Wer oder was sind „entwicklungsfähige Zellen“? Anmerkungen zu R (on the Application of Quintavalle) v. Secretary of State for Health [2003] 2 All ER 113 Univ.-Prof. Dr.iur. Erwin Bernat, Graz Das Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG) 1992 definiert den Embryo in vitro, für den es den Begriff „entwicklungsfähige Zellen“ verwendet, in seinem § 1 Abs 3 wie folgt: „Als entwicklungsfähige Zellen sind befruchtete Eizellen und daraus entwickelte Zellen anzusehen.“ Eine ähnliche – wenngleich unnötig umständliche – Definition des Embryos in vitro enthält der englische Human Fertilisation and Embryology Act (HFE Act) (1990). Die in sec. 1 (1) (a) und (b) des HFE Act enthaltene Definition lautet wie folgt: “(1) In this Act, except where otherwise stated— (a) embryo means a live human embryo where fertilisation is complete, and (b) references to an embryo include an egg in the process of fertilisation, and, for this purpose, fertilisation is not complete until the appearance of a two cell zygote.” Embryonen, die durch therapeutisches Klonen (Cell Nuclear Replacement – CNR) entstehen, verdanken ihr Dasein keinem Befruchtungsakt. Fallen solche Embryonen daher nicht in den Einzugsbereich des österreichischen und englischen Gesetzes? Das englische House of Lords vertritt die Auffassung, dass auch geklonte Embryonen unter das Gesetz fallen. Ich gehe in meinem Referat der Frage nach, ob diese Auffassung tatsächlich, wie das House of Lords sagt, bloß auf einer teleologischen Interpretation („purposive interpretation“) beruht oder nicht vielmehr Ergebnis eines (nach englischem Recht nicht anerkannten) Analogieschlusses ist und vergleiche die Argumentation des House of Lords mit den zu § 1 Abs 3 FMedG in der österr. Literatur zum Ausdruck gebrachten Meinungen.