Genetik der Schizophrenie

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Psychiatrische Erkrankungen
Genetik der Schizophrenie
DAN RUJESCU
MOLEKUL ARE UND KLINISCHE NEUROBIOLOGIE, KLINIK FÜR PSYCHIATRIE UND
PSYCHOTHERAPIE, UNIVERSITÄT MÜNCHEN
Die Schizophrenie stellt eine der schwerwiegendsten psychiatrischen
Erkrankungen weltweit dar. Bei einem Risiko für die Allgemeinbevölkerung von 1 % an Schizophrenie zu erkranken, sind – bezogen auf Deutschland – 800.000 Bundesbürger betroffen. Trotz dieser hohen Zahl wurde
der Schizophrenie über viele Jahrzehnte nur wenig Aufmerksamkeit
geschenkt. Die Erkrankung geht auch heute noch mit einer starken Stigmatisierung der Betroffenen und derer Familien einher.
ó Dabei hat die Schizophrenie, wie Krebserkrankungen oder Diabetes, eine starke biologische, vor allem genetische Ursache. Die
Schizophrenie betrifft das Verhalten und Erleben, einhergehend mit dem Auftreten von
Wahnerleben, Halluzinationen, Denkstörungen, Kommunikationsstörungen und einem
sozialen Rückzug. Zusätzlich geht die Störung oft einher mit Substanzabusus z. B. von
Alkohol, Nikotin, Cannabis und Kokain[1–3].
Das Haupterkrankungsalter liegt zwischen
der Pubertät und dem 35. Lebensjahr. Männer
erkranken dabei häufig früher als Frauen. Die
Schizophrenie kann verschiedene Subtypen,
wie den paranoiden, den hebephrenen oder
den katatonen Typ annehmen und hat einen
heterogenen Verlauf. Die akuten Manifestationen können Wochen bis Monate dauern
und rezidivieren. Die Krankheit kann zudem
in Schüben verlaufen und es kommt häufig zu
einer chronischen Residualsymptomatik mit
bleibenden Einschränkungen. Mehr als 50 %
der Erkrankten haben einen ungünstigen Verlauf mit Rezidiven, Residualsymptomatik und
erheblichen Störungen der sozialen Integration[1, 4].
Risiko von ca. 50 %, ebenso wie die Kinder
zweier schizophrener Eltern. Insgesamt weisen diese Daten auf eine Heritabilität von ca.
80 % hin[8, 9]. Darüber hinaus spielen auch epigenetische Faktoren eine Rolle bei der Erkrankung, da die Konkordanz bei eineiigen Zwillingen nicht 100 % beträgt[8–10]. Wahrscheinlich ist die Schizophrenie eine multifaktorielle Erkrankung, an der mehrere Gene mit
einem schwachen bis mäßigen Effekt beteiligt sind, die in Verbindung mit Umweltrisikofaktoren zu einer Manifestation der Erkrankung führen[5–8]. Die Identifizierung dieser
Gene und dadurch der Pathophysiologie dieser Erkrankung ist von großem therapeutischem Interesse. Erst wenn mehr über die
genetischen und pathophysiologischen Ursachen der Schizophrenie bekannt ist, können
gezieltere Behandlungsmöglichkeiten entwickelt werden. Die genetische Komponente hat
hierbei eine wesentliche Bedeutung. In der
Literatur werden momentan grundsätzlich
zwei genetische Strategien verwendet: Kopplungs- und Assoziationsstudien, wobei beide
komplementäre Informationen liefern.
Kopplungsstudien
Heritabilität
Aus heutiger Sicht wird die Erkrankung durch
eine multifaktorielle Ätiopathogenese erklärt.
Dabei gibt es eine Vielzahl von Hinweisen auf
eine klare genetische Komponente der Schizophrenie[5–7]. Das Lebensmorbiditätsrisiko
von 1 % in der Allgemeinbevölkerung erhöht
sich auf ca. 3–5 % bei Verwandten zweiten
Grades oder Halbgeschwistern und auf
9–12 % bei Geschwistern und zweieiigen Zwillingen. Eineiige Zwillinge teilen ein relatives
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Kopplungsstudien sind bei Geschwisterpaaren, Trios und Multiplexfamilien angewendet
worden. Die Untersuchungen basieren auf
einem Gen-Kartierungsverfahren, wobei
zunächst die mit Schizophrenie gekoppelten
Loci vor der eigentlichen Identifizierung des
Gens bestimmt werden.
Die ersten Kopplungsuntersuchungen zur
Schizophrenie wurden in der Annahme
durchgeführt, Gene mit einem Haupteffekt
auf die Erkrankung identifizieren zu können.
Erste positive Ergebnisse für Kopplungen,
z. B. mit einem Gen auf Chromosom 5, konnten jedoch nicht repliziert werden[11,12]. Vermutlich sind Mutationen mit einer sehr hohen
Penetranz äußerst selten oder nicht vorhanden[13]. Daraufhin wurden große gemeinschaftliche Anstrengungen unternommen,
um genomweite Kopplungsstudien durchzuführen. In den letzten Jahren wurden zwar
tendenzielle bis signifikante Kopplungen
gefunden, allerdings waren die gefundenen
Kandidatengenregionen jeweils sehr groß
(etwa 30 Centimorgan (cM)) und konnten häufig durch unabhängige Gruppen nicht repliziert werden.
Eine groß angelegte Meta-Analyse von
Lewis et al.[14] wertete die Daten von 20
genomweiten Kopplungsstudien mit insgesamt 1208 Stammbäumen zur Schizophrenie
aus und zeigte eine größere Übereinstimmung in den Ergebnissen der bisherigen
Kopplungsstudien als bislang vermutet. Interessanterweise konnte diese Meta-Analyse verschiedene Hinweise auf Kopplungen bestätigen, die an einer kleineren Anzahl von
Stammbäumen aus homogeneren oder isolierteren Bevölkerungsgruppen beobachtet
wurden. Mittlerweile gibt es mindestens
12 Loci, für die eine Beteiligung an der Entwicklung von Schizophrenie wahrscheinlich
ist, wie die Meta-Analyse publizierter und
nicht publizierter Daten nahelegt. Diese Loci
repräsentieren ca. 10 % des menschlichen
Genoms (Abb. 1).
Die Methode der Kopplungsuntersuchungen erlaubt es jedoch selten, die eigentlichen
Dispositionsgene mit einer, wie bei der Schizophrenie zu erwartenden geringen Effektstärke direkt zu identifizieren. Auch ist mit
dem Aufspüren gekoppelter Regionen
zunächst nur die grobe chromosomale Region
eingegrenzt, die eigentlichen, verursachenden Varianten in der DNA findet man allein
mit diesem Ansatz in der Regel jedoch nicht.
Kandidatengenstudien
Eine komplementäre Strategie stellen Assoziationsstudien dar. Diese basieren auf einem
statistischen Vergleich der Allelfrequenzen
zwischen Patienten und Kontrollen und beinhalten die Untersuchung einer Kohorte von
Patienten und gesunden, nicht verwandten
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WISSENSCHAFT
˚ Abb. 1: Überlappende Kopplungsregionen für Schizophrenie.
Kontrollen. Im Gegensatz zu Kopplungsstudien können Assoziationsstudien auch für
Gene mit geringem Effekt eine eindeutige
Assoziation zwischen einer Genvariante und
einer komplexen Erkrankung liefern.
Die meisten bisher durchgeführten Assoziationsstudien zur Schizophrenie beruhen
auf den derzeitigen pathobiologischen Modellen dieser Erkrankung. Untersucht wurden
Kandidatengene, von denen man annimmt,
dass ihre Produkte an der Entstehung der
Krankheit beteiligt sein könnten. Daher haben
sich die Studien zunächst auf Modelle der
dopaminergen Dysfunktion konzentriert.
Sowohl die Dopaminhypothese der Schizophrenie als auch die Tatsache, dass Dopaminrezeptoren von den meisten Antipsychotika blockiert werden, geben Anlass zur Erforschung von Genen, die an der dopaminergen
Neurotransmission beteiligt sind. In diesen
Studien wurden Gene untersucht, die sowohl
für Dopaminrezeptoren als auch für die Enzyme, die in dem Dopaminmetabolismus involviert sind, kodieren. Eine Meta-Analyse von
mehr als 5.000 Personen hat eine Assoziation zwischen Schizophrenie und Homozygotie für einen Einzelnukleotid-Polymorphismus (SNP) aufgezeigt, welcher eine Aminosäurevariation (Ser9Gly) im Exon 1 des
Dopamin 3(DRD3)-Rezeptorgens verursacht[15]. Weitere mögliche Assoziationen wurden im Bereich des Dopamin 2-Rezeptors
gefunden[16]. Ebenfalls ein Hinweis auf eine
Assoziation besteht hinsichtlich der CatecholO-Methyltransferase (COMT)[17]. Weiterhin
wurden serotonerge Systeme untersucht, da
Lysergsäurediethylamin (LSD), welches schizophrenieähnliche Symptome erzeugt, an den
Serotonin(5-HT)-2A-Rezeptor bindet. Außerdem haben atypische Neuroleptika neben
dem Dopamin-D2-Antagonismus v. a. einen
5-HT-2A-Antagonismus. Eine Meta-Analyse
zu einem Basenaustausch-Polymorphismus
von Thymin (T) nach Cytosin (C) an Position
102 im Serotonin-2A(5-HT-2A)-Rezeptorgen
zeigte ebenfalls eine Assoziation mit Schi-
zophrenie[18, 19]. Weitere Valdierungsstudien
zu den aus dem Kandidatengenansatz stammenden Genen sind erforderlich.
Expressionsanalysen in post mortemGehirnen und Tiermodellen der
Schizophrenie
Eine weitere Möglichkeit, Schizophrenie-relevante Gene zu finden, sind Tiermodelle der
Psychose sowie Untersuchungen in post mortem-Gehirnen. Ein Gen, welches auf diesem
Wege ermittelt wurde, ist das RGS4(Regulator
of G-Protein Signaling-4)-Gen auf Chromosom
1q21–22, das zuvor nie mit Schizophrenie in
Zusammenhang gebracht wurde. Es zeigte in
einer Genexpressionsstudie eine Verminderung der Expression in post mortem-Gehirngewebe schizophrener Patienten[20]. In weiteren Kopplungs-[21] und Assoziationsstudien[22] wurden ebenfalls signifikante Ergebnisse gefunden. RGS4 gehört zu einer Gruppe von Proteinen, die eine wichtige Rolle in
der Regulation der Dauer des postsynaptischen Signals verschiedener G(Guanosin)Protein-gekoppelter Neurotransmitter-Rezeptoren, wie der Dopamin-D2-, 5-HT2- und metabotroper Glutamatrezeptoren, spielen.
Einige Tiermodelle der Schizophrenie beruhen auf einer Dysregulation des glutamatergen Systems[23–25]. Die psychomimetischen
Effekte von nicht-kompetitiven N-MethylAspartat(NMDA)-Rezeptor-Antagonisten wie
z. B. PCP und Ketamin in gesunden Personen[26, 27] und die Beobachtung, dass sie
psychotische Symptome bei schizophrenen
Patienten verstärken, haben zur Hypothese
geführt, dass die Schizophrenie mit einer veränderten glutamatergen Neurotransmission
zusammenhängt. Tiermodelle zeigen dabei
Parallelen zwischen der Schizophrenie und
molekularen, zellulären und funktionellen
Veränderungen sowie Verhaltensabnormitäten in diesen Tieren. So verändert die niedrig
dosierte chronische Gabe des NMDA-Rezeptor-Antagonisten MK801 die Expression von
NMDA-Rezeptoruntereinheiten auf moleku-
larer Ebene in ähnlicher Weise wie bei der
Schizophrenie[28]. Auf zellulärer Ebene ist die
Anzahl der Parvalbumin-positiven Interneurone selektiv erniedrigt[23], was wiederum
post mortem-Befunden an Gehirnen schizophrener Patienten entspricht[29]. Auf funktionaler Ebene ist die rekurrente Inhibition
von Pyramidalzellen verändert, wie durch die
histologischen Befunde postuliert wurde. Auf
der Verhaltensebene schließlich weisen diese Tiere kognitive Defizite wie ein gestörtes
Arbeits- und deklaratives Gedächtnis auf, was
wiederum Befunden bei schizophrenen
Patienten entspricht[30]. Pharmakologische
Tiermodelle bilden somit eine Reihe Schizophrenie-assoziierter Phänotypen ab und
können genutzt werden, um weitere Kandidatengene für diese Erkrankung zu identifizieren. Mittels cDNA-Arrays können im Weiteren Expressionsuntersuchungen durchgeführt werden, um neue Gene zu identifizieren
und diese in Patienten und Kontrollen zu
untersuchen.
Kombination von Kopplungs-,
Assoziations-, Kandidatengen- und
Expressionsstudien
Die Kombination von Kopplungs-, Assoziations-, Kandidatengen- und Expressionsstudien in der Schizophrenie stellte bisher den
effektivsten Ansatz zur Entdeckung von weiteren Suszeptibilitätsgenen dar und führte
bereits zur Entdeckung erster putativer
Schizophreniegene, wie Dysbindin auf
6p22.3[31, 32] und Neuregulin 1 auf 8p[33]. In
einer genomweiten Kopplungsstudie replizierten Stefansson et al. Ergebnisse von Kopplungsstudien mit Schizophrenie auf Chromosom 8p an einer isländischen Bevölkerungsgruppe[33]. Des Weiteren entdeckten sie
verschiedene Marker auf dem Neuregulin
1(NRG 1)-Gen und bildeten einen Haplotypen, der eine signifikante Assoziation mit
Schizophrenie zeigte. Ein fast identisches
Muster konnte an einer schottischen Bevölkerungsgruppe gefunden werden[34]. Eine
Verbindung dieser Befunde zur NMDA-Hypofunktions-Hypothese der Schizophrenie vermitteln Neuregulin-1-Knock-out-Mäuse, bei
denen die Zahl funktioneller NMDA-Rezeptoren reduziert ist.
Straub und Kollegen untersuchten einen
Bereich auf Chromosom 6p, der in irischen
Familienstudien mit der Schizophrenie gekoppelt war und entdeckten mittels familienbasierter Assoziationsstudien von SNPs und
Haplotypen das Dysbindin(DTNBP1)-Gen auf
Chromosom 6p22.3. Es kann u. a. die NMDABIOspektrum | 07.07 | 13. Jahrgang
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Tab. 1: Kandidatengene für Schizophrenie. Adaptiert nach Straub und Weinberger 2006.
Gen
RGS4
DISC1
GAD1
ERBB4
DTNBP1
MUTE D
GRM3
NRG1
PPP3CC
GRIK4
FEZ1
DAAO
DAOA
AKT1
CHRNA7
COMT
PRODH
regulator of G-protein signaling 4
disrupted in schizophrenia 1
glutamate decarboxylase 1 (brain, 67kDa)
v-erb-a erythroblastic leukemia viral oncogene homolog 4 (avian)
dystrobrevin binding protein 1
muted homolog (mouse)
glutamate receptor, metabotropic 3
neuregulin 1
protein phosphatase 3 (formerly 2B), catalytic subunit, gamma isoform
glutamate receptor, ionotropic, kainate 4
fasciculation and elongation protein zeta 1 (zygin I)
D-amino-acid oxidase
D-amino acid oxidase activator
v-akt murine thymoma viral oncogene homolog 1
cholinergic receptor, nicotinic, alpha 7
catechol-O-methyltransferase
proline dehydrogenase (oxidase) 1
Rezeptorfunktion über die neuronale Nitrosyl(NO)-Synthase beeinflussen. Sie fanden
hochsignifikant assoziierte SNPs in den
Introns 4, 5 und 6[31], was auch in einer weiteren deutschen Studie bestätigt werden
konnte[32].
Die Evidenz all dieser, in Assoziationsstudien mehrmals replizierten Befunde, wird
gestützt dadurch, dass die identifizierten
Gene alle in gekoppelten Regionen liegen, die
mRNA dieser Gene im präfrontalen Kortex
exprimiert ist und neurobiologische Daten
auf eine funktionelle Relevanz dieser Gene
hinweisen[5–7]. In Tabelle 1 werden die am
meisten untersuchten Kandidatengene der
Schizophrenie zusammengestellt.
Endophänotypen
Der Ansatz der intermediären Phänotypen
stellt eine komplementäre Suchstrategie nach
Genen für die Schizophrenie dar. Klinische
Klassifikationssysteme
psychiatrischer
Erkrankungen, wie auch das für die Schizophrenie, scheinen heterogene Störungen
mit einzelnen Subtypen, wie dem paranoiden, dem hebephrenen oder dem katatonen
Typus der Schizophrenie zu beschreiben.
Damit dürfte die gebräuchliche klinisch-psychiatrische Klassifikation für genetische Studien nicht immer optimal geeignet sein[35–38].
Aus diesem Grund erscheint eine Einteilung
nach Endophänotypen, deren Beschreibung
einfache, quantitative Messgrößen neuropsychiatrischer Funktionen zugrunde liegen,
bei der Identifizierung relevanter Gene vielversprechend. Dieser Ansatz ermöglicht es,
die mit ätiologischen Modellen einhergehenden methodischen Probleme zu umgehen. Der
Hintergrund für die Verwendung von Endophänotypen bei der Genidentifizierung ist,
dass diese stringent definierten Phänotypen
mit den Ursachen einer psychiatrischen
Erkrankung näher assoziiert sind und diese
besser umschreiben als der klinische Phänotyp. Demnach repräsentieren Endophänotypen die Verbindung zwischen Genen und dem
klinischen Phänotyp. Dies impliziert, dass die
BIOspektrum | 07.07 | 13. Jahrgang
Chr.region
1q23.3
1q42.1
2q31
2q33.3-q34
6p22.3
6p25.1-p24.3
7q21.1-q21.2
8p12
8p21.3
11q22.3
11q24.2
12q24
13q34
14q32.32
15q14
22q11.21
22q11.21
Assoziation
+++
++++
++
++
+++++
++++
+++
+++++
+
++
++
++
+++
+
+
++
+
Anzahl der Gene, die erforderlich ist, um Variationen der Endophänotypen zu bedingen,
möglicherweise geringer sein könnte als die
Anzahl der Gene zur Verursachung der komplexeren, psychiatrisch diagnostischen Entitäten. Die für die Analyse von Endophänotypen
der Schizophrenie zur Verfügung stehenden
Methoden beinhalten neurophysiologische,
neuropsychologische[39] und bildgebende
(fMRI) Verfahren. Einige dieser Endophänotypen sind unabhängig vom Erkrankungsstadium mit der Krankheit assoziiert und
kosegregieren in betroffenen Familien. Insgesamt hat sich durch den Einsatz von Endophänotypen eine bemerkenswerte Möglichkeit eröffnet, komplexe neuropsychiatrische
Krankheiten zu untersuchen[40] und wird in
naher Zukunft voraussichtlich eine immer
wichtigere Rolle einnehmen.
Genomweite Assoziationsstudien
Eine Schwäche des Kandidatengen-Ansatzes
ist, dass diese Studien auf im Vorfeld als plausibel angesehene Gene angewiesen sind. Eine
Vielzahl von Assoziationsstudien zur Schizophrenie ist bislang durchgeführt worden[6].
Die Interpretation dieser Ergebnisse ist jedoch
nur mit äußerster Vorsicht vorzunehmen, da
viele Studien nur geringe Fallzahlen aufweisen und viele „Falsch-Positive“-Befunde ohne
deren Replikation publiziert wurden. Mit
Weiterentwicklung der Genotypisierungstechniken, die mittlerweile die parallele Genotypisierung von einer Million und mehr SNPs
bei einer Person erlauben, geht der Trend hin
zu hypothesenfreien Ansätzen, den genomweiten Assoziationsstudien. Die erste dieser
Art zu Schizophrenie wurde im Frühjahr 2007
Kopplungsregion nach Lewis et al 2003
1p13.3-q23.3
[Rang]
[10]
6pter-p.22.3
[7]
8p22-p21.1
11q22.3-q24.1
11q22.3-q24.1
[6]
[3]
[3]
22pter-q12.3
22pter-q12.3
[9]
[9]
von Lencz et al. publiziert[41], in welcher sie
aus über 500.000 SNPs das Gen CSF2RA
(colony stimulating factor, receptor 2 alpha)
als mit der Schizophrenie assoziiert finden.
Momentan werden einige weitere genomweite Assoziationsstudien weltweit durchgeführt[42], die vielversprechende Ergebnisse
liefern. Es wird sich in einigen Monaten bis
wenigen Jahren zeigen, ob mit diesem neuen Ansatz entscheidende Fortschritte in der
Schizophrenieforschung gemacht werden
oder ob die für in einigen Jahren antizipierte
genomweite individuelle Sequenzierung den
entscheidenden Durchbruch bringt.
Die Kombination von Kopplungs-, Assoziations-, Kandidatengen- und Expressionsstudien, die Untersuchung von intermediären
Phänotypen sowie insbesondere der hypothesenfreie Ansatz genomweiter Hochdurchsatzgenotypisierung stellt, nach unserem
Ermessen, den effektivsten Ansatz zur Aufklärung der Pathophysiologie der Schizophrenie dar und in den nächsten wenigen Jahren ist mit entscheidenden Fortschritten auf
diesem Gebiet zu rechnen.
ó
Literatur
Eine umfangreiche Literaturliste finden Sie unter
http://psywifo.klinikum.uni-muenchen.de/forschung/
neurobiologie/index.html
Korrespondenzadresse:
OA PD Dr. med. Dan Rujescu
Psychiatrische Universitätsklinik
Nussbaumstraße 7
D-80336 München
Tel.: 089-5160 5756
Fax: 089-5160 5779
[email protected]
AUTOR
Dan Rujescu
1986–1993 Medizinstudium in Essen; Brisbane/Australien; Cape Town/Südafrika,
1993 Doktorarbeit an den Universitäten Essen und Heidelberg, 1993–1995 AiP an
der Psychiatrischen Universitätsklinik Mainz, 1995–1997 Assistenzarzt an der Psychiatrischen Universitätsklinik München (LMU), 1997–1998 Postdoc in der Neurobiochemie am Max-Planck-Institut für Neurobiologie, Martinsried. Seit 1997 Leitung
der Sektion Molekulare und Klinische Neurobiologie an der Psychiatrischen Universitätsklinik München. 2004 Habilitation.
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