Misteltherapie in der GKV

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Misteltherapie in der GKV
Alle Mistelpräparate, die in der Krebstherapie Verwendung finden, sind nicht verschreibungspflichtig.
Seit dem 1.1.2004 können Präparate, die nicht
verschreibungspflichtig sind, grundsätzlich nicht
mehr per Kassenrezept verordnet werden. Es gibt
jedoch Ausnahmen. Gemäß der vom gemeinsamen
Bundesausschuss vorgelegten Ausnahmeliste, die
als Ziffer 16 Eingang in die sog. ArzneimittelRichtlinien gefunden hat, sind bestimmte nicht
verschreibungspflichtige Arzneimittel weiterhin
Kassenleistung. Zu den Ausnahmen gehören auch
Arzneimittel der Misteltherapie, wenn sie bei einer
onkologischen Erkrankung eingesetzt werden. In der
Liste wird zwischen den Mistelpräparaten der Phytotherapie (auf Mistellektin standardisierte Präparate) und anthroposophischen Mistelpräparaten unterschieden.
• Auf Mistellektin standardisierte Präparate (Eurixor®, Lektinol®) können nur in der palliativen
Therapie von malignen Tumoren zur Verbesserung der Lebensqualität auf Kassenrezept verordnet werden.
• Anthroposophische Mistelpräparate (Abnobaviscum®, Helixor®, Iscador®, Vysorel®, Iscucin®)
sind umfassend dokumentierte Arzneimittel der
anthroposophischen Therapierichtung und gelten
hier als Therapiestandard. Sie können laut Aussagen des Bundesgesundheitsministeriums bei der
Indikation maligner Tumore sowohl adjuvant als
auch palliativ als Standardtherapie auf Kassenrezept verordnet werden.
Das Sozialgericht Düsseldorf hat am 1. März 2005
entschieden, dass Ärzte ihren Krebspatienten anthroposophische Mistelpräparate schon unmittelbar
nach der Diagnosestellung und für den gesamten
Krankheitsverlauf verordnen können. Wenige Tage
zuvor hatte das Bundesministerium für Gesundheit
und soziale Sicherung (BMGS) eine angestrebte
Änderung der Arzneimittelrichtlinie durch den gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) beanstandet
und im Rahmen seiner Rechtsaufsicht abgelehnt.
Diese Änderung sah vor, dass die Einschränkung der
Verordnungsfähigkeit nicht nur für phytotherapeutische, sondern auch für anthroposophische Mistelpräparate zu gelten habe.
Mit diesen beiden Entscheidungen verdichten sich
die Hinweise, dass sich die Rechtssprechung über
die Kostenerstattung der (anthroposophischen)
Misteltherapie zu Gunsten der Patienten entscheiden wird.
Zusammenfassend ist festzustellen:
Anthroposophische Mistelpräparate sind bei Vorliegen des Indikationsgebietes „Maligner Tumor“ zu
jeder Zeit der Erkrankung auf Kassenrezept verordnungsfähig.
Natürlich muss bei der Verordnung von Mistelpräparaten auch das „Wirtschaftlichkeitsgebot“ (§ 12
Abs. 1 SGB V) beachtet werden, was aber für jedes
Arzneimittel gilt: Die Verordnung muss zweckmäßig
und notwendig sein. Bei einer Tumorerkrankung
sind diese Voraussetzungen in der Regel gegeben.
Wegen der eindeutigen Rechtslage und dem aktuellen Urteil ist für die verordneten Ärzte kein Regress
wegen einer GKV-Verordnung von anthroposophischen Mistelpräparaten zu erwarten.
Verbreitung
In deutschsprachigen Ländern werden bis zu zwei
Dritteln der Krebspatienten mit einer Misteltherapie
behandelt, Mistelextrakte gehören zu den meistverkauften Krebsmedikamenten überhaupt.
Stand der Forschung
Zur Zeit liegen fast tausend wissenschaftliche Arbeiten zur Wirksamkeit der Misteltherapie vor. Zum
Großteil wurden diese in akademischen Einrichtungen erstellt, teils mit sehr guter, teils auch mit variierender Qualität. Fasst man die Ergebnisse zusammen, so zeigen die Studien, dass die Behandlung mit
Mistelextrakten geeignet ist, das Befinden, die Lebensqualität und den klinischen Befund des Patienten zu verbessern. Neben einer Verlängerung der
Überlebenszeit wurden auch eine verminderte Rezidiv- und Metastasenrate gefunden. Bei inoperablen
Tumoren sowie bei kontinuierlich oder phasenweise
progredienten Tumoren wurde eine Verlängerung
der Stillstandszeiten oder eine Verminderung der
Progredienz festgestellt. Untersuchungen zur intrapleuralen Instillation von Mistelextraken zur Austrocknung der Ergüsse zeigen eine konventionellen
Behandlungsverfahren gleichwertige Erfolgsrate bei
fehlenden Nebenwirkungen. Fälle von schwerwiegenden Nebenwirkungen liegen nicht vor (Matthiessen, P. F. Die Misteltherapie des Krebses, in:
Wrba, Heinrich: Kombinierte Tumortherapie, Hippokrates Verlag, Stuttgart, 1995, S. 277/278)
In der 1986 publizierten Monographie des damaligen Bundesgesundheitsamtes zu Viscum album
werden die Wirkungen der Misteltherapie zusammengefasst: „Hemmung des malignen Wachstums
ohne Beeinträchtigung des gesunden Gewebes,
Steigerung der körpereigenen Abwehr- und Ordnungskräfte, Anregung der Wärmeorganisation,
Hebung von Allgemeinbefinden und Leistungsfä-
higkeit, auch unabhängig von der lokalen Tumorsituation, Linderung tumorbedingter Schmerzen“.
Einige ausgewählte Studien und deren Ergebnisse
sind auf der Rückseite aufgeführt.
Zusammenfassung:
Die Mehrzahl der fast 100 Studien bestätigt, dass
die Mistel die Lebensqualität und das Überleben der
Patienten verbessert. In einer Vergleichsstudie an
über 400 Patienten-Paaren überlebten die Krebskranken mit Misteltherapie ein Jahr länger als die
Patienten ohne Misteltherapie. Bei Brustkrebspatientinnen verbesserte der Extrakt, der parallel zur Chemotherapie gespritzt wurde, die Lebensqualität.
Als wirksame Inhaltsstoffe der Mistel gelten Mistellektine, Viscotoxine, Aminosäuren, Oligo- und Polysaccaride Flavonoide. Mistelextrakte modulieren das
Immunsystem, stabilisieren in gesunden Zellen die
Erbsubstanz DNA und hemmen das Wachstum der
Tumorzellen. Das konnte durch Versuche an Tieren
und an menschlichen Krebszellen nachgewiesen
werden.
Literatur: G.S. Kienle, H. Kiene: Die Mistel in der
Onkologie - Fakten und konzeptionelle Grundlagen,
Schattauer, Stuttgart 2003
Ausgewählte Studien und deren Ergebnisse
R. Grossarth-Maticek, H.Kiene, Heidelberg Altern Ther
Health Med 2001, May-Jun;7 (3) 57-66,68-72,74-6
Use of Iscador, an extract of European mistletoe (Viscum
album) in cancer treatment: prospective nonran-domized
and randomized matched-pair studies nested within a
cohort study
KrebspatientInnen, die zusätzlich mit Misteltherapie behandelt werden, leben länger und besser. Das ist das
Ergebnis des vom Institut für Präventivmedizin durchgeführten prospektiven epidemiologischen Kohorten-Studie,
in der über 10 000 KrebspatientInnen mit (1668) und
ohne Misteltherapie (8475, Kontrollgruppe) erfasst wurden. Innerhalb dieser PatientInnengruppe bildeten die
Forscher 400 PatientInnenpaare. Ein Paar bestand jeweils
aus zwei PatientInnen, die genauso alt waren, das gleiche
Geschlecht hatten und an der gleichen Krebsart erkrankt
waren. Der Tumor war bei beiden PatientInnen gleich weit
fortgeschritten. Der einzige Unterschied zwischen den
Paaren: ein PartnerIn hatte ergänzend zur konventionellen
Behandlung Mistelspritzen erhalten, der/die andere nicht.
Dann verglichen die Wissenschaftler die Daten dieser
PatientInnenpaare miteinander. Das Ergebnis: Mit Misteltherapie überlebten die PatientInnen 4 Jahre, ohne nur 3
Jahre. Die Forscher schließen daraus, dass die Mistelspritzen die Selbstregulation anregen.
Schäfer, Wenzel, Fa. Madaus, 08.05.2000
Ca-ML Studie
Ein standardisierter Wirkstoff aus der Mistel, (Mistellektin)
verbessert während einer Chemotherapie die Lebensqualität von Patientinnen mit Brustkrebs. Das ist das Ergebnis
dieser Zwischenauswertung einer Placebo-kontrollierten,
randomisierten Studie an 272 Patientinnen. Die Frauen
waren zwischen 18 und 55 Jahren alt, der Tumor war in
einer Operation entfernt worden. Danach wurden die
Frauen mit Chemotherapie behandelt.
Viele Krebspatientinnen macht die Chemotherapie müde
und sie haben Schwierigkeiten, ihre täglichen Routineaufgaben zu bewältigen. Die Autoren wollten herausfinden,
ob sich die Lebensqualität von Krebspatientinnen durch die
Misteltherapie verbessert. Die Frauen spritzten sich parallel
zur Chemotherapie 15 Wochen lang einen standardisierten
Wirkstoff aus der Mistel, Mistel-Lektin, unter die Haut. Auf
einem Fragebogen wurden Müdigkeit, sexuelles Interesse,
Gedanken an die Therapie, Übelkeit, Appetit abgefragt.
Die Behandlung wurde von allen Patientinnen gut vertragen, die Patientinnen fühlten sich nicht so müde und
hatten mehr Interesse an der Sexualität. Das Medikament
wirkte deutlich besser als ein Scheinmedikament (Placebo).
P.R. Bock, J. Hanisch, J. Hoffmann, R. E. Dierdorf, M.
Werner, Th. Schürholz, B. Schneider, IFAG Basel 2002
Efficacy and safty of the standardized misteltoe extract
(ISCADOR) in the postsurgial therapy of patients with
primary breast carcinoma: a multicenter controlled,
retrospective cohort study according to good
epidemiological practice (GEP) guidelines
Ein standardisierter Mistelextrakt, zusätzlich zur Chemo-,
Strahlen- oder Hormontherapie, kann die unerwünschten
Wirkungen dieser Therapien signifikant vermindern. Dies
hat eine multizentrische retrospektive Studie mit 1442
Patienten nach der Operation wegen eines primären
Mammakarzinoms ergeben. Im Gegensatz zu einer prospektiven Studie fehlt bei einer retrospektiven Studie die
randomisierte Zuteilung der Patienten, jedoch sorgen
ausgefeilte epidemiologisch-statistische Methoden dafür,
dass sich die Daten der Gruppen auswerten lassen. 54
Prozent der 732 ausschließlich konventionell behandelten
Patientinnen hatten typische unerwünschte Wirkungen,
jedoch nur knapp 16 Prozent der 710 Frauen, die zusätzlich mit Mistel behandelt worden waren. Professor Gerd
Nagel von der Tumorklinik Freiburg betonte auf dem
Symposium beim Krebskongress 2002, bei dem diese
Studie vorgestellt wurde: "Die klinische Erfahrung und
statistisch sorgfältige retrospektive Studien sprechen für
eine Wirksamkeit von standardisiertem Mistelextrakt als
adjuvante Tumortherapie. Die Zeit ist jetzt reif für eine
prospektive kontrollierte Studie."
G. S Kienle Institut für Erkenntnistheorie und Medizinische
Methodologie, Freiburg, Altern Therapie Health Med
1999, Nov; 5(6):34-6
The story behind Mistletoe: a european remedy from
anthroposophical medicine
Die Autorin beschäftigt sich mit der methodischen Basis
der Medizin. In dieser Übersichtsarbeit beschreibt sie den
wissenschaftlichen und anthroposophischen Hintergrund
der Misteltherapie. Insgesamt etwa 50 Studien und klinische Beobachtungen an Krebspatienten zeigen, dass mit
dieser Behandlung verbessert sich die Überlebenszeit und
die Lebensqualität. Allerdings ist die Qualität dieser Studien nicht besonders gut und ihre Aussagekraft fraglich,
weil es nur wenige randomisierte Studien gibt. (Zufallsprinzip entscheidet darüber, ob der PatientIn das OriginalMedikament erhält oder ein Schein- oder Vergleichsmedikament.) Das hat mit ethischen Bedenken der anthroposophischen Ärzte und der Patienten gegen randomisierte
Studien zu tun. Spektakuläre Heilungen sind selten, sie
sind auch nicht das wichtigste Ziel dieser Behandlung.
Viele PatientInnen erleben unter Misteltherapie eine verbesserte Lebensqualität, weniger Schmerzen, weniger
Infektionen und eine Stabilisierung ihrer GesamtKonstitution. Für die anthroposophische Medizin (aus der
die Misteltherapie hervorging) Homöopathie und Phytotherapie gelten andere Regeln als sonst in der naturwissenschaftlichen Medizin. Um den Pluralismus in der Medizin zu wahren, wurden für die Verfahren der so genannten
„Besonderen Therapierichtungen“ beim Bundesinstitut für
Arzneimittel und Medizinprodukte (BefArM) eigene Komissionen gebildet, die über die Zulassungsregeln entscheiden.
© Juli 2009, Gesellschaft für Biologische Krebsabwehr e.V., Voßstr. 3, 69115 Heidelberg
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