Depression Depression Diagnose und Depressionen

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von Christian Luksch
Depression
Depression
Die Depression, (vom lateinischen depressio - niedergedrückt) zählt zu den sogenannten affektiven Erkrankungen und
kann ein vielgestaltiges Bild zeigen. Die Hauptsymptome sind traurige Verstimmung, Hemmung von Denken und
Antrieb, sowie körperlich - vegetative Störungen.
Etwa 65% aller affektiven Erkrankungen sind unipolare Depressionen (nur depressive Phasen), 30% haben einen
bipolaren Verlauf (depressive Phasen wechseln sich mit manischen Phasen ab), 5% sind reine manische Formen.
Traditionell werden Depressionen nach drei ursächlichen Gesichtspunkten unterteilt:
Reaktive Depression werden durch ein akutes psychisches Trauma ausgelöst (z.B. Todesfall, Scheidung,
Entwurzelung, etc). Sie folgt unmittelbar dem auslösenden Ereignis und ist um dieses zentriert, also erinnerlich.
Psychogene Depressionen liegen zwar ebenfalls schlecht oder nicht verarbeitete Erlebnisse zugrunde,
allerdings bestand dabei schon im Vorfeld des eigentlichen Auslösers der Depression neurotische
Persönlichkeitszüge des Betreffenden wie Selbstunsicherheit, ängstliche Gehemmtheit, Stottern, Bettnässen
o.ä.. Bei psychogenen Depressionen ist der eigentliche Auslöser der Depression oft nicht erinnerlich, adäquate
Copings um mit psychosozialen Stressoren umzugehen fehlen sehr oft.
Somatogene Depressionen (früher auch endogene) liegt die Annahme zugrunde, daß manche Depressionen
aufgrund eines körperlichen Defizites (Serotoninmangel im Gehirn) entstehen, was durch die Gabe von
Antidepressiva, die den Serotoninhaushalt beein-flussen bestätigt wird. Jedoch auch andere körperliche
Erkrankungen wie Epilepsie, Parkinson, Hypo- und Hyperthyreose, Colitis ulzerosa, sowie funktionelle
kardiovaskuläre Störungen, aber auch manche Medikamente (Anti-Parkinsonika, Antihypertonika, Opiate,
Neuroleptika und Tuberkulostatikakönnen Depressionen auslösen.
Diese Unterteilung tritt jedoch in der neueren Psychiatrie immer mehr in den Hintergrund und weicht einer
zeitgemäßeren Anschauung der Krankheit, wonach deren Ursache in multifaktoriellen Zusammenhängen zu suchen
ist. Im Bereich der Gerontopsychiatrie sind stets negative Life-Events, also belastende Erlebnisse, vor allem
körperliche, und soziale Verlusterlebnisse des Patienten, auslösender und/oder mitverursachender Faktor von
Depressionen. Eine psychotherapeutische Behandlung von depressiven Patienten, gehört daher ebenso zum State of
the Art, wie die fachärztlich verordnete und kontrollierte medikamentöse Therapie.
Sonderformen der Depressionen sind
Die sogenannte Involutions- oder Spätdepression die sich nach dem 40. Lebensjahr manifestiert
("Midlife-Crisis")
Die Altersdepression (nach dem 60.Lebensjahr)
Die Wochenbettdepression
Die Erschöpfungsdepression
Die saisonale Depression
Diagnose und Depressionen
Für den erfahrenen Psychiater genügt, insbesondere bei bereits länger dauernden depressiven Zustandsbildern sehr
oft eine "Blickdiagnose". Dennoch ist die genaue nosologische Abklärung der Diagnose (also die Erforschung der
Krankheitsursachen) von eminenter Bedeutung, gerade im Hinblick auf die anzusetzende Therapie.
Diagnostisch-anamnestisches Gespräch
Wichtigstes diagnostisches Instrument ist dazu das ärztliche diagnostisch-anamnestische Gespräch, in dem neben
Fragen nach erinnerlichen Auslösern auch Schlaf- und Appetitstörungen, Antriebsstörungen und Veränderungen im
Selbstwertgefühl erfragt werden. Oft müssen die unmittelbaren Aussagen des Patienten mit einer sogenannten
Fremdanamnese (einem Gespräch mit den unmittelbaren Angehörigen des Patienten) sowie verschiedenen
psychologischen Tests (z.B. GDS) komplementiert werden.
Im Rahmen der Altersdepression ist stets auch ein differentialdiagnostischer Prozeß angebracht, da depressive
Zustände im Alter ein sehr ähnliches Bild wie dementielle Zustände zeigen können, jedoch einer völlig anderen
Therapie bedürfen.
Auch das Erscheinungsbild der Depression ist von Bedeutung für das weitere therapeutische Vorgehen. Demnach
können wir folgende vier Arten unterscheiden:
Die gehemmte Depression, bei der eine deutliche Antriebsreduzierung vorliegt
Die agitierte Depression, bei der eine krankhaft gesteigerte Bewegungsunruhe imponiert
Die larvierte Depression, bei der vegetative Störungen im Vordergrund stehen
Die psychotische Depression, bei der sogenannte depressive Wahnarten auftreten können
Symptome
Psychisch
Gedrückte Stimmung, Freudlosigkeit, Interessensverlust (morgendliches Tief) Verminderung der
Konzentrationsfähigkeit, Denkverlangsamung, Verminderung des Selbstwertgefühls, Ängstlichkeit, Schuldgefühle,
Gefühle der Wertlosigkeit, Negativpessimistische Zukunftsperspektiven, Tendenz zur Verwahrlosung, Abbruch sozialer
Kontakte, Suizidale Gedanken.
Psychomotorisch
Verminderung des Antriebs und der Lebensenergie, Psychomotorische Hemmung oder gesteigerte ziellose
Angetriebenheit, gebeugte Haltung, ausdruckslose Mimik, leise und monotone Stimmme, matte und fahrige Gestik.
Psychovegetative Symptome
Erhöhte Ermüdbarkeit Schlafstörungen (Ein- und Durchschlafstörung, frühes Erwachen), verschiedene meist als
"beengende" oder "schneidende" beschriebene Leibschmerzen (Rücken, Kopf, Nacken, Brust, Bauch,) Appetitverlust,
Obstipation, Libidoverlust.
Therapie von Depressionen
Grundlage der Depressionsbehandlung ist das verständnisvolle, stützende Gespräch ("supportive Psychotherapie") mit
Erstellung eines Gesamtbehandlungsplanes. Je nach dem ätiologischen Schwerpunkt der Störung stehen entweder
die Therapie mit Antidepressiva oder die Psychotherapie (und andere Therapieformen) im Vordergrund.
Die Behandlungsstrategie
gliedert sich in drei Phasen:
Akutbehandlung (3-6 Wochen)
Erhaltungstherapie (3-6 Monate)
Rezidivprophylaxe (Jahre bis lebenslang)
Ob eine stationäre oder ambulante Behandlung erfolgt hängt von der Einschätzung des Schweregrades der
Depression bzw. der Suizidalität ab. Immer jedoch sollte diese Einschätzung durch einen praktizierenden oder
klinischen Psychiater erfolgen.
Pharmakotherapie (Antidepressiva)
Bei der Behandlung von Depressionen ist die Wahl des richtigen Medikamentes von besonderer Bedeutung,- um eine
richtige Auswahl des Medikamentes zu treffen ist allerdings eine genaue nosologische Abklärung der Depression
durchzuführen.
Antidepressiva können nicht die Ursache einer Depression bekämpfen, sondern lediglich die Erscheinungsform mit
Antidepressiva können nicht die Ursache einer Depression bekämpfen, sondern lediglich die Erscheinungsform mit
ihrer vielfältigen Symptomatik. Einer Behandlung mit Antidepressiva, vor allem in der Gerontopsychiatrie sollte immer
auch gleichzeitig eine fundierte psycho-therapeutische Begleitung beigestellt sein.
Antidepressiva sind chemisch verschiedene Substanzen, deren Haupteigenschaft eine stimmungsaufhellende Wirkung
ist, die aber ausschließlich im Kurgebrauch, also nach frühestens drei Tagen eintritt und ihr volles Wirkungsspektrum
erst nach zwei bis drei Wochen entfaltet. Das heißt, daß eine Beurteilung der Wirksamkeit eines Antidepressivum
sowie ein eventueller Medikamentenwechsel erst nach diesem Zeitraum sinnvoll ist. Auf keinen Fall sind
Antidepressiva Stimulanzien! Nimmt ein Gesunder Antidepressiva, wird er müde und zeigt vegetative unerwünschte
Wirkungen!
Die Auswahl von Antidepresiva richtet sich in erster Linie nach dem Erscheinungsbild der Depression sowie dem
Nebenwirkungsprofil des Präparats. Vom Wirkungsprofil her unterscheiden wir Antidepressiva mit sedierender Wirkung
die vor allem bei der ängstlich-agitierten Depression eingesetzt werden, von Antidepressiva mit antriebssteigernder
Wirkung, (bei gehemmten Depressionen).
Die beiden gemeinsame Wirkung ist die Normalisierung von Antrieb Befindlichkeit.
Insbesondere bei der letzteren Gruppe ist im klinischen Gebrauch jedoch höchste Vorsicht geboten, da der
antriebssteigernde Effekt meist vor dem antidepressiven Effekt einsetzt und sich somit die Gefahr eines
Suizidversuches erhöhen kann! Eine Anwendung von antriebssteigernde Antidepressiva ist also nur in Verbindung mit
einem klinischen Aufenthalt, bzw. bei einem dichten und gut informierten sozialen Umfeld vertretbar.
Bisweilen müssen Antidepressiva auch mit anderen (Psycho-) Pharmaka kombiniert werden, etwa niederpotenten
Neuroleptika oder Benzodiazepine. In diesem Fall ist aber eine stationäre Aufnahme auf psychiatrischen
Intensivstationen dringend anzuraten. Der "experimentellen Psychopharmakologie" mancher praktischer (und
unpraktischer) Ärzte ist auch seitens der Pflege entschieden entgegenzutreten!
Umgang mit Antidepressiva
Prinzipiell werden die Antidepressiva "eingeschlichen" das heißt relativ langsam (in 3-7 Tagen) auf die Erhaltungsdosis
gebracht. Im ambulanten Setting, also ohne fachärztliche Kontrolle sollte dies noch langsamer geschehen.
Antidepressiva können dabei (innerhalb dieser Anflutungszeit) auch intravenös eingebracht werden, allerdings muß
dies wirklich langsam geschehen, da sonst die Nebenwirkungsrate und das Risiko von pharmakogenen Delirien und
Krampfanfällen extrem ansteigt.
Aber auch die Berücksichtigung der Tageszeiten ist wichtig: Sedierende Antidepressiva sollten hauptsächlich in ihrer
Hauptdosis abends gegeben werden, so kann man sich die Hypnotika sparen, indem man die schlafanstoßende
Wirkung des Medikaments nutzt. Antriebssteigernde Medikamente sollten dagegen am vor allem am Morgen gegeben
werden.
Von zentraler Bedeutung ist die Etablierung einer zuverlässigen Medikamenteneinnahme, entweder durch den
Patienten selbst, wenn dieser eine hohe Compliance zeigt (dies wird er im übrigen erst, wenn er über Krankheit und
Medikament aufgeklärt ist) oder durch die Pflegepersonen. Ein selbständiges und/oder vorzeitiges ersetzen des
Medikamentes aufgrund offensichtlicher Besserung der Symptome ist nicht zu empfehlen.
Nach Abklingen der depressiven Symptomatik empfiehlt es sich in der Regel, eine anti-depressive
Erhaltungsmedikation für eine Dauer von ca. 6 - 12 Monate fortzuführen, da während dieser Zeit eine hohe
Rückfallsquote besteht. Dennoch sind auch Antidepressiva keine Dauermedikation, die ungeprüft über Jahre gegeben
werden können! Nur bei rezidivierenden bzw. phasenhaften Verläufen muss die Langzeitmedikation mit einem
Antidepressivum oder sogenannten Phasenprophylaktika wie Lithium fortgesetzt werden.
Mögliche unerwünschte Wirkungen von Antidepressiva
1.Anticholinerg/Vegetativ:
Trockenheit der Schleimhäute insbesondere in Nase, Mund und Augen
Vorübergehende Akkomodationsstörungen
Verstärkung der obligatorischen Obstipation
2. Kardiovaskulär:
Blutdruckabfall und Tachykardie insbesondere zu Beginn der Therapie und morgens
Herzrhythmusstörungen, insbesondere bei älteren Patienten (RR-Abfall)
3. Endokrin:
Gewichtszunahme
Störungen von Libido und Potenz
4. Neurologisch:
Tremor und Dysarthrie
Bei zu hohen Dosen cerebrale Krampfanfälle und Dyskinesien
5. Psychisch:
Pharmakogene Delirien, insb. bei Amitryptilin und Nortryptilin
Provokation schizophrenieartiger produktiver Symptome (z.B. Halluzinationen)
Vor allem bei Älteren und Risikopatienten können diese Nebenwirkungen unter Umständen schwerwiegende Folgen
haben (Harnverhalten, Kreislaufkollaps, Stürze). Hier sind deshalb in der Regel immer niederigere Dosierungen
angezeigt.
Psycho-(logische) Therapie
Wenn ein Mensch zu einem Arzt (oder einer Pflegeperson) kommt (oder gebracht wird) dann sucht (oder braucht) er in
erster Linie Hilfe und nicht Tabletten. Im Zentrum dieser Hilfe steht immer das direkte Gespräch zwischen
Hilfesuchenden und Hilfeleistenden.
Mitunter kann es vorkommen, daß diese Form der Hilfeleistung erst möglich wird, wenn zuvor andere Maßnahmen (wie
z.B. Medikamente) gesetzt wurden. Das darf uns aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß Medikamente, insbesondere
Psychopharmaka, das zwischen-menschliche Gespräche ersetzen könnte (oder sogar soll).
Im Rahmen der Behandlung von psychischen Krankheiten müssen wir genauso winen mehrdimensionalen Ansatz
wahren, wie die Krankheit selbst eine mehrdimensionale Ätio-logie aufweist. Das heißt: Wir müssen den Menschen
durch biologische (z.B. medikamentös), soziologische (durch Beziehungsarbeit) und psychologische (durch
Kommunikation) Methoden zu heilen versuchen. Wie wir diese Behandlungsmethoden letztendlich benennen (und
auch wer sie vollzieht) ist nur sekundär wichtig, primär wichtig ist, daß sie überhaupt passieren und daß der, der sie
anwendet, weiß, was er tut, bzw. tun oder unterlassen muß.
Wenn wir im folgenden also von psychologischer Therapie sprechen, dann schließen wir die klassischen anerkannten
Formen der Psychotherapie mit ein, das einfache Entlastungsgespräch zwischen Betreuungsperson und Bewohner
aber dezidiert nicht aus.
Das psychotherapeutische Einzelgespräch
Findet zwischen zwei Menschen (Helfer und Klient) statt und hat Befindlichkeit und erleben des Klienten zum Inhalt. Es
kann tröstend, klärend, unterstützend oder anleitend sein, immer ist es jedoch getragen von der Empathie (Einfühlung)
des Helfers, seiner Kongruenz (Echt-sein), von der Bereitschaft zur Verbalisation von Gefühlsinhalten, von Wertfreiheit
der Äusserungen des Klienten und einer validativen Grundhaltung des Helfers.
Das psychotherapeutische Gruppengespräch
Findet zwischen einem (oder mehreren) Helfern und einer Gruppe von Klienten statt, die ein gleiches oder ähnliches
Problem haben. Im Mittelpunkt steht das gemeinsame Erleben der Klienten, das Lernen, das sie nicht mit ihrer
Krankheit alleine sind und die Möglichkeit der gegenseitigen Hilfe bzw. des Lernens mit- und voneinander.
Animation, Kunst- und Musiktherapie
Sind (psycho-)therapeutische Arbeitsweisen, die auf der Ebene der Kreativität dem Klienten Raum zur Kommunikation
geben, der auf einer verbalen Ebene nicht, bzw. nicht mehr gefunden werden kann. Insbesondere im Bereich der
Altenarbeit, wo die Betroffenen sehr oft unter kognitiven Defiziten leiden sind sie unverzichtbare Arbeitsweisen
Andere Therapieformen der Depression:
Lichttherapie:
Wird bei saisonal bedingten Depressionen angewandt. Die Patienten sind dabei mehrmals pro Tag für 20 - 30 Minuten
einer Lichtquelle ausgesetzt, die Tageslicht simuliert.
Schlafentzugstherapie:
Bei etwa 35% der Patienten äusserst wirksame Therapieform, bei der der Patient eine volle Nacht nicht schlafen darf
und dadurch eine etwa 3-5 Tage andauernde Symptombesserung erfährt.
Elektrokrampftherapie:
Nur mehr äusserst selten und vor allem bei jüngeren, pharmako-therapieresistenten Patienten unter Vollnarkose
angewandt .
Pflege
Der Erfolg der Behandlung und Pflege depressiver Patienten steht und fällt mit der unmittelbaren Bezugsperson des
Patienten im therapeutischen Team. Es ist von der allergrößten Bedeutung ob sich der Patient in der
Behandlungssituation geborgen fühlt, wozu vor allem die unmittelbare Gegenwart und Nähe der Schwester (oder des
Pflegers) gehört.
"Da Sein"
Diese Nähe ist jedoch in erster Linie nicht mit verbalen Kommunikationsmitteln mitzuteilen, sondern hauptsächlich
durch tatsächliches "Da-sein", durch Empathie, Kongruenz, und Konsequenz sowie durch soziale und körperliche
Nähe. Sehr oft ist es tatsächlich die Berührung oder das miteinander schweigen, das dem Patienten mehr aus seiner
seelischen Isolation bringt, als das therapeutische Gespräch, insbesondere in der Phase der tiefsten Depression, die
viele Patienten als "Nichts-fühlen-können" beschreiben.
Oberflächliches aufmuntern, gute Ratschläge oder herunterspielen seiner Probleme treibt den Patienten im
allgemeinen noch tiefer in sein desolates Selbstwertgefühl, da es ihm zeigt, daß niemand seine Probleme tatsächlich
versteht oder verstehen will.
Gefahr des Überpflegens
Insbesondere bei Patienten mit antriebsreduzierten Depressionen ist die Gefahr sehr groß, sie zu überpflegen und wie
kleine Kinder zu behandeln. Man nimmt ihnen so die letzte Selbständigkeit, signalisiert ihnen, daß sie die einfachsten
Aufgaben nicht mehr können und somit keinen Wert mehr haben. Ganz ähnliches passiert, wenn man die depressiven
Patienten unter Zeit- und/oder Leistungsdruck setzt. Depression ist eine "langsame" Krankheit, das heißt, dass die
Patienten eine klare Reduktion ihrer Geschwindigkeit haben. Sie an die eigene Arbeitsgeschwindigkeit bzw. den
Stationsrhythmus anpassen zu wollen (anstatt diesen an das Geschwindigkeitsvermögen der Betroffenen), geht
zwangsläufig schief.
Leben in der Abteilung
Von Anfang an sollte der Patient am Leben der Abteilung teilhaben, ohne daß besonders große bzw. schwierige
Aktivitäten von ihm verlangt werden. Insbesondere Zwang (auch die sogenannte "freiwillige" Form davon) führt beim
depressiven Patienten eher zum Gegenteil.
Natürlich heißt dies wiederum nicht, daß der Patienten nichts tun muß (oder gar: nichts tun darf), jedoch ist hier vor
allem darauf wertzulegen, dass das, was er tun soll ihn nicht überfordert, von seinem negativen Denkinhalten ablenkt
und durch positive Verstärkung unsererseits unterstützt.
(Bett)-Ruhe, zu der alle depressiven Patienten im Rahmen ihres Krankheitsbildes obligatorisch tendieren, ist in jedem
Fall kontraindiziert.
Selbstwertgefühl
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Hebung auch des körperlichen Selbstwertgefühles, bzw. das Training der
selbständigen Durchführung der ATL, insbesondere der Körperpflege-Aktivitäten, da bei den meisten Depressionen
eine klare Tendenz zur Selbstverwahrlosung vorherrscht. Aber auch der Allgemeinzustand des Patienten benötigt mehr
Aufmerksamkeit, insbesondere was Flüssigkeitszufuhr und Ernährung betreffen. Sehr oft helfen hier klare Direktiven
und, insbesondere in den tieferen Phasen der Depression (jedoch nur hier), die Abnahme von Entscheidungen (z.b.:
über die Menüwahl).
Die obligatorisch auftretende und durch die anticholinerge Wirkung mancher Antidepressiva noch verstärkte
Obstipation muß in der Pflegeplanung ebenfalls bedacht werden. Laxantien sind jedoch nur in Ausnahmefällen das
Mittel der Wahl. In der Regel gilt hier vor allem Bewegung, schlackenreiche Kost und ausreichende Flüssigkeitszufuhr.
Das "öffentliche Abfragen" der Stuhlfrequenz des Patienten sollte prinzipiell vermieden werden, nicht nur beim
depressiven Patienten.
Quellen:
MÖLLER Jürgen, Psychiatrie, Stuttgard 1996
DÖRNER & PFLOG; Irren ist menschlich; Stuttgard 1995;
THIEL & JENSEN; Klinikleitfaden Psychiatrische Pflege; Stuttgard 1997
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