Diagnose & Therapie Neue Wege bei Harnblasenkrebs So therapiert das spezialisierte Zentrum an der Urologischen Klinik N ach dem Prostatakrebs ist das Harnblasenkarzinom die zweithäufigste bösartige Erkrankung des Urogenitaltraktes. Pro Jahr erkranken in Deutschland 25 000 Menschen neu daran, Männer sind allerdings mehr als zweimal häufiger betroffen als Frauen. An der Urologischen So funktioniert die Hybrid Knife-Technik Markierung der Tumorgrenzen Unterspritzen des Tumor mit einem Wasserstrahl 12 KLINIKUMaktuell 03.2016 tiefere Inzision in das Wasserkissen Exzision des Tumor mit dem Hybrid Knife Klinik des Klinikums der Universität München ist das „Deutsche Harnblasenkarzinom-Zentrum“ angesiedelt, die größte Einrichtung ihrer Art in der Bundesrepublik und eine der größten weltweit. KLINIKUM aktuell sprach mit Prof. Dr. Christian Stief, Direktor der Urologischen Klinik, und Prof. Dr. Alexander Karl, Leiter des Harnblasenkarzinom-Zentrums, unter anderem über neue Wege in der Therapie. Die Harnblase ist – anders als die Prostata – nicht Bestandteil der gängigen Vorsorgeuntersuchungen. Welche Hinweise auf einen Tumor kann man selbst feststellen? Prof. Stief: Viele Patienten kommen zu uns, weil sie bemerken, dass ihr Urin plötzlich rötlich oder braun verfärbt ist. Das kommt von Blutungen aus dem Harntrakt, die aber keine Schmerzen verursachen. Die Ursache für Blutungen kann natürlich auch harmlos sein, aber man sollte Veränderungen immer sofort abklären lassen. Wie stellen Sie die Diagnose? Prof. Stief: Die nach wie vor wichtigste Untersuchungsmethode ist die Blasenspiegelung, der Fachbegriff dafür ist Zystoskopie. Hier wird endoskopisch über die Harnröhre die Blaseninnenwand an einem Videomonitor beurteilt. Bei Vorliegen eines auffälligen Befundes folgen Probebiopsien sowie eine Untersuchung des Urins auf bösartige Zellen. Bei uns am Haus wurde darüber hinaus ein neues Verfahren entwickelt, die Photodynamische Diagnostik. Sie ermöglicht durch Fluoreszenztechnik eine spezielle Anfärbung von Harnblasentumoren und damit auch die Entdeckung kleinster Tumoren. Diagnose & Therapie Wie sieht die Therapie aus? Prof. Karl: Oberflächlich wachsende Harnblasentumore, die noch nicht in die Muskulatur der Blase vorgewachsen sind, entfernen wir üblicherweise über die Harnröhre mit einer Drahtschlinge, über die elektrischer Strom fließt. Wucherungen, die kleiner als der Durchmesser der Schlinge sind, können damit in einem Stück entfernt werden, größere Tumore müssen stückweise abgetragen werden. Allerdings hat dieses Verfahren zwei Nachteile: Durch das Zerschneiden eines Tumors werden möglicherweise Tumorzellen freigesetzt, die zu einer Ausbreitung von Tumorgewebe in der Blase führen können. Zudem erschwert die Zerstückelung des Gewebes dem Pathologen die Beurteilung der Resektionsränder und somit die Stellung einer exakten Diagnose. Dies kann die Planung der weiteren Therapie negativ beeinflussen. Gibt es eine Alternative? Prof. Karl: Wir bieten als eines von nur fünf Zentren in Deutschland die Hybrid Knife-Technik an, die im Moment allerdings noch als klinische Studie erprobt wird. In der Gastroenterologie wird dieses Verfahren schon erfolgreich eingesetzt, wir wollen es jetzt auch in der Urologie etablieren. Dabei wird endoskopisch mit Hilfe eines sehr dünnen Hochdruckwasserstrahls die Harnblasenschleimhaut mit dem Tumor zusammen angehoben. Das entstehende Flüssigkeitskissen dient während des Herausschneidens des Tumors aus der Blasenwand als Schutz vor Verletzungen. Anschließend wird mit einer feinen stromdurchflossenen Sonde um den Tumor herum eingeschnitten und dann der Tumor als Ganzes in einem sogenannten Bergebeutel entfernt. Das geht allerdings nur, wenn der Tumordurchmesser nicht größer als ca. 2,5 Zentimeter ist. Prof. Karl: Leider ist es so, dass auch oberflächliche Blasenkarzinome in bis zu 70 Prozent der Fälle in den ersten beiden Jahren zurück kommen. Wir können dieses Risiko senken, indem wir innerhalb der ersten sechs Stunden nach der Operation über einen Katheter ein Chemotherapeutikum in die Blase geben und es dort für eine Stunde belassen. So werden frei schwebende Tumorzellen zerstört, das Rezidivrisiko gesenkt. Was können Sie für Patienten tun, deren Blase schon so von Tumoren befallen ist, dass Sie sie komplett entfernen müssen? Prof. Stief: Bei der Hälfte der Patienten können wir eine Ersatzblase aus Dünndarm mit Anschluss an die ursprüngliche Harnröhre formen. Sie kommt der natürlichen Blase am nächsten. Ist die Harnröhre schon vom Krebs befallen, gibt es unterschiedliche Methoden, den Harn innerhalb und außerhalb des Körpers zu sammeln und dann über einen künstlichen Ausgang abzuleiten. Wir haben an unserem Zentrum pro Jahr etwa 1000 Patienten mit einem Harnblasenkarzinom und wir finden für jeden die individuell beste Therapie. 25.000 Menschen erkranken pro Jahr an einem Harnblasenkarzinom. Männer sind zwei mal häufiger betroffen als Frauen Prof. Dr. Christian Stief ) 089/4400-72971 [email protected]* muenchen.de Prof. Dr. Alexander Karl ) 089/4400-73526 [email protected]* Wie hoch ist das Risiko, dass der Krebs zurück kommt? muenchen.de Anzeige www.pasteur-apotheke.de Sich Zeit nehmen und individuell beraten, ist für mich eine Selbstverständlichkeit. München-Großhadern ● Heiglhofstraße 11 ● Tel.: 7 14 80 90 KLINIKUMaktuell 03.2016 13