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Abb.3: Elektronenmikroskopische Aufnahme des
thermoalkaliphilen
Bakteriums
Anaerobranca gottschalkii
mus aus dessen Genomsequenz heraus ist
es überaus hilfreich, auch die in Spezialdatenbanken zusammengetragene Information über Stoffwechselwege einzubeziehen
(Bsp. EcoCyc Datenbank (Pangea Systems)
oder Kyoto Encyclopedia of Genes and Genomes, KEGG, www.tokyo-center.genome.
ad.jp/kegg/).
Bei einem gezielten Genomanalyseansatz zur Suche nach biotechnologisch wertvollen neuen Enzymen ist es nicht von Interesse, die Sequenz jedes Gens im Genom
zu vervollständigen – die 20. Kopie eines
ribosomalen Proteins oder eines Transkriptionsfaktors ist hier irrelevant. Nur die für
weitere funktionelle Analysen ausgewählten Gene müssen vollständig aufgeklärt
werden. Die Komplettierung dieser Gene
aus Sequenzfragmenten ist meist einfach,
da aus der shotgun-Sequenzierungsphase
zahlreiche Plasmide vorliegen, welche die
Sequenzlücken abdecken. Durch Sequenzierung mit spezifischen aus den bekannten Sequenzbruchstücken abgeleiteten Primern lassen sich die potenziell wertvollen
Gene rasch und preiswert vervollständigen.
Die Konstruktion einer Bibliothek mit großen DNA-Inserts (Cosmide oder BACs) –
für die Vollsequenzierung von Genomen
meist unverzichtbar – ist hier nicht erforderlich. Zwar kann man die Anordnung der
Gene im partialsequenzierten Genom über
Contigreihen nur bedingt und meist in über
hundert Fragmenten bestimmen, doch ist
die Information über großräumige Zusammenhänge der Genanordnung nur bedingt
von Interesse, wenn ein Projekt primär die
möglichst kostengünstige und rasche Identifizierung neuer enzymcodierender Gene
zum Ziel hat, wie z.B. beim DBU-Projekt
„Kohlenhydrat-prozessierende Enzyme aus
dem thermoalkaliphilen Bakterium Anerobranca gottschalkii “. Bei Anwendung einer
partiellen Genomanalyse zur Suche nach
einem definierten Set interessanter Gene
kann man also zu einem Bruchteil der Kosten einer Genomvollsequenzierung einen
großen Teil aller interessanten Gene erfas-
sen und einer raschen weiteren Verwertung
zuführen. Nach partieller Sequenzierung
des Genoms von Anaerobranca gottschalkii
werden zur Zeit die Gene für die α-Amylase, das Verzweigungsenzym, die Pullulanase und die CGTase in den mesophilen
Wirtsorganismen E. coli, B. subtilis und S.
carnosus kloniert.
Sekretion von Enzymen in Gram-positiven
Wirtsorganismen
Die Sekretion rekombinanter Enzyme in
das Kulturmedium bakterieller Wirtsorganismen ist eine attraktive Alternative zur intrazellulären Überproduktion, da auf diesem
Wege die Bildung von „inclusion bodies“,
wie sie in E. coli beobachtet werden, stark
reduziert werden kann. Darüber hinaus wird
durch die Sekretion des Enzyms eine signifikante Produktanreicherung erzielt und
eine kontinuierliche Herstellung ermöglicht.
Aufgrund des Fehlens einer äußeren
Membran sind Gram-positive Bakterien in
der Lage, homologe und (einige) heterologe Proteine in großen Mengen direkt in den
Kulturüberstand auszuscheiden und stellen
daher potenziell vielversprechende mesophile Wirtsorganismen für die heterologe Expression von Enzymen aus dem thermoalkaliphilen Bakterium Anaerobranca gottschalkii dar.
In den letzten Jahren wurden signifikante Fortschritte bei der Aufklärung des Mechanismus der Proteinsekretion bei Grampositiven Bakterien (insbesonders bei Bacillus subtilis als Gram-positivem Modellorganismus) erzielt (van Wely et al., 2001). Die
Identifizierung und funktionelle Charakterisierung der Komponenten des generellen
Proteinexportapparats (der sogenannten
Sec-Translokase; Abb. 5 ) bei verschiedenen
Gram-positiven Bakterien ergab, dass der
Mechanismus der Proteintranslokation über
die Cytoplasmamembran dieser Bakterienklasse weitgehend dem des am besten untersuchten Gram-negativen Modellbakteriums Escherichia coli (Manting und Driessen,
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2000) entspricht: Sekretorische Proteine
werden als höhermolekulare Vorläuferproteine mit einem aminoterminalen Signalpeptid synthetisiert. Während oder kurz nach
ihrer Synthese werden die Vorläuferproteine durch spezifische Faktoren (wie zum
Beispiel dem aus dem Ffh-Protein und der
scRNA bestehenden bakteriellen Signalerkennungspartikel) erkannt und, vermittelt
durch die Wechselwirkung mit einem Membranrezeptor (Srb), an die aus verschiedenen
Sec-Proteinen aufgebaute Translokase herangeführt. Der membranintegrale Teil des
Proteinexportapparats besteht aus fünf Proteinen (SecY, SecE, SecG, SecDF und YajC),
die zusammen das Translokase-Holoenzym
bilden. SecY und SecE stellen hierbei den
Kernkomplex eines hydrophilen Kanals dar,
durch den die Exportproteine über die
Membran gelangen. SecG, SecDF sowie
YajC stimulieren die Proteintranslokation am
Kernkomplex. Eine weitere Untereinheit
des Proteinexportapparats ist das SecA-Protein, welches als sogenannte TranslokationsATPase die Energie der ATP-Bindung und
–Hydrolyse an die Translokation der Polypeptidkette über die Membran koppelt. Bei
diesem Vorgang durchläuft SecA wiederholt
Zyklen von ATP-getriebener Membraninsertion und –deinsertion, wobei bei jedem
Zyklus etwa 20 bis 30 Aminosäuren der Polypeptidkette durch die Membran gefädelt
werden (Nähnadelmodell). Während bzw.
kurz nach der Translokation des Exportproteins über die Membran wird das Signalpeptid durch spezifische Signalpeptidasen abgespalten und das reife Protein auf der transSeite der Membran freigesetzt. Über die
Vorgänge, die sich an den eigentlichen Membrantransport anschließen und die letztlich
zur Freisetzung der korrekt gefalteten Proteine in den Kulturüberstand führen, ist bisher nur relativ wenig bekannt. Die Isolierung von B. subtilis -Mutanten, die eine reduzierte Sekretion einer überproduzierten
α-Amylase aufwiesen, führte zur Identifizierung des PrsA-Proteins. PrsA ist ein an der
Außenseite der Plasmamembran verankertes Lipoprotein, das eine gewisse Ähnlichkeit zur Parvulin-Klasse von Peptidyl-prolyl-cis/trans-Isomerasen aufweist. PrsA ist
vermutlich an der extracytosolischen Faltung von Exportproteinen beteiligt und
stellt, vor allem unter Überproduktionsbedingungen, einen limitierenden Faktor bei
der Proteinsekretion in Gram-positiven Bakterien dar. So konnte gezeigt werden, dass
die gleichzeitige Überexpression von sekretorischen Proteinen und PrsA zu einer signifikanten Steigerung der Ausbeute an korrekt
gefalteten Proteinen im Überstand führen
kann (Kontinen und Sarvas, 1993).
Die Fähigkeit Gram-positiver Bakterien
(zum Beispiel verschiedener Bacillus-Arten)
zur effizienten Sekretion von Proteinen wird
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auch schon seit langem für die industrielle
Gewinnung einer Vielzahl von Enzymen
eingesetzt (Harwood, 1992). Hierbei handelt
es sich vor allem um hydrolytische Enzyme
(Proteasen, Amylasen, Lipasen), die unter
anderem in der Waschmittelindustrie und in
der Lebensmittelindustrie zum Einsatz
kommen. Die entsprechenden Enzyme
stammen zumeist aus dem zelleigenen Enyzmrepertoire der jeweiligen Mikroorganismen und werden in vielen Fällen in Mengen von bis zu 20 g/l in das Kulturmedium
sekretiert. Diese hohen Ausbeuten werden
jedoch meist nur mit optimierten Produktionsstämmen erzielt, die durch mehrere
Zyklen von ungerichteter Mutagenese und
anschließendem Screening auf erhöhte Enzymausbeuten erhalten wurden. Die
Ursache(n) für die erhöhten Ausbeuten an
sekretiertem Enzym sind jedoch in den allermeisten Fällen nicht bekannt.
Im Gegensatz dazu wurde bei Ansätzen
zur Verwendung Gram-positiver Bakterien
als Wirtsorganismen für die sekretorische
Gewinnung von heterologen Proteinen (vor
allem bei Proteinen eukaryontischen Ursprungs) in vielen Fällen beobachtet, dass
die Mengen der gewünschten Proteine im
Kulturüberstand deutlich geringer sind als
die Mengen, die bei der Sekretion wirtseigener Enzyme erhalten werden können (Simonen und Palva, 1993). Für diesen Befund
sind mehrere Engpässe im Sekretionsweg
verantwortlich die, einzeln oder in Kombination, zu einer drastischen Verringerung der
Ausbeute der gewünschten Proteine im
Kulturüberstand führen können. Die bei der
heterologen Proteinsekretion am häufigsten
beobachteten Probleme sind hierbei (1) ein
ineffizienter Transport des Proteins über die
Cytoplasmamembran, (2) eine ineffiziente
oder falsche Faltung des Proteins im Anschluss an den Membrantransport, (3) ein
Abbau des Proteins durch zellwandassoziierte Proteasen sowie (4) der Abbau des Proteins durch lösliche Proteasen im Kulturüberstand. Der jeweilige Anteil der einzelnen
Problemzonen an der Verminderung der
Menge an sekretiertem Protein im Kulturüberstand ist dabei sowohl von den spezifischen Eigenschaften des heterologen Proteins wie auch von der Art des verwendeten
Wirtsorganismus abhängig. So ist die Sekretion großer Mengen von Proteasen durch
verschiedene Bacillus-Arten bei der industriellen Proteaseproduktion natürlich durchaus
erwünscht, stellt aber gleichzeitig ein großes Problem beim Einsatz dieser BacillusStämme als Wirtsorganismen für die heterologe Proteinsekretion dar. Für die sekretorische Gewinnung von proteaselabilen heterologen Proteinen bieten sich daher vor allem Gram-positive Bakterien als Wirtssysteme an, die keinerlei (oder nur geringfügige)
proteolytische Aktivitäten im Kulturüber-
stand aufweisen. Einer der Organismen, der
diese Voraussetzung erfüllt, ist das ursprünglich aus Trockenwurst isolierte Bakterium
Staphylococcus carnosus. So erlaubte die Verwendung eines auf einer StaphylokokkenLipase basierenden Sekretionsvektorsystems in der Tat die effiziente Sekretion einer Vielzahl von heterologen Proteinen in
den Kulturüberstand von S. carnosus (Meens
et al., 1997; Sturmfels et al., 2001 und darin
enthaltene Referenzen). Am Beispiel eines
humanen Calcitonin-Vorläuferproteins wurde darüber hinaus gezeigt, dass mit diesem
Wirtssystem Ausbeuten von bis zu 2 g sekretiertes Protein pro Liter Kulturmedium
erzielt werden können (Dilsen et al., 2000).
Basierend auf diesen vielversprechenden Eigenschaften soll daher bevorzugt S. carnosus
als Wirtsorganismus für die sekretorische Gewinnung von Kohlehydrat-umsetzenden
Enzymen aus A. gottschalkii im Rahmen des
DBU-Verbundprojekts Biokatalyse eingesetzt werden.
die Aminosäureaustausche den gewünschten Effekt hervorgerufen haben. Mit dieser
Strategie ist es unter anderem gelungen, die
Substratspezifitäten von Enzymen zu verändern bzw. ihre Thermostabilitäten zu erhöhen (Chen, 2001; Sterner und Liebl, 2001).
In vielen anderen Fällen ist rationales Design jedoch gescheitert. Dies liegt vor allem
daran, dass wegen der Komplexität von Enzymen auch bei genauer Kenntnis der Struktur die Auswirkung eines Aminosäureaustausches auf seine Funktion nicht exakt vorhergesagt werden kann.
Diesem Problem trägt der Ansatz der
gerichteten Evolution Rechnung, der sich
am Prozess der natürlichen Evolution orientiert. Dabei ist eine genaue Kenntnis der
Struktur-Funktionsbeziehung prinzipiell
nicht erforderlich. Bei der gerichteten Evolution wird durch den zufälligen Einbau von
Mutationen in das Wildtyp-Gen zunächst ein
großes Repertoire an Genvarianten hergestellt. Anschließend werden die Genvarian-
Veränderung der Funktion und Stabilität
von Enzymen durch rationales Design und
gerichtete Evolution
Enzyme katalysieren metabolische Reaktionen mit hoher Effizienz und Spezifität
und ihre Aktivitäten werden durch eine
Reihe von Faktoren reguliert. Die ständige
Anpassung der Aktivität, Regulation und
Stabilität von Enzymen an sich verändernde Umweltbedingungen ist eine entscheidende Voraussetzung für das Überleben von
Organismen. Seit einiger Zeit ist es möglich,
die Eigenschaften von Enzymen gezielt im
Labor zu verändern. Dies hat zum einen zu
einem besseren Verständnis der natürlichen
Evolutionsprozesse von Enzymen geführt
(Babbitt und Gerlt, 2001). Zum anderen ist
es möglich geworden, biotechnologisch relevante Enzymen zu erzeugen, die in industriellen Verfahren eingesetzt werden können (Petrounia und Arnold, 2000). Enzyme
sind hier konventionellen chemischen Katalysatoren oft überlegen, da sie sehr substrat- und stereospezifisch sind und Reaktionen unter umweltschonenderen Bedingungen katalysieren (Arnold, 2001; Bornscheuer und Pohl, 2001).
Es gibt zwei prinzipiell unterschiedliche
Ansätze zur Veränderung von Enzymen, rationales Design und gerichtete Evolution
(Chen, 2001). Rationales Design setzt die
genaue Kenntnis der Struktur und Funktion eines Enzyms voraus. Aufbauend auf diesem Wissen, werden Aminosäuren an sorgfältig ausgewählten Positionen durch gerichtete Mutagenese gezielt ausgetauscht. Das
mutierte Gen wird dann in einem geeigneten Wirtsorganismus – häufig Escherichia coli
– exprimiert. Anschließend wird das Proteinprodukt gereinigt und in vitro getestet, ob
Abb. 4 : Wachstum der in Genbanken abgelegten
Sequenzen von 1982 bis Ende März 2001.
Informationsquelle GenBank (NCBI). Y-Achse:
Anzahl der sequenzierten Basen in Megabasenpaaren. X-Achse: Jahr.
ten in Plasmide kloniert, die ihre Expression in einem passenden Wirtsorganismus ermöglichen; nach Transformation und Plattierung der Wirtszellen, werden diese nach
den neuen Eigenschaften selektiert oder
gescreent. Unter Selektion versteht man
dabei die Kopplung des Überlebens der
Wirtszelle an die Produktion des verbesserten Enzyms. In einem Screeningverfahren
werden dagegen Wirtszellen, die ein Plasmid aufgenommen haben, einzeln auf die
neue enzymatische Eigenschaft hin untersucht. Screening ist somit allgemeiner anwendbar als Selektion, jedoch in der Regel
experimentell aufwändiger. Der Prozess von
Mutation und Selektion/Screening kann
über mehrere Runden durchgeführt und so
lange wiederholt werden, bis weitere Verbesserungen nicht mehr möglich sind bzw. nicht
mehr detektiert werden können. So können
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Abb. 5 Sec-abhängiger Proteinexport bei Gram-positiven Bakterien. An Ribosomen im Cytosol synthetisierte Vorläuferproteine werden anhand ihres Signalpeptids als Exportprotein
erkannt und an die Exportstellen in der Membran herangeführt. Das aus den Sec-Proteinen aufgebaute TranslokaseHoloenzym katalysiert den energieverbrauchenden (ATP und
Membranpotential) Transport
durch die Plasmamembran.
β-SRP: bakterielles Signalerkennungspartikel bestehend
aus scRNA und Ffh-Protein; Srb:
membranassoziierter Rezeptor
für β-SRP; SPase: Signalpeptidase; PrsA: an der Faltung exportierter Proteine beteiligtes
Lipoprotein. Weitere Details
siehe Text.
durch schrittweise Erzeugung kleiner Verbesserungen über viele Generationen hinweg erhebliche Änderungen in Funktion
und Stabilität von Enzymen erreicht werden.
Während die Techniken zum zufälligen Einbau von Mutationen recht einheitlich sind –
meist wird eine Polymerasekettenreaktion
unter Bedingungen durchgeführt, die zum
gehäuften Falscheinbau von Nukleotiden
führen –, sind die verwendeten Screeningund Selektionssysteme spezifisch für das
jeweilige Enzym und die zu verändernde
Eigenschaft. Durch gerichtete Evolution
wurden in jüngster Zeit die Löslichkeiten
von Enzymen verbessert, Enantioselektivitäten gesteigert und erhöhte Stabilitäten
gegenüber thermischer Inaktivierung erzielt
(Petrounia und Arnold, 2001; Bornscheuer
und Pohl, 2001; Sterner und Liebl, 2001).
Als besonders erfolgreich bei der gerichteten Evolution neuer enzymatischer Eigenschaften hat sich der Einsatz kombinatorischer Methoden erwiesen, wie z.B. „DNAShuffling“ (Stemmer, 1994) oder „Staggered
extension process“ (Zhao et al., 1998). Hierbei werden vorteilhafte Mutationen, die sich
in verschiedenen Mitgliedern des Genrepertoires angesammelt haben, auf einem einzigen Gen miteinander kombiniert. Dies kann
zu einer sehr schnellen und drastischen Verbesserung der Eigenschaften der gewünschten enzymatischen Eigenschaften führen
(Ness et al., 2000). Unter Family-Shuffling
versteht man eine vielversprechende Modifikation des ursprünglichen DNA-ShufflingAnsatzes (Crameri et al., 1998). Dabei werden Gene, die in unterschiedlichen Spezies
für das gleiche Enzym kodieren, miteinander kombiniert. Auf diese Weise entstehen
Hybridenzyme, die positive Eigenschaften
verschiedener Eltern-Enzyme in sich vereinigen (Ness et al., 1999).
Besonders instruktiv wird gerichtete
Evolution dann, wenn die erzielte Veränderung einer enzymatischen Eigenschaft auf
der Basis einer hochaufgelösten Struktur des
Enzyms analysiert wird. Dies wurde kürzlich beispielhaft an der Verbesserung der
katalytischen Aktivität eines thermostabilen
Enzyms bei niedrigen Temperaturen gezeigt
(Merz et al., 2000).
Zusammenfassend bleibt zu sagen, dass
die Eigenschaften von Enzymen sowohl
durch rationales Design als auch durch gerichtete Evolution in gewünschter Weise
verändert werden können. Während Design
genaue Kenntnisse der Struktur und Funktion eines Enzyms voraussetzt, ist der Erfolg gerichteter Evolution an die Existenz
eines effizienten Screening- oder Selektionssystems gebunden. Mit beiden Ansätzen
wurden in der Vergangenheit beeindruckende Ergebnisse erzielt. Deshalb muss bei der
Herstellung von maßgeschneiderten Enzymen aus dem extremophilen Mikroorganismus A. gottschalkii entschieden werden, welche Methode am erfolgversprechendsten ist
oder ob die Kombination beider Ansätzen
angeraten scheint.
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process (StEP) in vitro recombination. Nature
Biotechnology 16: 258-261
Korrespondenzadresse:
Prof. Dr. Garabed Antranikian
TU Hamburg-Harburg
Technische Mikrobiologie
Kasernenstraße 12
21073 Hamburg
Tel.: 040-42878 3117
Fax: 040-42878 2582
eMail: [email protected]
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Dr. Elisabeth Heine1, Dr. Eva Schuh1,
Dipl.-Chem. Nabil Daâloul1, Prof. Dr.
Hartwig Höcker1, Rudi Breier2, Dipl.-Ing.
Michael Schmidt2, Dr. Anke Apitz3, Dipl.Chem. Andrea Brünner3, Prof. Dr. KarlHeinz van Pée3, Dr. Katrin Scheibner4
1
Deutsches Wollforschungsinstitut an der
RWTH Aachen e.V. (DWI)
2
Textilchemie Dr. Petry GmbH, Reutlingen
3
Institut für Biochemie, TU Dresden
4
JenaBios GmbH, Jena
Oxidative Enzyme in der Textilindustrie
Ziel des Verbundvorhabens ist die Entwicklung und industrielle Umsetzung alternativer Verfahren zur Carbonisur von Wolle
und zur Baumwollbleiche unter Verwendung oxidativer Enzyme, die im Rahmen
des Projektes für diese beiden Anwendungsbereiche produziert und optimiert
werden. Konventionell kommen sowohl bei
der Carbonisur als auch bei der Baumwollbleiche Chemikalien zum Einsatz, die
Abwasser und Maschinenteile belasten.
Das Ziel des 1. Teilbereichs ist es, mit Hilfe
der enzymkatalysierten Oxidation von
Vegetabilien in Wolle die bei der klassischen Carbonisur eingesetzten Chemikalienmengen zu reduzieren / zu ersetzen und
die Schädigung der Wolle zu minimieren.
Durch die Anwendung von Oxidoreduktasen soll ein in der Papierherstellung
erprobtes Verfahren für die Wollindustrie
nutzbar gemacht werden. Ziel des 2.
Teilbereichs ist es, mit Hilfe von Oxidoreduktasen die farbigen Begleitstoffe der
Baumwolle zu zerstören. Durch die
enzymatische Bleiche sollen die Menge an
Lauge, die bei der Peroxid-Bleiche benötigt
wird und damit die Salzfracht im Abwasser
reduziert werden. Weiterhin sollte dadurch
eine Energie- und Chemikalieneinsparung
erreicht werden.
Einleitung und Fragestellung
쑺 Im Rahmen des Verbundvorhabens werden alternative Verfahren zur Carbonisur von
Wolle und zur Bleiche von Baumwolle unter Einsatz oxidativer Enzyme entwickelt
und im Pilotmaßstab etabliert. Obwohl diese beiden Verfahren gänzlich unterschiedliche textile Schwerpunkte darstellen, kommen in beiden Fällen die gleichen Enzyme
zum Einsatz. Die Kombination dieser unterschiedlichen Themenkomplexe zu einem
Verbund bietet daher den Vorteil, dass die
notwendigen Entwicklungsarbeiten im Hinblick auf Enzymproduktion und -optimierung für beide Bereiche zum überwiegenden Teil durch den biotechnologisch orientierten Verbundpartner (JenaBios GmbH,
Laccase, Mangan-Peroxidase) übernommen
werden und ein Teilbereich (Peroxidase)
durch das Forschungsinstitut (TU Dresden)
abgedeckt wird. Die Realisierung der Verfahren im Labormaßstab erfolgt durch die
Forschungsinstitute (DWI, Wollveredlung
und TU Dresden, Baumwollveredlung) und
die Umsetzung der Verfahren in den Pilotmaßstab im Hinblick auf den Transfer in die
Textilveredlungsbetriebe durch den Hilfsmittelhersteller (Textilchemie Dr. Petry),
der sowohl auf dem Sektor der Woll- als auch
der Baumwollveredlung Expertise aufweist.
Enzymkatalysierte Oxidation vegetabiler
Bestandteile in Wolle als Alternative zur
Carbonisur
Als Vegetabilien werden pflanzliche
Überreste in Wolle bezeichnet. Die Kontamination von Wolle mit Vegetabilien ist auf
die Weidebedingungen und die Bedingungen, unter denen die Schafe gehalten werden, zurückzuführen. Menge und Art der
Vegetabilien sind Faktoren, die zu Preisminderungen der Ware führen. Bei den Pflanzenresten handelt es sich um die klettenförmigen Verbreitungseinheiten bestimmter
Futterpflanzen sowie Heu, Stroh und begrannte Grassamen. Die verholzten spiralbandigen Kletten der Pflanzengattung Medicago können bis zu 30% des Vegetabiliengehaltes von Waschwolle ausmachen [1]
(Abb. 1). Im allgemeinen sind Kletten, insbesondere Ringelkletten, vorzugsweise bei
Australwollen zu finden, Steinkletten bei
Capwollen; bei beiden Provenienzen aber
auch bestimmte Gräserarten (Ringelkletten:
Xanthium spinosum, Medicago denticulata;
Gräser: Barley grass (Hordeum lepinorum)
[2]. Europäische Wollen sind weniger durch
Kletten als durch Gräser und Stroh verunreinigt. Einige Kletten werden durch Krempeln und Kämmen erfolgreich entfernt, andere können so feinfaserig vorliegen, dass
sie sich wie die Wollfasern selbst verhalten
Abb. 1: Vegetabilien-belastete Rohwolle, Wollgewebe aus nicht-carbonisierter Wolle, aus Rohwolle
isolierte Ringelkletten und Grassamen.
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Abb. 2: Reaktionsmechanismus für den mikrobiellen Ligninabbau durch Manganperoxidase aus
Nematoloma frowardii.
und mit gekämmt werden. Diese Vegetabilien können bei der Verarbeitung und Veredlung der belasteten Wolle zu Problemen
führen, z.B. verursachen Klettenfragmente
beim Spinnen Fadenrisse oder unerwünsch-
te Verdickungen im Faden. Bereits kleine
Anteile an Vegetabilien in Tuchen verändern
den Griff bzw. das Aussehen, da sie zu Fehlfärbungen führen. Krempel, Kämme und
Spinnstrecken werden bei der Wollverarbei-
Abb. 3: Fermentation von
Bacillus sphaericus, dem
Produzenten einer neuen
intrazellulären Peroxidase
mit ungewöhnlichen
Eigenschaften
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tung durch Vegetabilien mechanisch belastet [3]. Die chemische Methode zur Entfernung der Vegetabilien ist die Carbonisur.
Hierbei wird die gewaschene Wolle in ein
Bad mit 6-8% Schwefelsäure gegeben, abgequetscht, vorgetrocknet und dann bei
Temperaturen von über 100°C „gebrannt“.
Die durch die Trocknung hervorgerufene
Konzentrierung der Säure bewirkt eine Dehydratisierung (Verkohlung) der Cellulose.
Die Reste der carbonisierten Vegetabilien
können durch Walzen zerkleinert, der Klettenstaub anschließend ausgeklopft und die
Wolle neutralisiert und gespült werden. Von
harten Schalenteilen wird die Säure jedoch
nicht gut aufgenommen, daher sind diese
Stücke auch nach der Carbonisur kaum zu
zertrümmern. Die Carbonisur ist nicht unproblematisch für die Wolle selbst. Neben
den Vegetabilien kann auch die Wolle durch
die Säure geschädigt werden. Die gesamten
Wollverluste können je nach vorliegender
Rohwolle 12% und mehr betragen.
Bleichen von Baumwolle
Die Baumwollfaser ist ein einzelliges,
bandartig flaches Gebilde mit meist kräftiger Zellwand. Sie besteht zu 90-95% aus reiner Cellulose und erscheint unter dem Mikroskop als flaches Band mit korkenzieherartigen Drehungen. Diese Windungen greifen beim Verspinnen scharnierartig ineinander, so dass die Fasern gut im Garn haften.
Baumwolle enthält außerdem Baumwollfette und –wachse, Ligninreste, Proteine, Pektine und Mineralstoffe [4]. Je nach Herkunftsland ist Rohbaumwolle weiß (Peru),
gelb oder braun (ägyptische Baumwolle)
gefärbt.
Besonders die gelb- und braungefärbte
Baumwolle, deren Farbe in erster Linie
durch die anhaftenden Ligninreste verursacht wird, muss in der Vorbehandlung des
Textilgutes gebleicht werden, um nachfolgend eine einheitliche Färbung der Garne
erreichen zu können. Lange Zeit wurde
Hypochlorit als bleichendes Agens eingesetzt. Aus Gründen der Umweltverträglichkeit ist es heute in Deutschland überwiegend durch Wasserstoffperoxid ersetzt [5].
Wasserstoffperoxid-Lösungen reagieren
schwach sauer ud zerfallen allmählich in
Wasser und Sauerstoff. Wird dieser wässrigen Lösung Alkali zugesetzt, entstehen Perhydroxidanionen, die als das wirksame
Agens bei der Bleiche mit Peroxid angesehen werden. Die Zersetzung des Wasserstoffperoxids steigt mit zunehmender Temperatur, zunehmendem pH-Wert und wird
durch Schwermetalle und leicht oxidierbare Substanzen katalysiert. Schwermetalle
müssen daher vor dem Bleichprozess maskiert und die Eigenzersetzung bei der Dosierung des Wasserstoffperoxids unter Pro-
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zessbedingungen berücksichtigt werden.
Einen optimalen Bleicheffekt erzielt man
bei pH 11, der mit einem Minimum an Faserschädigung zusammenfällt und daher
meist zur Anwendung kommt. Andere eingesetzte Bleichmittel sind z.B. Peressigsäure als mildes oxidierendes Agens und Natriumdithionit als reduzierendes Bleichmittel
[6]. Es ist günstig, vor der Bleiche die Faser
alkalisch abzukochen. Dabei kommt gewöhnlich Natronlauge zum Einsatz. Durch
jedes Bleichverfahren wird die Cellulose
mehr oder weniger abgebaut, was sich in einer Abnahme des Durchschnittspolymerisationsgrades äußert. Es ist daher nicht beliebig oft zu wiederholen.
Das Ziel einer guten Bleiche ist es, einen hohen Weißgrad, eine gute Haltbarkeit
des Weiß und eine gute Saugfähigkeit der
Ware mit geringstmöglicher Faserschädigung und einer hohen Wirtschaftlichkeit zu
erreichen. Trotzdem erhält man mit der Bleiche allein in keinem Fall ein genügend reines Weiß, sondern die Faser besitzt noch
immer einen gelblichen Stich. Daher
schließt sich gewöhnlich an den Bleichprozess das optische Aufhellen an.
Laccase
Die Laccase (p-Benzendiol: O2-Oxidoreduktase, EC 1.10.3.2) ist eine KupferOxidase [10] und das verbreitetste Lignin
modifizierende Enzym, das von fast allen
Weißfäulepilzen sowie einer Reihe von
Schimmelpilzen (Asco- und Deuteromyceten) und den höheren Pflanzen gebildet wird
[11].
Laccasen sind glykosylierte Proteine mit
einem Polysaccharidgehalt von 11-80% und
Molekulargewichten zwischen 59 und 110
kDa, wobei dimere und tetramere Laccasen
mit Molekulargewichten bis 390 kDa auftreten können [11]. Das katalytische Zentrum der Laccase enthält vier Kupferatome.
Die Laccase katalysiert Ein-Elektron-Oxi-
A
Unterschied zur Meerrettich-Peroxidase
vermag die LiP auch nicht-phenolischen
Substraten mit hohem Redox-Potential (+1,5
V in Bezug auf die Standard-WasserstoffElektrode) ein Elektron zu entziehen, was
zur Bildung von Arylkation-Radikalen und
nachfolgend zu spontanem Einbau von Sauerstoff (O2) sowie Bindungsspaltungen führt
[14]. Voraussetzung für die Wirksamkeit der
LiP sind sehr niedrige pH-Werte; das Optimum des Enzyms liegt um pH 2,5 und bereits pH-Werte größer 4,5 unterbinden die
Enzymaktivität vollständig.
Die LiP ist ein wichtiges, jedoch nicht
unbedingt erforderliches ligninolytisches
Enzym, da es eine Reihe von Weißfäulepilzen gibt, denen die LiP fehlt und die eine
B
Der mikrobielle Ligninabbau
Der mikrobielle Ligninabbau ist ein generell aerober, oxidativer Prozess. Eine Reihe von Mikroorganismen, sowohl Pilze als
auch Bakterien (Actinomyceten), besitzen
die Fähigkeit, die Struktur des Lignins chemisch zu modifizieren [7]; ein substantieller Abbau des Lignins verbunden mit seiner Mineralisierung ist allerdings auf eine
einzige Gruppe von Mikroorganismen beschränkt - die Basidiomyceten (Ständerpilze). Innerhalb dieser artenreichen Pilzklasse haben sich im Laufe der Evolution zwei
ökophysiologische Lebensweisen entwikkelt (Holzabbau und Streuzersetzung), die
einen effektiven Angriff auf das Ligninpolymer außerhalb der Zelle (extrazellulär)
gewährleisten [8]. Holzabbau und Streuzersetzung können zur sogenannten Weißfäule von Lignozellulosen führen, d.h. zu einem
selektiven Verlust des Lignins, unter Zurücklassung weißgefärbter Zellulosefibrillen. Ander und Eriksson [9] wiesen nach,
dass die Oxidation phenolischer Verbindungen durch holzabbauende Weißfäulepilze
auf extrazelluläre Oxidoreduktasen (Laccasen, Peroxidasen) zurückzuführen ist. Aus
Untersuchungen zur Spaltung von Modellverbindungen und zur Depolymerisation
von Ligninpräparaten wurde deutlich, dass
diese Enzyme verschiedene Bindungstypen
im Lignin unspezifisch durch Radikalbildung (Ein-Elektron-Oxidationen) zu spalten
vermögen; sie wurden deshalb als ligninolytische (oder Lignin modifizierende) Enzyme bezeichnet.
Abb. 4: Rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen A) von Grassamen und B) Ringelkletten, den
Ausgangssubstraten für die Inkubation mit den Oxidoreduktasen.
dationen einer Vielzahl phenolischer Substrate; gleichzeitig wird molekularer Sauerstoff (O2) durch Übertragung von vier Elektronen zu Wasser reduziert. Es kommt zur
Bildung von Phenoxy-Radikalen, die nichtenzymatischen Folgereaktionen unterliegen
(Chinonbildung, Polymerisation, Bindungsspaltung). In Gegenwart geeigneter RedoxMediatoren (niedermolekulare Vermittler
von Oxidationsreaktionen) ist die Laccase
auch in der Lage, besonders persistente
nicht-phenolische Ligninstrukturen anzugreifen. Unter Verwendung synthetischer
Mediatoren gelang es Call und Mücke [12]
erstmals, native Lignozellulose in einem
zellfreien System (in vitro) mittels Laccase
zu delignifizieren.
Lignin-Peroxidase (LiP)
Die LiP (EC 1.11.1.14) ist ein H2O2-abhängiges Glykoprotein mit Protoporphyrin
IX (Häm) im katalytischen Zentrum [13].
Der vermutlich am intensivsten untersuchte Weißfäulepilz Phanerochaete chrysosporium
bildet das Enzym in multiplen Formen (maximal 15), die Molekulargewichte von 38 kD
- 43 kD und isoelektrische Punkte (pI) von
3,2-4,7 besitzen. Die LiP ist eine echte Peroxidase (Donor: H2O2 Oxidoreduktase), die
in ihrer Funktionsweise große Ähnlichkeit
mit der Meerrettich-Peroxidase aufweist. Im
andere Möglichkeit zur Spaltung nicht-phenolischer Ligninstrukturen entwickelt haben (z.B. Lentinus edodes, Ceriporiopsis subvermispora, Panus tigrinus [15]). Bei Vorhandensein der LiP hat diese wahrscheinlich die
Aufgabe, bereits gebildete Ligninbruchstükke weiter abzubauen. Der primäre Angriff
des Ligninmoleküls wird jedoch mit großer
Sicherheit nicht durch die LiP katalysiert,
da ein effektives Mediatorsystem bisher
nicht nachgewiesen werden konnte und das
Enzym selbst zu groß ist, um in den kompakten Lignozellulose-Komplex zu diffundieren. Diese Aufgabe kommt bei vielen
Lignin abbauenden Pilzen der nachfolgend
beschriebenen Mangan-Peroxidase zu.
Mangan-Peroxidase (MnP)
Die MnP (EC 1.11.1.13) ist extrazellulär, glykosyliert (10-39%), enthält Häm als
prosthetische Gruppe im katalytischen Zentrum, besitzt Molekulargewichte von 40 - 54
kDa und pI-Werte zwischen 2,8 und 7,0 [16].
Im Unterschied zur LiP ist das Vorkommen
der MnP nicht auf holzabbauende Pilze wie
Trametes versicolor beschränkt, sondern sie
wird auch von streuzersetzenden Basidiomyceten wie Agaricus bisporus gebildet. Reguliert wird die MnP-Bildung von der Konzentration der Mn(II)-Ionen des umgebenden Mediums [17].
Biokatalyse
52
Die „klassische“ MnP ist katalytisch
abhängig von Mn(II)-Ionen und chelatisierenden organischen Säuren (Abb. 2); in jüngerer Zeit sind jedoch auch Mn-Peroxidasen
beschrieben worden, die eine Mn-unabhängige Aktivtät besitzen und Übergangsformen
zur LiP darstellen. Die MnP ist wie die LiP
ausschließlich in sauren Medien wirksam, ihr
pH-Optimum ist jedoch nicht so niedrig und
liegt für die meisten Mn-Peroxidasen zwischen 4,0 und 4,5. Der pH-Bereich, in dem
das Enzym arbeitet ist breiter als der der LiP
und bewegt sich zwischen pH 2,0 und 7,5.
A
B
S O N D E R A U S G A B E
Die entstandenen Radikale unterliegen
verschiedenen Folgereaktionen, bei denen
es u.a. zur Addition von Sauerstoff und zu
Bindungsspaltungen innerhalb des Moleküls kommt. Bevorzugte Substrate der
Mn(III)-Ionen sind Phenole, jedoch werden
auch nicht-phenolische Aromaten (z.B. Methoxybenzole, Veratrylalkohol) und aliphatische Carbonsäuren umgesetzt.
Voraussetzung für die Wirksamkeit der
Mn(III)-Ionen ist ihre Stabilisierung durch
chelatisierende organische Säuren, andernfalls kommt es innerhalb weniger Sekunden
zur Disproportionierung des Mn(III) und zur
Bildung von Mn(II) und Mn(IV), wobei letzteres zu unlöslichem Braunstein (MnO2) reagiert und somit Mangan dem Redox-Zyklus
entzogen wird. Geeignete Chelatoren der
Mn(III)-Ionen sind Dicarbonsäuren (u.a.
Malonat, Oxalat) oder α-Hydroxycarbonsäuren (u.a. Lactat, Tartrat). Die durch Chelatisierung stabilisierten Mn(III)-Ionen sind das
eigentliche oxidative Agens während MnPkatalysierter Reaktionen und übertragen als
niedermolekularer, diffundibler Redox-Mediator die Oxidationskraft des Enzyms auf
die Folgesubstrate (Abb. 2). Auch die Chelatisierung der Mn(II)-Ionen ist für das
Funktionieren der MnP notwendig, da nur
in dieser Form eine hohe Affinität des Substrates zum Enzym besteht. Chelatisierende organische Säuren werden durch Pilze in
Flüssigkultur ausgeschieden (u.a. Malat).
Enzymproduktion und –optimierung
Abb.5: A) Lichtmikroskopische Aufnahmen eines
Querschnitts von Grassamen (Stärke- und Anteile
mit I2/KI angefärbt) und
B) eines Ausschnitts einer Ringelklette (Ligninanteile mittels Phloroglucin/HCl angefärbt).
Alle scheinbar unspezifischen Reaktionen der MnP werden durch die primär gebildeten Mn(III)-Ionen katalysiert. Bei diesen handelt es sich um ein starkes Oxidationsmittel (Standardpotential 1,54 V), das
eine große Zahl organischer Verbindungen
anzugreifen vermag. Grundlage für diese
Reaktionen ist der Entzug eines Elektrons
oder die radikalische Abstraktion eines Wasserstoffatoms [18].
Die von Pilzen sekretierten Enzyme
haben ihr pH-Optimum nahezu ausschließlich im sauren Bereich. Bleichprozesse mit
Wasserstoffperoxid müssen dagegen im alkalischen Milieu bei 95°C durchgeführt
werden, weil nur dann eine ausreichende
Stabilität des bleichenden Agens H2O2 gewährleistet ist. Eine enzymatisch unterstützte Bleiche mit Peroxidasen (Donor: H2O2
Oxidoreduktasen) sollte daher ebenfalls im
alkalischen Milieu und bei höheren Temperaturen durchführbar sein. Bisher bekannte
Peroxidasen sind unter diesen Bedingungen
allerdings nicht stabil oder nicht aktiv. Aus
diesem Grund wurde am Institut für Biochemie ein Screening auf neue intrazelluläre
Peroxidasen mit guter Stabilität unter
Bleichbedingungen durchgeführt. Dabei
wurde ein für den Einsatz in Bleichprozessen potenziell sehr interessantes Enzym gefunden. Die Peroxidase ist temperaturstabil
bis 100°C und besitzt gute Aktivität bis zu
pH 11,0. Das Enzym ist in der Lage, eine
Reihe von Farbstoffen unterschiedlicher
Struktur zu bleichen. Von besonderer Bedeutung ist hier, dass es gelungen ist, durch
eine proteolytische Teilverdauung die Größe des noch immer aktiven Enzyms auf 6,5
kDa zu reduzieren [19]. Damit scheint die
D E R
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Peroxidase prinzipiell gut in der Lage zu
sein, die zu bleichenden Substanzen zwischen den Zellstofffasern direkt anzugreifen.
In der ersten Projektphase muss nun die Eignung dieses Enzyms für die Bleiche von
Baumwolle unter den Bedingungen des
technischen Prozesses überprüft werden.
Bei Eignung des Enzyms für die Baumwollbleiche muss die Produktion des Enzyms
optimiert werden. Bisher wird die Peroxidase aus dem Wildstamm eines Bodenbakteriums nach aufwändiger Reinigung gewonnen (Abb. 3). Es ist vorgesehen, durch Überexpression und Ausschleusen des Enzyms
mit Hilfe eines geeigneten Wirtsstammes
große Mengen der Peroxidase einfach zugänglich zu machen, so dass auf weitere Anreicherungsverfahren verzichtet werden
kann und die Enzymlösung nach einfacher
oder eventuell sogar ohne Vorbehandlung für
die Bleiche einsetzbar ist.
Gleichzeitig soll ein Screening nach neuen Peroxidasen durchgeführt werden. Dabei ist es schwierig, direkt nach Peroxidasen
zu selektieren. Bei Zugabe von Wasserstoffperoxid zum Züchtungsmedium für Mikroorganismen muss in erster Linie mit einer
erhöhten Produktion von Katalasen gerechnet werden. Diese stören die Aktivitätstests
auf Peroxidasen erheblich und müssen daher abgetrennt werden. Ein einfaches Verfahren ist die Inaktivierung durch Hitze, ein
weiteres die Abtrennung in einer nativen
Polyacrylamidgelelektrophorese.
Es hat sich bewährt, Bodenproben geeigneter Standorte für das Screening einzusetzen. Die autochthone Bodenflora enthält
ein umfangreiches Spektrum interessanter
Mikroorganismen, in denen gezielt nach
Enzymen gesucht werden kann, die für die
vorliegende Anwendung in Frage kommen.
Es ist Wert zu legen auf eine gute Enzymaktivität im Alkalischen, gute Temperaturstabilität, Bleichvermögen und Verträglichkeit mit Bleichhilfsmitteln, so diese benötigt werden.
Enzymkatalysierter Abbau
von Vegetabilien in Wolle
Es ist das Ziel dieses Teilbereichs, mit
Hilfe der enzymkatalysierten Oxidation von
Vegetabilien in Wolle, die bei der klassischen
Carbonisur eingesetzten Chemikalienmengen zu reduzieren bzw. vollständig zu ersetzen.
Durch die Anwendung von Oxidoreduktasen (vorwiegend Manganperoxidasen und
Laccasen) wird ein bereits in der Papierherstellung erprobtes Verfahren für die Wollindustrie nutzbar gemacht. Unterschiedliche
Vegetabilienarten (Grassamen und Ringelkletten) werden mit definierten Enzymen
bzw. Enzymcocktails isoliert behandelt, um
den Abbaugrad der einzelnen Vegetabilien
Biokatalyse
S O N D E R A U S G A B E
D E R
53
D B U
unter festgelegten Reaktionsbedingungen
genau zu bestimmen.
Vegetabilienbelastete Wollen und von
einer Wollkämmstrecke stammende Vegetabilien wurden sortiert. Sowohl die anteilmäßig am stärksten vertretenen Grassamen
als auch die Ringelkletten wurden als homogenes Ausgangssubstrat eingesetzt (Abb.
4).
Im ersten Projektabschnitt kamen zum
Abbau der Vegetabilien sowohl oxidative
Enzyme der Projektpartner JenaBios GmbH
und TU Dresden als auch kommerziell erhältliche hydrolytische Enzyme zum Einsatz. Die unterschiedlichen Enzyme wurden
in einigen Fällen nacheinander bzw. in Kombination eingesetzt.
Zur Beurteilung des enzymkatalytisch
bewirkten Modifizierungsgrades der Vegetabilien wurden unterschiedliche analytische Methoden angewendet. Nach Inkubation der Vegetabilien mit hydrolytischen Enzymen wurde die Menge der in die Flotte
freigesetzten reduzierenden Zucker [20]
sowie der Gewichtsverlust der Vegetabilien
und somit deren Abbaugrad bestimmt.
Durch die kombinierte Anwendung von
MnP und Xylanase wird eine Steigerung des
Abbaugrades erzielt. Im Vergleich zur Puffer-vorbehandelten Referenz ist die Zugänglichkeit des Substrates nach MnP-Einwirkung für das hydrolytische Enzym höher.
Die Morphologie der Quer- und Längsschnitte unterschiedlich behandelter Grassamen und Ringelkletten wurde mit Hilfe
rasterelektronen- und lichtmikroskopischer
Aufnahmen dokumentiert. Die Zuordnung
der morphologischen Komponenten wurde
bei den mit Hilfe des Lichtmikroskops untersuchten Proben durch verschiedene Anfärbetechniken erleichtert. In Abb. 5 sind
die lichtmikroskopischen Aufnahmen von
Grassamen und Ringelkletten gezeigt. Die
Ligninanteile in den Vegetabilien wurden
mittels Phloroglucin/HCl-Anfärbung sichtbar gemacht, Stärkeanteile mit I2/KI angefärbt.
Enzymkatalysierte Baumwollbleiche
Ziel dieses Teilbereiches ist es, die Eignung von Oxidoreduktasen für die Bleichung von Baumwolle zu testen. Dabei sollen sowohl kommerziell erhältliche, als auch
neu isolierte Enzyme mit ungewöhnlichen
Stabilitäten zum Einsatz kommen.
Als erstes wurde die technische Bleiche
unter Laborbedingungen durchgeführt als
Vergleich für die Untersuchungen. Vor und
nach der Behandlung wurden der Weißgrad
und der Massenverlust bestimmt. Dann erfolgte die Modifizierung der Bleichbedingungen auf die Anforderungen der enzymatischen Behandlung. Stabilisatoren oder Benetzungsmittel können die Aktivität und
Stabilität der Enzyme beeinflussen, daher
wurde deren Einsatz im Bleichansatz vermieden. Statt dessen wurden die Stoffe vor
dem enzymatischen Prozess so behandelt,
dass eine gute Benetzbarkeit gewährleistet
war. Erste Versuche zur enzymatischen Bleichung wurden mit isolierten Enzymen beim
jeweiligen pH-Optimum durchgeführt. Zum
Einsatz kamen die von der TU Dresden isolierte Peroxidase aus Bacillus sphaericus und
die Perhydrolase aus Pseudomonas pyrrocinia
sowie die von JenaBios zur Verfügung gestellten Manganperoxidasen aus Nematoloma frowardii und Clitobula sp. b1 und die
Laccase aus Trametes versicolor TG1. Weiterhin kamen die kommerziell erhältlichen
Peroxidasen aus Arthromyces ramosus und
Meerrettich (HRP), Xylanase von Trichoderma viride und Cytochrom c aus Rinderherz
und Cellulase (Perizym GBL, Fa. Dr. Petry) zum Einsatz.
Es erwies sich als schwierig, mit isolierten Enzymen ein mit der industriellen Wasserstoffperoxidbleiche vergleichbares Ergebnis zu erreichen. Daher wurden anschließend mehrere Enzyme in Kombination eingesetzt. So kann ein Zusammenwirken von
Cellulose abbauender Enzymaktivität und
bleichender Enzymaktivität weit größere
Effekte ergeben, als jedes der Enzyme allein. Mit diesen Kombinationen konnten bei
passenden pH-Werten erste günstige Effekte erreicht werden.
Gefördert durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt
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Deutsches Wollforschungsinstitut
an der RWTH Aachen e.V.
Veltmanplatz 8
D-52062 Aachen
Tel: +49 241 4469 129
Fax: +49 241 4469 100
e-mail: [email protected]
URL: http://www.dwi.rwth-aachen.de
Biokatalyse
54
S O N D E R A U S G A B E
Svenja Weiß1, Gernot T. John1,5, Elmar
Heinzle1,7, Eva Schultheiss2, Joachim Jose2,
Sarina Arain, Christian Krause, Ingo
Klimant6, Harald Waltenberger3, Josef Maier3,
Thomas Räbiger4, 1Technische Biochemie,
Universität des Saarlandes, 2Pharmazeutische
und Medizinische Chemie, Universität des
Saarlandes, Institut für Analytische Chemie,
Chemo- und Biosensorik, Universität Regensburg, 3Microcoat, Bernried, 4BMG Labtechnologies, Offenburg, 5derzeitige Adresse: Presens
GmbH, Regensburg, 6derzeitige Adresse:
Institut für Analytische Chemie, Mikro- und
Radiochemie, Technische Universität Graz,
7
Korrespondenzadresse
Screening von Biokatalysatoren mit
Sauerstoff- und pH-Mikrotiterplatten
Ziel des vorgestellten Projektes ist die
Entwicklung einer neuen Screeningmethode für Esterasen und Oxidasen mittels
integrierter Mikrotiterplatten. Das neuentwickelte System soll anhand eines Beispiels auf Tauglichkeit für das HochDurchsatz-Screening geprüft werden. Als
Beispiel dient eine Esterase, die durch
Autodisplay an der Zelloberfläche exprimiert wird. Bisher wurden 96er Rundbodenplatten mit integrierten Sauerstoff- und
pH-Sensoren entwickelt. Die pH-Platten
können in einem pH-Bereich von 5 bis 8
eingesetzt werden. Die Routinemessung
benötigt keine Kalibrierung jedes Wells.
Die bisher entwickelten Sauerstoffplatten
zeigen reproduzierbar die aktuelle
Sauerstoffkonzentration an. Die technische
Herstellung der Mikrotiterplatten wird zur
Zeit etabliert. Die pHdyn-Methode zur
Bestimmung von Enzymkinetiken ist
etabliert und modelliert worden. Die
Kinetikkonstanten stimmen gut mit denen
mittels konventioneller Tests ermittelten
überein. In Hinblick auf Einsatz einer
pHstat-Methode wurde das Mischverhalten
bei Zugabe kleiner Mengen Natronlauge
experimentell untersucht und nach der
Entwicklung geeigneter Modelle simuliert.
Die Translokation einer Esterase mittels
des Autotransportersystems AIDA-I ist
durchgeführt worden. Differentielle
Zellfraktionierung und Enzymaktivitätsbestimmungen belegen die Oberflächenexpression der Esterase in E. coli.
쑺 Zunehmender Wettbewerb und gleichzeitig steigende Anforderungen bezüglich des
Umweltschutzes erfordern die Entwicklung
neuer Prozesse und Produkte. Durch den
Einsatz von chemischen und biochemischen
Katalysatoren wird versucht Produktionsprozesse effizienter und nachhaltiger zu gestalten. Die moderne Molekularbiologie stellt
eine Vielzahl von Werkzeugen zur Verfügung
um kostengünstige Biokatalysatoren herzustellen (Schäfer und Dalboge, 1999) und ihre
Eigenschaften durch evolutive und/oder rationale Variation zu optimieren (Arnold, 1996).
Das Ziel dieses Projektes ist die Entwicklung einer neuen Methode zum quantitativen Screening von biokatalytischen Prozessen in Mikrotiterplatten und die Erprobung der Methode anhand evolutiv und rational veränderter Esterasevarianten, die
mittels Autodisplay an die Oberfläche von
E. coli transloziert werden. Die zu entwikkelnden Platten ermöglichen die kontinuierliche Messung der Sauerstoffkonzentration bzw. des pH-Wertes in jedem Well
durch die Verwendung von immobilisierten
Fluoreszenzoptoden. Dadurch wird auch die
einfache Messung biokatalytischer Prozesse möglich, bei denen die Umsetzung nicht
anhand der Produkte oder Edukte bestimmt
werden kann. Sauerstoff und Protonen werden bei sehr vielen biokatalytischen Reaktionen umgesetzt und sind ebenso Indikatoren vieler Stoffwechselaktivitäten. Dadurch ergibt sich zukünftig ein breites Anwendungsgebiet für die beschichteten Mikrotiterplatten. Nach der Entwicklung und
Optimierung der Sensorcocktails ist die Etablierung der technischen Beschichtung der
Mikrotiterplatten geplant. Dafür ist der Auf-
D E R
D B U
bau der dazu nötigen Produktionsstraßen
nötig.
Für die Mikrotiterplatten mit integrierten Optoden werden im Verlauf des Projektes Screeningmethoden für Enzymkinetiken
entwickelt. Der Produktumsatz wird anhand
der Änderung der Sauerstoffkonzentration
bzw. der pH-Wertänderung (pHdyn-Methode) bestimmt. Als zweite Variante zur Bestimmung der Enzymkinetiken mittels der
pH-Platten soll die pHstat-Methode etabliert werden. Dabei wird der pH-Wert konstant gehalten durch die Zugabe von Lauge
bzw. Säure. Die Umsatzrate wird anhand des
Säure- bzw. Laugeverbrauchs ermittelt. Zur
pH-Regelung während der Messung in einem Reader ist der Einbau einer piezoelektrischen Nanoliterpumpe vorgesehen.
Kenntnisse über das Mischverhalten bei
Zugabe kleiner Volumina in Zusammenhang
mit der pHstat-Methode sind interessant, da
es durch örtlich hohe Konzentrationen zu
reversiblen oder auch irreversiblen Schäden
an Enzymen und Zellen kommen könnte.
In einem weiteren Teilprojekt wird eine
Esterase mit Hilfe des Autodisplay-Systems
in aktiver Form an der Oberfläche von E.
coli exprimiert und evolutiv an eine vorgegebene, enantioselektive Reaktion angepasst. Der Vorteil der Oberflächenexpression liegt darin, dass man mit ganzen Zellen
arbeiten kann, d.h. dass zur Bereitstellung
des Enzyms keine weitere Zellaufarbeitung
notwendig ist und die Membrangängigkeit
des verwendeten Substrates bei der Enzymmessung keine Rolle spielt. Das Screening
der für den evolutiven Ansatz erzeugten
Zufallsvarianten soll mit Hilfe der pH-sensitiven Mikrotiterplatten erfolgen.
Beschichtete Mikrotiterplatten – Entwicklung und Charakterisierung
Optoden
Die bisher entwickelten Mikrotiterplatten
sind handelsübliche 96er Rundbodenplatten
aus Polystyren (Greiner, Frickenhausen,
Deutschland), die am Boden mit pH- bzw.
Sauerstoffsensoren beschichtet sind. Bei den
eingesetzten Sensoren handelt es sich um
Abb. 1: Mikrotiterplatte mit integriertem
optischen pH-Sensor
Biokatalyse
S O N D E R A U S G A B E
D E R
sogenannte Optoden. Vermessen werden
optische Parameter, wodurch Licht zum Träger der Information wird. Im Rahmen des
Projektes wurde die Messung der Fluoreszenz gegenüber der Absorptionsmessung
favorisiert, da diese Methode eine hohe
Empfindlichkeit aufweist und eine Reihe
von Variationen (Messung der Intensität,
Abklingzeit, Polarisation) gestattet. Bei der
Messung der Fluoreszenzintensität bereiten
Schwankungen der Intensität der Lichtquelle und der Empfindlichkeit des Detektors,
ungleichmäßige Spots, Lichtstreuung in trüben Proben und eine eventuell auftretende
Eigenfluoreszenz der Probe Probleme. Um
diese Nachteile zu vermeiden wird in den
Platten das ratiometrische Prinzip genutzt
und die Sensorschicht optisch isoliert. Für
das ratiometrische Prinzip wird eine Mischung aus zwei Fluorophoren eingesetzt,
deren Emissionen bei verschiedenen Wellenlängen vermessen werden. Der Indikator ändert die Fluoreszenzintensität in Abhängigkeit vom pH-Wert bzw. in Abhängigkeit von der Änderung der Sauerstoffkonzentration, der Referenzfarbstoff ist inert
gegenüber dem jeweiligen Analyten. Durch
die Messung des Intensitätsverhältnisses
NEU
55
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Abb. 2: Modellreaktion der pHdyn-Methode, Hydrolyse von p-Nitrophenylacetat durch Penicillinacylase
erhält man relativ stabile und kalibrationsfreie Signale (IR). Über eine Kalibrierung
kann man von dem gemessenen Intensitätsverhältnis auf den jeweiligen pH-Wert bzw.
die jeweilige Sauerstoffkonzentration schließen. Das Sensorsignal ist von der Temperatur abhängig, insbesondere der pH-Sensor,
so dass die Temperatur während der Messung konstant gehalten werden muss.
Die zu entwickelnden Optoden müssen
verschiedenen Ansprüchen genügen. Gefordert sind ein schnelles Ansprechverhalten,
ein dynamischer Messbereich, die Kalibrierfreiheit der Einzelsensoren, hohe Präzision,
Sterilisierbarkeit, Stabilität, möglichst einfache und reproduzierbare Herstellung der
Platten und die Möglichkeit des Auslesens
der Platte mit herkömmlichen handelsüblichen Mikrotiterplattenreadern. Durch die
Variation der Sensorzusammensetzung und
–eigenschaften (Schichtdicke, usw.) erfolgt
die Optimierung von Optoden für Mikrotiterplatten. Die verschiedenen Platten wurden hinsichtlich der Ansprechzeiten, der
Reproduzierbarkeit und der Querempfindlichkeiten miteinander verglichen. Die Besonderheiten der verschiedenen bisher entwickelten integrierten Platten werden im
Folgenden kurz besprochen.
pH-Platten
Optische Sensoren zur pH-Messung bieten
gegenüber den herkömmlichen Elektroden
eine Reihe von Vorzügen. Sie sind einfach
zu handhaben und besitzen eine schnellere
Ansprechzeit. Bei Lichtleitern gibt es die
Möglichkeit viele Informationen gleichzeitig zu übertragen und somit eine Mehrkom-
Technische
Qualitätssicherung
– von der Probenahme bis zum Ergebnis!
Karl Cammann (Hrsg.)
Instrumentelle analytische Chemie
Nach einer neuen Erhebung des angesehenen Londoner „Laboratory of the
Government Chemists“ werden – bedingt durch die Zunahme der High-TechProdukte – inzwischen ca. 10% des Bruttosozialproduktes der führenden
Industrienationen für das Messen und Prüfen im Rahmen einer Qualitätssicherung ausgegeben! Eine Entwicklung, die auch für die Chemiker-Ausbildung an den deutschen Hochschulen nicht ohne Folgen bleiben wird. Das
neuartige Lehrbuch Instrumentelle analytische Chemie stellt sich den neuen
Herausforderungen. Der Schwerpunkt dieses Buches liegt daher auf der Qualitätssicherung, der in diesem Buch klar und aktuell wie in keinem anderen
Analytik-Lehrbuch eine wichtige Bedeutung zukommt.
2000, 604 S., 300 Abb., geb.
DM 159,90 · ISBN 3-8274-0057-0
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Prof. Dr. Karl Cammann
ist Dozent an der
Universität Münster und
Leiter des Instituts für
Chemo- und Biosensorik
in Münster.
Biokatalyse
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Abb. 3: Bestimmung der Kinetik der Hydrolyse
von p-Nitrophenylacetat. A: Gemessene pHÄnderung und mit dem Modell berechnete
Konzentration von p-Nitrophenylacetat. B:
Vergleich der simulierten mit den gemessenen
pH-Werten
ponentenmessung zu ermöglichen. Weiterhin sind optische Sensoren unempfindlich
gegenüber elektromagnetischen Einflüssen
und sind gut miniaturisierbar und sterilisierbar. Nachteile sind vor allem der Störeinfluss
von hohen und niedrigen Ionenstärken, organischen Lösungsmitteln und Proteinen,
sowie der kleine dynamische Bereich von 24 pH-Einheiten im Gegensatz zu der Glaselektrode.
In der Literatur beschriebene Fluoreszenz-pH-Indikatoren sind 8-Hydroxypyren3,6,8-trisulfonsäure (HPTS), Acridine,
Naphthylderivate, Coumarine und Fluoresceinderivate. Die pH-abhängige Änderung
der Intensität beruht auf den unterschiedlichen Fluoreszenzeigenschaften der deprotonierten und der protonierten Form des
sensitiven Moleküls. Bei der bisherigen
Entwicklung der Platten wurde Carboxyfluorescein verwendet, welches eine gute
Abb. 4: Fließmuster bei Zugabe von 0.1N
Natronlauge mittels einer piezoelektrischen
Nanoliterpumpe
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Einbindung des Fluorophors in das Polymer
ermöglicht. Als Referenzsubstanzen wurden
ein Ruthenium-Komplex bzw. LissaminTM
eingesetzt. Beide wurden entweder eingebettet oder kovalent an ein Polymer gekoppelt.
Die zur Zeit verwendeten Platten (Abb.
1) sind im Bereich von pH 5-8 einsetzbar.
Durch die Verwendung des ratiometrischen
Prinzips beträgt die durchschnittliche Abweichung 0.03 pH-Einheiten zwischen den
einzelnen Wells. Zur Beschreibung der sigmoidalen Abhängigkeit der Fluoreszenzintensität vom pH-Wert eignet sich die Boltzmann-Näherung.
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(2)
Dabei ist Ir,0 das Intensitätsverhältnis in
Abwesenheit von Sauerstoff, IR das Intensitätsverhältnis bei der aktuellen Gelöstsauerstoffkonzentration [O 2]aq und K SV die
Stern-Volmer-Konstante des Sensors. Zur
Kalibrierung der Sensorplatten führt man
eine Zwei-Punkt-Eichung mit sauerstofffreier ([O 2 ]aq=0) und gesättigter Lösung
([O2]aq=[O2]*aq) durch.
Technische Herstellung
(1)
Der pH-Wert pH entspricht dabei dem
x-Wert und das gemessene Intenstitätsverhältnis IR (Verhältnis zwischen Indikatorund Referenzintensität) dem y-Wert. A1 und
A2 beschreiben die Intensitätswerte bei sehr
niedrigen und sehr hohen pH-Werten, x0 ist
der pH-Wert am Wendepunkt der Kurve, der
ungefähr dem pKs-Wert entspricht. dx ist ein
Maß für die Steigung der Kurve am Wendepunkt. Zur Kalibrierung verwendet man
Puffer verschiedener pH-Werte in einem
pH-Bereich, der die ganze Kurve umfasst.
Eine umfassende Kalibrierung mit mindestens fünf Puffern ist nur zur Kalibrierung
auf das Gerät nötig, zur weiteren Verwendung der Platte reicht die Kontrolle durch
ein bis zwei Pufferlösungen pro Platte aus.
Sauerstoffplatten
Das Prinzip der Messung mittels der integrierten Mikrotiterplatten ist das der dynamischen
Lumineszenzlöschung. Dabei nimmt die
Fluoreszenzintensität in Abhängigkeit von
der Zunahme der Sauerstoffkonzentration ab.
Der im Grundzustand als Triplett vorliegende Sauerstoff wird durch strahlungslosen Energietransfer von dem fluoreszierenden Molekül auf das Sauerstoffmolekül in den energiereicheren Singulett-Zustand überführt.
Das sensitive Fluorophor fällt dadurch in den
Grundzustand zurück. Verwendet wurden
verschiedene Ruthenium-Komplexe und
Porphyrinderivat-Komplexe als Sauerstoffsensitive Indikatoren. Als Referenzfluorophor
wurden verschiedene Rhodamine und LissaminTM verwendet. Der Nachteil der Optoden
gegenüber der Clark-Elektrode, die in der
heutigen Analytik vorwiegend eingesetzt
wird, ist der nichtlineare Zusammenhang
zwischen dem gemessenem Signal und der
Sauerstoffkonzentration in der darüberstehenden Lösung. Die Abhängigkeit der Intensität von der Gelöstsauerstoffkonzentration
kann jedoch anhand der Stern-Volmer-Gleichung beschrieben werden.
Die Mikrotiterplatten wurden durch
Aufbringen eines gelösten Cocktails beschichtet. Vorteil dieser Methode ist die Verwendbarkeit von herkömmlichen Mikrotiterplatten. Ein mögliches Problem stellt jedoch die mangelnde Kompatibilität von Platte und Sensormatrix oder des verwendeten
Lösungsmittels dar.
Der Sensorcocktail, bestehend aus einer
Mischung aus je zwei Fluorophoren, der
Substanz zur optischen Isolierung und des
gelösten Polymer, wird mittels eines Pipettierroboters in jedes einzelne Well pipettiert.
Zur Herstellung kleiner Spots müssen die
Pipettiernadeln bei der Auftragung auf den
Boden der Wells aufsetzen. Da jede Mikrotiterplatte kleine Unebenheiten aufweist, ist
eine Federung dieser Nadeln nötig. Weiterhin kommt es, insbesondere bei den Sauerstoffplatten, durch Bestandteile des Sensorcocktails zu Dispensierproblemen. Durch
eine Teflonbeschichtung der Pipettiernadel
und mehrmaligen Spülen der Nadeln wird
das Anhaften von Cocktailbestandteilen vermieden. Eine Sedimentation von Sensorbestandteilen kann durch ständiges Rühren im
Vorlagengefäß vermieden werden. Auch
während des Trocknungsprozesses kann es
zu Sedimentationen von Cocktailbestandteilen kommen. Daher wurde zur Trocknung
des applizierten Spots eine Apparatur entwickelt, die eine gleichmäßige und reproduzierbare Beschichtung der Platten gewährleistet.
Enzymkinetik: Methoden, Modelle,
Simulationen
pHdyn-Methode
Enzymkinetiken können über die Bestimmung der pH-Änderung in Abhängigkeit von
der Produktumsetzung bestimmt werden.
Spektroskopische Methoden zur Bestimmung von Enzymumsetzungen mittels löslicher pH-Indikatoren sind bereits in der Literatur beschrieben worden (Janes et al., 1998).
Als Modellreaktion wurde die Verseifung
von 4-Nitrophenylacetat mittels Penicillina-
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cylase aus E. coli (EC 3.5.1.11) benutzt (Abb. 2). Zur Bestimmung
wurden zum einen gelöster zum anderen immobilisierter Indikator
benutzt. Bei der Bestimmung mit Hilfe von gelösten Indikator,
Bromthymolblau, wird die pH-Änderung mittels Absorptionsmessung bestimmt (John und Heinzle, 2001). Bei der Verwendung der
beschichteten Mikrotiterplatten wird die Änderung fluorimetrisch
verfolgt. Der pH-Wert entspricht bei beiden Methoden einer Funktion von Umsetzung, Puffertyp und -konzentration. Der Assay wird
analog den Küvettenassays mit kleineren Volumina und veränderten Pufferkonzentrationen durchgeführt. Mittels geeigneter Ionenbilanzen werden die aus den Intensitäten ermittelten pH-Werte in
Produktkonzentrationen umgerechnet. Die Ergebnisse der Kinetikstudien stimmen gut mit denen konventioneller Assays überein.
Zur Simulation der dynamischen Umsetzungen wurden Modelle entwickelt und mit Hilfe von MATLAB (Mathworks Software)
durchgeführt. Die verwendete Modellreaktion folgt der MichaelisMenten-Kinetik.
(3)
Ionenbilanzen werden zur Berechnung des pH-Wertes verwendet. Durch Massenbilanzen und geschätzte Kinetikdaten werden
die Konzentrationsverläufe von Substraten und Produkten berechnet. Bei der Modellierung wurde der Einfluss von Kohlendioxid
durch Verwendung einer entsprechenden Bilanzgleichung berücksichtigt. Durch Variation von KM, kcat und S0 wird die Abweichung
zwischen den experimentellen und den simulierten pH-Werten minimiert (Abb. 3). Die simulierten Kinetikdaten stimmen gut mit
mittels klassischer Methoden gemessenen Werten überein (John,
2001).
Mischverhalten
Eine weitere Möglichkeit die Enzymaktivität zu bestimmen ist
die pHstat-Methode. Zur Konstanthaltung des pH-Wertes müssen
Lauge oder Säure zugegeben werden. Über die zugegebene Menge
an Lauge oder Säure kann die Substratumsetzung ermittelt werden.
Der sich nur in engen Grenzen verändernde pH-Wert ist ein Vorteil
der pHstat-Methode, da sich die Enzymaktivität in Abhängigkeit
vom jeweiligen pH-Wert ändert. Bei konventionellen Enzymassays
ist dies nicht von Bedeutung, da dort Pufferkapazitäten eingesetzt
werden, die ausreichen um den pH-Wert praktisch konstant zu halten. Zur Regelung des pH-Wertes ist die Zugabe kleiner Volumina
nötig. Um die Mischzeiten und das Ansprechverhalten zu bestimmen wurden Vorversuche durchgeführt. Diese zeigten, dass das
Mischen länger dauert als zunächst vermutet. Daher wurde das
Mischverhalten experimentell untersucht.
Visuell wurde das Mischverhalten mittels einer Videokamera
beobachtet um das qualitative Fließmuster zu bestimmen und daraus erste Abschätzungen über örtlich hohe Konzentrationen und
Mischzeiten zu erhalten. Die Natronlauge wurde hierbei mit Hilfe
der piezoelektrischen Nanoliterpumpe zu einer schwach gepufferten Lösung gegeben. Das Muster konnte durch die Verfärbung des
zugesetzten Thymolphthalein beobachtet werden. Ein Beispiel eines Fließmusters ist in Abb. 4 zu sehen. Hohe Konzentrationen,
angezeigt durch dunkel gefärbte Regionen, konnten nur für wenige
Sekunden beobachtet werden. Für den weiteren Verlauf der Vermischung waren leicht gefärbte Schlieren charakteristisch.
Zur quantitativen Bestimmung der Mischzeiten wurde die Vermischung fluorimetrisch verfolgt. Diese wurden hierbei als t90 ermittelt und sind definiert als der Zeitpunkt ab dem alle weiteren
Messwerte innerhalb des Intervalls 10 % des mittleren Endwertes
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Sauerstofftransfer
Abb. 5: Beispiel für die Intensitätskurven bei
Zugabe kleiner Mengen Natronlauge und
Detektion mittels gelösten und immobilisierten
Indikator
liegen. Zur Detektion wurde neben der Sensorplatte ein gelöster Indikator, Hydroxypyren-trisulfonsäure (HPTS), verwendet. Die
Intensitätsmessung entspricht bei Verwendung von HPTS dem integralen pH-Wert
über das ganze Well, bei Verwendung des
Sensor entspricht sie dem pH-Wert am Boden des Wells. Oft konnte ein Überschwingen der Intensitätskurve beobachtet werden,
insbesondere unter Verwendung des gelösten Indikators. Ein Beispiel für die beobachteten Intensitätskurven ist in Abb. 5 zu
sehen. Die ermittelten Mischzeiten t90 hängen von der Zugabeart, dem Zugabevolumen und den Schüttelbedingungen (Frequenz und Dauer pro Zyklus) bzw. der
Nachspülhäufigkeit ab und dauern bis zu
über 10 min. Beobachtete Trends sind die
Abnahme von t90 bei Zunahme der Zyklusschütteldauer bzw. Zunahme der Nachspülhäufigkeit. Die ermittelten Mischzeiten und
die beobachteten Fließmuster deuten darauf hin, dass die pH-Regelung in Mikrotiterplatten bei entsprechend langsamen Prozessen möglich ist. Zur Etablierung eines
Reglers wurde ein Mischmodell entwickelt.
Zur Messung von Enzymkinetiken mittels
Sauerstoffdetektion ist die Bestimmung des
Sauerstofftransferkoeffizienten kLa wichtig.
Zur Bestimmung der kLa-Werte wurde die
dynamische Methode benutzt. Variiert wurden hierbei das Füllvolumen, die Schüttelzeit pro Zyklus, die Schüttelfrequenz und
die Schüttelbewegung. Somit war es möglich den Massentransportkoeffizienten kL
und die spezifische Austauschfläche a getrennt zu bestimmen. Zur Bestimmung der
Sauerstoffaufnahmerate wird der Sauerstoff
mit Hilfe von Natriumdithionit aus der Lösung entfernt und danach die Zunahme der
Sauerstoffkonzentration beobachtet (Abb.
6a). Nach Integration der Sauerstoffbilanzierung kann man einen linearen Zusammenhang zwischen dem Logarithmus der Sauerstoffkonzentration und dem Sauerstoftransferkoeffizienten beobachten:
(4)
Bei der Auftragung von ln ([O 2]* aq–
[O2]aq) gegen die Zeit t entspricht die Steigung dem negativen kLa (Abb. 6b).
Bei der Untersuchung der Abhängigkeit
des kLa-Wertes vom Füllvolumen konnte
beobachtet werden, dass der Sauerstofftransferkoeffizient mit zunehmendem reziproken Volumen linear ansteigt. Die Auftragung des kLa gegen das reziproke Volumen zeigt ein direkt proportionales Verhalten zwischen Stofftransport und reziprokem
Volumen, wie aufgrund der theoretischen
Überlegungen zu erwarten war.
Die Schüttelzeit pro Zyklus wurde variiert um den Sauerstoffeintrag bei ununterbrochenen Schütteln und die für die Kultivierung von Zellen wichtige OTR max
(Oxygen Transfer Rate) abzuschätzen. Die
ermittelten OTRmax-Werte betragen bis zu
Abb. 6: Bestimmung des Sauerstoffeintrages in Mikrotiterplatten, links: Verlauf der Sauerstoffkonzentration nach Zugabe von Natriumthiosulfat, rechtes Bild: Auftragung der integrierten Sauerstoffbilanz:
ln([O2] * aq – [O2]aq) gegen die Zeit, hierbei entspricht die Steigung der Geraden dem Sauerstofftransferkoeffizienten kLa
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ca. 7.5 mmol/l/h. Auch der Maximalwert
liegt um ein 10- bis 150-faches unterhalb
des in Bioreaktoren üblichen Wertes (Moser, 1988). Die zu erzielende Sauerstoffaufnahmerate ist nur bedingt ausreichend für
die Kultivierung von Mikroorganismen. Für
tierische Zellen ist der Sauerstoffeintrag
ausreichend (Eyer et al., 1995).
Autodisplay
In diesem Teilprojekt wird mit Hilfe eines neuen, sehr effizienten Surface-DisplaySystems in Escherichia coli („Autodisplay„)
eine bereits charakterisierte und kloniert
vorliegende Esterase aus Burkholderia gladioli (Schlacher et al., 1998) evolutiv an eine
gewünschte, enantioselektive Reaktion angepasst. Der evolutive Ansatz (Abb. 7) besteht darin, dass das Enzym in dem Bereich,
der für die Substratspezifität verantwortlich
ist, zufallsvariiert wird (Variation) und anschließend aus der Vielzahl an entstandenen
Varianten diejenigen identifiziert werden,
die eine vorgegebene Reaktion durchzuführen in der Lage sind (Selektion). Der innovative Ansatz besteht darin, diese Variation
des Enzyms an der Oberfläche von Bakterienzellen durchzuführen, wobei jede Zelle
eine definierte Variante in hoher Kopienzahl
trägt. Dadurch ergibt sich der Vorteil, mit der
korrekten Enzymvariante deren klonalen
Produzenten zu isolieren, was u.a. ermöglicht über das entsprechende Gen Aufschluss über die Struktur zu erhalten. Ein
weiterer Vorteil ist, dass man mit ganzen
Zellen arbeiten kann. Dadurch entfällt zum
einen die Präparation des Enzyms (also ein
bis mehrere aufwändige Zwischenschritte)
und zum anderen wird man unabhängig von
der Membrangängigkeit des eingesetzten
artifiziellen Substrates. Darüber hinaus bietet das hier angewendete Autodisplay System die zusätzliche Option, die neu erzeugte Variante anschließend durch Sekretion in
sehr reiner Form produzieren zu können
(Maurer et al., 1997).
Eine besonders elegante Lösung zum
Surface-Display und zur Sekretion von Proteinen in Gram-negativen Bakterien bietet
die Familie der sogenannten Autotransporter Proteine (Jose et al., 1995). Es handelt
sich dabei um sogenannte Ein-Komponenten-Transporter, d.h. diese Proteine werden
von der Zelle als Vorläufermoleküle synthetisiert, denen alle Information zur Sekretion mitgegeben sind. Der Vorläufer besteht
aus einem N-terminalen Signalpeptid, das
beim Transport über die innere Membran
abgespalten wird, dem natürlichen Passagier, einer Verbindungsregion („Linker„)
und am C-Terminus aus der eigentlichen
Autotransporterdomäne. Diese faltet sich
als Porin-ähnliche Struktur, als sogenanntes β-Fass in die äußere Membran ein und
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entlässt dadurch den Passagier an die Oberfläche (Abb. 8). Durch Ersatz der kodierenden Region für den natürlichen Passagier
mit der für ein anderes Protein, kann dieses rekombinante Protein mit Hilfe des gleichen Mechanismus an die Zelloberfläche
gebracht werden (Maurer et al., 1997, Lattemann et al., 2000, Jose et al., 2001). In
Abhängigkeit des Protease-Repertoires der
Wirtszelle wird dieser rekombinante Passagier dann in den Überstand entlassen (Sekretion) oder bleibt mit der Oberfläche verhaftet, was wir als „Autodisplay“ bezeichnet haben (Jose et al., 1996, Maurer et al.,
1997). Besonders effizient – mit einem Anteil von bis zu 5 % des rekombinanten Proteins am Gesamtzellprotein oder mehr als
100.000 Kopien pro Zelle – funktioniert dieses System, wenn man zum Transport eine
E. coli-Autotransporterdomäne in E. coliWirtsstämmen verwendet (Maurer et al.,
1997, Jose et al., 2001). Darüber hinaus
scheint die Größe des rekombinanten Passagiers keinen Einfluss auf die Effizienz der
Oberflächenexpression zu haben, was ein
Vorteil des „Autodisplays“ gegenüber dem
für ähnliche Fragestellungen eingesetzten
„Phage-Display“ sein kann. Erklärlich wird
dies dadurch, dass es sich bei den natürlichen Passagieren von Autotransporterproteinen in der Regel um große Proteine (>
60 kDa) handelt (Jose et al., 1995).
Im vorliegenden Projekt wird die kodierende Region für die Esterase aus B. gladioli über PCR mit denen für das Autodisplay notwendigen Genregionen verknüpft.
Anschließend wird der Transport des dadurch kodierten Fusionsproteins an die
Zelloberfläche von E. coli verfolgt und untersucht, ob die oberflächenständigen Enzymmoleküle katalytisch aktiv sind und
ihre typischen Parameter zeigen. Im Anschluss daran wird über „error-prone“-PCR
eine Zufallsvariation der oberflächenständigen Esterase durchgeführt. Die so entstandenen Enzymvarianten werden mit den
entwickelten pH-sensitiven Mikrotiterplatten auf die Katalyse einer vorgegebenen
Reaktion getestet. Der Vorteil der in unserem Fall eingesetzten Esterase ist zum einen ihre hohe Stabilität und zum anderen
das schon von Natur aus breite Substratspektrum. Als Modellreaktionen dienen die
Esterhydrolyse von Linalylacetat und die
Acetatabspaltung von Cephalosporin C. Bei
der Hydrolyse von Cephalosporin C entsteht das Ausgangsprodukt für semisynthetische Antibiotika.
Ist diese Strategie zur „directed evolution“ eines Biokatalysators unter Vorgabe einer bestimmten Reaktion wie in dem vorliegenden Beispiel erfolgreich, so bietet sich
die Option, sie generell und in vielfältiger
Weise für ähnliche Problemlösungen einzusetzen.
Ausblick
Im weiteren Verlauf des Projektes soll
die Produktion der Mikrotiterplatten auf die
Beschichtung von Flachbodenplaten und
384er Mikrotiterplatten erweitert werden.
Die pH-Regelung innerhalb eines Readers
wird etabliert. Die bisher entwickelten
Screeningmethoden werden erweitert und
optimiert. Weiterhin steht die Optimierung
des Autotransportersystems und der Modellesterase an.
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Erich Schmidt Verlag, Berlin.
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. E. Heinzle
Universität des Saarlandes
Technische Biochemie
Im Stadtwald, Geb. 2
D-66123 Saarbrücken
Tel.: 0681-302 2905
Fax: 0681-302 4572
eMail: [email protected];
http://www.uni-saarland.de/fak8/heinzle/
Abb. 8: Surface Display mit Hilfe des Autotransporter Sekretionsmechanismus
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Tino Polen, Doris Rittmann, Dr. Volker F.
Wendisch, Prof. Dr. Hermann Sahm, IBT I,
Forschungszentrum Jülich
Daniel Weber, Dr. Kerstin Sahm, Prof. Dr.
Garabed Antranikian, Technische Mikrobiologie, TU Hamburg-Harburg
Prof. Dr. Jörg Müller, Mikrosystemtechnik,
TU Hamburg-Harburg
Einsatz von DNA-Chips zur Optimierung
biotechnologischer Prozesse
Das hier beschriebene Projekt im Verbund
Biokatalyse besteht aus vier Partnern, die
es sich zum Ziel gesetzt haben, den Einsatz
von DNA-Chips als unterstützendes
Instrument zur Optimierung und Qualitätskontrolle biotechnologischer Prozesse zu
etablieren. Als Modell für die Optimierung
von Fermentationsprozessen mittels
genomweiter Expressionsanalyse wurde
der Acetat-Überflussmetabolismus in
Escherichia coli ausgewählt, der sich
störend auf alle biotechnologischen
Prozesse mit E. coli auswirkt. Nach
erfolgreicher Herstellung eines GenomChips für E. coli wurde dieser zur Validierung für die Untersuchung der Genexpression bei Phosphatmangel eingesetzt. Es
zeigte sich, dass alle als phosphatestarvation-inducible beschriebenen Gene
auch ein erhöhtes Signal auf dem Chip
aufwiesen. Mit dem validierten Genomchip
wurde weiterhin der Einfluss einer erhöhten Acetat-Konzentration auf das Genomexpressionsmuster bestimmt. Darüber
hinaus wird eine Oligonukleotid-ChipHybridisierung zur Identifizierung von
Bakterien etabliert und eine elektronische
Kontrolleinheit zur Stringenzkontrolle der
Hybridisierung entwickelt. Die Entwicklung
eines kostengünstigen Druckers, der eine
on-chip-Oligonukleotidsynthese erlaubt,
soll die DNA-Chiptechnologie für einem
breiten Kreis von Anwendern attraktiv
machen.
Einleitung und Fragestellung
쑺 Die DNA-Chip-Technologie steht noch
am Anfang ihrer Entwicklung, aber schon
heute wird prognostiziert, dass sie als Technik ähnlich revolutionäre Veränderungen
bringen wird, wie z.B. die PCR-Technologie. DNA-Chips bieten mit der Parallelisierung, Miniaturisierung und Automation der
für die Gentechnologie klassischen Hybridisierungsmethoden (Johnston, 1998) eine
Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten.
Mit DNA-Chips können in der für eine klassische Hybridisierungsanalyse benötigten
Zeit parallel bis zu 10.000 solcher Analysen
durchgeführt werden.
Insbesondere die in immer kürzerer Zeit
bereitgestellten Genomsequenzen schaffen
einen hohen Bedarf an weiterführenden
Hybridisierungsanalysen. Derzeit sind die
Genome von mindestens 51 Mikroorganismen sequenziert (GenBank www.ncbi.
nlm.nih.gov/PMGifs/Genomes/micr.html,
Stand Mai 2001), darunter das Genom des
bakteriellen Modellorganismus Escherichia
coli. Die Genom-Sequenzierungsprojekte
vervielfältigen das Wissen über die genetische Information von biotechnologisch relevanten Organismen rasant (Watson, 1993),
lassen jedoch gleichzeitig einen erheblichen
Bedarf an der funktionellen Charakterisierung der Gene entstehen, da aus der Struktur eines Gens in der Regel nicht auf dessen Funktion geschlossen werden kann. Die
funktionelle Genom-Analyse ist eine Aufgabe für die Zukunft, zu deren Bewältigung
es der Entwicklung und des Einsatzes von
Technologien bedarf, die einen hohen
Durchsatz und paralleles Arbeiten erlauben,
Eigenschaften wie sie insbesondere von der
DNA-Chip-Technologie geboten werden
(Johnston, 1998).
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Neben den durch die Parallelisierung
und Miniaturisierung bedingten rein quantitativen Vorteilen eröffnen die DNA-ChipAnalysen auch qualitativ eine neue Ebene
bei der funktionellen Charakterisierung von
Genen. Die Expression der Gene eines Organismus hängt auch von den Umwelteinflüssen, bei Mikroorganismen z. B. vom
Nährstoffangebot, pH oder der Temperatur,
ab. Während sich klassische Genexpressionsstudien modellhaft auf ein oder wenige
Gene konzentriert haben, ermöglicht der
Einsatz von DNA-Chips die Gewinnung von
Genexpressionsdaten für das gesamte zelluläre Genom. Durch die ganzheitliche Analyse der Genexpression eines Organismus
ergibt sich ein neues, im reduktionistischen
Ansatz nicht erfassbares Verständnis der Regulation der Genexpression. Für biotechnologische Prozesse, in denen Zellen als Biokatalysatoren wirksam sind, vertieft der Einsatz der neuen DNA-Chip-Technik das Wissen über zelluläre Zusammenhänge und bietet damit ein großes Potenzial zur Optimierung dieser biotechnologischen Prozesse.
Auch für andere Anwendungsbereiche
bieten DNA-Chips entscheidende Vorteile.
So wurden sie für Sequenzierungen, die
Genotypisierung von Organismen und Genexpressionsversuche im F&E-Bereich sowie
für ausgewählte Anwendungen im Bereich
der medizinischen Diagnostik bzw. für das
Screening nach neuen pharmazeutischen
Wirkstoffen, für on-chip-PCR und zur Untersuchung von Biodiversität genutzt (Drmanac et al., 1998; Vahey et al., 1999; Holstege
et al., 1998, Brandstetter et al., 2001, Guschin
et al., 1997). Exemplarisch konnte damit die
Eignung der DNA-Chips für verschiedenste Einsatzfelder gezeigt werden. Das große Potenzial dieses Hochdurchsatz-Screening-Instruments liegt jedoch besonders in
der Routineanwendung. So bleibt es eine
Herausforderung für die Zukunft, den
DNA-Chip als Routineinstrument in biotechnologische Prozesse zu integrieren.
Es gibt zwei verschiedene Arten von
DNA-Chips, die Oligonukleotid-Chips und
die DNA-Fragment-Chips. Beiden gemein
ist die mikroskopische, feldförmige Anordnung von DNA-Molekülen auf inerten
Oberflächen (z.B. Glas oder Plastik). Jedes
DNA-Molekül leitet sich von einem Gen ab.
Sind die auf dem Chip immobilisierten
DNA-Moleküle kurz (15 bis 60 Nukleotide)
und einzelsträngig, so spricht man von einem Oligonukleotid-Chip, wohingegen
Chips mit langen, doppelsträngigen DNAMolekülen (100 bis 4.000 Basenpaare) als
DNA-Fragment-Chips bezeichnet werden.
Die Herstellung von Oligonukleotid-Chips
kann über zwei Verfahren erfolgen, den
Druck bereits synthetisierter Oligonukleotide auf die vorbereitete Glasoberfläche oder
durch in situ -Synthese direkt auf dem Chip.
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Die in situ -Synthese der Oligonukleotide basiert im wesentlichen
auf einer Kombination von Festphasen-Chemie, photolabilen
Schutzgruppen und photolithographischen Masken (Fodor et al.,
1991). Die Herstellung der photolithographischen Masken ist sehr
kostenintensiv und dem Vorteil der Replizierbarkeit steht das Fehlen der Flexibilität bei der Umgestaltung von Oligochips gegenüber.
Es ergibt sich für die Herstellung von Oligonukleotid-Chips der
Bedarf an flexibleren und kostengünstigeren Herstellungsverfahren, gerade um Anwendungsbereiche außerhalb der Forschung und
Entwicklung zu erschließen.
Die Herstellung von DNA-Fragment-Chips umfasst keine in situSynthese, die ungefähr 100 bis 4.000 Basenpaare langen DNA-Moleküle werden zuerst synthetisiert (in der Regel über PCR) und dann
auf die Trägeroberfläche transferiert und immobilisiert. Die Trennung des Synthese- vom Immobilisierungsschritt ermöglicht eine
flexible Gestaltung der DNA-Fragment-Chips. Allerdings ist die Replizierbarkeit des Verfahrens begrenzt, die Herstellung erfolgt im
Batch-Verfahren mit Stückzahlen von maximal 500 bis 1000. DNAFragment-Chips erlauben eine einfache und spezifische Hybridisierung, zu deren Optimierung im Vergleich zu Oligonukleotid-Chips
nur wenig Aufwand betrieben werden muss. Allerdings limitiert die
Kreuzhybridisierung sehr ähnlicher DNA-Sequenzen die Anwendung in der Genotypisierung z.B. von pathogenen Mikroorganismen (z.B. unterscheiden sich einige Antibiotika-resistente und -sensitive Stämme des Tuberkulose-Erregers Mycobacterium tuberculosis
nur durch einzelne Basenpaaraustausche eines Gens; Piatek et al.,
1998). Zur funktionellen Analyse eines komplexen Systems wie dem
Genom einer mikrobiellen Zelle eignet sich der DNA-FragmentChip aufgrund von Spezifität und Robustheit sehr gut.
Das hier vorgestellte Projekt wird von vier Partnern bearbeitet.
Es widmet sich dem Einsatz von DNA-Chips zur Optimierung biotechnologischer Prozesse hinsichtlich ihrer Raum/Zeit-Ausbeute. Es
werden einerseits DNA-Fragment-Chips für die genomweite Expressionsanalyse biotechnologisch interessanter Mikroorganismen
insbesondere E. coli mit dem Ziel der Optimierung dieser Mikroorganismen für die Produktion eingesetzt (Forschungszentrum Jülich)
und andererseits Oligonukleotid-Chips für die mikrobiologische
Reinheitskontrolle in biotechnologischen Prozessen etabliert (Technische Mikrobiologie, TU Hamburg-Harburg). Des weiteren soll ein
neuartiges Drucksystem entwickelt werden, um eine kostengünstige in situ-Synthese von Oligonukleotid-Chips zu ermöglichen (Mikrosystemtechnik, TU Hamburg-Harburg). Der Projektpartner SLS
µ-Technologies wird die Industrialisierung des neuentwickelten
Druckers übernehmen.
61
Abb. 1: Vorgehen bei der genomweiten Expressionsanalyse mit DNA-Chips.
Im Beispiel wird RNA aus dem C. glutamicum-Wildstamm isoliert und in einer
Reversen Transkriptionsreaktion mit Zufallsprimern und grünfluoreszenten
Nukleotidanaloga markiert. Die RNA aus einem C. glutamicum Lysin-Produktionsstamm wird entsprechend rot-fluoreszierend markiert. Nach der Hybridisierung mit dem C. glutamicum-Genom-DNA-Chip zeigen rote Hybridisierungssignale erhöhte RNA-Spiegel im Lysinproduktionsstamm im Vergleich
zum Wildstamm für dieses Gen an. Entsprechend zeigen in diesem Vergleich
grüne Signale verringerte und gelbe Signale unveränderte RNA-Spiegel an.
sitzt. Für ein Drittel davon lässt sich kein Funktionsvorschlag machen (Blattner et al.,1997). DNA-Chip-Analysen erlauben nun den Expressionsstatus all dieser Gene parallel zu bestimmen. Die Arbeitsgruppe von Prof Dr. F. Blattner hat Primer-Paare zur PCR-Amplifikation aller Gene von E. coli entworfen (kommerziell erhältlich bei Sigma-Genosys). In der Jülicher Arbeitsgruppe wurden die Gene des E.
coli-Genoms mittels PCR amplifiziert. Für ca. 96% der Gene wurden
in der sich anschließenden Gelelektrophorese Identität, Reinheitsgrad und eine für die DNA-Chip-Herstellung ausreichende Menge
Genomweite Expressionsanalysen im Modellorganismus
Escherichia coli
Escherichia coli ist nicht nur ein bakterieller Modellorganismus,
sondern wird auch in biotechnologischen Prozessen zur Produktion
von z.B. Aminosäuren eingesetzt. Die aerobe, unter Überschuss von
Kohlenstoff- und Energiequelle stattfindende Aminosäureproduktion kann als Überflussmetabolismus bezeichnet werden. Die DNAChip-Technik bietet die Möglichkeit, erstmals den Expressionsstatus
aller Gene eines Organismus gleichzeitig zu bestimmen (DeRisi et al.,
1997; Wodicka et al., 1997). Ein physiologischer Zustand, z.B. der Überflussmetabolismus, kann damit auch detailliert auf Ebene der Expression beschrieben werden. Solche genomweiten Expressionsanalysen
(s. Abb. 1) gewähren neue Einblicke in zelluläre Regulationsvorgänge
sowie neue Ansätze zur Optimierung biotechnologischer Prozesse.
DNA-Chips für genomweite Expressionsanalysen in E. coli
Die Sequenzierung und Annotation des Genoms von E. coli hat
ergeben, dass dieser Organismus 4-290 Protein-kodierende Gene be-
Abb. 2: Scatter-Plot-Darstellung der Hybridisierungssignale eines Vergleiches genomischer DNA (a) und einer genomweiten Expressionsanalyse (b).
Genomische DNA aus den E. coli-Stämmen MG1655 und LJ110 wurden rotbzw. grünfluoreszierend markiert und mit dem E. coli-Genom-DNA-Chip
hybridisiert (a). Für jedes Gen ist die normierte Rot- und Grün-Fluoreszenz
dargestellt (schwarze Punkte). Gene mit gleichen Signalintensitäten finden
sich auf der Winkelhalbierenden. Die schwarzen Linien zeigen zweifach
erhöhte bzw. zweifach verringerte Signalintensitäten an. In einer genomweiten Expressionsanalyse wurde RNA aus E. coli MG1655 bei Anzucht unter
Phosphatmangel isoliert und rotfluoreszierend markiert bzw. bei ausreichender Phosphatversorgung isoliert und grünfluoreszierend markiert und
anschließend mit dem E. coli-Genom-DNA-Chip hybridisiert. Die Hybridisierungssignale (schwarze Rauten) von Genen, deren Expression sich nicht
verändert hat, liegen auf der Winkelhalbierenden. Bei mehr als zweifach
erhöhtem RNA-Spiegel finden sie sich im rotmarkierten Segment und bei
mehr als zweifach verringertem RNA-Spiegel im grünmarkierten Segment.
Biokatalyse
62
festgestellt. Nach anschließender Konzentration durch Ethanolpräzipitation wurden die
PCR-Produkte mit dem Jülicher DNA-ChipRoboter in feldförmiger Anordnung auf modifizierte Glasoberflächen übertragen und immobilisiert. Dabei wurde nach dem an der
Stanford University entwickelten Verfahren
vorgegangen (Schena et al., 1995). Zur Verifizierung der E. coli-Genom-Chips wurde genomische DNA der nah verwandten Stämme
MG1655 und LJ110 rot- bzw. grünfluoreszent
markiert und mit dem E. coli-Genom-Chip
hybridisiert (Abb. 2a). In dieser Analyse genomischer DNA kann für 96 bis 98% der Gene
auf dem DNA-Chip ein Hybridisierungssignal bestimmt werden (Signal-Rausch-Verhältnis größer oder gleich 3). Für einige Gene
wurde ein deutlich erhöhtes Hybridisierungs-
S O N D E R A U S G A B E
durchgeführt werden. Zur Validierung der genomweiten Expressionsanalyse mit E. coliGenom-DNA-Chips wurden die Expressionsmuster von E. coli MG1655-Zellen bestimmt,
die entweder unter ausreichender Phosphatversorgung oder unter Phosphatmangelbedingungen kultiviert wurden (Abb. 2b). In dieser Analyse konnte für 74% der Gene ein Hybridisierungssignal ermittelt werden, diese
Gene werden unter den oben genannten Bedingungen exprimiert. Für 36% der Gene lag
das Signal mehr als dreifach über dem Hintergrund und für diese konnte ein Expressionsverhältnis quantifiziert werden. Bei Phosphatmangel wiesen im Vergleich zum Wachstum bei ausreichendem Phosphatangebot ca.
5% der Gene erhöhte und 6% der Gene verringerte RNA-Spiegel auf (s. Abb 2b). Gene
bzw. Operons, die für E. coli als phosphatestarvation-inducible (psi) beschrieben wurden
(Metcalf et al., 1990), zeigten in dieser Analyse ausnahmslos erhöhte RNA-Spiegel bei
Phosphatmangelbedingungen. Dies wird in
der Genome-Map-Image-Analyse der Expressionsdaten besonders deutlich (Abb. 3).
Untersuchung differentieller
Genexpression in Anwesenheit des
Überflussmetaboliten Acetat
Abb. 3: Ausschnitte der Genome-Map-ImageDarstellung einer DNA-Chip-Analyse. Die
Hybridisierungssignale einer genomweiten
Expressionsanalyse von E. coli (Rot-Fluoreszenz
bei Phosphat-limitierenden Bedingungen und
Grün-Fluoreszenz bei ausreichender Phosphatversorgung) wurden anhand der Anordnung der
Gene im Genom rearrangiert (Gene, die nicht auf
dem DNA-Chip vorhanden sind, sind grau
dargestellt). Die Ausschnitte zeigen die Positionen auf dem E. coli-Chromosom, die Transkriptionsrichtung und die Hybridisierungssignale von
Operons, die bei Phosphatmangel verstärkt
exprimiert werden, und als Kontrolle die des
nicht phosphat-abhängig regulierten rpsLG-fusAtufA Operons.
signal im Stamm MG1655 bestimmt (Abb.
2a). Diese Gene sind wahrscheinlich im
Stamm LJ110 deletiert oder im Stamm
MG1655 amplifiziert (Ochman & Jones, 2000,
haben beschrieben, dass 82 Gene im Stamm
MG1655, nicht aber im Stamm W3110 vorkommen.).
Genomweite Expressionsanalysen mit
DNA-Fragment-Chips bzw. DNA microarrays sind für E. coli etabliert worden (Khodursky et al., 2000; Zimmer et al., 2000; Wendisch et al., 2001) und können auch mit Nylonmembranen (Richmond et al., 1999) oder
Oligonukleotid-Chips (Selinger et al., 2001)
In aerob wachsenden E. coli-Kulturen
kommt es bei ausreichendem Angebot bezüglich der Kohlenstoff- und Energie-Quelle
häufig zur Ausscheidung von Intermediaten
des Zentralstoffwechsels, vor allem von Acetat. Dieser Acetat-Überflussmetabolismus
wirkt sich störend auf alle biotechnologischen Prozesse mit E. coli aus, bei denen
einerseits niedermolekulare Verbindungen
wie die Aminosäure Threonin oder andererseits Proteine produziert werden. Der Bedeutung des Überflussmetabolismus in der
Biotechnologie steht dessen noch unvollständiges Verständnis gegenüber. Zwar kann
Überflussmetabolismus häufig stoffwechselphysiologisch erklärt werden, z.B. kann die
Acetat-Produktion von E. coli durch eine
Limitation der Tricarbonsäurecyclus-Aktivität erklärt werden. Jedoch bleibt im wesentlichen unklar, welche Regulationsmechanismen unter diesen Bedingungen aktiv bzw.
außer Kraft gesetzt sind (Tempest & Neijssel, 1992). Die genomweite Charakterisierung von Veränderungen der Genexpression bei verschiedenen Bedingungen des
Überflussmetabolismus bietet die Möglichkeit, solche Regulationsmechanismen zu
identifizieren, die generell an der Regulation des Überflussmetabolismus beteiligt
sind, sowie solche, die spezifisch für eine
Form des Überflussmetabolismus (z.B. Acetat-Produktion bei Glucose-Überschuss und
Magnesium-Mangel) sind.
Überflussmetabolismus-Bedingungen
sollen experimentell gezielt ausgelöst wer-
D E R
D B U
Abb. 4: Mismatch Diskriminierung auf einem
Oligonukleotid-Chip. Hybridisierung eines
Oligonukleotid-Chips (Oligonukleotide jeweils
16fach repliziert) spezifisch für Bacteria mit
markierter cDNA von E. coli. Durch Optimierung
der Waschbedingungen konnten Bindungen mit
einem Mismatch auf ein Minimum reduziert
werden. 1: Sonde EUB338, 2: EUB338 mit einem
zentralen Basenaustausch von G zu T, 3: EUB338
mit einem zentralen Basenaustausch von G zu C,
4: EUB338 mit einem zentralen Basenaustausch
von G zu A
den. Der Wildstamm von E. coli wird in einem definierten Mineralsalzmedium mit
Temperatur- und pH-Statisierung kontinuierlich fermentiert. Als Referenzbedingung
soll die Glucose-limitierte Fermentation dienen. Durch Sulfat-, Stickstoff-, Phosphat-,
Magnesium- oder Kalium-Limitierung bei
ausreichendem Glucose-Angebot sollen
Überflussmetabolismus-Bedingungen ausgelöst werden. Fermentationsbegleitend
werden Parameter wie Substratverbrauch,
Biomassebildung, Produkt- und Nebenproduktbildung analytisch bestimmt (u.a. mittels NMR). Aus den Kulturen wird RNA isoliert und DNA-Chip-Analysen werden
durchgeführt. Bei der Auswertung der genomweiten Expressionsdaten werden Genome-Map-Image- (s. Abb. 3) und Cluster-Verfahren benutzt. Die Analyse der stromaufwärts der Transkriptionsinitiationssignale
liegenden Sequenzen soll die Identifizierung der cis-Elemente ermöglichen, die für
eine gemeinsame Regulation maßgeblich
sind. In geeigneten Transkriptionsfusionsexperimenten soll dann bestimmt werden,
ob die identifizierten cis-Elemente für eine
durch Überflussmetabolismus regulierte Expression hinreichend sind.
Bei den Genexpressionsanalysen zum
Überflussmetabolismus gilt es zwischen kausal für Überflussmetabolismus verantwortlichen Effekten im Gegensatz zu sekundären oder Folge-Effekten zu differenzieren.
Es ist z.B. zu erwarten, dass allein die Anwesenheit des Überflussmetaboliten Acetat
zu Veränderungen der Genexpression führt.
Aus diesem Grunde wurde E. coli MG1655
auf LB-Komplexmedium mit bzw. ohne 20
mM Natriumacetat, pH 7, kultiviert, wobei
auf eine Adaptation von mindestens 20 Generationen geachtet wurde. Außerdem unterschied sich die Wachstumsrate unter diesen Bedingungen nicht wesentlich. In genomweiten Expressionsanalysen konnte gezeigt werden, dass eine Reihe von Genen in
Anwesenheit von Acetat erhöhte RNA-Spie-
Biokatalyse
S O N D E R A U S G A B E
D E R
63
D B U
gel aufwiesen. Dabei fiel auf, dass besonders
Gene des Flagellenapparates betroffen waren (Polen et al., Manuskript in Vorbereitung). Darauf aufbauend wurden Expressionsanalysen in Ab- bzw. Anwesenheit von
Natriumpropionat und nach Zugabe von
Carbonyl-Cyanid-3-Chlorophenylhydrazon
(CCCP) durchgeführt. Die Anwesenheit von
Propionat führte im wesentlichen zu kongruenten Expressionsveränderungen wie die
Anwesenheit von Acetat. Die Zugabe von
CCCP, einem Entkoppler des transmembranen pH-Gradienten, beeinflusste die Genexpression kaum. Die Genexpressionsveränderungen durch Acetat oder Propionat, beides Salze schwacher Säuren, scheinen also
nicht auf ihre entkoppelnde Wirkung zurückzuführen sein, da die Zugabe des Entkopplers CCCP nicht zu diesen Genexpressionsveränderungen führt (Polen et al., Manuskript in Vorbereitung).
Etablierung von DNA-Oligonukleotid-Chips
für die mikrobiologische
Qualitätskontrolle
Molekulare Hybridisierungsverfahren
haben auch in der Identifizierung von Bakterien ihren festen Platz. Die Hybridisierung
von DNA oder RNA, die direkt aus Umweltproben isoliert wird, mit Oligonukleotiden,
die gegen diagnostische Bereiche der 16SrRNA gerichtet sind (Oligonukleotidsonden), erlaubt es heute die Zusammensetzung prokaryontischer Mischkulturen ohne
vorherige Kultivierung zu bestimmen. In der
biotechnologischen Produktion von Proteinen und niedermolekularen Wirkstoffen
spielen mikrobiologische Reinkulturen eine
entscheidende Rolle, während in der Lebensmittelproduktion häufig kontrollierte
Mischkulturen von großer Bedeutung sind.
Pharmazeutische Produkte und Lebensmittel werde erst dann zum Verkauf freigegeben, wenn ihre mikrobiologische Unbedenklichkeit bestätigt wurde, solange dies nicht
der Fall ist, ist ein häufig großes Kapitalvolumen gebunden. Die effiziente und schnelle Überwachung der mikrobiologischen
Reinheit von Produktionseinheit und Produkten ist daher nicht nur ein wesentlicher
Bestandteil der Qualitätssicherung dieser
Prozesse sondern auch von großer finanzieller Bedeutung für den Produzenten.
Etablierte Methoden der mikrobiologischen Überwachung beruhen derzeit vorwiegend auf Kultivierung kombiniert mit
physiologischen und biochemischen Tests.
Die Dauer dieser Tests bewegt sich zwischen 48 h und 7 Tagen. Neben dem hohen
Zeitaufwand haben diese Methoden den
Nachteil, dass ein Teil der Mikroorganismen
im Labor nicht kultivierbar ist und daher
unerkannt bleibt. Häufig werden daher Kontaminationen, die einen Prozess stören und
die mit hohem Zeit-, Energie- und Kostenaufwand hergestellten Produkte unbrauchbar machen können zu spät oder nicht erkannt. Ziel des Teilprojektes der Technischen Mikrobiologie ist die Etablierung einer Chip Hybridisierung, die es erlaubt,
komplexe prokaryontische Mischkulturen,
wie sie in biotechnologischen Prozessen vorkommen können, hinsichtlich ihrer Zusammensetzung zügig und umfassend ohne vorherige Kultivierung zu analysieren. Um entscheidende Vorteile gegenüber den klassischen Verfahren zu erzielen wird eine hohe
Sensitivität angestrebt und eine Nachweisdauer von unter zwölf Stunden.
Die Identifizierung der Bakterien erfolgt
auf der Basis der Sequenz ihrer 16S ribosmalen RNA. Oligonukleotide, die gegen
spezifische Bereiche der kodierenden Gene
gerichtet sind (Sonden), werden auf den
Chip gedruckt, und es erfolgt eine Hybridisierung mit fluoreszenzmarkierter RNA bzw.
cDNA. Das Vorhandensein des spezifizierten Bakteriums wird anhand der nach der
Hybridisierung auf dem Chip gebundenen
Fluoreszenz gemessen. Entscheidend für
einen Erfolg der Hybridisierung ist, dass nur
Ziel-DNA binden kann, die zu 100% komplementär zur Sequenz des Oligonukleotids
ist, und damit der gesuchten Art entspricht.
Ziel DNA, die eine oder mehrere Basen
Fehlpaarung aufweist, soll von der Bindung
weitestgehend ausgeschlossen werden. Erreicht werden kann dieses durch Veränderung der Hybridisierungsstringenz, z.B.
durch Veränderung der Salzkonzentration
bzw. der Zugabe denaturierender Agenzien
im Waschpuffer oder durch Veränderung der
Waschtemperatur. Die benötigte Stringenz
ist jedoch abhängig von der Sequenz des
Oligonukleotids. Da es das Ziel ist, möglichst
viele verschiedene Bakterien mit einem
Chip zu identifizieren, wird auch bei sorgfältiger Auswahl der spezifischen Oligonukleotide nicht erreicht werden können, dass
alle Sonden dieselben Stringenzbedingungen benötigen. Es werden daher unter-
Abb. 5: Aufbau des DNA-Drucksystems
schiedliche Verfahren getestet mit denen auf
einem Chip verschiedene Stringenzbedingungen eingestellt werden können. Möglich
ist eine zeitabhängige Stringenzveränderung
gekoppelt mit der online-Detektion der
Fluoreszenzsignale oder eine gleichzeitige
lokale Stringenzveränderung mit anschließender Detektion. Dazu wird in Zusammenarbeit mit dem Projektpartner aus der Mikrosystemtechnik ein System entwickelt,
das es erlaubt auf einem Chip gleichzeitig
verschiedene Waschtemperaturen zu realisieren und somit die für jede Sonde erforderliche Temperatur einzustellen.
Die hohe geforderte Sensivität macht
den Einsatz der reversen Transkriptase PCR
bzw. der PCR erforderlich. Hier bieten sich
je nach Fragestellung auch spezifische PCRAmplifikationen an, wenn es um den Nachweis besonderer Indikatorstämme geht. Das
System, ebenso wie die Auswahl der Sonden wird auf den jeweiligen Anwender abgestimmt.
Da geringe Nachweiszeiten und eine
möglichst einfache Durchführung des Nachweises entscheidende Faktoren für einen
Einsatz des hier entwickelten Instruments
sind, wird der Optimierung dieser Parameter besonderes Augenmerk geschenkt. Untersucht wird derzeit, ob es möglich ist,
durch entsprechende Veränderungen der auf
dem Chip vorgelegten Oligonukleotide eine
vorherige Fluoreszenzmarkierung der Probe unnötig zu machen.
DNA-Drucksystem
Die in-situ-Synthese von DNA-Oligonukleotiden erfordert gegenwärtig noch einen
relativ hohen zeitlichen und apparativen
Aufwand, insbesondere wenn unterschiedliche Oligonukleotide parallel auf einem
Chip hergestellt werden sollen. Um diesen
Aufwand deutlich zu reduzieren und gleichzeitig ein System zu erzeugen, das sich ohne
die Notwendigkeit, jeweils grundsätzliche
Neuentwicklungen durchzuführen, auf im-
Biokatalyse
64
S O N D E R A U S G A B E
Abb. 7: PC-Steuerelektronik
D E R
D B U
aufgebaut (Abb. 8), wobei sowohl Druckkopf
wie Chip gegeneinander bewegt werden
können und so auch größere Arraydimensionen als von der Spaltenlänge des Kopfes erfasst bzw. mehrere DNA-Chips nacheinander bedruckt werden können.
Literatur
mer größere Arrayfelder und kleinere Volumina übertragen lässt, wird in diesem Teilvorhaben in Mikrosystemtechnik ein
„Druckkopf“ zu örtlich und zeitlich beliebiger Synthese frei wählbarer Sequenzen für
die vier Komponenten der DNA entwickelt.
Abb. 6: Reinigungskopf
In der Technologie der Silizium-Glas-Mikromechanik werden in vier Reservoirs, die
spaltenförmig nebeneinander im Druckkopf
angeordnet sind und die jeweils für jede
Zeile eine getrennt ansteuerbare Austrittsöffnung enthalten, die Komponenten in
Kontakt zu dem lokal hydrophilen Trägersubstrat gebracht (Abb. 5). Unter Nutzung
einer Kombination von hydrophoben und
hydrophilen Oberflächenbereichen im
Druckkopf und dem zu bedruckenden Chip,
in einem weiteren Entwicklungsschritt zusätzlich durch Applikation elektrische Felder, wird der Chip lokal kurzzeitig mit dem
Medium benetzt. Alternativ kann auch ein
Tropfen abgelegt werden. Dazu wird eine
dünne Glasmembran mit Hilfe eines pixelweise ansteuerbaren Arrays aus Piezokeramik über dem Druckreservoir oberhalb der
Druckdüse ausgelenkt.
Der DNA-Chip selbst kann z.B. aus einem hydrophilen Glassubstrat mit einer hydrophoben, z.B. teflonartigen Lochmatrix
versehen, bestehen, oder aus einem hydrophoben Polymer, das mit einem hydrophilen Punktarray versehen wird. Zur Realisierung der Chips können je nach erforderlicher
Strukturauflösung Druck- oder Dünnschichtund Lithographieprozesse benutzt werden.
Je nach der erforderlichen Wechselwirkungszeit für die Bindung wird das Medium unmittelbar wieder im Druckkopf aufgenommen oder verbleibt auf dem Chip, um
mit einem zweiten Kopf (Abb. 6) wieder
entfernt zu werden. Dieser zweite Druckkopf wird auch für die Aktivierung der nächsten Bindung sowie die Trocknung des
Chips genutzt. Der Druckkopf ist eingebettet in ein Rechner-gesteuertes System (Abb.
7), das sowohl die einzelnen Druckfelder der
Köpfe aktiviert als auch die genaue Positionierung des Chips und seines Transports
steuert. Transport wie Druckvorgang werden
durch eine in das System integrierte und
vom Rechner ausgelesene Kamera überwacht. Durch Integration einer Heizung und
eines ebenfalls Rechner-gesteuerten zeitlich
und örtlich variierbaren Temperaturprofils
kann die Reaktionszeit zusätzlich beeinflusst werden, so dass ein vollständig automatisiertes Drucksystem für DNA-Sequenzen zunächst bis zu einer Komplexität von
30x30 Feldern und bis zu 20 Gliedern verfügbar wird. Das Gesamtsystem wird letztlich ähnlich wie ein Tintenstrahldrucker
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Sc., USA 97: 14674-14679
Korrespondenzadresse:
Dr. Volker F. Wendisch
Abb. 8: Prinzip des
DNA-Drucksystems
Institut für Biotechnologie 1
Forschungszentrum Jülich, D-52425 Jülich
Tel.: 02461-615169
Fax: 02461-612710
[email protected]
http://www.fz-juelich.de/ibt/genomics/
genomics.html
Biokatalyse
S O N D E R A U S G A B E
D E R
65
D B U
Dr. Petra Peters-Wendisch, Dr. Lothar Eggeling,
Dipl.-Biol. Roman Netzer und Prof. Dr.
Hermann Sahm, Institut für Biotechnologie 1,
Forschungszentrum Jülich
Dipl.-Ök. Henning Serger und Prof. Dr. Udo
Müller, Institut für Volkswirtschaftslehre,
Universität Hannover,
Dr. Birgit Willke und Dr. Robert Faurie,
Amino GmbH, Frellstedt
Mikrobielle L-Serinproduktion
unter besonderer Berücksichtigung
der Ökobilanzierung
tiell. Da in den herkömmlichen Futtermitteln
wie Soja und Getreideprodukten einige der
essentiellen Aminosäuren aber nicht in ausreichender Menge vorhanden sind, ist die
Zufütterung, insbesondere bei der Schweineund Geflügelmast, erforderlich. In der pharmazeutischen Industrie werden Aminosäuren
höchster Reinheit benötigt. Ein sehr wichtiges Beispiel ist die Verwendung für die präund postoperative parenterale Ernährung.
Eine Standard-Infusionslösung beinhaltet die
für den Menschen essentiellen Aminosäuren.
Zusätzlich enthält sie auch nicht-essentielle
Aminosäuren, wie das L-Serin, dem hier eine
besondere Bedeutung zukommt. Somit muss
diese Aminosäure in ausreichender Menge
und guter Qualität herzustellen sein. Neben
diesem wichtigen Absatzmarkt für L-Serin
wird es aber auch bei der Kosmetikherstellung
z. B. von Hautschutzpräparaten verwendet.
Die Produktion von L-Serin
Die Aminosäure L-Serin stellt ein wirtschaftlich interessantes Produkt dar, das bisher nur
durch saure Hydrolyse proteinogener Rohstoffe
auf relativ umweltunverträgliche Weise hergestellt werden kann. Ziel ist es, ein neues Verfahren zur Produktion von L-Serin auf der
Grundlage der Fermentation eines geeigneten
Bakterienstammes zu entwickeln. Dieser
Stamm soll mittels gentechnischer Methoden
hergestellt werden. Integriert in den Forschungs- und Entwicklungsprozess werden das
neue und das herkömmliche Verfahren basierend auf einer Ökobilanzierung und Wirtschaftlichkeitsanalyse bezüglich ihrer ökologischen
und ökonomischen Eigenschaften miteinander
verglichen. Als Grundlage des Forschungsprojektes dient der Wildtyp von Corynebacterium
glutamicum, ein Organismus, der als guter Aminosäureproduzent bekannt ist. Um aus diesem
einen L-Serinproduzenten herzustellen, werden
verschiedene Ansätze parallel verfolgt. Neben
einer Steigerung der Aktivität der L-Serinbiosyntheseenzyme, sowie einer Deregulation des
Schlüsselenzyms, soll die Vorstufenbereitstellung und der Export von L-Serin erhöht sowie
der mögliche Abbau verringert werden. In ersten Experimenten konnten die Gene serA, serC
und serB, die für die L-Serinbiosynheseenzyme kodieren, aus C. glutamicum isoliert und
kloniert werden. Die homologe Überexpression von serA ergab eine ca. 12-fache Steigerung der spezifischen Aktivität der 3-Phosphoglycerat-Dehydrogenase von 0,2 U/mg Protein auf 2,3 U/mg Protein. Das Enzym des Wildtyps wird durch 10 mM L-Serin zu 50 % gehemmt. Wurden serC bzw. serB im Wildtyp von
C. glutamicum homolog überexprimiert, konnten bereits Spuren von L-Serin im Kulturüberstand nachgewiesen werden. Über die Arbeiten zur L-Serinbiosynthese hinaus wurde gezeigt, dass sich der L-Serinexport aus der Zelle, der durch das Exportprotein ThrE vermittelt
wird, durch thrE-Überexpression steigern lässt.
Die Verwendung von L-Serin
쑺 Hauptverwendungsgebiete für Aminosäuren sind die Nahrungsmittel-, Futtermittel- und Pharmaindustrie. Während die Gesamtproduktion an Aminosäuren 1986 weltweit etwa 650.000 t betrug (Enei et al., 1989)
werden derzeit bereits mehr als 1,5 Millionen
t Aminosäuren produziert (Eggeling et al.
2001). Dies zeigt welche wirtschaftliche Bedeutung der Produktion sowohl ökonomisch
als auch ökologisch zukommt.
Für die Nahrungsmittelindustrie sind
Aminosäuren interessant, weil viele von ihnen geschmacksverstärkende Eigenschaften
haben, wie z. B. das Natriumsalz des L-Glutamats. Die Futtermittelindustrie stellt Aminosäuren als Ergänzung zum Tierfutter her.
Ein Teil der Aminosäuren ist für Tiere essen-
Abb. 1: Strategien zur Entwicklung eines L-Serin
produzierenden Bakterienstammes ausgehend
vom Wildtyp von C. glutamicum
Generell finden derzeit vier technische
Verfahren Anwendung zur Produktion von
Aminosäuren: die chemische Synthese, die
enzymatische Katalyse, die saure Hydrolyse
sowie die Fermentation geeigneter Mikroorganismen. Die großtechnische Herstellung
von L-Serin erfolgt fast ausschließlich über
die saure Hydrolyse und Extraktion aus Proteinhydrolysaten über Ionenaustauschchromatographie und Kristallisation. Durch diese
Methode lassen sich beinahe alle Aminosäuren gewinnen. Rohstoffe hierfür sind proteinreiche Produkte wie z. B. Keratin, Federn
oder Blutmehl aber auch Pflanzenproteine.
Ein Nachteil dieses Verfahrens ist, dass hierbei nicht nur die gewünschten, sondern auch
die anderen im Protein enthaltenen Aminosäuren anfallen. Dadurch entstehen bestimmte Aminosäuren, wie z. B. L-Alanin, im Überschuss. Aufgrund aktueller Akzeptanzprobleme tierischer Rohstoffe speziell von Wiederkäuern in Zusammenhang mit der BSE-Diskussion scheidet ein Großteil der o.g. Rohstoffe heute aus. Aus diesem Grund sind nicht
mehr alle Aminosäuren (u.a. Prolin) extraktiv
darstellbar. Ein weiterer wesentlicher Nachteil der sauren Hydrolyse ist die durch den
Aufschluss bedingte hohe Umweltbelastung.
Die Hydrolyse erfolgt unter Verwendung großer Mengen 5,8 M Salzsäure. Dadurch werden einige Aminosäuren, wie L-Glutamin, LAsparagin, L-Cystein und L-Tryptophan
größtenteils zerstört und sind somit nicht zugänglich. Nicht verwertbare Hydrolyserückstände (Faserstoffe, Huminstoffe) müssen
meist als Sondermüll verbrannt oder deponiert werden. Das flüssige Hydrolysat wird mit
Natronlauge neutralisiert und durch Ionenaustauschchromatographie aufgetrennt. Neben der Aminosäurefraktion fallen so zusätzlich noch eine Salzfraktion sowie eine hohe
Stickstofffracht an, die wiederum ins Abwas-
Biokatalyse
66
ser entsorgt werden müssen und somit zu einer weiteren Belastung der Gewässer führen.
Dies ist unter ökologischen Gesichtpunkten
nicht mehr zeitgemäß.
Fermentative Herstellungsprozesse von
Aminosäuren lösen zunehmend die oben beschriebene Methode der sauren Hydrolyse ab.
Das liegt vorallem daran, dass sich auf diesem Weg die gewünschte L-Aminosäure in
enantiomerenreiner Form erzeugen lässt. Darüberhinaus fallen keine Begleitaminosäuren
an, so dass die Aufreinigung wesentlich vereinfacht, und der Gesamtprozess damit ökologisch und ökonomisch erheblich verbessert
wird.
In der Literatur werden verschiedene
Ansätze zur fermentativen Herstellung von LSerin beschrieben. Zumeist dient das relativ
teure Glycin als Ausgangssubstrat in Kombination mit Glukose. So lassen sich z. B. mit
einem Brevibacterium Stamm aus 20 g/l Glycin und 70 g/l Glukose bis zu 4,4 g/l L-Serin
herstellen (Kubota et al. 1971) bzw. mit immobilisierten Zellen von Corynebacterium glycinophilum können in kontinuierlicher Kultur
6 g/l L-Serin aus 30 g/l Glycin und 100 g/l
Glukose gewonnen werden. Höhere Ausbeuten werden mit dem methylotrophen Hyphomicrobium methylovorum aus Methanol und
Glycin erzielt. Hier liefern 100 g/l Glycin und
48 g/l Methanol rund 33 g/l L-Serin (Izumi et
al. 1993). Diese fermentativen Verfahren haben sich aufgrund der hohen Substratkosten
(Glycin) als nicht wirtschaftlich erwiesen und
werden nicht großtechnisch eingesetzt.
Für die biotechnologische Aminosäureproduktion ausgehend von kostengünstigeren
Substraten finden hauptsächlich Escherichia
coli- und Corynebacterium glutamicum-Stämme
Abb. 2: Die Reaktionen der Biosynthese und des
Abbaus von L-Serin in C. glutamicum
S O N D E R A U S G A B E
Verwendung (Eggeling et al. 2001). Mit ihnen
werden die Aminosäuren L-Threonin, L-Phenylalanin, L-Lysin und L-Glutamat aus Saccharose (aus Melasse) oder Glukose (aus Stärkehydrolysat) hergestellt. Während L-Glutamat schon mit dem Wildtyp von C. glutamicum synthetisiert werden kann, werden für die
anderen drei Aminosäuren Stämme verwendet,
die durch klassische Mutagenese verändert wurden (Aida et al. 1986; Eggeling et al. 2001).
Entwicklung eines biotechnologischen
Verfahrens zur L-Serin-Produktion mit
C. glutamicum im Sinne eines
produktionsintegrierten Umweltschutzes
Unter der Leitung des Forschungszentrums Jülich, Institut für Biotechnologie 1
(Prof. Dr. Sahm) soll in Kooperation mit dem
mittelständischen Unternehmen Amino
GmbH in Frellstedt (Dr. Faurie) und der Abteilung Ordnungs- und Prozesspolitik der Universität Hannover (Prof. Dr. Müller) ein neues Verfahren zur L-Serin-Produktion mit C.
glutamicum erarbeitet werden. Ziel ist es, dass
sich dieses durch deutlich verminderte Umweltbelastungen klar von dem traditionellen
Hydrolyseverfahren zur Herstellung von LSerin abhebt und sich auch unter den gegebenen Rahmenbedingungen des Marktes für
Aminosäuren zeitnah umsetzen lässt. Im Rahmen des Projektes werden im Forschungszentrum Jülich und an der Universität Hannover
problemorientierte wissenschaftliche Lösungsansätze erarbeitet. Diese werden bei der
Amino GmbH in den Produktionsmassstab
umgesetzt. In diesem Zusammenhang kommt
der innovationsbegleitenden Betrachtung der
ökologischen und ökonomischen Wirkungen
des neu zu entwickelnden Verfahrens im Vergleich zum gegenwärtigen Stand der Technik
eine besondere Bedeutung zu. Hierzu erstellt
die Abteilung Ordnungs- und Prozesspolitik
für das neue und das konventionelle Verfahren eine Ökobilanz und eine Analyse der Wirtschaftlichkeit unter den aktuellen Marktgegebenheiten. Aufgrund umfangreicher Kenntnisse zur Genetik und Physiologie von C. glutamicum am Institut für Biotechnologie (Eggeling et al. 2001) wurde dieses Bakterium als
Modellorganismus ausgewählt, um das fermentative Verfahren zur Gewinnung der
Aminosäure L-Serin zu entwickeln. Hierzu
soll ausgehend vom Wildtyp von C. glutamicum durch gezielte gentechnische Veränderung des Stoffwechsels ein geeigneter L-Serin-Produktionsstamm erzeugt werden. Neben der Betrachtung des eigentlichen Biosyntheseweges liefert die Vorstufenbereitstellung
ausgehend von Glukose als Substrat, der Export des L-Serins aus der Zelle sowie die Verhinderung des Abbaus durch die Serin-Dehydratase weitere Ansatzpunkte, die in die
Entwicklung des Stammes miteinbezogen
werden sollen (Abb. 1)
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Gene der L-Serinbiosynthese in
C. glutamicum
In Mikroorganismen sind zwei alternative L-Serinbiosynthesewege bekannt. Die
meisten Bakterien nutzen den Weg über
phosphorylierte Zwischenprodukte (Abb. 2),
während in methylotrophen Bakterien nichtphosphorylierte Intermediate vorkommen.
Da die weitere Umwandlung von L-Serin zu
Glycin in einer reversiblen, durch das Enzym
Serinhydroxymethyltransferase katalysierten
Reaktion erfolgt (Abb. 2), kann die Umsetzung von Glycin zu L-Serin auch als dritter
Syntheseweg von L-Serin aufgefasst werden.
Aus GenBank-Analysen ergab sich, dass
C. glutamicum über die Gene serA, serC und
serB verfügt. Diese kodieren für die Enzyme
3-Phosphoglycerat-Dehydrogenase (serA),
Phosphoserinaminotransferase (serC) und
Phosphoserinphosphatase (serB).
Die Anwesenheit der Gene serA, serC und
serB legt nahe, dass der Weg zur L-Serinbildung in C. glutamicum vermutlich, wie in vielen anderen Organismen auch, über phosphorylierte Zwischenprodukte erfolgt. Das
erste Enzym des L-Serinbiosyntheseweges,
die von serA kodierte 3-Phosphoglycerat-Dehydrogenase setzt das Glykolyseintermediat
3-Phosphoglycerat zu 3-Phosphohydroxypyruvat um. Dabei entsteht NADH. Das serAGen von C. glutamicum besteht aus 1590 Basen, und die abgeleitete Peptidsequenz von
530 Aminosäuren weist ca. 45 % Ähnlichkeit
zu bekannten 3-Phosphoglycerat-Dehydrogenasen, z. B. aus E. coli oder Hefe auf. Die größte Ähnlichkeit mit ca. 75 % besteht zu der
putativen 3-Phosphoglycerat-Dehydrogenase
aus dem zu C. glutamicum nahe verwandten
Mycobacterium tuberculosis.
Der zweite Schritt der L-Serinbiosynthese wird durch die Phosphoserinaminotransferase katalysiert, die durch das Gen serC kodiert ist. Bei dieser Transaminierung von 3Phosphohydroxypyruvat zu Phosphoserin
fungiert L-Glutamat als Aminodonor und es
entsteht Oxalacetat (Abb. 2). Das serC-Gen
von C. glutamicum hat eine Länge von 1140
Basen und die abgeleitete Peptidsequenz beträgt 367 Aminosäuren. Die Ähnlichkeit zu
bekannten Phosphoserinaminotransferasen
liegt bei ca. 35 %.
Für den letzten Schritt zum L-Serin ist
die durch serB kodierte Phosphoserinphosphatase verantwortlich. Dieses Enzym hydrolysiert unter Freisetzung von anorganischem
Phosphat Phosphoserin zu L-Serin (Abb. 2).
Die von serB abgeleitete Peptidsequenz beinhaltet 448 Aminosäuren entsprechend einer
Genlänge von 1347 Basen. Auffallend ist, dass
das Polypeptid aus C. glutamicum länger ist,
als das entsprechende aus den meisten anderen Organismen (Abb. 3). Im überlappenden
Bereich sind die Ähnlichkeiten allerdings mit
ca. 50 % sehr hoch. Welche Rolle die zusätzli-
Biokatalyse
S O N D E R A U S G A B E
D E R
67
D B U
chen Sequenzen z. B. für die Stabilität des
Enzyms spielen ist unklar.
Klonierung und homologe Überexpression
des serA-Gens und Untersuchungen
zur Regulation der 3-PhosphoglyceratDeydrogenase aus C. glutamicum
Durch PCR wurde das serA-Gen aus chromosomaler DNA von C. glutamicum amplifiziert, isoliert und zunächst in einen E. coliVektor kloniert. Die anschließende Komplementation einer E. coli-Mutante, die einen
Defekt in dem serA-Gen trägt, zeigte, dass es
sich bei serA aus C. glutamicum um ein funktionelles, auch in E. coli aktives Gen handelt,
das für eine aktive 3-Phosphoglycerat-Dehydrogenase kodiert. Anschließend wurde das
Gen in einen Pendelvektor umkloniert, der
sich für die homologe Expression von serA in
C. glutamicum eignet. Das erhaltene Plasmid
pZ1serA wurde in den Wildtyp von C. glutamicum eingebracht. Im Enzymtest wurde die
Überexpression von serA bestimmt. Die spezifische Aktivität der 3-Phosphoglycerat-Dehydrogenase in dem entsprechenden Stamm
betrug 2,3 U/mg Protein und war damit ca.
12-fach erhöht gegenüber dem Kontrollstamm, der nur den Leervektor enthielt (0,2
mU/mg Protein).
Mit zellfreien Extrakten des Wildtyps von
C. glutamicum wurden erste Untersuchungen
zu den allosterischen Eigenschaften des
Schlüsselenzyms 3-Phosphoglycerat-Dehydrogenase durchgeführt. Es konnte gezeigt
werden, dass die 3-Phosphoglycerat-Dehydrogenase durch L-Serin „feedback“ gehemmt wird (s. Kasten 1), wobei die Zugabe
von 10 mM L-Serin nach einer Inkubation
von 5 min die Aktivität um 50 % inhibierte.
Aus anderen Arbeiten ist bekannt, dass nach
ungerichteter Mutagenese ein dereguliertes,
nicht mehr Serin-feedback-inhibierbares 3Phosphoglycerat-Dehydrogenase-Enzym erhalten wurde. Diese Mutation beruhte auf
einem Austausch der Aminosäure Glutamat
an Position 325 zu Lysin (Suga et al. 1999).
Aufbauend auf diesen Erkenntnissen sollen
durch gengerichtete Mutagenese gezielt deregulierte 3-Phosphoglycerat-Dehydrogenase-Muteine konstruiert und für die Stammentwicklung des L-Serinproduzenten genutzt
werden.
Kasten 1: „Feedback“-Hemmung von
Enzymaktivitäten
Das Endprodukt einer Synthesekette hemmt in
reversibler Weise die Aktivität des häufig ersten
Enzyms des spezifischen Biosyntheseweges, des
sog. Schlüsselenzyms. Dadurch ist es der Zelle
möglich, die Syntheserate relativ schnell an den
Bedarf an Endprodukt anzupassen, und so eine
für die Zelle unnütze Anreicherung zu vermeiden.
Abb. 3: Vergleich der Primärstruktur der Phosphoserinphosphatase
von C. glutamicum mit der
Primärstruktur von Phosphoserinphosphatasen aus anderen
Organismen.
Klonierung und homologe Überexpression
der Gene serB und serC sowie deren
Bedeutung für die Serinbildung in
C. glutamicum
Die Gene serB und serC wurden ebenfalls
mittels PCR aus dem Genom von C. glutamicum amplifiziert, isoliert und kloniert. Die erhaltenen DNA-Fragmente wurden je in einen in C. glutamicum replizierbaren Vektor
überführt und in den Wildtyp von C. glutamicum eingebracht. Während der Wildtyp kein
L-Serin in den Kulturüberstand ausscheidet,
führt die Überexpression von serB bzw. serC
in C. glutamicum Wildtyp bereits zur Produktion geringer Mengen von L-Serin (PetersWendisch et al. 2000). In Zukunft soll nun die
serB- und serC-Überexpression mit der Überexpression von serA und den entsprechenden
Muteinen von serA kombiniert werden.
Verbesserung der Vorstufenbereitstellung
zur L-Serinbildung
Das Glykolysezwischenprodukt 3-Phosphoglycerat ist direkter Vorläufer der L-Serinbiosynthese und aus diesem Grund soll die
Bereitstellung dieses Metaboliten erhöht werden. Es ist bekannt, dass eine Pyruvatkinasemutante von C. glutamicum ssp. lactofermentum
bei Wachstum auf Glukose bis zu 4,5 g/l Dihydroxyaceton bzw. Glycerinaldehyd in den
Kulturüberstand ausscheidet (Gubler et al.
1994). Das deutet darauf hin, dass nicht nur
PEP sondern auch frühere Glykolyseintermediate, wie z.B. Dihydroxyacetonphosphat und
Glycerinaldehydphosphat in der Zelle anstauen und möglicherweise als nicht-phosphorylierte Substanzen ausgeschieden werden.
Aufgrund dieser Ergebnisse war anzunehmen,
dass eine Pyruvatkinasemutante bei Wachstum auf Glukose auch 3-Phosphoglycerat als
L-Serin-Vorläufer anstaut, und dass nach
Überexpression und Deregulation der LSerinbiosynthesegene der Kohlenstofffluss
verstärkt in Richtung L-Serin geleitet werden
kann. Es wurde eine definierte Pyruvatkinasemutante von C. glutamicum durch „gengerichtete Integrationsmutagenese“ (Kasten 2)
konstruiert und bezüglich ihrer Wachstumseigenschaften analysiert. Die Mutante wächst
zwar auf Glukose, kann aber auf Ribose als
alleiniger Kohlenstoffquelle nicht wachsen.
Das zeigt, dass der Pyruvat-generierende
Schritt der Glykolyse wie gewünscht ausgeschaltet ist und das benötigte Pyruvat über
die Reaktionen des Glukose-Aufnahmesystems (PTS) geliefert werden muss. Das
Wachstum auf Substraten, wie Ribose, die
nicht über ein solches PTS-System aufgenommen werden ist demnach nicht möglich.
Der Stamm wird in Zukunft auf eine Bereitstellung vermehrter Glykolyseintermediate
untersucht, und steht dann als Ausgangsstamm für die Überexpression der L-Serinbiosynthesegene zur Verfügung.
Verbesserung des Transports von L-Serin aus
der Zelle
Neben einer erhöhten Bereitstellung von
Vorstufen, sowie einem erhöhten Fluss in
Richtung L-Serin, ist ein weiterer wesentlicher Aspekt, dass das intrazellulär gebildete
L-Serin aus der Zelle ausgeschieden wird.
Man weiss heute, dass die Ausschleusung der
gewünschten Aminosäuren genauso wichtig
ist wie deren intrazelluläre Synthese (Krämer,
1994; Vrljié et al. 1996, Simic et al. 2001).
Kürzlich konnte das Exportprotein für LThreonin (ThrE) in C. glutamicum identifiziert
und das entsprechende Gen isoliert werden
(Simic et al., 2001). Aufgrund der strukturellen Ähnlichkeit von L-Serin und L-Threonin
wurde auch der Transport von L-Serin aus der
Zelle über diesen Exporter untersucht. Hierzu wurden Stämme von C. glutamicum hergestellt, die das Exportergen thrE plasmidkodiert überexprimiert bzw. chromosomal inaktiviert vorliegen hatten. Die Exportraten dieser Stämme für L-Serin wurden mit denen
des Kontrollstamms, der das Leerplasmid
trägt, verglichen (Abb. 4). Es zeigte sich, dass
die Überexpression von thrE tatsächlich zu
einem erhöhten Export von L-Serin führt,
während die Inaktivierung eine Reduktion
bewirkt. Die Raten betragen für den, das thrEGen überexprimierenden Stamm 1,9 nmol
min-1 (mg Trockengewicht)-1 im Vergleich zum
Kontrollstamm mit 1,4 und zum Stamm mit
inaktiviertem thrE-Gen mit 0.6 nmol min-1
(mg Trockengewicht)-1. Bei diesem Experiment betrug die zellinterne L-Serinkonzentration mehr als 80 mM, um so eine Sättigung
des Exportproteins sicher zustellen. Somit ist
klar, dass durch den Exporter ThrE eine beschleunigte Ausschleusung von L-Serin erreicht werden kann. Da es auch in der Mutante mit inaktiviertem thrE-Gen zu einem
Export kommt, gibt es noch weitere Wege für
L-Serin aus der Zelle. Für L-Threonin wurde gezeigt, dass der Anteil des Exports durch
Biokatalyse
68
Abb. 4: L-Serin-Exportratenverschiedener C.
glutamicum-Stämme nach Zugabe von 1 mM
L-Serin-Tripeptid
ThrE nur 59 % beträgt, und das ein weiterer
unbekannter Exporter sowie Diffusion ebenfalls am Export beteiligt sind (Simic et al.,
2001). Damit sind prinzipiell die Wege auf
denen L-Serin die Zelle verlässt bekannt, und
es ist das Instrumentarium vorhanden um in
Zukunft in einem Produzentenstamm zellintern synthetisiertes L-Serin auch beschleunigt
auschleusen zu können.
Vergleich des herkömmlichen Verfahrens zur
L-Serinproduktion mit dem neuen fermentativen Verfahren auf der Basis einer Ökobilanzierung und Wirtschaftlichkeitsprüfung
Die Ökobilanz
Mit Hilfe von Ökobilanzen sollen über Vergleiche umweltrelevanter in- und outputs
Erkenntnisse über die ökologische Kompatibilität unterschiedlicher Produkte bzw. Verfahren gewonnen werden. Ziel einer Ökobilanz ist letztendlich die Identifizierung umweltverträglicherer Produkte bzw. Verfahren
bei bestehenden Alternativen. Im Rahmen
dieses Forschungsprojekts wird ein Vergleich
zwischen dem gegenwärtigen Stand der Technik in der Form des Verfahrens der sauren
Hydrolyse und dem neuen fermentativen
Verfahren durchgeführt.
Die Grundlage für die umweltökonomischen Arbeiten bildet das Umweltinformationssystem Ökobilanz in Form des Ansatzes
der Lebenszyklusanalyse, wie es von der ISO
(1997 und 1998) vorgeschlagen wird (Abb. 5).
Als Ziel wurde die Erstellung einer Produktökobilanz für die Herstellung der Aminosäu-
S O N D E R A U S G A B E
re L-Serin in Pharmaqualität zur Verwendung
in Infusionslösungen definiert. Sie soll das
Firmenmanagement bei der Entscheidungsfindung über die Implementierung neuer Produktionsverfahren unterstützen, indem sie
das Set konventioneller betriebswirtschaftlicher Entscheidungsparameter um zusätzliche
Informationen ergänzt, die diese nicht bereitstellen können. Die Abgrenzung des Bilanzraums und die Bestimmung der Bilanzgrenzen basiert auf dem „from the cradle to the
gate“ Ansatz (Kasten 3). Die Erfassung der
Daten für die Sachbilanz als Kernelement der
Ökobilanz erfolgt aus einer Kombination von
Datenermittlungen aus realen Produktionsumgebungen, upscales aus Versuchen, Expertenbefragungen sowie Literatur- und Internetrecherchen. Die Erstellung der Sachbilanz
erfolgt mit Unterstützung der speziellen Ökobilanzsoftware Umberto, die eine integrierte
Vorgehensweise von der qualitativen Darstellung der einzelnen Verfahrensschritte (Modellierung des Systems und Aufbau eines Stoffstromnetzes), über die quantitative Erfassung
aller Parameter bis zur gegebenenfalls notwendigen Berechnung noch unbekannter
Stoffströme in einem Stoffstromnetz ermöglicht. Bei der Wirkungsbilanz und der Bilanzbewertung kommen Datenbanken und Expertensysteme zum Einsatz, z.T. in Kombination mit Umberto. Die Erstellung der Ökobilanz erfolgt unmittelbar mit der Entwicklung der zu bewertenden Teilprozesse, wodurch eine zeitnahe prozessbegleitende Bewertung möglich wird, die eventuell ungünstige Entwicklungen bereits im Frühstadium
erkennen lässt. So konnten erste Ergebnisse
ökobilanzieller Untersuchungen (z.B. hinsichtlich des Einsatzes von Antibiotika) bereits frühzeitig in der Stammentwicklung berücksichtigt werden. Die derzeitigen Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass das
neu zu entwickelnde fermentative Verfahren
mit geringeren Umweltbelastungen verbunden ist als die saure Hydrolyse proteinogener
Rohstoffe.
Die Wirtschaftlichkeitsanalyse
Da es das Ziel des Forschungsprojektes
ist, dass der mittelständische Projektpartner
D E R
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Amino GmbH erfolgreich als Anbieter von LSerin am Markt auftreten kann, kommt der
kostenrechnerischen Betrachtung eine erhebliche Bedeutung zu. Im Rahmen des Projektes wird der Ansatz verfolgt, die Ökobilanz
mit modernen Kostenmanagementsystemen
zu verbinden, um eine ökologisch und ökonomisch fundierte Entscheidungsfindung zu
ermöglichen. In diesem Zusammenhang stellen sich besondere Herausforderungen, da es
sich beim Markt für Aminosäuren um ein
überaus intransparentes Marktumfeld handelt, durch welches Investitionsplanungen
erschwert werden. Mit Hilfe von Ansätzen aus
der Umweltkostenrechnung und des „Target
Costing“ (Kasten 4) sollen kostenrechnerische
Überlegungen und Marktparameter frühzeitig in den Entwicklungsprozess einfließen.
Die Integration angepasster Kostenmanagementansätze in die Produkt- und Verfahrensentwicklung hat zum Ziel, die zukünftige
Wettbewerbsfähigkeit des Produktes zu geKasten 2:
„Integrationsmutagenese“
Eine Methode zur Geninaktivierung durch
Integration eines Plasmids in das zu mutierende
Gen. Da sich das Plasmid, das eine Antibiotikumresistenz trägt, im Zielorganismus nicht
vermehren kann können nur solche Stämme
überleben, die das Plasmid im Chromosom
integriert haben. Die Integration erfolgt aufgrund
homologer DNA-Sequenzen und natürlicher
Rekombination. Es kommt daher zu einer
Unterbrechung der Gensequenz durch das
Plasmid, und damit zu der gewünschten
Geninaktivierung.
Kasten 3:
„From the Cradle to the gate“-Ansatz
Je nach Produkt ist bei einer Produktökobilanz
eine unterschiedliche Abgrenzung des zu
untersuchenden Bilanzraums sinnvoll. Beim
„from the cradle to the gate“ Ansatz („von der
Wiege bis zum (Betriebs)Tor“) erfolgt eine
Dokumentation von der Rohstoffgewinnung über
die Produktvorketten und die Produktion des
Hauptproduktes bis zur Auslieferung an den
Abnehmer. Bei Produkten mit intensiver Nutzung
und Notwendigkeit der Entsorgung ist eine
Ausdehnung des Bilanzraums um Produktverwendung und -entsorgung erforderlich („from
the cradle to the grave“ Ansatz).
Kasten 4:
„Target Costing“
Abb. 5: Aufbau einer Ökobilanz, In Anlehnung an ISO (1997): ISO 14040: Environmental management Life cycle assessment - Principles and framework, Genève.
Marktorientierter Kostenmanagementansatz, bei
dem ausgehend vom Marktpreis zulässige
Produktions- und Entwicklungskosten ermittelt
werden.
Biokatalyse
S O N D E R A U S G A B E
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währleisten und die Informationsbasis für Investitionsentscheidungen angesichts eines
sehr komplexen Marktumfeldes zu verbessern. Durch den gewählten Ansatz konnte bereits frühzeitig ein Kostenmodell für die Produkt- und Verfahrensentwicklung erstellt werden. Es unterliegt einer laufenden Optimierung hinsichtlich der Projektfortschritte und
veränderter Marktbedingungen und bildet
die Basis für eine an den Markt- und Wettbewerbsbedingungen ausgerichtete Projektarbeit.
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Korrespondenzadresse
Prof. Dr. Hermann Sahm
Institut für Biotechnologie 1
Forschungszentrum Jülich GmbH
52425 Jülich
email: [email protected]
69
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Prof. Thomas Scheper, Dr. Roland Ulber,
Dipl.-Chem. Tanja Koop, Dipl.-Chem. Dirk
Kosemund, Institut für Technische Chemie der
Universität Hannover
Prof. Udo Müller, Dipl. Ök. Susanna
Huebner, Dipl. Ök. Ralf Tostmann, Institut
für Volkswirtschaftslehre Abt. Ordnungs u.
Prozesspolitik
Dr. Robert Faurie, Amino GmbH Frellstedt
Entwicklung innovativer Aminosäureproduktion unter Berücksichtigung des
Umweltkostenmanagements
Im Rahmen des Projektes werden innovative enzymatische Aufarbeitungsverfahren
für natürlich vorkommende Proteine
konzipiert, getestet und hinsichtlich ihrer
Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit
genauer untersucht. Mit Hilfe dieses
enzymatischen Verfahrens können ausgewählte Proteine effizient in ihre Einzelbestandteile (Aminosäuren, Peptide) zerlegt
werden. Eine prozessintegrierte selektive
Aufarbeitung macht die Abtrennung
einzelner Aminosäuren oder Aminosäuregruppen wirtschaftlich interessant. Die
genaue Abstimmung einzelner Prozessschritte führt zu einer effizienten Ausbeute
und zu einer Reduktion von möglichen
Verlusten. Alle Schritte im Forschungsbereich werden durch begleitende Wirtschaftlichkeitsberechnungen und Ökobilanzierungen hinsichtlich ihrer industriellen Verwirklichung untersucht.
쑺 Zur Zeit werden Aminosäuren durch Prozesse wie saure Hydrolyse, chemische Synthese oder Produktion mit Hilfe von Mikroorganismen gewonnen. Dabei fallen entweder hohe Salzfrachten an, was eine erhöhte
Umweltbelastung zur Folge hat, oder die Verfahren liefern nur eine Aminosäure mit entsprechend hohem technischen Aufwand. Die
enzymatische Hydrolyse proteinhaltiger, industrieller Nebenprodukte oder Abfallstoffe
bietet die Möglichkeit, unter schonenden
Bedingungen ein breites Spektrum an Aminosäuren aus diesen Reststoffen zu gewinnen.
Nach der Hydrolyse müssen weitere
Schritte, wie Ionenaustausch und Umkristallisation, zur Reinigung der Aminosäuren
durchgeführt werden. Diese Aufreinigungsschritte verursachen oft zusätzlich hohe Energiekosten. Alternativ kann hier die selektive Adsorption von Aminosäuren aus den
Aminosäuren/Proteingemischen an Zeolithe
genutzt werden.
Begleitend zu den geplanten technischen
Prozessen werden vom Institut für Volkswirtschaftslehre Kostenaussagen für die einzelnen
Module erstellt. Diese Daten liefern betriebswirtschaftliche Beurteilungskriterien für bestimmte Prozessgrößen, wie beispielsweise
die Enzymmenge. Zusätzlich werden noch
Umweltaspekte betrachtet, indem basierend
auf den functional units der Module eine Ökobilanz erstellt wird. Ein Vergleich mit herkömmlichen Verfahren soll klarstellen, ob der
geplante Prozess wirklich umweltschonender
arbeitet.
Enzymatische Hydrolyse und weitere
Aufarbeitung
A. Die enzymatische Hydrolyse
Pflanzliche Proteinkonzentrate wie Maisoder Kartoffelkleber sind durch ihre Beschaffenheit oder durch mindergiftige Inhaltsstof-
Biokatalyse
70
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Abb. 1: Geplanter Hydrolyseprozess für Hydrolysen im Technikum oder Industrie Maßstab.
fe als menschliche Nahrung oftmals ungeeignet und werden daher nur als Tierfutter eingesetzt. In diesem Projekt werden gerade solche Proteinkonzentrate als mögliche Substrate untersucht. Sie werden durch Hitzedenaturierung gewonnen und sind daher meist
schwer lösliche Substanzen. Daher muss die
enzymatische Hydrolyse in zwei Schritten
durchgeführt werden. Im ersten Schritt wird
mit Hilfe einer Endoprotease das Protein aus
dem jeweiligen Kleber in Form von Proteinfragmenten und Peptiden gelöst. Subtilisine,
Proteasen der Serinklasse, erwiesen sich für
diesen ersten Hydrolyseschritt als besonders
gut geeignet. Die bisher getesteten Proteasen sind konventionell erhältlich, sollen aber
später durch Extremozyme ersetzt werden.
Der zweite Hydrolyseschritt erfolgt durch die
Zugabe einer Exoprotease. Auch hier wurden
konventionell erhältliche Exoproteasen (von
Novo Nordisk, Röhm u.a. ) verwendet. Die
eingesetzte Substratmenge kann nicht beliebig gewählt werden. Bei den Untersuchungen wurde gefunden, dass Substratkonzentrationen von 6 Gewichtsprozent als oberste
Grenze anzusehen sind, wenn man einen hohen Hydrolysegrad erreichen will. Versuche
zur Substratabhängigkeit des Prozesses zeigen, dass bei Enzym zu Proteinverhältnissen
von 1 % für die Endoprotease und 5 % für die
Exoprotease, Hydrolysegrade größer als 55 %
in 18 Stunden erreichbar sind. Der Einsatz
größerer Mengen an Exoprotease liefert noch
höhere Hydrolysegrade, doch stellen die teuren Exoproteasen finanziell einen limitierender Faktor für den Prozess da.
B. Abtrennung von Aminosäuren und Peptiden
Die Aufarbeitung größerer Mengen an Hydrolysat soll mit industriell üblichen Verfahren erfolgen. Den geplanten Prozess zeigt
Abbildung 1. Die Umsetzung wird derzeit
mit dem Projektpartner Amino GmbH bearbeitet.
Die der Filtration folgende Ionenausschlusschromatographie soll eine Auftrennung von Peptiden und Aminosäuren liefern.
Da bei diesem Verfahren nur Wasser als Eluent verwendet wird, zählt es zu umweltschonenden Methoden der Aufarbeitung. Die
Peptidfraktionen der Ionenausschlusschromatographie können als Nahrungsmittelzusätze
genutzt werden. Die Aminosäurefraktion soll
als Ausgangslösung für die schnelle Isolierung
von Aminosäuren mit Zeolithen dienen.
Adsorption von L-Aminosäuren an Zeolithen
A. Screening nach geeigneten Zeolithen
Zum Feinreinigen verschiedener Aminosäurefraktionen werden Zeolithe verwendet. In
den Versuchen mit den synthetischen Zeolithen wurden wässrige Lösungen der proteinogenen L-Aminosäuren mit einer Konzentration von 2 g/L angesetzt. Der pH-Wert
Abb. 2: Zeolithkaskade zur Abtrennung von L-Tryptophan und L-Phenylalanin aus einem
Hydrolysegemisch
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wurde auf ca. 0,5 Einheiten unter den isoelektrischen Punkt der jeweiligen Aminosäure
eingestellt. 20 mg des zu untersuchenden
Zeolithen wurden mit jeweils 1 mL der Aminosäurelösungen versetzt und für 24 h bei RT
und 1500 rpm geschüttelt. Anschließend wurde der Zeolith abzentrifugiert und die
Aminosäurekonzentration des Überstandes
wurde mit Hilfe einer HPLC bestimmt.
Mit einem Zeolith des FAU-Typs konnten Adsorptionsgrade von 38 % für L-Phenylalanin und von 63 % für L-Tryptophan gemessen werden. Bei L-Histidin wurden 49%
erreicht. L-Histidin kann über eine Änderung
des pH-Wertes von den beiden aromatischen
Aminosäuren abgetrennt werden. L-Phenylalanin und L-Tryptophan können jedoch von
diesem Zeolithen nicht mehr getrennt eluiert
werden (Trennfaktor = 0,6).
Die Auftrennung dieser beiden Aminosäuren kann jedoch mit einem Zeolith des
MFI-Typs erreicht werden. Er adsorbiert LPhenylalanin wesentlich besser (57 %) als
L-Tryptophan (5 %). Dies entspricht einem
Trennfaktor von 11,4. Dieser Zeolith ist auch
für die Trennung von L-Leucin und L-Isoleucin geeignet. L-Leucin wird mit 39 % stärker adsorbiert als L-Isoleucin mit 9 %.
B. Aufnahme von Ad- und Desorptionsisothermen
Es wurden Ad- und Desorptionsisothermen
für L-Tryptophan und L-Phenylalanin am
Zeolith des FAU-Typs aufgenommen. Dazu
wurden wässrige L-Tryptophan und L-Phenylalanin-Lösungen mit Konzentrationen
zwischen 5 und 50 mmol/L hergestellt. Die
Ansätze wurden 3 h bei RT und 1500 rpm
geschüttelt. Anschließend wurde der Zeolith
abzentrifugiert und die Aminosäurekonzentration im Überstand mittels HPLC bestimmt. Die Desorption erfolgte unter gleichen Bedingungen mit 0,1 M Natronlauge.
Auch hier wurde nach der Zentrifugation die
Aminosäurekonzentration im Überstand bestimmt.
In den Versuchen zeigt sich ein linearer
Zusammenhang zwischen Beladung und
Konzentration der Ausgangslösung. Das
weist darauf hin, dass die maximale Beladungskapazität noch nicht erreicht ist. Dieses Ergebnis findet man sowohl für L-Tryptophan als auch für L-Phenylalanin. Das
wurde auch in weiteren Versuchen bestätigt,
in denen die Adsorption von Gemische aus
L-Tryptophan und L-Phenylalanin untersucht wurde. Dort zeigte sich dann auch
keine Abhängigkeit der Beladung von der
Konzentration der jeweils anderen L-Aminosäure. Außerdem wurde gezeigt, dass die
Desorption fast quantitativ verläuft.
Aufgrund dieser Ergebnisse ist der Aufbau folgender Zeolithkaskade zur Abtrennung von L-Tryptophan und L-Phenylalanin
denkbar: Dieser Aufbau würde eine saubere
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