Psychosomatisch – somatopsychische Prozesse: Körper krank, Psyche krank, Arzt krank? Christoph Herrmann-Lingen Thomas Meyer GÖTTINGEN Typische psychosomatische Krankheitsbilder ? •• Koronare Koronare Herzkrankheit Herzkrankheit •• Herzinsuffizienz Herzinsuffizienz •• Herzrhythmustörungen Herzrhythmustörungen •• Chronisch Chronisch entzündliche entzündliche (Darm-)Erkrankungen (Darm-)Erkrankungen •• Diabetes Diabetes mellitus mellitus •• Asthma Asthma bronchiale bronchiale •• Ulcus Ulcus duodeni duodeni GÖTTINGEN „Psychosomatische Krankheit“ Meint Meint nicht… nicht… •• Psychische Psychische Krankheit Krankheit •• Psychogene Psychogene Krankheit Krankheit … … sondern sondern meint meint :: Interaktion Interaktion psychosozialer psychosozialer und und •• Eingebildete Eingebildete Krankheit Krankheit körperlicher körperlicher Faktoren Faktoren in in Entstehung Entstehung und und // oder oder •• Simulation Simulation Verlauf Verlauf einer einer Krankheit Krankheit GÖTTINGEN Psychosomatisch – somatopsychische Interaktionen Genetik, Genetik, stoffl. stoffl.Umwelt Umwelt Risikoverhalten, Psychophysiologische Prozesse (ICD-10 F54) Körperl. Körperl.Dysfunktion Dysfunktion Organschädigung Organschädigung Persönlichkeit, Persönlichkeit, soz. soz.Umwelt Umwelt Psychosozialer Psychosozialer „Stress“ „Stress“ Somatopsychische Prozesse (z.B. ICD-10 F43) Anamnese des Pat. Herrn K. GÖTTINGEN Akuter Myokardinfarkt 7.11.2011 (CK343/27) bei 1-Gefäß-Koronarer Herzerkrankung mit Z.n. RIVAPTCA mit Stentimplantation Z.n. Thrombendarteriektomie bei thrombotischem Verschluß der A. femoralis communis li. Depressive Episode Psycho-somatische Effekte: GÖTTINGEN •• ICD-10 ICD-10 F54: F54: „Psychische „Psychische und und Verhaltensfaktoren Verhaltensfaktoren bei bei andernorts andernorts klassifizierten klassifizierten Erkrankungen“ Erkrankungen“ d.h.: d.h.:Mitverursachung Mitverursachungeiner einersomatischen somatischenKrankheit Krankheit durch durchpsychosomatische psychosomatischeProzesse Prozesse GÖTTINGEN Kardiale Ereignisse bei nicht-Patienten nach Angst (Roest A et al. JACC 2010;56:38–46) Relatives Risiko (adjustierte Odds Ratio) für KHK nach Kindheitsbelastungen GÖTTINGEN N=17 337; Dong M et al. Circulation 2004; 110:1761-6 Kindheitserfahrung Emotionaler Missbrauch (n=1829) Körperl. Misshandlung (n=4912) Sexueller Missbrauch (n=3586) Häusliche Gewalt (n=2201) Psychische Krankheit (n=3359) Substanzabusus (n=4655) Kriminalität (n=809) Elterl. Ehekonflikte (n=4031) Emot. Vernachlässigung (n=1256) Körperl. Vernachlässigung (n=836) Rel. KHK-Risiko Infarktauslöser nach Geschlecht Metaanalyse 17 Studien; Čulić V et al., Int J Cardiol 2005 GÖTTINGEN Männer Prozent der Infarkte Mäßige körperliche Aktivität Frauen Schwere körperliche Aktivität Emotionaler Stress Essen Sonstige GÖTTINGEN Psychosomatische Prozesse: „Stress“ verursacht •• Fehlernährung Fehlernährung(„Frustfressen“) („Frustfressen“)zur zurSelbstberuhigung Selbstberuhigung •• Suchtmittelabusus Suchtmittelabusus –– Z.B. Z.B.Rauchen Rauchen wg. wg.antidepressiver antidepressiver //stressdämpfender stressdämpfenderEffekte Effekte •• Bewegungsmangel Bewegungsmangel(Antrieb (Antriebfehlt) fehlt) •• Mangelnde MangelndeSelbstfürsorge Selbstfürsorge//Nonadhärenz Nonadhärenz GÖTTINGEN Psychosomatische Prozesse: „Stress“ verursacht auch •• Autonome AutonomeDysbalance Dysbalance •• Aktivierung Aktivierung//Erschöpfung Erschöpfungder derHPA-Achse HPA-Achse •• Zunahme Zunahme unspezifischer unspezifischer Entzündungsprozesse Entzündungsprozesse •• Abnahme Abnahmespezifischer spezifischerImmunität Immunität •• Veränderungen Veränderungender derBlutgerinnung Blutgerinnung •• Veränderungen Veränderungender dermuskulären muskulärenAktivität Aktivität (glatte (glatteund undSkelettmuskulatur) Skelettmuskulatur) •• Dysfunktion Dysfunktionvieler vielerOrgansysteme Organsysteme//ggfs. ggfs.Symptome Symptome •• Entstehung Entstehung//Fortschreiten Fortschreitenvon vonOrganschäden Organschäden GÖTTINGEN Mess-System für psychophysiologische Labordiagnostik •Impedanzkardiographie (Hämodynamik: Schlagvolumen, CI, TPR) •Beat-to-beat arter. BD mit oszillometr. Kalibrierung (BD, BD-Variabilität, Barorezeptorsensitivität) •EKG 1000 Hz (HR, HRV) GÖTTINGEN Psychophysiologische Stresstestung: Taktatmung GÖTTINGEN Psychophysiologische Stresstestung: Ärger-Provok. GÖTTINGEN Psychoneuroimmunologie – was ist gesichert? • Akuter Stress stimuliert (unspezifische) Immunabwehr • Chronischer Stress reduziert spezifische Immunfunktionen, z.B. sIgA • Enge Beziehung zwischen Erleben / Verhalten und (unspezifischer) Entzündungsreaktion • Erleben beeinflusst Immunfunktionen und umgekehrt Ulcus duodeni = Infektion + X GÖTTINGEN • Helicobacter pylori meist ätiologisch relevant, aber – Auch 30-80% der Normalbevölkerung Keimträger – 10-30% der Ulcuspatienten ohne Helicobacter • Interaktion von Erreger- und Wirtsfaktoren für Pathogenese bedeutsam • Chronischer Stress ist epidemiologisch mit Ulcuskrankheit assoziiert Ein biopsychosoziales Modell zur Ulcusentstehung GÖTTINGEN Levenstein S, Psychosom Med 2000, 62: 176-185 Stress Stress Verhaltenseffekte Verhaltenseffekte Rauchen↑ Schlaf Schlaf↓↓ Rauchen↑ Alkohol Frühstück Frühstück↓↓ Alkohol↑↑ NS-Analgetika NS-Analgetika↑↑ Schädigung Schädigungder der Mukosa-Protektion Mukosa-Protektion Physiologische PhysiologischeEffekte Effekte DurchSäureSäureDurchblutung sekretion↑? ↑? blutung↓↓ sekretion Duodenale Duodenale Säurebelastung Säurebelastung Ulcus Ulcusduodeni duodeni Motilität ImmunMotilität ImmunMagen abwehr Magen↑↑ abwehr↓↓ Duodenum Duodenum↓↓ Begünstigung Begünstigungder der H. H.pylori-Besiedlung pylori-Besiedlung Stress erhöht Infektions- bzw. Erkältungshäufigkeit GÖTTINGEN (Cohen S et al., New Engl J Med 325, 1991: 606-12) 60 90 P ro ze nt . Prozent . 50 80 40 70 30 Erkältungen Infektionen 60 20 3--4 5--6 7--8 9--10 Stress-Index 11--12 3--4 5--6 7--8 9--10 Stress-Index 11--12 Stress beschleunigt Progress der HIV-Infektion zu AIDS: GÖTTINGEN Leserman J et al., Psychosom Med 1999;61:397-406 Angst und Depression verzögern Wundheilung bei Ulcera Cruris GÖTTINGEN Heilungsrate (%) . (Cole-King A u. Harding KG, Psychosom Med 2001;63:216-20) 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 unauff. Angst oder Depress. + Angst und Depress. + Anhaltender wahrgenommener Stress erhöht das Risiko der Colitis-Exazerbation (Levenstein Am J Gastro 2<000) GÖTTINGEN 1.0 0.8 Wenig Stress Anteil noch 0.6 in Remission 0.4 HR = 2.8 (95% CI 1.1, 7.2) Viel Stress 0.2 0 1 5 9 13 17 21 25 29 33 37 41 45 49 53 57 61 65 69 Follow-up-Dauer (Monate) Stress steigert die intestinale Permeabilität GÖTTINGEN Degranulierte Mastzellen ödematöse Zotten Stress ACTH Elektrolyt Elektrolyt-- und Fl üssigkeitsFlüssigkeitsverlust Dehydratation CRF ↑ Permeabilität Saunders, 1994 and 1997; Wilson, 1999 Stressmediatoren im Darm GÖTTINGEN ↑ Permeabilität Pathogenwachstum und -toxizität ↑ Antigenkontakt Antigenkontakt mit mit Immunzellen Immunzellen Epi Stress Mastzelle Freisetzung von: Adrenalin Histamin Substanz P Interleukin-1 CorticotrophinReleasing-Hormon Hist SP IL-1 CRF TNFα Entzündung Tumornekrosefaktor-α Effekte von sozialem Stress auf die Darmflora junger Affen (Bailey, Dev Psychobiol 1999) GÖTTINGEN 1010 Durchfall mit Shigella und Campylobacter Lactobacilli, 109 CFU/g 108 Prä 1 3 5 Tage nach der Trennung 7 GÖTTINGEN Psychokardiologische Station 2024 im Herzzentrum Göttingen GÖTTINGEN Körperliche Dysfunktion / Krankheit verursacht •• Körperliche Körperliche Symptome, Symptome, z.B. z.B. Schmerz Schmerz •• Störungen Störungen der der Leistungsfähigkeit Leistungsfähigkeit •• Störungen Störungen des des KörperKörper- und und Selbstbilds Selbstbilds •• Störungen Störungen der der sozialen sozialen Rollenfunktionen Rollenfunktionen •• Psychosozialen Psychosozialen Anpassungsdruck Anpassungsdruck GÖTTINGEN Reaktionen auf Belastungen und Anpassungsstörungen (ICD-10 F43) Gemeinsames Gemeinsames Merkmal: Merkmal: Belastendes Belastendes Ereignis Ereignis als als notwendige notwendige Voraussetzung! Voraussetzung! Typen: Typen: •• ICD-10 ICD-10F43.0: F43.0:Akute AkuteBelastungsreaktion Belastungsreaktion ••ICD-10 ICD-10F43.2: F43.2:Anpassungsstörung Anpassungsstörung ••ICD-10 ICD-10F43.1: F43.1:Posttraumatische Posttraumatische Belastungsstörung Belastungsstörung(PTBS) (PTBS) Häufige Häufige Folgen Folgen z.B. z.B. körperlicher körperlicher Krankheit Krankheit Häufige Häufige Ursachen Ursachen unerklärter unerklärter Körpersymptome Körpersymptome GÖTTINGEN Fallbeispiel: Frau S., 61 J., Bankangestellte GÖTTINGEN Akute Belastungsreaktion Symptomatik Symptomatik Zeitlicher Zeitlicher Verlauf Verlauf •• •• •• •• •• •• •• Auftreten AuftretenMinuten Minutenbis bis Tage Tagenach nachBelastung Belastung •• Rascher Rascher Symptomwechsel Symptomwechsel •• Rasches Raschesspontanes spontanes Abklingen Abklingen •• Selten SeltenÜbergang Übergangin in PTBS PTBS Gefühl Gefühlder derBetäubung Betäubung Bewusstseinseinengung Bewusstseinseinengung Aufmerksamkeitsstörung Aufmerksamkeitsstörung Desorientiertheit Desorientiertheit Soz. Soz.Rückzug Rückzug Veg. Veg.Angstäquivalente Angstäquivalente (Schwitzen, (Schwitzen,Erröten, Erröten, Tachykardie) Tachykardie) GÖTTINGEN Akute Belastungsreaktion Therapieprinzipien Therapieprinzipien •• Vor Vor allem allem kurze kurze Krisenintervention Krisenintervention (Abklärung (Abklärung von von Suizidalität Suizidalität und und schwerer schwerer Angst, Angst, u.U. u.U. pharmakologische pharmakologische Therapie, Therapie, Organisation Organisation sozialer sozialer Unterstützung) Unterstützung) •• Wegen Wegen Tendenz Tendenz zur zur Spontanremission Spontanremission meist meist keine keine längere längere Therapie Therapie erforderlich erforderlich Anpassungsstörungen GÖTTINGEN Einteilung Einteilung nach nach Symptomatik Symptomatik •• Kurze Kurze(F43.20) (F43.20)oder oderlängere längere(F43.21) (F43.21)depressive depressive Reaktion Reaktion •• Angst Angstund unddepressive depressiveReaktion Reaktiongemischt gemischt(F43.22) (F43.22) •• Vorwiegende VorwiegendeBeeinträchtigung Beeinträchtigunganderer andererGefühle Gefühleoder oder des desSozialverhaltens Sozialverhaltens(Non-Adhärenz…) (Non-Adhärenz…)(F43.23 (F43.23//.28) .28) Relevanz Relevanz in in der der somatischen somatischen Medizin Medizin •• •• Sehr Sehrhäufiges häufigesVorkommen; Vorkommen;z.T. z.T.Spontanremission Spontanremission Oft OftÜbergang Übergangin inschwere schwere//anhaltende anhaltendeStörung Störung Anpassungsstörungen GÖTTINGEN •• Auftreten Auftreten nach nach entscheidenden, entscheidenden, meist meist belastenden belastenden Lebensveränderungen Lebensveränderungen (z.B. (z.B. Verlust Verlust durch durch Trennung, Trennung, Tod, Tod, Emigration; Emigration; berufliche berufliche Zurücksetzung; Zurücksetzung; schwere schwere körperliche körperliche Erkrankungen!) Erkrankungen!) •• Zeitliches Zeitliches Kriterium Kriterium –– –– Beginn Beginninnerhalb innerhalbeines einesMonats Monats Dauer Dauernicht nichtlänger längerals als66Monate Monatebzw. bzw.22Jahre Jahre GÖTTINGEN Anpassungsstörungen Therapieprinzipien: Therapieprinzipien: •• Psychosomatische Psychosomatische Grundversorgung Grundversorgung •• Kurzfristig Kurzfristig ggfs. ggfs. symptomat. symptomat. Medikation Medikation •• Oft Oft Indikation Indikation zur zur Kurzzeit-Psychotherapie Kurzzeit-Psychotherapie •• Ziele: Ziele: –– Erarbeitung Erarbeitung von von Bewältigungsstrategien Bewältigungsstrategien –– Nutzung Nutzung vorhandener vorhandener persönlicher persönlicher Ressourcen Ressourcen GÖTTINGEN Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) Gravierende Gravierende psychische psychische Störung Störung •• nach nach belastendem belastendem Erlebnis Erlebnis –– von vonaußergewöhnlicher außergewöhnlicherSchwere Schwere –– mit mitpotenzieller potenzielleroder oderrealer realerBedrohung Bedrohungder der körperlichen körperlichenUnversehrtheit Unversehrtheit –– für fürsich sichselbst selbstoder oderandere. andere. •• Auftreten Auftreten mit mit einer einer Latenz Latenz von von mehreren mehreren Wochen, Wochen, selten selten mehr mehr als als 66 Monate Monate GÖTTINGEN Fallbeispiel: Frau S., 61 J., Bankangestellte GÖTTINGEN Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) Hauptsymptome Hauptsymptome •• Intrusionen Intrusionen –– Flash Flashbacks backs//Albträume Albträume •• Konstriktion: Konstriktion: Vermeidung Vermeidung traumaassoziierter traumaassoziierter Stimuli Stimuli –– Sozialer SozialerRückzug Rückzug –– Numbing Numbing(Emotionale (EmotionaleTaubheit) Taubheit) •• Hyperarousal Hyperarousal –– Schreckhaftigkeit Schreckhaftigkeit//Hypervigilanz Hypervigilanz//Schlafstörungen Schlafstörungen// Reizbarkeit Reizbarkeit GÖTTINGEN Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) Epidemiologie Epidemiologie und und Verlauf Verlauf •• •• •• •• •• •• Lebenszeitprävalenz Lebenszeitprävalenz 1-10 1-10 % % Frauen Frauen zu zu Männer Männer 2:1 2:1 Kinder Kinder und und Jugendliche Jugendliche besonders besonders vulnerabel vulnerabel Durchschnittliche Durchschnittliche Beschwerdedauer Beschwerdedauer 36 36 Monate Monate mit mit und und 64 64 Monate Monate ohne ohne Behandlung Behandlung Wahrscheinlichkeit Wahrscheinlichkeit der der Chronifizierung Chronifizierung 30% 30% Wahrscheinlichkeit Wahrscheinlichkeit Spontanremission Spontanremission 50% 50% Mortalität von ICD-Patienten nach Schwere der Traumatisierung GÖTTINGEN Ladwig KH et al., Arch Gen Psychiatry 2008; 65:1324-30 GÖTTINGEN Risiko der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) GÖTTINGEN Allgemeine Allgemeine Risikofaktoren Risikofaktoren •• Ereignis Ereignis besonders besonders traumatisierend: traumatisierend: –– –– –– –– –– –– –– bei bei intensiver intensiverBedrohung Bedrohung wiederholtem wiederholtemVorkommen Vorkommen wenn wennabsichtlich absichtlichherbeigeführt herbeigeführt bei beiunerwartetem unerwartetemEintreten Eintreten wenn wennkeine keineKontrolle Kontrollemöglich möglich wenn wennHilfe Hilfeausblieb ausblieb bei bei irreversiblen irreversiblen Schäden Schäden oder oder Verlusten Verlusten •• Schuldgefühle Schuldgefühle wegen wegen des des Ereignisses Ereignisses GÖTTINGEN Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) Therapeutische Therapeutische Grundprinzipien Grundprinzipien •• •• •• Stabilisierung Stabilisierung Traumabearbeitung Traumabearbeitung Rehabilitation Rehabilitation Therapieeffekte auf PTBS-Symptome (Metaanalyse van Etten u. Taylor 1998) GÖTTINGEN Prä-Post- AbbrecherEffektstärke Rate Psychotherapie allg. 1,17 14,0 Verhaltenstherapie 1,27 15,1 EMDR 1,24 14,4 Tiefenpsych. Therapie 0,9 11,0 Pharmakotherapie 0,69 31,9 Trizyklika 0,54 26,4 SSRI 1,38 36,0 Kontrollgruppen 0,43 16,6 Psychische Belastungen im Medizinstudium GÖTTINGEN •• •• •• •• •• •• Leistungsdruck Leistungsdruck Übertriebene Übertriebene Konkurrenz Konkurrenz Konfrontation Konfrontation mit mit schwerem schwerem Leiden, Leiden, Tod Tod und und Sterben Sterben Übertriebenes Übertriebenes Mitleiden, Mitleiden, Selbstzweifel, Selbstzweifel, innere innere Abschottung Abschottung Hypochondrisches Hypochondrisches Erleben Erleben gelehrter gelehrter Krankheitssymptome Krankheitssymptome am am eigenen eigenen Leib Leib Lebensphasenübergänge Lebensphasenübergänge „Wenn ich erstmal Arzt bin, wird alles besser“? Belastungen junger Ärztinnen und Ärzte GÖTTINGEN •• •• •• •• (Buddeberg-Fischer et al., Z Psychosom Med Psychother 2005) Mittlere Mittlere Wochenarbeitszeit Wochenarbeitszeit 57 57 (max. (max. 90!) 90!) Std. Std. Zeitdruck Zeitdruck mit mit geringem geringem Entscheidungsspielraum Entscheidungsspielraum Mangelndes Mangelndes Teamwork Teamwork schlechte schlechte Führungskultur, Führungskultur, insuffizientes insuffizientes Mentoring Mentoring (insbes. (insbes. für für Frauen) Frauen) •• „Overcommittment“ „Overcommittment“ (insbes. (insbes. für für Frauen) Frauen) •• In In 1/3 1/3 AngstAngst- bzw. bzw. Depressionssymptome Depressionssymptome Suizidraten bei Ärztinnen im Vergleich zur gleichaltrigen Normalbevölkerung GÖTTINGEN Schernhammer & Colditz, Am J Psychiatry 2004; 161:2295–2302 Höhere Lebenszufriedenheit (und Schutz vor Angst / Depression) durch… GÖTTINGEN (Buddeberg-Fischer et al., Z Psychosom Med Psychother 2005) -- Keine Keine Überverausgabung Überverausgabung -- Gutes Gutes Teamwork Teamwork -- Gutes Gutes Kohärenzgefühl Kohärenzgefühl -- Anerkennung Anerkennung -- Wenig Wenig Stress Stress -- Mentoring Mentoring -- Gute Gute soziale soziale Beziehungen Beziehungen GÖTTINGEN Hilfen im Umgang mit beruflichen Belastungen in ärztlichen Alltag •• •• Mentoring Mentoring // peer peer groups groups Teamkonferenzen Teamkonferenzen •• •• Telefonhotlines Telefonhotlines EinzelEinzel- // Teamsupervision Teamsupervision •• •• Balintgruppenarbeit Balintgruppenarbeit (schon (schon im im PJ!) PJ!) Abschiedsrituale Abschiedsrituale für für verstorbene verstorbene Patienten Patienten •• Selbsterfahrung Selbsterfahrung Maßnahmen zur Förderung der Lebenszufriedenheit für (angehende) Ärzte GÖTTINGEN -- Patienten Patienten als als Gegenüber Gegenüber annehmen annehmen -- Balance Balance aus aus Empathie Empathie und und Distanz Distanz wahren wahren (Begegnung (Begegnungzulassen zulassen und undGrenzen Grenzensetzen) setzen) -- Auf Auf eigene eigene Bedürfnisse Bedürfnisse achten achten -- Gesund Gesund leben leben (z.B. (z.B.Bewegung, Bewegung,Entspannung) Entspannung) -- Zufriedenstellendes Zufriedenstellendes Privatleben Privatleben bewahren bewahren -- Beziehungen Beziehungen pflegen pflegen ((Tutor Tutor//Mentor Mentorsuchen, suchen, Semester-Solidarität, Semester-Solidarität,Teamwork, Teamwork,Freundschaften) Freundschaften) Wenn nötig: Hilfe annehmen GÖTTINGEN Psychotherapeutische Ambulanz für Studierende Humboldtallee 38 / www.pas.uni-goettingen.de Zusammenfasung GÖTTINGEN •• Psychische Psychische Faktoren Faktoren bedeutsam bedeutsam als als Mitverursacher Mitverursacher und und Folgen Folgen vieler vieler körperlicher körperlicher Krankheiten Krankheiten •• Zahlreiche Zahlreiche psychophysiologische psychophysiologische Prozesse Prozesse involviert involviert •• Körperliche Körperliche Krankheit Krankheit als als Stressfaktor Stressfaktor kann kann AnpassungsAnpassungs- und und Belastungsstörungen Belastungsstörungen auslösen auslösen •• Auch Auch viele viele andere andere Stressoren Stressoren können können belasten belasten bzw. bzw. traumatisieren traumatisieren •• Stressoren Stressoren in in Medizinstudium Medizinstudium // Arztberuf Arztberuf erhöhen erhöhen Risiko Risiko für für psychische psychische // psychosomatische psychosomatische Störungen Störungen •• Balance Balance zwischen zwischen Zuwendung Zuwendung zum zum Patienten Patienten und und Selbstfürsorge Selbstfürsorge notwendig. notwendig. GÖTTINGEN Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) Stabilisierung Stabilisierung •• Herstellen Herstellen einer einer sicheren sicheren Umgebung Umgebung (Verhinderung (Verhinderung weiterer weiterer Traumaeinwirkung) Traumaeinwirkung) •• Organisation Organisation eines eines psychosozialen psychosozialen Helfersystems Helfersystems •• Aufklärung Aufklärung („Psychoedukation“) („Psychoedukation“) bezüglich bezüglich traumatischer traumatischer Symptome Symptome •• Hinzuziehung Hinzuziehung eines eines in in der der PTBS-Behandlung PTBS-Behandlung erfahrenen erfahrenen Psychotherapeuten Psychotherapeuten •• Evtl. Evtl. symptomorientierte symptomorientierte Pharmakotherapie Pharmakotherapie GÖTTINGEN Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) Traumabearbeitung Traumabearbeitung -Voraussetzungen-Voraussetzungen•• Nur Nur im im Rahmen Rahmen eines eines Gesamtbehandlungsplans Gesamtbehandlungsplans •• Ohne Ohne ausreichende ausreichende Stabilisierung Stabilisierung keine keine Traumabearbeitung Traumabearbeitung •• Traumatisierende Traumatisierende Ereignisse Ereignisse oder oder Beziehungen Beziehungen müssen müssen abgeschlossen abgeschlossen sein sein Charakteristische Hinweise auf ein „Burnout-Syndrom“ GÖTTINGEN •• •• •• •• •• •• •• (Bermejo I, Muthny F. PPmP 1993;43:110-20) Distanzierungsbedürfnis Distanzierungsbedürfnis gegenüber gegenüberProblemen Problemender derPatienten Patientenund undtägl. tägl.Elend Elend Schwindendes SchwindendesEngagement Engagement Selbstzweifel Selbstzweifelund undKompetenzprobleme Kompetenzprobleme Ohnmachtsgefühle Ohnmachtsgefühle//Resignation Resignation Unvermögen, Unvermögen,nach nachder derArbeit Arbeit abzuschalten abzuschalten Reizbarkeit, Reizbarkeit,Nervosität, Nervosität,Aggressivität, Aggressivität, Zynismus, Zynismus,Depressivität Depressivität Psychosomatische PsychosomatischeReaktionen Reaktionen „Die Kranken sind immer die Anderen“? Depressionen bei Medizinstudierenden GÖTTINGEN Rosenthal JM, Okie S, N Engl J Med 2005;353:1085-1088 „People „Peoplehad hadaalot lotto tosay sayabout aboutfighting fightingwith with depression depressionand and[feeling] [feeling]that thatmedicine medicineinin general generalsees seesmental mentalillness illnessas asaaweakness weakness and andnot notan anactual actualdisease. disease. People Peoplefelt feltthe theneed needto tohide hideitit… … because becausewe weare aretaught taughtthat thatwe weare arethe the healers healersand andnot notthe theones oneswith withproblems“ problems“ S.S.Kasangra, Kasangra,Studentenvertreterin Studentenvertreterin „If „Ifpeople peopledon‘t don‘tknow knowhow howto totreat treattheir their own owndepression, depression,itithas hasnegative negativeimpact impact on onhow howthey theytreat treatpatients“ patients“ J.J.Tjia, Tjia,Internistin Internistin Lebenszufriedenheit junger Ärztinnen und Ärzte GÖTTINGEN (Buddeberg-Fischer et al., Z Psychosom Med Psychother 2005) Unzufrieden Unzufrieden mit mit Mittl. Lebenszufriedenheit 70 60 ••Freizeit Freizeit ••Freundschaft Freundschaft 50 ••Familiäre FamiliäreSit. Sit. ••Einkommen Einkommen 40 30 20 Studienende 1 J. im Beruf Normwerte 10 0 Männer Frauen GÖTTINGEN Behandlung von psychischer Störung und Suchtverhalten •• Scham Scham // Schuldgefühle Schuldgefühle überwinden überwinden •• Kompetente Kompetente ärztliche ärztliche Hilfe Hilfe suchen suchen // annehmen! annehmen! Kollegen Kollegen als als Facilitators Facilitators •• Leitliniengerechte Leitliniengerechte Behandlung Behandlung •• Ggfs. Ggfs. Arbeitsunfähigkeit Arbeitsunfähigkeit // stat. stat. Therapie Therapie GÖTTINGEN Herzfrequenz bei körperlicher Belastung EKG bei körperlicher Belastung GÖTTINGEN prä HR 71-101 Stress HR 182-186 post HR 93-100 GÖTTINGEN Herzfrequenz bei psychosozialer Belastung EKG bei psychosozialer Belastung GÖTTINGEN prä Stress post HR 72-108 HR 135-141; ST↓,VES! HR 63-123; SVES Studentengespräch und Blutdruck GÖTTINGEN Studentengespräche Gruppentherapie GÖTTINGEN Traumatisierende Ereignisse: ein ubiquitäres Problem • 7 Millionen Tote zwischen 1961 und 1991 durch Naturkatastrophen • Jährlich 117 Millionen Menschen von kriegerischen Auseinandersetzungen betroffen; seit 1945 zwischen 21 und 40 Millionen Tote in 127 Kriegen • 17% der deutschen Jugendlichen zwischen 14 und 24 Jahren haben körperliche Gewalt, Unfall, sexuellen Mißbrauch oder Vergewaltigung erlebt • Im Lauf des Lebens erleiden fast alle Menschen traumatische Erlebnisse! GÖTTINGEN Genesemodell zur posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) GÖTTINGEN Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) Probleme der Gegenübertragung • Typ 1-Reaktion: Vermeidung, Rückzug (z.B. auf therapeutische Technik, betonte „Abstinenz“) • Typ 2-Reaktion: Überidentifizierung und Verstrickung (z.B. unbedingter Wunsch zu helfen statt geduldiger Präsenz) Gefahren der Traumahilfe GÖTTINGEN (unerfahrene Helfer!) • ReTraumatisierung der Opfer • Sekundäre Traumatisierung der Helfer GÖTTINGEN Fazit zur PTBS • Traumatisierungen sind häufig • Posttraumatische Störungen sind relativ selten (meist „Auffangmöglichkeit“ in natürlicher sozialer Umgebung) • Therapeutische Interventionen nur nach sorgfältiger Indikationsstellung • Stabilisierung vor Traumaexposition • Traumaexposition (d.h. gedankliche und gefühlsmäßige „Bearbeitung“ Grundprinzip der Therapie • Selbstfürsorge der beteiligten Helfer(Therapeuten) wichtig Hilfen im Umgang mit Schwerstkranken GÖTTINGEN •• Teamkonferenzen Teamkonferenzen •• Abschiedsrituale Abschiedsrituale •• EinzelEinzel- // Teamsupervision Teamsupervision •• Balintgruppenarbeit Balintgruppenarbeit (schon (schon im im PJ!) PJ!) •• Selbsterfahrung Selbsterfahrung Maßnahmen zur Förderung der Lebenszufriedenheit für Ärzte GÖTTINGEN (Reimer & Jurkat 2000) -Selbstwahrnehmung fördern / beachten -Gesunde Lebensführung (z.B. Entspannung, Bewegung) - Distanz wahren / Grenzen setzen - Organisation eines guten, zufriedenstellenden Privatlebens GÖTTINGEN Fallbeispiel Station 2024 Herr H., 49 J. • Multiple stat. Notfallbehandlungen wegen häufiger Blutdruckentgleisungen • psychische Belastungsfaktoren, kritische Lebenssituation und inadäquates Krankheitsverhalten (u.a. inadäquate Selbstmedikation, Umzug neben das Krhs.!) • Überweisung vom Krankenhaus-Arzt wegen Erschöpfung der therapeutischen Möglichkeiten GÖTTINGEN Fallbeispiele Station 2024 Herr H., 49 J. GÖTTINGEN Fallbeispiel Station 2024 Herr H., 49 J. Diagnosen (nach ICD-10): • Psychische Faktoren und Verhaltensfaktoren (F54) bei maligner arterieller Hypertonie (I 10.9) • Diabetes mellitus, sekundär insulinpflichtig (E11) • Adipositas (E 66.9) • Obstruktives Schlafapnoe Syndrom (G 47.31) • Allergisches Asthma bronchiale (J 44.9) • Ängstlich-depressive Anpassungsstörung (F43.22) • Persönlichkeitsstörung mir überwiegend narzisstischen Anteilen (F61.0) GÖTTINGEN Station 2024 Internistische Psychosomatik - Psychokardiologie Patienten-Wochenplan Uhr Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Samstag 6.306.30-7.00 BDBD-Kontrolle,.. BDBD-Kontrolle,.. BDBD-Kontrolle,.. BDBD-Kontrolle,.. BDBD-Kontrolle,.. BDBD-Kontrolle,.. 7.157.15-7.45 Frü Frühstü hstück Frü Frühstü hstück Frü Frühstü hstück Frü Frühstü hstück Frü Frühstü hstück Frü Frühstü hstück 7.45.7.45.-8.05 Morgenrunde Morgenrunde Morgenrunde Morgenrunde Morgenrunde Morgenrunde 8.308.30-8.50 Gehgruppe Gehgruppe Gehgruppe Gehgruppe Gehgruppe 9-10 Visite * / ** OA/CAOA/CA-Visite * / ** Visite 1010-11 Visite Einzeltherapie OA/CAOA/CA-Visite Einzeltherapie Visite 1111-12 PsychotheraPsychotherapie Gruppe * / ** Psychoeduk.Psychoeduk.Gruppe * / ** Psychotherapi e Gruppe 1212-13 Mittagessen / Pause Mittagessen / Pause Mittagessen / Pause Mittagessen / Pause Mittagessen / Pause 1313-14 * / ** * / ** * / ** Kunstther.Kunstther.Projektgruppe * / ** 1414-15 * / ** * / ** * / ** * / ** * / ** 15.1515.15-16.45 * / ** Kunsttherapie Gruppe * / ** Körpertherapie Gruppe * / ** 17.0017.00-17.30 Abendrunde Abendrunde Abendrunde Abendrunde Abendrunde 17.3017.30-18.00 Entspannung Entspannung Entspannung Entspannung Entspannung 18.0018.00-18.30 Abendessen Abendessen Abendessen Abendessen Abendessen Mittagessen / Pause Abendrunde Abendessen Fallbeispiel Station 2024 Herr H., 49 J. GÖTTINGEN Verlauf: • • • • Mehr Entspannung, Distanzierung gegenüber Ärger Mehr Selbstständigkeit / Verantwortungsübernahme Sozialberatung, Motivierung zur amb. Psychotherapie BD-Medikation von 10 Präparaten (unregelmäßig) auf 5 Präparate (regelmäßig) reduziert • CPAP-Maskenanpassung, Schlaf gebessert • verbesserte BZ-Einstellung • Fremdanamnestisch (zuweisender Arzt): Seit Entlassung keine Notfallvorstellungen mehr! Fallbeispiel Station 2024 Herr H., 49 J. GÖTTINGEN Verlauf: ABDM min mittel max Absenkung bei Nacht % Systolisch 77 184,5 260 7,4 Diastolisch 61 112,4 157 12,8 Systolisch 107 165,1 212 12,5 Diastolisch 47 103,8 158 11,9 Gesamt-Auswertung 8.6. Gesamt-Auswertung 9.7.