Die Wirkung von Viren der Para-Poliomyelitis

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Nach W a d d i n g t o n und G o o d h a r t 1 5 kommt
es zu einem Abbau der Lipochondrien zu Liposomen.
B r ä c h e t 4 sowie W a d d i n g t o n und G o o d h a r t 1 5 halten es nun für möglich, daß die Cytoplasmagranula auf Grund dieser Adsorption der cancerogenen Kohlenwasserstoffe eine Änderung ihrer
Eigenschaft erfahren, wobei es zum Freiwerden der
RNS aus der komplexen Bindung kommen soll. Damit könnte wiederum eine gesteigerte RNS- und Proteinsynthese in Zusammenhang stehen. Auch aus
entwicklungsmechanischen Experimenten ( B r ä c h e t
und S h a v e r 1 6 ) sowie aus Untersuchungen an Gewebskulturen ( T e n n e n t , L i b o w und S t e r n 1 7 )
mit isolierten Cytoplasmagranula geht hervor, daß
diesen eine induktive Wirkung in bezug auf die RNSund Proteinsynthese zukommt.
Unsere eigenen Befunde können u. U. in diesem
zum Teil noch sehr hypothetischen Vorstellungen eine
Deutung finden.
16 J. B r ä c h e t
u. J. R. S h a v e r , Experientia [Basel]
5, 204, 235 [1949],
17 Zit. nach B r ä c h e t u. S h a v e r .
Die Wirkung von Viren der Para-Poliomyelitis-Gruppe
auf die lymphatischen Organe der Maus
V o n ROLAND G Ä D E K E u n d KLAUS B E T K E
Aus der Universitäts-Kinderklinik Freiburg i. Br. (Direktor: Prof. Dr. W. K e l l e r )
(Z. Naturforschg. 7 b, 401—407 [1952], eingegangen am 28. April 1952)
1. Insgesamt 72 weiße Mäuse wurden mit Viren der Para-Poliomyelitisgruppe (Stämme MM,
Ortlieb, Tietze) experimentell infiziert. Die Wirkung der Infektion auf die lymphatischen
Organe wurde histologisch und cytologisch untersucht.
2. Die Infektion verursachte in den Lymphknoten und in der Milz Ödem und Schwellung
des Grundretikulums sowie Lymphocytenzerfall. Anschließend erfolgte Phagocytose der Kerntrümmer und Proliferation der retikulären Elemente. Bei überlebenden Tieren ging der Prozeß
in eine lymphatische Hyperplasie aus.
3. Die retikulären Elemente der Leber reagierten gleichsinnig mit Schwellung und Proliferation.
4. Gleichlaufend, und zwar parallel mit der Schwere der Zell- und Gewebsveränderungen
in den lymphatischen Organen, wurde eine mehr oder weniger starke Lipoidentspeicherung
der Nebennierenrinde festgestellt.
5. Die Ursachen der Veränderungen werden diskutiert.
R
outinemäßige histologische Untersuchungen weißer Mäuse, welche experimentell mit verschiedenen
bei menschlichen zentralnervösen Erkrankungen isolierten Virusstämmen infiziert worden waren, zeigten
neben den charakteristischen Befunden am Zentralnervensystem und an der Muskulatur regelmäßig auch
Gewebs- und Zellveränderungen an den lymphatischen
Organen sowie häufig eindrucksvolle morphologische
Reaktionen an der Leber. Dies veranlaßte ausgedehntere cytologische und histologische Untersuchungen,
die speziell auf diese Organe gerichtet waren, worüber
im folgenden berichtet werden soll.
Material
und
Methodik
Die Untersuchungen wurden mit folgenden drei Virusstämmen durchgeführt:
1. Stamm M M ( J u n g e b l u t und D a l l d o r f ) , dessen
nähere Eigenschaften ausführlich im Schrifttum verzeichnet sind 1 .
2. Stamm O r 11 i e b , durch V i v e 11 von einem im Sommer 1951 an unklaren cerebralen und hämolytischen
Erscheinungen verstorbenen Säugling in Freiburg i. Br.
isoliert, ist für Nagetiere und nach der Prüfung von
J u n g e b l u t 2 für C y n o m o l g u s - und R h e s u s Affen pathogen. Inokulierte Versuchstiere weisen charakteristische pathologische Befunde*wie nach Infektion
mit anderen Viren der Para-Poliomyelitisgruppe auf.
1 G. W. A. D i c k , J. Immunology 62, 375 [1949]; J. B.
E n r i g h t u. E. W. S c h u l t z , Proc. Soc. exp. Biol.
Med. 66, 541 [1947]; A. C. L. G o 1 d f e d e r , C. M i 1 l e r u. M. S i n g e r , Proc. Soc. exp. Biol. Med. 67, 366
[1948]; C. W. J u n g e b l u t u. G. D a l l d o r f , Amer.
J. publ. Health Nation's Health 33, 169 [1943]; C. W.
J u n g e b l u t h , Proc. Soc. exp. Biol. Med. 72, 532 [1949];
C. W. J u n g e b l u t , Helv. med. Acta 17, 167 [1950];
P. K. Olitzky u. R. H. J a g e r , Proc. Soc. exp. Biol. Med.
71, 719 [1949]; L. R o b i n s o n , Annu. Rep. Div. Lab.
a. Res. New York State Dep. Hlth., 1948; A. S c h a t z u.
H. P l a g e r , Proc. Soc. exp. Biol. Med. 67, 452 [1948];
D. B. S h e a n u. E. W. S c h u 11 z , Proc. Soc. exp. Biol.
Med. 73, 629 [1950]; J. W a r r e n , J. E. S m a d e l u.
S. B. R u s s , J. Immunology 62, 387 [1949],
2 C. W. J u n g e b l u t , persönl. Mitteilung.
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Zahl
der
Tiere
Virus- Dosierung u. Inokulations, weise des virushaltigen
Stamm
Materials
Gruppe I
6
12
8
MM
Ortlieb
Tietze
0,01 ccm GehirnbreiNAC1-Aufschwemmung,
intracerebral
Gruppe II
8
14
10
MM
Ortlieb
Tietze
0,2 ccm 1:500 verdünnte
Gehirn brei-NaCl- Aufschwemmung, subcutan
Gruppe III
4
5
5
MM 0,2 ccm 1:10000 verdünnte
Ortlieb
Gehirnbrei-NaCl-AufTietze
schwemmung, subcutan
Tab. 1. Übersicht über die Versuchsanordnung
3. Stamm T i e t z e , isoliert 1951 (V i v e 11) von einem
kindlichen Myelitisfall. Die Identifizierung erfolgte auf
Grund der Pathogenität für ausgewachsene Mäuse, der
positiven Hämagglutinationsreaktionen und des histologischen Befundes der Versuchstierorgane; es fanden
sich hierbei charakteristische encephalo-myelitische, myositische und myocarditische Gewebsläsionen.
Als Versuchstiere verwendeten wir ungefähr 6—8 Wochen
alte weiße Mäuse mit einem Durchschnittsgewicht von 25
bis 30 g. Die Infektion erfolgte durch Inokulation von
Gehirnbreiaufschwemmungen laufender Mäusepassagen
der genannten Virusstämme in abgestuften Mengen. In
Vorversuchen war ermittelt worden, daß unterschiedliche
Inokulationsmethoden (intracerebral, subcutan) keine wesentlichen Variationen der in Frage stehenden Gewebsveränderungen bedingten. Die mitgeteilten Ergebnisse
stützen sich auf die Beobachtungen an folgendem, aus
Tab. 1 zu ersehenden Tiermaterial. In jeder Versuchsserie
wurden Mäuse von gleicher Lieferung unter den gleichen
Laboratoriumsbedingungen als Kontrollen mituntersucht,
um die Auswirkung eventueller Laboratoriumsinfektionen
ausschließen zu können. Außerdem wurden Kontrolltierei.
Normal-Gehirnbreisuspenionen i. cer. und subcut. appliziert. Nur bei den, entsprechend der Versuchsgruppe I,
intracerebral mit -unverdünnter Normal - Hirnbreiaufschwemmung injizierten Tieren fand sich eine geringe
retikuläre Proliferation in den Lymphknoten und der
Milz; das Ausmaß dieser Reaktion war jedoch so gering,
daß eine Verschleierung der Versuchsergebnisse durch
diese unspezifische Reizwirkung ausgeschlossen werden
konnte.
Wenn geschlossen werden konnte, daß der Tod kurz
bevorstand, wurden die Tiere in Chloroform getötet und
sofort seziert. Dabei wurde aus einer Achselhöhle ein
Lymphknoten entnommen und quer durchschnitten. Von
der Schnittfläche stellten wir Tupf- und Abstrichpräparate
her. Die Lymphknoten der anderen Achselhöhle fixierten
wir unmittelbar nach Entnahme in 5-proz. N e u t r a l F o r m o 1 und H e 11 y. Von Fall zu Fall wurden außerdem auch Lymphknoten anderer Körperregionen untersucht. Nach Eröffnung der Bauchhöhle erfolgte zuerst die
Entnahme der Milz zur sofortigen Anfertigung von Tupfund Ausstrichpräparaten und zur Fixierung in 5-proz.
N e u t r a l - F o r m o l und H e 11 y. Weitere histolo-
gische Untersuchungen nahmen wir an Teilen der parenchymatösen Organe, des Herzens, der Skelettmuskulatur,
des ZNS und der Nebennieren nach Fixierung in 5-proz.
N e u t r a l - F o r m o l vor. Gleichzeitig mit den Versuchstieren wurden jeweils Kontrolltiere getötet und in
gleicher Weise behandelt.
Die Milz- und Lymphknotenausstriche wurden nach
M a y - G r ü n w a l d unter Verwendung von neutralem,
CO.,-freiem Wasser gefärbt; die Aufarbeitung des Gewebsmaterials erfolgte an zahlreichen Gefrier- und Paraffinstufenschnitten in H E . sowie A z a n , G o l d n e r s Trichrom, - K r e s y l v i o l e t t - und S c h a r l a c h r o t Färbung.
Bei insgesamt vier weiteren Tieren wurde außerdem
geprüft, ob die Applikation von virushaltigem Gewebe
akut-toxische Reaktionen auslösen könnte. Wir injizierten
0,5 cm3 einer Gehirnbreiaufschwemmung 1 :500 in die
Schwanzvene. Die nachfolgende Beobachtung und Aufarbeitung dieser Versuchsmäuse erfolgte entsprechend den
Tieren der Gruppen I und II. Aus Vergleichsgründen schalteten wir darüber hinaus weitere gleichartige Untersuchungen an Mäusen ein, die verschiedene Mengen von ACTH
erhalten hatten. Wir verwendeten ein im Handel befindliches ACTH-Präparat, welches nach Angaben der Herstellerfirma nach dem S a y e r s - Test an der Hypophyse
geprüft ist und sich im klinischen Gebrauch bewährt hat.*
Die Dosen variierten von 1 I.E. bis 37,5 I.E. (3-mal 12,5
im Abstand von je 3 Stdn.); das Mittel wurde subcutan
oder intraperitoneal injiziert. Die Tiere wurden nach 6 bis
9 Stdn. getötet.
Ergebnisse
I. B e f u n d e d e r v i r u s - i n f i f c i e r t e n
Versuchstiere
Entsprechend der Unterteilung in drei von der Dosierung der Viruskonzentration abhängigen Gruppen berechtigen die nachgewiesenen cytologischen und histologischen
Bilder zur Abgrenzung mehrerer fließend ineinander übergehender Reaktionsstufen. Nennenswerte Unterschiede der
histologischen Gewebsreaktionen gegenüber den verschiedenen Virusstämmen lagen jedoch nicht vor.
Klinisches
Verhalten
Während die subcutane Injektion die Tiere kaum merklich beeinträchtigte, bewirkte die intracerebrale Injektion
einen beträchtlichen Schockzustand, der jedoch rasch abklang. Etwa 20 Stdn. nach der i.e. Applikation von 0,01 cm3
virushaltiger Gehirnbreiaufschwemmung setzten die ersten
Krankheitserscheinungen ein. Die Tiere kauerten sich zusammen, sie fraßen nicht mehr regelmäßig und putzten
sich nicht mehr so häufig; das Fell wurde struppig, die
Atmung beschleunigte sich. Sehr rasch folgten vorwiegend
spastische Lähmungen der Extremitäten, meist zuerst an
den Hinterbeinen. Doch sahen wir auch halbseitige Paresen. Die Tiere waren nicht mehr fähig, sich aufrecht zu
halten und fielen kraftlos zur Seite; Bewegungsversuche
brachten bei unsymmetrischen Lähmungen Drehbewegungen zustande. Intermittierend traten Krämpfe von vorwiegend tonischem Charakter auf. Wenn auf Berührung
mit der Pinzette keine Abwehrreaktion mehr erfolgte — ein
* Cortiphyson d. Firma Promonta, Hamburg.
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Zustand, der meist nach 36 Stdn. erreicht war —, wurden
die Tiere getötet.
Bei den subcutan infizierten Tieren der Gruppe II
(0,2 cm3 1 : 500 verdünnter virushaltiger Gehirnbreiaufschwemmung) waren die Krankheitserscheinungen grundsätzlich gleichartig, nur setzten sie später ein und verliefen nicht so rasch. Mit individuellen Variationen dauerte
der Verlauf vom Zeitpunkt der Infektion an gerechnet
etwa 4—$ Tage.
Die Tiere der Gruppe III (0.2 cm3 1 : 10000 verdünnter
virushalt. Gehirnaufschwemmung) wiesen nur uncharakteristische Krankheitserscheinungen auf. Nach etwa 8 Tagen
ließ die Freßlust nach, sie kauerten sich zusammen, hatten
eine beschleunigte Atmung, das Fell wurde struppig; Lähmungen traten nicht auf. Dieser Zustand dauerte etwa
3—4 Tage, dann wurden die Tiere wieder in ihrem Verhalten unauffällig. Bis zu einer völligen Erholung vergingen jedoch, vom Zeitpunkt der Inokulation an gerechnet, durchschnittlich 14 Tage bis 3 Wochen.
Organbefunde
1. Bei 14 von insgesamt 26 Tieren, die mit 0,01 cm3
virushaltiger unverdünnter Gehirnbreiaufschwemmung der
drei verwendeten Stämme i.e. infiziert worden waren, erhoben wir folgende Befunde:
a) L y m p h k n o t e n : Die grauweißlichen, vermindert
konsistenten Lymphknoten aller kontrollierten Körperregionen waren etwas vergrößert, mit gespannter intakter
und zarter Kapsel überzogen. Im c y t o l o g i s c h e n Bild
des Tupfpräparates fiel eine unruhige, disharmonische Zusammensetzung auf. In graubläulicher, leicht gekörnter
Grundsubstanz lagen vornehmlich Lymphocyten in mäßig
dichten Ansammlungen. Die Kernstruktur war uneinheitlich dicht, häufig fleckig hyperchrom, teilweise ausgesprochen pyknotisch. Hie und da fanden sich Karyorrhexisfiguren in den Lymphocyten, dabei pflegte das Plasma
ausgesprochen basophil zu sein. Überall zwischen den
Zellen lagen Kernreste als dunkelgefärbte Kugeln und
Körnchen verschiedenster Größe (Abb. 1)*. Ein Teil dieser
Körnchen stellte jedoch zweifellos zerstreute Granula von
Mastzellen dar, deren Verletzlichkeit sich in diesen Präparaten von den infizierten Tieren als größer erwies als
bei dem untersuchten Material von Kontrolltieren. Neben
diesen Anzeichen des Zellzerfalles konnte fast immer der
Beginn einer Phagocytose in Form von mäßig beladenen
Makrophagen festgestellt werden; auch große, noch nicht
phagocytierende endotheliale Elemente waren nicht selten.
Zeichen einer Regeneration konnten in unterschiedlicher
Intensität, nicht selten in Form verklumpter, pathologisch
veränderter Mitosen festgestellt werden. Junge lymphatische Retikulumzellen, deren Schlüsselstellung für alle
regenerativen Prozesse im lymphatischen Gewebe bekannt
ist, fanden sich in großen Exemplaren, mit locker struktuierten Kernen. Sie wiesen einen recht kräftig basophilen
Plasmasaum auf und konnten so als Übergangsformen zu
großen Reizformen (Plasmoblasten) gewertet werden. Myeloische Elemente waren meist in geringer Vermehrung
nachweisbar; es handelte sich dabei stets um reife, vielfach
segmentierte Granulocyten, die nicht selten eine Auflösung der Kerne zu kleinen tropfenförmigen Gebilden
zeigten.
Die h i s t o l o g i s c h e Untersuchung des Lymphknotengewebes ergab eine hochgradige Auflockerung des feingeweblichen Aufbaues sowie eine Auflösung der Normalstruktur in ein lockeres, ziemlich unruhiges Zellgefüge
ohne Formierung von Reaktionszentren und ohne abgrenzbare Sinusanteile. Das Grundretikulum war ganz beträchtlich aufgelockert. Die einzelnen Retikulumzellen, ebenso
wie die zahlreichen desquamierten Sinusendothelien wiesen eine hochgradige Polymorphie auf; meist waren sie
beträchtlich gebläht, abgerundet, die Kerne teils stark vergrößert, das Chromatin aufgelockert. Andere Zellkerne
waren hyperchromatisch und bizarr verformt. Weiterhin
wurden zahlreiche Mitosen der Retikulumzellen vorgefunden, und immer wieder stießen wir auf kleine
Nekroseherde, welche noch schattenhaft die Umrisse geschwollener Retikulumzellen erkennen ließen. In zahlreichen Gewebslücken lagen pyknotische lymphoide Elemente, Kerntrümmer und Zellschutt angehäuft. Im übrigen
war die Zahl der lymphozytären Elemente maximal
reduziert.
b) Die M i l z der Versuchstiere war meist etwas klein,
fest und blaß. Auf der Schnittfläche waren die Follikel nur
schwach und verwaschen gezeichnet. Die c y t o l o g i s c h e n V e r ä n d e r u n g e n entsprachen durchaus dem
in den Lymphknoten beschriebenen Bild. Neben reichlichen Zelltrümmern sowie unregelmäßig strukturierten,
häufig pyknotischen Lymphocyten lag eine Vermehrung
endothelialer Elemente und zahlreicher übergroßer Phagocyten vor. Wie in den Lymphknoten traten regenerative
Prozesse in den Hintergrund, wenngleich eine Häufung
junger lymphatischer Retikulumzellen sowie große Reizformen nachweisbar waren. Die Megacaryocyten waren
nicht vermehrt, ihre Granulierung häufig vergröbert. Ganz
ausgesprochen bestand auch eine Vermehrung myeloischer
Elemente, vorwiegend reifer Granulocyten. Doch sahen
wir auch junge Ringformen und Myelocyten, so daß an
einer myeloischen Metaplasie kein Zweifel sein konnte.
In den h i s t o l o g i s c h e n Präparaten fielen die
stark aufgelockerten und vergrößerten Milzfollikel mit
Verlust des präformierten feingeweblichen Aufbaus und
Ausbildung eines lückenhaften Netzes von teils bizarren
geschwollenen Retikulumzellen mit den bei den Lymphknotenbefunden genannten Kernatypien auf. Auch hier
waren zahlreiche Gewebslücken mit pyknotischen Kerntrümmern von Lymphocyten vollgepfropft (Abb. 2). Die
Pulpa-Anteile waren durchweg ödematös aufgelockert; es
bestand eine beträchtliche Schwellung der Sinusendothelien, das ganze Gewebe war vermehrt von gelapptkernigen Leukocyten durchsetzt. Stellenweise wurden feine
Fibrinbeläge mit Leukocytenauflagerungen auf der Milzkapsel beobachtet.
c) In der L e b e r dieser Tiere war das Läppchengefüge
durch eine beträchtliche Erweiterung der Sinusoide durch
eine sehr eindrucksvolle Proliferation der K u p f f e r schen Sternzellen aufgelockert, welche teils reihenförmig
in einem dichten Belag den Parenchymzellbälkchen anlagen, teils in Gruppen und Haufen die Kapillaren ausfüllten (Abb. 3). Auch hier fanden sich beträchtliche Polymorphien der Zellen, zahlreiche Mitosen und Kernatypien.
* Abb. 1—4, s. Tafel, S. 401 a.
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Die Parenchymzellen wiesen lediglich eine diffuse feintropfige Verfettung, sonst keine Besonderheiten auf.
d) Diesen Befunden entsprach folgendes Verhalten der
N e b e n n i e r e n : Die makroskopisch unauffälligen Organe zeigten eine gehörige Unterteilung in Mark- und
Rindengewebe, wobei keinerlei Verschiebung der flächenmäßigen Relation beider Gewebsanteile nachweisbar war.
Die Rindenkapillaren waren etwas erweitert, stark blutgefüllt. Während die Zellen der Z. glomerulosa, seltener
auch der obersten Fasciculata-Anteile, ein schaumiges
Protoplasma mit reichlich eingelagerten Lipoidsubstanzen
aufwiesen, waren die Zellen der mittleren und basalen
Fasciculata-Anteile völlig frei von Lipoidstoffen (Abb. 8 a);
die Fasciculata-Zellen erwiesen sich jedoch öfters als geschwollen, die Kerne zeigten desgleichen bisweilen wechselnde Größenzunahmen, vereinzelt kamen Mitosen zu
Gesicht; in der Zona reticularis erwiesen sich die Zellen
als etwas klein, mit dichtem Protoplasma, völlig frei von
Lipoidstoffen. Sonstige Zeichen einer erheblicheren Gewebsreaktion der Nebennieren wurden nicht beobachtet.
2. Gegenüber diesen tiefgreifenden Gewebsveränderungen stand die Gesamtheit jener etwas bianderen Befunde,
die bei den übrigen Tieren der Gruppe I (12 Tiere) sowie
stets bei den Tieren der Gruppe II in geringem Intensitätswechsel ausgeprägt waren.
a) In den makroskopisch merklich vergrößerten, im
übrigen unauffälligen L y m p h k n o t e n unterschied sich
das c y t o l o g i s c h e B i l d nur insofern von den schon
beschriebenen Befunden der Tiere von Gruppe I, als die
Zeichen des Zellabbaues sich weniger in Form von frei in
der Grundsubstanz liegenden Kerntrümmern als vielmehr
in einer beträchtlichen Vermehrung stark mit Kernresten
beladener Makrophagen darstellten.
Daneben imponierte die erhebliche Vermehrung junger
lymphatischer Retikulumzellen und ein beträchtliches Hervortreten von jungen und vereinzelt auch schon reiferen
plasmacellulären Elementen; desgleichen waren Mitosen
in vermehrter Zahl zu beobachten.
H i s t o l o g i s c h zeigte sich statt des normalen Gewebsaufbaues ein ziemlich gleichförmiges Blastem, dessen
einzelne zelluläre Elemente geschwollene, vergrößerte und
dicht aufeinander gelagerte Zellen des Grundretikulums
bisweilen in Mitose darstellten. Durch die dichte Lagerung
entstand ein pflastersteinartiges Bild; in den bisweilen vorgefundenen Gewebslücken waren Makrophagen mit Kerntrümmern auffindbar. Diese Bilder unterschieden sich
wesentlich durch ihre größere Einheitlichkeit und Gewebsruhe von den unter 1. beschriebenen Befunden.
b) Die M i l z der Tiere war vorwiegend etwas vergrößert, in Farbe und Konsistenz ohne Abweichung vom
Normalverhalten; die blaßgrauen Follikel waren auf der
Schnittfläche recht groß, deutlich gezeichnet.
C y t o l o g i s c h lag wieder eine große Ähnlichkeit mit
dem Bild in den Lymphknoten vor: Phagocytosen und
Zeichen lebhafter Regeneration (Abb. 4) beherrschten das
zelluläre Bild, daneben fanden sich myeloische Elemente
in großer Zahl, davon sehr viele junge Entwicklungsstufen.
H i s t o l o g i s c h ließ sich eine geringe Erweiterung
und gering vermehrte Blutfülle der Sinus nachweisen,
deren Endothelien vorwiegend etwas groß, bisweilen mit
hyperchromatischen Kerntrümmern beladen waren. Die in
ihren Umrissen deutlich abgegrenzten Follikel zeigten ein
ähnliches Bild, wie es in den Lymphknoten vorlag. Das
dichte Grundretikulum war erheblich proliferiert und bestand aus sehr dicht zusammenliegenden, pflastersteinartig
formierten polygonalen, einheitlich großen Zellen; dazwischen öffneten sich kleine Lücken mit lymphocytären Degenerationsfiguren (Abb. 5*). Auch fanden sich vereinzelte
Makrophagen und selten Mitosen. Bisweilen sichtbare
kleine Aufhellungsherde in den Follikeln erwiesen sich
als Parzellen weniger geschwollener, nekrobiotisch veränderter Retikulumzellen mit herabgesetzter Kernfärbbarkeit.
c) Bei 23 von 32 Tieren der Gruppe II fanden sich in
den L e b e r n , deren makroskopisches Verhalten unauffällig war, disseminierte Knötchenbildungen ohne irgendwelche Abhängigkeit zu präformierten Gewebsbezirken.
Diese, gegen das übrige Lebergewebe scharf abgesetzten,
in der Größe beträchtlich wechselnden Neubildungen bestanden aus einem lockeren netzartigen Gefüge polygonaler protoplasmareicher Zellen mit Kernen von wechselnder Größe und Chromatingehalt (Abb. 6), vereinzelt
lagen dazwischen Riesenzellen vom Sternberg-Typ. Es
zeigte sich an den Grenzflächen zum präformierten Gewebe deutlich, daß die Matrix dieser nichtvaskularisierten
Knötchen die Endothelien der Sinusoide darstellten. Das
übrige Lebergewebe war außer feintropfigen diffusen Parenchymzellverfettungen ohne nennenswerten morphologischen Befund.
d) Die N e b e n n i e r e n ließen makroskopisch keine
Besonderheiten erkennen; im histologischen Bild ergab
sich außer einer mäßigen Lipoidverarmung der basalen
Fasciculata-Abschnitte und jeglichen Fehlens von Lipoidstoffen in der Z. reticularis kein Abweichen vom Normalbild (Abb. 8 c).
3. Die überlebenden Tiere der Gruppe III wiesen anatomisch keinen nennenswerten abnormen Befund auf.
C y t o l o g i s c h und h i s t o l o g i s c h ergab sich das
Bild einer recht deutlich ausgeprägten retikulären und
lymphatischen Hyperplasie mit Vermehrung der Plasmazellen in Lymphknoten und Milzgewebe (Abb. 7); die
übrigen Parenchyme und untersuchten Gewebe ließen in
ihrem feingeweblichen Verhalten keine Auffälligkeiten
erkennen.
Bei der histologischen Kontrolle der übrigen Organe der
Tiere von Gruppe I und II konnten die charakteristischen
Veränderungen am ZNS, Myocard, sowie an der Skelettmuskulätur nachgewiesen werden, wie sie durch Viren der
Para-Poliomyelitisgruppe bei der Maus erzeugt werden.
Bei den Tieren, die zur Prüfung einer eventuell durch
das Inokulationsmaterial bewirkten akuten Toxinwirkung
intravenös infiziert worden waren, vermißten wir jedes
Zeichen einer foudroyanten Erkrankung; sie wiesen wie
die Tiere der Gruppe II erst 5—8 Tage nach der Injektion
der 1 :500 verdünnten virushaltigen Gehirnbreiaufschwemmung in die Schwanzvene jene Krankheitszeichen und Veränderungen auf, wie sie auch bei den Tieren der Gruppe II
beobachtet worden sind.
II. B e f u n d e d e r m i t A C T H
behandelten
Versuchstiere
Einmalige subcutane Injektion von 1 I.E. ACTH beeinträchtigte die Tiere kaum, nach 3,5 und 10 I.E. waren
* Abb. 5—8, s. Tafel, S. 401 b.
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sie etwa 1 Stde. lang deutlich gestört. Stärkere Zeichen
einer Alteration zeigten die Tiere bei dreimaliger intraperitonealer Injektion von je 8 I.E. und 12,5 I.E. Die
Tiere lagen dann matt am Boden, hatten eine beschleunigte Atmung und machten einen schwerkranken Eindruck. Bei der Sektion der Tiere konnte kein auffälliger
makroskopischer Befund erhoben werden.
C y t o l o g i s c h war in L y m p h k n o t e n und M i l z
bei den einmalig mit 1,3 und 5 I.E. subcutan gespritzten
Tieren kein signifikant anderes Bild zu erheben als bei
den Kontrolltieren. Bei den mehrfach intraperitoneal gespritzten Mäusen, in geringerem Maß auch bei den mit
10 I.E. subcutan gespritzten, ließen sich Anklänge an die
Zellbilder der oben beschriebenen Tiergruppe II finden:
Es fanden sich Pyknosen der Lymphocyten, hier und da
Kernzerfallsfiguren, Phagocytosen, sowie eine lebhafte Regeneration, ablesbar an der Vermehrung großer lymphatischer Retikulumzellen. In der Milz lag daneben auch eine
myeloische Metaplasie vor. Insgesamt waren die Veränderungen jedoch bei weitem nicht so ausgeprägt wie bei den
mit Para-Poliomyelitis-Viren infizierten Tieren.
Die h i s t o l o g i s c h e Untersuchung der L y m p h k n o t e n erbrachte bei den Tieren, welche 8 und 12,5 I.E.
dreimal intraperitoneal erhalten hatten, angedeutete Polymorphien und Schwellungen des Grundretikulums, geringe
Verminderung der lymphatischen Zellelemente im Gewebe und kleine Parzellen von Kerntrümmern, während
die mit 10 I.E. subcutan gespritzten Tiere außer geringen
Schwellungen der Sinusendothelien und der Zellen des
Grundretikulums keine wesentlichen Veränderungen zeigten. Die mit 1,3 und 5 I.E. behandelten Tiere wiesen im
Vergleich mit den Kontrolltieren keine nennenswerten
zellulären Reaktionen auf. Völlig gleichsinnig verhielten
sich die M i l z e n . Nach 10 I.E. fanden sich schwach markierte Retikulumschwellungen, nach mehrfacher Gabe von
8 und 12,5 I.E. mäßige Vergrößerungen der Follikel mit
ausgeprägter Auflockerung der Zentren, Schwellung des
Grundretikulums, geringer Leukocytenvermehrung und
wenigen Kerntrümmern von Lymphocyten in kleinen Zelllücken.
Die N e b e n n i e r e n zeigten mit zunehmender Dosierung des ACTH bei gehöriger Mark-Rinden-Relation eine
mit der ACTH-Dosissteigerung gleichsinnig verlaufende
Lipoidverarmung der Rindenschichten, wobei allerdings
auch nach den höchsten angewandten Dosierungen (3-mal
12,5 I.E.) stets die Zellen der oberen Anteile der Zona
fas'ciculata und die gesamte Zona glomerulosa einen recht
beträchtlichen Speicherzustand an Lipoidstoffen aufwiesen
(Abb. 8 b). In den basalen Anteilen der Zona fasciculata
variierten die Zellen in Gesamtgröße und Kernausdehnung
in mäßigen Grenzen.
Besprechung
der
Befunde
Die beschriebenen Befunde ließen erkennen, daß
eine Infektion mit Viren der Parapoliomyelitisgruppe
bei der Maus ausgedehnte und tiefgreifende Reaktionen an den lymphatischen Geweben auslösen. Die
durchschnittlich 36 Stdn. nach der Inokulation hoher
Virusdosen beobachteten Veränderungen waren charakterisiert durch schwere Alterationen des Grund-
retikulums mit gruppenweisen Zellnekrosen, Schwellungen und Polymorphien der Retikulumzellen sowie
einer überstürzten Proliferationstendenz mit dem Auftreten zahlreicher pathologischer Mitosen. Daneben
wurde eine eindrucksvolle Schädigung der lymphatischen Elemente beobachtet, welche sich in der weitgehenden Verminderung normaler Lymphocytenformen und einer Anhäufung von pyknotischen Zellelementen und Kerntrümmern dokumentierte. Außerdem lag eine deutliche ödematöse Gewebsauflockerung und eine nur wenig prägnante entzündlichleukocytäre Reaktion vor.
Nach Inokulation geringerer Virusdosen traten
5 — 8 Tage nach der Infektion destruktive Veränderungen der lymphatischen Gewebselemente gegenüber proliferativen Reaktionen des R E S und mehr
reparativen Prozessen in den Hintergrund.
Bei Anwendung niedrigster, nicht letaler Virusdosen fand sich 2 — 3 Wochen nach der Infektion im
wesentlichen lediglich eine allgemeine lymphatische
und retikuläre Hyperplasie.
Die mitgeteilten morphologischen Reaktionen waren
jedoch nicht nur auf die lymphatischen Organe beschränkt, sondern erfaßten auch die ortsständigen Retikulo-Endothelien der Leber mit teils diffuser Wucherung der Kupfferschen Sternzellen oder teils in Form
proliferativer knötchenförmiger Gewebsneubildungen.
Den beschriebenen Befunden gleichende Gewebsveränderungen hatte H e l l m a n n 3 bereits 1911 bis
1912 während einer Poliomyelitis-Epidemie in Milz
und Lymphknoten von Verstorbenen festgestellt. Da
er in der Folgezeit ähnliche Befunde auch bei anderen
Infektionskrankheiten sah und sie experimentell mit
Diphtherie-Toxin beim Kaninchen erzeugen konnte,
faßte er diese Reaktionsweise als eine dem lymphatischen Gewebe innewohnende spezifische Eigenart der
Antwort auf irgendeine Infektion auf und entwickelte
daraus die Theorie, daß die Sekundärfollikel keine
„Keimzentren" im Sinne „ F l e m m i n g s , sondern
„Reaktionszentren" mit einer Entgiftungsfunktion
seien. H e i b e r g 4 unterstützte diese Auffassung. Die
daraus entstehende Debatte über die Bedeutung der
Sekundärfollikel überbrückte A s c h o f f 5 dadurch,
daß er sowohl die Funktion als Reaktionszentrum
wie die als Keimzentrum gelten ließ. „Bei physiologischen Reizen treten die etwaigen Zerfallserscheinungen sehr zurück, und die Kernteilungsfiguren beherr3 T. J. H e 11 m a n n , Beitr. pathol. Anatom. 68, 333
[1921].
4 K. A. H e i b e r g , Virchow's Arch. pathol. Anatom.
240, 301 [1923], 5 L. A s c h o f f , Med. Klin. 22, Beih. 1 [1926],
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sehen das Bild, während bei pathologischen Reizen
die schlagartige Vernichtung der Lymphoblasten im
sogenannten Keimzentrum zur gewaltigen Anhäufung
von Kerntrümmern führt, welche dann von den Retikulumzellen ungemein schnell aufgenommen werden"
( A s c h o f f ) . Diese pathologischen Reize können
durch Bakterien bedingt sein 6 , durch Toxine 3 , durch
zerfallendes körpereigenes Gewebe 7 , durch Farbstoffe 8 , durch Urethan 9 oder durch Röntgenstrahlen 9 .
Es handelt sich also offensichtlich um eine unspezifische
Reaktionsweise. Sucht man nach einem übergeordneten Prinzip, dann ist es naheliegend, an den Mechanismus der „Alarmreaktion" zu denken 1 0 . In der Tat
haben D o u g h e r t y und W h i t e 1 1 dieselben histologischen Veränderungen der lymphatischen Organe
bei Kaninchen und Mäusen durch Injektion von ACTH
bzw. Cortison erzeugen können. Die Übereinstimmung
ihrer Beschreibungen und Mikrophotogramme mit den
in dieser Arbeit erhobenen Befunden ist geradezu verblüffend. Ihre Feststellungen wurden durch V a l e n t i n e , C r a d d o c k und L a w r e n c e 1 2 und durch
W.e i r und H e i n 1 e 13 bestätigt.
Die Bedeutung der Nebennieren für die beschriebenen Gewebsreaktionen ergibt sich weiter aus der auffallenden Parallelität, die in unseren eigenen Untersuchungen das Ausmaß der Lipoidentspeicherung der
Nebennierenrinde mit der Intensität der zellulären
und geweblichen Veränderungen in den lymphatischen
Organen aufwiesen. Es überraschte uns daher der
relativ geringe Effekt der Applikation von ACTH, obwohl die Dosierung bei den vorliegenden Versuchen
zum Teil bis mehr als 30-mal höher war als in den
Versuchen von D o u g h e r t y und W h i t e . Nun
scheint die Empfindlichkeit verschiedener Mäusestämme gegen ACTH recht unterschiedlich zu sein;
die von K a s s , L u n d g r e e n und F i n 1 a n d 14 für
Mäuse festgestellte Mindestdosis zur Erzeugung eines
signifikanten Eosinophilen-Sturzes liegt mit 2,5 mg erheblich über der von D o u g h e r t y und W h i t e
6 N. L o u r o s u. H. E. S c h e y e r , Z. ges. exp. Med. 52,
291 [1926]; A. S c h m e c h e l u. H. L e h f e 1 d , Z. ges.
exp. Med. 55, 731 [1927].
7 T. C h o r u n s c h e n k o , Z. ges. exp. Med. 64, 185
[1929].
8 S. S a w e l s o h n , Z. ges. exp. Med. 74, 607 [1930].
9K. Lennert
u. G. l i g n e r , Frankfurter Z. Pathol. 59, 498 [1948]; W. L u t h e r u. W. L o r e n z ,
Strahlentherapie 77, 27 [1948]; W. L o r e n z , Strahlentherapie 77, 375 [1948]; 79, 435 [1949],
10 H. S e 1 y e , Stress. Montreal 1950.
11 T. F. D o u g h e r t y u. A. W h i t e , Amer. J. Anat.
77, 81 [1945]; J. Lab. clin. Med. 32, 584 [1947].
12 W. N. V a 1 e n t i n e , C. G. C r a d d o c k jr. u. J. S.
L a w r e n c e , Blocd 3, 729 [1948],
benötigten Dosierung von 1 mg. Möglicherweise spielen aber Unreinheiten, die den ersten Präparaten, so
wie sie D o u g h e r t y und W h i t e benützten, anhafteten und die den heute verwendeten hochgereinigten Produkten fehlen, hierbei eine Rolle. Wir haben
Untersuchungen eingeleitet*, um dieser Frage nachzugehen.
Die Tatsache, daß die beschriebenen morphologischen Bilder der lymphatischen Organe, wie wir sie
zu Gesicht bekommen hatten, eine unspezifische Reaktionsweise darstellen, führt aber keineswegs an der
Frage vorbei, wieweit die Viren der Para-Poliomyelitisgruppe primär eine Affinität zu jenen Geweben
besitzen. Derartige bei menschlichen PoliomyelitisErkrankungen außer von H e l j m a n n 3 gleichfalls
von S o m m e r s , W i l s o n und H a r t m a n n 1 5 in
41 von 50 tödlich verlaufenen Fällen beobachteten
reaktiven Veränderungen in Lymphknoten, Milz und
anderen lymphatischen Geweben waren auch schon
1931 von B u r r o w s 10 als so schwerwiegend bewertet
worden, daß dieser Autor die Frage aufwarf, inwieweit die Poliomyelitis eine Erkrankung der lymphatischen Organe sei. Gleichartige Befunde erhob S a n z I b a n e z 17 bei experimentellen
Untersuchungen.
Schließlich isolierten W e n n e r und R a b e 1 8 in 6
von 9 menschlichen Poliomyelitisfällen das Virus aus
verschiedensten Lymphknoten.
Da einerseits einem Teil der aufgeführten Beobachtungen Infektionen mit echten Poliomyelitisviren zugrunde lagen, andererseits die Viren der Para-Poliomyelitisgruppe sowohl das klassische klinische Bild der
spinalen Kinderlähmung erzeugen können als auch
experimentelle Untersuchungen mit diesen Viren Veränderungen der beschriebenen Art aufzeigten, kann
wohl bis zu einem gewissen Grade als gesichert gelten,
daß solche Gewebsläsionen sowohl der spontanen als
auch der experimentellen Infektion mit Poliomyelitisoder Para-Poliomyelitis-Viren bei Mensch und Versuchstier folgen.
D a ß derartige histologische Bilder keineswegs bei
13 D. R. W e i r u. R. W. H e i n 1 e , Proc. Soc. exp. Biol.
Med. 75, 655 [1950].
14 E. H. K a s s , M. M. L u n d g r e e n u. M. F i n 1 a n d , J. Lab. clin. Med. 37, 458 [1951].
15 S. C . S o m m e r s , J . C. W i l s o n u . F . W . H a r t m a n , ] . exp. Med. 93, 505 [1951],
16 M . T . B u r r o w s , Arch. internat. Med. 48, 33 [1931].
17 J. S a n z - I b a n e z , Trab, del Inst. Cajal de invest.
biol. 36, 137 [1944].
18 H. A. W e n n e r u. E. F. R a b e , Amer. J. med. Sei.
222, 292 [1951].
* Der Firma P r o m o n t a , Hamburg, sind wir für die
Abgabe des benötigten ACTH (Cortiphyson) für diese
Zwecke zu grofiem Dank verpflichtet.
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allen der Symptomatik einer Poliomyelitis folgenden
Virusinfekten vorhanden sind, haben wir bei unseren
eigenen fortlaufenden morphologischen Untersuchungen mit Coxsackie-Viren an der Säuglingsmaus gesehen. Während die Inokulation mit einem Stamm
der Coxsackie-A-Gruppe lediglich die charakteristischen Skelettmuskelveränderungen im Sinne einer
Z e n k e r sehen Degeneration bewirkten, konnte bei
Doppelinfektion — und nur dann — mit einem
Coxsackie- A -Virus u n d einem Poliomyelitisvirus
außer den Skelettmuskelveränderungen auch die oben
beschriebenen retikulären und lymphatischen Gewebsläsionen nachgewiesen werden 1 9 .
Andererseits gelang es K i l b o u r n e und H o r s f a l l 2 0 den der Coxsackie-Virusgruppe zugeordneten,
vordringlich für Säuglingsmäuse und -hamster pathogenen C o n n e c t i c u t - 5 - Stamm auf erwachsenen
Mäusen mit klassischen Krankheitserscheinungen zu
passieren, wenn den Versuchstieren zusätzlich größere
Dosen von Cortison appliziert worden waren. Hieraus läßt sich nach den besprochenen Mitteilungen und
19 O. V i v e 11, Ärztl. Wschr. 1952, 502.
,
20 E. D. K i l b o u r n e u. F. L. H o r s f a 11 jr., Proc.
Soc. exp. Biol. Med. 77, 135 [1951],
Untersuchungsergebnissen ableiten, daß der Reaktionslage von Nebenniere und lymphatischem
System eine primäre Bedeutung für die Anfälligkeit
des Warmblüterorganismus gegenüber den Irritationen durch die angeführten Viren zukommt.
Eine Spezifität der beschriebenen histologischen Reaktionsweisen besteht nach allen schon dargelegten,
von verschiedenen Ausgangspunkten herkommenden
Untersuchungsergebnissen keineswegs; die lymphatischen Organe reagieren wie jedes Gewebe in dem
verhältnismäßig eng begrenzten Rahmen ihrer morphologischen Verhaltensmöglichkeit auf verschiedenste
Noxen gleichartig. Wohl aber sind solche feingeweblichen Veränderungen dieser Organe bei Infektionen
mit Viren der Polio- und Para-Poliomyelitisgruppe
charakteristisch. In nosologischer Hinsicht ist die Erkenntnis eines derartigen Reaktionsablaufes durchaus
bedeutsam, welches auch der Grund war, daß diese
Arbeit im Rahmen unserer Untersuchungen zur Poliomyelitisfrage durchgeführt worden sind.
Diese Arbeit wurde durch das B a d i s c h e K o m i t e e
zur E r f o r s c h u n g und H e i l u n g der s p i n a l e n K i n d e r l ä h m u n g sowie durch die N o t g e m e i n s c h a f t der D e u t s c h e n W i s s e n s c h a f t
unterstützt.
Protistenstudien III. Die Trichocysten von Uronema marinum Dujardin
Von
FRIEDRICH KRÜGER,
KARL-ERNST
u n d GERHARD
WOHLFARTH-BOTTERMANN
PFEFFERKORN
Aus dem Zoologischen Institut und der Abteilung für Elektronenmikroskopie
am Hygiene-Institut der Universität Münster i. W.
(Z. Naturforschg. 7 b, 407—410 [1952]; eingegangen am 21. April 1952)
Uronema marinum Dujardin besitzt nach vorliegender elektronenmikroskopischer Untersuchung Spindeltrichocysten, die sich in verschiedenen Merkmalen von den Paramecium- und
Fronfonia-Trichocysten unterscheiden: Die Kleinperiode der Querstreifung zeigt Maxima bei
530 und 590 Ä, während die Langperiode und eine kompakte Spitze fehlen. Unregelmäßigkeiten in der Querstreifung, das Fehlen einer Hülle und einer ausgeprägten Spitze deuten
darauf hin, daß es sich um eine Trichocyste handelt, die Zwischenformen von Protrichocysten
und Spindeltrichocysten nahe steht.
Bei der Querstreifung zeigte sich besonders deutlich nach Schrägbedampfung ein bislang
unbekannter schräger Verlauf der Fibrillenbündel. Diese Erscheinung kann ein Hinweis sein
für eine Anordnung der Polypeptidketten in der ruhenden Trichocyste nach Art einer gespannten Sprungfeder. Der Streckungsprozeß wäre dann als eine Entspannung einer solchen
„Feder" zu deuten. Neben normalen H-Bereichen werden dunklere H-Bereiche gefunden, die
mit den normalen H-Bereichen regelmäßig alternieren. — Die Korpuskulartheorie der Faserproteine ist auf Trichocysten nicht anwendbar.
F
asereiweiße, wie sie im Kollagen 1 *, Blutfibrin 2 , im
Ligamentum suspensorium lentis des Auges 3 , in
den Odontoblastenfortsätzen 4 , Nervenfasern 5 , Trichocysten 6 und Muskeln 7 vorliegen, zeigen elektronen-
optisch und röntgenographisch übermolekulare Perioden (sublichtmikroskopische Querstreifung) verschiedener Art und Größe 8 . Uber die Bedeutung dieser
* Fußnote 1—8 s. S. 408.
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