Nebenwirkung Übergewicht? Zur psychopharmakologischen Behandlung psychiatrischer Komorbiditäten bei Adipositas Dr. Monika Paulis Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Intakt Therapiezentrum für Menschen mit Essstörungen Ziel meines Vortrages Adipositas: erhöhtes Risiko für psychische Begleiterkrankungen Welche Psychopharmaka sind bei Adipositas indiziert? Warum psychiatrische Begutachtung bei Adipositas? Essstörungen, Adipositas = psychosomatische Erkrankungen ganzheitlicher, interdisziplinäre Behandlung notwendig Diagnose einer Essstörung oder sonstiger psychischer Begleiterkrankungen Therapieempfehlung Adipositas: höhere Prävalenz für komorbide psychische Störung 1. Essstörungen Binge eating disorder, Night-eating Syndrom, Grazing, Bulimia nervosa 2. Affektive Störungen Depressive Erkrankungen / bipolare Störungen 3. Weitere häufige psychische Begleiterkrankungen Angststörungen Posttraumatische Belastungsstörungen Borderline-Persönlichkeitsstörung Suchterkrankungen Typische Vorbehalte von Patienten bezüglich Psychopharmaka Ich habe Angst, dass ich durch Antidepressiva noch mehr zunehme! Nimm bloß keine Medikamente – du gehst wie ein Krapfen auf!!! Ich kenne jemanden der hat 20 kg durch Medikamente zugenommen. Psychopharmakon ≠ Psychopharmakon Antidepressivum ≠ Antidepressivum Welche Psychopharmaka verändern Appetit? Antidepressiva Antipsychotika Phasenprophylaktika Wichtig: nicht alle Psychopharmaka führen in gleichem Ausmaß zu einer Gewichtszunahme Nicht das Medikament allein steuert das Essverhalten! auch zugrundeliegende psychische Problematik führt zur Veränderung des Appetits. Seelische Verstimmungen können sowohl zu hypo- als auch zu hyperkalorischem Essverhalten führen Beispiel: schwere Depression: oft Appetitmangel, Gewichtsverlust chronische Depression: oft übergewichtig Hindernisse bei der Behandlung von psychischer Komorbidität Angst vor Gewichtszunahme verhindert medikamentöse Therapie unbehandelte Depression begünstigt Gewichtszunahme schwere Adipositas führt oft zur psychosozialen Beeinträchtigung Angst, Depression verschlimmert diese Tendenzen Gabe von appetitsteigernder Medikation ohne Begleitmaßnahmen führt zur Gewichtszunahme metabolische und kardiovaskuläre Begleiterkrankungen ↑ Selbstwert, Stimmung verschlechtern sich, Therapieabbruch Medikamente Gewichtszunahme Gewichtsneutral Gewichtsabnahme Antidepressiva Amitryptilin Maprotilin Mianserin SSRI (Sertralin, Escitalopram…) Fluoxetin Duloxetin Venlafaxin Bupropion Reboxetin Atomoxetin Mirtazapin Hypericum Antipsychotika Olanzapin Clozapin Quetiapin Risperidon Anxiolytika Pregabalin Stimmungsstabilisierer Lithium, Valproinsäure Carbamazepin Aripiprazol Amisulpirid Asenapin Ziprasidon Haldol Benzodiazepine Lamotrigin Topiramat Quelle: Benkert, Hippius 2011 Psychopharmakologie Pharmakotherapie der BED SSRI Grad 1 Empfehlung Topiramat Grad 2 Empfehlung (Nebenwirkungen: kognitive Störungen, halluzinogen) Derzeit kein Medikament bei BED zugelassen Was bei medikamentöser Einstellung zu beachten ist: Medikament mit geringem Risiko auswählen Gewichtsmonitoring in den ersten Wochen der Therapie Bei Notwendigkeit einer Medikamentengabe mit NW Gewichtszunahme: Aufklären, Ernährungsberatung, Gewichtskontrollen körperliche Betätigung, Laborkontrollen Take-home-message Psychischen Erkrankungen treten bei Adipositas gehäuft auf Zur Behandlung sollen gezielt Psychopharmaka ohne appetitsteigernden Effekt ausgewählt werden Bei der Behandlung von Adipositas ist ein interdisziplinärer Therapieansatz empfehlenswert, psychiatrische Diagnostik/Therapie ist ein Teil davon Die Behandlung einer psychischen Begleiterkrankung verbessert die Lebensqualität des Patienten Literaturhinweise Luppino FS et al. Overweight, obesity, and depression: a systematic review. Arch Gen Psychiatry 2010 McElroy SL.et al. Are mood disorders and obesity related? Arch Gen Psychiatry 2010 De Zwaan M, Mitchell JE. Binge eating in obese. Ann Med 1992 Treasure J, Claudino AM. Eating disorders. Lancet 2010 Baumeister H., Harter M. Mental disorders in patients with obesity in comparison with healthy probands. Int J Obes, 2007 Gariepy G et al. The assoziation between obesity and anxiety disorders in the population: a systematic review. Int J obes 2010 Benkert, Hippius. Kompendium der psychiatrischen Pharmakotherapie. 8. Auflage 2011 Aigner M, Treasure J et al. Guidelines of the Pharmacological Treatment of Eating Disorders. World Journal of Biological Psychiatry 2011 Maheux P et al: Fluoxetine improves insulin sensitivity in obese patients with non-insulin-dependent diabetes mellitus independently of weight loss. Int J Obes Relat Metab Disord 1997 Herpetz , De Zwaan: Handbuch der Essstörungen und Adipositas. Springer 2008 Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit