Die ACR/EULAR-Kriterien der rheumatoiden Arthritis in der täglichen Praxis Prof. Hendrik Schulze-Koops HSK, Rheumaeinheit, Ludwig-Maximilians-Universität, München __________________________________________________________________________ Die rheumatoide Arthritis (RA) ist eine chronische Erkrankung, bei der es zu systemischen und lokalen, vor allem Gelenke und Sehen betreffenden charakteristischen klinischen Symptomen kommt. Grundlage der Erkrankung ist ein aktiviertes Immunsystem. Dieses richtet sich gegen körpereigene Strukturen und führt letztlich zur Zerstörung dieser Gewebe. In Ermangelung einer kausalen Therapie ist das therapeutische Prinzip die Dämpfung der Aktivität des Immunsystems. In den letzten zwei Dekaden hat sich die Therapie der RA dramatisch gewandelt, da es möglich geworden ist, mit modernen Medikamenten gezielt in Entzündungsvorgänge einzugreifen. Diese „Biologika“ können Entzündungsvorgänge komplett unterbinden und haben dazu geführt, dass erstmals eine klinische Remission als realistisches Therapieziel der Behandlung von Patienten mit einer RA genannt werden kann. Die Biologika haben darüber hinaus das Verständnis dafür geschärft, dass es notwendig ist, die Therapie von Patienten mit einer RA so früh wie möglich zu beginnen und den Therapieerfolg in kurzen, regelmäßigen Abständen zu kontrollieren. Dabei hat sich gezeigt, dass auf dem Boden dieser neuen Behandlungsstrategien auch mit konventionellen Basistherapeutika das Therapieziel „Remission“ bei einem Großteil der Patienten erreicht werden kann. Um die Diagnose einer RA so früh wie möglich nach Erkrankungsbeginn stellen zu können, bedarf es Kriterien, die bereits in der Frühphase einer (Poly)arthritis mit hinreichender Genauigkeit eine RA von anderen Arthritiden unterscheiden können. Rheumatogen aus Europa und den USA haben solche Kriterien erstellt und 2010 veröffentlicht. In den Kriterien werden die Domänen „Anzahl und Art der entzündlichen Gelenke“, „Serologie“, „systemische Entzündungsaktivität“ und „Dauer der Synovitis“ berücksichtigt. Bei typischen Erosionen steht die Diagnose „RA“ und Wenn und Aber. Bei fehlenden knöchernen Veränderungen sind die neuen Kriterien aber darauf ausgerichtet, vor allem frühe Veränderungen zu bewerten (Aufwertung der Serologie, keine Voraussetzung für eine Mindestdauer von Arthritiden), eher späte klinische Charakteristika (vollständige Symmetrie des Gelenkbefalls, Rheumaknoten) spielen keine Rolle mehr. In vielen Ländern sind Vergleiche der alten ACRKriterien von 1987 und der neuen ACR/EULAR-Kriterien von 2010 bezüglich Sensitivität und Spezifität an großen Kohorten aus der täglichen Praxis erfolgt. Dabei zeigte sich, dass die neuen Kriterien eine signifikant erhöhte Sensitivität für die Diagnose einer RA in frühen Phasen der Erkrankung aufweisen, ohne dabei bedeutend an Spezifität zu verlieren. Die neuen Kriterien ermöglichen in der täglichen Praxis die zeitnahe Diagnostik eines Patienten mit RA und damit den Beginn der notwendigen Therapie, womit langfristige Komplikationen der Erkrankung heute zuverlässig verhindert werden können. 1