∑ ∫ - TUM

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Es ist also möglich, einer Netzebene mit den Miller’schen Indizes (h k l) eindeutig einem
reziproken Gittervektor G hkl = hb1 + kb 2 + lb 3 zuzuordnen. Der Schritt zurück zu G k ist
trivial:
G k = nGhkl = nhb1 + nkb 2 + nlb 3 = k1b1 + k 2b 2 + k 3b 3 .
Wichtiger Unterschied: Während die Miller’schen Indizes (h k l) eindeutig definiert sind
und eine Ebene bezeichnen, stellen die Indizes k 1 , k 2 , k 3 die Koordinaten eines
reziproken Gittervektors dar.
In der Kristallographie wird der Unterschied zwischen (h k l) und (k 1 k2 k3 ) meist nicht
gemacht und es hat sich eingebürgert, die Braggpeaks ebenfalls mit (h k l) zu bezeichnen.
Wir werden im folgenden ebenfalls (h k l) zur Bezeichnung von reziproken
Gittervektoren verwenden. Aufgrund der Definition der Miller’schen Indizes ist die
korrekte Zuordnung meistens eindeutig. Wir werden im folgenden Paragrapfen sehen,
dass Streuvektoren mit Q = nG hkl Information über die n-te Fourierkomponente der
Streudichteverteilung ρ (r ) enthalten.
Einfache Faustregel:
Wenn in einem Diffraktionsexperiment bei einem Winkel Θ, oder Streuvektor Q ein
Intensitätsmaximum beobachtet wird, dann wiederholt sich ein Strukturelement (i.e. eine
Netzebene) mit einer Periodizität d hkl .
2.6. Fouriertransformationen, Formfaktor
Wegen der Gitterperiodizät gilt für Funktionen ρ (r ) , die Eigenschaften des Gitters
beschreiben (insbesondere die Position von Atomen):
ρ ( r) = ρ (r + R n ) .
Damit kann man ρ (r ) in eine Fourierreihe entwickeln:
ρ ( r) =
∑f
Q= Gk
Q
e iQ⋅r ,
wobei die Koeffizienten gegeben sind durch:
F{ρ ( r)} = f Q =
1
V0
∫ dre
−i Q⋅r
ρ (r ) .
V0
Begründung: Wegen der Periodizität des Gitters kann man ρ (r ) immer in eine Summe
von orthogonalen Funktionen zerlegen, die die Periodizität des Gitters haben,
insbesondere in Funktionen exp( i Q ⋅ r ) , wobei Q = Gk entspricht:
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e iG k ⋅( r +R n ) = e iG d ⋅r .
Amplitude
1.0
0.5
0.0
-0.5
-1.0
sin( φ)
1.0
0.5
0.0
-0.5
-1.0
sin(4φ)
1.0
0.5
0.0
-0.5
-1.0
sin(3φ)
1.0
0.5
0.0
-0.5
-1.0
sin(2φ)
0
2
4
Phase (rad)
6
File UNTITLED.opj
Beachte:
•
die Summe erfolgt über alle reziproken Gitterpunkte Q = G k
•
dr ist äquivalent zu d 3 r .
Allgemein können wir natürlich auch die Rücktransformation F-1{} definieren, die auch
für nicht-periodische Funktionen f gilt:
F −1{ f Q } = f (r ) =
1
dQe iQ ⋅r f Q .
3 ∫
( 2π ) V0
Die Integralschreibweisen für die Fouriertransformationen F{} und F-1{} eignen sich
nicht nur für periodische Strukturen, sondern insbesondere auch für die statistische
Beschreibung von nicht-periodischen Materialen und deren Korrelationen (z.B. Gläser,
Polymere etc.).
Laue-Theorie: für punktförmige Streuzentren erhielten wir für die Streuamplitude:
Atot = A0 f ∑ e − iQ⋅R n .
n
Für eine kontinuierliche Streudichteverteilung definiert man analog:
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A(Q ) =
1
V0
∫ drρ (r)e
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−i Q⋅ r
V0
Vorzeichen von Q im Exponenten: Hängt von der Definition des Streuvektors ab:
Q = k 0 − k oder Q = k − k 0 . Bitte gesunden Menschenverstand walten lassen. Da wir ja
eigentlich immer “nur” Intensitäten messen können, wirkt sich das Vorzeichen nicht aus.
Vorsicht aber bei Messungen, die Amplituden bestimmen (z.B. Holographie).
Beispiele für Fouriertransformationen:
•
F{Gaussfunktion} = Gaussfunktion
•
F{δ (r )} = ∫ drδ ( r) e
− i Q⋅r
=1
V0
•
Umkehrtransformation: F −1{1} =
1
dQ e iQ⋅r = δ (r )
3 ∫
( 2π )
Punktgitter definiert durch Gittervektoren R n = n1a1 + n2a 2 + n3a 3 :
ρ ( r) = f ∑ δ ( r − R n )
n
Fouriertransformation davon:
A(Q ) = F{ρ (r )} =
1
V0
∫
drf ∑ δ (r − R n ) e − iQ ⋅r =
n
V0
f
V0
∑ ∫
n
drδ ( r − R n )e −iQ⋅r =
V0
f
V0
∑
n
Mit der Konstanten A0 = 1 / V0 entspricht die Fouriertransformierte der
Streudichteverteilung ρ (r ) exakt dem Ausdruck, den wir mit der von Laue Theorie
erhalten haben.
Damit haben wir ein einfaches Vorgehen gefunden, um die Streuamplitude von
beliebigen Streudichteverteilungen zu berechnen:
Die Intensitätsverteilung der gestreuten Strahlung in Funktion des Streuvektors Q ist
gegeben durch das Quadrat der Fouriertransformierten der Streudichteverteilung :
A(Q ) =
1
V0
∫ drρ (r)e
V0
−i Q⋅ r
I (Q ) = A* ( Q) A(Q )
e −iQ⋅ Rn
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Diese Vorgehensweise nennt man auch 1. Born’sche Approximation oder kinematische
Theorie.
Theorem über Fouriertransformationen:
Die Fouriertransformierte einer Faltung entspricht dem Produkt der
Fouriertransformierten:
F{ρ1 (r ) ⊗ ρ 2 (r )) = F {ρ1 (r )} ⋅ F{ρ 2 (r )}
Beweis durch Ausrechnen unter Berücksichtigung der Definition für die Faltung:
ρ1 (r) ⊗ ρ 2 (r ) ≡ ∫ ρ1 (r ' ) ρ 2 ( r − r ' ) dr' .
Anwendung auf Röntgenstreuung: Die Elektronenverteilung n e (r ) in einem Atom ist
nicht punktförmig sondern ausgedehnt über Distanzen von der Grössenordnung R A ≈ 1 Å
(≅ Bohr’scher Radius). Die Amplitude A(Q) muss also noch mit der
Fouriertransformierten F{ne ( r)} der Elektronenverteilung multipliziert werden:
A falt (Q ) = A(Q ) ne (Q ) .
In erster Näherung ist n e ( Q) = F {ne (r )} eine Gaussfunktion mit einer Breite von
2π / R A . Daraus folgt, dass in der Röntgenstreuung Braggpeaks mit grossen (h k l) rasch
in Intensität abnehmen. Aus dem Abfall kann man Aussagen über die Ausdehnung der
Elektronenbahnen gewinnen.
1.2
80
(Fouriertransformierte der Elektronendichte)
Beugung an Kristall, simuliert mit 8 "Atomen"
2
1.0
60
Intensität
Intensität
0.8
0.6
0.4
40
20
0.2
0.0
0
4
0
8
.
Streuvektor (arb.
units)
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File UNTITLED.opj
0
4
8
.
Streuvektor (arb.
units)
10/28/2002
File UNTITLED.opj
Anwendung auf Neutronenstreuung: Neutronen werden an den Kernen gestreut. Deren
Ausdehnung ist typisch 1000 mal kleiner als der der Elektronen. D.h. die Braggpeaks mit
grossen (h k l) sind intensiv. Im direkten Raum kann man also sehr kleine d hkl messen,
das entspricht einer sehr hohen Ortsauflösung. Deshalb kann man mit Neutronen die
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Position der Atome (mehr korrekt: der Kerne) sehr genau bestimmen. Dazu kommt, dass
Neutronen auch von leichten Materialien stark gestreut werden.
2.7. Strukturfaktoren, Beispiele
Bevor wir uns mit allgemeinen Gitterstrukturen beschäftigen, wollen wir noch einige
wichtige, einfache Gitter diskutieren.
Gesehen: einfach kubisches Gitter führt im reziproken Raum wieder zu einem einfach
kubischen Gitter. Für alle reziproken Gitterpunkte G k = hb1 + kb 2 + l b 3 beobachtet man
Braggpeaks.
Nun betrachten wir ein kubisch-raumzentriertes (krz, bcc) Gitter, wie es zum Beispiel
für Fe und Cr von der Natur realisiert ist:
Als Basis wählen wir die mit dem roten Pfeil verbundenen Atome A und B, die auf einem
einfachen kubischen Gitter angeordnet sind:
•
•
Position von Atom A in der Einheitszelle:
Position von Atom B in der Einheitszelle:
(1 1 1)
( a2 a2 a2 )
Reziproker Gittervektor für einfach kubisches Gitter:
Die Fouriertransformierte der Einheitszelle lautet:
Gk =
2π
( hx + ky + l z)
a
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SK = F { ρ Basis( r )} = ∫ dr ( f δ (rA = ( 000)) + f δ (rB = ( a2 a2 a2 ) )e− iG k ⋅r = f (1 + ei π ( h +k +l ) ) = f (1 + (− 1) h +k +l )
V0
•
•
SK = 2 f , falls h + k + l = gerade
S K = 0 , falls h + k + l = ungerade.
Im Gegensatz zum einfach kubischen Gitter sind nicht mehr alle Braggpeaks (h k l)
sichtbar, einige interferieren sich aus.
Anschaulich klar: Durch Einfügen des raumzentrierten Punkts wird der Abstand der
Netzebenen entlang der x-Richtung (h 0 0) halbiert. Im reziproken Raum verdoppelt sich
also der Abstand dhkl der Netzebenen. Deshalb treten nur Braggpeaks (2n 0 0) auf und
kein Braggpeaks bei (2n+1 0 0).
Betrachte die Ebene l = 0 im reziproken Raum: Die schwarzen Punkte bilden gerade die
Grundflächen eines kubisch-flächenzentrierten Gitters: Das reziproke Gitter des kubischraumzentrierten Gitters ist ein kubisch-flächenzentriertes Gitter.
Analog erhält man für das kubisch-flächenzentrierte (kfz, fcc) Gitter (Al, Ni, Cu):
•
SK = 4 f , falls die Miller’schen Indizes h, k, l nur gerade oder nur ungerade sind:
(113) und (220) treten auf.
•
S K = 0 , falls h, k, l gerade und ungerade sind: (110) oder (210) treten nicht auf.
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Vergleiche die Ebenen l = 0 und l = 1 im reziproken Raum: Das reziproke Gitter des
kubisch-flächenzentrierten Gitters ist ein kubisch-raumzentriertes Gitter.
Beispiel eines einfachen, zweiatomigen Gitters: Die NaCl Struktur
Gitter besteht aus zwei ineinandergestellten, kfz-Gittern die zueinander in die drei
Würfelkantenrichtungen a / 2 verschoben sind. Damit besteht Basis aus 8 Punktlagen.
Na
Cl
Atom
uj
vj
wj
1
2
3
4
5
6
7
8
0
½
½
0
½
½
0
0
0
½
0
½
½
0
½
0
0
0
½
½
½
0
0
½
Streuamplitude
f Na
f Na
f Na
f Na
f CL
f CL
f CL
f CL
Für den Strukturfaktor erhält man:
SK = f Na (1 + ei π ( h+ k ) + ei π ( h +l ) + e iπ ( k +l ) ) + fCl (e iπ ( h+ k+l ) + ei πh + ei πk + eiπl )
Daraus ergeben sich die Intensitäten:
S NaCl = 0 :
S NaCl = 4( f Na + f Cl )
S NaCl = 4( f Na − f Cl )
falls die Zahlen h, k, l gerade und ungerade sind: (312), (014)
falls die Zahlen h, k, l alle gerade sind: (202), (246)
falls die Zahlen h, k, l alle ungerade sind: (123), (511).
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Vorsicht: Obwohl KCl ebenfalls die NaCl-Struktur hat, sieht man keine ungeraden
Reflexe. Der Grund liegt darin, dass die Anzahl der streuenden Elektronen der Ionen K+
und Cl- gleich sind, nämlich Z = 19-1 = 18 und Z = 17+1 = 18.
Diamantgitter: Ziemlich kompliziert: Es setze sich zusammen aus einem kubischflächenzentrierten Gitters wobei zu jedem Gitterpunkt eine zweiatomige Basis mit den
Koordinaten (0 0 0) und ( 14 14 14 ) besteht. Beispiele: Diamant (C), Si, Ge.
Wir schliessen daraus, dass das Diamantgitter im Prinzip den Auslöschungsbedingungen
des kfz-Gitters genügt:
•
S kfz ≠ 0 , falls h, k, l nur gerade oder nur ungerade sind.
•
S kfz = 0 , falls h, k, l gerade und ungerade sind.
Zusätzlich beachten wir jetzt das Faltungstheorem für Fouriertransformationen:
S diamant = S kfz ⋅ S basis .
S basis ist gegeben durch:
S basis = 1 + e
Wertetabelle für erlaubte kfz-Braggpeaks:
• (0 0 0):
• (2 0 0), (0 2 0), (0 2 0):
• (2 2 0), (0 2 2), (2 0 2):
• (2 2 2):
• (1 1 1):
2π i ( h + k + l )
4 4 4
S basis = 2
S basis = 0
S basis = 2
S basis = 0
S basis = −i
allgemein: Bedingungen für Diamantstruktur:
•
•
•
=1+ e
S diamant ≠ 0 für h + k + l = 4n
S diamant ≠ 0 für h + k + l = 2n + 1
S diamant = 0 für h + k + l = 2 n + 2 , etc.
i π ( h+ k + l )
2
.
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2.8. Strukturfaktoren, allgemein:
Abschliessend leiten wir den allgemeinen Ausdruck für den Strukturfaktor her:
SK = ∑ f j e
iq j ⋅ G k
j
= ∑ f je
i ( u j a1 ⋅G k +v ja 2 ⋅G k + w ja 3 ⋅ G k )
j
zusammen mit den Laue-Gleichungen folgt:
Sk = ∑ f j e
2πi (u jk1 +v j k2 + w j k 3 )
.
j
Damit wird jedem Punkt des reziproken Gitters ein bestimmter Wert des Strukturfaktors
zugeordnet. In anderen Worten: Durch Messen der Intensitäten der Braggpeaks für
verschiedene (h k l) kann man Aussagen treffen über den Aufbau der Einheitszelle.
Nochmals in Kürze:
•
Durch die Wahl der Einheitszelle legt man die Gittervektoren a1 , a2 , und a3 fest.
Damit legt man auch die Position der Atome j fest, die durch die Vektoren qj
gegeben ist.
•
Damit ist auch das reziproke Gitter b1 , b2 , und b3 eindeutig festgelegt und damit
die Lage der reziproken Gitterpunkte und deren Indexierung (h k l). Beachte,
durch Drehen des Kristalls (seines direkten Gitters) dreht man auch das reziproke
Gitter des Kristalls. Die beiden Gitter sind starr miteinander verbunden.
•
Der Strukturfaktor S k beschreibt die Intensität der Braggpeaks (h k l). Aufgrund
von speziellen Symmetrien der Basis ist es möglich, dass Braggpeaks mit
gewissen Indizes (h k l) eine Intensität 0 haben (vergleiche krz- und kfz-Gitter).
Zur Erinnerung:
A falt (Q ) = A( Q ) S k (Q ) ne (Q )
Bemerkung zur Eindeutigkeit der Wahl der Einheitszelle: Die Berechnung der
Strukturfaktoren zeigt bei der Wahl einer zu grossen Basis, dass viele Braggpeaks
eine Intensität 0 haben. Das Diffraktionsbild ist natürlich unabhängig von der Wahl
der Gittervektoren.
•
Aus gemessenen
alleine, kann man
Streuintensitäten
wegen dem
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Verlust der Phase nicht eindeutig auf die Struktur zurückschliessen.
Lösungsansätze: Holographie, isomorphe Substitution, Variation der Streuphasen
(Synchrotronstrahlung) etc.
•
Zur Strukturbestimmung ist kohärente Strahlung (Laser ↔ Glühbirne)
notwendig.
•
Der Streuprozess muss kohärent sein: Streuphase und Streulängen der streuenden
Objekte müssen identisch sein. Beispiel: In der Neutronenstreuung haben
verschiedene Isotope verschiedene Streulängen. Das kann zu grossen Anteilen an
inkohärenter (nicht interferierender) Streuung führen (Beispiel: Schwerer und
leichter Wasserstoff).
Gleiche Phase, verschiedene Amplitude:
A(Q) =
A(Q) =
1
V0
∫
V0
dr ∑ f n δ (r − R n )e −i Q⋅r =
n
1
V0
∑(f
n
n
+ ( f n − f n )) ∫ drδ (r − R n )e −iQ⋅ r =
V0
1
f
−i Q⋅R n
1
( f + ∆ f n )e −i Q⋅R n = ∑ e
+ ∑ ∆ f n e−iQ⋅R n
∑
V0 n
V0 n
V0 n
o Interferenzbedingung erfüllt: Q = G k : A(Q ) = N
o Allgemeines Q:
A(Q ≠ G k ) =
Verschiedene Phase und Amplitude:
1
V0
∑∆f
n
n
f
1
+
V0 V0
e −iQ⋅R n
∑∆ f
n
n
=N
f
V0
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