (objektives Ereignis)
2.
Person erlebte intensive Furcht, Hilflosigkeit oder
Entsetzen (subjektives Erleben)
Nach DSM-IV
Traumafolgestörungen
Klassifikation von Traumata I
Kurzdauernde traumatische Ereignisse
(Typ I-Traumata)
•
•
•
•
Kriminelle Gewalttaten
Technische Katastrophen
Naturkatastrophen
Unfälle
Durch akute Lebensgefahr, Plötzlichkeit und
Überraschung gekennzeichnet
Traumafolgestörungen
Klassifikation von Traumata II
Länger dauernde, wiederholte Traumata (Typ II-Traumata)
• sexuelle oder körperliche Gewalt in Form von
Kindesmissbrauch, Kindesmisshandlung sowie
wiederholten Vergewaltigungen
• Kriegserlebnisse, Vertreibung
• Folter, KZ-Haft, Geiselhaft
Durch Serien wiederholter traumatischer Einzelereignisse
und durch geringe Vorhersehbarkeit des weiteren
traumatischen Geschehens gekennzeichnet
Traumafolgestörungen
Psychische Belastungsreaktionen
nach Traumata
• Teil einer normalen und nachvollziehbaren
psychologischen und neurobiologischen Antwort auf
ein (lebens)bedrohliches Ereignis
• anfänglich nicht einheitlich und voraussehbar;
unterliegen starken Wechseln und Fluktuationen
• werden von den Mehrheit der Personen mit eigenen
Bewältigungsmöglichkeiten allmählich wieder
überwunden
Cave: die Belastungsreaktionen nicht das Trauma
Traumafolgestörungen
Akute körperlich-psychische Notfallreaktionen
Körperliche Symptome
Emotionale Symptome
Hilflosigkeit
Entsetzen
Angst
Stress- und
Angstreaktionen
Überaktivierung
Schmerzen
Scham VerhaltensSymptome
Desorganisiertes Verhalten
Handlungsblockade
Passivität, Lähmung
Kognitive Symptome
Verwirrung
verändertes Bewußtsein
Ausgeliefertsein
Erschütterung von
Grundannahmen
Traumafolgestörungen
Psychische Belastungsstörungen
Bei einer Minderheit der Betroffenen und bei
Vorhandensein von Risikofaktoren kann es zu
•
akuten oder
•
überdauernden
psychischen Belastungsstörungen kommen, die sich ohne
spezielle Behandlungsmaßnahmen nicht oder nur
verzögert wieder zurückbilden
Traumafolgestörungen
Traumareaktive Störungen
Traumafolgestörungen
Posttraumatische
Belastungsstörung (PTBS; DSM IV Kriterien)
Traumafolgestörungen
Zeitlicher Verlauf der PTBS
Trauma
3
Mon
ate
Akute Belastungsreaktion
6
Mon
ate
20
Jahr
e
40
Jahr
e
Akute
PTBS
Chronische
PTBS
PTBS mit verspätetem
Beginn
Traumafolgestörungen
„Traumatisierungspotential“ verschiedener Ereignistypen
Lebenszeit – Prävalenzen für die PTBS
~ 50% nach Vergewaltigung
~ 25% nach anderen Gewaltverbrechen
~ 50% bei Kriegs-, Vertreibungs- und Folteropfern
~ 5-10% bei Verkehrsunfallopfern
•in der Allgemeinbevölkerung liegt die Lebenszeit-Prävalenz weltweit (mit
länderspezifischen Besonderheiten) zwischen 1% und 7%
•in Deutschland bei ~ 1,5 - 2 %
•die Prävalenz subklinischer und anderer psych. Folgestörungen ist höher
es besteht eine hohe Tendenz zur
Chronifizierung !
Traumafolgestörungen
Traumabezogene
Remission der PTBS
(Angaben in %; nach Foa & Rothbaum, 1990)
Traumafolgestörungen
Risiko-, Ereignis- und Schutzfaktoren
in der Entwicklung der PTBS
Traumafaktoren
Risikofaktoren
•Unerwartetheit
•Dauer, Schwere
•Kontrollierbarkeit
•„menschengemachte“
Traumen
•besondere Merkmale
•Frühere Traumata
•Frühere psychische Störungen
•Peritraumatische Dissoziation
•Niedriges soziales Funktionsniveau
PTBS
Schutzfaktoren
•
•
•
•
Soziale Unterstützung
Resilienz
Bewältigungsfertigkeiten
Verständnis
nach Freyberger, Widder, 2010
Traumafolgestörungen
Notfallpsychologische
Versorgungskette
Cave: Überengagiertes oder erzwungenes Debriefing schadet
Van Emmerik, 2002
Traumafolgestörungen
Was tun nach schweren Ereignissen
mit hohem Traumapotenzial ?
„Screen and treat“
•
Risikofälle frühzeitig erkennen (z.B. Screening)
• systematisches und gezieltes Überwachen im Verlauf in den
nächsten 4-12 Wochen
• nur bei Bedarf gestufte Unterstützung
-
Beratung, Information
-
Frühintervention
-
spezielle Trauma bezogene Therapie
•
nur soviel wie notwendig
AWMF, 2009
Traumafolgestörungen
Notfallpsychologische Erstbetreuung
- erste Interventionen -
• Durchführung: Notfallpsychologischer Dienst oder
geschulte Laien (z.B. Kollegen)
– Rückzugsräume zur Verfügung stellen
– Opfer abschirmen und betreuen (z.B. Getränke und
Imbiss)
– Opfern Kontakt zu Angehörigen oder nahen
Bezugspersonen ermöglichen
– Unbefugte fernhalten
– Kontakt der Opfer zu Pressevertretern verhindern
– Heimweg organisieren (kein Autofahren etc.)
– Sicherheit für die Tage nach dem Überfall herstellen
– Gespräche oder zumindest Ansprechbarkeit organisieren
– Ausschleichende Betreuung
Traumafolgestörungen
Spezifische Frühintervention:
Kognitive Verhaltenstherapie (KVT)
• Kurzform (4-12 Sitzungen) mit bewährten KVT
Verfahren
• Beginn innerhalb 4-6 Wochen nach Trauma
• Einzeltherapie
• bei manifester akuter Belastungsstörung oder
identifizierten Risikofaktoren (z.B. wiederholter Überfall)
Hohe Wirksamkeit auf Symptom- und Diagnoseebene
(Roberts et al., 2009)
Traumafolgestörungen
Gemeinsamkeiten wirksamer
Behandlungen
Die Betroffenen müssen lernen.......
1. Gefühle und Empfindungen zu tolerieren, indem die
Fähigkeit zur Introspektion verbessert wird
2. die erhöhte innere Erregung zu modulieren (z. B.
Angst)
3. dass es nach dem Erleben körperlicher Hilflosigkeit
wichtig ist, selbst auf wirksame Weise aktiv zu werden
Traumafolgestörungen
Merkmale erfolgreicher Traumafokussierter Psychotherapie
•
Bei der Therapie der soll mittels Konfrontation mit der Erinnerung an
das auslösende Trauma das Ziel der Integration unter geschützten
therapeutischen Bedingungen erreicht werden (LL 8)
•
Die Bearbeitung traumatisch fixierter Erinnerungen und sensorischer
Fragmente ist ein zentraler Bestandteil (LL 9)
•
Dazu sollen traumaadaptierte Behandlungsmethoden eingesetzt
werden (LL 10)
•
Bei der Indikationsstellung zur Traumabearbeitung sind klinische
Komorbidität und Stabilität in einem Gesamtbehandlungsplan mit
„partizipativer Entscheidungsfindung“ zu berücksichtigen (LL 17).
LL = Leitlinie nach AWMF
Traumafolgestörungen
Das Drama mit dem
Trauma: Merke I
Die Entwicklung von Notfallreaktionen während oder kurz
nach einem Trauma ist normal und bedürfen unser
Anteilnahme und unseres Schutzes für die Opfer.
Durch unzureichende oder übertriebene Anteilnahme
(Risiko durch Debriefing) können sich unterschiedliche
psychische Störungen bei einem Teil der Betroffenen
entwickeln.
bei ca. 11% entwickelt sich die Störung erst Monate
oder Jahre nach dem Trauma
Besonderheit der Posttraumatischen
Belastungsstörung (PTBS) und weiterer Störungen
beachten
Traumafolgestörungen
Das Drama mit dem Trauma:
Merke II
• Die Rückbildung einer Störung ist häufig und hängt
von unterschiedlichen Faktoren ab
• Tendenz zur Chronifizierung und Entwicklung von
weiteren psychischen Störungen ist vorhanden (ca.
1/3 der Personen)
• Interventionsprinzip: Screen and treat
• Frühinterventionen und Psychotherapie ergänzen sich
gegenseitig
• Bei der Psychotherapie ist die 1. Wahl eine Traumafokussierte psychotherapeutische Behandlung
– Traumakonfrontation, -aufarbeitung und Stabilisierung
ergänzen sich
Traumafolgestörungen
Danke für Ihre Aufmerksamkeit
Traumafolgestörungen
Kognitiv lerntheoretisches Modell der PTBS
nach Ehlers & Clark, 1999
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