Angewandte Mikrobiologie II

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Angewandte Mikrobiologie
und
Biotechnologie
Teil-2
Grundvorlesung Mikrobiologie WS 2005/6
AG Mikrobiologie /AK Biotechnologie
Angewandte Mikrobiologie
Industrielle Mikrobiologie
Medizinische Mikrobiologie
Nahrungsmittel-Mikrobiologie
Umwelt-Mikrobiologie
1
Industrielle Mikrobiologie
oft synonym mit
Biotechnologie
Produktion von
Industrielle Mikrobiologie
Protein, SCP
Organische Säuren incl. Aminosäuren
Organische Lösungsmittel
Polysaccharide, -alkanoate und Polyketide
Antibiotika und andere Pharmaka
Vitamine, Coenzyme
2
Woher kommen die Mikroorganismen, die in
der Industriellen Mikrobiologie eingesetzt
werden?
Ursprünglich immer die natürliche Umgebung
Anreicherung und Isolierung
(Screening)
Charakterisierung und Veränderung
(Biochemisch/Molekular)
Stammpflege und hinterlegen in Stammsammlungen
Anreicherung und Isolierung
• Pour Plate Method
Plattengussverfahren
• Spread Plate Method
Ausspatelverfahren
• Plate count
Verdünnungsserien
• Chemostat
Kontinuierliche Kultur
3
Anreicherung und Isolierung
Chemostat
Konstante Substratfütterungsrate
F (ml/h) =
konstante Entnahme
an Zellsuspension
Konstante
Verdünnungsrate
D = F/V (h-1)
Mit:
V = Kulturvolumen
Anreicherung und Isolierung
Charakteristika einer Chemostatkultur
4
Welche Eigenschaften muss ein industrielleingesetzter Mikroorganismus haben?
1. Den gewünschten Umsatz zeigen
2. Als Reinkultur kultivierbar sein
3. Genetisch stabil sein
4. In Kulturen mit großen Volumina wachsen
5. Hohe Wachstumsrate haben
6. Gut konservierbar / hälterbar sein
7. Apathogen sein / keine oder inaktive Toxine
produzieren
Produkte der industriellen Mikrobiologie
Zellen
Bioconversion
Zellprodukte
Substrate
Hefen
Produkt z.B.
Steroide
Enzyme
Antibiotika
Nahrungsmittelzusätze
Ethanol
Zitronensäure
Chemikalien
5
Primär und sekundär Metabolite
Primäre Metabolite
Wachstumssubstrat
Zellen / Biomasse
Primäre Metabolite
Wachstumssubstrat
Zellen / Biomasse
Sekundärmetabolite
Primäre Metabolite
Wachstumssubstrat
Zellen / Biomasse
Sekundärmetabolite
Primärstoffwechsel - Biomasse
Nährstoffe / Substrat
Zellen / Biomasse
Produkte des
Primärstoffwechsels
Zellen / Biomasse und Metabolite werden
simultan gebildet
6
Primärstoffwechsel - Ethanol
Glucose
ATP
Glucose-6-Phosphat
Fructose-6-Phosphat
ATP
Biomasse
Fructose-1,6-bisphosphat
Glycerinaldehyd-3phosphat
1,3-Bisphosphoglycerat
ATP
Konzentration
Dihydroxyacetonphosphat
Substrat
Produkt
PEP
ATP
Pyruvat
Ethanol
Zeit
Acetaldehyd
Sekundärstoffwechsel
Nährstoffe / Substrat
Zellen / Biomasse
Produkte des
Primärstoffwechsels
Sekundärmetabolit
Zellen / Biomasse und Produkte des Primärstoffwechsels werden
gebildet
Produkte des Primärstoffwechsels werden in Sekundärmetabolite
überführt
7
Sekundärstoffwechsel - Gluconsäurebildung
Eine „konsekutive“
Reaktion: Glucose wird zum
Gluconolacton, das dann zu
Gluconsäure umgesetzt wird.
Organismus: Pseudomonas
ovalis
Biochemical Engineering
Fundamentals , Bailey & Ollis, 1977
Sekundärstoffwechsel
Nährstoffe / Substrat
??
Zellen / Biomasse
Intermediat des
Primärstoffwechsels
Sekundärmetabolit
Zellen / Biomasse werden gebildet
Überschüssiges Substrat wird in Sekundärmetabolite überführt
8
Sekundärstoffwechsel – Penicillin
Produktion erfolgt, wenn das C : N : P-Verhältnis
für das Zellwachstum ungünstig ist (unbalanced growth)
Sekundärmetabolite - Charakteristika der Produktion
1.
Sekundärmetabolite werden spezifisch jeweils nur von wenigen
Spezies / Stämmen produziert.
2.
Sie scheinen ohne Bedeutung für Wachstum und Reproduktion
3.
Die Bildung von Sekundärmetaboliten hängt stark von den
Wachstumsbedingungen insbesondere von der Medienzusammensetzung ab. Häufig hat das C : N . P-Verhältnis großen
Einfluss.
4.
Sekundärmetabolite werden häufig als eine Gruppe eng verwandter
Strukturen gebildet.
Z.B.: Streptomyces sp.produziert 32 eng verwandte jedoch nicht
identische Anthracyclinantibiotika.
5.
In vielen Produktionsstämmen kann der Stoffwechsel zur
Überproduktion des Sekundärmetaboliten angeregt werden.
Das geht bei Primärstoffwechselprodukten nicht.
9
Bioreaktoren im Labor und Pilotmaßstab
Photos: Hulsch, 2003
Industriell interessante Speicherstoffe von
Bakterien
Das Homopolymer Polyhydroxybutyrat (PHB)
10
Intrazelluläre Polymere
•
Die meisten Prokaryoten sind in der Lage intrazellulär
eine oder mehrere Arten von Reservestoffen zu
bilden / lagern.
•
Diese bestehen aus wasserunlöslichem Material/ Granula
sog. inclusion bodies
•
Reservematerial wird gebildet, wenn das Verhältnis von
verfügbarer Energie zu verfügbaren Baustoffen nicht
ausgeglichen ist.
•
Die makromolekularen Reservestoffe können zur
Aufrechterhaltung des Metabolismus in Hungerphasen
verwendet werden.
Es gibt verschiedene polymere
(Speicher-) Stoffe
Einige Beispiele:
•
Polyglucose
•
Polypeptide
•
Schwefel
•
Polyphosphate
•
Polyketide
•
Polyhydroxyalkanoate
•
Wachse, Wachsester
11
Polyhydroxyalkanoate (PHAs)
1920 Erstbeschreibung von Polyhydroxybuttersäure
(PHB) durch Lemoigne*
Organismus: Bacillus megaterium
1974 Erstbeschreibung von Heteropolymeren
aus 3-Hydroxybutyrat und 3-Hydroxyvalerat
Seit ca. 1990 Einsatz von PHAs als Verpackungsmaterial
Lemoigne, M. 1926. Bull Soc Chim Biol, 8: 770 Wallen, L.L., Rohwedder W.K. 1974. 1974. Environ Sci
Technol, 8: 576 De Smet et al. 1983. J Bacteriol, 154:870
ß-Hydroxybuttersäure (Isomere)
OH
H3C
CH2
CH
OH
O
C
CH
H3C
O
CH2
C
OH
OH
a
b
O
HO
CH2
CH2
CH2
C
OH
c
Valeriansäure
H3C-(CH2)3-COOH
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Einige Funktionen von PHA in Zellen
• Speicherung von großen Mengen an Kohlenstoff ohne osmotische
Probleme
• In Bacillus kann PHA als Kohlenstoff- und Energie-Quelle für die
Sporenbildung dienen
• Azotobacter, die Sauerstoffstress haben, nutzen PHA als C-Quelle
zur Kapselbildung
• PHB spielt eine Rolle in der Regulierung der Ca2+ Konzentration in
Zellen
Biosynthesis
Balanced medium
Excess carbon,
N-,P-or O2-limitation
Glucose
NADH
Pyruvate
1
Oxalac.
TCC
Citrate
Acetyl-CoA
2*
CoA-SH
Acetoacetyl-CoA
NAD(P)H
3
NADH
O2
NAD(P)
Hydroxybutyryl-CoA
Acetoacetyl-CoA
Respiration chain
N,P
4
Polyhydroxybutyrate
Growth
1 = Citrat synthase, 2* = ß-Ketothiolase, 3 = Acetyl-CoA reductase, 4 = PHB-synthase
13
PHA-Synthese aus Kohlehydraten
Die meisten Organismen synthetisieren PHA aus Acetyl-CoA
durch eine Sequenz von drei aufeinanderfolgenden Reaktionen
1
1. acetyl-CoA + acetyl-CoA
2. acetoacetyl-CoA + acetyl-CoA
acetoacetyl-CoA
2
3. 3-hydroxybutyryl-CoA + PHB – CoASH
3-hydroxybutyryl-CoA
3
3-hydroxybutyrat
1 = 3-ketothiolase, acetyl-CoA acetlytransferase,
2 = acetoacetyl-CoA-reductase,
3 = poly(3-hydroxybutyrate)synthase, PHB-synthase
Regulation des PHA-Stoffwechsels
•
Azotobacter beijerincki akkumuliert PHB nur unter
Sauerstoffmangel
•
Der „Kontrollpunkt“ ist das Schicksal von Acetyl-CoA
Haben Zellen ein hohes Verhältnis von NADH/NAD, dann wird
PHB synthetisiert
Hohe NADH/NAD-Verhältnisse inhibieren die TCA-Enzyme
Citratsynthase and Isocitratdehydrogenase
Haben Zellen ein niedriges NADH/NAD Verhältnis, ist der
bevorzugte Stoffwechselweg der TCA, weil:
Das Enzym des ersten PHB-Syntheseschrittes durch CoA
inhibiert wird, das bei niedrigen NADH/NAD Verhältnissen
akkumuliert
•
Das Verhältnis von NADH/NAD und die Konzentration von
Acetyl CoA hängt ab von der Konzentration an:
Sauerstoff, Stickstoff oder Phosphat
14
Produktion bakterieller Cellulose
Bakterielle Cellulose ist ein hochwertiger Rohstoff
Verwendung z.B. als Verbandsmaterial
Bakterielle Cellulose ist ein extracelluläres
Polymer von Acetobacter xylinum
•
In nicht gerührten Batch Kulturen
werden Celluloseschichten von
bis zu 20 cm produziert
air
cellulose
Bacteria in suspension
• Bakterielle Cellulose hat die selbe
Zusammensetzung wie Pflanzencellulose, jedoch ohne den
Hemicelluloseanteil
• Sie ist extrem rein und hoch kristallin
• Bakteriencellulose wird produziert, wenn die Zellen ein
nicht ausgewogenes Nährstoffangebot haben
• Unterschiedliche Zucker können als C-Quelle fungieren
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Produktion von Cellulose durch Acetobacter xylinum
Produktion bakterieller Cellulose
Glucose
Cellulose Microrofibrillen
Pore
GlucoKinase
Pore
Pore
ATP
ADP
Glucose-6-p
Cellulose-Synthase
UDP-Gluc
Gluc-1-P
UTP
Weiterer Metabolismus
Glylcolyse,
TCA
etc.
CS
CS
PPi
UDP-Glc-Pyrophosphorylase
Mikroorganismen und
Futter/Nahrungsmittel
Hygiene, Prävention, Konservierung
Produktion (z.B. Yoghurt, Essig, Tofu)
Melioration (z.B. Silage, Sauerkraut)
Zusatzstoffe und Konfektion (z.B. Zucker)
Functional Food and Novel Food
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Anwendungsbereiche einiger Mikroorganismen als
Starterkulturen
Mikroorgansimus
Anwendungsbereich
Saccharomyces cerevisiae
Brauwesen, Backindustrie
Lactobacillus
Joghurt, Salami
Streptococcus lactis
Sauermilchprodukte
Penicillium roquefortii
Roquefort Käse
Streptomyces sp.
Aromaverbesserung in Rohwurst
Lactobacillus plantarum
Silage
Leuconostoc, Pediococcus
Sauerkraut
Acetobacter aceti
Essig
Essigherstellung
• Essig ist eine wässrige Lösung von Essigsäure
• Essig wird durch bakterielle Oxidation von Ethanol
produziert
• Essig kann aus allen ethanolhaltigen Substanzen
produziert werden
• Meist wird Essig aus Wein oder Apfelmost hergestellt
• Die jährliche Produktion beträgt 1 x 109 Liter
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Spezies und Stoffwechselweg der Essigsäurebildung
• Acetobacter sp. und Glauconobacter sp., zwei eng
verwandte Spezies werden zur industriellen
Produktion eingesetzt
• Essigsäurebildung erfolgt in diesen Organismen über
eine unvollständige Oxidation
• Sauerstoff ist der Elektronenakzeptor
• Das Medium wird durch das Produkt Essigsäure stark
angesäuert
Welche Produktionsprozesse werden
eingesetzt?
1.
Orlean-Methode; ist die älteste Methode
Wein wird in offenen Schalen der Luft ausgesetzt.
Essigsäurebakterien wachsen als schleimige Schicht an der Oberfläche
(Biofilm).
2.
Trickling Filter oder Oberflächenreaktor
Hier wird Ethanol über Holzspäne verrieselt.
Auf den Spänen siedeln die Mikroorganismen.
Luft wird von unten eingeblasen, um aerobe Verhältnisse zu
gewährleisten. Konversionsrate bei 30oC ist 90%.
3.
Frings-Essigsäurereaktor – häufig eingesetzter industriellerProzess
Submerser Rührtank mit intensiver Begasung.
Er wird batch, semikontinuierlich oder kontinuierlich betrieben.
18
Essigsäureproduktion
Oxidation von Ethanol zu Essigsäure
Organismus: Acetobacter aceti
H2O
NADH2
NADH2
NAD
NAD
CH3CH2OH
CH3CHO
1
Ethanol
Acetaldehyd
1 = Alkoholdehydrogenase
CH3COOH
CH3CH(OH)2
Acetaldehydhydrat
2
Essigsäure
2 = Acetaldehyddehydrogenase
Nachhaltige
Biotechnologie
Nutzung
erneuerbarer
Rohstoffe
Einsparung:
Ressourcen,
Energie
Zukünftiges
Entwicklungspotential
Neue nachhaltige
Produkte
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