Schizophrene Psychosen I - Klinik und Pathogenese (Meyer

Werbung
Schizophrene Psychosen I:
Klinik und Pathogenese
Andreas Meyer-Lindenberg
[email protected]
Lernziele
Welche diagnostischen Maßnahmen sind bei
psychotischen Syndromen nötig?
Schizophrene Psychosen als Ausschlussdiagnosen
Wie kommt es zu schizophrenen Psychosen?
Neurobiologische Pathogenese
(Psychopharmakologie, Tiermodelle, Neurogenetik,
post mortem-Studien, Bildgebung)
Schizophreniekonzept
Psychosen aus dem schizophrenen
Formenkreis
Diagnose Schizophrenie (F20)
nach ICD-10
Mindestens 1 Symptom der Symptomgruppen 1-4
oder 2 Symptome der Grupen 5-8, nämlich:
– Gedankenlautwerden, -eingebung, -entzug, -ausbreitung
– Kontroll-, Beeinflussungswahn, Gefühl des Gemachten,
Wahnwahrnehmung
– Kommentierende oder dialogische Stimmen
– Anhaltender, kulturell unangemessener, bizarrer Wahn
– Anhaltende Halluzinationen jeder Sinnesmodalität
– Gedankenabreißen oder Gedankeninterferenz mit „Zerfahrenheit“,
Danebenreden oder Neologismen
– Katatone Symptome (Erregung, Haltungsstereotypien, wächserne
Biegsamkeit, ... Stupor)
– „negative Symptome“ wie Apathie, Sprachverarmung, verflachte
oder inadäquate Affekte
Während der meisten Zeit innerhalb eines Monats oder während
einiger Zeit an den meisten Tagen bestehen
Paranoide Schizophrenie
ICD-10: F20.0
• Vielfältige Wahnphänomene (Verfolgungs-, Größen-,
Sendungswahn)
• Manchmal Gereiztheit, Streitbarkeit
• Akustische Halluzinationen
• Manifestation: eher später
• Prämorbide Funktion: höhere soziale Kompetenz
• Kurz- und Langzeitprognose: eher besser
Hebephrene Schizophrenie
ICD-10: F20.1
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Vordergrund: Affekt-, Denk- und Antriebsstörungen
Wahn und Halluzinationen: wenn vorhanden, flüchtig und
fragmentarisch
Katatone Symptome: in der Regel nicht vorhanden
Stimmung: flach, unpassend, heiter-“läppisch“
Denken: ungeordnet, Sprache: ungeordnet, bizarr
Antriebsstörung: apathisch-indifferent, rastlos-enthemmt,
„ungeniert“-distanzlos
Manieren, Grimassieren, „Faxen“
Manifestation: eher früher
Prämorbide Funktion: niedrigere soziale Kompetenz
Prognose: ungünstig, Neigung zu Chronifizierung
Katatone Schizophrenie
ICD-10: F20.2
• Symptombild:
– Stupor, psychomotorische Erregung, Haltungsstereotypien,
Negativismus, Katalepsie, wächserne Biegsamkeit,
Befehlsautomatie (Echopraxie und Echolalie),
Sprachstereotypien (Verbigerationen)
• Komplikationen:
– Erschöpfungszustände, schwere Mangelzustände,
ungenügende Nahrungszufuhr, Selbst- oder
Fremdverletzungen
• Perniziöse Katatonie:
– Katatonie + hohes Fieber (ohne Infekt), Kreislaufstörungen
(Tachykardie), Exsikkose, Zyanose, Hämorrhagien; letale
Verläufe möglich (DD malignes neuroleptisches Syndrom)
Symptomatik der Schizophrenie
• Kognitive Symptome
– Aufmerksamkeitsstörung
– Merkfähigkeitsstörung
– „Filter“problem
– Soziale Kognition besonders wichtig für
Prognose!
• Affektive Symptome
Verlauf der Erkrankung
Prodromale Symptome
Affekt:
Depressivität, Affektlabilität, Energieverlust,
Abnahme der Inititativen
Vegetativum:Schlaf, Appetit, Sexualfunktion
Kognition:
Abnahme der Leistungsfähigkeit,
biographischer „Knick“
Soziales Verhalten: Rückzug, Reduktion der
Kommunikation, besondere Interessen
Unspezifisch, oft nur retrospektiv erkennbar
Schizophrenie beginnt lange vor
den psychotischen Symptomen
Schizophrenie als
Hirnreifungsstörung – klinische
Hinweise
Psychotisches
Syndrom
Differentialursachen
Substanzinduziert?
ZNS-Erkrankung?
Allgemeinerkrankung?
Psychotomimetische
Substanzen / Drogenkonsum
Pathogenese der
Schizophrenie
Neurogenetik
Pharmakologie
Tiermodelle
post mortem Studien
ZNS-Erkrankungen
Bildgebung
Funktionelle
Neurogenetik
Zusammenfassung
Allgemeinerkrankungen
Meyer-Lindenberg
Psychotisches
Syndrom
Psychotomimetische
Substanzen / Drogenkonsum
Substanzinduziert?
ZNS-Erkrankung?
Allgemeinerkrankung?
Cannabinoide (Einstiegsalter und Dosis-Effekte)
Pathogenese der
Schizophrenie
Neurogenetik
Halluzinogene Pilze
Pharmakologie
Tiermodelle
(Psilocybin)
post mortem Studien
Bildgebung
Amphetamine
Funktionelle
Neurogenetik
Zusammenfassung
Meyer-Lindenberg
Synthetische Substanzen (Ecstasy)
Cannabiskonsum und
Erkrankungsrisiko
Prof. Dr. Andreas Meyer-Lindenberg
Psychotisches
Syndrom
ZNS-Erkrankungen: 5-8%
Substanzinduziert?
ZNS-Erkrankung?
Allgemeinerkrankung?
Enzephalitis
(viral, paraneoplastisch)
Epilepsie
Pathogenese der
Schizophrenie
Neurogenetik
Ischämie / Infarkt
post mortem Studien
Zusammenfassung
Chorea Huntington
Medikation
dopaminerg
NMDA-antagonistisch
anticholinerg
Meyer-Lindenberg
Liquor-Untersuchung
HIV-Test
Tumor
Bildgebung
Funktionelle
Neurogenetik
MRT-Bildgebung
HIV / AIDS
Pharmakologie
Tiermodelle
Neurostatus
Spezifische
Neurogenetik
…
Psychotisches
Syndrom
Allgemeinerkrankungen: 3%
Substanzinduziert?
ZNS-Erkrankung?
Allgemeinerkrankung?
Pathogenese der
Schizophrenie
Neurogenetik
Pharmakologie
Tiermodelle
post mortem Studien
Bildgebung
Funktionelle
Neurogenetik
Zusammenfassung
Elektrolytstörung (Hyponatriämie,
Hypercalziämie)
Allgemeinstatus
Spezifische Bildgebung
Infektion
Autoimmunerkrankungen
Blut-Untersuchungen
Endokrine Veränderungen
CRP, Leber, Niere,
BB, TSH, Elektrolyte
Schilddrüse
NNR
Medikamentöse NW (Theophyllin,
Gyrasehemmer)
Vitamin B12-Mangel
Schwangerschafts-Test
Spezifische
Pharmakovigilanz
…
Meyer-Lindenberg
Schizophrenie als
Ausschlussdiagnose
Psychotisches
Syndrom
Substanzinduziert?
ZNS-Erkrankung?
Allgemeinerkrankung?
ICD 10: „Schizophrenie“, falls keine primäre körperliche
oder zentralnervöse Ursache vorliegt.
Pathogenese der
Schizophrenie
100%
Psychotisches Syndrom
Neurogenetik
-3 %
(Allgemeinerkrankungen)
-5 bis 8 %
(ZNS-Erkrankungen)
Pharmakologie
Tiermodelle
post mortem Studien
~90 % Schizophrene Psychosen
Bildgebung
Funktionelle
Neurogenetik
Zusammenfassung
Cave: Mortalität an körperlichen Erkrankungen ist bei Patienten
mit schizophrenen Psychosen deutlich erhöht.
Meyer-Lindenberg
Psychotisches
Syndrom
Pathogenese schizophrener
Psychosen
Substanzinduziert?
ZNS-Erkrankung?
Allgemeinerkrankung?
Pathogenese der
Schizophrenie
Neurogenetik
Pharmakologie
Neurogenetik
Pharmakologie
Tiermodelle
Tiermodelle
post mortem Studien
Bildgebung
post mortem Studien
Funktionelle
Neurogenetik
Zusammenfassung
Bildgebung
Funktionelle Neurogenetik
Meyer-Lindenberg
Psychotisches
Syndrom
Substanzinduziert?
Neurogenetik
Anteile gesicherter Schizophrenien unter Verwandten
verschiedenen Grades schizophrener Erkrankter (%)
ZNS-Erkrankung?
Allgemeinerkrankung?
50
Pathogenese der
Schizophrenie
40
Neurogenetik
30
Pharmakologie
Tiermodelle
post mortem Studien
20
10
Bildgebung
Funktionelle
Neurogenetik
Zusammenfassung
0
il
r
r
te
ge
er
er
ge
es
te
te
te
h
d
n
d
s
n
t
lil in
s
c
i
li l i n
n
r
i
i
r
ra
ki
w
l te
pa
G
h w f e/N
hw
e
el
Zw
c
Z
.
E
e
c
n
k
s
1
e
e
e
ef
es
Eh
es
e
En
ot
ge
hr
ot
/
N
n
G
g
b
p
g
n
e
i
y
y
o
al
hr
iz
iz
us
oz
H
p
h
o
D
n
o
C
zo
sc
M
hi
2
c
s
1
r
te
l
E
n
McGue & Gottesman 1991
Meyer-Lindenberg
Ursachen
• 60-80% des Risikos ist genetisch
– Aber: es gibt kein „Schizophreniegen“
• Es gibt auch Umweltrisiken
– Vorgeburtlich (Hunger, Infekte)
– Unter der Geburt (Sauerstoffmangel)
– Cannabiskonsum, Migration, Stadt
• Der elterliche Erziehungsstil spielt keine
Rolle
Prof. Dr. Andreas Meyer-Lindenberg
Gene
identifizieren
neuronale
Subprozesse:
Plastizität
Harrison and Weinberger Mol Psych 2004
Hirnstruktur
Psychotisches
Syndrom
Substanzinduziert?
ZNS-Erkrankung?
Allgemeinerkrankung?
Pathogenese der
Schizophrenie
Neurogenetik
Pharmakologie
Tiermodelle
post mortem Studien
Bildgebung
Funktionelle
Neurogenetik
Zusammenfassung
Meyer-Lindenberg
Meyer-Lindenberg, Nature 2010b
Zelluläre Pathologie
Psychotisches
Syndrom
Substanzinduziert?
ZNS-Erkrankung?
Allgemeinerkrankung?
Pathogenese der
Schizophrenie
Neurogenetik
Pharmakologie
Tiermodelle
post mortem Studien
Bildgebung
Funktionelle
Neurogenetik
Zusammenfassung
Meyer-Lindenberg, Nature 2010b
Meyer-Lindenberg
Psychotisches
Syndrom
Substanzinduziert?
ZNS-Erkrankung?
Allgemeinerkrankung?
Pathogenese der
Schizophrenie
Neurogenetik
Pharmakologie
Tiermodelle
post mortem Studien
Bildgebung
Funktionelle
Neurogenetik
Zusammenfassung
Meyer-Lindenberg
Funktionelle Bildgebung
Signal-Rausch-Verhältnis im
präfrontalen Kortex
Störungen der Konnektivität bei
Schizophrenie
• Lokalisierte Hirnveränderungen sind subtil,
aber Symptomatik meist massiv ->
• Störung der Interaktion von Hirnarealen
Schizophrenie: Problem im Präfrontallappen
Aktivierungsdifferenz
Meyer-Lindenberg et al. Am J Psychiatry 2001, Krieger et al. Am J Psychiatry 2005
Meyer-Lindenberg et al. Arch Gen Psychiatry 2005
Wahn: Fehlsteuerung von
Lernvorgängen ?
Prof. Dr. Andreas Meyer-Lindenberg
Halluzinationen: spontane Aktivität
in sensorischen Hirnregionen ?
Herunterladen