Der Einfluss von Traumafolgestörungen auf die Entwicklung von Sucht und Persönlichkeitsstörungen Symposium - „Wenn die Sucht die Psych(os)e regiert….“ Marburg, 15.3. 2012 Lebenszeitprävalenz von psychischen – und Substanzstörungen in den USA Regier et al. 1990 Lebenszeitprävalenz von psychischen – und Substanzstörungen in den USA Regier et al. 1990 Lebenszeitprävalenz von psychischen – und Substanzstörungen in den USA Regier et al. 1990 Drogenabhängigkeit und Persönlichkeitsstörungen • 50% Persönlichkeitsstörungen (Burian, Smole 1997, n= 152 Drogenabhängige in Entgiftung) • 46% Persönlichkeitsstörungen, 25% Depressionen,14% Schizophrenie, 5%Angststörungen, erhöhte Abbruchrate. (Kuntze, Ladewig, Stohler 1998, n=110 Drogenabhängige in Substitution) • In der Cobrastudie wurden durchschnittl. klinisch zwei psychiatrische Diagnosen erhoben, Am häufigsten traten depressive Störungen gefolgt von Angststörungen, Schlafstörungen und Persönlichkeitsstörungen auf. (Wittchen 2004, n= 2694 Drogenabhängige in Substitution) • Comorbidität von ADHS, Persönlichkeitsstörung und Sucht 35-70%. (Wilens 1995,1998) Sucht und Traumafolgestörungen • Die Zahl suchtkranker Patienten, die zusätzlich an Traumafolgestörungen leiden, ist hoch. • 70-90% haben Traumatisierungen erlitten. Dabei gehen in den meisten Fällen Traumatisierungen dem Substanzmittelkonsum voraus. • Nach neueren Studienergebnissen ist davon auszugehen, dass jeder fünfte Patient mit einer Alkoholerkrankung und jeder dritte Patient mit einer Drogenabhängigkeit incl. des Opiattypus comorbide an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet. (Schäfer 2000, Schmidt 2000, Krausz u. Briken 2002, Driessen, Suthmann, Lüdecke 2008) • Unter Einschluss subsyndromaler Formen von PTBS verdoppelt sich die Zahl der Suchtkranken, die an Traumafolgestörungen leiden. • Suchtkranke Frauen sind doppelt so häufig betroffen wie suchtkranke Männer. • Suchterkrankungen bei Menschen mit Traumatisierungen beginnen früher. (Brown u. Quimette 2000/2001, Driessen et al 2008) • Suchterkrankungen führen zu sozialem Abstieg, persönlichen Funktionsstörungen und vielen psychosozialen Problemen. Dies ist bei Patienten mit zusätzlicher PTBS noch erheblich ausgeprägter. (Brown u.Quimette 2000/2001, Driessen et al 2008) Trauma - Sucht - Persönlichkeitsstörungen 70% PtBS, subsyndromale Formen PersönlichkeitsStörungen 70% 50% 30% 30% Abhängigkeitserkrankung Trauma - Sucht - Persönlichkeitsstörungen 70% PtBS, subsyndromale Formen Polytoxikomanie incl. Opiattypus Alkohol PersönlichkeitsStörungen 70% 50% 30% 30% Abhängigkeitserkrankung Trauma - Sucht - Persönlichkeitsstörungen emotional-instabil PtBS, subsyndromale Formen Polytoxikomanie incl. Opiattypus Alkohol emotional-instabil 70% PersönlichkeitsStörungen 70% 50% 30% 30% Abhängigkeitserkrankung antisozial narzisstisch emotional-instabil abhängig narzisstisch emotional-instabil Es ist davon auszugehen, dass bei Drogenabhängigkeit sicher und bei Alkoholabhängigkeit wahrscheinlich eine comorbide psychische Störung gefunden werden kann. Es ist davon auszugehen, dass bei Drogenabhängigkeit sicher und bei Alkoholabhängigkeit wahrscheinlich eine comorbide psychische Störung gefunden werden kann. Bei Drogenabhängigkeit incl. des Opiattypes leiden zwei von drei der Erkrankten an Traumafolgestörungen, bei Alkoholabhängigkeit jeder Dritte. Es ist davon auszugehen, dass bei Drogenabhängigkeit sicher und bei Alkoholabhängigkeit wahrscheinlich eine comorbide psychische Störung gefunden werden kann. Bei Drogenabhängigkeit incl. des Opiattypes leiden zwei von drei der Erkrankten an Traumafolgestörungen, bei Alkoholabhängigkeit jeder Dritte. Bei Traumafolgestörungen und comorbider Persönlichkeitsstörung ist das Vorliegen eines Substanzmittelabusus/abhängigkeit häufig. Sucht und comorbide Traumafolge- oder Persönlichkeitsstörung macht das Vorliegen der jeweils anderen Störung wahrscheinlich. traumatische Erlebnisse traumatische Erlebnisse Trauma ist Konfrontation mit einem Ereignis, welches tatsächlichen oder drohenden Tod, ernsthafte Gefahr oder Verletzung für die körperliche Unversehrtheit der eigenen oder einer anderen Person beinhaltet. Die Reaktion der Person muss intensive Furcht, Hilflosigkeit oder Entsetzen umfassen (DSM IV). normale Reaktion Trauma pathologische Reaktion Schreckreaktion Hyperarousal vegetative Übererregung Verleugnung, Konstriktion Dissoziation Depersonalisation, Derealisation Intrusionen, flashbacks extremes Vermeidungsverhalten persistierende Intrusionen, flashbacks Hypermnesien Integration in die Persönlichkeit Integration in den Körper Bewältigung Somatisierungsstörungen Körper-flashbacks Persönlichkeitsstörungen Einteilung traumatischer Erlebnisse Typ I-Trauma kurzdauernd Typ II-Trauma langdauernd „schicksalhaft“ „durch Menschen“ man-made-trauma Vergewaltigungen, körperliche Gewalt, Verkehrs/Arbeitsunfälle andere Gewalterlebnisse Naturkatastrophen z.B. Geiselnahmen Langandauernde Naturkatastrophen (Flut/Erdbeben) Gewalt in der Kindheitimmer wiederkehrend Bindungstraumatisierungen Folter Politische inhaftierung Einteilung traumatischer Erlebnisse Typ I-Trauma kurzdauernd Typ II-Trauma langdauernd „schicksalhaft“ „durch Menschen“ man-made-trauma Vergewaltigungen, körperliche Gewalt, Verkehrs/Arbeitsunfälle andere Gewalterlebnisse Naturkatastrophen z.B. Geiselnahmen Langandauernde Naturkatastrophen (Flut/Erdbeben) Gewalt in der Kindheitimmer wiederkehrend Bindungstraumatisierungen Folter Politische inhaftierung Bindungstraumatisierung und Sucht physische/sex.Gewalt und emotionale Vernachlässigung in der Kindheit. Überstimulation (abuse) und Deprivation (neglect) • broken home Familien häufig wechselnde Bezugspersonen • mehrgenerationale Suchterkrankungen Copingstrategie Suchtmittelkonsum • Parentifizierung der Kinder Peergroup als Familienersatz • unvorhersehbares Verhalten der Bezugspersonen geringe Stress -und Frustrationstoleranz Bindung Bindung • Das Bindungsbedürfnis gehört zu den Grundbedürfnissen von sozial lebenden Tieren also auch den Menschen. • Als Protestreaktion wird ein typisches Muster– ausgelöst durch Alleinlassen von Jungtieren- von „distress-vocalizations“, motorischer Unruhe und Überwachheit ausgelöst. • Über das Paniksystem werden vermehrt Stresshormone ausgeschüttet. Die das Paniksystem beruhigenden Neuropeptide werden als „prime movers“ zur Herstellung und Erhalt von Bindung angesehen. Bindung • Prime movers wirken auf alle körperlichen und affektiven bindungsfördernden Wahrnehmungen im Gedächtnis - Gerüche, Berührungen, Laute, Anblicke. • Bei Fehlen einer positiven Bindungsbeziehung wird die Bahnung bindungsfördernde Gedächtnisinhalte zu speichern, verhindert. Dann sind oder können sich Menschen schwerer zu beruhigen. • Die Regulation der Emotionen kann dann nicht über den Austausch mit Beziehungspersonen in SELBSTREGULATION übergehen. • Wir haben eine Störung des zentralen Stressbewältigungssystems und eine defizitäre Ausbildung des psychischen Binnenraumes. 3-Ebenen-Modell des Gehirnes Stressbewältigungssysteme nach Panksepp Gedächtnis „cold memories“ Frontalhirn assoziativer Cortex Limbisches System Trauma Amygdala „hot memories“ Mesolimbisches Funktionale Lösung Belohnungssystem Suchtgedächtnis dysfunktionale Lösung-Sucht Stammhirn Parasympathicus Vegetative Reaktion Sympathicus Schreck Ohnmacht Schreie Freezing Fight and Flight Paniksystem Furchtsystem Bindung, Stressbewältigung und Sucht Trauma Bindungsirritationen Limbisches System Amygdala „hot memories“ dysfunktionale Lösung-Sucht Mesolimbisches Belohnungssystem Suchtgedächtnis Parasympathicus Schreck Schreck Ohnmacht Ohnmacht Schreie Schreie Freezing Freezing Paniksystem Innere Ruhe Wärme, Geborgenheit Euphorie Belohnungssystem Überformung der PTBS Limibisches System klassische Konditionierung Priming negative Affekte, Stress Sucht PTBS Alpträume Flashbacks Intrusionen Hyperarousal Toleranz Entzug Craving Sucht Toleranz Entzug Craving Suchtträume Suchtträume Dysfunktionale Stressbewältigung bei PtBS und Sucht Dissoziation versus Intoxikation Dissoziation Intoxikation als chemische Dissoziation selbstverletzende Verhaltensweisen Craving Regressionsstates Veränderung der PtBS-Symptome durch die Suchterkrankung • Focus auf Suchtmittelkonsum • Sehnsucht nach Kontrollverlusten • Es wird kein Zusammenhang zwischen Suchterkrankung und früheren Traumatisierungen gesehen. • SVV-Craving Suchtmittel-Craving • Hyperarousal wird von vegetativem Entzug überdeckt. • Es wird spezifische PtBS-Symptomatik anders bewertet. • PtBS- spezifische Vermeidung wird von generalisierter Vermeidung der Sucht überdeckt. Struktur in der Psychotherapie Struktur in der Psychotherapie bedeutet einen eigenen psychischen Binnenraum zur Verfügung zu haben, Affekte zu spüren, Erinnerungen zu ordnen, Konflikte auszutragen Ambivalenz auszuhalten, Handlungen vorzubereiten. …die äußere Welt in die innere Welt hinein zunehmen, in Sprache zu fassen und dabei die eigene Position zu bestimmen. psychische Struktur Selbstwahrnehmung: Selbstbild und Identität, Selbstreflexion, Introspektion, Identifikation eigener Affekte Selbststeuerung: eigene Bedürfnisse, Affekte, Selbstwertgefühl steuern, für Toleranz, Ambivalenz und negative Affekte Objektwahrnehmung: sicher zwischen innen und außen unterscheiden. Objekte ganzheitlich mit eigenen Rechten und Absichten erkennen- Empathie Kommunikation: sich auf andere ausrichten und sich ihnen mitteilen, affektive Signale Anderer verstehen. Bindung: längerfristig innere Repräsentanzen errichten und affektiv besetzen. Wechsel von Bindung und Lösung, Interaktionsregeln zum Bindungsschutz Frühe Eltern-Kind-Beziehung Geburt Objekt-Eltern Subjekt- Kind gemeinsam eingebunden vital bedürfnisbefriedigend haltgebend antizipierend 1 intentionalJoint-attention kommunikativ affektregulierend zugewandt-interessiert spielerisch-involviert feinfühlig-verstehend verbalisierend objektbedürftig gebunden Sicherheit gebend belohnend 2 Frühe Eltern-Kind-Beziehung Geburt Objekt-Eltern Subjekt- Kind gemeinsam eingebunden vital bedürfnisbefriedigend haltgebend antizipierend 1 intentionalJoint-attention kommunikativ objektbedürftig gebunden affektregulierend zugewandt-interessiert spielerisch-involviert feinfühlig-verstehend verbalisierend sichere Bindung 2 Sicherheit gebend belohnend Strukturelle Störungen Menschen mit strukturellen Defiziten Menschen mit strukturellen Defiziten - können weniger über sich selbst nachdenken, bleiben sich fremd, • verstehen können nicht über sich selbst nachdenken, bleiben sich fremd, sich nicht. verstehen sich nicht, was sie selbst oder andere Menschen - können nur beschreiben, • tun, können beschreiben, sie selbst oder andere Menschen tun, aber nur weniger warum sie was es tun. aber nicht warum einfühlen, sie es tun.sind nicht empathisch. - können sich weniger •- können könnenkeine sich realistische nicht einfühlen, nichtüber empathisch sein. Vorstellung das Tun des Anderen entwickeln. -• können Sachebene und Beziehungsebene nicht keine realistische Vorstellung über dasoftTun destrennen, anderen. werden interpersonell ausgetragen • Konflikte Sachebene unddann Beziehungsebene verschwimmen, Konflikte werden - therapeutische wird zur Interaktion- zum Interagieren. interpersonellReflexion ausgetragen (Heigl u. Heigl- Evers) • Therapeutische Reflexion wird zur Interaktion-Interagieren (Heigl u. Heigl- Evers) Eine strukturelle Störung ist eine Werkzeugstörung! Eine strukturelle Störung ist eine Werkzeugstörung! Psychische Problemfelder • Störung der Stress- und Emotionsregulation • dysfunktionale Copingstrategie Sucht • Symptome von Traumafolgestörungen Alpträume, Intrusionen, flash-backs, Ängste • Bindungsstörungen • Strukturelle Störungen Persönlichkeitsstörungen: emotional-instabil dissozial/abhängig/selbstunsicher • Depressionen Suchtbehandlung vor Stabilisierung vor Traumasynthese vor Suchtbehandlung vor Stabilisierung vor Traumasynthese vor Suchtbehandlung Behandlung – Trauma- Sucht- (Persönlichkeitsstörung) Phase I Traumasensibilisierung Suchtstabilisierung kein Entzug - keine Überdosierung Behandlung – Trauma- Sucht- (Persönlichkeitsstörung) Phase I Traumasensibilisierung Phase II Stabilisierung Suchtstabilisierung kein Entzug - keine Überdosierung Behandlung – Trauma- Sucht- (Persönlichkeitsstörung) Phase I Phase II Phase III Implizites Gedächtnis Traumasensibilisierung Stabilisierung Suchtstabilisierung kein Entzug - keine Überdosierung Behandlung – Trauma- Sucht- (Persönlichkeitsstörung) Phase I Traumasensibilisierung Suchtstabilisierung kein Entzug - keine Überdosierung Behandlung Phase I Traumasensibilisierung Diagnostik Erstellung eines Krankheitskonzeptes Psychoedukation TRAUMA? Behandlung – Trauma- Sucht- (Persönlichkeitsstörung) Phase I Traumasensibilisierung Phase II Stabilisierung Suchtstabilisierung kein Entzug - keine Überdosierung Behandlung Phase II Stabilisierung Zwei Fliegen mit einer Klappe.... Drei Fliegen mit einer Klappe.... Traumafolgestörungen - Sucht -Persönlichkeitsstörung Traumafolgestörungen Sucht Störung der Stressverarbeitung Störung der Emotionsregulation Hyperarousal – veget. Entzug Triggerreize/ Craving Dissoziation, SVV fehlende Objektkonstanz/ Internalisierungsfähigkeit Persönlichkeitsstörung emotional-instab. • Therapiebild Stress- und Emotionsregulation Psychoedukation Ressourcenaktivierung DBT-Skillstraining-Sucht Achtsamkeit Imagination Kopf oder Bauch? Aufbau einer präfrontalen Hemmung Achtsamkeit Konzept: Lenkung der Aufmerksamkeit Gegenwärtigkeit Metakognition Akzeptanz 46 Imagination- als Vorbereitung zur Traumasynthese Imagination: Fähigkeit zur bewussten Vorstellung innerer Bilder Behandlung – Trauma und Sucht Phase III Implizites Gedächtnis Traumasynthese Traumasynthese mit der EMDR-Methode Traumatisches Ereignis Reize Implizites Gedächtnis Explizites Gedächtnis Dissoziation des Traumagedächtnisses Ziel: Linderung der traumaspezifischen Symptomatik durch Abnahme von Hyperarousal, Intrusionen und flash-backs Traumafolgestörung – Sucht - Persönlichkeitsstörung •Traumatisierungen gehen häufig sowohl Suchterkrankungen als auch Persönlichkeitsstörungen voraus. • Frühe Traumatisierungen sind oft Ursache von Störungen des zentralen Stressverarbeitungssystems wie von strukturellen Defiziten in der Persönlichkeitsentwicklung. • Suchtkranke mit comorbider Traumafolgestörung leiden sehr oft auch an einer Persönlichkeitsstörung. • Symptome der Traumafolgestörung werden durch manifeste Suchterkrankungen überformt, weshalb sie oft nicht diagnostiziert werden. • Suchtmittel werden dann als „Selbstmedikation“ eingesetzt. • Suchtkranke mit comorbider PtBS/Persönlichkeitsstörung haben ein schlechteres outcome. Integrative Behandlung • Suchtkranke sollten zeitgleich störungsspezifisch (PtBS-Symptomatik, Affektdysregulation, Depression) behandelt werden. • Dabei sollte der Behandlungsfokus auf der momentan führenden Symptomatik liegen. • Die Suchterkrankung hat großen Einfluss auf den Behandlungsverlauf der comorbiden Störungen und deren Symptomatik. • Deshalb muss die Suchterkrankung in allen Behandlungsphasen Berücksichtigung finden. Besserungen der einen Störung ziehen Besserungen der anderen Störung nach sich. Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit [email protected]