Figurierte Zahlen

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Figurierte Zahlen
Gnomon–Figuren, Polygonalzahlen, Fibonacci–Zahlen,
Differenzenfolgen, Differenzengleichungen,
Rekursion und vollständige Induktion
Materialien für die Sommerschule Lust auf Mathematik
Humboldt Universität Berlin, Juni 2017
Fragen, Korrekturen, Anregungen und Hinweise aller Art bitte an
Jochen Ziegenbalg Email : [email protected]
Verstehbar erklären ist wichtiger
als vollständiges Deduzieren.
Benno Artmann (deutscher Mathematiker, 1933–2010)
1
Vorbemerkungen
Der einzigartige erkenntnistheoretische Charakter der Mathematik, in dessen Zentrum der
mathematische Beweis steht, entwickelte sich, historisch gesehen, im Kulturkreis der griechischen Antike. Dabei spielte die geometrische Veranschaulichung anhand von Zahlenmustern
eine zentrale Rolle. Die Methode der figurierten Zahlen setzte, auf der Mathematik der
Babylonier basierend, etwa mit Pythagoras von Samos (um ca. 600–500 v.Chr.) ein. Die
Lehre der Pythagoreer von “Gerade und Ungerade” lieferte Erkenntnisse bis hin zu den vollkommenen Zahlen (vgl. van der Waerden). Der Neupythagoreer Nikomachos von Gerasa,
ca. 60–120 n.Chr., beschäftigte sich intensiv mit Dreiecks-, Vierecks- und Fünfeckszahlen.
Geschicktes Legen von Punktmustern, oft auf der Basis der Verwendung von Winkelhaken
(“Gnomonen”), lieferte in unmittelbarer Weise nichttriviale Erkenntnisse.
Auch grosse Mathematiker arbeiteten oft mit der Technik der figurierten Zahlen oder vergleichbarer Methoden. Von Carl Friedrich Gauss (1777–1855), einem der genialsten Mathematiker aller Zeiten, wird berichtet, dass er als junger Schüler die Aufgabe seines Lehrers, die
Zahlen von 1 bis 100 zu addieren, löste, indem er die Zahlenreihen 1, 2, 3, . . . , 100 zweimal untereinander aufschrieb; einmal in der natürlichen und einmal in der umgekehrten Reihenfolge. Er erkannte, dass jede der dadurch gegebenen 100 “Spaltensummen” gleich 101 war und
ermittelte so in kürzester Zeit das Ergebnis. Diese Vorgehensweise lässt sich problemlos verallgemeinern und liefert in paradigmatischer Weise die Formel 1+2+3+. . .+n = n·(n+1)/2.
Wenn sich heute auch all diese Ergebnisse formal auf der Basis der vollständigen Induktion
beweisen lassen, so liefert die Technik der figurierten Zahlen in der Regel den Ausgangspunkt
Figurierte Zahlen
2 Gnomon: Einige historische Bemerkungen
für den kognitiven Prozess, der zu den entsprechenden Hypothesenbildungen führt. Oft
sind auch die “Beweise” durch die Methode der figurierten Zahlen so unmittelbar klar und
einleuchtend, dass sich ein formaler Beweis erübrigt.
Darüber hinaus gilt: Lässt sich ein und derselbe Sachverhalt auf verschiedenen Wegen ermitteln, begründen oder beweisen, so schafft dies Vertrauen in die gewählten Methoden und
führt oft zu neuen Erkenntnissen. Dies ist der Kern einer in der Mathematik oft angewandten
Methode der Plausibilitätsüberprüfung, auch “Probe” genannt.
Wir werden sehen, dass sich bei den im Folgenden behandelten Themenbereichen die auf
figurierten Zahlen, Punktmustern, Zahlenmustern, Differenzenfolgen und vollständiger Induktion beruhenden Methoden gegenseitig ergänzen und befruchten. Durch die Betrachtung
von Punkt- und Zahlenmustern gelangt man fast automatisch zu charakteristischen Zahlenfolgen. Als wichtige Instrumente zur Analyse von Zahlenfolgen werden wir dabei die
Differenzenfolgen, Differenzenschemata und Differenzengleichungen kennenlernen.
2
Gnomon: Einige historische Bemerkungen
Die griechischen Mathematiker wandten geometrisches Denken und geometrische Veranschaulichungen oft auch auf arithmetische der algebraische Sachverhalte an. Sie machten
dabei sehr oft von der “Gnomon–Methode” Gebrauch. Ein Gnomon war ein Winkelhaken,
der auch als Bestandteil von Sonnenuhren bei der Zeitmessung verwendet wurde. Die folgenden Bilder zeigen kunstvoll verzierte Beispiele von Gnomonen aus Danzig und London
(Kew Gardens).
In der Mathematik wurden Gnomonen im übertragenen Sinne verwendet. In der folgenden
Abbildung sieht man links eine Gnomon-Figur zum Nachweis der Flächengleichheit zweier
Parallelogramme. Rechts ist eine (im Original) dynamische Visualisierung der Flächengleichheit eines Gnomons mit einem Quadrat dargestellt (vgl. http://demonstrations.wolfram.
com/KellandsGnomonToSquareDissection).
— 2 —
Figurierte Zahlen
2 Gnomon: Einige historische Bemerkungen
Eines der frühesten dokumentierten Beispiele dieser geometrischen Algebra findet sich in
Euklids für jene Zeit monumentalem Werk Die Elemente (ca. 300 v.Chr.). Die Elemente
wurden 2000 Jahre lang als akademisches Lehrbuch benutzt und waren bis in die zweite
Hälfte des 19. Jahrhunderts das nach der Bibel meistverbreitete Werk der Weltliteratur.
Ein Zitat aus Buch 2, Proposition 5:
Teilt man eine Strecke sowohl in gleiche als auch in ungleiche Abschnitte, so ist
das Rechteck aus den ungleichen Abschnitten der ganzen Strecke zusammen mit
dem Quadrat über der Strecke zwischen den Teilpunkten dem Quadrat über der
Hälfte gleich.
Die Formelsprache der Algebra wurde erst knapp 2000 Jahre später eingeführt (ein massgeblicher Protagonist war dabei Francois Viète, lat. Vieta, 1540–1603). Was Euklid in der
obigen Proposition formuliert, lässt sich in der modernen Formelsprache als eine der Formen
des binomischen Lehrsatzes deuten (meist als dritter binomischer Lehrsatz bezeichnet).
— 3 —
3 Einführende Beispiele, Potenzsummen
Figurierte Zahlen
3
3.1
Einführende Beispiele, Potenzsummen
Dreieckszahlen / Triagonalzahlen
Die Dreieckszahlen Dn , im Folgenden gelegentlich auch bezeichnet durch D(n), Tn oder T (n)
für Triagonalzahlen, Trigonalzahlen, Triangularzahlen (engl. triangular number), sind die
Anzahlen der Punkte in den folgenden Dreiecksmustern:
1
3
6
Also: D1 = 1 D2 = 3 D3 = 6 D4 = 10
10
Tetraktys
...
Zitat aus Wikipedia (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Tetraktys):
Als Tetraktys bezeichneten die Pythagoreer die Gesamtheit der Zahlen 1, 2, 3 und 4,
deren Summe 10 ergibt. Da die Zehn (griechisch dekás: “Zehnzahl”, “Zehnergruppe”)
die Summe der ersten vier Zahlen ist, nahm man an, dass die Vierheit die Zehn “erzeugt”. Der Zehn kam schon durch den Umstand, dass sie bei Griechen und “Barbaren”
(Nichtgriechen) gleichermassen als Grundzahl des Dezimalsystems diente, eine herausgehobene Rolle zu. Von den Pythagoreern wurde die Zehn überdies, wie Aristoteles
berichtet, wegen ihres Zusammenhangs mit der Tetraktys als “etwas Vollkommenes”
betrachtet, das das ganze Wesen der Zahlen umfasst. Daher wurde die Zehn auch
“heilige Zahl” genannt.
Die pythagoreische Kosmologie ging von der Annahme aus, dass der Kosmos nach mathematischen Regeln harmonisch geordnet ist. In dieser Weltdeutung war die Tetraktys
ein Schlüsselbegriff, da sie die universelle Harmonie ausdrückte.
Manchmal kann es günstig sein, die Einheiten der figurierten Zahlen als Einheitsquadrate
statt Punkte zu zeichnen:
T(5)
T(4)
1+ 2 + 3 + 4 + 5
5+1
5
1+2+3+4+5
Die Summe zweier benachbarter
Dreieckszahlen ist stets eine Quadratzahl.
= 5*6 / 2
T(n)+T(n-1) = n²
T(n) = 1+2+3+...+n = n*(n+1) / 2
— 4 —
3 Einführende Beispiele, Potenzsummen
Figurierte Zahlen
3.2
Viereckszahlen / Quadratzahlen
Die Viereckszahlen (bzw. Quadratzahlen) 1, 4, 9, 16, 25, 36, . . . (allgemein: Qn = Q(n) =
n2 ) sind die Punkte-Zahlen in den folgenden Quadrat-Mustern:
1
4
9
16
Im Folgenden werden wir die “Punkte” (bzw. Kreisscheiben) oft auch als Quadrate darstellen.
3.2.1
Quadratzahlen, ungerade Zahlen und die Gnomon–Methode
Wir betrachten Summen aufeinanderfolgender ungerader Zahlen (beginnend bei 1):
1 + 3 + 5 + 7 + ...
Die folgende figurierte Zahl macht deutlich, dass diese Summen stets Quadratzahlen ergeben.
Jeder Gnomon um 2 grösser als der vorhergehende Gnomon und jede ungerade Zahl ist
um 2 grösser als die vorhergehende. Die gezeichneten Gnomone und die ungeraden Zahlen
entsprechen sich also genau und ergeben in der Summendarstellung jeweils ein Quadrat.
Gnomon
1 = 1²
1 + 3 = 2²
1 + 3 + 5 = 3²
1 + 3 + 5 + 7 = 4²
1 + 3 + 5 + 7 + 9 = 5²
1 + 3 + 5 + 7 + 9 + 11 = 6²
1 + 3 + 5 + 7 + 9 + 11+13 = 7²
Allgemein ausgedrückt:
1 + 3 + 5 + 7 + . . . + (2k − 1) =
k
X
(2 · i − 1) = k 2
(3.1)
i=1
Aufgabe: Begründen Sie, warum es mit der Anlegetechnik der Gnomone immer so weiter
geht.
— 5 —
3 Einführende Beispiele, Potenzsummen
Figurierte Zahlen
3.2.2
Summen von Quadratzahlen
Die folgende Abbildung dürfte selbsterklärend sein.
Die Abbildung ist eine paradigmatische Begründung für die Gleichung:
12 + 22 + 32 + . . . + n2 =
n · (n + 1) · (2n + 1)
6
(3.2)
oder ausgedrückt in der Standardschreibweise für Polynome:
12 + 22 + 32 + . . . + n2 =
— 6 —
n3 n2 n
+
+
3
2
6
(3.3)
3 Einführende Beispiele, Potenzsummen
Figurierte Zahlen
3.3
Kubikzahlen aus Quadratzahlen
In der folgenden Abbildung sind die Kubikzahlen als geeignete Vielfache von Quadratzahlen
dargestellt.
1+ 2 +
3
+
4
+
5
3²
3²
3²
1+2*2²+3*3²+4*4²+5*5² = (1+2+3+4+5)² = 15²
1³+2³+3³+4³+5³ = (1+2+3+4+5)²
Eine leicht modifizierte Darstellung, die auch zur Gleichung
13 + 23 + 34 + 43 + . . . + n3 = (1 + 2 + 3 + 4 + . . . + n)2
führt, ist
1+ 2 +
1²
3
2²/2
2²
3²
4
+
5
4²/2
5²
3²
3²
+
4²
5²
4²/2
4²
5²
4²
5²
— 7 —
5²
(3.4)
3 Einführende Beispiele, Potenzsummen
Figurierte Zahlen
Aufgabe: Begründen Sie, warum es mit der Anlegetechnik der Gnomone in den letzten beiden Abbildungen immer so weiter geht.
Ein Hinweis: Offenbar ist eine Fallunterscheidung gerade / ungerade notwendig oder zumindest hilfreich. Im Anhang findet sich eine ausführliche Analyse der Konfiguration. Der
Leser sollte aber zunächst versuchen, die Begründung selbständig zu erarbeiten.
3.3.1
Eine weitere Veranschaulichungen von Quadrat-Summen
1+ 2 +
3
+
4
+
5
1 * (2+3+4+5)
2 * (3+4+5)
2²
3 * (4+5)
3²
4²
4 * (5)
5²
Die Flächeninhalte der nichtquadratischen Rechtecke sind für k = 1, . . . , (n − 1) von der
Form:
k · ((k + 1) + (k + 2) + . . . + n)
(3.5)
Somit gilt für das grosse Quadrat:
2
(1 + 2 + 3 + . . . + n) =
n
X
2
k +2·
n−1
X
k · ((k + 1) + (k + 2) + . . . + n)
(3.6)
k=1
k=1
bzw.


n
n−1 
X
X

 
2
2

(1+2+3+. . .+n) =
k +2·
(k
+
1)
+
(k
+
2)
+
.
.
.
+
(k
+
(n
−
k))
k · 
 (3.7)
|
{z
}

k=1
k=1

(n − k) Summanden
Daraus folgt
(3.8)
(1 + 2 + 3 + . . . + n)2
=
n
X
k=1
2
k +2·
n−1 X
k · k · (n − k) + (1 + 2 + . . . + (n − k))
k=1
— 8 —
3 Einführende Beispiele, Potenzsummen
Figurierte Zahlen
=
=
=
=
=
n
X
k=1
n
X
k=1
n
X
k=1
n
X
k=1
n
X
k2 + 2 ·
2
k +2·
k · k · (n − k) +
k=1
n−1
X
(n − k) · (n − k + 1)
2
!
k · n2 − k 2 · n + k · n − k 2 · n + k 3 − k 2
k ·n−k +
2
2
k=1
n−1
X
k2 +
k=1
n−1
X
k=1
n−1
X
2
k −
k=1
−k 3 + kn2 + kn − k 2
3
k +
k=1
n−1
X
2
kn +
k=1
k 3 + n2
k=1
n−1
X
n−1
X
n−1
X
!
3
2k 2 n − 2k 3 + kn2 − k 2 n + kn − k 2 n + k 3 − k 2
k2 +
= n2 −
n−1
X
n−1
X
k+n
k=1
kn −
k=1
n−1
X
n−1
X
k2
k=1
k
k=1
(n − 1) · n
(n − 1) · n
+n·
2
2
k=1
n−1
X
(n − 1) · n + (n − 1)
3
2
k +n · 1+
=−
2
k=1
= n2 −
=−
=−
n−1
X
k=1
n
X
k 3 + n2 ·
k 3 + n2 ·
2 + n2 − n + n − 1
2
k 3 + n3 + n2 ·
k=1
=−
n
X
k 3 + n2 ·
n2 + 2n + 1
2
k 3 + n2 ·
(n + 1)2
2
k=1
=−
n
X
n2 + 1
2
k=1
Daraus folgt schliesslich
n · (n + 1)
2
n
X
2
=−
n
X
k=1
k3 +
n2 · (n + 1)2
2
n · (n + 1)
n2 · (n + 1)2
−
2
4
k=1
n
2
X
n · (n + 1)
3
k =
2
k=1

2
n
n
X
X
k3 = 
k
k=1
2
2
k3 =
k=1
— 9 —
(3.9)
3 Einführende Beispiele, Potenzsummen
Figurierte Zahlen
3.3.2
Zahlenmuster aus ungeraden Zahlen und Quadratzahlen
Wir betrachten die folgenden Schemata:
A
C
B
1
1+3
1+3+5
1+3+5+7
1+3+5+7+9
1 + 3 + 5 + 7 + 9 + 11
1 + 3 + 5 + 7 + 9 + 11 + 13
...
1 + 3 + 5 + . . . + (2 · k − 1)
D
12
1
22
3+5
7 + 9 + 11
32
2
4
13 + 15 + 17 + 19
21 + 23 + 25 + 27 + 29
52
62
31 + 33 + 35 + 37 + 39 + 41
2
7 43 + 45 + 47 + 49 + 51 + 53 + 55
...
2
...
= k
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
1 · 12
2 · 22
3 · 32
4 · 42
5 · 52
6 · 62
7 · 72
E
=
=
=
=
=
=
=
13
23
33
43
53
63
73
= n · n2 = n3
Die (zeilenweise) Gleichheit der Zahlen in den Spalten C und D ergibt sich daraus, dass man
die Summen in Spalte C als Summen von gleichvielen gleichen Summanden schreiben kann;
z.B.
7 + 9 + 11 = 9 + 9 + 9 = 3 · 9 = 3 · 32 = 33
bzw.
13 + 15 + 17 + 19 = 16 + 16 + 16 + 16 = 4 · 16 = 4 · 42 = 43
Es gilt offensichtlich (bei spaltenweiser Addition):
• Summe der Zahlen in Spalte E = Summe der Zahlen in Spalte C
• Beispiel (bis einschliesslich zur Zeile 7):
– Summe Spalte E = 13 + 23 + 33 + 43 + 53 + 63 + 73 = 784
– Summe Spalte C = 1 + 3 + 5 + 7 + 9 + 11 + . . . + 55 = 784 (Quadratzahlzahl)
Setzt man das Schema der Spalten A und B bis zur Zahl 55 (d.h. k = 28) fort, so erhält
man in der letzten Zeile:
1 + 3 + 5 + 7 + 9 + 11 + . . . + 55 = (
55 − 1
+ 1)2 = (27 + 1)2
2
(= 784)
(3.10)
Dies ist augenscheinlich zugleich die Summe der Zahlen in Spalte C.
Setzt man das Schema in Spalte C bis zur Zeile n fort, so gilt: Die Anzahl der Summanden
in Spalte C nimmt von Zeile zu Zeile um jeweils 1 zu; sie ist also gleich der Dreieckszahl:
1 + 2 + 3 + 4 + 5 + ... + n =
n · (n + 1)
2
(3.11)
Der letzte Summand (in Spalte C) ist also die n·(n+1)
- te ungerade Zahl, also 2 · n·(n+1)
− 1.
2
2
(Wir legen dabei die folgende Zählung zugrunde: 1 ist die erste, 3 die 2-te, 5 die 3-te, 2 · k − 1
die k-te ungerade Zahl; usw.).
— 10 —
Figurierte Zahlen
3 Einführende Beispiele, Potenzsummen
Für die Summe dieser ungeraden Zahlen gilt (entsprechend Spalte A und B):
2
n · (n + 1)
n · (n + 1)
1 + 3 + 5 + ... + 2 ·
−1 =
2
2
(3.12)
Insgesamt gilt
Summe Spalte E = 13 + 23 + 33 + 43 + . . . + n3
n · (n + 1)
= 1 + 3 + 5 + 7 + . . . + (2 ·
− 1)
2
n · (n + 1) 2
= (
)
2
= (1 + 2 + 3 + . . . + n)2
Die letzte Serie von Gleichungen lässt sich wie in den vorigen Beispielen in der folgenden
hochgradig symmetrischen Form schreiben:
13 + 23 + 33 + 43 + . . . + n3 = (1 + 2 + 3 + . . . + n)2
3.4
(3.13)
Formale Beweise
Natürlich lassen sich die Gleichungen dieses Abschnitts, wenn man sie denn erst einmal kennt
(und wenn es unbedingt sein muss) auch formal mit vollständiger Induktion beweisen. Das
Verfahren der vollständigen Induktion wird im Anhang ausführlich erläutert. Die Beweise der
obigen Gleichungen mit vollständiger Induktion sind eine gute Übung zu diesem Verfahren
und seien dem Leser als eine solche überlassen.
— 11 —
4 Polygonal- und Pyramidalzahlen
Figurierte Zahlen
4
4.1
Polygonal- und Pyramidalzahlen
Beispiele
Mit den Dreieckszahlen und den Quadratzahlen haben wir bereits einige Polygonalzahlen
kennengelernt. Im Folgenden soll die Behandlung der Polygonalzahlen stärker systematisiert
werden. Zunächst betrachten wir einige Beispiele. Wir werden sehen, dass die Gnomon–
Methode zur Erzeugung der Polygonalzahlmuster eine wichtige Rolle spielt.
Hinweis und Aufgabe: Wir behandeln im Folgenden die nicht-zentrierten Polygonalzahlen.
Informieren Sie sich über die zentrierten Polygonalzahlen und führen Sie für diese die entsprechenden Überlegungen durch.
Die Dreieckszahlen (Triagonalzahlen)
1
3
6
10
15
21
...
16
25
36
...
Die Viereckszahlen (Quadratzahlen)
1
4
9
Die Fünfeckszahlen (Pentagonalzahlen)
1
5
12
22
35
...
Die Sechseckszahlen (Hexagonalzahlen)
1
6
15
28
— 12 —
45
...
4 Polygonal- und Pyramidalzahlen
Figurierte Zahlen
4.2
Das Konstruktionsprinzip der Polygonalzahlen
Mit G(E, k) werde im Folgenden die Polygonalzahl eines E-Ecks auf der k-ten Stufe bezeichnet (E ≥ 3). Es sind also
G(3, 1), G(3, 2), G(3, 3), G(3, 4), G(3, 5), G(3, 6), . . . , G(3, k), . . .
die Dreieckszahlen
G(4, 1), G(4, 2), G(4, 3), G(4, 4), G(4, 5), G(4, 6), . . . , G(4, k), . . .
die Viereckszahlen
G(5, 1), G(5, 2), G(5, 3), G(5, 4), G(5, 5), G(5, 6), . . . , G(5, k), . . .
usw.
die Fünfeckszahlen
In der Stufe k = 1 besteht jedes Polygonalzahl–Punktmuster aus genau einem Punkt, d.h.
für alle E ist G(E, 1) = 1. Es sei nun k ≥ 2. Das Punktmuster zur Polygonalzahl G(E, k)
entsteht aus dem Punktmuster zur Polygonalzahl G(E, k − 1) , indem man an E − 2 Seiten
einen “offenen Kranz” neuer Punkte so an das alte Punktmuster anlegt, dass die Randpunkte
der neuen Figur ein (regelmässiges) E-Eck bilden, auf dessen Seiten jeweils genau k Punkte
liegen. In den obigen Beispielen ist das alte Punktmuster jeweils blau und der offene Kranz
von neuen Punkten (Gnomon) jeweils rot dargestellt.
Aus diesem Konstruktionsprinzip folgt sofort die (Rekursions–) Gleichung
G(E, k) = G(E, k − 1) + (E − 2) · k − (E − 3)
(4.1)
Erläuterung: Es kommen an jeweils E − 2 Seiten k neue Punkte hinzu; aber dabei werden
E − 3 Eckpunkte doppelt gezählt.
Auf der Basis der rekursiven Beschreibung lassen sich die ersten Polygonalzahlen für kleine
Stufenzahlen leicht berechnen.
k
| 1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
...
--------------------------------------------------------------------E =
3 | 1
3
6
10
15
21
28
36
45
55
66
78
...
4 | 1
4
9
16
25
36
49
64
81 100 121 144
...
5 | 1
5
12
22
35
51
70
92 117 145 176 210
...
6 | 1
6
15
28
45
66
91 120 153 190 231 276
...
7 | 1
7
18
34
55
81 112 148 189 235 286 342
...
8 | 1
8
21
40
65
96 133 176 225 280 341 408
...
9 | 1
9
24
46
75 111 154 204 261 325 396 474
...
10 | 1
10
27
52
85 126 175 232 297 370 451 540
...
11 | 1
11
30
58
95 141 196 260 333 415 506 606
...
12 | 1
12
33
64 105 156 217 288 369 460 561 672
...
...
4.2.1
Die explizite Darstellung der Polygonalzahlen
Im Folgenden betrachten wir Polygonalzahlen zu einer festen Eckenzahl E und schreiben
kurz Gk an Stelle von G(E, k). Die oben gegebene Konstruktionsvorschrift für die Polygonalzahlen ist rekursiv ; d.h. zur Beschreibung des Punktmusters in der Stufe k wird auf das
Punktmuster in der Stufe k − 1 zurückgegriffen.
Diese rekursive Darstellung hat einen deutlichen Aufforderungscharakter, ausgehend von den
— 13 —
4 Polygonal- und Pyramidalzahlen
Figurierte Zahlen
Anfangswerten einfach loszurechnen und sich dabei immer weiter “hochzuhangeln”.
G1
G2
G3
G4
G5
=1
= G1 + (E − 2) · 2 − (E − 3)
= G2 + (E − 2) · 3 − (E − 3)
= G3 + (E − 2) · 4 − (E − 3)
= G4 + (E − 2) · 5 − (E − 3)
...
Gk−1 = Gk−2 + (E − 2) · (k − 1) − (E − 3)
Gk = Gk−1 + (E − 2) · k − (E − 3)
(4.2)
Diese Gleichungen lassen eine Regelmässigkeit erkennen, die noch gesteigert wird, wenn man
die erste Gleichung folgendermassen schreibt: G1 = (E − 2) · 1 − (E − 3)
Aufgabe: Leiten Sie durch spaltenweises “Aufsummieren” der Gleichungen (4.2) die folgende
explizite (d.h. nicht-rekursive) Darstellung für die Polygonalzahlen her:
Gk =
E−2 2 4−E
·k +
·k
2
2
(4.3)
Bemerkung: Von Pierre de Fermat (1607–1655) stammt nicht nur die Formulierung des
Kleinen und Grossen Fermatschen Satzes sondern auch die des folgenden Fermatschen Polygonalzahlensatzes.
Zitat (Fermat) nach Wikipedia
(vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Fermatscher_Polygonalzahlensatz):
“Ich war der erste, der den sehr schönen und vollkommen allgemeinen Satz entdeckt hat, dass jede Zahl entweder eine Dreieckszahl oder die Summe von zwei
oder drei Dreieckszahlen ist; jede Zahl eine Quadratzahl oder die Summe von zwei,
drei oder vier Quadratzahlen ist; entweder eine Fünfeckszahl oder die Summe von
zwei, drei, vier oder fünf Fünfeckszahlen; und so weiter bis ins Unendliche, egal
ob es ein Frage von Sechsecks-, Siebenecks- oder beliebigen Polygonalzahlen ist.
Ich kann den Beweis, der von vielen und abstrusen Mysterien der Zahlen abhängt,
hier nicht angeben; deswegen beabsichtige ich diesem Subjekt ein ganzes Buch zu
widmen und in diesem Teil arithmetisch erstaunliche Fortschritte gegenüber den
vorhergehenden bekannten Grenzen zu erbringen.”
Einen Beweis des Satzes hat Fermat jedoch nie veröffentlicht. Joseph Louis Lagrange (1736–
1813) bewies den Spezialfall des Vier-Quadrate-Satzes 1770 und Carl Friedrich Gauß (1777–
1855) 1796 den Spezialfall für Dreieckszahlen. Der Beweis des vollständigen Satzes gelang
jedoch erst Augustin Louis Cauchy (1789–1859) im Jahr 1813.
4.3
Pyramidalzahlen
Ordnet man die Polygonalzahlen räumlich an, so erhält man die Pyramidalzahlen. Mit
H(E, k) sei diejenige Pyramidalzahl bestehend aus k Ebenen bezeichnet, welche die Polygonalzahl G(E, k) als Grundfläche hat.
— 14 —
4 Polygonal- und Pyramidalzahlen
Figurierte Zahlen
Die folgende Abbildung zeigt die “Stapelung” von Dreieckszahlen zu einer Tetraederzahl Pyramide.
Aus der obigen Konstruktionsbeschreibung für die Pyramidalzahlen folgt unmittelbar die
folgende rekursive Gleichung
H(E, k) = H(E, k − 1) + G(E, k)
(4.4)
bzw. (man beachte, dass auch das Summenzeichen ein rekursives Konstrukt ist):
H(E, k) =
k
X
G(E, i)
(4.5)
i=1
Wie bei den Polygonalzahlen lassen sich auch die ersten Pyramidalzahlen leicht rekursiv
berechnen.
k
| 1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
...
--------------------------------------------------------------------E =
3 | 1
4
10
20
35
56
84 120 165 220 286 364
...
4 | 1
5
14
30
55
91 140 204 285 385 506 650
...
5 | 1
6
18
40
75 126 196 288 405 550 726 936
...
6 | 1
7
22
50
95 161 252 372 525 715 946 1222
...
7 | 1
8
26
60 115 196 308 456 645 880 1166 1508
...
8 | 1
9
30
70 135 231 364 540 765 1045 1386 1794
...
9 | 1
10
34
80 155 266 420 624 885 1210 1606 2080
...
10 | 1
11
38
90 175 301 476 708 1005 1375 1826 2366
...
11 | 1
12
42 100 195 336 532 792 1125 1540 2046 2652
...
12 | 1
13
46 110 215 371 588 876 1245 1705 2266 2938
...
...
Aufgabe: Entwickeln Sie eine explizite Darstellung für die Pyramidalzahlen auf zwei wesentlich verschiedenen Wegen.
— 15 —
4 Polygonal- und Pyramidalzahlen
Figurierte Zahlen
Zu dem untenstehenden Bild aus einer süddeutschen Wochenzeitung gehörte der Text:
Der etwas andere Weihnachtsbaum in Tokio: Aus 3000 Champagnergläsern besteht dieser Weihnachtsbaum, der ... in einem Park der japanischen Hauptstadt
Tokio leuchtet.
Aufgabe: Prüfen Sie, ob die angegebene Zahl der Champagnergläser plausibel ist, d.h. ob
sie (näherungsweise) stimmen kann. Überlegen Sie, wie die einzelnen “Schichten” aussehen
könnten.
— 16 —
Figurierte Zahlen
5
5.1
5 Systematisierung durch Differenzenbildung
Systematisierung durch Differenzenbildung
Differenzenfolgen von Polygonal- und Pyramidalzahlen
(Ein Hinweis: Es kann u.U. nützlich sein, sich vorab im Anhang über das Verfahren der vollständigen
Induktion zu informieren.)
Eine bewährte Strategie zur Erkennung von Gesetzmässigkeiten in Folgen ist die Differenzenbildung. In den folgenden Schemata wird immer wieder Gebrauch davon gemacht.
Beispiel : Einfache Differenzenbildung bei den Polygonalzahlen
Im folgenden Schema sind hinter jeder Polygonalzahl-Zeile die entsprechenden Differenzen
notiert. Bereits an diesem einfachen Beispiel lassen sich in den Zeilen und Spalten viele
Muster erkennen.
k
| 1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
...
-----------------------------------------------------------------E =
3 | 1
3
6
10
15
21
28
36
45
55
66
78
...
Diff
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
...
4 | 1
4
9
16
25
36
49
64
81 100 121 144
...
Diff
3
5
7
9
11
13
15
17
19
21
23
...
5 | 1
5
12
22
35
51
70
92 117 145 176 210
...
Diff
4
7 10
13
16
19
22
25
28
31
34
...
6 | 1
6
15
28
45
66
91 120 153 190 231 276
...
Diff
5
9 13
17
21
25
29
33
37
41
45
...
7 | 1
7
18
34
55
81 112 148 189 235 286 342
...
Diff
6
11 16
21
26
31
36
41
46
51
56
...
8 | 1
8
21
40
65
96 133 176 225 280 341 408
...
Diff
7
13 19
25
31
37
43
49
55
61
67
...
9 | 1
9
24
46
75 111 154 204 261 325 396 474
...
Diff
8
15 22
29
36
43
50
57
64
71
78
...
10 | 1
10
27
52
85 126 175 232 297 370 451 540
...
Diff
9
17 25
33
41
49
57
65
73
81
89
...
11 | 1
11
30
58
95 141 196 260 333 415 506 606
...
Diff
10
19 28
37
46
55
64
73
82
91 100
...
12 | 1
12
33
64 105 156 217 288 369 460 561 672
...
Diff
11
21 31
41
51
61
71
81
91 101 111
...
...
Wenn eine Methode gut funktioniert, dann ist es in der Mathematik im allgemeinen eine
bewährte Praxis, sie wiederholt anzuwenden. In diesem Sinne werden wir die Differenzenbildung im Folgenden mehrfach anwenden. Der Übersichtlichkeit halber beschränken wir uns
auf die Pentagonalzahlen.
G(5, k) 1
5
12
22
35
51
70
92
117
145
176
210
...
∆
4
7
10
13
16
19
22
25
28
31
34
...
∆2
3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
...
Wir halten fest, dass in den beobachteten Fällen bei den Pentagonalzahlen die zweiten
Differenzen konstant sind.
— 17 —
Figurierte Zahlen
5 Systematisierung durch Differenzenbildung
Aufgaben: 1. Prüfen Sie nach, ob die zweiten Potenzen auch bei weiteren Polygonalzahlen
konstant sind.
2. Entwickeln Sie eine explizite Formel für G(5, k) bzw. G(E, k) unter der Hypothese, dass
die Folge der zweiten Differenzen konstant gleich 3 (bzw. gleich c) ist.
Wir wenden nun das entsprechende Differenzenverfahren auf die Pyramidalzahlen (auch im
Falle E=5) an.
18
40
75
126
196
288
405
550
726
936
...
H(5, k) 1 6
∆
5 12
22
35
51
70
92
117
145
176
210
...
∆2
7
10
13
16
19
22
25
28
31
34
...
∆3
3
3
3
3
3
3
3
3
3
...
In diesem Fall scheinen die dritten Differenzen konstant zu sein.
Aufgaben: 1. Prüfen Sie nach, ob die dritten Potenzen auch bei weiteren pentagonalen
Pyramidalzahlen (E = 5) konstant sind.
2. Entwickeln Sie eine explizite Formel für H(5, k) unter der Hypothese, dass die Folge der
dritten Differenzen konstant gleich 3 ist.
3. Untersuchen Sie den Fall der hexagonalen Pyramidalzahlen (E = 6). Entwickeln Sie
eine explizite Formel für H(6, k) bzw. allgemein für H(E, k) unter der Hypothese, dass die
Folgen der dritten Differenzen konstant sind.
5.2
Allgemeine Differenzenfolgen
Es sei
(an )n=0...∞
eine beliebige Zahlenfolge. Die Folge ihrer ersten Differenzen ist gegeben durch
bn := ∆(an ) := an+1 − an
(5.1)
Im Hinblick auf eine systematische Entwicklung des Differenzenbegriffs schreibt man auch
∆1 (an ) an Stelle von ∆(an ). Weiterhin sei
und
∆2 (an ) := ∆(∆an ) = ∆(an+1 ) − ∆(an ) = (an+2 − an+1 ) − (an+1 − an )
(5.2)
∆k (an ) := ∆k−1 (∆(an )) = ∆k−1 (an+1 ) − ∆k−1 (an )
(5.3)
Diese Definitionen lassen sich schematisch folgendermassen darstellen.
a2
a3
a4
a5
a6
a7 . . .
an a1
∆
∆(a1 )
∆(a2 )
∆(a3 )
∆(a4 )
∆(a5 )
∆(a6 )
...
2
2
2
2
2
2
∆
∆ (a1 )
∆ (a2 )
∆ (a3 )
∆ (a4 )
∆ (a5 ) . . .
∆3
∆3 (a1 )
∆3 (a2 )
∆3 (a3 )
∆3 (a4 ) . . .
...
...
...
...
— 18 —
5 Systematisierung durch Differenzenbildung
Figurierte Zahlen
Aufgaben:
1. Zeigen Sie:
(5.4)
∆(∆k (an )) = ∆k (∆(an ))
2. Zeigen Sie: Sind die k-ten Differenzen einer Folge konstant (und von Null verschieden),
so lässt sich die Folge in expliziter Form als Polynom vom Grade k darstellen.
Durch das folgende Differenzenschema sollen die Voraussetzungen zu dieser Aufgabe verdeutlicht werden.
a2
a3
a4
a5
a6
a7 . . .
an a1
∆
∆(a1 )
∆(a2 )
∆(a3 )
∆(a4 )
∆(a5 )
∆(a6 )
...
∆2
∆2 (a1 )
∆2 (a2 )
∆2 (a3 )
∆2 (a4 )
∆2 (a5 ) . . .
∆3
∆3 (a1 )
∆3 (a2 )
∆3 (a3 )
∆3 (a4 ) . . .
...
...
...
...
c
c
c
...
∆k
3. Formulieren und beweisen Sie die Umkehrung dieser Aussage.
Beispiel: Potenzsummen
Für die natürlichen Zahlen n und k sei
k
k
k
S(n, k) := 1 + 2 + 3 + . . . + n
k
(=
n
X
(5.5)
ik )
i=1
•
•
•
Formulieren Sie die Gleichung (für festes k) rekursiv in n.
Zeigen Sie: S(n, k) ist stets als Polynom in k vom Grade k + 1 darstellbar.
Stellen Sie die entsprechenden Polynome für k = 0, . . . , 6 auf.
Einige konkrete Differenzenschemata zu S(n, k) :
k=1
n
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
...
S(n, 1) 1 3 6 10 15 21 28 36 45
55
66
78
...
∆
2 3 4
5
6
7
8
9
10
11
12
...
∆2
1 1 1
1
1
1
1
1
1
1
...
k=2
n
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
...
S(n, 2) 1 5 14
30
55
91
140
204
285
385
506
650
...
4 9
16
25
36
49
64
81
100
121
144
...
∆
∆2
5 7
9
11
13
15
17
19
21
23
...
2
2
2
2
2
2
2
2
2
...
∆3
k=3
n
1 2
3
4
S(n, 3) 1 9
36
100
∆
8
27
64
125
∆2
19
37
61
∆3
18
24
30
∆4
6
6
5
225
6
441
10 . . .
3025 . . .
216
343
512
729
1000
...
91
127
169
217
271
...
36
42
48
54
...
6
6
6
6
...
— 19 —
7
784
8
1296
9
2025
5 Systematisierung durch Differenzenbildung
Figurierte Zahlen
k=4
1
2
3
n
S(n, 4) 1
17
98
∆
16
81
256
2
∆
65
175
110
194
∆3
4
∆
84
∆5
24
4
354
5
979
625
369
6
2275
1296
671
302
108
2401
1105
434
132
24
7
4676
4096
1695
590
156
24
8
8772
9
15333
6561
2465
180
...
...
770
24
10
...
...
...
...
k=5
n
1
2
3
4
5
6
7
8
9
S(n, 5) 1
33
276
1300
4425
12201
29008
61776
120825
∆
32
243
1024
3125
7776
16807
32768
59049
...
211
781
2101
4651
9031
15961
26281
...
∆2
∆3
570
1320
2550
4380
6930
10320
...
∆4
750
1230
1830
2550
3390
...
∆5
480
600
720
840
...
6
∆
120
120
120
...
Aufgabe: Stellen Sie eine Verbindung her zwischen k und der Konstanten in der jeweils
letzten Zeile des zu S(n, k) gehörenden Differenzenschemas.
— 20 —
6 Figurierte Fibonacci–Zahlen
Figurierte Zahlen
6
6.1
Figurierte Fibonacci–Zahlen
Historischer Kontext
Leonardo von Pisa (1170–1250), genannt Fibonacci (kurz für filius bonacci), einer der grössten europäischen Mathematiker des Mittelalters, stellte in seinem berühmten Buch Liber
Abaci im Jahre 1202 eine Aufgabe zur Kaninchenvermehrung vor, deren Lösung zu der inzwischen als Fibonacci–Zahlen bezeichneten Zahlenfolge 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, 55, 89, . . . führte.
Die Fibonacci–Zahlen gaben über die Jahrhunderte hinweg Anlass zu vielfältigen mathematischen Untersuchungen. Sie standen und stehen im Zentrum eines engen Beziehungsgeflechts mit anderen mathematischen und nichtmathematischen Themen (goldener Schnitt,
Euklidischer Algorithmus, Kettenbrüche, exponentielles Wachstum, erzeugende Funktionen,
Phyllotaxis, usw.).
Die Fibonacci–Zahlen erfüllen eine Vielzahl von rekursiven und nichtrekursiven Gleichungen, von denen eine zu interessanten optischen Täuschungen führt (sie wird weiter unten in
Abschnitt 6.4.2 behandelt). Sie geben darüber hinaus Anlass zu vielfältigen geometrischen
Veranschaulichungen und sie können als ein Ausgangspunkt für die Behandlung linearer
Differenzengleichungen angesehen werden.
Zwei historische Darstellungen von Leonardo von Pisa:
Leonardo von Pisa war auch einer der massgeblichen Protagonisten bei der Verbreitung des
aus Indien stammenden Zehnersystems, das er in Nordafrika kennengelernt hatte.
— 21 —
6 Figurierte Fibonacci–Zahlen
Figurierte Zahlen
Die Kaninchenaufgabe
Deutsche Übersetzung aus dem 12. Kapitel des Liber abaci nach der lateinischen Edition
von B. Boncompagni, Rom 1857, S. 283f.
vgl. http://www.library.ethz.ch/exhibit/fibonacci/fibonacci-poster-04-kaninchen.html
Wieviele Kaninchenpaare entstehen im Verlauf eines Jahres aus einem Paar?
Ein Mann hielt ein Paar Kaninchen an einem Ort, der ringsum von einer Mauer umgeben war, um herauszufinden, wieviele Paare daraus in einem Jahr entstünden. Dabei
ist es ihre Natur, jeden Monat ein neues Paar auf die Welt zu bringen, und sie gebären
erstmals im zweiten Monat nach ihrer Geburt. Weil das obengenannte Paar schon im
ersten Monat gebiert, kannst du es verdoppeln, so dass nach einem Monat zwei Paare
da sind. Von diesen gebiert eines, d.h. das erste, im zweiten Monat wieder; und so gibt
es im zweiten Monat 3 Paare. Von denen werden in einem Monat 2 wieder trächtig,
so dass im dritten Monat zwei Kaninchenpaare geboren werden; und so sind es dann in
diesem Monat 5 Paare. Von denen werden im selben Monat 3 trächtig, so dass es im
vierten Monat 8 Paare sind. Von diesen gebären 5 Paare wieder 5 Paare; wenn man
diese zu den 8 Paaren addiert, ergeben sich im fünften Monat 13 Paare. Von denen
paaren sich die 5 Paare, die in diesem Monat geboren wurden, noch nicht im selben
Monat, aber die anderen 8 Paare werden trächtig; und so sind es im sechsten Monat
21 Paare. Wenn man zu diesen die 13 Paare addiert, die im siebten Monat geboren
werden, werden es in diesem Monat 34 Paare sein. Wenn man zu diesen die 21 Paare addiert, die im achten Monat geboren werden, werden es in diesem Monat 55 Paare
sein. Wenn man zu diesen die 34 Paare addiert, die im neunten Monat geboren werden,
werden es in diesem Monat 89 Paare sein. Wenn man zu diesen wiederum die 55 Paare
addiert, die im zehnten Monat geboren werden, werden es in diesem Monat 144 Paare
sein. Wenn man zu diesen wiederum die 89 Paare addiert, die im elften Monat geboren
werden, werden es in diesem Monat 233 Paare sein. Und wenn man schliesslich zu
diesen die 144 Paare addiert, die im letzten Monat geboren werden, sind es am Schluss
377 Paare. Und soviele Paare wird das obengenannte Paar an dem beschriebenen Ort
am Ende eines Jahres auf die Welt gebracht haben. In der Abbildung hier am Rand
kannst du sehen, wie wir das ausgerechnet haben, nämlich dass wir die erste Zahl mit
der zweiten zusammengezählt haben, d.h. 1 mit 2; dann die zweite mit der dritten, die
dritte mit der vierten, die vierte mit der fünften, und so weiter, bis wir die zehnte mit
der elften zusammengezählt haben, d.h. 144 mit 233. Und so haben wir die Summe
der obengenannten Kaninchenpaare, nämlich 377. Und so kannst du der Reihe nach
weiterfahren für eine unbegrenzte Anzahl Monate.
— 22 —
6 Figurierte Fibonacci–Zahlen
Figurierte Zahlen
Kaninchenvermehrung – schematische Darstellung: Jeder Buchstabe im folgenden Diagramm steht für ein Kaninchenpaar. Der Stern signalisiert Geschlechtsreife.
1
2
3
4
5
6
7
...
------------------------------A* A* A* A* A* A* A*
B
B* B* B* B* B*
C
C* C* C* C*
D
D* D* D*
E
E* E* E*
F
F* F*
G
G* G*
H
H* H*
I
I*
J
J*
K
K*
L
L*
M
M*
N
O
P
Q
R
S
T
U
------------------------------1
2
3
5
8 13 21
...
6.2
<--
Monate
<-- Fibonacci-Zahlen
Definition der Fibonacci–Zahlen in heutiger Notation
Die Fibonacci–Zahlen bilden eine Zahlenfolge, die



 0
Fn =
1


 Fn−1 + Fn−2
(rekursiv) folgendermassen definiert ist:
für n = 0
für n = 1
für n > 1
(6.1)
Die dritte Zeile in der Definition besagt, dass sich jede Fibonacci–Zahl (nach den beiden
Anfangswerten) aus der Summe ihrer beiden Vorgänger ergibt.
Die folgende Wertetafel vermittelt einen ersten Eindruck vom Wachstumsverhalten der Fibonacci–Zahlen.
n
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
...
Fn
0
1
1
2
3
5
8
13
21
34
55
89
144
233
377
610
987
...
— 23 —
6 Figurierte Fibonacci–Zahlen
Figurierte Zahlen
6.3
Veranschaulichung der definierenden Gleichung
1. Treppensteigen: Eine Treppe, bestehend aus n Stufen, darf so bestiegen werden, dass mit
jedem Schritt eine oder zwei Stufen genommen werden können. Wie viele Möglichkeiten gibt
es, die Treppe zu besteigen?
2. Parkettierungen (vgl. nachfolgende Abbildung): Ein rechteckiger Weg der Breite 2 Meter
und der Länge n Meter soll mit 1m x 2m grossen Platten ausgelegt werden. Wie viele
Möglichkeiten gibt es?
— 24 —
6 Figurierte Fibonacci–Zahlen
Figurierte Zahlen
6.4
6.4.1
Weitere auf den Fibonacci–Zahlen
basierende Veranschaulichungen
Quadrate und Rechtecke aus Fibonacci–Zahlen
In der folgenden Figur werden Quadrate über Fibonacci–Zahlen zu Rechtecken zusammengesetzt.
1 1
F3² F4²
F6²
F6
F5²
F7 = F5+F6
Dies führt zu den folgenden algebraischen Formulierungen:
F12 + F22 + F32 + F42 + F52 + F62 = F6 · F7
F12 + F22 + F32 + . . . + Fn2 = Fn · Fn+1
(6.2)
Über die obige Visualisierung hinaus gibt es verschiedene Verfahren, um diese Formel zu
begründen bzw. zu beweisen. Das folgende Verfahren wird gelegentlich auch als “Teleskopverfahren” bezeichnet. Auf der rechten Seite heben sich, wie durch Unterstreichung
angedeutet, alle bis auf einen Summanden gegenseitig auf.
(Anfangswerte)
F12 = F1 · F2
2
F2 = F2 · (F3 − F1 ) = F2 · F3 − F2 · F1
F32 = F3 · (F4 − F2 ) = F::::::
3 · F4 − F3 · F2
F42 = F4 · (F5 − F3 ) = F4 · F5 − F::::::
4 · F3
(6.3)
...
2
Fn−1
= Fn−1 · (Fn − Fn−2 ) = Fn−1 · Fn − Fn−1 · Fn−2
Fn2 = Fn · (Fn+1 − Fn−1 ) = Fn · Fn+1 − Fn · Fn−1
Summierung der linken und der rechten Seiten ergibt
F12 + F22 + F32 + . . . + Fn2
=
Fn · Fn+1
(6.4)
Ein formaler Beweis, auf den an dieser Stelle verzichtet wird, lässt sich mit vollständiger
Induktion durchführen (Übung).
— 25 —
6 Figurierte Fibonacci–Zahlen
Figurierte Zahlen
6.4.2
Fibonacci–Zahlen und optische Täuschungen
Auf dem ersten Blick scheint es so, als sei durch das Zerschneiden und Umlegen aus dem
Quadrat mit der Fläche A = 8·8 = 64 Einheiten ein Rechteck der Fläche A = 5·13 = 65
Einheiten entstanden – ein Ergebnis, das allein durch das Zerschneiden und Umlegen der
einzelnen Flächen jedoch nicht möglich ist.
Wir haben es hier mit einer geschickt inszenierten optischen Täuschung zu tun. Der Trick
besteht darin, dass sich im Rechteck hinter der diagonalen Geraden ein sehr flaches Parallelogramm vom Flächeninhalt 1 verbirgt. Durch die dick gedruckte Diagonale wird das
Parallelogramm jedoch verdeckt.
Aufgabe: Zeichnen Sie die obige Konfiguration grossformatig sehr sorgfältig nach.
Im obigen Beispiel gilt:
F62 = F5 · F7 − 1.
Dieses Beispiel ist ein Spezialfall der folgenden allgemeingültigen Formel:
Fn2 = Fn−1 · Fn+1 + (−1)n+1
(6.5)
Auf der Basis dieser Formel lassen sich analog zum obigen Zerschneidungs-und-UmlegungsBeispiel weitere optische Täuschungen konstruieren. Die absolute Differenz der Flächeninhalte des durch (6.5) gegebenen Quadrats und Rechtecks ist immer gleich 1. Dadurch wird
die relative Differenz immer kleiner, je grösser die jeweiligen Fibonacci–Zahlen werden. Das
“Täuschungspotential” der optischen Täuschung lässt sich also durch Vergrösserung von n
beliebig erhöhen.
Aufgabe: Beweisen Sie Gleichung (6.5) mit Hilfe von vollständiger Induktion.
In der folgenden Graphik wird eine Folge von Quadraten und Rechtecken konstruiert, mit
der sich die obige Formel paradigmatisch begründen lässt.
— 26 —
6 Figurierte Fibonacci–Zahlen
Figurierte Zahlen
Interpretation der Graphik
Behauptung: In jeder “Zeile” gilt:
linke Seite = rechte Seite − 1
Denn: Von Zeile zu Zeile kommt links und rechts immer dasselbe hinzu.
Leserichtung (Pfeil) von links nach rechts:
2
F2k
= F2k−1 · F2k+1 − 1
Leserichtung (Pfeil) von rechts nach links:
2
F2k+1
= F2k · F2k+2 + 1
Allgemein:
Fn2 = Fn−1 · Fn+1 + (−1)n+1
— 27 —
6 Figurierte Fibonacci–Zahlen
Figurierte Zahlen
6.5
Die Formel von Binet
Einer Jahrhunderte alten Tradition entsprechend, hat man sich in der Mathematik mit der
rekursiven Beschreibung der Fibonacci–Zahlen nicht zufrieden gegeben. Die Beschreibung
einer Folge wurde (ganz allgemein) erst dann als befriedigend angesehen, wenn man sie
in expliziter, geschlossener (nicht-rekursiver) Form vorliegen hatte. Die Gründe für diese Einstellung sind nicht zuletzt historisch zu erklären: In der expliziten Form werden die
Werte dieser Folge (und anderer rekursiv gegebener Folgen) durch elementare Funktionen
(Polynome, Potenzfunktionen, Exponentialfunktionen, logarithmische und trigonometrische
Funktionen usw.) beschrieben, die man im Laufe der Jahrhunderte immer besser kennen
und beherrschen gelernt hatte. So kannte man z.B. die Struktur dieser Funktionen (ihre
Symmetrien, ihre Periodizitäten, ihr asymptotisches Verhalten, ihr Wachstums-, ihr Krümmungsverhalten usw.); man hatte Wertetafeln aufgestellt und bewegte sich auf festem Boden,
wenn man etwas anhand dieser Funktionen beschreiben konnte. Die mathematische Gemeinschaft als Ganzes entwickelte eine Art Intuition für das Verhalten dieser Funktionen und den
Umgang mit ihnen.
So ist es nicht verwunderlich, dass man sich auch bei der Folge der Fibonacci–Zahlen schon
immer um eine explizite Darstellung bemühte. Berühmte Mathematiker, unter ihnen Abraham de Moivre und Leonhard Euler, erarbeiteten Ergebnisse, die letztlich zur expliziten
Beschreibung der Fibonacci–Zahlen führten. (Von de Moivre wird sogar gesagt, dass er die
explizite Darstellung bereits kannte.)
Im Jahre 1843 legte der französische Mathematiker Jacques Philippe Marie Binet eine
Formel-Beschreibung vor, die ihm zu Ehren heute als Binetsche Formel bezeichnet wird.
Sie lautet


√ !n
√ !n
1+ 5
1− 5 
1
(6.6)
−
Fn = √ 
2
2
5
Vom Zeitpunkt der ersten Beschreibung der Fibonacci-Zahlen bis zur Formulierung der Binetschen Formel waren Jahrhunderte vergangen. Heute stellt die Theorie der Differenzengleichungen Methoden zur Verfügung, um für grosse Klassen rekursiver Gleichungen explizite
Darstellungen zu finden. Im Anhang wird exemplarisch eine Möglichkeit zur Herleitung der
Binetschen Formel behandelt.
— 28 —
6 Figurierte Fibonacci–Zahlen
Figurierte Zahlen
6.6
Konkrete Berechnung der Fibonacci–Zahlen
Zur Berechnung der Fibonacci–Zahlen gibt es die folgenden Möglichkeiten:
•
•
•
•
6.6.1
mit
mit
mit
mit
einem rekursiven Verfahren
einem iterativen Verfahren
der Formel von Binet
Hilfe der Matrizenrechnung (falls diese zur Verfügung steht)
Rekursives Verfahren
Bei dem rekursiven Verfahren erfolgt die Berechnung der jeweiligen Fibonacci–Zahl strikt im
Sinne der (rekursiven) Definition. Die folgende Darstellung soll bereits für den extrem niedrigen Index 6 einen Eindruck davon vermitteln, wie aufwendig die rekursive Berechnung der
Fibonacci–Zahlen ist. Stellt man einen “Rechenbaum” auf, der diese Berechnung akribisch
abbildet (vgl. Ziegenbalg 2016, Kapitel 5), so sieht man, dass jede Erhöhung des Index um
2 weit mehr als eine Verdopplung des Rechenaufwands nach sich zieht.
F6 =
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
F5 + F4
(F4 + F3 ) + F4
((F3 + F2 ) + F3 ) + F4
(((F2 + F1 ) + F2 ) + F3 ) + F4
((((F1 + F0 ) + F1 ) + F2 ) + F3 ) + F4
((((1 + F0 ) + F1 ) + F2 ) + F3 ) + F4
((((1 + 0) + F1 ) + F2 ) + F3 ) + F4
(((1 + F1 ) + F2 ) + F3 ) + F4
(((1 + 1) + F2 ) + F3 ) + F4
((2 + F2 ) + F3 ) + F4
((2 + (F1 + F0 )) + F3 ) + F4
((2 + (1 + F0 )) + F3 ) + F4
((2 + (1 + 0)) + F3 ) + F4
((2 + 1) + F3 ) + F4
(3 + F3 ) + F4
(3 + (F2 + F1 )) + F4
(3 + ((F1 + F0 ) + F1 )) + F4
(3 + ((1 + F0 ) + F1 )) + F4
(3 + ((1 + 0) + F1 )) + F4
(3 + (1 + F1 )) + F4
(3 + (1 + 1)) + F4
(3 + 2) + F4
5 + F4
5 + (F3 + F2 )
5 + ((F2 + F1 ) + F2 )
— 29 —
6 Figurierte Fibonacci–Zahlen
Figurierte Zahlen
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
=
5 + (((F1 + F0 ) + F1 ) + F2 )
5 + (((1 + F0 ) + F1 ) + F2 )
5 + (((1 + 0) + F1 ) + F2 )
5 + ((1 + F1 ) + F2 )
5 + ((1 + 1) + F2 )
5 + (2 + F2 )
5 + (2 + (F1 + F0 ))
5 + (2 + (1 + F0 ))
5 + (2 + (1 + 0))
5 + (2 + 1)
5+3
8
Ein rekursiver Algorithmus für die numerische Auswertung sieht strukturell folgendermassen
aus (hier in der Syntax des Computeralgebra Systems Maxima):
Fib_rek(n) := if n<=1 then n
else Fib_rek(n-1) + Fib_rek(n-2)
Das rekursive Programm ist die direkteste (“kognitiv effizienteste”) Umsetzung der Definition. Rekursive Computerprogramme sind aber meist nur für extrem kleine Argumente
lauffähig. Bei grösseren Eingabewerten laufen rekursive Programme wegen der mit der Rekursion verbundenen Notwendigkeit der Speicherung von Zwischenergebnissen meist sehr
bald in einen “stack-overflow-error”, also eine Speicher-Überlauf-Bedingung des sogenannten
Rekursionsstacks.
Schliesslich sollte an dieser Stelle aber ein Hinweis zur effizienteren Realisierung von rekursiven Programmen nicht fehlen.
Die oben gegebene rekursive Version Fib_rek der Fibonacci–Funktion stellt ein Beispiel
für reine Rekursion dar. Moderne Programmiersprachen verfügen gelegentlich über unterschiedliche Techniken zur Verbesserung der Effizienz rekursiver Algorithmen. In der Programmiersprache Scheme, einer modernen Version aus der Familie der Lisp-artigen Programmiersprachen, werden gewisse einfach strukturierte Rekursionstypen vom Laufzeit- und
Übersetzersystem erkannt und intern in iterative Programme umgesetzt, ohne dass der Benutzer dies explizit zu formulieren hat.
Es gibt weiterhin Techniken, den bei der Rekursion auftretenden Mehrfachaufruf von Funktionen dadurch zu vermeiden, dass (intern) eine Tabelle mit bereits errechneten Funktionswerten angelegt wird, aus der dann mehrfach benötigte Funktionswerte bei Bedarf entnommen werden können. Diese gelegentlich als dynamisches Programmieren bezeichnete Technik
ist z.B. in dem Computeralgebra System Mathematica realisiert. Die Laufzeit-Effizienz der
Programme erhöht sich dadurch enorm; allerdings erhöht sich durch den Aufbau der Tabelle auch der computerintern benötigte Speicherbedarf. Man hat also eine Verbesserung der
Laufzeit-Effizienz durch eine Verschlechterung der Speicherplatz-Effizienz erkauft.
Da die Techniken zur Effizienzverbesserung rekursiver Programme hochgradig systemabhängig sind, soll hier nicht weiter darauf eingegangen werden.
— 30 —
6 Figurierte Fibonacci–Zahlen
Figurierte Zahlen
6.6.2
Iteratives Verfahren
Bei dem iterativen Verfahren “hangelt” man sich, wie im folgenden Beispiel, von den Anfangswerten aus hoch. Bereits dieses kleine Beispiel verdeutlicht, dass das iterative Verfahren
mit einem sehr viel geringeren Rechenaufwand verbunden ist als das rekursive Verfahren.
F0
F1
F2
F3
F4
F5
F6
=
=
=
=
=
=
=
0
1
F1 + F0
F2 + F1
F3 + F2
F4 + F3
F5 + F4
=1+0=1
=1+1=2
=2+1=3
=3+2=5
=5+3=8
Ein iterativer Algorithmus für die numerische Auswertung (ebenfalls in Maxima) lautet:
Fib_it(n) :=
block([i : 0, f0 : 0, f1 : 1, f2 : 1],
while i < n do
(i : i+1, f0 : f1, f1 : f2, f2 : f1 + f0),
f0 );
Eine kleine Bemerkung zu den Maxima-Programmen: Das Symbol
Funktionen; das Symbol : dient der Wertzuweisung.
:=
dient der Definition von
Computeralgebra Systeme unterstützen meist sehr gut das Paradigma des funktionalen Programmierens. Programme sind in diesem Sinne Funktionen. Ziel jedes Programmlaufs ist, einen Funktionswert zu ermitteln. Der ermittelte Funktionswert wird gelegentlich mit einem speziellen Befehl
wie return übergeben, meist wird er aber auch einfach kommentarlos als letzte auszuführende
Anweisung aufgeschrieben. Im Beispiel FIB_rek(n) wird je nach Fallunterscheidung n oder
Fib_rek(n-1) + Fib_rek(n-2) als Funktionswert zurückgegeben; beim Programm Fib_it(n)
ist dies f0.
Bereits erste konkrete Experimente mit den Programmen zeigen: Der iterative Algorithmus
ist dem rekursiven in Bezug auf das Kriterium der Laufzeiteffizienz weit überlegen.
6.6.3
Die Formel von Binet
Die Formel von Binet
√ !n
1  1+ 5
Fn = √
−
2
5


√ !n
1− 5 
2
ist historisch und strukturell von Bedeutung. Sie zeigt z.B., dass das Wachstum der Fibonacci–Zahlen von exponentiellem Typ ist; sie taugt aber nicht zur numerischen Berechnung
— 31 —
6 Figurierte Fibonacci–Zahlen
Figurierte Zahlen
der Fibonacci–Zahlen. Denn sie macht von der Wurzel- und der Exponentialfunktion Gebrauch, deren Berechnungsalgorithmen auf im Prinzip nichtabbrechenden Wiederholungsprozessen basieren. Da diese (Iterations-) Rechnungen, seien sie iterativ oder rekursiv implementiert, doch irgendwann einmal “mit roher Gewalt” abgebrochen werden müssen, liefern sie bestenfalls Näherungswerte. Erschwerend kommt hinzu, dass diese Berechnungen
nicht mehr nur (wie bei den rekursiven oder iterativen Basis–Algorithmen Fib_rek und
Fib_it mit ganzen Zahlen erfolgen können. Man muss bei der Anwendung der Formel
von Binet in irgendeiner Weise von reellen (genauer: irrationalen) Zahlen Gebrauch machen.
Und diese sind aus Gründen der Korrektheit und der Berechnungseffizienz höchst problematisch; insbesondere dann, wenn sie, wie sehr oft üblich, im Computer mit dem Konstrukt
der “Gleitkommazahl” umgesetzt werden (vgl. Ziegenbalg 2016, Kap. 6: Korrektheit von
Algorithmen).
6.6.4
Berechnung der Fibonacci–Zahlen mit Matrizen
Falls die Matrizenrechnung kognitiv und auf der Softwareseite zur Verfügung steht, können
die Fibonacci–Zahlen wie folgt auch damit berechnet werden.
!
!
!
Fn+1
1 1
Fn
=
·
(6.7)
Fn
1 0
Fn−1
Daraus folgt
Fn+1 Fn
Fn Fn−1
!
=
1 1
1 0
!n

mit 1 1
1 0
!
!0
=
1 0 
0 1
(6.8)
Der Algorithmus lässt sich laufzeiteffizient realisieren, besonders, wenn man schnelle Algorithmen für das Potenzieren z.B. durch Halbieren des Exponenten und Quadrieren der Basis
verwendet (Stichwort: “schnelles Potenzieren”).
Er ist allerdings mit dem Nachteil verbunden, dass die Matrizenrechnung kognitiv vergleichsweise aufwendig ist und dass ihre Implementierung einen organisatorischen Zusatzaufwand
(overhead ) erfordert, der seinerseits die Effizienz des Verfahrens beeinträchtigt. Schliesslich
sei noch darauf hingewiesen, dass die Darstellungen (6.8) mit einigen Redundanzen verbunden ist (z.B. doppelte Darstellung von Fn ).
6.6.5
Teile und Herrsche durch Halbierung des Arguments
Man kann die Idee der (näherungsweisen) Argument-Halbierung (zum Thema “Teile und
Herrsche” vgl. Ziegenbalg 2016, Kapitel 5) bei den Fibonacci–Zahlen allerdings auch vergleichsweise elementar realisieren, indem man die folgenden Gleichungen heranzieht:
F2n = Fn · (2Fn+1 − Fn )
2
F2n+1 = Fn+1
+ Fn2
(6.9)
(6.10)
Hinweis: Die beiden Gleichungen werden im Abschnitt über vollständige Induktion in Beispiel 8.9 bewiesen.
— 32 —
6 Figurierte Fibonacci–Zahlen
Figurierte Zahlen
Im folgenden Maxima-Programm ist diese Variante des Prinzips von Teile und Herrsche
umgesetzt.
Fib_h(n) :=
if n<2 then n
else if n=2 then 1
else
if mod(n,2)=0
then Fib_h(n/2) * (2 * Fib_h((n/2)+1) - Fib_h(n/2))
else Fib_h((n-1)/2 + 1)^2 + Fib_h((n-1)/2)^2
Allerdings sind die auf dem Argument-Halbierungs-Prinzip beruhenden Algorithmen in der
Regel wieder rekursiv – und man handelt sich potentiell, wenn auch in abgeschwächter Form,
wieder Probleme mit der Rekursion ein.
Ein kleiner Echtzeit-Härtetest in Maxima (das Ergebnis ist eine 2090-stellige Zahl) führt zu
den folgenden approximativen Laufzeit-Werten:
Funktion
Anzahl der Aufrufe
Laufzeit pro Aufruf
Laudzeit insgesamt
Fib_it(10000)
Fib_h(10000)
1
281236
ca. 1.6 sec
ca. 0.003 sec
ca. 1.6 sec
ca. 870 sec
Für den einzelnen Aufruf benötigt die Version Fib_h(n) zwar deutlich weniger Zeit als
Fib_it(n), aber die Anzahl der (rekursionsbedingten) Aufrufe steigt mit wachsendem n
ganz gewaltig.
Auch im Hinblick auf die kognitive Effizienz kann die Version Fib_h(n) nicht mit der iterativen Variante mithalten. Schliesslich muss man ja erst mal die letzten beiden Gleichungen
(also die Voraussetzungen dafür, dass das Verfahren funktioniert) beweisen. Dies setzt einen
Kenntnisstand voraus, der in der Regel erst im Mathematikstudium vermittelt und voll verstanden wird. Die iterative Version, verbunden mit der Idee des Hochhangelns ist dagegen
bereits mit Grundschulkenntnissen verstehbar und realisierbar.
6.6.6
Abschliessende Bewertung der Verfahren zur Berechnung der Fibonacci–
Zahlen
Unter Laufzeit- und Korrektheits- und Stabilitäts–Aspekten spricht viel für den direkten
iterativen Algorithmus zur Auswertung der Fibonacci–Zahlen. Er ist auch kognitiv effizient,
denn das Bild des von bestimmten Anfangswerten aus verlaufenden Hochhangelns zur Ermittlung der weiteren Funktions- bzw. Folgenwerte ist eine durchaus natürliche Vorstellung.
Insgesamt gilt: Das iterative Programm zur Berechnung der Fibonacci–Zahlen ist ein in jeder
Hinsicht effizientes und stabiles “Arbeitspferd ”, das auch dann noch zuverlässig funktioniert,
wenn andere Methoden nicht mehr zum Ziel führen.
— 33 —
7 Anhang: Herleitung der Formel von Binet
Figurierte Zahlen
7
Anhang : Herleitung der Formel von Binet
Im Folgenden wird die Formel von Binet hergeleitet. Derartige (nichtrekursive) Formeldarstellungen werden oft auch als “explizite” oder “geschlossene” Darstellungen bezeichnet.
Die rekursive Darstellung der Fibonacci–Zahlen
(7.1)
Fk = Fk−1 + Fk−2
lässt sich als Spezialfall der folgenden homogenen linearen Differenzengleichung zweiter Ordnung deuten:
yk + a1 · yk−1 + a2 · yk−2 = 0
(7.2)
7.1
Lineare Differenzengleichung erster Ordnung
Um die Differenzengleichung zweiter Ordnung zu lösen, setzt man sich zunächst mit der
Lösung von Differenzengleichungen erster Ordnung auseinander. Die (“homogene”) lineare
Differenzengleichung erster Ordnung
(7.3)
yk + a · yk−1 = 0
stellt eine geometrische Folge dar. Mit −a = A erhalten wir
y1 = A · y0
y2 = A · y1 = A2 · y0
...
yk = A · yk−1 = A · Ak−1 · y0
yk = Ak · y0
bzw. yk = Ak · c
7.2
(y0 : Anfangswert)
(7.4)
(c : Konstante)
(7.5)
Lineare Differenzengleichungen zweiter Ordnung
Im Folgenden wird versucht, die Lösungen von linearen Differenzengleichungen zweiter Ordnung auf die Lösungen von linearen Differenzengleichungen erster Ordnung zurückzuführen.
Zu diesem Zweck führen wir in die Gleichung (7.2) in der folgenden Weise zwei sich gegenseitig aufhebende Terme ein:
yk + a1 · yk−1 + m · yk−1 − m · yk−1 + a2 · yk−2 = 0
(7.6)
Diese Gleichung wird zunächst in die folgenden zwei linearen Differenzengleichungen erster
Ordnung (I) und (II) zerlegt.
yk + (a1 + m) · yk−1
{z
}
|
I=0
+
(−m · yk−1 + a2 · yk−2 ) = 0
|
{z
}
(7.7)
II=0
Wenn es gelingt, eine gemeinsame Lösung für die Gleichungen (I) und (II) zu finden, dann
ist dies auch eine Lösung für die Gleichung (7.6) und damit auch für die Gleichung (7.2).
— 34 —
7 Anhang: Herleitung der Formel von Binet
Figurierte Zahlen
Die Gleichungen (I) und (II) haben aber dann gemeinsame Lösungen, wenn die Gleichungen
selbst gleich sind (d.h. wenn ihre Koeffizienten gleich sind). Dies kann durch eine geeignete
Wahl des Parameters m erreicht werden. Schreibt man nämlich die Gleichungen (I) und (II)
in der Form
a2
· yk−1
(7.8)
(I) yk = −(a1 + m) · yk−1
(II) yk =
m
so stellen sie dieselbe Gleichung dar, wenn die Koeffizienten −(a1 + m) und am2 gleich sind.
Die Bedingung
a2
− (a1 + m) =
(7.9)
m
führt zur folgenden charakteristischen Gleichung:
(7.10)
m2 + a1 · m + a2 = 0
Sind m1 und m2 die Lösungen der charakteristischen Gleichung, so lauten nach (7.5) die
Lösungen der Differenzengleichungen (I) und (II) mit beliebigen Konstanten c1 , c2 , c01 und c02 :
k
yk = (−(a1 + m1 )) · c1
yk =
und
k
yk = (−(a1 + m2 )) ·
c01
yk =
a2
m1
k
a2
m2
k
· c2
(7.11)
· c02
(7.12)
Von diesen vier Lösungen fallen wegen (7.9) jeweils zwei zusammen. Mit Hilfe der Wurzelsätze von Vieta erhält man die Lösungsfolgen
yk = mk2 · c1
und yk = mk1 · c01 .
(7.13)
Durch direktes Einsetzen lässt sich zeigen, dass die Summe zweier Lösungsfolgen einer linearen homogenen Differenzengleichung wieder eine Lösungsfolge dieser Differenzengleichung ist
(Beweis: Übung). Mit (7.13) ist somit
yk = mk2 · c1 + mk1 · c01
(7.14)
ebenfalls eine Lösung der Gleichung (7.2).
Im Falle der Fibonacci–Gleichung (7.1) gilt für die Koeffizienten:
a1 = −1 und a2 = −1
Dies führt zu den folgenden Werten für die Lösungen m1 und m2 der charakteristischen
Gleichung (7.10):
√
√
1− 5
1+ 5
und m2 =
(7.15)
m1 =
2
2
Die allgemeine Lösung für die Fibonacci–Gleichung (7.1) lautet dann
Fk =
√ !k
1+ 5
· c1 +
2
— 35 —
√ !k
1− 5
· c01
2
(7.16)
7 Anhang: Herleitung der Formel von Binet
Figurierte Zahlen
Die Koeffizienten c1 und c01 sind nun noch so anzupassen, dass die Anfangswerte “stimmen”.
Dies führt zu den folgenden beiden linearen Gleichungen für c1 und c01 :
y0 =
√ !0
1+ 5
· c1 +
2
√ !0
1− 5
· c01 = 0
2
(7.17)
y1 =
√ !1
1+ 5
· c1 +
2
√ !1
1− 5
· c01 = 1
2
(7.18)
und
Hieraus folgt
1
1
c1 = √ , c01 = − √
5
5
und schliesslich die Formel von Binet


√ !k
√ !k
1+ 5
1
1− 5 
Fk = √ 
−
2
2
5
(7.19)
(7.20)
Die Formel von Binet lässt sich auch in der folgenden hochgradig symmetrischen Form schreiben. In leicht modifizierter Darstellung lautet die Fibonacci–Gleichung Fk −F√
k−1 −Fk−2 = 0.
2
Das zugehörige
charakteristische Polynom ist x − x − 1 = 0. Sind a = ( 5 + 1)/2 und
√
b = −( 5 − 1)/2 die Wurzeln dieses charakteristischen Polynoms, so gilt
F (k) =
ak − b k
a−b
(7.21)
Im Hinblick auf eine ausführlichere, systematische Einführung in die Theorie der Differenzengleichungen sei auf Dürr/Ziegenbalg (1984) verwiesen.
— 36 —
8 Anhang: Natürliche Zahlen
Figurierte Zahlen
8
Anhang : Natürliche Zahlen
und vollständige Induktion
Die vollständige Induktion ist heute das Standard–Verfahren, um formale mathematische
Beweise in allgemein anerkannter Form durchzuführen. Sie steht in engster Verbindung zum
Aufbau der natürlichen Zahlen, und da es kaum ein Themengebiet in der Mathematik gibt,
das nicht in irgendeiner Form mit den natürlichen Zahlen im Zusammenhang steht, ist die
vollständige Induktion fundamental für die gesamte Mathematik. Wenn man heute ernsthaft
Mathematik betreiben will, ist es unabdingbar, mit der vollständigen Induktion gut vertraut
zu sein.
Ein mathematischer Beweis ist die Argumentationskette, durch welche die zu beweisende
Aussage (der zu beweisende Satz) in mehr oder weniger formalisierter Form als richtig (bzw.
gültig) nachgewiesen werden soll. In Abhängigkeit von der zu beweisenden Aussage kann
die jeweilige Beweistechnik, die in irgendeiner Form immer auf der mathematischen Logik
beruht, sehr unterschiedlich ausfallen.
Die in den mathematischen Sätzen vorkommenden Objekte sind in der Regel in expliziter
Weise konstruiert. Man könnte auch sagen: Sie sind durch eine algorithmische Beschreibung
(Definition) gegeben. Als Beispiel sei auf den letzten von Null verschiedenen Divisionsrest
im Euklidischen Algorithmus verwiesen, von dem zu zeigen ist, dass er der grösste gemeinsame Teiler der Ausgangszahlen ist. Wenn mathematische Objekte auf algorithmische Weise
konstruiert worden sind, dann ist es nicht verwunderlich, dass sich auch die Beweise von
Aussagen, in denen diese Objekte vorkommen, an der algorithmischen Beschreibung orientieren.
8.1
Die natürlichen Zahlen
Eines der fundamentalsten und wichtigsten Objekte der Mathematik sind die natürlichen
Zahlen. Sie sind konstruktiv beschrieben durch die Axiome von Giuseppe Peano (1858–1932).
Im Folgenden ist der Aufbau der natürlichen Zahlen in Anlehnung an der Formulierung von
Edmund Landau (1877–1938) wiedergegeben (vgl. Landau 1929; siehe ggf. auch Ziegenbalg
2016, Seite 86 ff).
Axiom 1: 1 ist eine natürliche Zahl.
(Die Menge der natürlichen Zahlen ist also insbesondere nicht leer. Sie enthält z.B. ein
Ding, das “eins” genannt und mit dem Symbol 1 bezeichnet wird.)
Axiom 2: Zu jeder natürlichen Zahl x gibt es genau eine natürliche Zahl, die der Nachfolger
von x heissen und mit x0 bezeichnet werden möge.
Axiom 3: Stets ist x0 von 1 verschieden.
(Es gibt also keine natürliche Zahl, deren Nachfolger 1 ist.)
Axiom 4: Aus x0 = y 0 folgt x = y.
(Sind die Nachfolger zweier natürlicher Zahlen gleich, so sind die Zahlen selber gleich.
Oder mit anderen Worten: Unterschiedliche natürliche Zahlen haben unterschiedliche
Nachfolger.)
— 37 —
8 Anhang: Natürliche Zahlen
Figurierte Zahlen
Axiom 5 (Induktionsaxiom):
Es sei M eine Menge natürlicher Zahlen mit den Eigenschaften:
(I)
1 gehört zu M .
(II) Wenn die natürliche Zahl x zu M gehört, so gehört auch x0 zu M .
Dann umfasst M alle natürlichen Zahlen.
Bemerkungen
1. Eine recht gute Visualisierung der vollständigen Induktion ist auf der Basis von (numerierten) Domino–Steinen möglich: Wenn Stein Nr. n fällt, dann fällt auch Stein Nr. n + 1.
Ob überhaupt einer der Steine fällt, ist unbestimmt. Aber wenn Stein Nr. 1 fällt, dann
fallen alle Steine.
1
2
3
4
5
Dieselbe Illustration macht deutlich, dass man die vollständige Induktion bei jeder ganzen Zahl zAnf verankern kann. Die entsprechende Aussage gilt dann für alle n mit n ≥
zAnf . (Man vergleiche hierzu auch das Beispiel in Abschnitt 8.3.2 über “NichtstandardInduktionsverankerung”.)
2. Der konstruktive, algorithmische Charakter der Peanoschen Definition ist vor allem durch
die Nachfolgerfunktion und durch das Induktionsaxiom gegeben. Die Nachfolgerfunktion
garantiert, dass man, ausgehend von der natürlichen Zahl 1 Schritt für Schritt zu jeder
beliebigen natürlichen Zahl gelangen kann. Die Zahldarstellung (z.B. im Zehnersystem) ist
dabei “nur” eine Frage der Konvention bzw. der Praktikabilität:
2 := 1’, 3 := 2’= 1”, 4 := 3’= 2”=1” ’ , . . . , 9 := 8’, 10 := 9’, 11:= 10’= 1” ” ” ” ” . . .
Die wesentlichen Aussagen über natürliche Zahlen gelten unabhängig von der Darstellung
im Zehnersystem. Historisch gesehen, kam die Zahldarstellung im Zehnersystem erst sehr
spät – lange nachdem die Griechen (trotz ihrer ungünstigen Zahlschreibweise) fundamentale
Eigenschaften der natürlichen Zahlen entdeckt und bewiesen hatten. So formulierte Euklid
viele Aussagen über natürliche Zahlen, z.B. den Satz über die Unendlichkeit der Menge der
Primzahlen oder den Satz über vollkommene Zahlen, ohne das Zehnersystem zur Verfügung
zu haben.
Das Zehnersystem stellt aber im Vergleich zu den früher gebräuchlichen Zahldarstellungs–
Systemen eine enorme Systematisierung und Vereinfachung für das numerische Rechnen dar.
(Zitat des Mathematikhistorikers G.B. Halsted zur Erfindung der Null durch die Inder: It is
like coining the Nirvana into dynamos.)
3. Es ist durchaus auch in gleichwertiger Weise möglich, die natürlichen Zahlen mit dem
Symbol (der Zahl) 0 beginnen zu lassen. Das wird (besonders in der modernen Mathematik)
sehr oft getan; symbolisch: N = {1, 2, 3, 4, 5, . . .} und N0 = {0, 1, 2, 3, 4, 5, . . .}.
4. Durch die Axiome von Peano werden die natürlichen Zahlen zunächst nur als (relativ
strukturlose) Menge eingeführt. Wie man auf dieser Basis die arithmetischen Operationen
— 38 —
8 Anhang: Natürliche Zahlen
Figurierte Zahlen
der Addition und Multiplikation, die grösser-Relation (>) und ähnliche Konzepte einführen
kann, ist in (Landau 1929) ausführlich beschrieben.
Im Folgenden gehen wir davon aus, dass dies geschehen sei und dass aus den natürlichen
Zahlen nach dem üblichen Standardverfahren die ganzen Zahlen Z konstruiert worden sind
(y siehe Manuskript Zahlbereichserweiterungen) und zur Verfügung stehen.
5. Die zu beweisende Aussage nimmt oft für n = 1 oder gar n = 0 eine besonders einfache
Form an. Manchmal ist sie so einfach, dass man kaum erkennt, was überhaupt zu beweisen
ist. Im Hinblick auf die “Effizienz” des Beweises spricht jedoch nichts dagegen, dass man den
Induktionsbeweis an einer besonders günstigen Stelle verankert.
8.2
Das Beweisverfahren der vollständigen Induktion
Eine besondere Rolle in der Definition der natürlichen Zahlen spielt Axiom 5, das sogenannte Induktionsaxiom. Diejenige mathematische Beweistechnik, die auf der Verwendung
des Induktionsaxioms beruht, nennt man die vollständige Induktion (im Kontrast zu der
aus den empirischen Wissenschaften bekannten sogenannten “unvollständigen” Induktion).
Praktisch jeder Beweis über natürliche Zahlen beruht direkt oder indirekt auf dem Prinzip
der vollständigen Induktion.
Jeder Beweis, der auf dem Induktionsaxiom aufbaut, muss strukturell aus den folgenden
Teilen bestehen.
Kontext: Eine Aussage A (A = A(n)) über natürliche Zahlen ist zu beweisen. Zunächst
sei die Menge M als die Menge derjenigen natürlichen Zahlen definiert, welche die Aussage
A erfüllen. Der weitere Verlauf des Induktionsbeweises verläuft in der Regel entlang der
folgenden Argumentation.
1.
Es ist zu zeigen, dass die Zahl 1 zu M gehört. Dieser Schritt wird im folgenden als
Induktionsverankerung bezeichnet.
2. Es ist zu zeigen: Wenn eine natürliche Zahl x zu M gehört, so gehört auch stets ihr
Nachfolger x0 zu M .
Dieser Schritt wird im Folgenden als Induktionsschritt bezeichnet.
Im Induktionsschritt ist also (in der Regel unter Verwendung von Axiom 5) zu zeigen,
dass für jede beliebige natürliche Zahl x gilt:
Aus der Induktionsannahme: “x gehört zu M”
folgt der Induktionsschluss: “der Nachfolger x0 von x gehört ebenfalls zu M ”.
8.3
8.3.1
Beispiele zur vollständigen Induktion
Typische ("klassische") Beispiele
Beispiel 8.1 :
Für jede natürliche Zahl n mit (n ≥ 1) gilt
1
1
1
1
n
+
+
+ ... +
=
1·2 2·3 3·4
n · (n + 1)
n+1
Beweis (exemplarisch; sehr ausführlich):
— 39 —
(8.1)
8 Anhang: Natürliche Zahlen
Figurierte Zahlen
1
Induktionsverankerung: Es sei n = 1. Dann ist die linke Seite von Gleichung (8.1) gleich 1·2
1
. Somit ist die linke gleich der rechten Seite und die Induktionsverund die rechte Seite 1+1
ankerung ist erbracht.
Induktionsschritt: Wir nehmen an, dass die Gleichung (8.1) für die natürliche Zahl n gilt
(Induktionsannahme) und zeigen, dass daraus folgt, dass die Aussage auch für n + 1 gilt
(Induktionsschluss). Wir betrachten zunächst den Term
1
1
1
1
1
+
+
+ ... +
+
1·2 2·3 3·4
n · (n + 1) (n + 1) · (n + 2)
Der Term lässt sich folgendermassen gruppieren
1
1
1
1
1
+
+
+ ... +
+
1·2 2·3 3·4
n · (n + 1)
(n + 1) · (n + 2)
Der (eingeklammerte) erste Summand ist nach Induktionsannahme gleich
Term in (8.3) gleich
n
1
+
(n + 1) (n + 1) · (n + 2)
n
.
n+1
(8.2)
(8.3)
Somit ist der
(8.4)
und hieraus folgt schliesslich
1
1
1
1
1
+
+
+ ... +
+
1·2 2·3 3·4
n · (n + 1) (n + 1) · (n + 2)
=
=
=
=
=
(8.5)
1
n
+
(n + 1) (n + 1) · (n + 2)
n · (n + 2) + 1
(n + 1) · (n + 2)
n2 + 2n + 1
(n + 1) · (n + 2)
(n + 1)2
(n + 1) · (n + 2)
n+1
n+2
Wir haben insgesamt gezeigt: Aus der Induktionsannahme folgt der Induktionsschluss. Damit ist der Induktionsschritt durchgeführt und die Formel (8.1) ist bewiesen.
Beispiel 8.2 :
Für jede natürliche Zahl n mit (n ≥ 1) gilt
1 · 1! + 2 · 2! + 3 · 3! + . . . + n · n! = (n + 1)! − 1
(8.6)
Beweis
Induktionsverankerung: Es sei n = 1. Dann ist die linke Seite von Gleichung (8.6) gleich
1 · 1! = 1 und die rechte Seite (1 + 1)! − 1 = 2! − 1 = 2 − 1 = 1. Somit ist die Induktionsverankerung erbracht.
— 40 —
8 Anhang: Natürliche Zahlen
Figurierte Zahlen
Induktionsschritt: Wir nehmen an, dass die Gleichung (8.6) für die natürliche Zahl n gilt
(Induktionsannahme) und zeigen, dass daraus folgt, dass die Aussage auch für n + 1 gilt
(Induktionsschluss). Wir betrachten zunächst den Term
(8.7)
1 · 1! + 2 · 2! + 3 · 3! + . . . + n · n! + (n + 1) · (n + 1)!
Er lässt sich folgendermassen gruppieren
(8.8)
(1 · 1! + 2 · 2! + 3 · 3! + . . . + n · n!) + (n + 1) · (n + 1)!
Der (eingeklammerte) erste Summand ist nach Induktionsannahme gleich (n + 1)! − 1. Somit
ist der Term in (8.8) gleich
(8.9)
(n + 1)! − 1 + (n + 1) · (n + 1)!
und hieraus folgt schliesslich
1 · 1! + 2 · 2! + 3 · 3! + . . . + n · n! + (n + 1) · (n + 1)!
= (n + 1)! − 1 + (n + 1) · (n + 1)!
= (n + 1)! · (1 + (n + 1)) − 1
= (n + 1)! · (n + 2) − 1
= (n + 2)! − 1
Damit ist der Induktionsschritt vollzogen.
Beispiel 8.3 :
Für jede natürliche Zahl n mit n ≥ 0 und jede reelle Zahl x mit x 6= 1 gilt
1 + x + x2 + x3 + . . . + xn =
1 − xn+1
1−x
(man beachte: x 6= 1)
(8.10)
Beweis
Induktionsverankerung: Es sei n = 0. Dann ist die linke Seite von Gleichung (8.10) (wegen
1
(= 1) und die Induktionsverankerung ist
x0 = 1) gleich 1, die rechte Seite gleich 1−x
1−x
erbracht.
Induktionsschritt: Wir nehmen an, dass die Gleichung (8.10) für die natürliche Zahl n gilt
(Induktionsannahme) und zeigen, dass daraus folgt, dass die Aussage auch für n + 1 gilt
(Induktionsschluss). Wir betrachten zunächst den Term
(8.11)
1 + x + x2 + x3 + . . . + xn + xn+1
Er lässt sich folgendermassen gruppieren
(8.12)
1 + x + x2 + x3 + . . . + xn + xn+1
Der (eingeklammerte) erste Summand ist nach Induktionsannahme gleich
der Term in (8.12) gleich:
1 − xn+1
+ xn+1
1−x
— 41 —
1−xn+1
.
1−x
Somit ist
(8.13)
8 Anhang: Natürliche Zahlen
Figurierte Zahlen
und hieraus folgt schliesslich
1 + x + x2 + x3 + . . . + xn + xn+1
1 − xn+1
+ xn+1
1−x
1 − xn+1 + xn+1 · (1 − x)
=
1−x
1 − xn+1 + xn+1 − xn+2
=
1−x
n+2
1−x
=
1−x
=
und der Induktionsschritt ist vollzogen.
Bemerkungen: 1. Im Falle von x = 2 vereinfacht sich (8.10) zu
(8.14)
1 + 2 + 22 + 23 + . . . + 2n = 2n+1 − 1
2. Im Falle von |x| < 1 strebt xn gegen 0 und somit strebt
Worten
lim (1 + x + x2 + x3 + . . . + xn ) =
n→∞
1−xn+1
1−x
gegen
1
.
1−x
Mit anderen
1
1−x
(8.15)
Hieraus folgt insbesondere im Dezimalsystem
9
9 1
9
9
9
1
1
9
1
0, 999... =
=
+
+
+... =
· 1+
+
+ ... =
·
· 9 =1
1
10 100 1000
10
10 100
10 (1 − 10 )
10 10
3. Gleichung (8.10) lässt sich (wegen der dadurch entfallenden Ausnahmebedingung x 6= 1)
in durchaus vorteilhafter Weise auch folgendermassen schreiben
(8.16)
(1 + x + x2 + x3 + . . . + xn ) · (1 − x) = 1 − xn+1
Unter Verwendung der folgenden visuell–suggestiven Darstellung lässt sich die Gleichung
auch wie folgt begründen:
(1
+
x
+ x2
+
x3
+
...
+ xn )
1
+
−
x
x
+ x2
− x2
+
−
x3
x3
+
−
...
...
+
−
1 − xn+1
Beispiel 8.4 :
Betrachten Sie die folgenden Summen
S1 = 1 · 2
S2 = 1 · 2 + 2 · 3
— 42 —
xn
xn
· (1 − x)
=
xn+1
=
−
8 Anhang: Natürliche Zahlen
Figurierte Zahlen
S3 = 1 · 2 + 2 · 3 + 3 · 4
S4 = 1 · 2 + 2 · 3 + 3 · 4 + 4 · 5
S5 = 1 · 2 + 2 · 3 + 3 · 4 + 4 · 5 + 5 · 6
Berechnen Sie konkrete Zahlenwerte, stellen Sie eine “allgemeine Formel” für Sn auf und
beweisen Sie diese.
Beispiel 8.5 :
Wir betrachten den Term
(8.17)
1 · 2 · 3 + 2 · 3 · 4 + 3 · 4 · 5 + . . . + n · (n + 1) · (n + 2)
Berechnen Sie den Term für konkrete Zahlenwerte von n, stellen Sie eine explizite Formel
(ohne drei “Pünktchen”) auf und beweisen Sie diese.
Beispiel 8.6 :
Die Mächtigkeit der Potenzmenge einer endlichen Menge
Definition: Die Menge aller Teilmengen einer Menge M heisst Potenzmenge von M (in
Zeichen: P(M )).
Satz:
von M
Es sei M eine endliche Menge mit n Elementen. Dann hat die Potenzmenge P(M )
|P(M )| = 2n Elemente.
Beweis: Übung (Induktionsverankerung bei n = 0)
Hinweis: Die Potenzmenge der leeren Menge ∅ ist die ein-elementige Menge {∅}.
Beispiel 8.7 :
Bernoullische Ungleichung (nach Jakob Bernoulli, 1655–1705)
Es sei x ≥ −1 und n ∈ N, n ≥ 0. Beweisen Sie die Bernoullische Ungleichung
(8.18)
(1 + x)n ≥ 1 + n · x
8.3.2
Einige nicht so ganz typische Beispiele
Beispiel 8.8 :
Ein Beispiel zur Nicht-Standard-Induktionsverankerung. Wir betrachten
für kleine Werte von k die Terme k 2 und 2k .
k
1
2
3
4
5
6
7
8
k2
2k
1
2
4
4
9
8
16
16
25
32
36
64
49
128
64
256
9
10
81 100
512 1024
11
...
121 . . .
2048 . . .
Ab k = 4 scheint der Wert von 2k zunehmend sehr viel schneller zu steigen als der von k 2 .
Für k > 4 scheint zu gelten:
k 2 < 2k
(8.19)
Wir vermuten, dass die Ungleichung für alle natürlichen Zahlen k mit k > 4 gilt. In diesem
Fall ist die Induktionsverankerung also an der Stelle k = 5 vorzunehmen. Die Gültigkeit der
Induktionsverankerung an dieser Stelle ist unmittelbar aus der obigen Tabelle zu entnehmen.
— 43 —
8 Anhang: Natürliche Zahlen
Figurierte Zahlen
Induktionsschritt: Wir nehmen an, dass die Gleichung (8.19) für die natürliche Zahl k gilt
und zeigen, dass daraus folgt, dass die Aussage auch für k + 1 gilt. Da für k > 4 stets
2k + 1 < 2k ist (Übung!), gilt Folgendes:
(k + 1)2 = k 2 + 2k + 1 < 2k + 2k + 1 < 2k + 2k = 2 · 2k = 2k+1
(8.20)
Und der Induktionsschritt ist vollzogen.
Beispiel 8.9 :
Wir greifen das Beispiel der “Argument-Halbierung” aus Abschnitt 6.6.5
über die Berechnung der Fibonacci-Zahlen auf.
Behauptung: Für alle k ≥ 0 gilt:
F2k = Fk · (2Fk+1 − Fk )
2
F2k+1 = Fk+1
+ Fk2
und
(8.21)
(8.22)
Induktionsverankerung bei k = 0:
F2 · 0 = F0 = 0 = F0 · (2F0+1 − F0 )
2
F2 · 0 + 1 = F1 = 1 = F0+1
+ F02
und
Induktionsschritt: Es ist zu zeigen, dass unter der Annahme der Gültigkeit der Gleichungen
(8.21) und (8.22) folgt:
F2(k+1) = Fk+1 · (2F(k+1)+1 − Fk+1 )
2
2
F2(k+1)+1 = F(k+1)+1
+ Fk+1
und
Dabei ist zu beachten, dass der Induktionsschritt simultan für die beiden Gleichungen zu
erbringen ist.
Zunächst zur Gleichung (8.21) mit k + 1 an Stelle von k:
(nach Def. Fib (6.1))
(nach Ind. Ann. (8.22))
(nach Ind. Ann. (8.21))
F2(k+1) = F2k+2 = F2k+1 + F2k
2
= (Fk+1
+ Fk2 ) + F2k
2
= Fk+1
+ Fk2 + Fk (2Fk+1 − Fk )
2
= Fk+1
+ Fk2 + 2Fk Fk+1 − Fk2
2
= Fk+1
+ 2Fk Fk+1
= Fk+1 (Fk+1 + 2Fk )
= Fk+1 (Fk+2 + Fk )
= Fk+1 (Fk+2 + (Fk+2 − Fk+1 ))
= Fk+1 (2Fk+2 − Fk+1 ))
(nach Def. Fib (6.1))
(nach Def. Fib (6.1))
Damit ist der erste Teil des Induktionsschritts erbracht.
Weiterhin gilt für Gleichung (8.22) mit k + 1 an Stelle von k:
(nach Def. Fib (6.1))
(nach Def. Fib (6.1))
F2(k+1)+1 = F2k+3 = F2k+2 + F2k+1
= (F2k+1 + F2k ) + F2k+1
= 2F2k+1 + F2k
— 44 —
8 Anhang: Natürliche Zahlen
Figurierte Zahlen
2
= 2(Fk+1
+ Fk2 ) + Fk (2Fk+1 − Fk )
(nach Ind. Ann. (8.22) und (8.21)
2
2
2
= 2Fk+1 + 2Fk + 2Fk Fk+1 − Fk
2
(nach Def. Fib (6.1))
+ Fk2 + 2(Fk+2 − Fk+1 )(Fk+2 − Fk )
= 2Fk+1
2
2
2
= 2Fk+1 + Fk + 2Fk+2 − 2Fk+2 Fk − 2Fk+1 Fk+2 + 2Fk+1 Fk
2
2
= 2Fk+1
+ (Fk+2 − Fk+1 )(Fk+2 − Fk+1 ) + 2Fk+2
− 2Fk+2 (Fk+2 − Fk+1 )
− 2Fk+1 Fk+2 + 2Fk+1 (Fk+2 − Fk+1 )
2
2
2
2
2
= 2Fk+1
+ Fk+2
− 2Fk+2 Fk+1 + Fk+1
+ 2Fk+2
− 2Fk+2
2
+ 2Fk+2 Fk+1 − 2Fk+2 Fk+1 + 2Fk+2 Fk+1 − 2Fk+1
2
2
+ Fk+1
= Fk+2
Damit ist der zweite Teil des Indutionsschritts erbracht und der Induktionsbeweis ist abgeschlossen.
8.3.3
Definition durch vollständige Induktion
Das Prinzip der vollständigen Induktion kann auch für mathematische Definitionen genutzt
werden.
Beispiel 8.10 :
Die Summenfunktion bzw. Summationsfunktion
n
X
xi
i=1
Sie wird oft folgendermassen erklärt:
Pn
i=1
xi := x1 + x2 + x3 + . . . + xn
Diese Definition ist wegen der drei Pünktchen (“Ellipsis”) aber lückenhaft. Ein mit hinreichender Intuition ausgestatteter Mensch wird sich in der Regel vorstellen können, was damit
gemeint ist; ein Computer könnte eine so definierte Summe aber nicht berechnen.
Die folgende rekursive Definition lässt sich dagegen leicht in (praktisch) jedes Computerprogramm übersetzen:
(
n
X
x1
falls n = 1
xi =
(8.23)
Pn−1
( i=1 xi ) + xn falls n > 1
i=1
Im Computeralgebra System Maxima lautet ein entsprechendes Programm zur Berechnung
der Summe der ersten n Quadratzahlen z.B. folgendermassen:
QUADSUM(n) := if n=1 then 1 else QUADSUM(n-1) + n^2
Beispiel 8.11: Formulieren Sie eine Definition für die Fakultätsfunktion ohne “drei Pünktchen”. Setzen Sie die Definition in einer höheren Programmiersprache um.
Beispiel 8.12 :
Die Binomialkoeffizienten werden oft folgendermassen definiert
n
n!
:=
k
k! · (n − k)!
— 45 —
8 Anhang: Natürliche Zahlen
Figurierte Zahlen
In der deutschen Sprache wird der Ausdruck nk als “n über k” ausgesprochen. In der
englischen
Aussprache “n choose k” kommt sehr schön zu Ausdruck, dass der Binomialkoeffizient nk genau die Anzahl der Möglichkeiten darstellt, eine k-elementige Menge aus einer
n-elementigen Menge auszuwählen.
Aufgaben: Beweisen Sie die letzte Aussage.
Geben Sie zu den folgenden Gleichungen jeweils ein (nichttriviales) Beispiel an (d.h.
k jeweils mindestens gleich 3) und zeigen Sie:
n
n
•
=
k
n−k
n
n
n
n
n
•
+
+
+ ... +
+
= 2n
0
1
2
n−1
n
n
n+1
n+2
n+k
n+k+1
•
+
+
+ ... +
=
0
1
2
k
k
n
n
n+1
•
+
=
k
k−1
k
• Für beliebige Zahlen a und b gilt der Binomische Lehrsatz
(a + b)n =
n n
n n−1
n n−2 2
n n−k k
n n
a +
a
·b+
a
· b + ... +
a
· b + ... +
b
0
1
2
k
n
n und
(8.24)
(8.25)
(8.26)
(8.27)
(8.28)
Beispiel 8.13: Die Siebformel (bzw. Ein- und Ausschalt-Formel ): Es sei A eine endliche
Menge; die Anzahl ihrer Elemente sei mit |A| bezeichnet. Ist A die Vereinigungsmenge der
n Teilmengen A1 , A2 , A3 , . . . , An , so gilt
(8.29)
|A| = |A1 ∪ A2 ∪ A3 ∪ . . . ∪ An |
=
n
X
i=1
|Ai | −
X
|Ai ∩ Aj | +
i<j
|Ai ∩ Aj ∩ Ak |
i<j<k
n−1
∓ . . . + (−1)
8.3.4
X
|A1 ∩ A2 ∩ . . . ∩ An |
Zahlenmuster und vollständige Induktion
Beispiel 8.14: Analysieren Sie das folgende Beispiel. Stellen Sie eine Vermutung auf und
beweisen Sie diese.
1
4 + 5
9 + 10 + 11
16 + 17 + 18 + 19
+ 2 = 3
+ 6 = 7 + 8
+ 12 = 13 + 14 + 15
+ 20 = 21 + 22 + 23 + 24
...
— 46 —
8 Anhang: Natürliche Zahlen
Figurierte Zahlen
Beispiel 8.15 :
Das Pascalsche Dreieck, die Binomialkoeffizienten
und die Fibonacci–Zahlen
Das dreieckige Zahlenschema der Pascalschen Zahlen ist Zeile für Zeile folgendermassen
aufgebaut: An den Rändern jeder Zeile steht die Zahl 1 und jede weitere Zahl in Zeile n + 1
ist als die Summe der schräg links und schräg rechts darüber stehenden Zahlen in Zeile n
definiert.
Wenn man etwas mit den Zahlen im Pascalschen Dreieck spielt, so hat man die Chance,
eine Reihe interessanter Entdeckungen zu machen; so z.B. auch die Folgende: Legt man,
wie in der folgenden Abbildung, schräge “Pfeile” durch das Pascalsche Dreieck und addiert
man die auf einem Pfeil stehenden Zahlen auf, so erhält man als Summen offenbar gerade
die Fibonacci–Zahlen (zumindest, so weit sich das empirisch überprüfen lässt).
Zeile 0 ...
1
Zeile 1 ...
1
Zeile 2 ...
1
Zeile 3 ...
1
Zeile ...
1
1
1
1
Zeile 8 ...
1
2
3
5
8
13
21
34
1
1
2
3
4
1
3
6
1
4
5 10 10
1
5
6 15 20 15
1
6
7 21 35 35 21
1
8 28 56 70 56 28
7
1
8 1
Es drängt sich die Frage auf, ob der beobachtete Zusammenhang auch weiterhin gilt und ob
er ggf. durch Rückgriff auf die Bildungsgesetze der Fibonacci–Zahlen und der Zahlen im Pascalschen Dreieck einsichtig gemacht werden kann. Im Anhang über die Analyse ausgewählter
Konfigurationen wird der Sachverhalt bildlich erläutert und geklärt.
Dennoch sollten Sie versuchen, das Beispiel selbst zu analysieren. Untersuchen Sie insbesondere, ob die beobachtete Gesetzmässigkeit auch für weitere derartige schräge Pfeillinien gilt.
Formulieren Sie den vermuteten Sachverhalt als Gleichung.
— 47 —
8 Anhang: Natürliche Zahlen
Figurierte Zahlen
Bemerkungen
1. Die Zahlen im Pascalschen
Dreieck lassen sich auch als Binomialkoeffizienten deuten: Die
k-te Zahl in Zeile n ist nk .
0
0
1
1
0
1
2
2
2
0
1
2
3
3
3
3
0
1
2
3
4
4
4
4
4
0
1
2
3
4
...
Numerierung: Der obersten, nur aus einer 1 bestehenden “Zeile” sei die Nummer 0 gegeben. Die
Numerierung innerhalb der n-ten Zeile verläuft von 0 bis n.
2. Man kann die Zahlen im Pascalschen Dreieck in Zeile n auch als die natürlichzahligen
Koeffizienten
des Ausdrucks (a+b)n (in ausmultiplizierter Form) deuten (vgl. (8.28)). Dabei
n
ist k der Koeffizient von an−k · bk ; genauer:
(a + b)n =
n n 0
n n−1 1
n n−2 2
n n−k k
n 0 n
a ·b +
a
·b +
a
· b + ... +
a
· b + ... +
a ·b
0
1
2
k
n
(8.30)
8.3.5
Vollständige Induktion und andere Beweistechniken
Gelegentlich taucht in der Mathematik das eine oder andere “Prinzip” auf, ohne dass erklärt
wird, woher es eigentlich kommt oder welchen Status es hat. Auf der (in der Erkenntnistheorie so bezeichneten) “Objektebene” gibt es in der Mathematik aber (neben den Definitionen)
nur Axiome und Sätze. Was ist also der wissenschaftstheoretische Status derartiger Prinzipen?
Beispiel 8.16 :
Das Schubfachprinzip: Wenn n + 1 Dinge auf n Schubfächer verteilt
sind, dann muss mindestens ein Schubfach mehrfach belegt sein.
Dies scheint unmittelbar klar zu sein. Da es aber nicht als Axiom deklariert ist (und eine Definition ist es offenbar auch nicht), muss es ein (im Prinzip beweisbedürftiger und
beweisbarer) mathematischer Satz sein.
Zur Illustration beweisen wir das Schubfachprinzip mit vollständiger Induktion.
Induktionsverankerung: Im Falle n = 1 hat man also ein Schubfach und zwei Dinge sind auf
dieses Schubfach verteilt. Also ist dieses Schubfach doppelt belegt.
Induktionsschritt: Das Prinzip sei gültig für n Schubfächer und n + 1 Dinge. Es seien nun
n + 2 Dinge gegeben, die auf n + 1 Schubfächer verteilt sind.
— 48 —
8 Anhang: Natürliche Zahlen
Figurierte Zahlen
1. Fall: Im letzten Schubfach befinden sich zwei oder mehr Dinge. Dann sind wir fertig.
2. Fall: Im letzten Schubfach befindet sich genau ein Ding. Dann sind n + 1 Dinge auf die
ersten n Schubfächer verteilt. Die Induktionsannahme besagt, dass eines dieser Schubfächer
mehrfach belegt ist und wir sind fertig.
3. Fall: Im letzten Schubfach befindet sich kein Ding. Dann sind n + 2 Dinge auf die ersten
n Schubfächer verteilt und damit ist erst recht eines dieser Schubfächer mehrfach belegt.
Da die Fallunterscheidung erschöpfend ist, ist damit das Schubfachprinzip bewiesen.
Beispiel 8.17 : Das Wohlordnungsprinzip (bzw. der Wohlordnungssatz):
Jede nichtleere Menge natürlicher Zahlen enthält ein kleinstes Element.
Beweis: Übung (vollständige Induktion nach der Elementezahl der nichtleeren Menge)
Das Wohlordnungsprinzip wird aus offensichtlichen Gründen gelegentlich auch als Prinzip
(oder Satz) vom kleinsten Element bezeichnet. Da dieses kleinste Element in Widerspruchsbeweisen oft als Beispiel für die Ungültigkeit des zu beweisenden Satzes postuliert wird, nennt
man es scherzhaft gelegentlich auch den kleinsten Verbrecher. Im Verlauf des Widerspruchsbeweises ist dann aus der Existenz des kleinsten Verbrechers ein Widerspruch herzuleiten mit
der Konsequenz, dass es keinen kleinsten (und somit überhaupt keinen) Verbrecher geben
kann; dass der behauptete Satz also allgemeingültig ist.
Ein Beispiel für die Wirkungsweise des Prinzips vom kleinsten Element:
Der Fundamentalsatz der Zahlentheorie: Jede natürliche Zahl n (n > 1) ist als Produkt
von Primzahlen darstellbar: n = p1 · p2 · p3 · . . . · ps . Abgesehen von der Reihenfolge der
Faktoren ist diese Darstellung eindeutig.
Bemerkung: Nach dem üblichen mathematischen Sprachgebrauch ist der “Index” s eine natürliche Zahl, die auch gleich 1 sein darf. In diesem Fall ist n = p1 selbst eine Primzahl. Auch
diese Möglichkeit ist in der obigen Formulierung des Fundamentalsatzes der Zahlentheorie
enthalten.
Beweis: Es ist sowohl die Existenz als auch die Eindeutigkeit der Primfaktorzerlegung zu
zeigen.
(1.) Zur Existenz der Primfaktorzerlegung: Wir führen einen Widerspruchsbeweis durch.
Angenommen, die Aussage sei falsch. Dann gibt es natürliche Zahlen, die keine Primfaktorzerlegung besitzen. Die Menge dieser “Verbrecher” ist also nichtleer und es gibt darunter
einen kleinsten; dies sei die natürliche Zahl m. Die Zahl m kann keine Primzahl sein, denn
sonst wäre sie kein Verbrecher (vgl. obige Bemerkung); m besitzt also nichttriviale Teiler.
Der kleinste darunter sei p. Er ist eine Primzahl (denn der kleinste nichttriviale Teiler einer zerlegbaren natürlichen Zahl ist stets eine Primzahl). Es sei etwa m = p · r. Jeder
der Faktoren p und r ist kleiner als m. Da m der kleinste Verbrecher war, ist r kein Verbrecher; d.h. r besitzt eine Primfaktorzerlegung, etwa r = q1 · q2 · . . . · qj . Aber dann ist
p · q1 · q2 · . . . · qj eine Primfaktorzerlegung von m — im Widerspruch zur Annahme, dass m
keine Primfaktorzerlegung besitze. Es kann also keinen “Verbrecher” m geben, der die Gültigkeit der Behauptung über die Existenz von Primfaktorzerlegungen verdirbt. Das heisst,
jede natürliche Zahl n (n > 1) besitzt, wie behauptet, eine Primfaktorzerlegung.
(2.) Eindeutigkeit der Primfaktorzerlegung: Übung
— 49 —
8 Anhang: Natürliche Zahlen
Figurierte Zahlen
Eine Bemerkung zur Methodologie des Beweisens: Bei Aussagen über natürliche Zahlen sind vollständige Induktion und (auf das Engste damit verbunden) Rekursion stets die
Basis, auf die man alles zurückführen kann. Aber das Schubfachprinzip und das Wohlordnungsprinzip zeigen, dass die formale Prozedur des Beweisens mit vollständiger Induktion
gelegentlich durch andere, intuitivere Methoden ersetzt werden kann. Weitere Beispiele dafür
sind:
• Die Methode der figurierten Zahlen auf der Basis geeigneter Visualisierungen in Kombination mit dem paradigmatischen Begründen oder Beweisen. Darum geht es ja gerade in
diesem Manuskript.
• Das Denken in Symmetrien: Natürlich ist die Geometrie die eigentliche Domäne des
Symmetrie-Konzepts. Aber auch sonst ist in der Mathematik
in Symmetrien
dasn Denken
n
von Bedeutung; als (winziges) Beispiel sei der Beweis von k = n−k erwähnt.
• Das Denken in Invarianten: Hierzu gehören nicht zuletzt auch Konzepte wie Summen-,
Differenzen-, Produkt- und Quotientengleichheit (man vergleiche hierzu auch die Ausführungen über Differenzenschemata in den Abschnitten 4 und 5 dieses Manuskripts). Gerade in
der Informatik macht man vom Denken in Invarianten im Zusammenhang mit dem Konzept
der “Schleifeninvarianten” oft Gebrauch.
8.3.6
Vollständige Induktion im Zusammenhang mit geometrischen Beispielen
Die vollständige Induktion scheint in der Mathematik zunächst einmal nur für den Bereich
der “Zahlen” relevant zu sein. Es gibt aber auch Sätze in der Mathematik, in denen Zahlen
(zumindest in vordergründiger Weise) gar nicht vorkommen, die aber trotzdem mit vollständiger Induktion bewiesen werden können.
Beispiel 8.18 : Schwarz–Weiss–Färbungen
Satz: Eine Landkarte, deren Ländergrenzen aus (endlich vielen) Geraden bestehen, die von
Rand zu Rand verlaufen, lässt sich stets mit zwei Farben so färben, dass benachbarte Länder
verschieden gefärbt sind. Dabei werden zwei Länder als benachbart angesehen, wenn sie eine
gemeinsame Grenzstrecke besitzen. Zwei Länder, die nur einen gemeinsamen Grenzpunkt
besitzen, werden dagegen nicht als benachbart angesehen.
— 50 —
8 Anhang: Natürliche Zahlen
Figurierte Zahlen
Beweis
Induktionsverankerung: Bei nur einer Geraden haben wir zwei Länder, von denen wir eines
weiss und das andere schwarz färben können, und die Induktionsverankerung ist erbracht.
Induktionsschritt: Die Aussage sei richtig für Landkarten mit n Geraden und es sei nun
eine Landkarte mit n + 1 Geraden gegeben. Wir lassen eine Gerade weg. Die resultierende
Landkarte ist nach Induktionsannahme mit zwei Farben färbbar. Nun fügen wir die weggelassene Gerade wieder hinzu. Die resultierende Landkarte ist zunächst nicht korrekt gefärbt.
Die hinzugefügte Gerade zerlegt die Landkarte in zwei Hälften. Wenn wir die Färbung in
der einen Hälfte beibelassen und in der anderen Hälfte “umpolen”, d.h. weiss in schwarz
und schwarz in weiss abändern, dann ist die Gesamtkarte wieder korrekt gefärbt und der
Induktionsschritt ist vollzogen.
Beispiel 8.19 : In einer Ebene liegen n Geraden in “allgemeiner Lage” (d.h. je zwei der
Geraden schneiden sich und keine drei haben einen Punkt gemeinsam). Dann zerlegen die
n Geraden die Ebene in
n2 + n + 2
(8.31)
2
Gebiete (Teilflächen).
Lösungsskizze:
Zum Induktionsschritt: Gegeben seien n + 1 Geraden. Eine Gerade wird entfernt. Für die
verbleibenden n Geraden gelte die Aussage (Induktionsannahme). Die isolierte Gerade hat
mit den anderen Geraden n Schnittpunkte und wird durch diese Schnittpunkte in insgesamt
n + 1 Teilstücke (n − 1 Strecken und 2 Strahle) zerlegt. Nach Hinzufügen der entfernten
Geraden wird durch jedes der n + 1 Teilstücke ein altes Land “verdoppelt”, d.h. ein neues
Land wird generiert. Also gibt es n + 1 neue Länder. Fazit: Die n + 1 Geraden teilen die
Ebene in die folgende Anzahl von Gebieten:
n2 + 3n + 4
(n + 1)2 + (n + 1) + 2
n2 + n + 2
+ (n + 1) =
=
2
2
2
und der Induktionsschritt ist damit vollzogen.
Aufgabe: Im dreidimensionalen Raum seien n Ebenen in “allgemeiner Lage” gegeben (d.h.
je zwei der Ebenen schneiden sich in einer Geraden und keine drei Ebenen haben eine gemeinsame Schnittgerade).
Zeigen Sie: Die n Ebenen zerlegen den Raum in (n3 + 5n + 6) / 6 Teile.
Hinweis: Beschreiben Sie die gesuchte Anzahl zunächst rekursiv unter Rückgriff auf das
vorige Beispiel (Zerlegung der Ebene durch n Geraden).
Ergänzung: Zeigen Sie
n2 + n + 2
2
2
2
=
+
+
2
0
1
2
3
n + 5n + 6
3
3
3
3
=
+
+
+
6
0
1
2
3
— 51 —
8 Anhang: Natürliche Zahlen
Figurierte Zahlen
8.3.7
Scheinbeweise, Lustiges und Merkwürdiges
Beispiel 8.20 :
In jeden Koffer gehen unendlich viele Taschentücher.
“Beweis”: Ein Taschentuch geht auf jeden Fall in den Koffer und wenn schon n Taschentücher
drin sind, dann geht ein weiteres immer noch rein.
Beispiel 8.21 :
“Unvollständige Induktion”
Behauptung: Die Zahl 60 ist durch alle natürlichen Zahlen teilbar, die kleiner als 60 sind.
“Beweis”: 60 ist durch 1, 2, 3, 4, 5, 6 teilbar. Damit ist die Induktionsverankerung hinreichend erbracht. Jetzt machen wir noch ein paar Stichproben: Durch 10, 12, 15, 20, 30 ist
die 60 auch teilbar. q.e.d. !
Bemerkung: Ganz unnütz war die Beschäftigung mit der 60 jedoch nicht. Dass die 60 durch
sehr viele natürliche Zahlen teilbar ist, wirkt sich günstig auf die Zahldarstellung im 60-er
System aus. Das wussten in der Antike offenbar auch die Babylonier. Reste des babylonischen 60-er Systems haben bis heute überdauert (60-er Teilung der Uhr, Winkelmessung:
Der Vollkreis hat ein Winkelmass von 6 mal 60 Grad).
Beispiel 8.22 :
Im Folgenden beweisen wir den
Satz: Alle Knöpfe haben dieselbe Farbe.
“Beweis”: Wir zeigen: In jeder beliebigen n-elementigen Menge von Knöpfen haben alle
Knöpfe dieselbe Farbe.
Induktionsverankerung: Für ein–elementige Mengen von Knöpfen ist die Aussage offensichtlich wahr.
Induktionsschritt: Die Aussage sei wahr für k-elementige Mengen von Knöpfen. Wir haben
zu zeigen, dass sie auch für (k + 1)-elementige Mengen von Knöpfen gilt. Es sei also eine
(k + 1)-elementige Menge von Knöpfen gegeben.
|
|
{z
die ersten k Knöpfe
{z
die letzten k Knöpfe
}
}
Wie in der Abbildung angedeutet, fassen wir jeweils die ersten k Knöpfe und die letzten k
Knöpfe zusammen. Nach Induktionsvoraussetzung haben die ersten k Knöpfe dieselbe Farbe;
entsprechendes gilt für die letzten k Knöpfe. Der zweite Knopf gehört zu beiden Mengen.
Also haben alle Knöpfe in der ersten Menge dieselbe Farbe wie der zweite Knopf – und ebenso
alle Knöpfe in der zweiten Menge – und somit haben alle Knöpfe in der (k + 1)-elementigen
Menge dieselbe Farbe.
Aufgabe: Zeigen Sie, wo der Fehler im “Knopf–Beweis” steckt.
— 52 —
8 Anhang: Natürliche Zahlen
Figurierte Zahlen
8.3.8
Historische Bemerkung zur vollständigen Induktion
Obwohl das Prinzip der vollständigen Induktion in voll entwickelter Form erst im Laufe des
vorigen Jahrhunderts formuliert wurde, reicht die Idee der vollständigen Induktion historisch
im Sinne eines “Schritt für Schritt aufsteigenden Prozesses” sehr viel weiter zurück.
So benutzte der Rabbiner Levi Ben Gershon, (Gersonides, 1288–1344) diese Methode. Er beschrieb sie mit den Worten (vom Hebräischen ins Englische übertragen, vgl. untenstehendes
Zitat von N.L. Rabinovitch): “. . . rising step by step . . . to infinity . . . ”.
Ben Gershon behandelte die Induktion nicht abstrakt, sondern er setzte sie eher implizit zur
Lösung konkreter Probleme ein; so z.B. zur Bestimmung der Anzahl der Permutationen einer
bestimmten Anzahl von Elementen. Wir zitieren aus dem Artikel Rabbi Levi Ben Gershon
and the Origins of Mathematical Induction von N.L. Rabinovitch, Arch. Hist. Exact Sci.,
Vol 6, 237–248. In Proposition 63 formuliert Ben Gershon:
Proposition: Wenn die Anzahl der Permutationen verschiedener Elemente gleich
einer bestimmten Zahl ist, dann ist die Anzahl der Permutationen einer um ein
Element grösseren Menge gleich dem Produkt aus der vorherigen Anzahl von
Permutationen und dem Nachfolger der (ursprünglich) gegebenen Elementezahl.
Die Elemente seien a, b, c, d, e; ihre Anzahl sei n und m sei der Nachfolger von
n. Sei t die Anzahl der Permutationen von a, b, c, d, e. Wir fügen der Menge
a, b, c, d, e ein Element hinzu und erhalten so die aus m Elementen bestehende
Menge a, b, c, d, e, f. Wir behaupten, dass die Anzahl der Permutationen der
Menge a, b, c, d, e, f gleich dem Produkt aus t und m ist.
Beweis: Wir stellen das neue Element f an die erste Stelle und fügen jede der
Permutationen von a, b, c, d, e hinzu. Alle diese Anordnungen sind verschieden.
Also ist die Anzahl der Permutationen mit dem Element f an der ersten Stelle
gleich t. Da die Anzahl der Permutationen von a, b, c, d, e gleich t ist, gibt
es (wenn wir e weglassen) ebenfalls t Permutationen von a, b, c, d, f. Wenn
wir nun das Element e an der ersten Stelle vor alle diese Permutationen stellen,
erhalten wir t verschiedene Permutationen mit dem Element e an der ersten
Stelle. Entsprechend kann jedes der Elemente (der Ausgangsmenge) an die erste
Stelle gestellt werden; wir erhalten dadurch jeweils t verschiedene Permutationen.
Somit ist die Gesamtzahl der Permutationen (der Menge a, b, c, d, e, f) gleich t
mal der Elementezahl m dieser Menge.
— 53 —
9 Analyse einiger ausgewählter Konfigurationen
Figurierte Zahlen
9
9.1
Analyse einiger ausgewählter Konfigurationen
Summen von Quadratzahlen - Analyse
1+ 2 +
3
+
4
+
5
3²
3²
3²
1+2*2²+3*3²+4*4²+5*5² = (1+2+3+4+5)² = 15²
1³+2³+3³+4³+5³ = (1+2+3+4+5)²
Eine leicht modifizierte Darstellung (die auch zur obigen Gleichung führt):
1+ 2 +
1²
3
2²/2
2²
3²
4
+
5
4²/2
5²
3²
3²
+
4²
5²
4²/2
4²
5²
4²
5²
— 54 —
5²
Figurierte Zahlen
9 Analyse einiger ausgewählter Konfigurationen
Fragen / Probleme
• Geht es beim Übergang von n auf (n + 1) immer so weiter?
• Schliessen sich die (n + 1)-Quadrate immer so lückenlos an die n-Gnomone an wie in den
beiden obigen Abbildungen?
• Wie lang ist die “Anlegekante” (= längste Seite) des n-Gnomons?
• Wann geht die Seitenlänge des (n + 1)-Quadrats genau in der Anlegekante des n Gnomons
auf?
• Aus wie vielen (n + 1)-Quadraten besteht der neue n + 1-Gnomon?
Zur Beantwortung der obigen Fragen machen wir im Folgenden eine Fallunterscheidung je
nachdem ob n gerade oder ungerade ist.
Wir halten zunächst fest:
Die Länge der Anlegekanten (horizontal und vertikal) des n-Gnomons ist gleich
(1 + 2 + 3 + ... + n) = n · (n + 1)/2
In den folgenden Abbildungen ist die horizontale Anlegekante des n-Gnomons jeweils blau
gezeichnet. Aus Symmetriegründen ist die vertikale Anlegekante gleich lang wie die horizontale Anlegekante.
— 55 —
9 Analyse einiger ausgewählter Konfigurationen
Figurierte Zahlen
Wir beginnen mit dem Fall: n ist gerade (im Beispiel n = 6).
1+ 2 + 3 +
1+ 2 + 3 +
1²
2²/2
4²/2
4²
5²
...
5
+
+
n
6
= n * (n+1) / 2
= 6 * 7 / 2 = 21
4²
3²
3²
+
+
4²/2
3²
2²
4
4
4²
5-Gnomon
6²
n²
6-Gnomon
7²
(n+1)²
7-Gnomon
3 * 7 = (6 / 2) *7
Allgemein:
Vom n-Gnomon zum (n + 1)-Gnomon
Fall : n ist gerade.
Dann ist (n + 1) ungerade.
Frage: Wie oft passt die neue Quadratseite ((n + 1) LE) in die horizontale (blaue)
Anlegekante des n-Gnomons?
Seitenlänge des grossen, alten Quadrats:
1 + 2 + 3 + . . . + n = (n/2) · (n + 1).
Die (n+1)-Seite passt also genau n/2-mal
ganz in die horizontale (blaue) Anlegekante des n-Gnomons.
Daraus folgt unter Berücksichtigung der
vertikalen Anlegekante und des EckQuadrats:
Der neue (n + 1)-Gnomon besteht aus genau 2 · (n/2) + 1 = n + 1 Quadraten.
im Beispiel:
Vom 6-Gnomon zum 7-Gnomon
konkreter Fall : (n =) 6 ist gerade.
(n + 1 =) 7 ist ungerade.
Frage: Wie oft passt die neue Quadratseite (7 LE) in die horizontale (blaue) Anlegekante des 6-Gnomons?
Seitenlänge des grossen, alten Quadrats:
1 + 2 + 3 + 4 + 5 + 6 = (6/2) · 7
Die 7-Seite passt also genau (6/2)-mal
ganz in die horizontale (blaue) Anlegekante des 6-Gnomons.
Daraus folgt unter Berücksichtigung der
vertikalen Anlegekante und des EckQuadrats:
Der neue 7-Gnomon besteht also aus genau 2 · (6/2) + 1 (= 7) Quadraten.
— 56 —
9 Analyse einiger ausgewählter Konfigurationen
Figurierte Zahlen
Es folgt der Fall: n ist ungerade (im Beispiel n = 5).
1 + 2 +
1 + 2 +
1²
3
3
2²/2
3²
2²
3²
3²
4²/2
4²
+
+
...
4
+
+
n
5
=
=
n * (n+1) / 2
5 * 6/2 = 15
4²/2
4²
4²
5²
n²
5-Gnomon
6²
(n+1)²
6-Gnomon
2*6 + (1/2)*6 = 15
Allgemein:
Vom n-Gnomon zum (n + 1)-Gnomon
Fall : n ist ungerade.
Dann ist (n + 1) gerade.
Frage: Wie oft passt die neue Quadratseite ((n + 1) LE) in die horizontale (blaue)
Anlegekante des n-Gnomons?
Seitenlänge des grossen, alten Quadrats:
1 + 2 + 3 + . . . + n = n · (n + 1)/2 =
((n − 1)/2 + 1/2) · (n + 1)
Die (n + 1)-Seite passt (n − 1)/2-mal ganz
und 1-mal halb in die horizontale (blaue)
Anlegekante des n-Gnomons.
Daraus folgt unter Berücksichtigung der
vertikalen Anlegekante und des EckQuadrats:
Der neue (n + 1)-Gnomon besteht aus genau 2 · (n − 1)/2 + 2 · 1/2 + 1 = n + 1
Quadraten.
im Beispiel:
Vom 5-Gnomon zum 6-Gnomon
konkreter Fall : (n =) 5 ist ungerade.
(n + 1 =) 6 ist gerade.
Frage: Wie oft passt die neue Quadratseite (6 LE) in die horizontale (blaue) Anlegekante des 5-Gnomons?
Seitenlänge des grossen, alten Quadrats:
1 + 2 + 3 + 4 + 5 = 5 · 6/2 =
((5 − 1)/2 + 1/2) · 6 (= 15)
Die 6-Seite passt (5 − 1)/2 (= 2)-mal
ganz und 1-mal halb in die horizontale
(blaue) Anlegekante des 5-Gnomons.
Daraus folgt unter Berücksichtigung der
vertikalen Anlegekante und des EckQuadrats:
Der neue 6-Gnomon besteht aus genau
2 · (5 − 1)/2 + 2 · 1/2 + 1 = 6 Quadraten.
— 57 —
9 Analyse einiger ausgewählter Konfigurationen
Figurierte Zahlen
9.2
Pascalsches Dreieck und Fibonacc–Zahlen
Die folgenden beiden Abbildungen sollen als Anregung für eine gleichungsbasierten Begründung dienen. Die zweite Abbildung verdeutlicht, dass sich die Summe entlang eines beliebigen Pfeils nach dem Bildungsgesetz für das Pascalsche Dreieck genau aus den Summen der
beiden Vorgänger-Pfeile zusammensetzt. Dies spiegelt (für die Pfeil-Summen) aber zugleich
genau das Bildungsgesetz der Fibonacci–Zahlen wieder.
Zeile 0 ...
1
Zeile 1 ...
1
Zeile 2 ...
1
Zeile 3 ...
1
Zeile ...
1
1
1
1
Zeile 8 ...
1
2
3
5
8
13
21
34
1
1
2
3
4
1
3
6
1
4
5 10 10
1
5
6 15 20 15
1
6
7 21 35 35 21
1
8 28 56 70 56 28
7
— 58 —
1
8 1
10 Literaturhinweise
Figurierte Zahlen
10
Literaturhinweise
Beutelspacher A. / Zschiegner M.-A.: Diskrete Mathematik für Einsteiger; Friedr.Vieweg &
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und ihre Mathematisierung durch Differenzengleichungen, Schöningh Verlag, Paderborn 1984
2. Auflage: Mathematik für Computeranwendungen; Ferdinand Schöningh Verlag,
Paderborn 1989
Gardner M.: Beweise algebraischer Formeln durch Betrachtung graphischer Darstellungen;
Didaktik der Mathematik, Heft 2, 1974, 314–320
Gazalé M. J.: Gnomon: From Pharaohs to Fractals, Princeton University Press, Princeton
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Golowina L.I. / Jaglom I.M.: Vollständige Induktion in der Geometrie; Deutscher Verlag
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Lehmann I. et al.: Die Fibonacci–Zahlen und der goldene Schnitt; Der Mathematikunterricht,
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Lovász L.: Diskrete Mathematik; Springer Verlag, New York 2003
Nelsen R. B.: Proofs Without Words - Exercises in Visual Thinking; The Mathematical
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Polster B.: Schönheit der Mathematik; Artemis & Winkler, 2011
Posamentier A.S. / Lehmann I.: The Fabulous Fibonacci Numbers, Prometheus Books,
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Prasolov Viktor V.: Essays on numbers and figures; Providence, Rhode Island; American
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Rademacher H. / Toeplitz O.: Von Zahlen und Figuren; Springer-Verlag, Berlin 1968
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van der Waerden B.L.: Erwachende Wissenschaft; Birkhäuser Verlag, Basel 1966
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Wittmann E. Chr. et al. (Hrsg.): Arithmetik als Prozess, Kallmeyersche Verlagsbuchhandlung, Seelze/Velber 2004
— 59 —
10 Literaturhinweise
Figurierte Zahlen
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— 60 —
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