Zusammenfassung des 4. Weltklimaberichtes 2007: Die physikalisch-wissenschaftlichen Grundlagen Inoffizielle Übersetzung des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung, Bremerhaven, Deutschland. Ergänzungen: Dr. sc. nat. Frank Rutschmann, CASS-Fellow, Parlamentsdienste, 3003 Bern, Tel. 031 371 20 46, [email protected]. Stand: 9. Februar 2007. Das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) wurde 1988 vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) und der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) ins Leben gerufen. Das IPCC hat die Aufgabe, in regelmässigen Abständen (etwa 5 Jahre) den Zustand des Klimasystems und dessen Auswirkungen auf die menschliche Gesellschaft festzustellen und mögliche Gegenmassnahmen aufzuzeigen. Das IPCC betreibt keine eigene Forschung, sondern bedient sich der veröffentlichten wissenschaftlichen Literatur. Seine Berichte werden im wesentlichen durch Wissenschaftler erstellt, die im WeltKlimaforschungsprogramm (WCRP) tätig sind. Die ersten drei Berichte wurden 1990, 1995 und 2001 veröffentlicht. Nähere Informationen zum IPCC findet man im Internet unter http://www.ipcc.ch. In seinem vierten Bericht, dessen Zusammenfassung am 2. Februar 2007 in Paris veröffentlicht wurde, stellt das IPCC Folgendes fest: Beobachtete Veränderungen: x Eine Erwärmung des globalen Klimas ist ohne jeden Zweifel vorhanden. Die globale x x x x x x x x x Oberflächentemperatur ist seit 1906 um 0.74°C gestiegen, und 11 der letzten 12 Jahre (1995-2006) waren die wärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen (1850). Die Arktis hat sich in den letzten 100 Jahren doppelt so stark erwärmt wie im globalen Mittel. Daten aus Baumring-Analysen deuten darauf hin, dass die Temperaturen der letzten 50 Jahre sehr wahrscheinlich höher waren als jemals zuvor in den vergangenen 500 Jahren und wahrscheinlich höher als in den vergangenen 1300 Jahren. Die Häufigkeit heftiger Niederschläge hat im letzten Jahrhundert auf den meisten Landmassen zugenommen. Die schneebedeckte Fläche hat global seit 1980 um etwa 5% abgenommen. Die Temperaturen in den oberen Schichten des Permafrostbodens haben sich seit 1980 um bis zu 3°C erwärmt, und die Ausdehnung des saisonal gefrorenen Bodens hat seit 1900 um ca. 7% abgenommen. Weltweit (auf beiden Hemisphären) schrumpfen die Gletscher und tragen zum Meeresspiegelanstieg bei. Das Meereis geht in der Arktis seit 1978 im Jahresmittel um 8% und im Sommer um 22% zurück. In der Antarktis kann kein Rückgang beobachtet werden. Die Eisschilde auf Grönland und der Antarktis verlieren gegenwärtig an Masse durch Schmelzen und Gletscherabbrüche und tragen ebenfalls zum Meeresspiegelanstieg bei. Die Ozeane sind im Vergleich zu 1961 im globalen Mittel wärmer geworden. Die Erwärmung reicht bis in Tiefen von 3000 m und trägt durch die thermische Ausdehnung des Wassers ebenfalls zum Anstieg des Meeresspiegels bei. Der Meeresspiegel ist seit 1993 durchschnittlich um etwa 3 mm pro Jahr gestiegen, im 20. Jahrhundert insgesamt um 17 cm. Davon ist etwas mehr als die Hälfte verursacht durch die thermische Ausdehnung des wärmeren Ozeans, etwa 25% durch Abschmelzen der Gebirgsgletscher, und etwa 15% durch das Abschmelzen der Eisschilde. Änderungen der meridionalen Umwälzbewegung im Atlantik (oft vereinfacht, aber unzutreffend als „Golfstrom“ bezeichnet) können aus den vorliegenden Daten nicht abgeleitet werden. Auch der Salzgehalt der Ozeane ist ein Indikator für Änderungen von Niederschlag und Verdunstung. Die Beobachtungen deuten auf einen verstärkten Transport von atmosphärischem Wasserdampf von niedrigen zu höheren Breiten hin. Ursachen der beobachteten Veränderungen x Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Erwärmung der letzten 50 Jahre wesentlich durch anthropogene Treibhausgase verursacht worden ist. x Die für die Klimaänderung verantwortlichen Änderungen der Strahlungsbilanz seit 1750 werden vorwiegend durch Kohlendioxid (CO2) verursacht, in kleinerem Umfang durch andere Treibhausgase. Natürliche Änderungen der Sonneneinstrahlung haben dagegen nur einen geringen Einfluss. x Der CO2-Gehalt der Luft hat seit 1750 um 35% von 280 ppm auf 379 ppm im Jahr 2005 zugenommen. Die Analyse von Eisbohrkernen hat ergeben, dass innerhalb der letzten 650'000 Jahre der CO2-Gehalt nie so hoch wie heute war. Die CO2-Zuwachsrate der letzten 10 Jahre ist die grösste seit 50 Jahren. 78% der Erhöhung gehen auf die Nutzung fossiler Brennstoffe zurück und 22% auf Landnutzungs-Änderungen (z.B. Rodungen). x Andere wichtige Treibhausgase wie z.B. Methan und Lachgas, deren Konzentrationen seit 1750 um 148% bzw. 18 % zugenommen haben, machen zusammen auf die Klimaerwärmung etwa halb soviel aus wie das Kohlendioxid. Prognosen x Die Klimaentwicklung der nächsten 100 Jahre lässt sich überzeugend durch x x x x x x Klimamodelle simulieren, die auf Energienutzungsszenarien basieren. Solche Modelle sagen – je nach Energienutzung und dem damit zusammenhängenden Ausstoss von Treibhausgasen – eine weitere Temperaturerhöhung und einen Meeresspiegelanstieg bis zum Ende des 21. Jahrhunderts voraus. Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts steigt die Temperatur beim niedrigsten Szenario um 1.8°C (1.1–2.9°C), beim höchsten Szenario um 4.0°C (2.4–6.4°C). Die grösste Erwärmung findet dabei in hohen nördlichen Breiten statt. Für die nächsten 30 Jahre hängt die prognostizierte Erwärmung nur wenig von den Annahmen über die zukünftigen Treibhausgas-Emissionen ab. Selbst bei einem sofortigen Stopp aller Emissionen würde durch die Trägheit des Klimasystems ein weiterer Temperaturanstieg um ca. 0.6°C erfolgen. Die Niederschlagsmengen werden in höheren Breiten sehr wahrscheinlich zunehmen, während es in den Tropen und Subtropen (einschliesslich der Mittelmeerregionen) wahrscheinlich zu einer Verminderung des Niederschlags kommen wird. Die schneebedeckte Fläche und die Ausdehnung des saisonal oder permanent gefrorenen Bodens wird weiter abnehmen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Häufigkeit extremer Wettersituationen wie Hitzeperioden oder starker Niederschläge zunehmen wird. Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts steigt der Meeresspiegel beim niedrigsten Szenario um 18-38 cm, beim höchsten Szenario um 26-59 cm. Diese Prognosen sind präziser als jene des letzten Klimaberichtes, vor allem wegen der besseren Genauigkeit bei der Messung der thermischen Ausdehnung des Meeres. Ansonsten unterscheiden sie sich aber nicht wesentlich von den bisher bekannten Werten. Auch bei einem sofortigen Stopp aller Emissionen würde der Meeresspiegel noch über viele Jahrhunderte ansteigen, bedingt durch eine weitere Erwärmung und thermische Ausdehnung des tiefen Ozeans. Hinsichtlich der weiteren Entwicklung des grönländischen und des antarktischen Eisschilds gibt es noch erhebliche Unsicherheiten. Modellrechnungen zeigen, dass ein vollständiges Abschmelzen des grönländischen Inlandeises einen Meeresspiegelanstieg von 7 m bewirken würde. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die meridionale Umwälzbewegung im Atlantik bis Ende des 21. Jahrhunderts um durchschnittlich 25% abnehmen wird. Die Temperaturen in der Atlantischen Region werden aber dennoch zunehmen, da der Einfluss der globalen Erwärmung überwiegt.