Wahlprüfstein DIE LINKE

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W ahl p r ü f stei n D IE L I N K E
missio
Internationales Katholisches
Missionswerk e.V.
Postfach 10 12 48
52012 Aachen
Frage n d es mi s s i o e. V.
Zehn Jahre nach ihrer Gründung im Jahr 2007 diskutiert DIE LINKE intensiver als je zuvor über ihr Verhältnis zu Religion und
Religionsgemeinschaften und kommt damit ihrem selbstgesteckten Ziel, sich sowohl für umfassende Religionsfreiheit, als auch für die
Trennung von Staat und Kirchen einzusetzen, einen wichtigen Schritt näher. Mit der in diesem Jahr vom Parteivorstand beschlossenen
Kommission Religionen, Weltanschauungen, Staat und Kirche werden wir die Positionen weiter entwickeln.
Die folgenden Antworten beruhen auf unserem Bundestagswahlprogramm (Sozial, gerecht, Frieden für alle. Die Zukunft, für die wir
kämpfen. Bundestagswahlprogramm der LINKEN 2017
https://www.die-linke.de/fileadmin/download/wahlen2017/wahlprogramm2017/die_linke_wahlprogramm_2017.pdf )
1. Für wie gefährdet hält Ihre Partei das Menschenrecht auf Religionsfreiheit weltweit? Welche drei globalen
Entwicklungen gefährden die Religionsfreiheit am meisten?
DIE LINKE hält die Religionsfreiheit, hier kurz für die Denk-, Gewissens-, Religions- und Weltanschauungsfreiheit derzeit für stark
gefährdet. Deutlich ablesbar sind die Gefährdungen der Religionsfreiheit in Deutschland etwa an der Zunahme von
antimuslimischen Rassismus, der Präsenz des Antisemitismus oder den Angriffen auf die Kirchen, Synagogen, Moscheen sowie
Glaubensgemeinschaften, die sich für Flüchtlinge oder gegen Kriege einsetzen.
Die Strategie der NATO, im Nahen Osten mit der Politik des „Regime-Change“ wirtschafts- und außenpolitisch gefällige
Regierungen einzusetzen, hat von Afghanistan über den Iran bis zu Libyen und Syrien zu verheerenden Kriegen, Bürgerkriegen,
Flucht, Vertreibung und der Entstehung von Terrornetzwerken geführt, die es so in den 80ern noch nicht gab. Ein Teil dieser
Terrornetzwerke beruft sich auf den Islam, um dem Terror eine Legitimation zu verschaffen und gegenüber dem sog. Westen eine
Identität zu finden. Die LINKE will Konflikte friedlich lösen, die Auslandseinsätze der Bundeswehr beenden, sämtliche
Rüstungsexporte verbieten und die Fluchtursachen bekämpfen.
2. Welche konkreten Gesetzes- und andere parlamentarischen Initiativen hält Ihre Partei für notwendig, um das
Menschenrecht auf Religionsfreiheit besser zu schützen?
Wir stehen dafür ein, das Menschenrecht auf Religionsfreiheit zu wahren, zu schützen und gegen Angriffe zu verteidigen. Die
weltanschauliche Neutralität des Staates schließt eine Zusammenarbeit mit Kirchen, Religions- und
Weltanschauungsgemeinschaften aber keineswegs aus. Wir setzen uns daher generell für eine Ausweitung dieser bestehenden
Verträge auch auf weitere Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften ein.
Die Gretchenfrage und bestimmende gesellschaftliche Auseinandersetzung in der Bundesrepublik ist das Verhältnis zum Islam.
Wir sehen die Gefahr, dass die täglichen pauschalen Angriffe auf den Islam nicht nur die Religionsfreiheit der Muslime, sondern
die Religionsfreiheit generell gefährden.
Die seelsorgerische Betreuung sollte auch bei der Bundeswehr, im Strafvollzug oder anderen geschlossenen Einrichtungen allen
Religionsgemeinschaften offen stehen. Jede und jeder sollte sich zu seiner Religion öffentlich bekennen können. Einschränkungen
bei religiös motivierter Bekleidung oder lehnen wir ab. Verbote bei Sakralbauten ebenso. Das Judentum wie der Islam gehören zu
Deutschland. Deshalb fordern wir die Einführung staatlich anerkannter jüdischer und muslimischer Feiertage.
3. Christen weltweit werden bedrängt und verfolgt. Wie will Ihre Partei diesen Menschen helfen?
Die Religionsfreiheit kann nur dadurch geschützt werden, dass alle Religionen und deren Ausübung gleichermaßen geschützt
werden. Das Menschenrecht auf Religionsfreiheit ist universal, also betrifft es jede und jeden.
Darum wenden wir uns genauso gegen die Abschiebung von Jessiden aus Deutschland nach Bulgarien die Bedrohung der Bahai’i
im Iran, der Falun-Gong-Bewegung in China, der Ahmadiyyah-Gemeinde in Indonesien, oder die Verfolgung von Christen. Die
Aufzählung ist unvollständig, soll aber deutlich machen, dass keine und keiner seines Bekenntnisses wegen verfolgt werden darf.
4. Welchen Stellenwert hat in Ihrer Partei der interreligiöse Dialog als Mittel der Politik? Wie will Ihre Partei den
interreligiösen Dialog politisch stärken?
Der interreligiöse Dialog ist für uns eine wichtige und nicht selten unterschätzte Möglichkeit, Missverständnisse und Vorurteile
abzubauen und mit historischen gegenseitigen Verletzungen und generellen Differenzen umgehen zu lernen. Er ist unverzichtbar,
weil religiöse Erfahrungen bzw. die Entscheidungen für oder gegen eine Religion zutiefst persönlich, für andere nicht einfach
nachvollziehbar und damit missverständlich sein können. Es können damit Vorurteile abgebaut werden, weil über die Aufklärung
der Gründe für den Glauben Verständnis für die spezifischen Riten und Kulte geweckt werden kann. Es kann mit historischen
gegenseitigen Verletzungen umzugehen gelernt werden, weil im Gespräch je eigene Traditionen in Frage gestellt und als Problem
erkannt werden können, wie etwa bei Luthers Bild von den Juden, den christlichen Kreuzzügen oder muslimischer Sklaverei. Der
Abbau dieser Missverständnisse und Vorurteile sowie der offene Umgang mit historischen gegenseitigen Verletzungen und
generellen Differenzen bietet die Voraussetzung dafür, mit den bei Religionen grundlegenden Differenzen hinsichtlich der
Offenbarung, des Glaubens oder des Gottesbildes umgehen zu können.
DIE LINKE setzt sich für einen Ethikunterricht ein, in dem alle Schülerinnen und Schüler mit ihren unterschiedlichen
weltanschaulichen, kulturellen und religiösen Hintergründen gemeinsam über ethische Fragen diskutieren können. Soweit
bekenntnisorientierter Religionsunterricht an Schulen als Wahlfach angeboten wird, sollten sich alle Religionsgemeinschaften
beteiligen können. Darüber hinaus unterstützen und fördern wir den interreligiösen Dialog in unserer Partei und in den
Parlamenten.
5. Würde Ihre Partei politische und wirtschaftliche Sanktionen gegen Staaten unterstützen, die eklatant das
Menschenrecht auf Religionsfreiheit verletzen?
Ja. Das Menschenrecht auf Religionsfreiheit ist nicht ein Menschenrecht u.a., sondern es steht historisch und systematisch am
Beginn der Entwicklung und Etablierung der Menschenrechte.
Die Linke hat sich über viele Jahrhunderte schwer getan damit, weil Religion zur Legitimation von Gewalt, Unterdrückung und
Ausbeutung eingesetzt wurde, wie etwa in Religionskriegen der Neuzeit oder in absolutistischen Staaten bis in die Gegenwart.
Gleichzeitig war Religion aber auch immer ein Grund, gegen Unterdrückung anzukämpfen, wie etwa beim Kampf gegen die
Sklaverei, für eine solidarische Gesellschaft, für den Frieden, für die Rechte der Ausgegrenzten oder Flüchtlinge aktuell. Religion
ist für uns also nicht ein konservatives oder reaktionäres Relikt aus alter Zeit, sondern Religionen, Kirchen und religiöse
Bekenntnisse haben einen wichtigen Platz in der Gesellschaft heute.
Wo das Menschenrecht auf Religionsfreiheit verletzt wird, sind alle anderen Menschenrechte ebenso bedroht.
Sanktionen und Boykotte sind ein Mittel für das wir uns aussprechen, weil es eine nicht-militärische Konfliktlösung bedeutet. In
jedem Falle ist zu prüfen, wer der Leidtragende dieser Mittel ist.
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