19. Oktober 2015 T2 - Quantenmechanik I WS 15/16 - Prof. Scrinzi Übungsblatt 2 2.1: (Z) Der Einfluss einer Messung auf die Wahrscheinlichkeitsverteilungen Motivation: Wahrscheinlichkeit ist zumindest ebenso eine Aussage über unsere Kenntnis eines Sachverhalts wie über den Sachverhalt selbst. Daher ist es im üblichen Wahrscheinlichkeitsbegriff ganz selbstverständlich, dass jede Information, die wir über einen Sachverhalt gewinnen, die Wahrscheinlichkeitsverteilung verändert, auch wenn durch diesen Informationsgewinn der “eigentliche” Sachverhalt nicht geändert wird. Ähnlichen (nicht exakt identischen) Dinge werden uns in der Quantenmechanik als “Kollaps des Wellenpakets” begegnen. (a) Nimm an wir hätten durch eine Messung den Ort und den Impuls eines Systems auf den Bereich [0, x0 ] × [0, p0 ] eingeschränkt, darüber hinaus wüssten wir aber nichts über die Verteilung, also alle Orte und Impulse seien gleich wahrscheinlich: ρ0 (x, p) = N0 χ[0,x0 ]×[0,p0 ] (x, p). (1) Das System sei ein harmonischer Oszillator mit der simplen Hamiltonfunktion H(x, p) = (x2 + p2 )/2. Wie sind die Energien des Systems verteilt? (Es reicht die Verteilung für E < p20 /2 anzugeben. Tipp: Polarkoordinaten.) Welche Energien sind am wahrscheinlichsten? (b) Wir erlangen nun Kenntnis davon, dass die Energie des Systems maximal Emax < p20 /2 ist. Über Details, welche Orte und Impulse vorkommen, haben wir aber keine neuen Erkenntnisse. Wie verändert das die Wahrscheinlichkeitsverteilung? Skizziere ρ0 und die Wahrscheinlichkeitsverteilung ρmax , die die Energiekenntnis berücksichtigt. Berechne den Erwartungswert hHiρmax . (c) Als weitere Information gewinnnen wir den Mittelwert der Energie. Es erweise sich, dass der sehr stark von dem oben berechneten abweicht und offensichtlich einer neuen Verteilung ρM entspricht. Wie sieht ρM aus, wenn der Mittelwert gleich der Maximalenergie ist, also hHiρM = Emax ? Wie, wenn hHiρM = 0? (d) Bei Mittelwerten 0 und Emax kann man ρM als eindeutig ansehen, wenn wir annehmen, dass bis auf die Einschränkungen durch Emax und den Mittelwert die Verteilung der Punkte im Phasenraum gleichmässig bleibt. Wie könnte eine Verteilung für einen Mittelwert 0 < hHiρM < Emax aussehen? Kann man die Gesamtheit der bisherigen Informationen in eine eindeutige Wahrscheinlichkeitsverteilung ρM übersetzen? 1 2.2: (Z) Erzeugende von Transformationen Motivation: In der KM führen Messgrößen eine “Doppelexistenz”: einerseits beschreiben sie mit dem “Spektrum” die möglichen Messergebnisse, andererseits können sie — vermittelt über die Poissonklammern — auf andere Funktionen am Phasenraum wirken. Die Poissonklammer {G, •} mit einer Messgröße G(x, p) könnte als “Operator” aufgefasst werden, welcher aus einer Funktion, sagen wir ρ(x, p), eine neue Funktion g(x, p) = {G, ρ}(x, p) macht. Quantenmechanische Messgrößen definiert man zuerst als Operatoren, die auf die “Wellenfunktion” Ψ wirken können. In der jeweiligen “Spektraldarstellung” sieht man dann, was die möglichen Messwerte sind. (a) Zeige, dass der Impuls p, als Operator aufgefasst {p, •} : f → 7 {p, f }, Verschiebungen der Ortskoordinate “erzeugt”. Also, sei ρa (x, p) := ρ(x − a, p), dann d ρa = {p, ρa }. da (2) (b) Zeige analog, dass der Ort x “boosts” erzeugt, d.h. Verschiebungen im Impulsraum ρb (x, p) := ρ(x, p + b). 2.3: (T) Allgemeine Form von Bewegungsgleichungen (Satz von Liouville) Motivation: Wenn man einmal den Raum festgelegt hat, in dem ein System überhaupt vorkommen kann, dann folgt aus der Erhaltung des Existenz des Systems schon die allgemeinst mögliche Form von Bewegungsgleichungen. Dies gilt für die klassische Mechanik ebenso wie für die Quantenmechanik. Ein klassisches System bewegt sich im Phasenraum und Gleichungen, die das System weder verschwinden lassen noch neue Systeme erzeugen, müssen die Form der Hamiltongleichungen haben. Bald werden wir lernen, dass ein Quantensystem sich im “Hilbertraum” bewegt und die Bewegungsgleichung die Form der Schrödingergleichung haben muss. Beweise den Satz von Liouville, die Umkehrung des Obigen: Angenommen, die Wahrscheinlichkeitsverteilung ρ(x, p, t) evolviert mit der Zeit t gemäß ∂ ρ(x, p, t) = {H(x, p), ρ(x, p, t)}, ∂t (3) dann gilt Z dxdp ρ(x, p, t) = 1 ∀t. (4) Erläuterung Hier werden die ρ(x, p; t) als eine Schar von Funktionen auf dem Phasenraum aufgefasst, die durch t indiziert sind. Eine Notation, die das stärker betont ist ρt : für jedes t is ρt eine Funktion von x und p. Insbesondere sind die x, p nicht selbst als zeitabhängig zu sehen, sondern sie definieren einfach den Punkt, an dem ρt ausgerechnet wird. Die Unterscheidung zwischen totaler Ableitung d/dt und partieller Ableitung ∂t ist daher nicht nötig. Die Veränderung der ρt wird durch die Hamilton’schen Gleichungen ∂t ρt = {H, ρt } bestimmt. 2 2.4: (T) Funktionen von Matrizen Motivation: So wie wir in der klassischen Mechanik Messgrößen als Funktionen von x und p ausdrücken, werden wir in der Quantenmechanik Messgrößen als Funktionen der “Operatoren” X und P ausdrücken. Für einen beliebigen einzelnen Operator P werden Funktionen nach dem selben Prinzip konstruieren, wie in diesem Beispiel für Matrizen. b betrachtet man eine Vorschrift (Abbildung) f , die A b wieder eine Als Funktion einer Matrix A Matrix zuordnet: f : Cn×n → Cn×n b b A 7→ f (A). Alle Funktionen für komplexe Zahlen lassen sich auch für diagonalisierbare Matrizen definieren (insbesondere also für hermitesche Matrizen), dies geht auf zwei Weisen. P∞ ˜ ˜ Hat die Funktion f die konvergente Potentzreihe f (x) = k=0 ak xk , dann ist ∞ X bk . ak A (5) b := U b f (D) b U b †, f (A) (6) b := f (A) k=0 Alternativ kann man auch definieren b=U bD bU b † die Diagonalisierung (vergleiche Aufgabe 0.2) von A b ist (was auch ”Spektwobei A b ist eine Diagonalmatrix mit den Eigenwerten {d1 , d2 , . . . , dn } raldarstellung” genannt wird). D b als Diagonalelemente. f (D) b ist dann definiert durch von A f˜(d1 ) 0 0 ... f˜(d2 ) 0 ... 0 b . (7) f (D) := ... 0 0 0 .. .. . . 0 f˜(dn ) (a) Zeige, dass die Definition durch die Spektraldarstellung die Definition durch die Potenzreihe umfasst. (b) Verwende beide Definitionen, um h i b exp Aθ mit b= A 0 1 −1 0 (8) und θ ∈ R zu berechnen. (c) Berechne über die Spektraldarstellung die folgende charakteristische Funktion einer hermiteschen Matrix mit komplexen Matrixelementen: 0 −i χ[0,1] (σ2 ) , σ2 := (9) i 0 3 wobei, im Falle von R als Wertebereich, die charachteristische Funktion gegeben ist durch χ[a,b] : R → R ( 1 für x ∈ [a, b] x 7→ 0 sonst. (σ2 ist wieder eine Pauli-Matrix, die 2te, die uns von den insgesamt dreien bisher noch nicht begegnet ist). (d) Für charakteristische Funktionen von reellen Zahlen gilt ganz allgemein χ[a,b] (x)2 = χ[a,b] (x). Überprüfe das und zeige dann, dass dies auch für unsere Matrixfunktion gilt: χ[0,1] (σ2 )χ[0,1] (σ2 ) = χ[0,1] (σ2 ) b und B b seien zwei beliebige hermite(e) Es habe f : R → C eine konvergente Potenzreihe. A sche Matrizen. Zeige b b b −A b b −Ab. (10) ) = eA f (B)e f (eA Be 2.5: (T) Doppelspaltexperiment Das Doppelspaltexperiment ist eines der berühmtesten Experimente welches den Welle-TeilchenDualismus aufzeigt. Auch Objekte die sich typischerweise wie Teilchen verhalten, zeigen hier Interferenzmuster, eine typische Welleneigenschaft. Wir betrachten nun das Experiment mit Licht. Die Intensität des Lichts ist definiert als die Energie pro Fläche die durch das Licht übertragen wird. (a) Zeige, dass die Intensität einer punktförmigen Lichtquelle mit dem Abstand r zur Quelle verhält wie I(r) ∼ r1−d (d die Dimension des Raums). Wir beschreiben Licht vereinfacht nur durch das (richtungslose) elektische Feld E(~r, t). Die Intensität sei I ∼ |E|2 . 1−d (ct − r)) für eine punktförmige Lichtquelle mit (b) Argumentiere, dass E(r, t) ∼ r 2 exp(i 2π λ Wellenlänge λ. (c Lichtgeschwindigkeit). Im Doppelspaltexperiment wird Licht auf eine Wand mit zwei Spalten gestrahlt. An jedem dieser Spalte bildet sich dann jeweils eine (zwei-dimensionale) Kugelwelle. Auf einem Schirm hinter der Wand zeigt sich ein Interferenzmuster. Der Abstand der Spalte sei 2s, der Abstand zwischen Wand und Schirm sei a. x sei die Koordinate auf dem Schirm, senkrecht zu den Spalten. 4 x). (c) Zeige, dass für a s, x gilt: I(x) ∼ 1 + cos( 4πs aλ (d) Wie groß ist der Abstand zweier Intensitätsmaxima für λ = 600nm, s = 0.5mm und a = 2m? 2.6: (T) Diagonalisieren Diagonalisiere √ E√ i/ 2 0√ M := −i/ 2 E√ i/ 2 E 0 −i/ 2 mit E, ∈ R. (Siehe Aufgabe 0.2) 5 (11)