Über Kleines und Großes in Mathematik und Informatik Thomas Risse Institut für Informatik & Automation, IIA FB E&I, Hochschule Bremen, HSB • kleine und große (natürliche) Zahlen • auf das Größenverhältnis kommt es an • (Wachstum von) Aufwand messen • Je mehr Prozessoren desto mehr Leistung? • das Große im Kleinen, das Kleine im Großen • geht’s noch größer? . . . c [email protected] 24. Oktober 2006 Einführungsveranstaltung Th. Risse, HSB – Kleines und Großes 1. zum Hintergrund disclaimer • subjektiv, Schlaglicht-artig, assoziativ, . . . mein Hintergrund • Mathematik, Computer-Architektur, Kryptographie, generative Computer-Graphik, digitale Bildverarbeitung . . . Ihr Hintergrund • Interesse an Informatik, Mathematik-Vorbereitungskurs . . . 2 Th. Risse, HSB – Kleines und Großes 3 2. Zählen 1,2,3, ... N = {1, 2, 3, . . .}, Pythagoräer, GF(2) • 0-dimensional: 1-dimensional: 2-dimensional: 3-dimensional: Punkte Strecken, Kurven Ebenen, Flächen Körper im Raum, Volumina • 4-dimensional: Objekte im Raum-Zeit-Kontinuum (Cinema4D) • 10 Finger • M = {e1 , e2 , . . . , en } ⇒ Kardinalität card(M ) = n Die Menge P(M ) aller Teilmengen einer Menge M heißt PotenzMenge von M . Es gilt card P(M ) = 2card(M ) Th. Risse, HSB – Kleines und Großes 3. große Zahlen • mit 16 bit kann man die 216 = 65536 natürlichen Zahlen 0, 1, 2, . . . , 216 − 1 = 65535 darstellen • mit 32 bit kann man die 232 natürlichen Zahlen 0, 1, 2, . . . , 232 − 1 = 4(210 )3 − 1 > 4(103 )3 = 4 · 109 darstellen • Schulden des Landes Bremen z.Zt. ca 13 Mrd e = 13 · 109 e, s. Schulden-Uhr, laut WK angeblich +33 e/sec ??? • Schulden des Bundes z.Zt. ca 1.5 Billionen e = 1.5 · 1012 e www.bundesbank.de/ .. zeitreihen .. bu1131, www.steuerzahler.de, www.susannealbers.de/schulden-seite.html ) • Anzahl der Atome eines Menschen 7 · 1027 , der Erde 6 · 1049 , der Sonne 1057 , der Milchstrasse 1068 , des Universums 1078 • gibt es größere natürliche Zahlen als n ? 4 Th. Risse, HSB – Kleines und Großes 5 4. kleine (und große) Zahlen 0 < 1, −1 < 0 usw. Z = {0, ±1, ±2, . . .} Wie steht’s mit kleinen positiven Zahlen? Q = {Brüche} • Rechner können (normalerweise) nur Brüche darstellen: nämlich als Gleitpunkt-Zahlen: Mantisse × BasisExponent • numerische Überraschungen: es gibt , a, b, c mit 1+=1 (a + b) + c 6= a + (b + c) angenommen Mantisse = x.yz mit x 6= 0 a = 1.00 × 100 = 1 b = 5.00 × 10−3 5.00 × 10−3 1.00 +5.00 × 10−3 +0.005 1.005=1.00 ˆ 10.00 × 10−3 =0.01 ˆ c = 5.00 × 10−3 1.00 +0.01 1.01 hier kommt’s also auf das Verhältnis von groß zu klein an . . . Th. Risse, HSB – Kleines und Großes 6 5. (Wachstum von) Aufwand messen Wie aufwändig ist ein bestimmtes Verfahren? (Das Aufwandsmaß soll unabhängig vom eingesetzten Rechner sein!) Z.B. Sortieren von Objekten ihrer Größe nach Personen, Skat-Karten, Telefon-Buch, invertiertes Telefon-Buch Der Aufwand hängt ab von der Anzahl n der zu sortierenden Objekte. • naives Verfahren: Aufwand ist proportional zu n2 • bessere Verfahren: Aufwand ist proportional zu n log n für z.B. n = 1000 viele weitere Beispiele: • Strassen- n2.8 ≈ nld 7 statt n3 für naive Matrix-Multiplikation • FFT in der Nachrichten-Technik, Bildverarbeitung etc. • Algorithmen zum Knacken z.B. der RSA-Verschlüsselung c Th. Risse, HSB – Kleines und Großes 7 6. Wieviele Prozessoren? • dual/multiple core wird gerade Mode: p = 2, 4 • 1980: DAP (Distributed Array Processor), ICL: p = 64 × 64 • top of top500: IBM Blue Gene/L: p = 216 × 2 = 131072 Was ist zu erwarten, wenn p Prozessoren zur Lösung eines Problems zur Verfügung stehen? Laufzeit für Monoprozessor Beschleunigungsfaktor β = ≤p Laufzeit für Multiprozessor Z.B. p = 2m Prozessoren (Pi )i=0,1,...,p−1 stehen zur Verfügung, um p = 2m Zahlen (ai )i=0,1,...,p−1 aufzusummieren: 1. Runde: P2i berechnet Zwischensumme s2i = a2i + a2i+1 2. Runde: P4i berechnet Zwischensumme s4i = s4i + s4i+2 usw. β = (p − 1)/ldp = (2m − 1)/m < p = 2m c linear speed up wird i.A. nicht erreicht! Th. Risse, HSB – Kleines und Großes 8 7. das Große im Kleinen, das Kleine im Großen Granat Fluorit Farn Farn • Silhouette einer Linde sieht aus wie ein Linden-Blatt. • Basalt-Säulen sehen aus wie Basalt-Kristalle. • Wolken sehen im Großen aus wie im Kleinen . . . Benoit Mandelbrot: Die Natur ist fraktal! • Erzeugung von ’natürlich aussehenden Objekten’ (Bäume, Berge, Seen, . . . ), fraktale Kompression Th. Risse, HSB – Kleines und Großes 9 8. Größer geht’s nimmer? card(2N) < card(N) < card(Z) inuitiv vermutet – leider zu Unrecht • ins vollbesetzte Hilbert-Hotel passt immer noch ein weiterer Gast • ins vollbesetzte Hilbert-Hotel passen immer noch n weitere Gäste • ins vollbesetzte Hilbert-Hotel passen immer noch ∞ weitere Gäste card(2N) = card(N) = card(Z) Georg Cantor: card(N) = card(Q) Es gilt card(P(M )) > card(M ) auch für ’unendliche Mengen’: Angenommen f : M → P(M ) surjektiv. Sei T = {m ∈ M : m 6∈ f (m)}. Laut Voraussetzung gibt es mo mit T = f (mo ). Dann gilt mo ∈ T = f (mo ) ⇐⇒ mo 6∈ f (mo ) Widerspruch! 1 falls n ∈ T N ⊃ T ↔ (an )n mit an = ↔ x = 0.a1 a2 a3 . . . ∈ 0 falls n 6∈ T [0, 1] ⊂ R folgt R ⊃ P(N) also card(R) ≥ card P(N) > card(N).