§1 Dreiecke

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Mathematische Probleme, SS 2016
Dienstag 3.5
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§1
Dreiecke
1.7
Einige Sätze über Kreise
In der letzten Sitzung hatten wir den Satz von Thales über Durchmesser von Kreisen und den Perepheriewinkelsatz über allgemeine Sekanten von Dreiecken bewiesen.
Fassen wir den Satz von Thales und den Perepheriewinkelsatz zusammen, so sind die
Perepheriewinkel bezüglich einer beliebigen Sekante des Kreises unter und über der
Sekante jeweils zueinander gleich und durch Vergleich mit einem rechten Winkel kann
man auch sehen ob die Winkel unter oder über der Sekante gebildet werden.
Korollar 1.23: Seien k ein Kreis und AB eine Sekante von k. Dann sind alle Perepheriewinkel von k auf derselben Seite von AB einander gleich.
Beweis: Dies folgt aus dem Satz von Thales Satz 21 wenn AB ein Durchmesser von k
ist und aus dem Perepheriewinkelsatz Satz 22 wenn AB kein Durchmesser von k ist.
C
C
C’
φ
C
γ
B
γ
k
D
φ
D
θ
c
γ
M
M
A
B
A
c
B
A
Perepheriewinkel
Umkreisradius, Fall 1
Umkreisradius, Fall 2
Als eine weitere Anwendung des Perepheriewinkelsatzes wollen wir jetzt eine zweite
Methode zur Berechnung des Unkreisradius R eines Dreiecks ∆ = ABC vorführen.
Bezeichne hierzu k den Umkreis von ∆ und sei AD der Durchmesser von k durch A.
Nach dem Satz von Thales Satz 21 ist das Dreieck ABD bei D rechtwinklig und nach
dem Perepheriewinkelsatz Satz 22 angewandt auf die Sekante AB von k ist sein Winkel
bei D gleich dem Winkel γ von ∆ bei C wenn C und D auf derselben Seite von AB
liegen beziehungsweise gleich dem Winkel θ = π − γ wenn C und D auf verschiedenen
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Seiten von AB liegen. Ist c = |AB| so folgt in beiden Fällen
sin γ = sin(π − γ) =
c
c
, d.h. R =
2R
2 sin γ
da |AD| = 2R ist.
1.8
Der Satz von Morley
In diesem Abschnitt wollen wir einen der erstaunlichsten Sätze über ebene Dreiecke
behandeln, den sogenannten Satz von Morley aus dem Jahr 1899. Gegeben sei ein
Dreieck ∆ = ABC und zerlege jeden der Winkel von ∆ in drei gleiche Teile. Die
beiden an der Seite AB anliegenden Drittelwinkel bei A und B schneiden sich dann in
einem Punkt C 0 , und analog erhalten wir einen Punkt A0 bei der Seite BC und einen
Punkt B 0 bei der Seite CA von ∆.
C
A’
B’
C’
A
B
Das so gebildete Dreieck M = A0 B 0 C 0 heißt dann das Morley-Dreieck von ∆. Der Satz
von Morley besagt dann das das Morley-Dreieck M immer gleichseitig ist. Dies kann
man durch trigonometrische Rechnungen einsehen indem die Abstände der Punkte
A0 , B 0 , C 0 direkt berechnet werden, es gibt allerdings wesentlich elegantere Beweismethoden. Der kürzeste bisher gefundene Beweis stammt von Hashimoto aus dem Jahr
2007 und soll hier vorgestellt werden.
Satz 1.24 (Satz von Morley)
Sei ∆ ein Dreieck. Dann ist das Morley-Dreieck von ∆ gleichseitig.
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B
β/3
F
α∗
β∗
α/3
A
B
H
ψ
β/3
γ∗
D
E
γ∗
A
α/3
F
s
α∗
β∗
φ
h
I
α∗
∗
π/3 β
s
J
γ∗
γ/3
γ∗
D
C
Konstruktion von ∆∗
E
Situation bei F
Beweis: Gilt der Satz von Morley in einem Dreieck so gilt er auch in jedem Dreieck das
aus diesen durch Bewegungen und Streckungen hervorgeht, es reicht also zu zeigen das
ein zu ∆ ähnliches Dreieck ∆∗ existiert dessen Morley-Dreieck gleichseitig ist. Bezeichne
α, β, γ die Winkel von ∆ und sei DEF ein gleichseitiges Dreieck. Für jeden Winkel θ
schreiben wir im folgenden θ∗ := (π + θ)/3. Es ist β + γ < π also auch
β∗ + γ∗ =
2π + β + γ
<π
3
und nach dem Kongruenzsatz SWW Satz 9 existiert ein Dreieck EF A mit Winkel γ ∗
bei E und β ∗ bei F so, dass A auf der anderen Seite von EF liegt als D. Der Winkel
von EF A bei A ergibt sich dann als
π − (β ∗ + γ ∗ ) = π −
2π + β + γ
π − (β + γ)
α
=
= .
3
3
3
Analog konstruiere ein Dreieck DF B mit Winkeln γ ∗ bei D, α∗ bei F und β/3 bei B
sowie ein Dreieck EDC mit Winkeln β ∗ bei D, α∗ bei E und γ/3 bei C. Wir behaupten
das ∆∗ = ABC ein zu ∆ ähnliches Dreieck ist dessen Morley-Dreieck das gleichseitige
Dreieck DEF ist. Wegen
π
3π + 2β
π
π
π
+ β∗ =
> und analog + α∗ >
6
6
2
6
2
liegen die Punkte A, B auf der anderen Seite der Parallelen zu DE durch F als die
Punkte E, D, bei F liegt also die oben rechts gezeigte Situation vor. Bezeichne I den
Lotfußpunkt von F auf BD und J den Lotfußpunkt von F auf AE. Da das Dreieck
DEF gleichseitig ist haben wir |DF | = |EF | also stimmen die beiden Dreiecke F DI
und F EJ in zwei Winkeln und einer Seite überein, sind also nach dem Kongruenzsatz
SWW Satz 9 kongruent und somit wird s := |F I| = |F J|. Weiter bezeichne H den
Lotfußpunkt von F auf AB, setze h := |F H| und bezeichne φ den Winkel von ABF bei
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A und ψ den Winkel von ABF bei B. Dann hat ABF bei F den Winkel π − (φ + ψ),
und da die Winkel von ABF , DF B, DEF und EAF bei F einen vollen Kreis bilden
folgt
π
α+β
2π = π − (φ + ψ) + α∗ + + β ∗ = 2π +
− (φ + ψ),
3
3
also ist φ + ψ = (α + β)/3. Lesen wir jetzt den Sinus von φ im Dreieck AHF und den
Sinus von α/3 im Dreieck AJF ab, so ergeben sich
sin α3
sin β3
h
α
s
s
s
und sin =
also
= und analog
= .
sin φ =
|AF |
3
|AF |
sin φ
h
sin ψ
h
Wäre also s > h so hätten wir sin(α)/3) > sin φ und sin(β/3) > sin ψ, also wegen
φ, ψ, α/3, β/3 < π/2 auch α/3 > φ und β/3 > ψ im Widerspruch zu (α + β)/3 = φ + ψ.
Analog führt s < h zu einem Widerspruch, es muss s = h und somit φ = α/3 und
ψ = β/3 sein. Analog haben ACE bei A den Winkel α/3 und bei C den Winkel γ/3
und CBD bei C den Winkel γ/3 und bei B den Winkel β/3. Damit ist ∆∗ tatsächlich
ähnlich zu ∆ und hat das gleichseitige Dreieck DEF als Morley-Dreieck.
§2
Trigonometrische Formeln
In diesem kurzen Kapitel wollen wir einige Formeln für die trigonometrischen Funktionen besprechen, und insbesondere geometrische Herleitungen einiger Additionstheoreme vorführen. Bei den Dreiecksberechnungen des vorigen Kapitels sind die trigonometrischen Funktionen schon in einer wichtigen Rolle aufgetaucht, man brauchte aber
eigentlich keinerlei Formeln für sie zu kennen. Nur die Formel
sin2 φ + cos2 φ = 1,
also letztlich der Satz des Pythagoras, wurde einige Male angewandt. Wir beginnen
mit einem Abschnitt über die verschiedenen Additionstheoreme.
2.1
Die Additionstheoreme
Die grundlegenden Additionstheoreme für den Sinus und den Cosinus sind die Formeln
sin(α + β) = sin α cos β + cos α sin β und cos(α + β) = cos α cos β − sin α sin β.
Wenn diese Formeln für alle reellen Argumente α, β nachgewiesen sind kann man aus
ihnen durch Ersetzen von β durch −β auch die Formeln für Winkeldifferenzen
sin(α − β) = sin α cos β − cos α sin β und cos(α − β) = cos α cos β + sin α sin β
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herleiten, bei den geometrischen Herleitungen der Additionstheoreme muss man die
Additions- und Subtraktionsformeln dagegen oftmals getrennt voneinander behandeln.
Das Additionstheorem des Tangens
tan(α + β) =
tan α + tan β
1 − tan α tan β
kann man algebraisch aus den Additionstheoremen fur Sinus und Cosinus herleiten
tan(α + β) =
sin(α + β)
sin α cos β + cos α sin β
tan α + tan β
=
=
cos(α + β)
cos α cos β − sin α sin β
1 − tan α tan β
wobei im letzten Schritt mit 1/(cos α cos β) erweitert wurde. Auch das Additionstheorem des Tangens läßt sich alternativ geometrisch herleiten, darauf wollen wir aber
verzichten. Zur geometrischen Herleitung der Additionstheoreme für Sinus und Cosinus müssen auch einige Fälle für die möglichen Werte der betrachteten Winkel unterschieden werden. Letzteres ist notwendig da sin α und cos α ja nur für spitze Winkel
0 < α < π/2 über Verhältnisse in rechtwinkligen Dreiecken definiert sind, die Ausdehnung auf stumpfe Winkel π/2 < α < π erfolgte dann durch sin α = sin(π − α) und
cos α = − cos(π − α). Für spitze Winkel 0 < α, β < π/2 deren Summe ebenfalls spitz
ist, also α +β < π/2 kann man beide Additionsformeln aus der folgenden Figur ablesen
A
α
B
sin( α+β )
C
D
P
β
α
M
F
E
cos( α+β )
Wie beginnen mit einem Viertelkreis von Radius 1 mit Mittelpunkt in M . Dann tragen wir nacheinander die beiden Winkel α und β bei M ab und erhalten die beiden
Schnittpunkte A und B mit unserem Viertelkreis. Fällen wir dann das Lot von A auf
die untere Begrenzung des Viertelkreises, so erhalten wir den Punkt F und können
Sinus und Cosinus von α + β im rechtwinkligen Dreieck M F A mit Hypothenuse der
Länge 1 als
sin(α + β) = |AF | und cos(α + β) = |M F |
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ablesen. Dann fällen wir das Lot von A auf M B und erhalten den Punkt C. Dies gibt
uns ein weiteres rechtwinkliges Dreieck M CA, dessen Hypothenuse wieder die Länge
1 hat, also sind
sin β = |AC| und cos β = |M C|.
Ist P der Schnittpunkt von AF und M B, so haben die Dreiecke M F P und P CA bei P
denselben Winkel und da sie beide bei F beziehungsweise C rechtwinklig sind, müssen
auch ihre Winkel bei M beziehungsweise A übereinstimmen, d.h. der Winkel von P CA
bei A ist α. Schließlich fällen wir die Lote von C auf AF und auf M F und erhalten
die Punkte D und E. Im rechtwinkligen Dreieck DCA haben wir bei A den Winkel α,
also sind
|DC|
|AD|
sin α =
und cos α =
.
|AC|
|AC|
Schließlich entnehmen wir dem rechtwinkligen Dreieck M EC noch
sin α =
|EC|
|M E|
und cos α =
.
|M C|
|M C|
Damit haben wir alles beisammen um die beiden Additionstheoreme zu begründen, für
den Sinus rechnen wir
sin(α + β) = |AF | = |AD| + |DF | = |AD| + |EC|
= cos α · |AC| + sin α · |M C| = cos α sin β + sin α cos β
und für den Cosinus ist
cos(α + β) = |M F | = |M E| − |F E| = |M E| − |DC|
= cos α · |M C| − sin α · |AC| = cos α cos β − sin α sin β.
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