Kapitel 1: Aussagenlogik Teil II: Ein adäquater Kalkül der Aussagenlogik (Kapitel 1.5 - 1.6) Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1: Aussagenlogik (Teil II) 1 / 92 Kapitel 1.5 Ein adäquater Kalkül der Aussagenlogik Teil 1: Kalküle und Beweisbarkeit und die Korrektheit des Shoenfield-Kalküls Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.5: Kalküle 2 / 92 Syntaktischer Folgerungsbegriff: Beweisbarkeit Wir stellen nun dem semantischen Folgerungsbegriff einen syntaktischen Folgerungsbegriff, die Beweisbarkeit, gegenüber. Hierzu führen wir zunächst den Begriff eines Kalküls oder Axiomensystems sowie die zugehörigen Beweis- und Beweisbarkeitsbegriffe ein. Wir geben dann einen Kalkül der Aussagenlogik an (den Shoenfield-Kalkül S) und zeigen, dass Beweisbarkeit in diesem Kalkül mit dem semantischen Folgerungsbegriff zusammenfällt. Der Beweis besteht aus zwei Teilen: I Korrektheitssatz: nur semantische Folgerungen lassen sich beweisen I Vollständigkeitssatz: alle semantischen Folgerungen lassen sich beweisen (Hier beweisen wir zunächst nur den Korrektheitssatz und behandeln den aufwändigeren Beweis des Vollständigkeitssatzes im nächsten Abschnitt.) Da der Beweisbegriff rein syntaktisch beschrieben ist, liefert dies die gewünschte syntaktische Charakterisierung des Folgerungsbegriffs. Da Folgerungen aus der leeren Menge mit der Allgemeingültigkeit (al. Wahrheit) zusammenfallen, erhalten wir mit der Beweisbarkeit insbesondere eine rein syntaktische Charakterisierung der aussagenlogischen Wahrheit. Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.5: Kalküle 3 / 92 Übersicht 1.5.1 Kalküle: Beweise und Beweisbarkeit 1.5.2 Kalküle der Aussagenlogik: Korrektheit und Vollständigkeit 1.5.3 Der Shoenfield-Kalkül der Aussagenlogik und dessen Korrektheit Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.5: Kalküle 4 / 92 1.5.1 Kalküle: Beweise und Beweisbarkeit Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.5: Kalküle 5 / 92 Kalküle (Axiomensysteme) Ein (formaler) Kalkül K wird durch folgende Komponenten bestimmt: 1 die Sprache von K, die durch das (in der Regel abzählbare) Alphabet von K festgelegt ist 2 die Menge der Formeln von K, wobei diese eine Teilmenge der endlichen Folgen (d.h. der Wörter) über dem Alphabet von K ist 3 die Menge der Axiome von K, wobei diese eine Teilmenge der Menge der Formeln von K ist 4 die Menge der Regeln von K, wobei jede Regel R die Gestalt (R) ϕ1 , . . . , ϕn —————— ϕ hat, wobei n ≥ 1 und ϕ1 , . . . , ϕn , ϕ Formeln von K sind. ϕ1 , . . . , ϕn sind die Prämissen, ϕ die Konklusion von R. Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.5: Kalküle 6 / 92 Anforderungen an einen Kalkül: Sprache (Alphabet) I.a. wird man bei einem unendlichen Alphabet verlangen, dass man die Zeichen des Alphabets effektiv generieren kann. Im Falle der Aussagenlogik würde man z.B. das Alphabet {A0 , A1 , . . . , ¬, ∨, ∧, →, ↔, (, )} wählen. Wie wir bereits gesehen haben, kann man die Aussagenvariablen An effektiv generieren, indem man diese als Wörter über dem endlichen Alphabet {A, 1} (nämlich durch A1n ) darstellt. Man kann statt der Junktoren ¬, ∨, ∧, →, ↔ auch irgendeinen anderen Satz von Junktoren wählen, so lange die zugehörigen Booleschen Funktionen eine Basis bilden. Konkret werden wir hier einen Kalkül mit Alphabet {A0 , A1 , . . . , ¬, ∨, (, )} (also mit dem Junktorensatz {¬, ∨}) betrachten. Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.5: Kalküle 7 / 92 Anforderungen an einen Kalkül: Formeln Hier erwartet man, dass Formeln durch deren Form bestimmt sind, also syntaktisch charakterisiert sind. Dabei verlangt man, dass insbesondere entscheidbar ist, ob ein Wort über dem Alphabet des Kalküls eine Formel ist oder nicht. Interpretiert werden Formeln als Aussagen (Sätze) oder Aussageformen (Satzformen). Im Falle der Aussagenlogik würde man bei Zugrundelegung des Alphabets {A0 , A1 , . . . , ¬, ∨, ∧, →, ↔, (, )} die al. Formeln als Formelmenge wählen. Legt man einen anderen Junktorensatz zugrunde, sind die Formeln entsprechend definiert. Für das Alphabet {A0 , A1 , . . . , ¬, ∨, (, )} werden z.B. die Formeln induktiv definiert durch: I I I Jede Aussagenvariable An ist eine Formel. Ist ϕ eine Formel, so auch ¬ϕ. Sind ϕ und ψ Formeln, so auch (ϕ ∨ ψ). Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.5: Kalküle 8 / 92 Anforderungen an einen Kalkül: Axiome Auch hier erwartet man, dass die Axiome durch deren Form bestimmt sind, also syntaktisch charakterisiert sind, und dass es entscheidbar ist, ob eine Formel ein Axiom ist. Ist die Axiomenmenge unendlich, so liegen in der Regel endlich viele Axiomenschemata vor, wobei jedes Axiomenschema eine (unendliche) Menge von Formeln mit einer gemeinsamen syntaktischen Eigenschaft ist. Interpretiert werden Axiome als wahre Aussagen (Sätze) oder wahre Aussageformen (Satzformen). Beispiele für mögliche Axiomenschemata im Falle der Aussagenlogik sind (ϕ ∨ ¬ϕ) oder (ϕ → ¬¬ϕ) wobei ϕ eine beliebige Formel (bzgl. der zugehörigen Sprache) ist. Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.5: Kalküle 9 / 92 Anforderungen an einen Kalkül: Regeln Auch hier erwartet man wie bei Formeln und Axiomen, dass die Regeln durch deren Form bestimmt sind, also syntaktisch charakterisiert sind, und dass es entscheidbar ist, ob eine Formelfolge eine Regel ist. Ist die Regelmenge unendlich, so geht man entsprechend wie bei den Axiomen davon aus, dass endlich viele Regelschemata vorliegen, wobei jedes Regelschema eine (unendliche) Menge von Formelfolgen (fester endlicher Länge) mit einer gemeinsamen syntaktischen Eigenschaft ist. Interpretiert werden Regeln als zulässige Folgerungen. Beispiele für mögliche Regelschemata im Falle der Aussagenlogik sind ϕ ——— ¬¬ϕ Mathematische Logik (WS 2016/17) oder ϕ, ϕ → ψ ————– ψ Kapitel 1.5: Kalküle (modus ponens) 10 / 92 Kalküle: Beweise und Beweisbarkeit DEFINITION. Sei K ein Kalkül. Ein (K-) Beweis der (K-) Formel ϕ (oder eine (K-) Herleitung von ϕ) ist eine endliche Folge ψ1 , . . . , ψn von (K-) Formeln, sodass folgendes gilt: ϕ ≡ ψn Jede Formel ψm (1 ≤ m ≤ n) ist I I ein (K-) Axiom oder die Konklusion einer (K-) Regel R, deren Prämisse(n) in {ψ1 , . . . , ψm−1 } liegen. n ist die Länge des Beweises ψ1 , . . . , ψn . DEFINITION. Eine (K-) Formel ϕ is (K-) beweisbar, wenn es einen (K-) Beweis von ϕ gibt. NB: Jedes (K-) Axiom ϕ ist ein (K-) Beweis (der Länge 1) und damit (K-) beweisbar. Als nächstes relativieren wir den Beweis(barkeits)begriff um so die syntaktische Entsprechung zum semantischen Folgerungsbegriff zu erhalten: Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.5: Kalküle 11 / 92 Kalküle: Beweise und Beweisbarkeit aus T DEFINITION. Sei K ein Kalkül und T eine Menge von (K-) Formeln. Ein (K-) Beweis der (K-) Formel ϕ aus T ist eine endliche Folge ψ1 , . . . , ψn von (K-) Formeln, sodass folgendes gilt: ϕ ≡ ψn Jede Formel ψm (1 ≤ m ≤ n) ist I I I ein (K-) Axiom oder eine Formel aus der Formelmenge T oder die Konklusion einer (K-) Regel R, deren Prämisse(n) in {ψ1 , . . . , ψm−1 } liegen. n ist die Länge des Beweises ψ1 , . . . , ψn . DEFINITION. Eine (K-) Formel ϕ is (K-) beweisbar aus T , wenn es einen (K-) Beweis von ϕ aus T gibt. NB: Jede Formel ϕ ∈ T ist ein (K-) Beweis (der Länge 1) aus T und damit (K-) beweisbar aus T . Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.5: Kalküle 12 / 92 Kalküle: Beweise und Beweisbarkeit: Schreibweisen Im Folgenden sei K ein Kalkül, T eine Menge von K-Formeln und ϕ eine K-Formel. SCHREIBWEISE: T `K ϕ :⇔ `K ϕ :⇔ ϕ is K-beweisbar aus T ∅ `K ϕ ⇔ ϕ is K-beweisbar Ist K aus dem Kontext bekannt, so schreiben wir ` statt `K . Entsprechend sagen wir Formel, Beweis, etc. statt K-Formel, K-Beweis etc. Weiter sagen wir statt (K-)Beweis aus T auch kurz T -Beweis und entsprechend T -beweisbar statt (K-)beweisbar aus T . Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.5: Kalküle 13 / 92 Einfache Eigenschaften der Beweisbarkeit Im Folgenden sei K ein Kalkül, T , T 0 Mengen von K-Formeln und ϕ eine K-Formel. Dann gelten: MONOTONIELEMMA FÜR `. Falls T ⊆ T 0 und T ` ϕ, so gilt auch T 0 ` ϕ. BEWEIS. Aus T ⊆ T 0 folgt, dass jeder T -Beweis auch ein T 0 -Beweis ist. NB. Insbesondere lässt sich also jede beweisbare Formel aus allen Formelmengen T beweisen. TRANSITIVITÄTSLEMMA FÜR `. Gelte T ` ϕ und gelte weiter T 0 ` ψ für alle ψ ∈ T . Dann gilt T 0 ` ϕ. BEWEISIDEE: s. nächste Folie. NB: Man beachte, dass die entsprechenden Aussagen auch für den semantischen Folgerungsbegriff gelten! Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.5: Kalküle 14 / 92 Beweis des Transitivitätslemmas und das Prinzip der Herleitungsinduktion TRANSITIVITÄTSLEMMA FÜR `. Gelte T ` ϕ und gelte weiter T 0 ` ψ für alle ψ ∈ T . Dann gilt T 0 ` ϕ. BEWEISIDEE: Nach Annahme gibt es einen Beweis ϕ ~ = ϕ1 , . . . , ϕn−1 , ϕ von ϕ ~ = ψ1 , . . . , ψm−1 , ψ von ψ aus T 0 . aus T und für jedes ψ ∈ T einen Beweis ψ Ersetzt man nun jede Formel ψ ∈ T , die in dem Beweis ϕ ~ von ϕ aus T vorkommt, ~ aus T 0 , so erhält man einen Beweis von ϕ aus T 0 . durch deren Beweis ψ Formal zeigt man die Behauptung - wie generell Aussagen über (T -)Beweise ϕ ~ bzw. die (T -)Beweisbarkeit von Formeln ϕ - durch Herleitungsinduktion, d.h. durch Induktion nach der Länge n des (T -)Beweises ϕ ~ = ϕ1 , . . . , ϕn−1 , ϕn bzw. durch Induktion nach der Länge des kürzesten Beweises von ϕ. Hierbei beachte man, dass jedes nichtleere Anfangsstück ϕ1 , . . . , ϕm (1 ≤ m ≤ n) des (T -)Beweises ϕ ~ = ϕ1 , . . . , ϕn−1 , ϕn wiederum ein (T -)Beweis (und zwar von der Formel ϕm ) ist. Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.5: Kalküle 15 / 92 Der Endlichkeitssatz für die T -Beweisbarkeit ENDLICHKEITSSATZ FÜR `. Falls T ` ϕ gilt, so gibt es eine endliche Teilmenge T0 von T mit T0 ` ϕ. BEWEIS. Es gelte T ` ϕ. Dann gibt es einen Beweis ϕ ~ = ϕ1 , . . . , ϕn = ϕ1 , . . . , ϕn−1 , ϕ von ϕ aus T . Setze T0 = T ∩ {ϕ1 , . . . , ϕn }. Offensichtlich ist T0 eine endliche Teilmenge von T . Weiter ist ϕ ~ ein Beweis von ϕ aus T0 . Also T0 ` ϕ. Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.5: Kalküle 16 / 92 Kalküle: Widerspruchsfreiheit DEFINITION. Der Kalkül K is widerspruchsfrei (oder konsistent), falls es (mindestens) eine K-Formel ψ mit 6` ψ gibt. Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.5: Kalküle 17 / 92 1.5.2 Kalküle der Aussagenlogik: Korrektheit und Vollständigkeit Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.5: Kalküle 18 / 92 Kalküle der Aussagenlogik Im Folgenden nennen wir einen Kalkül K einen Kalkül der Aussagenlogik, wenn die Sprache von K auf dem Alphabet A = {A0 , A1 , . . . , j1 , . . . , jk , (, )} basiert, wobei die Junktoren j1 , . . . , jk eine Basis der Booleschen Funktionen definieren, und die Formeln wie üblich gebildet sind. Also - im Falle, dass nur 1-stellige und 2-stellige Junktoren in A vorkommen - die Formeln induktiv definiert sind durch: (F1) Jede Aussagenvariable Ai (i ≥ 0) ist eine Formel. (F2) Ist ∗ ein 1-st. Junktor und ϕ eine Formel, so ist auch ∗ϕ eine Formel. (F3) Ist ∗ ein 2-st. Junktor und ϕ1 und ϕ2 Formeln, so ist auch (ϕ1 ∗ ϕ2 ) eine Formel. Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.5: Kalküle 19 / 92 Korrektheit und Vollständigkeit: Definitionen DEFINITION. Sei K ein Kalkül der Aussagenlogik. K ist korrekt bzgl. der Allgemeingültigkeit, falls jede K-beweisbare Formel ϕ allgemeingültig ist, also `K ϕ ⇒ ϕ für alle K-Formeln ϕ gilt. K ist korrekt bzgl. Folgerungen, falls jede aus einer Formelmenge T K-beweisbare Formel ϕ aus T (semantisch) folgt, also T `K ϕ ⇒ T ϕ für alle K-Formelmengen T und alle K-Formeln ϕ gilt. K ist vollständig bzgl. der Allgemeingültigkeit, falls jede allgemeingültige Formel ϕ K-beweisbar ist, also ϕ ⇒ `K ϕ für alle K-Formeln ϕ gilt. K ist vollständig bzgl. Folgerungen, falls jede aus einer Formelmenge T folgende Formel ϕ aus T K-beweisbar ist, also T ϕ ⇒ T `K ϕ für alle K-Formelmengen T und alle K-Formeln ϕ gilt. Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.5: Kalküle 20 / 92 Korrektheit und Vollständigkeit: Bemerkungen Wegen `K ϕ ⇔ ∅ `K ϕ und ϕ ⇔ ∅ϕ impliziert Korrektheit (Vollständigkeit) bzgl. Folgerungen auch Korrektheit (Vollständigkeit) bzgl. der Allgemeingültigkeit. Die Umkehrung gilt i.a. nicht. Im Folgenden sagen wir kurz Korrektheit (Vollständigkeit) anstelle von Korrektheit (Vollständigkeit) bzgl. Folgerungen und wir nennen einen Kalkül K der Aussagenlogik adäquat, wenn K korrekt und vollständig ist, also stets T `K ϕ ⇔ T ϕ gilt. Der syntaktische Beweisbarkeitsbegriff in einem adäquaten Kalkül der Aussagenlogik fällt also gerade mit dem semantischen Folgerungsbegriff zusammen (und die beweisbaren Formeln sind gerade die allgemeingültigen Formeln). Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.5: Kalküle 21 / 92 Nachweis der Korrektheit eines Kalküls Um zu zeigen, dass ein Kalkül K der Aussagenlogik korrekt (bzgl. Folgerungen) ist, genügt es zu zeigen, dass die Axiome allgemeingültig sind und die Regeln korrekt bzgl. Folgerungen sind. Hierbei heißt eine Regel (R) ϕ1 , . . . , ϕn ϕ korrekt (bzgl. Folgerungen), wenn ϕ1 , . . . , ϕn ϕ gilt. Um dies zu zeigen, beweisen wir das folgende Korrektheitslemma. Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.5: Kalküle 22 / 92 Korrektheitslemma KORREKTHEITSLEMMA. Sei K ein Kalkül der Aussagenlogik, dessen Axiome allgemeingültig sind und dessen Regeln korrekt bzgl. Folgerungen sind. Dann ist K korrekt bzgl. Folgerungen. BEWEIS: Es gelte T ` ϕ. Zu zeigen: T ϕ. Sei ϕ0 , . . . , ϕn ein Beweis von ϕ aus T . Wegen ϕ ≡ ϕn genügt es T ϕi für i ≤ n durch Ind(i) (= Herleitungsinduktion) zu zeigen. Zum Nachweis von T ϕi unterscheide die folgenden drei möglichen Fälle: I I I ϕi Axiom: Dann ist (nach Annahme) ϕi allgemeingültig weshalb insbesondere T ϕi gilt. ϕi ∈ T : Dann gilt trivialerweise T ϕi . ϕi ist mit Hilfe einer Regel R aus ϕj0 , . . . , ϕjk mit j0 , . . . , jk < i erschlossen. Dann gilt nach I.V. T ϕjm für m ≤ k. Da R nach Annahme korrekt bzgl. Folgerungen ist - also ϕj0 , . . . , ϕjk ϕi gilt - folgt T ϕi mit der Transitivität von . Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.5: Kalküle 23 / 92 Korrektheitslemma für die Allgemeingültigkeit Entsprechend kann man zeigen, dass ein Kalkül K der AL korrekt bzgl. der Allgemeingültigkeit ist, falls die Axiome allgemeingültig sind und die Regeln korrekt bzgl. der Allgemeingültigkeit sind. Hierbei heißt eine Regel (R) ϕ1 , . . . , ϕn ϕ korrekt bzgl. der Allgemeingültigkeit, wenn aus der Allgemeingültigkeit von ϕ1 ∧ · · · ∧ ϕn die Allgemeingültigkeit von ϕ folgt. KORREKTHEITSLEMMA FÜR DIE ALLGEMEINGÜLTIGKEIT. Sei K ein Kalkül der Aussagenlogik, dessen Axiome allgemeingültig sind und dessen Regeln korrekt bzgl. der Allgemeingültigkeit sind. Dann ist K korrekt bzgl. der Allgemeingültigkeit, d.h. jede beweisbare Formel ist allgemeingültig. Wir verzichten auf den einfachen Beweis, da wir im Folgenden nur an der stärkeren Korrektheit bzgl. Folgerungen interessiert sind. Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.5: Kalküle 24 / 92 Korrektheit von Regeln: Korrektheit bzgl. vs. Korrektheit bzgl. ag Wie sich schon implizit aus den vorhergehenden Korrektheitslemmata ergibt, gilt: LEMMA. Sei R korrekt bzgl. Folgerungen. Dann ist R auch korrekt bzgl. der Allgemeingültigkeit. BEWEIS: R korrekt bzgl. Folgerungen ⇒ ⇒ ⇒ ⇒ ⇒ ⇒ ϕ1 , . . . , ϕn ϕ (nach Definition der Korrektheit bzgl. ) ∀ B [B(ϕ1 ) = · · · = B(ϕn ) = 1 ⇒ B(ϕ) = 1] (nach Definition von ) ∀ B [B(ϕ1 ∧ · · · ∧ ϕn ) = 1 ⇒ B(ϕ) = 1] (nach Definition der Bewertungen) ∀ B [B(ϕ1 ∧ · · · ∧ ϕn ) = 1] ⇒ ∀ B [B(ϕ) = 1] (logischer Schluss) ag[ϕ1 ∧ · · · ∧ ϕn ] ⇒ ag[ϕ] (nach Definition von ag) R korrekt bzgl. Allgemeingültigkeit (nach Definition der Korrektheit bzgl. ag) Die Umkehrung gilt i.a. nicht. Wir betrachten im Folgenden zwei Beispiele zur Korrektheit von Regeln. Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.5: Kalküle 25 / 92 Beispiele zur Korrektheit von Regeln: Einsetzungsregel BEISPIEL 1. Wie wir bereits in Kapitel 1.2.2 gezeigt haben (s. Lemma 8 dort), ist die Einsetzungsregel (Ein) ϕ ϕ[ψ/X ] korrekt bzgl. der Allgemeingültigkeit. Die Einsetzungsregel ist aber nicht korrekt bzgl. Folgerungen. Hierzu kann man folgendes Gegenbeispiel betrachten: ϕ :≡ X ψ :≡ ¬X Also: ϕ[ψ/X ] ≡ ¬X Wegen X 6 ¬X gilt also ϕ 6 ϕ[ψ/X ]. Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.5: Kalküle 26 / 92 Beispiele zur Korrektheit von Regeln: Ersetzungsregel BEISPIEL 2. Wie wir bereits in Kapitel 1.2.2 gezeigt haben (s. Lemma 9 dort), ist die Ersetzungsregel (Ers) χ falls ϕ äq ψ χ(ϕ/ψ) korrekt bzgl. Folgerungen (also insbesondere korrekt bzgl. Allgemeingültigkeit). (Dies folgt aus der Formulierung von Lemma 9 unter Verwendung von Lemma 4 in Kapitel 1.2.2, wobei letzteres gerade besagt, dass eine Formel ψ1 genau dann zu einer Formel ψ2 äquivalent ist, wenn die Äquivalenzformel ψ1 ↔ ψ2 allgemeingültig ist.) Im Folgenden werden wir einen Kalkül der Aussagenlogik angeben und von diesem zeigen, dass er adäquat ist. Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.5: Kalküle 27 / 92 1.5.3 Der Shoenfield-Kalkül der Aussagenlogik und dessen Korrektheit Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.5: Kalküle 28 / 92 Shoenfields Kalkül S der Aussagenlogik: Sprache und Formeln Dem Shoenfield-Kalkül S liegt die Basis {¬, ∨} zugrunde. Die Sprache von S ist also durch das Alphabet {A0 , A1 , . . . , ¬, ∨, (, )} gegeben. Wie bereits oben ausgeführt, führt dies zu folgender induktiver Definition der (S-)Formeln: I I I Jede Aussagenvariable ist eine Formel. Ist ϕ eine Formel, so auch ¬ϕ. Sind ϕ1 und ϕ2 Formeln, so auch (ϕ1 ∨ ϕ2 ). Aussagenlogische Formeln, die nicht von diesem Typ sind, fassen wir als Abkürzungen von S-Formeln auf, wobei wir folgende Identitäten verwenden: (i) (ϕ ∧ ψ) :≡ ¬(¬ϕ ∨ ¬ψ) (ii) (ϕ → ψ) :≡ (¬ϕ ∨ ψ) (iii) (ϕ ↔ ψ) :≡ ((ϕ → ψ) ∧ (ψ → ϕ)) wobei hier → und ∧ noch wie in (i) und (ii) zu ersetzen sind. Zur Erhöhung der Lesbarkeit verwenden wir wie bei den al. Formeln die früher eingeführten Regeln zur Klammerersparnis. Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.5: Kalküle 29 / 92 Shoenfields Kalkül S der Aussagenlogik: Axiome und Regeln Der Schoenfield-Kalkül besitzt ein Axiomenschema und vier Regelschemata: AXIOME ¬ϕ ∨ ϕ (≡ ϕ → ϕ) “tertium non datur” (Ax) REGELN ψ ϕ∨ψ Expansion (E) ϕ∨ϕ ϕ Kürzung (Kü) Mathematische Logik (WS 2016/17) ϕ ∨ (ψ ∨ δ) (ϕ ∨ ψ) ∨ δ Assoziativität (A) ϕ ∨ ψ, ¬ϕ ∨ δ ψ∨δ Kapitel 1.5: Kalküle Schnitt (S) 30 / 92 Korrektheit des Shoenfield-Kalküls S KORREKTHEITSSATZ. Der Schoenfield-Kalkül S ist korrekt (bzgl. Folgerungen): T `S ϕ ⇒ T ϕ Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.5: Kalküle 31 / 92 Beweis des Korrektheitssatzes Nach dem Korrektheitslemma genügt es zu zeigen, dass die Axiome von S allgemeingültig und die Regeln korrekt bzgl. Folgerungen sind. Dies lässt sich aber leicht nachweisen (und wurde zum großen Teil bereits in Kapitel 1.2.2 gezeigt). Wir zeigen hier nur die Korrektheit der Schnittregel: Wegen der Ersetzungsregel genügt es A ∨ B, ¬A ∨ C B ∨ C zu zeigen, wozu es wiederum genügt zu zeigen, dass für jede Belegung B : {A, B, C } → {0, 1} B(A ∨ B) = 1 und B(¬A ∨ C ) = 1 ⇒ B(B ∨ C ) = 1 gilt. Gelte also B(A ∨ B) = B(¬A ∨ C ) = 1. Dann gilt: I B(A) = 0 ⇒ B(B) = 1 (wegen B(A ∨ B) = 1) ⇒ B(B ∨ C ) = 1 I B(A) = 1 ⇒ B(¬A) = 0 ⇒ B(C ) = 1 (wegen B(¬A ∨ C ) = 1) ⇒ B(B ∨ C ) = 1 Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.5: Kalküle 32 / 92 Kapitel 1.6 Ein adäquater Kalkül der Aussagenlogik Teil 2: Vollständigkeit des Shoenfield-Kalküls Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 33 / 92 Übersicht 1.6.1 Vollständigkeit des Shoenfield-Kalküls 1.6.1.1 1.6.1.2 1.6.1.3 1.6.1.4 Zulässige Regeln Tautologiesatz und Vollständigkeitssatz für endliches T Deduktionstheorem Erfüllbarkeitslemma 1.6.2 Folgerungen aus dem Vollständigkeitssatz Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 34 / 92 1.6.1 Vollständigkeit des Shoenfield-Kalküls Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 35 / 92 Vollständigkeit des Shoenfield-Kalküls S VOLLSTÄNDIGKEITSSATZ. Der Schoenfield-Kalkül S ist vollständig (bzgl. Folgerungen): T ϕ ⇒ T `S ϕ Der Beweis ist recht aufwändig und umfasst folgende Teilschritte: 1.6.1.1 Zulässige Regeln 1.6.1.2 Vollständigkeitssatz für T = ∅ (Tautologiesatz) und für endliches T 1.6.1.3 Deduktionstheorem: T ` ϕ → ψ ⇔ T ∪ {ϕ} ` ψ 1.6.1.4 Erfüllbarkeitslemma: Jede konsistente Formelmenge T ist erfüllbar. Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 36 / 92 Axiome und Regeln des Shoenfield-Kalküls S Bevor wir mit dem Beweis beginnen rufen wir uns Axiome und Regeln des Shoenfield-Kalküls S in Erinnerung: AXIOME ¬ϕ ∨ ϕ (≡ ϕ → ϕ) “tertium non datur” (Ax) REGELN ψ ϕ∨ψ Expansion (E) ϕ∨ϕ ϕ Kürzung (Kü) Mathematische Logik (WS 2016/17) ϕ ∨ (ψ ∨ δ) (ϕ ∨ ψ) ∨ δ Assoziativität (A) ϕ ∨ ψ, ¬ϕ ∨ δ ψ∨δ Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S Schnitt (S) 37 / 92 1.6.1.1 Zulässige Regeln Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 38 / 92 1. Schritt: Zulässige Regeln Wir diskutieren zunächst den Begriff der in einem Kalkül zulässigen Regeln und Axiome sowie den sich hieraus ergebenden Begriff der zulässigen Erweiterung eines Kalküls. Dann geben wir Beispiele von Regeln und Axiomen an, die im Shoenfield-Kalkül zulässig sind. Im Folgenden dürfen wir dann diese Regeln und Axiome dem Shoenfield-Kalkül S hinzufügen, da sich hierdurch die Menge der (aus einer Formelmenge T ) beweisbaren Formeln nicht ändert. Dies wird es uns erleichtern, die Beweisbarkeit von Formeln in S zu zeigen. Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 39 / 92 Erweiterungen von Kalkülen DEFINITION. Seien K und K0 Kalküle über derselben Sprache und mit identischen Formelmengen. K0 heißt Erweiterung von K (K ⊆ K0 ), wenn alle Axiome und Regeln von K Axiome und Regeln von K0 sind. Eine Erweiterung K0 von K ist konservativ (K ⊆konserv K0 ), wenn für alle T und ϕ T `K0 ϕ ⇒ T `K ϕ gilt. BEMERKUNGEN. Für K ⊆ K0 gilt: T `K ϕ ⇒ T `K0 ϕ. Für K ⊆konserv K0 gilt: T `K ϕ ⇔ T `K0 ϕ. In einer konservativen Erweiterung K0 eines Kalküls K sind also dieselben Formeln (aus einer Formelmenge T ) beweisbar wie in K. Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 40 / 92 Zulässige Regeln und Axiome DEFINITION. Eine Regel (R) ϕ1 , . . . , ϕn ϕ ist zulässig in dem Kalkül K (oder ableitbar in K), falls ϕ1 , . . . , ϕ n ` K ϕ gilt. Eine Formel ϕ ist ein zulässiges Axiom von K (oder ein ableitbares Axiom von K), falls `K ϕ gilt. NB: Jede Regel und jedes Axiom von K ist zulässig in K. Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 41 / 92 Zulässige Erweiterungen eines Kalküls DEFINITION. Eine Erweiterung K0 von K ist eine zulässige Erweiterung von K, wenn jedes Axiom und jede Regel von K0 in K zulässig ist. SATZ ÜBER ZULÄSSIGE ERWEITERUNGEN. Sei K0 eine zulässige Erweiterung von K. Dann ist K0 eine konservative Erweiterung von K. D.h. für jede Formelmenge T und jede Formel ϕ gilt: T `K ϕ ⇔ T `K0 ϕ BEWEISIDEE: Zum Beweis der nichttrivialen Richtung ⇐ nehme T `K0 ϕ an. Aus einem K0 -Beweis ϕ1 , . . . , ϕn von ϕ aus T erhält man einen K-Beweis von ϕ aus T durch folgende Ersetzungen (i = 1, . . . n): Ist ϕi ein Axiom von K0 aber nicht von K (also ein zulässiges Axiom von K), so ersetze ϕi durch einen K-Beweis von ϕi . Folgt ϕi aus Formeln ϕj1 , . . . , ϕjk , (wobei j1 , . . . , jk < i) mit Hilfe einer K0 -Regel (R), die keine K-Regel ist (also (R) ist eine zulässige Regel in K), so ersetze ϕi durch einen K-Beweis von ϕi aus ϕj1 , . . . , ϕjk . Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 42 / 92 Zulässige Axiome und Regeln für S: Vorbemerkungen Weisen wir eine Regel (Axiom) als zulässig im Shoenfield-Kalkül S nach, so dürfen wir diese(s) o.B.d.A. als Regel (Axiom) von S auffassen. Hierdurch werden Beweise einfacher, da wir diese zusätzlichen Regeln (oder Axiome) verwenden dürfen. Dies wird uns bei dem Nachweis der Vollständigkeit von S helfen. Alternativ hätten wir auch die im Folgenden als zulässig nachgewiesenen Regeln direkt zu S hinzunehmen können. Wir hätten in diesem Fall natürlich beim Nachweis der Korrektheit des Kalküls diese Regeln miteinbeziehen müssen, was den Beweis umfangreicher gemacht hätte aber nicht wesentlich erschwert. Dies wäre also weniger aufwändig als den Nachweis der Zulässigkeit zu führen. Dieses Vorgehen widerspräche aber der Idee, einem Kalkül unabhängige Axiome und Regeln zugrundezulegen, also mit möglichst wenigen und einfachen Axiomen und Regeln auszukommen. Im Folgenden werden wir Beispiele zulässiger Regeln und Axiome für S geben. Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 43 / 92 Zulässige Regeln für S: Kommutativitätsregel Kommutativität (Ko): ϕ∨ψ ψ∨ϕ NACHWEIS DER ZULÄSSIGKEIT: Z.zg.: ϕ ∨ ψ ` ψ ∨ ϕ 1. 2. 3. Mathematische Logik (WS 2016/17) ϕ∨ψ ¬ϕ ∨ ϕ ψ∨ϕ Voraussetzung Axiom S: 1,2 Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 44 / 92 Zulässige Regeln für S: Modus Ponens Modus Ponens (M): ϕ, ϕ → ψ ψ d.h. ϕ, ¬ϕ ∨ ψ ψ NACHWEIS DER ZULÄSSIGKEIT: Z.zg.: ϕ, ¬ϕ ∨ ψ ` ψ 1. 2. 3. 4. 5. 6. Mathematische Logik (WS 2016/17) ϕ ψ∨ϕ ϕ∨ψ ¬ϕ ∨ ψ ψ∨ψ ψ Voraussetzung E: 1 Ko: 2 Voraussetzung S: 3,4 Kü: 5 Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 45 / 92 Zulässige Regeln für S: Verallgemeinerte Expansionsregel Als nächstes wollen wir zeigen, dass sich die Expansionsregel ψ ϕ∨ψ Expansion (E) wie folgt verallgemeinern lässt: Verallgemeinerte Expansion (VE): ϕi1 ∨ · · · ∨ ϕim ϕ1 ∨ · · · ∨ ϕn wobei m, n ≥ 1 und ϕi1 , . . . , ϕim ∈ {ϕ1 , . . . ϕn } Der Nachweis der Zulässigkeit ist hier jedoch aufwändiger. Als erstes zeigen wir die Zulässigkeit eines Spezialfalls von VE, nämlich der Schwach verallg. Expansionsregel (VE1), und verwenden diesen dann, um die Zulässigkeit der Verallgemeinerten Expansionsregel in deren allgemeinen Form zu zeigen. Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 46 / 92 Zulässige Regeln für S: Schwach verallg. Expansionsregel Schwach Verallgemeinerte Expansion (VE1) ϕi ∨ ϕj ϕ1 ∨ · · · ∨ ϕn wobei 1 ≤ i < j ≤ n NB: ϕ1 ∨ · · · ∨ ϕn ≡ ϕ1 ∨ (. . . (ϕn−1 ∨ ϕn ) . . . ) NACHWEIS DER ZULÄSSIGKEIT durch Ind(n) mit n ≥ 2: Da die Behauptung für n = 2 trivial ist, dürfen wir n ≥ 3 annehmen. Zu zeigen ist also: ϕi ∨ ϕj ` ϕ1 ∨ (ϕ2 ∨ ϕ) wobei 1 ≤ i < j ≤ n, n ≥ 3 und ϕ :≡ ϕ3 ∨ · · · ∨ ϕn wobei nach Induktionsvoraussetzung für beliebige ϕ0i gilt: ϕ0i 0 ∨ ϕ0j 0 ` ϕ01 ∨ · · · ∨ ϕ0m wobei 1 ≤ i 0 < j 0 ≤ m < n Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 47 / 92 Schwach verallg. Expansionsregel: Zulässigkeit (1) Wir unterscheiden die folgenden 3 Fälle: (1) i = 1 und j = 2 (2) i = 1 und j ≥ 3 (2) 2 ≤ i < j ≤ n 1. FALL: i = 1 und j = 2 Zu zeigen: ϕ1 ∨ ϕ2 ` ϕ1 ∨ (ϕ2 ∨ ϕ) 1. 2. 3. 4. 5. 6. Mathematische Logik (WS 2016/17) ϕ1 ∨ ϕ2 ϕ ∨ (ϕ1 ∨ ϕ2 ) (ϕ ∨ ϕ1 ) ∨ ϕ2 ϕ2 ∨ (ϕ ∨ ϕ1 ) (ϕ2 ∨ ϕ) ∨ ϕ1 ϕ1 ∨ (ϕ2 ∨ ϕ) Voraussetzung E: 1 A: 2 Ko: 3 A: 4 Ko: 5 Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 48 / 92 Schwach verallg. Expansionsregel: Zulässigkeit (2) 2. FALL: i = 1 und j ≥ 3 Zu zeigen: ϕ1 ∨ ϕj ` ϕ1 ∨ (ϕ2 ∨ ϕ) (wobei 3 ≤ j ≤ n und ϕ ≡ ϕ3 ∨ · · · ∨ ϕn ) 1. 2. 3. 4. 5. 6. ϕ1 ∨ ϕj ϕ1 ∨ ϕ ϕ ∨ ϕ1 ϕ2 ∨ (ϕ ∨ ϕ1 ) (ϕ2 ∨ ϕ) ∨ ϕ1 ϕ1 ∨ (ϕ2 ∨ ϕ) Mathematische Logik (WS 2016/17) Voraussetzung I.V.: 1 (lasse ϕ2 in Konklusion weg) Ko: 2 E: 3 A: 4 Ko: 5 Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 49 / 92 Schwach verallg. Expansionsregel: Zulässigkeit (3) 3. FALL: 2 ≤ i < j ≤ n Zu zeigen: ϕi ∨ ϕj ` ϕ1 ∨ (ϕ2 ∨ ϕ) (wobei 2 ≤ i < j ≤ n und ϕ ≡ ϕ3 ∨ · · · ∨ ϕn ) 1. 2. 3. ϕ i ∨ ϕj ϕ 2 ∨ · · · ∨ ϕn ≡ ϕ2 ∨ ϕ ϕ1 ∨ ϕ2 ∨ ϕ Voraussetzung I.V.: 1 (lasse ϕ1 in Konklusion weg) E: 2 Hiermit ist der Beweis der Zulässigkeit von (VE1 ) abgeschlossen. Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 50 / 92 Zulässige Regeln für S: Verallgemeinerte Expansionsregel Verallgemeinerte Expansion (VE): ϕi1 ∨ · · · ∨ ϕim ϕ1 ∨ · · · ∨ ϕn wobei m, n ≥ 1 und ϕi1 , . . . , ϕim ∈ {ϕ1 , . . . ϕn } NACHWEIS DER ZULÄSSIGKEIT DURCH Ind(m). Wir unterscheiden dabei die folgenden Fälle: 1. Fall: m = 1 (Unterfälle: i1 = 1, 1 < i1 < n, 1 < i1 = n) 2. Fall: m = 2 (Unterfälle: i1 = i2 , i1 < i2 , i2 < i1 ) 3. Fall: m ≥ 3 Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 51 / 92 Verallgemeinerte Expansionsregel: Zulässigkeit (1) Fall 1.1: m = 1 und i1 = 1 Z.zg.: ϕ1 ` ϕ1 ∨ · · · ∨ ϕn 1. 2. 3. ϕ1 (ϕ2 ∨ · · · ∨ ϕn ) ∨ ϕ1 ϕ1 ∨ ϕ2 ∨ · · · ∨ ϕn Voraussetzung E: 1 Ko: 2 Fall 1.2: m = 1 und 1 < i1 < n Z.zg.: ϕi1 ` ϕ1 ∨ · · · ∨ ϕn (1 < i1 < n) 1. 2. 3. 4. 3 + (i1 − 1). Mathematische Logik (WS 2016/17) ϕ i1 (ϕi1 +1 ∨ · · · ∨ ϕn ) ∨ ϕi1 ϕi1 ∨ · · · ∨ ϕn ϕi1 −1 ∨ ϕi1 ∨ · · · ∨ ϕn ... ϕ1 ∨ ϕ2 ∨ · · · ∨ ϕn Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S Voraussetzung E: 1 Ko: 2 E: 3 E: 3 + (i1 − 2) 52 / 92 Verallgemeinerte Expansionsregel: Zulässigkeit (2) Fall 1.3: m = 1 und 1 < i1 = n Z.zg.: ϕn ` ϕ1 ∨ · · · ∨ ϕn (1 < n) 1. 2. 3. ϕn ϕn−1 ∨ ϕn ϕn−2 ∨ ϕn−1 ∨ ϕn ... ϕ1 ∨ ϕ2 ∨ · · · ∨ ϕn n. Voraussetzung E: 1 E: 2 E: n − 1 Fall 2.1: m = 2 und i1 = i2 Z.zg.: ϕi1 ∨ ϕi1 ` ϕ1 ∨ · · · ∨ ϕn (1 ≤ i1 ≤ n) 1. 2. 3. ϕi1 ∨ ϕi1 ϕ i1 ϕ1 ∨ · · · ∨ ϕn Mathematische Logik (WS 2016/17) Voraussetzung Kü: 1 I.V.: 2 (m0 = 1 < 2) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 53 / 92 Verallgemeinerte Expansionsregel: Zulässigkeit (3) Fall 2.2: m = 2 und i1 < i2 Z.zg.: ϕi1 ∨ ϕi2 ` ϕ1 ∨ · · · ∨ ϕn (1 ≤ i1 < i2 ≤ n) 1. 2. ϕi1 ∨ ϕi2 ϕ1 ∨ · · · ∨ ϕn Voraussetzung VE1: 2 Fall 2.3: m = 1 und i2 < i1 Z.zg.: ϕi1 ∨ ϕi2 ` ϕ1 ∨ · · · ∨ ϕn (1 ≤ i2 < i1 ≤ n) 1. 2. 3. Mathematische Logik (WS 2016/17) ϕi1 ∨ ϕi2 ϕi2 ∨ ϕi1 ϕ1 ∨ · · · ∨ ϕn Voraussetzung Ko: 1 VE1: 2 Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 54 / 92 Verallgemeinerte Expansionsregel: Zulässigkeit (4) Fall 3: m ≥ 3 Z.zg.: ϕi1 ∨ · · · ∨ ϕim ` ϕ1 ∨ · · · ∨ ϕn (1 ≤ ij ≤ n) Setze ϕ :≡ ϕ1 ∨ · · · ∨ ϕn 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. ϕi1 ∨ · · · ∨ ϕim (ϕi1 ∨ ϕi2 ) ∨ (ϕi3 ∨ · · · ∨ ϕim ) (ϕi1 ∨ ϕi2 ) ∨ ϕ ϕ ∨ (ϕi1 ∨ ϕi2 ) (ϕ ∨ ϕi1 ) ∨ ϕi2 (ϕ ∨ ϕi1 ) ∨ ϕ ϕ ∨ (ϕ ∨ ϕi1 ) (ϕ ∨ ϕ) ∨ ϕi1 (ϕ ∨ ϕ) ∨ ϕ ϕ∨ϕ∨ϕ ϕ∨ϕ∨ϕ∨ϕ (ϕ ∨ ϕ) ∨ (ϕ ∨ ϕ) ϕ∨ϕ ϕ Mathematische Logik (WS 2016/17) Voraussetzung A: 1 I.V.: 2 (m0 = m − 1 wobei ϕ0i1 :≡ ϕi1 ∨ ϕi2 und ϕ0ij :≡ ϕij+1 (j ≥ 2)) Ko: 3 A: 4 I.V. : 5 (m0 = 2) Ko: 6 A: 7 I.V. : 8 (m0 = 2) Ko: 9 E: 10 A: 11 Kü: 12 Kü: 13 Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 55 / 92 Zulässige Regeln für S: Duales Assoziativgesetz (Duale) Assoziativität (A2): (ϕ ∨ ψ) ∨ δ ϕ ∨ (ψ ∨ δ) NACHWEIS DER ZULÄSSIGKEIT: Z.zg.: (ϕ ∨ ψ) ∨ δ ` ϕ ∨ (ψ ∨ δ) 1. 2. 3. Mathematische Logik (WS 2016/17) (ϕ ∨ ψ) ∨ δ δ∨ϕ∨ψ ϕ∨ψ∨δ Voraussetzung Ko: 1 VE: 2 Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 56 / 92 Zulässige Regeln für S: Negationsregeln 1. Negationsregel (N1) ϕ∨ψ ¬¬ϕ ∨ ψ 2. Negationsregel (N2) ¬¬ϕ ∨ ψ ϕ∨ψ 3. Negationsregel (N3) ϕ → δ, ψ → δ (ϕ ∨ ψ) → δ d.h. ¬ϕ ∨ δ, ¬ψ ∨ δ ¬(ϕ ∨ ψ) ∨ δ Beweis der Zulässigkeit: siehe Übungen. Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 57 / 92 Zulässige Regeln: Zusammenfassung Kommutativität (Ko): ϕ∨ψ ψ∨ϕ 1. Negationsregel (N1): ϕ∨ψ ¬¬ϕ ∨ ψ Modus Ponens (M): ϕ, ϕ → ψ ϕ, ¬ϕ ∨ ψ d.h. ψ ψ 2. Negationsregel (N2): ¬¬ϕ ∨ ψ ϕ∨ψ Verallgemeinerte Expansion (VE): ϕi1 ∨ · · · ∨ ϕim ϕ1 ∨ · · · ∨ ϕn wobei ϕi1 , . . . , ϕim ∈ {ϕ1 , . . . ϕn } 3. Negationsregel (N3): ϕ → δ, ψ → δ ¬ϕ ∨ δ, ¬ψ ∨ δ d.h. (ϕ ∨ ψ) → δ ¬(ϕ ∨ ψ) ∨ δ (Duale) Assoziativität (A2): (ϕ ∨ ψ) ∨ δ ϕ ∨ (ψ ∨ δ) Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 58 / 92 1.6.1.2 Tautologiesatz und Vollständigkeitssatz für endliches T Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 59 / 92 2. Schritt: Tautologiesatz Wir zeigen nun die folgenden Spezialfälle des Vollständigkeitssatzes T ϕ ⇒ T `ϕ 1 T = ∅, d.h. die Vollständigkeit bzgl. der Allgemeingültigkeit (Tautologiesatz) 2 T endlich Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 60 / 92 Der Tautologiesatz TAUTOLOGIESATZ: ϕ ⇒`ϕ Zum Beweis des Tautologiesatzes benutzen wir eine trickreiche Induktion: Wir zeigen (∗) ϕ1 ∨ · · · ∨ ϕn ⇒ ` ϕ1 ∨ · · · ∨ ϕn durch Induktion nach m := n X lz(ϕi ) i=1 NB: Der Tautologiesatz folgt aus (∗) für n = 1. Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 61 / 92 Der Tautologiesatz: Beweis Gegeben: ϕ1 , . . . , ϕn mit ϕ1 ∨ · · · ∨ ϕn und m := Pn i=1 lz(ϕi ). Zum Nachweis von ` ϕ1 ∨ · · · ∨ ϕn unterscheiden wir folgende Fälle, wobei wir nach Induktionsvoraussetzung für beliebiges n0 und beliebige ψ1 , . . . , ψn0 annehmen dürfen: I.V. ψ1 ∨ · · · ∨ ψn0 & Pn0 i=1 lz(ψi ) < m ⇒ ` ψ1 ∨ · · · ∨ ψn0 Fall 1: ϕ1 , . . . , ϕn sind Literale. Wegen ϕ1 ∨ · · · ∨ ϕn gibt es dann eine Variable A und Indizes i1 , i2 ∈ {1, . . . , n} mit ϕi1 ≡ ¬A und ϕi2 ≡ A. Dann gilt aber ` ϕ1 ∨ · · · ∨ ϕn wegen: 1. 2. Mathematische Logik (WS 2016/17) ϕi1 ∨ ϕi2 (≡ ¬A ∨ A) ϕ1 ∨ · · · ∨ ϕn Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S Axiom VE: 1 62 / 92 Der Tautologiesatz: Beweis (Fortsetzung) Fall 2: Sonst. Nach Fallannahme gibt es zumindest ein i, sodass ϕi kein Literal ist. Da es wegen der Verallgemeinerten Expansionsregel bei dem Beweis von ϕ1 ∨ · · · ∨ ϕn nicht auf die Reihenfolge der Disjunktionsglieder ankommt, können wir o.B.d.A. annehmen, dass ϕ1 kein Literal ist. Die Formel ϕ1 muss daher eine der folgenden Gestalten haben: I I I ϕ1 ≡ ψ ∨ δ ϕ1 ≡ ¬¬ψ ϕ1 ≡ ¬(ψ ∨ δ) Wir betrachten im Folgenden diese 3 Unterfälle getrennt. Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 63 / 92 Der Tautologiesatz: Beweis (Fortsetzung) Fall 2.1: ϕ1 ≡ ψ ∨ δ. Wegen ϕ1 ∨ · · · ∨ ϕn folgt aus ϕ1 ∨ · · · ∨ ϕn ≡ (ψ ∨ δ) ∨ ϕ2 ∨ · · · ∨ ϕn äq ψ ∨ δ ∨ ϕ2 ∨ · · · ∨ ϕn , dass auch ψ ∨ δ ∨ ϕ2 ∨ · · · ∨ ϕn gilt. Da lz(ψ) + lz(δ) + lz(ϕ2 ) + · · · + lz(ϕn ) = m − 1 folgt mit I.V. ` ψ ∨ δ ∨ ϕ2 ∨ · · · ∨ ϕn (≡ ψ ∨ (δ ∨ (ϕ2 ∨ · · · ∨ ϕn ))) und hieraus mit (A) ` (ψ ∨ δ) ∨ ϕ2 ∨ · · · ∨ ϕn d.h. ` ϕ1 ∨ ϕ2 ∨ · · · ∨ ϕn Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 64 / 92 Der Tautologiesatz: Beweis (Fortsetzung) Fall 2.2: ϕ1 ≡ ¬¬ψ. Wegen ϕ1 ∨ · · · ∨ ϕn folgt aus ϕ1 ∨ · · · ∨ ϕn ≡ ¬¬ψ ∨ ϕ2 ∨ · · · ∨ ϕn äq ψ ∨ ϕ2 ∨ · · · ∨ ϕn , dass auch ψ ∨ ϕ2 ∨ · · · ∨ ϕn gilt. Da lz(ψ) + lz(ϕ2 ) + · · · + lz(ϕn ) = m − 2 folgt mit I.V. ` ψ ∨ ϕ2 ∨ · · · ∨ ϕn und hieraus mit (N1) ` ¬¬ψ ∨ ϕ2 ∨ · · · ∨ ϕn d.h. ` ϕ1 ∨ ϕ2 ∨ · · · ∨ ϕn Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 65 / 92 Der Tautologiesatz: Beweis (Ende) Fall 2.3: ϕ1 ≡ ¬(ψ ∨ δ). Wegen ϕ1 ∨ · · · ∨ ϕn folgt aus ϕ1 ∨ · · · ∨ ϕn ≡ ¬(ψ ∨ δ) ∨ ϕ2 ∨ · · · ∨ ϕn mit ¬(ψ ∨ δ) ∨ ϕ2 ∨ · · · ∨ ϕn ¬ψ ∨ ϕ2 ∨ · · · ∨ ϕn und ¬(ψ ∨ δ) ∨ ϕ2 ∨ · · · ∨ ϕn ¬δ ∨ ϕ2 ∨ · · · ∨ ϕn , dass auch ¬ψ ∨ ϕ2 ∨ · · · ∨ ϕn und ¬δ ∨ ϕ2 ∨ · · · ∨ ϕn gelten. Da lz(¬ψ), lz(¬δ) < lz(¬(ψ ∨ δ)) = lz(ϕ1 ) folgt mit I.V. ` ¬ψ ∨ ϕ2 ∨ · · · ∨ ϕn und ` ¬δ ∨ ϕ2 ∨ · · · ∨ ϕn und hieraus mit (N3) ` ¬(ψ ∨ δ) ∨ ϕ2 ∨ · · · ∨ ϕn d.h. ` ϕ1 ∨ ϕ2 ∨ · · · ∨ ϕn . Mathematische Logik (WS 2016/17) (Damit ist der Satz bewiesen.) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 66 / 92 Der Vollständigkeitssatz für endliches T VOLLSTÄNDIGKEITSSATZ FÜR ENDLICHES T . Für endliches T gilt: T ϕ ⇒ T `ϕ BEWEIS durch Ind(|T |): |T | = 0. Dann ist T = ∅ und die Behauptung gilt nach dem Tautologiesatz. |T | = n + 1. Dann gibt es eine Formel ψ und eine Formelmenge T 0 mit |T 0 | = n und T = T 0 ∪ {ψ}. Es folgt: T 0, ψ ϕ T0 ψ → ϕ T0 ` ψ → ϕ T ` ψ → ϕ und T ` ψ T `ϕ Mathematische Logik (WS 2016/17) (nach Annahme) (Verträglichkeit von und →) (nach I.V.) (wegen T 0 ⊆ T bzw. ψ ∈ T ) (Modus Ponens) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 67 / 92 1.6.1.3 Das Deduktionstheorem Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 68 / 92 3. Schritt: Deduktionstheorem Wie wir bereits gesehen haben, ist der semantische Folgerungsbegriff mit dem Junktor der Implikation verträglich: T ϕ → ψ ⇔ T ∪ {ϕ} ψ Wir zeigen als nächstes die entsprechende Aussage für den syntaktischen Folgerungsbegriff, die Beweisbarkeit: DEDUKTIONSTHEOREM: T ` ϕ → ψ ⇔ T ∪ {ϕ} ` ψ Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 69 / 92 Deduktionstheorem: Beweis T ` ϕ → ψ ⇒ T ∪ {ϕ} ` ψ: Einen Beweis von ψ aus T ∪ {ϕ} erhält man wie folgt: 1. ϕ → ψ 2. ϕ 3. ψ Annahme: T ` ϕ → ψ ϕ ∈ T ∪ {ϕ} M: 1,2 T ∪ {ϕ} ` ψ ⇒ T ` ϕ → ψ: I I I I I I T ∪ {ϕ} ` ψ nach Annahme. (Z.zg.: T ` ϕ → ψ) Wegen der Endlichkeit von ` gibt es T0 ⊆ T endlich mit T0 ∪ {ϕ} ` ψ. Mit dem Korrektheitssatz folgt: T0 ∪ {ϕ} ψ. Mit der Verträglichkeit von und → folgt: T0 ϕ → ψ. Mit der bereits gezeigten Vollständigkeit für endliches T folgt: T0 ` ϕ → ψ. Mit T0 ⊆ T und der Monotonie von ` folgt schließlich: T ` ϕ → ψ. Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 70 / 92 1.6.1.4 Das Erfüllbarkeitslemma Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 71 / 92 4. Schritt: Das Erfüllbarkeitslemma Wir führen zunächst das syntaktische Gegenstück der Erfüllbarkeit, nämlich die Konsistenz ein, definieren vollständige Formelmengen und machen einige einfache Beobachtungen zu diesen Konzepten. Wir zeigen dann, dass jede konsistente Menge erfüllbar ist (Erfüllbarkeitslemma). Der Vollständigkeitssatz ergibt sich dann unmittelbar aus diesem Lemma. Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 72 / 92 Konsistente und vollständige Formelmengen DEFINITION. Eine Formelmenge T ist konsistent, falls es eine Formel ϕ gibt, mit T 6` ϕ. Andernfalls ist T inkonsistent. NB: Wie wir gesehen haben, ist eine Formelmenge T genau dann erfüllbar, wenn es eine Formel ϕ mit T 6 ϕ gibt. Konsistenz ist daher das syntaktische Gegenstück zur Erfüllbarkeit. DEFINITION. Eine Formelmenge T ist vollständig, falls für jede Formel ϕ gilt: T ` ϕ oder T ` ¬ϕ. NB: Vollständigkeit (einer Formelmenge) im Sinne dieser Definition und Vollständigkeit (eines Kalküls) im Sinne des Vollständigkeitssatzes sind unterschiedliche Konzepte, zwischen denen kein direkter Zusammenhang besteht! Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 73 / 92 Alternative Charakterisierung der Konsistenz Die Konsistenz einer Formelmenge T lässt sich alternativ wie folgt beschreiben: LEMMA (CHARAKTERISIERUNGSLEMMA, CKL). T konsistent ⇔ Es gibt kein ϕ mit T ` ϕ und T ` ¬ϕ. BEWEIS. Die nichttriviale Richtung ⇒ zeigen wir durch Kontraposition: aus der Annahme, dass T ` ϕ und T ` ¬ϕ gelte, leiten wir T ` ψ für ψ beliebig wie folgt ab: 1. 2. 3. 4. 5. 6. Mathematische Logik (WS 2016/17) ϕ ¬ϕ ϕ∨ψ ¬ϕ ∨ ψ ψ∨ψ ψ Annahme Annahme VE: 1 VE: 2 S: 3,4 Kü: 5 Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 74 / 92 Das Endlichkeitslemma für die Konsistenz Offensichtlich ist jede Teilmenge einer konsistenten Menge wiederum konsistent. Aus der Endlichkeit des Beweisbegriffs ergibt sich umgekehrt, dass eine Formelmenge bereits konsistent ist, wenn alle ihre endlichen Teilmengen konsistent sind: LEMMA (ENDLICHKEITSLEMMA FÜR KONSISTENZ (EK)). Eine Formelmenge T ist genau dann konsistent, wenn jede endliche Teilmenge T0 von T konsistent ist. BEWEIS. Die nichttriviale Richtung zeigt man durch Kontraposition: Sei T inkonsistent. Nach dem CKL-Lemma gibt es dann ϕ mit T ` ϕ und T ` ¬ϕ. Wegen des Endlichkeitssatzes für ` gibt es dann aber T0 ⊆ T endlich mit T0 ` ϕ und T0 ` ¬ϕ. Nach dem CKL-Lemma ist dann aber T0 inkonsistent. Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 75 / 92 Konsistenz vs. Beweisbarkeit Bei der Analyse des Folgerungsbegriffs haben wir den folgenden Zusammenhang zwischen Folgerungs- und Erfüllbarkeitsbegriff beobachtet: T ϕ ⇔ T ∪ {¬ϕ} nicht erfüllbar (LFE) Auf der syntaktischen Ebene ist das entsprechende Ergebnis: LEMMA ÜBER BEWEISBARKEIT UND KONSISTENZ (LBK). T ` ϕ ⇔ T ∪ {¬ϕ} inkonsistent Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 76 / 92 Konsistenz vs. Beweisbarkeit: Beweis von LBK T ` ϕ ⇒ T ∪ {¬ϕ} inkonsistent: Annahme: T ` ϕ. Dann: T ∪ {¬ϕ} ` ϕ Annahme und Monotonie von ` T ∪ {¬ϕ} ` ¬ϕ Trivialerweise Also: T ∪ {¬ϕ} inkonsistent nach dem CKL-Lemma. T ` ϕ ⇐ T ∪ {¬ϕ} inkonsistent: Annahme: T ∪ {¬ϕ} inkonsistent. Dann: ⇒ ⇒ ⇒ T T T T ∪ {¬ϕ} ` ϕ ` ¬ϕ → ϕ `ϕ∨ϕ `ϕ Mathematische Logik (WS 2016/17) wegen Inkonsistenz von T ∪ {¬ϕ} Deduktionstheorem mit N2 (NB: ¬ϕ → ϕ ≡ ¬¬ϕ ∨ ϕ) mit Kü Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 77 / 92 Konsistenz vs. Erfüllbarkeit: Korrektheitssatz und Konsistenzlemma Die Übereinstimmung des (semantischen) Folgerungsbegriffs und des (syntaktischen) Beweisbarkeitsbegriffs ist äquivalent zur Übereinstimmung des (semantischen) Erfüllbarkeitsbegriffs und des (syntaktischen) Konsistenzbegriffs. So erhalten wir aus dem Korrektheitssatz das folgende KONSISTENZLEMMA. Jede erfüllbare Formelmenge T ist konsistent. BEWEIS (durch Kontraposition): Sei T inkonsistent. Dann gibt es nach dem CKL-Lemma eine Formel ϕ mit T ` ϕ und T ` ¬ϕ. Mit dem Korrektheitssatz folgt: T ϕ und T ¬ϕ. Da es keine Belegung B mit B(ϕ) = B(¬ϕ) = 1 gibt, gibt es also keine Belegung B mit B T . D.h. T ist nicht erfüllbar. Entsprechend folgt aus der Umkehrung des Konsistenzlemmas (dem Erfüllbarkeitslemma) der Vollständigkeitssatz: Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 78 / 92 Konsistenz vs. Erfüllbarkeit: Erfüllbarkeitslemma und Vollständigkeitssatz ERFÜLLBARKEITSLEMMA (EL). Jede konsistente Formelmenge T ist erfüllbar. Das Erfüllbarkeitslemma impliziert den Vollständigkeitssatz: VOLLSTÄNDIGKEITSSATZ (VS). T ϕ ⇒ T ` ϕ. Beweis des Vollständigkeitssatzes mit Hilfe von EL: ⇒ ⇒ ⇒ T ϕ Annahme nicht erfb[T ∪ {¬ϕ}] LFE T ∪ {¬ϕ} inkonsistent EL (Kontraposition) T `ϕ LBK Um den Beweis des Vollständigkeitssatzes abzuschließen, müssen wir also nur noch das Erfüllbarkeitslemma beweisen! Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 79 / 92 Beweis von EL: Übersicht Gegeben: eine konsistente Formelmenge T . Zu zeigen: T ist erfüllbar. Der Beweis erfolgt in 2 Schritten: Schritt 1: Erweitere T zu einer vollständigen konsistenten Menge TV . Schritt 2: Zeige, dass jede vollständige konsistente Menge TV erfüllbar ist. Da jede Teilmenge einer erfüllbaren Menge ebenfalls erfüllbar ist, folgt hieraus die Erfüllbarkeit von T . Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 80 / 92 Bew. von EL: (1) die vollst. kons. Erweiterung TV von T Definition von TV : Sei ϕ0 , ϕ1 , ϕ2 , . . . eine Aufzählung aller Formeln. Definiere T ⊆ T0 ⊆ T1 ⊆ T2 ⊆ . . . induktiv durch ( Tn falls Tn ` ϕn T0 := T und Tn+1 := Tn ∪ {¬ϕn } sonst Setze TV := S n≥0 Tn . Nach Definition ist TV eine Obermenge von T . Zu zeigen bleibt, dass TV vollständig und konsistent ist. Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 81 / 92 Bew. von EL: (1) die vollst. kons. Erweiterung TV von T Vollständigkeit von TV : Sei ϕ eine beliebige Formel. Z.zg.: TV ` ϕ oder TV ` ¬ϕ. Wähle n mit ϕn ≡ ϕ. Dann gilt nach Definition der Erweiterungen Tn von T : Tn ` ϕ oder ¬ϕ ∈ Tn+1 und daher Tn+1 ` ¬ϕ. Da TV eine Obermenge von Tn und Tn+1 ist, folgt mit der Monotonie von `, dass TV ` ϕ oder TV ` ¬ϕ gilt. Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 82 / 92 Bew. von EL: (1) die vollst. kons. Erweiterung TV von T Konsistenz von TV : Wir zeigen zunächst durch Ind(n), dass die Mengen Tn konsistent sind: I I n = 0: Wegen T0 = T folgt dies aus der Annahme, dass T konsistent ist. n + 1: Da nach I.V. Tn konsistent ist, ist die Behauptung trivial, falls Tn+1 = Tn . Andernfalls gilt Tn+1 = Tn ∪ {¬ϕn } und Tn 6` ϕn . Aus Letzterem folgt aber mit LBK die Konsistenz von Tn ∪ {¬ϕn } also von Tn+1 . Die Konsistenz von TV ergibt sich hieraus wie folgt: Widerspruchsannahme: TV inkonsistent. Dann gibt es (nach EK) eine endliche Teilmenge T 0 von TV , die inkonsistent ist. Da TV die Vereinigung der aufsteigenden Kette Tn (n ≥ 0) ist, ist die endliche Teilmenge T 0 von TV aber in einem Tn enthalten, das dann ebenfalls inkonsistent ist (triviale Richtung von EK). Widerspruch! Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 83 / 92 Bew. von EL: (2) Erfüllbarkeit der Erweiterung TV Schritt 1: Definition der Belegung B, die TV wahrmacht Die Belegung B aller Variablen ist definiert durch: ( 1 falls TV ` An B(An ) = 0 falls TV ` ¬An . NB: Die Abbildung B : {An : n ≥ 0} → {0, 1} ist wohldefiniert, da wegen der Konsistenz von TV für kein n TV ` An und TV ` ¬An gilt, und total, da wegen der Vollständigkeit von TV für jedes n TV ` An oder TV ` ¬An gilt. Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 84 / 92 Bew. von EL: (2) Erfüllbarkeit der Erweiterung TV Schritt 2: Nachweis, dass die Belegung B die Erweiterung TV wahrmacht Zum Nachweis von B TV genügt es (∗) B ϕ ⇔ TV ` ϕ durch Ind(ϕ) zu zeigen. ϕ ≡ A: Dann gilt (∗) gerade nach Definition von B. ϕ ≡ ¬ψ: Dann gilt Bϕ ⇔ ⇔ ⇔ ⇔ ⇔ Mathematische Logik (WS 2016/17) B ¬ψ B 6 ψ TV 6` ψ TV ` ¬ψ TV ` ϕ (da ϕ ≡ ¬ψ) (da B Belegung) (nach I.V.) (da TV vollständig und konsistent) (da ϕ ≡ ¬ψ) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 85 / 92 Bew. von EL: (2) Erfüllbarkeit der Erweiterung TV Fortsetzung des Beweises von (∗) B ϕ ⇔ TV ` ϕ durch Ind(ϕ): ϕ ≡ ψ ∨ δ: Wegen B ψ∨δ ⇔ B ψ oder B δ ⇔ TV ` ψ oder TV ` δ (da B Belegung) (nach I.V.) genügt es TV ` ψ oder TV ` δ ⇔ TV ` ψ ∨ δ zu zeigen. I ⇒: Wende die Regel (VE) an. I ⇐: Der Beweis ist durch Kontraposition: TV 6` ψ und TV 6` δ ⇒ TV ` ¬ψ und TV ` ¬δ ⇒ TV ` ¬ψ ∨ ¬(ψ ∨ δ) und TV ` ¬δ ∨ ¬(ψ ∨ δ) ⇒ TV ` ¬(ψ ∨ δ) ∨ ¬(ψ ∨ δ) ⇒ TV ` ¬(ψ ∨ δ) ⇒ TV 6` ψ ∨ δ Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S (nach Annahme) (da TV vollständig) (mit (VE)) (mit (N3)) (mit (Kü)) (da TV konsistent) 86 / 92 Der Vollständigkeitssatz Hiermit ist der Beweis des Erfüllbarkeitslemma abgeschlossen. Da wir bereits gezeigt haben, dass der Vollständigkeitssatz aus dem Erfüllbarkeitslemma folgt, ist damit auch der Vollständigkeitssatz bewiesen: VOLLSTÄNDIGKEISSATZ. Der Kalkül S der Aussagenlogik ist vollständig: T ϕ ⇒ T `S ϕ Im Folgenden betrachten wir noch einige Folgerungen aus dem Vollständigkeitssatz. Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 87 / 92 1.6.2 Folgerungen aus dem Vollständigkeitssatz Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 88 / 92 Der Adäquatheitssatz Vollständigkeits- und Korrektheitsatz lassen sich zusammenfassen zu: ADÄQUATHEITSSATZ (für den Folgerungsbegriff). Für jede Formelmenge T und jede Formel ϕ gilt: T ϕ ⇔ T ` ϕ BEWEIS: “⇒”: Vollständigkeitssatz “⇐”: Korrektheitssatz Entsprechend folgt aus dem Erfüllbarkeits- und Konsistenzlemma: ADÄQUATHEITSSATZ (für den Erfüllbarkeitsbegriff). Für jede Formelmenge T gilt: T erfüllbar ⇔ T konsistent BEWEIS: “⇒”: Konsistenzlemma “⇐”: Erfüllbarkeitslemma Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 89 / 92 Der Kompaktheitssatz (1) Mit Hilfe des Adäquatheitssatzes überträgt sich die Endlichkeit des Beweisbarkeitsbegriffs auf den semantischen Folgerungsbegriff: KOMPAKTHEITSSATZ oder ENDLICHKEITSSATZ (für den Folgerungsbegriff). Eine Formel ϕ folgt genau dann aus einer Formelmenge T , wenn es eine endliche Teilmenge T0 von T gibt, aus der ϕ folgt: T ϕ ⇔ Es gibt T0 ⊆ T endlich: T0 ϕ BEWEIS: T ϕ ⇔ ⇔ ⇔ T `ϕ Adäquatheitssatz Es gibt T0 ⊆ T endlich: T0 ` ϕ Endlichkeitssatz für ` Es gibt T0 ⊆ T endlich: T0 ϕ Adäquatheitssatz Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 90 / 92 Der Kompaktheitssatz (2) Alternativ lässt sich der Endlichkeitssatz auch für die Erfüllbarkeit formulieren: KOMPAKTHEITSSATZ oder ENDLICHKEITSSATZ (für den Erfüllbarkeitsbegriff). Eine Formelmenge T ist genau dann erfüllbar, wenn jede endliche Teilmenge T0 von T erfüllbar ist: erfb[T ] ⇔ Für alle T0 ⊆ T endlich: erfb[T0 ] BEWEIS: erfb[T ] ⇔ ⇔ ⇔ T konsistent Adäquatheitssatz f. Erfb. Für alle T0 ⊆ T endlich: T0 konsistent EK Für alle T0 ⊆ T endlich: erfb[T0 ] Adäquatheitssatz f. Erfb. Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 91 / 92 (Nicht)Entscheidbarkeit der Beweisbarkeit Abschliessend bemerken wir, dass die Menge der (im Shoenfield-Kalkül) beweisbaren Formeln {ϕ : ` ϕ} entscheidbar ist, da wegen des Adäquatheitssatzes {ϕ : ` ϕ} = {ϕ : ϕ} gilt und da wir bereits gesehen haben, dass die Menge der allgemeingültigen Formeln entscheidbar ist. Für einen beliebigen Kalkül K gilt, dass wegen der Entscheidbarkeit der Axiome und Regeln die Menge der Beweise {~ ϕ: ϕ ~ K-Beweis} ebenfalls entscheidbar ist. Es folgt, dass die Menge der beweisbaren Formeln aufzählbar ist. (Nämlich: Da die Menge der Beweise entscheidbar ist, ist diese Menge insbesondere aufzählbar. Ein Aufzählungsverfahren für die Beweise lässt sich aber in ein Aufzählungsverfahren der beweisbaren Formeln umformen: Es genügt statt der einzelnen Beweise jeweils nur die letzte Formel des Beweises auszugeben!) Es gibt aber Kalküle deren Beweisbarkeitsbegriff unentscheidbar ist. Dies gilt z.B. für adäquate Kalküle der Prädikatenlogik, wie wir noch sehen werden. Mathematische Logik (WS 2016/17) Kapitel 1.6: Vollständigkeit von S 92 / 92