Mehr als X und YViele Gene bewirken, dass die beiden Geschlechter biologisch verschieden sind. 28.08.2015 Monica Zwicky Institute of Molecular Life Science Universität Zürich Vortrag • • • • • 1) Geschlecht und Evolution: der Ursprung 2) Geschlechtschromosomen 3) Genetische Hierarchien und konservierte Gene 4) Geschlechtsbestimmung: Bsp. versch. Arten 5) Geschlecht: welche Zellen? 1) Geschlecht: Evolution • Ursprung • Hauptziel • Vorteil 1) Geschlechter-Evolution • Evolution – 3 Mia Jahre: DNA Reparatur – 1-2 Mia Jahre: • Meiose – Rekombination – DNA Austausch in Bakterien – Haplo-diplo Lebenszyklen in Algen, Pilzen – Erst viel später: Soma-2 Geschlechter • Multizelluläre Organismen – Aufgabenteilung – Soma -> Aufgabe, Gameten besser weitergeben – Sex war schon vorher da – Evoluierte (bewährte sich) weil DNA Austausch ein Vorteil ist! • Multizelluläre Organismen – Aufgabenteilung – Soma -> Aufgabe, Gameten besser weitergeben – Sex war schon vorher da – Evoluierte (bewährte sich) weil DNA Austausch ein Vorteil ist! • Ziel: DNA Austausch -> Adaptation möglich -> bessere Fitness – Diversität – Adaptation bei Umweltveränderungen möglich – Resistenz gegen Parasiten • Multizelluläre Organismen – Aufgabenteilung – Soma -> Aufgabe, Gameten besser weitergeben – Sex war schon vorher da – Evoluierte (bewährte sich) weil DNA Austausch ein Vorteil ist! • Ziel: DNA Austausch -> Adaptation möglich -> bessere Fitness – Diversität – Adaptation bei Umweltveränderungen möglich – Resistenz gegen Parasiten Es geht auch ohne: - asexuelle Populationen, klonen - parthenogenese 2) Geschlechtschromosomen • Vielfalt • Definition • Ursprung 2) Geschlechtschromosomen Der Mensch • Definition 22 autosomale Chromosomen-Paare – In einem der Geschlechter hat eines der Chromosomen kein homologes Chromosom -> 2 verschiedene Chromosomen – Im anderen Geschlecht ist eines der 2 Chromosomen 2 Mal vorhanden – Unterscheidung: Ebene des Mikroskops (nicht DNA-Analyse) Männchen heterogametisch-> XY Geschlechtschromosomen-Paar Weibchen heterogametisch -> ZW X und Y beim Menschen Ursprung: 2 gleiche Chrosomomen -> 1 Homologes verändert sich 10 Evolution des Y Chromosoms Sox3 Sox3 11 Evolution des Y Chromosoms Y Sox3 Sox3 Sox3 Sry Evolution: Ein neues Geschlechtsbestimmendes Gen 12 Evolution des Y Chromosoms Y Sox3 Sox3 Sox3 Y Sry Sox3 Evolution: Ein neues Geschlechtsbestimmendes Gen Sry 13 Evolution des Y Chromosoms Y • Chromosom wird nie mehr homozygot • • • • Degeneration Mutationen, Invasion von TEs keine Selektion keine Rekombination Sox3 Sry 14 X und Y Anzahl Gene auf X auf Y auch auf X neu auf Y Mensch 21'000 1098 231 54 170 Fliege 14'000 3000 10 1 9 Wurm 19'000 3000 0 0 0 Degeneration 15 3) Genetische Hierarchien • Vielfalt der Mechanismen – gemeinsame Prinzipien • Netzwerke und Genkaskaden • Konservierte und nicht konservierte Gene Geschlechtsbestimmung: Vielfalt der Mechanismen – gemeinsame Prinzipien? X und Y X und Y haploid, diploid Z und W Temperatur soziale Interaktionen Gene wirken durch Hierarchien Gene wirken durch Hierarchien Viele Gene bestimmen das Geschlecht Welches Gen wirkt wo in der Hierarchie? Wie wird ein Befehl erteilt? • Die Expression eines Gens wird durch Transkriptionsfaktoren kontrolliert Transkript = Enhancers RNA DNA Kontroll-Region = Promotor Gen Wie wird ein Befehl erteilt? • Transkriptionsfaktoren -> Aktivierung eines Gens Transkript = Enhancers RNA DNA Kontroll-Region = Promotor Gen = Viele Gene bestimmen das Geschlecht • Welches Gen hat welchen Platz in der Hierarchie? • Welche Gene wirken nur in einzelnen Arten? • Welche Gene sind konserviert? Konservierte Gene Dmrt conserved Sox9 Viele Gene bestimmen das Geschlecht wnt4 24 Konservierte Gene ? Dmrt ? Sox9 conserved ? ? Mittlere Ebene 4) Geschlechtsbestimmung: Beispiele, verschiedene Arten • • • • Drosophila (Fliege) Caenorhabditis elegans (Wurm) Vögel Mensch Drosophila Geschlechtsbestimmende Genhierarchie Gene wirken zell-autonom Dmrt C. elegans Dmrt Dmrt = doublesex and mab-3-related transcription factor Geschlechtsbestimmung bei Vögeln • ZZ sind Männchen, ZW sind Weibchen • DMRT1 liegt auf dem Z Chromosom • Exp: DMRT1 wurde mit RNAi entfernt -> die Gonaden wurden verweiblicht • Dosis Effekt: – ZZ, 2 Gene -> Männlich – ZW, 1 Gen -> DMRT1 ist das Geschlechtsbestimmende Gen -> Männlich 29 DMRT1 in Säugetieren# Mensch: XY mit einer Mutation im Gen DMRT1 sind weiblich Maus: XY mit einer knockout Mutationen von DMRT1 haben defekte Hoden (verkümmerte Sertoli Zellen) -> Funktion von DMRT1? nötig im Hoden! 30 Zuerst ein allgemeiner Überblick: Geschlechtsbestimmung bei Säugetieren# Gonade zuerst, # dann wirken Hormone: ## Nomenklatur:# SRY = Mensch# Sry = Maus# 1 2 3 Geschlechtsbestimmung beim Menschen • Wahl des Geschlechts • Ohne Wachstum keine Maskulinisierung • Das Geschlecht beibehalten 33 Primäres Signal: Wahl = SRY XX = Frau Aber es gibt Ausnahmen!!! XY = Mann etwa 1/ 20‘000 XX XY mit SRY -> SRY = Mann ohne SRY 34 SRY aktiviert SOX9-> Hoden in den Sertoli Zellen # • SRY bindet Promotor-Region von SOX9 RNA SRY 35 36 Frau Wnt4 R-spondin weiblich 37 Mann Sry Wnt4 R-spondin Fgf9 männlich 38 Der Kampf der Geschlechter Sry Wnt4 R-spondin Fgf9 Ein Balanceakt zwischen Antagonisten 39 ohne Wachstum -> keine Maskulinisierung – XY fgf9 Mutanten sind Weibchen (Sox9 bleibt nicht aktiv) – XY Insulinrezeptor Mutanten haben Ovarien (insulin-> Wachstum, kontrolliert Nahrung/Zuckeraufnahme aus dem Blut) – XY Zellteilungen verhindert -> Weibchen 40 Das Geschlecht beibehalten: Geschlechtsumwandlung? Auch spät möglich! • Experimente mit Mäusen: – Geschlechtswandel im Adulten möglich (nicht funktionell!) • XX, kein Oestrogen Rezeptor • XX, Verlust von FoxL2 -> Das Ovar wird vermännlicht, Sertoli Zellen werden gebildet und Leydig Zellen produzieren Testosteron! • XY, Verlust von DMRT1 -> Der Hoden wird verweiblicht (Sertoli Zellen degenerieren), FoxL2 wird aktiv 41 Das Geschlecht beibehalten: Geschlechtsumwandlung? Auch spät möglich! • Experimente mit Mäusen: – Geschlechtswandel im Adulten möglich (nicht funktionell!) • XX, Kein Oestrogen Rezeptor • XX, Verlust von FoxL2 -> Das Ovar wird vermännlicht, Sertoli Zellen werden gebildet und Leydig Zellen produzieren Testosteron! • XY, Verlust von DMRT1 -> Der Hoden wird verweiblicht (Sertoli Zellen degenerieren), FoxL2 wird aktiv Funktion von DMRT: sorgt dafür dass Sox9 aktiv bleibt 42 Drosophila: Sox9 ist auch vorhanden! Weibchen Männchen dsx = DMRT1 maintenance Sox100B = Sox9 embryonale Gonade 43 konserviert Dmrt conserved Sox9 Evolution: wie verändern sich genetische Hierarchien? Dmrt conserved Sox9 Evolution: bottom up mammals# Sry# Dmrt Sox9 conserved Gonade# Hormone# Wnt4, R-spo1 fgf9# Evolution: bottom up Drosophila# C.elegans# tra-1# XX# Sxl# tra# Dmrt Sox9 conserved Geschlecht einzelner Zellen Gonade# Hormone# 5. Geschlecht: welche Zellen? • • • • • Gonade - SRY Sekundäre Geschlechtsmerkmale - Hormone Geschlechtsmerkmale: nicht durch Hormone kontrolliert Keimzellen Verhalten (ZNS) Geschlechtsmerkmale: nicht durch Hormone kontrolliert • Grösse des Embryos (Mensch und Maus): Männliche Embryonen sind grösser als weibliche • Grösse des adulten Tieres (Drosophila): Weibchen sind grösser als Männchen (2 X Chromosmen -> Gene identifizieren!) • Geschlechtsmerkmale (Känguruh, Vögel, Maus): ## • Beuteltiere ## verantwortlich XX vs XY Zell-autonome Geschlechtsbestimmung • ZZ/ZW Huhn ist......ein Gynander! • Zebra Fink Geschlecht der Federn nicht durch Hormone kontrolliert 51 Test: was ist verantwortlich für einen bestimmten Geschlechtsdimorphismus? Geschlecht oder Chromosomen? • Maus – XX Weibchen - XY Weibchen (ohne SRY) – XX Männchen (mit SRY) - XY Männchen 52 Beispiel von Unterschieden zw. XX und XY • Verschiedene klinische Eigenschaften: • Toleranz gegenüber Morphininjektionen Maus XY XX • Robust sex chromosome effect on nociception. FCG mice were gonadectomised as adults and then tested for the development of tolerance to morphine. Mice were injected twice daily with morphine or saline, plus an NMDA antagonist or saline. On the seventh day, mice were tested on a hotplate at time zero and then injected with morphine and tested after 30, 60 and 90 minutes. The graph shows the latency for the mice to lick or shake their paws. All data are averaged across drug treatment groups. XX mice of either gonadal sex showed much lower latencies than XY mice (*, p<0.00001), and the presence of testes or ovaries prior to gonadectomy had no effect. 53 Keimzellen# Allgemeine Regel: # • Keimzellen passen sich an # • Geschlechtsbestimmung durch Signale# 54 Retinsäure -> bewirkt Eintritt in Meiose Sertoli Zellen schützen Keimzellen: sie produzieren CYP26B1, ein Enzym, das Retinsäure zerstört.# # -> treten nicht in die Meiose ein# 55 Das Verhalten • Kopulationsverhalten bei Drosophila • Ein Gen für Homosexualität beim Menschen? FruM Nicht dsx=DMRT, sondern fruitless ist für das männliche Verhalten verantwortlich Ein Gen für Homosexualität? 1993: Hamer Studie 38 Paare von homosexuellen Brüder -> gemeinsam Xq28 2015: Bailey Studie 409 Paare von homosexuellen Brüdern -> gemeinsam Xq28 und eine Region auf Chromosom 8 Linkage studies-> eine Region identifizieren Genome wide association study -> 1 konkretes Gen identifizieren Schlusswort: Geschlecht und Gesellschaft • Was bedeutet Geschlecht? • Macht ein Penis ein Mann? • Welche Zellen sind entscheidend? Viele Gene bestimmen das Geschlecht…. Die Wirkung von DMRT und Sox9 in den Sertoli Zellen ist konserviert