Aus dem Universitätsklinikum Münster

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Aus dem Universitätsklinikum Münster Medizinische Klinik und Poliklinik D ‐ Direktor: Univ.‐Prof. Dr. med. Hermann‐Joseph Pavenstädt ‐ Auswirkungen des metabolischen Syndroms auf die Nierenfunktion bei antiretroviral therapierter HIV‐Infektion INAUGURAL ‐ DISSERTATION zur Erlangung des doctor medicinae der Medizinischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms‐Universität Münster vorgelegt von Meier, Michael aus Steinheim (Westfalen) 2011 Gedruckt mit Genehmigung der Medizinischen Fakultät der WESTFÄLISCHEN WILHELMS‐UNIVERSITÄT MÜNSTER Dekan: Univ.‐Prof. Dr. Wilhelm Schmitz 1. Berichterstatter: Prof. Dr. med. Gert Gabriëls 2. Berichterstatter: PD Dr. med. Detlef Lang Tag der mündlichen Prüfung: 08.09.2011
Aus dem Universitätsklinikum Münster Medizinische Klinik und Poliklinik D ‐ Direktor: Univ.‐Prof. Dr. med. Hermann‐Joseph Pavenstädt ‐ Referent: Prof. Dr. med. Gert Gabriëls Koreferent: PD Dr. med. Detlef Lang ZUSAMMENFASSUNG Auswirkungen des metabolischen Syndroms auf die Nierenfunktion bei antiretroviral therapierter HIV‐Infektion Meier, Michael Bis zu 24% der HIV‐Infizierten erfüllen die Kriterien des metabolischen Syndroms (MetS). Als Ursache sind die allgemeinen Risikofaktoren, die antiretrovirale Therapie und die Infektion an sich von Bedeutung. In der Allgemeinbevölkerung ist das MetS mit der Entwicklung einer chronischen Nierenerkrankung (CKD) assoziiert. In dieser Arbeit wurde untersucht, in wie weit der Zusammenhang zwischen MetS und der Entwicklung einer CKD auch für HIV‐Infizierte gilt. Mittels Regressionsanalysen und nicht‐parametrischen Tests wurden Zusammenhänge zwischen Faktoren des MetS, Parametern der Nierenfunktion und Surrogatmarkern der HIV‐Infektion sowie deren Therapie in den Studiengruppen „MetS“, „Hypertonie“ und „Kontrollen“ untersucht. In der untersuchten Kohorte sprachen hohe CD4‐Zellzahlen und niedrige Viruslasten für eine gut therapierte HIV‐Infektion. Pathologische Glucose‐ und Triglyceridspiegel korrelierten mit Übergewicht. Die HIV‐Infektion selbst hatte keine Bedeutung für die Entwicklung eines pathologischen Stoffwechselprofils, wohl aber die Einnahme eines Protease‐Inhibitors. Die Ätiologie des MetS bei den hier untersuchten HIV‐Patienten war vergleichbar mit derjenigen in der Allgemeinbevölkerung. Eine CKD war gekennzeichnet durch pathologische Proteinurie ohne Absinken der GFR. HIV‐Infizierte mit MetS hatten eine signifikant höhere und multifaktoriell bedingte Proteinurie. Wie in der Allgemein‐
bevölkerung waren Hyperglykämie und Hypertonie die bedeutendsten Risikofaktoren. Die HIV‐Infektion an sich hatte für die Nierenfunktion bei den hier untersuchten Patienten unter erfolgreicher antiretroviraler Therapie keine Bedeutung. Tag der mündlichen Prüfung: 08.09.2011
EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG Ich gebe hiermit die Erklärung ab, dass ich die Dissertation mit dem Titel „Auswirkungen des metabolischen Syndroms auf die Nierenfunktion bei antiretroviral therapierter HIV‐Infektion“ in der Medizinischen Klinik und Poliklinik D unter Anleitung von Prof. Dr. med. Gert Gabriëls 1. selbstständig angefertigt, 2. nur unter Benutzung der im Literaturverzeichnis angegebenen Arbeit angefertigt und sonst kein anderes gedrucktes oder ungedrucktes Material verwendet, 3. keine unerlaubte fremde Hilfe in Anspruch genommen, 4. sie weder in der gegenwärtigen noch in einer anderen Fassung einer in‐ oder ausländischen Fakultät als Dissertation, Semesterarbeit, Prüfungsarbeit, oder zur Erlangung eines akademischen Grades, vorgelegt habe. Köln, 18.09.2011 Michael Meier Für meine Eltern Bärbel und Jürgen Meier
Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................................. I
Abbildungsverzeichnis ............................................................................................................. II
Tabellenverzeichnis ................................................................................................................ III
1. EINLEITUNG ......................................................................................................................... 1
1.1. Metabolische Veränderungen bei HIV‐Infektion ................................................................ 1
1.1.1. Ätiologie und Pathogenese ......................................................................................... 2
1.1.1.1.
1.1.1.2.
1.1.1.3.
1.1.1.4.
1.1.1.5.
1.1.1.6.
Protease‐Inhibitoren (PI)...................................................................................................3
Nukleosid‐Reverse‐Transkriptase‐Inhibitoren (NRTI) .......................................................4
Nicht‐Nukleosid‐Reverse‐Transkriptase‐Inhibitoren (NNRTI)...........................................4
HIV‐Infektion selbst...........................................................................................................5
Lipodystrophie‐Syndrom (LDS)..........................................................................................5
Ko‐Infektion mit Hepatitis C‐Virus (HCV) ..........................................................................6
1.2. Arterielle Hypertonie........................................................................................................... 6
1.3. Allgemeinbevölkerung: Renale Veränderungen bei Metabolischem Syndrom.................. 7
1.3.1. Epidemiologie.............................................................................................................. 7
1.3.2. Ätiologie ...................................................................................................................... 7
1.3.3. Proteinurie bei glomerulären Läsionen....................................................................... 8
1.3.4. Pathogenese................................................................................................................ 9
1.3.4.1.
1.3.4.2.
1.3.4.3.
1.3.4.4.
Übergewicht und Metabolisches Syndrom .....................................................................10
Hämodynamische Faktoren ............................................................................................10
Hyperinsulinämie und Insulin‐Resistenz .........................................................................11
Renale Lipotoxizität.........................................................................................................11
1.4. Renale Veränderungen bei HIV‐Infektion ......................................................................... 11
1.4.1. Ätiologie und Pathogenese ....................................................................................... 12
1.4.1.1.
1.4.1.2.
1.4.1.3.
1.4.1.4.
1.4.1.5.
Hypertonie und IGT / Diabetes .......................................................................................12
HIV‐Infektion selbst.........................................................................................................12
Hoch‐aktive antiretrovirale Therapie (HAART) ...............................................................13
Bedeutung der ethnischen Herkunft...............................................................................13
Weitere Risikofaktoren ...................................................................................................13
1.5. Schlussfolgerung ............................................................................................................... 13
2. METHODIK ......................................................................................................................... 15
2.1. Auswahl der Studiengruppen............................................................................................ 15
2.2. Datenerhebung ................................................................................................................. 16
2.3. Untersuchte Parameter..................................................................................................... 17
2.3.1. Ananmestisch ............................................................................................................ 17
2.3.2. Klinisch und labormedizinisch ................................................................................... 18
2.4. Statistische Auswertung.................................................................................................... 19
3. ERGEBNISSE ....................................................................................................................... 21
3.1. Prävalenzen der gesamten Population ............................................................................. 21
3.2. Kenndaten der Studiengruppen........................................................................................ 21
3.3. Zeitliche Entwicklung der untersuchten Parameter ......................................................... 23
3.4. Abhängigkeit der Stoffwechselparameter von anderen untersuchten Einflussgrößen ... 27
3.5. Abhängigkeit des Blutdrucks von anderen untersuchten Einflussgrößen ........................ 32
3.6. Unterschiede der Nierenfunktion und der Proteinurie zwischen den Studiengruppen... 37
3.7. Abhängigkeit der Proteinurie von anderen untersuchten Einflussgrößen ....................... 41
4. DISKUSSION ....................................................................................................................... 53
4.1. Einführung ......................................................................................................................... 53
4.1.1. Auswahl der Patientengruppen ................................................................................ 53
4.1.2. Surrogatmarker der HIV‐Infektion (Viruslast, CD4‐Zellzahl) ..................................... 53
4.2. Relevante Störungen der Gesamtpopulation ................................................................... 55
4.3. Metabolisches Syndrom bei HIV‐Infizierten ..................................................................... 56
4.3.1. Einfluss der HIV‐Infektion.......................................................................................... 57
4.3.2. Einfluss der hoch‐aktiven antiretroviralen Therapie (HAART).................................. 59
4.3.3. Einfluss des Lipodystrophie‐Syndroms (LDS) ............................................................ 61
4.3.4. Einfluss des Lebensalters........................................................................................... 62
4.3.5. Zusammenfassung: metabolisches Syndrom bei HIV‐Infektion ............................... 62
4.4. Arterielle Hypertonie bei HIV‐Infizierten .......................................................................... 63
4.4.1. Einfluss des metabolischen Syndroms ...................................................................... 63
4.4.2. Einfluss des Lipodystrophie‐Syndroms (LDS) ............................................................ 64
4.4.3. Einfluss der Hypertonie‐Dauer.................................................................................. 65
4.4.4. Einfluss des Lebensalters........................................................................................... 65
4.4.5. Einfluss der HIV‐Infektion.......................................................................................... 65
4.4.6. Einfluss der hoch‐aktiven antiretroviralen Therapie (HAART).................................. 66
4.4.7. Einfluss des Nikotinkonsums..................................................................................... 66
4.5. Nierenfunktion bei HIV‐Infizierten.................................................................................... 67
4.5.1. Einfluss des metabolischen Syndroms ...................................................................... 68
4.5.1.1. Hyperglykämie und arterielle Hypertonie.......................................................................69
4.5.1.2. Dyslipidämie und Übergewicht .......................................................................................71
4.5.1.3. Schlussfolgerung .............................................................................................................72
4.5.2.
4.5.3.
4.5.4.
4.5.5.
4.5.6.
4.5.7.
4.5.8.
Einfluss des Lipodystrophie‐Syndroms (LDS) ............................................................ 72
Einfluss der HIV‐Infektion.......................................................................................... 73
Einfluss des Lebensalters........................................................................................... 74
Einfluss des Nikotinkonsums..................................................................................... 75
Einfluss cardiovaskulärer Ereignisse.......................................................................... 75
Einfluss der hoch‐aktiven antiretroviralen Therapie (HAART).................................. 75
Einfluss einer Hepatitis C‐Koinfektion....................................................................... 76
4.6. Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte dieser Arbeit............................................... 76
Literaturverzeichnis ............................................................................................................... 79
Lebenslauf ............................................................................................................................. 95
Danksagung ........................................................................................................................... 97
I
Abkürzungsverzeichnis AIDS Acquired Immunodeficiency Syndrome BMI Body Mass Index CD cluster of differentiation CDC Centers for Disease Control and Prevention (HIV‐Klassifikation) CKD chronic kidney disease (chronische Nierenerkrankung) ESRD end stage renal disease (terminale Niereninsuffizienz) FFA free fatty acids (freie Fettsäuren) GFR glomeruläre Filtrationsrate HAART Hoch‐aktiv antiretrovirale Therapie HCV Hepatitis C‐Virus HDL high density lipoprotein HIV Humanes Immunodefizienz‐Virus HIVAN HIV‐assoziierte Nephropathie IGF‐1 Insulin‐like growth factor‐1 IGT impaired glucose tolerance (gestörte Glucosetoleranz) IL‐6 Interleukin‐6 IR Insulin‐Resistenz kD Kilo‐Dalton KHK koronare Herzkrankheit LDL low density lipoprotein LDS Lipodystrophie‐Syndrom MDRD Modification Of Diet in Renal Disease (Formel für geschätzte GFR) MetS Metabolisches Syndrom NNRTI Nicht‐Nukleosid‐Reverse‐Transkriptase‐Inhibitor(en) NRTI Nukleosid‐Reverse‐Transkriptase‐Inhibitor(en) PAI‐1 Plasminogen‐Aktivator‐Inhibitor‐1 PI Protease‐Inhibitor(en) RAAS Renin‐Angiotensin‐Aldosteron‐System tat trans‐activator of transcription (HIV‐eigenes Protein) TGF‐β transforming growth factor‐beta TNF‐α Tumornekrosefaktor‐alpha VLDL very low density lipoprotein vpr viral protein R (HIV‐eigenes Protein) II
Abbildungsverzeichnis Seite Abbildung 1: Ätiologie des metabolischen Syndroms (modifiziert nach Fan 39) 2 146
Abbildung 2: pathogenetische Beziehung zwischen MetS und CKD (modifiziert nach Wahba ) Abbildung 3: Auswahl der Studiengruppen Abbildung 4: Prävalenzen relevanter Störungen der Gesamtpopulation (n=450 Patienten) in Prozent (absolute Zahlen in Klammern) 9 15 21 Abbildung 5: Altersverteilung der Studiengruppen (Anzahl der Patienten pro Altersdekade) Abbildung 6: Entwicklung der Parameter Cholesterin, Triglyceride und Glucose (in mg/dl) in Abhängigkeit von der Zeit 23 24 Abbildung 7: Entwicklung der Gesamt‐, CD4‐ und CD8‐Lymphozytenzahlen (in Zellen/ml) in Abhängigkeit von der Zeit 26 Abbildung 8: Entwicklung der Viruslasten (logarithmisch codiert, Kopien/ml) in Abhängigkeit von der Zeit 26 Abbildung 9: Regressionsgeraden über die Zusammenhänge zwischen Stoffwechselwerten (in mg/dl) und Gewicht (in kg) sowie BMI (in kg/m²) 28 Abbildung 10: Regressionsgerade über den Zusammenhang zwischen dem Cholesterinspiegel (in mg/dl) und der HIV‐Infektionsdauer (in Jahren) 29 Abbildung 11: Regressionsgeraden über die Zusammenhänge zwischen Stoffwechselwerten (in mg/dl) und Lymphozytenzahlen (in Zellen/ml) 30 Abbildung 12: Regressionsgerade über den Zusammenhang zwischen systolischem Blutdruck (in mmHg) und Lebensalter (in Jahren) 33 Abbildung 13: Regressionsgeraden über Zusammenhänge zwischen Blutdruckwerten (in mmHg) und Stoffwechselparametern (in mg/dl) Abbildung 14: Regressionsgeraden über die Zusammenhänge zwischen Stoffwechselwerten (in mg/dl) und Gewicht (in kg) sowie BMI (in kg/m²) 34 35 Abbildung 15: Boxplots über Proteinurie in den Studiengruppen Abbildung 16: Entwicklung des Serum‐Kreatinins (in mg/dl) in Abhängigkeit von der Zeit Abbildung 17: Verteilung der Patienten der Studiengruppen nach Kriterien der CKD‐
Stadieneinteilung Abbildung 18: Regressionsgeraden über die Zusammenhänge zwischen Proteinurie / Kreatinin (in mg/g) und Lebensalter (in Jahren) 39 40 41 42 Abbildung 19: Regressionsgeraden über die Zusammenhänge zwischen Proteinurie (in mg/g) und Blutdruckwerten (in mmHg) 44 Abbildung 20: Regressionsgeraden über die Zusammenhänge zwischen Proteinurie (in mg/g) und Glucose (in mg/dl) 46 Abbildung 21: Regressionsgeraden über die Zusammenhänge zwischen Proteinurie (in mg/g) und Triglyceriden (in mg/dl) 47 Abbildung 22: Regressionsgeraden über die Zusammenhänge zwischen α 1 ‐Mikroglobulinurie (in mg/g) und Einnahmedauer von TDF (in Jahren) 51 III
Tabellenverzeichnis Seite Tabelle 1: Stadieneinteilung der CKD (modifiziert nach 103) Tabelle 2, Kenndaten der Studiengruppen: links: Mittelwerte (x̄) ± Standardabweichung (σ) der untersuchten Parameter; rechts: Signifikanzniveau (p‐Werte) beim Vergleich der Studiengruppen 19 22 Tabelle 3: Entwicklung der Mediane (x̃), Mittelwerte (x̄) ± Standardabweichung (σ) in den untersuchten Zeiträumen für Cholesterin, Triglyceride und Glucose (in mg/dl, für Gewicht in kg und für BMI in kg/m²) 24 Tabelle 4: Entwicklung der Mediane (x̃), Mittelwerte (x̄) ± Standardabweichung (σ) in den untersuchten Zeiträumen für Lymphozytenzahlen (in Zellen/ml) und für Viruslast (als logarithmisierte Zahl der Viruskopien/ml) 25 Tabelle 5: Korrelation der Stoffwechselparameter mit Gewicht und BMI Tabelle 6: Mittelwerte (x̄) ± Standardabweichung (σ) der Stoffwechselparameter (in mg/dl) bei LDS 27 28 Tabelle 7: Korrelation der Stoffwechselwerte mit Surrogatmarkern der HIV‐Infektion Tabelle 8: Mittelwerte (x̄) ± Standardabweichung (σ) der Gesamt‐ und CD4‐Lymphozyten (in Zellen/ml) bei Hypergklykämie und bei Hypertriglyceridämie 30 31 Tabelle 9: Mittelwerte (x̄) ± Standardabweichung (σ) der Einnahmedauer antiretroviraler Medikamente (in Jahren) bei Hypergklykämie und bei Hypertriglyceridämie 32 Tabelle 10: Korrelation der Blutdruckwerte mit Lebensalter und Hypertonie‐Dauer Tabelle 11: Korrelation der Blutdruckwerte mit Stoffwechselparametern Tabelle 12: Korrelation der Blutdruckwerte mit Gewicht und BMI Tabelle 13: Mittelwerte (x̄) ± Standardabweichung (σ) des Blutdrucks (in mmHg) bei LDS Tabelle 14: Mittelwerte (x̄) ± Standardabweichung (σ) des Blutdrucks (in mmHg) bei Nikotinkonsum 32 33 34 35 36 Tabelle 15: links: Mediane (x̃) und Mittelwerte (x̄) ± Standardabweichung (σ) der Proteinurie‐
Parameter (in g/l für Teststreifenproteine und in mg/g für Proteinurie‐Kreatinin‐Ratio); rechts: Signifikanzniveau (p‐Werte) beim Vergleich der Studiengruppen 38 Tabelle 16: links: Mediane (x̃) und Mittelwerte (x̄) ± Standardabweichung (σ) des Serum‐
Kreatinins (in mg/dl) und der eGFR (in ml/min/1,73m²); rechts: Signifikanzniveau (p‐Werte) beim Vergleich der Studiengruppen 40 Tabelle 17: Mittelwerte (x̄) ± Standardabweichung (σ) in den untersuchten Zeiträumen für das Serum‐Kreatinin (in mg/dl) 40 Tabelle 18: Korrelation der Proteinurie mit dem Lebensalter Tabelle 19: erweiterte Regressionsanalyse über Zusammenhänge zwischen Proteinurie und Lebensalter 42 42 Tabelle 20: Korrelation der Proteinurie mit Blutdruckwerten und Hypertonie‐Dauer Tabelle 21: erweiterte Regressionsanalyse über Zusammenhänge zwischen Proteinurie und Hypertonie‐Dauer 43 44 Tabelle 22: Mittelwerte (x̄) ± Standardabweichung (σ) der Proteinurie (in mg/g) bei Hypertonie 44 IV
Seite Tabelle 23: Korrelation der Proteinurie mit Glucosewerten und Diabetes‐Dauer Tabelle 24: erweiterte Regressionsanalyse über Zusammenhänge zwischen Proteinurie und Diabetes‐Dauer 45 46 Tabelle 25: Mittelwerte (x̄) ± Standardabweichung (σ) der Proteinurie (in mg/g) bei Hyperglykämie 46 Tabelle 26: Korrelation der Proteinurie mit Cholesterin und Triglyceriden Tabelle 27: Mittelwerte (x̄) ± Standardabweichung (σ) der Proteinurie (mg/g) bei Hypertriglyceridämie 47 48 Tabelle 28: Korrelation der Proteinurie mit Gewicht und BMI Tabelle 29: Mittelwerte (x̄) ± Standardabweichung (σ) der Proteinurie (mg/g) bei LDS Tabelle 30: Korrelation der Proteinurie mit der Infektionsdauer Tabelle 31: erweiterte Regressionsanalyse über Zusammenhänge zwischen Proteinurie und Infektionsdauer 48 49 49 50 Tabelle 32: Mittelwerte (x̄) ± Standardabweichung (σ) der Proteinurie (in mg/g) bei AIDS Tabelle 33: Mittelwerte (x̄) ± Standardabweichung (σ) der Proteinurie (in mg/g) bei Nikotinkonsum 50 51 Tabelle 34: Regressionsanalyse über Zusammenhänge zwischen Proteinurie und Einnahmedauer von TDF 51 1
1. EINLEITUNG Das metabolische Syndrom (MetS) ist gekennzeichnet durch pathologische Veränderungen des Glucose‐ und Lipidstoffwechsels sowie durch Bluthochdruck (55, 5). Darüber hinaus kann es zu pathologischen Veränderungen der Nierenfunktion führen (21)
. Mit der Einführung der hoch‐aktiven antiretroviralen Therapie (HAART) konnte die durchschnittliche Lebenserwartung vieler HIV‐Infizierter deutlich verbessert werden. Jedoch treten seit einigen Jahren andersartige Probleme in dieser speziellen Population auf, denn sowohl die viele Jahre dauernde Infektion an sich als auch die Therapie mit antiretroviral wirksamen Medikamenten kann mit erheblichen Stoffwechselstörungen verbunden sein. Diese Arbeit zeigt nicht nur die Zusammenhänge zwischen Parametern der HIV‐
Infektion und Faktoren des metabolischen Syndroms, sondern auch den Einfluss des MetS und der arteriellen Hypertonie auf die Proteinurie bei HIV‐Infektion. 1.1. Metabolische Veränderungen bei HIV‐Infektion Bezüglich metabolischer Veränderungen entwickeln nicht wenige HIV‐positive eine gestörte Körperfettverteilung, deren unterschiedliche Ausprägungen unter dem Begriff Lipodystrophie‐Syndrom (LDS) zusammengefasst werden. Zweitens erfüllen viele Patienten im weiteren Verlauf Kriterien des metabolischen Syndroms (MetS). Obwohl es kontroverse Debatten über die Definitionen und über die relative Gewichtung des MetS verglichen mit einzelnen individuellen Risikofaktoren gibt (122), existieren zwei anerkannte und weit verbreitete Kriterien; die der International Diabetes Federation (IDF) und die des US‐amerikanischen Adult Treatment Panel III (ATP III). Nach ATP III liegt ein metabolisches Syndrom dann vor, wenn drei der folgenden fünf Kriterien erfüllt sind: Erhöhter Taillenumfang (> 102cm bei Männern, > 88cm bei Frauen), erhöhte Triglyceridspiegel (> 150 mg/dl), erniedrigtes HDL‐Cholesterin (< 40 mg/dl bei Männern, < 50mg/dl bei Frauen), arterielle Hypertonie (> 130/85 mmHg) und erhöhter Nüchternblutzucker (> 110 mg/dl) (55). Die Definition der IDF umfassen 2
die gleichen Kriterien, legen jedoch mehr Gewicht auf einen erhöhten Taillenumfang, der in jedem Fall erhöht sein muss (> 94cm bei Männern, > 80cm bei Frauen). Von den restlichen vier Kriterien müssen zudem zwei weitere vorliegen ‐ allerdings gelten diese Faktoren bereits als positiv, wenn sie therapiert werden (5). Die Ätiologie des MetS umfasst in der Allgemeinbevölkerung neben genetischer Prädisposition weitere Risikofaktoren wie höheres Lebensalter, ungünstige Ernährung, sportliche Inaktivität und auch psychosoziale Faktoren (39) (Abb. 1). Abbildung 1: Ätiologie des metabolischen Syndroms (modifiziert nach Fan 39) Pathogenetisch wird die Insulin‐Resistenz (IR) als Kernkomponente gesehen und gilt als Bindeglied zwischen den einzelnen Faktoren des MetS ‐ also Stammfettsucht, gestörte Glucosetoleranz (impaired glucose tolerance, IGT) bzw. Diabetes, Dyslipidämie und Hypertonie (122). 1.1.1. Ätiologie und Pathogenese In der Zeit vor der Einführung der HAART, war die einzig bekannte metabolische Abnormalität bei AIDS die mit dem „Wasting Syndrome“ (fortgeschrittene HIV‐
Infektion mit deutlichem Gesichtsverlust) assoziierte Hypertriglyceridämie (56). Auch heute zeigen sich pathologische Lipid‐Konzentrationen bei HIV‐Infizierten vor der Initiierung einer HAART (107) . Diese umfassen erhöhte Triglycerid‐ und VLDL‐
Cholesterin‐Spiegel, sowie erniedrigte HDL‐ und LDL‐Cholesterin‐Spiegel. Dies tritt jedoch bei vielen chronischen Entzündungen auf (52). Mit einer HAART ändert sich das Lipoprotein‐Profil. Es weist zwar ebenfalls erhöhte Spiegel an Triglyceriden auf, jedoch ist sowohl das LDL‐ als auch das Gesamt‐
3
Cholesterin trotz des erniedrigten HDL erhöht (13, 41, 102, 115). Diese Konstellation neigt dazu mit IR assoziiert zu sein (52). 1.1.1.1. Protease‐Inhibitoren (PI) Um diese Stoffwechselstörungen zu erklären, befassten sich zahlreiche Arbeiten mit den einzelnen Komponenten der HAART und deren unerwünschten Nebenwirkungen bzw. mit der Frage, wie durch diese Medikamente eine IR zustande kommen kann. Die Stoffklasse der Protease‐Inhibitoren (PI) stand zuerst im Mittelpunkt der Untersuchungen. Carr et al. zeigten, dass die katalytische Region der HIV‐Protease 63% Homologien mit einer Region des LDL‐receptor‐related protein (LRP) und 58% Homologien mit einer Region des cytoplasmic‐retinoic‐acid‐binding‐protein‐1 (CRABP‐1) zeigt (19)
. Die PI inhibieren also nicht nur die HIV‐Protease, sondern darüber hinaus auch regulatorische Enzyme des humanen Lipidmetabolismus. Daraufhin formulierten sie, dass die Inhibition von CRABP‐1 ‐ mit dadurch beeinträchtigter Stimulation von RXR:PPAR‐γ ‐ und die Inhibition des LRP‐1 eine periphere Lipodystrophie zur Folge haben kann (19). Die PI interferieren aber auch mit einem weiteren regulatorischen Protein, dem sterol‐
regulatory‐element‐binding‐protein‐1 (SREBP‐1), was ebenfalls zu verminderter Aktivität von RXR:PPAR‐γ oder verwandten Transkriptionsfaktoren führt (9, 18). Insgesamt wird durch die Inhibition von RXR:PPAR‐γ die Lipogenese und die Differenzierung der Adipozyten vermindert (32), die Lipolyse gefördert (86) und die Expression wichtiger Enzyme des Cholesterin‐, Triglycerid‐ und Glucosestoffwechsels gestört (32). Das wiederum kann zu Lipoatrophie und sekundär zur IR führen (9, 18). PI können darüber hinaus eine erhöhte Freisetzung von freien Fettsäuren (free fatty acids, FFA) und von Tumornekrosefaktor‐α (TNF‐α) verursachen (84), und sie können den insulin‐abhängigen Glucosetransporter‐4 (GLUT4) in Fett‐ und Skelettmuskelzellen selektiv hemmen (101), was wiederum der geschwindigkeitsbestimmende Schritt für die gesamte Glucose‐Freisetzung des Körpers ist (87). 4
Neben in‐vitro‐Folgen der PI lässt sich auch klinisch eine PI‐assoziierte Dyslipidämie bestätigen, denn die Einnahme der meisten PI geht mit erhöhten Triglycerid‐ (52, 53) und LDL‐Cholesterin‐Spiegeln (52) sowie einer veränderten Körperfettverteilung einher (53). Folglich trägt die Einnahme der PI direkt zur Entwicklung von Lipodystrophie und assoziierten metabolischen Störungen bei. Dies kann einen Einfluss auf die Insulinsensitivität haben (53, 60). 1.1.1.2. Nukleosid‐Reverse‐Transkriptase‐Inhibitoren (NRTI) Auch die Nukleosid‐Reverse‐Transkriptase‐Inhibitoren (NRTI) und deren mögliche Auswirkungen auf den Glucose‐ und Lipidstoffwechsel wurden untersucht: NRTI können Adipogenese und Adipozyten‐Differenzierung inhibieren (108)
, die Lipolyse begünstigen (60) und zusammen mit den PI Effekte in vitro und in vivo ausüben (118). Der wesentliche Grund dafür ist, dass NRTI durch Inhibition mitochondrialer DNA‐
Polymerase‐γ mitochondriale Funktionen stören können und es so zu Dysfunktionen der Atmunsgkette kommen kann Adipozyten (24)
. Zielzellen dieser Nebenwirkungen sind (114)
, aber auch Skelettmuskelzellen (52)
. Demzufolge haben diese Medikamente vor allem unerwünschte Wirkungen auf den Lipidstoffwechsel und können zu Lipoatrophie führen (52). Weiterhin ergeben sich indirekte Effekte auf den Glucose‐Stoffwechsel. Dieses lässt sich ‐ außer durch die mitochondriale Toxizität ‐ durch Veränderung der Körperfettverteilung (Lipoatrophie) erklären, da dies ein Zustand ist, der mit IR assoziiert ist (31, 140). Andererseits wurde gezeigt, dass die NRTI auch die Glucose‐
Freisetzung beeinflussen können (44, 144, 145). 1.1.1.3. Nicht‐Nukleosid‐Reverse‐Transkriptase‐Inhibitoren (NNRTI) Die Nicht‐Nukleosid‐Reverse‐Transkriptase‐Inhibitoren (NNRTI) gelten als Medikamenten‐Gruppe mit geringen Auswirkungen auf die Stoffwechselparameter, jedoch können auch diese zu Hyperlipidämie führen, in dem sie die Triglycerid‐ und Cholesterinspiegel erhöhen (11, 52). In der DAD‐Studie war der NNRTI‐Gebrauch zudem 5
mit einem erhöhten Risiko für Diabetes mellitus Typ II assoziiert (45). Die genaue Pathogenese hinter diesen Phänomenen ist allerdings nicht ausreichend geklärt. 1.1.1.4. HIV‐Infektion selbst Es lässt sich erkennen, dass vor allem PI und NRTI Auswirkungen auf den Glucose‐ und den Lipidstoffwechsel haben. Jedoch werden auch die Folgen der HIV‐Infektion an sich mit Veränderungen des Lipidstoffwechsels in Verbindung gebracht. Leow et al. formulierten, dass das HIV / HAART‐assoziierte MetS aus komplexen Interaktionen zwischen viralen Faktoren und antiviralen Wirkstoffen resultieren kann (87). Die Insulinsensitivität ist bei Infektionen allgemein erniedrigt, und es gibt Beweise, dass eine IR unabhängig vom PI‐Gebrauch im Rahmen einer HIV‐Infektion auftreten kann (88). Eine Virämie‐assoziierte Dyslipidämie geht mit folgenden Veränderungen der Lipidspiegel einher: erniedrigtes Gesamt‐, LDL‐ und HDL‐Cholesterin und im weiteren Verlauf erhöhte Triglyceride (8, 23, 107, 110, 120). Erstens werden diese Veränderungen verursacht durch zwei HIV‐eigene Proteine, denn das vpr (viral protein R) inhibiert PPAR‐γ und behindert die Insulin‐Aktivität, und das tat (trans‐activator of transcription) induziert die Produktion von TNF‐α (78, 87). Zweitens verändert sich die CD4‐T‐Zell‐Population durch die HAART: Die T H 1‐Zellen überwiegen gegenüber den T H 2‐Zellen; das führt wiederum dazu, dass mehr pro‐inflammatorische Zytokine produziert werden (87)
. Zuletzt ergeben sich im Zuge der HIV‐Infektion allgemein erhöhte Spiegel von TNF‐α und anderen inflammatorischen Stimuli (88, 107). 1.1.1.5. Lipodystrophie‐Syndrom (LDS) Eine veränderte Körperfettverteilung im Sinne eines LDS kann die pathologischen Veränderungen des Lipid‐ und Glucosestoffwechsels verschlimmern oder zumindest unterhalten. Ähnlich anderen erworbenen oder vererbten Lipodystrophien ist auch die HIV‐Lipodystrophie mit IR, Hypertriglyceridämie, erhöhtem Gesamt‐Cholesterin und niedrigem HDL‐Cholesterin assoziiert (47, 61), denn das Fettgewebe gilt nicht nur als Energiespeicher, sondern auch als endokrines Organ mit signifikanten Effekten auf den 6
Glucose‐Stoffwechsel und die Insulinsensitivität (152)
. Bedingt durch den Verlust subkutanen Fetts einerseits und die Akkumulation viszeralen Fetts andererseits, ergibt sich eine komplexe Pathologie, an der viele Botenstoffe beteiligt sind. Es zeigen sich erniedrigte Spiegel an Leptin (87, 137) und an Adiponectin (3, 87). Zudem finden sich bei Lipodystrophie erhöhte Konzentrationen an Interleukin‐6 (Il‐6), (3, 28, 87, 137)
, erhöhte Aktivität des Plasminogen‐Aktivator‐Inhibitor‐1 (PAI‐1) (3, 87)
, erhöhte Spiegel an Tumonekrosefaktor‐α (TNF‐α) (3, 87) und gehäuft freie Fettsäuren (FFA) (53, 60, . Außerdem ist die hepatische Gluconeogenese bei Lipodystrophie erhöht (11). Die 84)
aufgeführten Konstellationen führen zu IR oder anderen Komponenten des MetS (3, 29, 66, 87, 148)
. Das wird auch durch andere Arbeiten bestätigt, deren Daten suggerieren, dass vermehrtes viszerales und vermindertes subkutanes Fett unabhängig voneinander zu IR beitragen (7, 54, 97). Faktoren, welche die Entwicklung eines LDS begünstigen, sind höheres Alter, niedrigeres Körperfett vor Initiierung einer HAART, frühere Diagnose „AIDS“ und eine niedrigere Anzahlen von CD4‐Lymphozyten (53). 1.1.1.6. Ko‐Infektion mit Hepatitis C‐Virus (HCV) Ein weiterer Risikofaktor für IR ist eine Koinfektion mit Hepatitis C. Das ist schon deshalb relevant, da eine HCV‐Infektion bei HIV‐Infizierten weit verbreitet (22) und auch bei HIV‐negativen mit IR assoziiert ist (3). Es konnte gezeigt werden, dass das auch für mit HIV infizierte Patienten mit HCV‐Koinfektion gilt (140). Denn eine Hepatitis C führt zu erhöhten TNF‐α‐Spiegeln (132) und erhöht das Risiko für Lipoatrophie (52). 1.2. Arterielle Hypertonie Zum metabolischen Syndrom gehören nicht nur die angesprochenen Störungen im Glucose‐ und Fettstoffwechsel sowie eine gestörte Körperfettverteilung, sondern auch eine arterielle Hypertonie. 7
Lipodystrophien und metabolische Funktionsstörungen, wie Hypertriglyceridämie und IR, stehen mit arterieller Hypertonie in Zusammenhang und können das Auftreten einer arteriellen Hypertonie begünstigen (48). Verschiedene Studien untersuchten eine mögliche Assoziation zwischen arterieller Hypertonie und dem Fortschreiten der Infektion (12, 25, 75). Allerdings konnten keine eindeutigen Ergebnisse geliefert werden. Sowohl für die Allgemeinbevölkerung als auch für HIV‐Infizierte gelten allgemeine Risikofaktoren: Hypertensive Patienten sind älter, haben einen höheren BMI und neigen zu bauchbetonter Adipositas (75, 130). 1.3. Allgemeinbevölkerung: Renale Veränderungen bei Metabolischem Syndrom 1.3.1. Epidemiologie Chen et al. untersuchten im Jahr 2004 Daten von 7832 Patienten, die an der NHANES‐
III (National Health and Nutrition Examination Survey III) teilnahmen bezüglich der Assoziation zwischen MetS und dem Risiko eine chronische Nierenerkrankung (chronic kidney disease, CKD) und Mikroalbuminurie zu entwickeln. Folgende waren die bedeutsamsten Häufigkeiten: Patienten mit erhöhtem Blutdruck (> 130/85 mmHg) hatten eine über 6%ige Prävalenz für CKD und eine über 13%ige Prävalenz für Mikroalbuminurie. Die entsprechenden Prävalenzen bei Patienten mit erhöhten Blutglucose‐Spiegeln lagen bei über 6% bzw. bei über 16% (21). Anhand der Daten des NHANES‐III haben mehr als 4% der über 20‐jährigen US‐Amerikaner eine CKD und mehr als 11% eine Mikroalbuminurie (103). 1.3.2. Ätiologie Das metabolische Syndrom ist mit arteriosklerotischen Gefäßwandveränderungen assoziiert, was KHK und ischämische Hirninsulte nach sich ziehen kann (146). Darüber 8
hinaus können auch die Nieren, mit anfänglicher Albuminurie und späterem Abfall der glomerulären Filtrationsrate (GFR) < 60 ml/min/1,73m² (21, 37, 91, 131) betroffen sein. Dabei ist die Beziehung zwischen MetS und Nierenerkrankung unabhängig von klassischen Risikofaktoren wie höheres Lebensalter, männlichem Geschlecht, schwarzer Hautfarbe, Dauer der Erkrankung, Gebrauch von nicht‐steroidalen Antirheumatika (NSAR), sportlicher Inaktivität und Nikotinkonsum (21, 91). Hyperglykämie bzw. Diabetes mellitus und arterielle Hypertonie gelten als hauptsächliche Risikofaktoren für Mikroalbuminurie, CKD und terminale Niereninsuffizienz (end stage renal disease, ESRD) (21, 90, 91, 109). Darüber hinaus ist das Risiko für eine CKD bei Patienten mit MetS sogar unabhängig von Hyperglykämie bzw. Diabetes und unabhängig von arterieller Hypertonie erhöht (81, 109, 146). Die Auswirkungen auf die Nierenfunktion sind umso ungünstiger, je mehr Komponenten des MetS vorliegen (21, 91, 117, 127)
. Neben den beiden ätiologisch wichtigsten (Hypertonie und Hyperglykämie), sind eine Hypertriglyceridämie (21, 127), erniedrigtes HDL‐Cholesterin und bauchbetonte Adipositas (21, 68) mit CKD bzw. mit erniedrigter GFR assoziiert Jedoch ist nicht nur Stammfettsucht als Kriterium des metabolischen Syndroms ein Risikofaktor für Nierenfunktionsstörungen, sondern auch Übergewicht im Allgemeinen (BMI > 25 kg/m²); dies ist unabhängig von arterieller Hypertonie, Diabetes und Nikotinkonsum der Fall (67)
. Das erste klinische Zeichen einer Nierenläsion bei Übergewichtigen ist eine langsam progrediente Proteinurie unterschiedlicher Ausprägung, die einem Abfall der GFR um einige Jahre vorausgeht (4, 21, 76, 111). 1.3.3. Proteinurie bei glomerulären Läsionen Sowohl Menge als auch Molekulargewicht der Proteine, die in das Tubuluslumen gelangen, nehmen mit der Ausprägung des strukturellen Schadens im Glomerulum zu (27)
. So kommt es erst zu selektiver Proteinurie mit Albumin als Markerprotein (Molekulargewicht 69kD) (27). Bei Progression kommt es zu nicht‐selektiver Proteinurie mit Immunglobulin G als Markerprotein (150kD) und durch konsekutive tubuläre 9
Schädigung auch zu vermehrter Ausscheidung von kleineren Proteinen wie dem α 1 ‐
Mikroglobulin (31kD) (27). 1.3.4. Pathogenese Die genauen Mechanismen der Verbindung zwischen MetS und Nierenerkrankungen sind noch nicht vollständig erklärt. Ein entzündliches Geschehen, das mit zahlreichen metabolischen Veränderungen assoziiert ist, scheint eine zentrale Rolle zu spielen. Abbildung 2 zeigt mögliche Beziehung zwischen MetS und renalen Folgen. 146
Abbildung 2: pathogenetische Beziehung zwischen MetS und CKD (modifiziert nach Wahba ) 10
1.3.4.1. Übergewicht und Metabolisches Syndrom Entzündung Übergewicht und MetS sind stark assoziiert mit chronischer Inflammation (116, 128, 146). Inflammatorische Zytokine und von Adipozyten abgeleitete hormonähnliche Stoffe sind hier von entscheidender Bedeutung und können die Nierenfunktion bei übergewichtigen Patienten negativ beeinflussen (10, 112, 150). Ein entzündlicher Zustand im Rahmen von Übergewicht oder MetS kann unterhalten werden durch IR (Insulin ist ein anti‐inflammatorisch wirksames Hormon), durch erhöhte Spiegel pro‐inflammatorischer in Adipozyten produzierter Zytokine wie Il‐6 und TNF‐α, durch erhöhte Konzentrationen der Hormone Leptin und Resistin, sowie durch erniedrigte Spiegel des ebenfalls aus Adipozyten freigesetzten Adiponectins. Pathologische Konzentrationen dieser Botenstoffe können zu IR führen (29, 66, 148). Durch dieses komplexe Zusammenspiel lässt sich schlussfolgern, dass IR eine chronische Entzündung verstärkt und umgekehrt (146), sodass auch das MetS als ein pro‐inflammatorischer Zustand bezeichnet werden kann (29, 148). Renin‐Angiotensin‐Aldosteron‐System (RAAS) Ein aktiviertes RAAS und erhöhte Spiegel an Renin, Angiotensinogen, Angiotensin‐
Converting Enzyme (ACE), Aldosteron und Angiotensin II (Ang II) sind bei Übergewichtigen häufig (38, 142). Ang II könnte die Nierenfunktion und ‐Struktur bei Menschen mit MetS direkt oder indirekt beeinflussen (146). 1.3.4.2. Hämodynamische Faktoren Arterielle Hypertonie, die in engem Zusammenhang mit Übergewicht steht (100), ist ein Hauptgrund renaler Dysfunktion bei Patienten mit erhöhtem Körpergewicht, aber sehr wahrscheinlich nicht der einzige (146). Für den Zusammenhang zwischen Übergewicht und Hypertonie werden Hyperleptinämie, erhöhte Spiegel freier Fettsäuren, Hyperinsulinämie und IR verantwortlich gemacht, weil diese zu Sympathikus‐Stimulation, endothelialer 11
Dysfunktion und renaler Natrium‐Retention führen (100)
. Außerdem führen Sympathikus‐Aktivierung sowie erhöhte Fettgewebssynthese zu verstärkter RAAS‐
Aktivität mit gesteigerter Natrium‐ und Wasser‐Retention (63, 100). Ferner können auch cardiopulmonale Faktoren bei Übergewicht eine Rolle bei einer gestörten Nierenfunktion spielen (146). 1.3.4.3. Hyperinsulinämie und Insulin‐Resistenz Hyperinsulinämie / IR kann überdies direkte und vielfältige Auswirkungen auf die Nieren haben. Zuerst wird die Proliferation allgemein, sowie über IGF‐1 und TGF‐β die Produktion von Wachstumsfaktoren renaler Zellen stimuliert (14, 96, 126)
und über vermehrte Synthese von Angiotensinogen, Ang I und des Ang II‐AT1‐Rezeptors das RAAS angetrieben (126). Darüber hinaus kommt es zu einer Imbalance zwischen den vasoaktiven Stoffen Endothelin‐1 und NO (123, 125), zu oxidativem Stress (124) und zu erhöhter PAI‐1‐Aktivität (127). 1.3.4.4. Renale Lipotoxizität Die Mechanismen der negativen Auswirkungen verschiedener Lipide auf die Nieren, d.h. der renalen Lipotoxizität, sind noch nicht vollständig erklärt. Ergebnisse experimenteller Arbeiten suggerieren, dass triglyceridreiche Lipoproteine sowie FFA und ihre Metaboliten in diesem Zusammenhang von Bedeutung sind (146). 1.4. Renale Veränderungen bei HIV‐Infektion Bevor durch Hypertonie oder durch Stoffwechselveränderungen hervorgerufene Nierenerkrankungen in den Fokus gerieten, war vor allem die HIV‐assoziierte Nephropathie (HIVAN) Gegenstand vieler Untersuchungen. Sie war bis zum Jahr 2001 in den USA die häufigste Ursache für CKD bei HIV‐Positiven (99), allerdings ist dies charakteristischerweise eine Krankheit bei Menschen afrikanischen Ursprungs (30). 12
Jedoch hat sich seit der Einführung der HAART, also seit Mitte der 1990er Jahre, die Häufigkeit der verschiedenen Ätiologien bzw. das Spektrum renaler Erkrankungen bei einer HIV‐Infektion verändert. Auf der einen Seite fällt die Inzidenz der HIVAN, während auf der anderen Seite die durch Hypertonie und Hyperglykämie bedingten Ursachen seit einigen Jahren immer mehr in den Vordergrund treten (30, 89). 1.4.1. Ätiologie und Pathogenese 1.4.1.1. Hypertonie und IGT / Diabetes Nierenerkrankungen, die sekundär nach arterieller Hypertonie und IGT oder Diabetes auftreten, sind in der Allgemeinbevölkerung wichtige Risikofaktoren für die Entwicklung einer CKD, sodass diese beiden heute 70% oder mehr der Ursachen der ESRD‐Fälle ausmachen (143). Es ist daher nicht überraschend, dass diese Krankheiten eine Bedeutung für die Nierenerkrankungen HIV‐Positiver haben (139) und man die Häufigkeitsverteilungen der Risikofaktoren für eine CKD auf HIV‐Populationen extrapolieren kann (42). Wie in Kapitel 1.1 beschrieben, können langjährige HAART und HIV‐Infektion zu metabolischen Veränderungen mit Erhöhung der Lipide und zu Erhöhung des Blutzuckers führen. So sind im Rahmen einer HIV‐Infektion in gleicher Weise Diabetes und Hypertonie als wichtigste Risikofaktoren für Proteinurie und für CKD zu nennen (57 ‐ 59, 138)
. 1.4.1.2. HIV‐Infektion selbst Wie schon erwähnt wird die HIV‐Infektion an sich, auch unabhängig von der definierten Nierenerkrankung HIVAN, mit Störungen der Nierenfunktion in Zusammenhang gebracht. HIV‐spezifische Faktoren, die ein fortgeschrittenes Stadium der Infektion anzeigen, wie erhöhte Viruslast und erniedrigte CD4‐Zellzahlen, begünstigen die Entwicklung einer CKD (57 ‐ 59, 138). Diese direkten Manifestationen sind 13
häufig Folge von viraler Replikation in Epithel‐ und Tubuluszellen, sowie von Auswirkungen rekrutierter Immunzellen auf die renale Mikrozirkulation (30). 1.4.1.3. Hoch‐aktive antiretrovirale Therapie (HAART) Im Zuge der HAART ergeben sich unerwünschte Nebenwirkungen auf die Niere, welche jedoch fast ausschließlich durch den Gebrauch des NRTI Tenofovir (TDF) und des PI Indinavir (IDV) erklärt werden können. Für die Mehrzahl der antiretroviral wirksamen Präparate scheinen HAART‐assoziierte toxische Effekte auf die Nierenfunktion nicht sehr relevant zu sein (119). IDV wird mit ungünstigen nephrologischen und urologischen Effekten assoziiert (119), und TDF mit Proteinurie tubulären Ursprungs trotz insgesamt sicherem Profil in klinischen Untersuchungen (95, 119). 1.4.1.4. Bedeutung der ethnischen Herkunft Sowohl in der Allgemeinbevölkerung (93) als auch bei HIV‐Infizierten (40, 151) gilt ein Afrikanischer Ursprung als Risikofaktor für eine CKD. Die bereits erwähnte HIVAN tritt häufiger bei Patienten afrikanischen Ursprungs auf, während Kaukasier eher unter Nierenerkrankungen leiden, die durch Hypertonie und Diabetes bedingt sind (42). 1.4.1.5. Weitere Risikofaktoren Als weitere Risikofaktoren für Proteinurie und chronische Nierenerkrankungen bei mit HIV infizierten Patienten gelten höheres Alter (57, 58, 98, 151), eine HCV‐Koinfektion (42, 59, und Nikotinkonsum (35, 147). 151)
1.5. Schlussfolgerung Betrachtet man Epidemiologie, Ätiologie und Pathogenese von Stoffwechselstörungen und von Nierenerkrankungen, lassen sich Zusammenhänge zwischen diesen beiden 14
erkennen. Das gilt sowohl für die Allgemeinbevölkerung als auch für Patienten, die mit HIV infiziert sind. In dieser Arbeit werden Auswirkungen metabolischer Veränderungen bei antiretroviral‐therapierter HIV‐Infektion auf die Nierenfunktion untersucht. Im Zentrum der Untersuchung steht das metabolische Syndrom mit den genannten Kriterien IGT, Dyslipidämie, Störung der Körperfettverteilung und Hypertonie. In bisherigen Studien wurden Auswirkungen der arterielle Hypertonie und der IGT bei HIV‐infizierten Patienten auf die Nierenfunktion untersucht. In dieser Untersuchung stehen dagegen auch Stoffwechselstörungen wie die Hypertriglyceridämie, sowie das Übergewicht und das metabolische Syndrom als definierte Stoffwechselkrankheit im Fokus. Die Arbeiten, die sich seither mit Teilaspekten dieses Themas auseinandersetzten, untersuchten meistens US‐amerikanische urbane Populationen mit einem erheblichen Anteil an Afro‐ und Hispano‐Amerikanern. Die epidemiologisch‐statistischen Daten der in dieser Arbeit untersuchten Patientengruppen unterscheiden sich davon wesentlich, da nur ein sehr geringer Anteil der hier untersuchten Patienten afrikanischen Ursprungs ist. So soll in dieser Arbeit auch geprüft werden, ob und in wie weit sich die jetzt erhobenen Daten zu früher untersuchten Faktoren mit den Ergebnissen von Studien in anderen Populationen vergleichen lassen. Ein wesentlicher Unterschied zu früheren Publikationen ist weiterhin, dass es sich in der untersuchten Population meist um langjährig behandelte Patienten mit wenig‐
progredienter HIV‐Infektion handelt. In einer solchen Situation ist es interessant, in wie weit die HIV‐Infektion mit den Stoffwechsel‐ und mit den Ausscheidungsparametern in Zusammenhang steht. 15
2. METHODIK 2.1. Auswahl der Studiengruppen Im Rahmen dieser Arbeit wurden Daten der prävalenten 450 Patienten retrospektiv untersucht. Abbildung 3 stellt die Auswahl der Studiengruppen dar. gescreente Patienten mit HIV‐Infektion (n = 450) Patienten der Studiengruppen
(n = 113)
Gruppe „metabolisches Syndrom“ (n = 36) weitere Patienten (n = 337)
Gruppe „Hypertonie”
(n = 38) Kontrollgruppe (n = 39) Abbildung 3: Auswahl der Studiengruppen Ein‐ und Ausschlusskriterien Zur Einteilung in eine der Studiengruppen mussten allgemeine Einschlusskriterien erfüllt sein. Die Patienten mussten mindestens fünf Jahre mit dem HI‐Virus infiziert sein und durchgehend antiretroviral therapiert worden sein. Bei den Patienten durften weder Glomerulonephritiden noch chronische Nephritiden anderer Ursache vorliegen. Patienten mit Diabetes mellitus Typ I wurden wegen des zum metabolischen Syndrom abweichenden Pathomechanismus ausgeschlossen. Zuletzt musste eine ausreichende Dokumentation vorliegen, um eine statistische Auswertung zu ermöglichen. Es wurde angestrebt, dass die drei Gruppen bezüglich Lebensalter, Geschlechterverteilung, Anteil an Rauchern, Infektionsdauer und Anteil an Patienten mit AIDS vergleichbar waren. Die Gruppe „Metabolisches Syndrom“ (MetS) Die erste Gruppe bestand aus Patienten, welche Kriterien des metabolischen Syndroms erfüllten. 16
Weil der Faktor Bauchumfang, der gerade im Zuge eines LDS schwer vergleichbar mit Patienten der Allgemeinbevölkerung ist, wurde für diese Arbeit die ATP III‐Definitionen für die untersuchte Population angewendet und anhand dieser Kriterien Patienten mit MetS identifiziert. In Anlehnung an die DAD‐Studie (149) wurde das Kriterium „erhöhter Bauchumfang“ auch als erfüllt angesehen, wenn ein BMI von > 30 kg/m² vorlag. Des Weiteren wurde eine antidiabetische Medikation als Vorliegen einer Hyperglykämie und eine antihypertensive Therapie als Vorliegen einer arteriellen Hypertonie gewertet. Hierin folgte diese Arbeit dem Vorgehen von Jacobson et al. (71). Die Gruppe „Hypertonie“ Die zweite Patientengruppe umfasste HIV‐Infizierte mit arterieller Hypertonie. Diese Patienten durften ein weiteres, jedoch keine zwei weiteren Kriterien des MetS erfüllen. Die Gruppe der „Kontrollen“ Diesen beiden Untersuchungsgruppe standen HIV‐Infizierte Kontrollen ohne MetS oder Hypertonie als dritte Gruppe gegenüber. 2.2. Datenerhebung Die für diese Arbeit untersuchten Patienten wurden in der Regel drei‐ bis viermal pro Jahr in der HIV‐Ambulanz des Universitätsklinikum Münsters vorstellig. Dabei wurden sie bezüglich ihrer aktuellen Situation befragt, körperlich untersucht und Material für labormedizinische Untersuchungen gewonnen. Die daraus gewonnen Daten wurden mit Hilfe von Excel 2003TM (Microsoft Corporation®) zu einer Tabelle zusammengefasst. Pro Patient wurden klinische Parameter in Form von Zahlen codiert, sowie Laborwerte dokumentiert. Zur statistischen Testung und deren Auswertung wurden die Daten in PASW Statistics 18TM (SPSS®) eingefügt. 17
Für die Analyse der einzelnen Parameter wurde der Behandlungszeitraum eines jeden Patienten aufgeteilt. So wurden folgende Zeiträume definiert: 1. von der Erstdiagnose „HIV“ bis zu einem Untersuchungszeitpunkt nach zwei Jahren, 2. zwischen 2 bis 5 Jahren, 3. 5 bis 10 Jahre, sowie 4. 10 bis mindestens 15 Jahre. Um eine zeitliche Entwicklung relevanter Parameter darstellen zu können, wurden die Daten jedes Patienten auf die erwähnten Intervalle bezogen. Die Anzahl der Daten war naturgemäß in den Intervallen nahe der Erstdiagnose größer als später, da die HIV‐Infektion zwar bei den meisten, jedoch nicht bei allen untersuchten Patienten länger als 5 Jahre andauerte. Insgesamt betraf dieses folgende Parameter: Cholesterin, Triglyceride, Glucose, Gesamt‐, CD4‐ und CD8‐Lymphozyten, sowie Serum‐Kreatinin. Darüber hinaus waren die gemittelten Blutwerte des aktuellen Zeitraums von zentraler Bedeutung für die statistische Auswertung. Dieses waren Mittelwerte von Daten aus dem letzten Jahr der statistischen Beobachtung. 2.3. Untersuchte Parameter 2.3.1. Ananmestisch Folgende Daten bzw. anamnestische Angaben wurden in dieser Arbeit analysiert: -
Lebensalter, Geschlecht, Hautfarbe und Größe -
Stadium der HIV‐Infektion durch Klassifikation der Centers for Disease Control and Prevention (CDC) -
Nikotinkonsum (vorliegend ab zehn sogenannter „pack‐years“) -
Diabetes mellitus Typ II -
cardiovaskuläre Begleiterkrankungen wie Koronare Herzkrankheit (KHK), Z. n. ischämischem Hirninfarkt oder periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) -
arterielle Hypertonie -
Lipodystrophie‐Syndrom (LDS) -
Art und Dosierung der antiretroviralen Therapie 18
2.3.2. Klinisch und labormedizinisch Bei den Parametern, die im Rahmen der körperlichen Untersuchung erhoben wurden, waren vor allem die Blutdruckmessung, das Wiegen sowie die Untersuchung hinsichtlich einer Verteilungsstörung des Körperfetts im Sinne eines LDS relevant. Von den routinemäßig untersuchten Laborparametern, die bei jedem Besuch der Patienten erhoben wurden, gelangten die Cholesterin‐, Triglycerid‐, Glucose‐ und Kreatinin‐Spiegel in die Auswertung Bezüglich der speziellen Urin‐Diagnostik wurde zunächst mittels Teststreifen ein Urin‐
Status erhoben. Weiterhin wurde aus dem Spoturin der Gehalt an Gesamtproteinen, Albumin, IgG, α1‐Mikroglobulin und α2‐Makroglobulin bestimmt. Von diesen wurden Quotienten mit dem Kreatininspiegel des Urins gebildet. So wurde eine Quantifizierung der Tagesausscheidung ermöglicht (36, 103), und es konnte auf das Sammeln eines 24‐
Stunden‐Urins verzichtet werden, da dieses häufig mit Fehlern behaftet ist (36, 51, 103). Eine glomeruläre Proteinurie lag vor, wenn der Albumin‐Kreatinin‐Quotient mehr als 30 mg/g betrug. Bei einem α1‐Mikroglobulin‐Kreatinin‐Quotient von mehr als 10 mg/g wurde die Proteinurie als tubulär gewertet. Wenn sowohl die Protein‐Kreatinin‐Ratio der Albuminurie als auch die der α1‐Mikroglobulinurie erhöht waren, galt dies als glomerulär‐tubuläre Proteinurie. Bei Werten unterhalb der Nachweisgrenze (Albumin <8,9 mg/dl, IgG <5 mg/dl, α1‐
Mikroglobulin <5,7 mg/dl) wurde davon ausgegangen, dass keine Proteinurie vorliegt. Die geschätzte GFR (eGFR) wurde nach der Modifikation‐of‐Diet‐in‐Renal Disease (MDRD‐) Formel errechnet: Hierzu fließen die mittleren Werte für Gewicht und Serum‐
Kreatinin in die Berechnung mit ein. Die Schätzung der GFR mit Hilfe der MDRD‐Formel ist für Werte bis 90 ml/min/1,73m² validiert (103). Die eGFR wurde als Grundlage für die Zuordnung der Patienten zu einer der Stadien der US‐National Kidney Foundation (103) genutzt (Tab. 1). 19
CKD Stadium GFR (ml/min/1,73m²) Proteinurie 1 ≥ 90 vorhanden 2 60 ‐ 89 vorhanden 3 30 ‐ 59 nicht obligat vorhanden 4 15 ‐ 29 nicht obligat vorhanden 5 < 15 nicht obligat vorhanden Tabelle 1: Stadieneinteilung der CKD (modifiziert nach 103) Folgende Surrogatmarker der HIV‐Infektion wurden bei jeder Routineuntersuchung untersucht: Anzahl an Lymphozyten mittels eines durchflusszyotmetrisch erstellten Differential‐Blutbildes sowie weitere Differenzierung in CD4‐ und CD8‐positive T‐
Lymphozyten mit Hilfe immunhistochemischer Verfahren. Die Viruslast wurde mittels Reverse‐Transkriptase‐Polymerase‐Ketten‐Reaktion (RT‐PCR) bestimmt. Die Anzahl der Kopien des viralen Genoms pro ml wurde folgendermaßen klassifiziert: weniger als 50 / ml = 0; 51 bis 999 / ml = 1; 1.000 bis 9.999 / ml = 2; 10.000 bis 99.999 / ml = 3; 100.000 bis 499.999 = 4; >500.000 / ml = 5. Diese Klassifizierung wurde in Anlehnung an eine logarithmische Einteilung vorgenommen, da sich die Viruslast der Patienten innerhalb großer Spannbreiten bewegt und kleine Änderungen in der Regel nicht von Bedeutung sind. Außerdem wird ein Therapieerfolg allgemein üblich als Absinken der Viruslast um Logarithmusstufen angegeben. 2.4. Statistische Auswertung Bevor die untersuchten Patienten einer der drei Gruppen zugeordnet wurden, wurden die Prävalenzen der Gesamtpopulation für das Vorliegen eines metabolisches Syndrom, einer gestörten Glucosetoleranz, einer arteriellen Hypertonie, einer Hypertriglyceridämie und einer pathologische Proteinurie ermittelt. Nach Einteilung der Patienten in die Studiengruppen wurden die Lageparameter für Lebensalter, 20
Geschlechterverteilung, Dauer der HIV‐Infektion, Vorliegen von AIDS, Nikotinkonsum und Vorliegen von LDS bestimmt. Die Gruppen wurden bezüglich der aktuellen Werte für Cholesterin, Triglyceride und Glucose, des Gewichts und BMI, der Blutdruckwerte, den Surrogatmarkern der HIV‐Infektion (Lymphozytenzahlen und Viruslast) und der Einnahmedauer antiretroviral wirksamer Medikamente verglichen. Bezüglich der oben genannten Parameter wurden die Lageparameter Mittelwert (x̄) und Median (x̃), sowie der Streuungsparameter Standardabweichung (σ) ermittelt. Zur Prüfung der Signifikanz der Unterschiede zwischen den drei Gruppen, wurde der nicht‐
parametrische U‐Test für zwei unabhängige Variablen nach Mann‐Whitney angewendet. Die Entwicklung der Stoffwechselwerte, der Lymphozytenzahlen und der Viruslasten in Abhängigkeit von der Zeit wurde mittels der Lageparameter bei HIV‐Erstdiagnose, nach zwei, nach fünf, nach zehn und nach 15 Jahren analysiert. Zur Prüfung, ob signifikante Veränderungen vorlagen, wurde der nicht‐parametrische Test für verbundene Stichproben angewendet. Lineare Zusammenhänge zwischen Stoffwechselparametern (Cholesterin‐, Triglycerid‐ und Glucosespiegel) und anderen quantitativen Variablen (Alter, Blutdruck, Proteinurie oder Lymphozytenzahlen) wurden mittels Korrelationskoeffizienten nach Pearson (r) und Regressionsgeraden ermittelt. Es wurden Odds Ratios (Maß für Risikoerhöhung) für die Vergleiche der Studiengruppen untereinander in Bezug auf das Vorliegen einer Proteinurie ermittelt. Bei den nicht‐intervallskalierten also nominalskalierten Parametern, wurden Gruppen definiert (z.B. Vorliegen eines LDS vs. kein LDS, oder Hyperglykämie vs. Normoglykämie) und die entstandenen Gruppen mit Hilfe des U‐Tests nach Mann‐
Whitney in Bezug auf die Urinwerte verglichen. Bei signifikanten Unterschieden wurden die Odds Ratios für das Vorliegen einer pathologischen Proteinurie ermittelt. Bei den für die diese Arbeit angewendeten Tests wurde ein Signifikanzniveau von p≤0,05 gewählt. Bei Auswertung der Odds Ratios galten Risikoerhöhungen dann als signifikant, wenn das 95%‐Konfidenzintervall den Wert 1,0 nicht mit einschloss. 21
3. ERGEBNISSE 3.1. Prävalenzen der gesamten Population Vor Anwendung der Auswahlkriterien ergaben sich in der Gesamtpopulation folgende Prävalenzen relevanter Störungen (Abb. 4): Abbildung 4: Prävalenzen relevanter Störungen der Gesamtpopulation (n=450 Patienten) in Prozent (absolute Zahlen in Klammern) 3.2. Kenndaten der Studiengruppen In Tabelle 2 werden die Basisdaten, die Ausprägungen der untersuchten Stoffwechsel‐ und Blutdruckparameter, Surrogatmarker der HIV‐Infektion, sowie Einnahmedauer antiretroviraler Substanzen in Abhängigkeit von der Zugehörigkeit zu einer der drei Studiengruppen dargestellt. Es sind die Mittelwerte der Studiengruppen zum Ende der statistischen Beobachtung angegeben. 22
Lebensalter (Jahre) männliches Geschlecht (absolut und in %) Gewicht (kg) BMI (kg/m²) Nikotin (absolut und in %) Hypertonie (absolut und in %) RR systolisch (mmHg) RR diastolisch (mmHg) Hypertonie‐Dauer (Jahre) IGT / Typ II Diabetes (absolut und in %) Glucose (mg/dl) Cholesterin (mg/dl) Triglyceride (mg/dl) Lipodystrophie (LDS) (absolut und in %) Infektionsdauer (Jahre) AIDS (absolut und in %) Gesamt‐Lymphozyten (Zellen/ml) CD4‐Lymphozyten (Zellen/ml) CD8‐Lymphozyten (Zellen/ml) Viruslast (logarithmisch codiert) Einnahmedauer NRTI (Jahre) Einnahmedauer NNRTI (Jahre) Einnahmedauer PI (Jahre) MetS Hypertonie Kontrolle (n = 36) (n = 38) (n = 39) MetS vs. Hypertonie MetS vs. Kontrolle vs. Kontrolle Hypertonie
p p p 53,9 ± 9,5 52,9 ± 11 49,1 ± 8,6 0,052 0,215 0,488 32 (89%) 32 (84%) 34 (87%) ‐ ‐ ‐ 87,9 ± 17,6 74,2 ± 17,4 71,2 ± 11,6 <0,001 0,751 <0,001 27,5 ± 4,8 24,2 ± 4,7 23,2 ± 2,8 <0,001 0,474 0,001 20 (56%) 17 (45%) 20 (51%) ‐ ‐ ‐ 33 (92%) 38 (100%) 0 (0%) ‐ ‐ ‐ 142,4 ± 12,6 137,4 ± 11,5 124,9 ± 9,7 <0,001 <0,001 0,027 88 ± 8,4 86 ± 8 78,3 ± 6,4 <0,001 <0,001 0,119 5,5 ± 4 4,7 ± 3,2 0,0 ± 0,0 <0,001 <0,001 0,432 24 (67%) 1 (2,6%) 0 (0%) ‐ ‐ ‐ 119,5 ± 39,1 89,8 ± 29,6 86,1 ± 8,4 <0,001 0,632 <0,001 211,9 ± 38,8 211,5 ± 41,1 189,5 ± 35,6 0,018 0,05 0,948 302,3 ± 142,1 205,9 ± 95,6 127,9 ± 53 <0,001 <0,001 0,001 16 (44%) 10 (26%) 3 (8%) ‐ ‐ ‐ 14,8 ± 4,9 13,2 ± 6,1 12,1 ± 5 0,019 0,481 0,136 11 (31%) 8 (21%) 12 (31%) ‐ ‐ ‐ 2286,1 ± 619,1 1901,5 ± 714,8 1914,7 ± 593,5 0,013 0,895 0,016 617,7 ± 236,4 578,7 ± 257 509,5 ± 280,1 0,024 0,157 0,322 1077,9 ± 423,5 854,8 ± 409,9 937,1 ± 361,4 0,175 0,237 0,015 0,314 ± 0,592 0,218 ± 0,513 0,191 ± 0,298 0,863 0,14 0,134 10,6 ± 3,7 9,4 ± 3,5 8,6 ± 3,3 0,008 0,328 0,114 4,3 ± 3,4 4,8 ± 3,6 4,1 ± 3,3 0,841 0,342 0,575 4,5 ± 3,3 2,6 ± 3,3 2,9 ± 3,5 0,028 0,594 0,006 Tabelle 2, Kenndaten der Studiengruppen: links: Mittelwerte (x̄) ± Standardabweichung (σ) der untersuchten Parameter; rechts: Signifikanzniveau (p‐Werte) beim Vergleich der Studiengruppen 23
Altersverteilung In Abbildung 5 ist die aktuelle Altersverteilung in den drei Studiengruppen in absoluten Zahlen dargestellt. Abbildung 5: Altersverteilung der Studiengruppen (Anzahl der Patienten pro Altersdekade) 3.3. Zeitliche Entwicklung der untersuchten Parameter Nach Ermittlung der Mittelwerte bei Erstdiagnose „HIV‐Infektion“ (ED HIV) sowie für die Zeiträume zwei bis fünf Jahre, fünf bis zehn Jahre und zehn bis 15 Jahre nach HIV‐
Diagnose, werden im Folgenden die Parameter des Stoffwechsels und die der HIV‐
Infektion dargestellt. Stoffwechselparameter Die mittleren Cholesterinwerte stiegen innerhalb der ersten zwei Jahre nach Erstdiagnose um 6,4% (p=0,013) und nach weiteren drei Jahren erneut um 4,5% (p<0,001). Danach ergab sich keine signifikante Veränderung (p=0,677) und bezüglich der Jahre zehn bis 15 fielen die Werte um 4,9% (p=0,005) (Tab. 3, Abb. 6). Bei den Triglyceridwerten fielen diese Veränderungen zwar prozentual höher aus, waren jedoch nur in einem Fall signifikant: sie stiegen zuerst um 11,8% (p=0,001) und dann erneut um 4,5% (p=0,085). Fünf bis zehn Jahre nach Diagnose waren sie wiederum 7,7% höher (p=0,12) und fielen schließlich um 1,5% (p=0,06) (Tab. 3, Abb. 6). 24
Die Mittelwerte für Glucose zeigten nicht signifikante Veränderungen über die Jahre (Absinken um 1,2%, Anstiege um 2,3% und 5%, Absinken um 4,9%). Das mittlere Gewicht und der mittlere BMI stiegen nach zwei Jahren mit HIV um 8,5% (p=0,001) bzw. 7,2% (p=0,001) signifikant an. Danach waren nur noch nicht signifikante Veränderungen erkennbar (Absinken um 1,4% bzw. 1,2%, Anstiege um 0,4% bzw. 1,2% und nach zehn bis 15 Jahren wieder Absinken um 3,7% bzw. 2,6%) (Tab. 3, Abb. 6). ED HIV
(n = 113) 0 ‐ 2 Jahre
(n = 113) 2 ‐ 5 Jahre
(n = 113) 5 ‐ 10 Jahre (n = 83) 10 ‐ 15 Jahre
(n = 39) 180,0; 187,9 ± 42,5 198,7; 200,1 ± 44,8 206,5; 209,1 ± 40,1 211,1; 209,2 ± 42,8 196,3; 198,9 ± 38,1 Cholesterin Triglyceride Glucose Gewicht BMI 135;5; 175,1 ± 148,1 168,4; 195,8 ± 104,5 178,8; 204,7 ± 119,3 182,2; 220,5 ± 140,8 194,9; 217,2 ± 116,0 89,5; 93,3 ± 22,5 87,7; 92,2 ± 20,0 89,3; 94,3 ± 24,0 89,1; 99,0 ± 34,8 87,9; 94,2 ± 21,6 69,5; 72,9 ± 16,4 76,6; 79,1 ± 18,3 75,0; 78,0 ± 18,0 78,5; 78,3 ± 18,0 74,0; 75,4 ± 14,3 22,9; 23,5 ± 4,2 24,7; 25,2 ± 5,2 24,2; 24,9 ± 4,9 24,6; 25,1 ± 5,0 24,0; 24,5 ± 4,3 Tabelle 3: Entwicklung der Mediane (x̃), Mittelwerte (x̄) ± Standardabweichung (σ) in den untersuchten Zeiträumen für Cholesterin, Triglyceride und Glucose (in mg/dl, für Gewicht in kg und für BMI in kg/m²) Abbildung 6: Entwicklung der Parameter Cholesterin, Triglyceride und Glucose (in mg/dl) in Abhängigkeit von der Zeit 25
Lymphozytenwerte und Viruslast Es war festzustellen, dass sowohl die mittlere Anzahl der Gesamt‐Lymphozyten als auch die der CD4‐Lymphozyten der untersuchten Patienten seit HIV‐Erstdiagnose stetig anstiegen (Tab. 4). Die Gesamt‐Lymphozytenzahlen waren nach zwei Jahren um 18,5% höher als bei Erstdiagnose (p<0,001), nach zwei bis fünf Jahren erneut um 5,5% höher (p=0,004). Ein erneuter Anstieg um 5,9% ergab sich nach fünf bis zehn Jahren (p=0,001) und nach zehn bis 15 Jahren schließlich ein Anstieg um 5,3% (p=0,091) (Tab. 4, Abb. 7). Bezüglich der mittleren CD4‐Zellzahlen zeigten sich noch stärkere Anstiege als bei der Zahl der Gesamt‐Lymphozyten: diese stiegen signifikant um 25%, um 18,6%, um 21,9% und um 12,9% (p in allen Fällen <0,001) (Tab. 4, Abb. 7). Bei den CD8‐Lymphozyten ließ sich diese einheitliche Entwicklung nicht feststellen. Zwar stiegen die Mittelwerte innerhalb der ersten zwei Jahre signifikant um 13,6% (p<0,001). Jedoch folgte ein Absinken um 1,6%, dann ein unveränderter Mittelwert und für die Zeit nach zehn bis 15 Jahren wiederum ein Anstieg um 2,8%. Die zuletzt genannten Veränderungen in Abhängigkeit von der Zeit waren nicht signifikant (Tab. 4, Abb. 7). Die Viruslasten fielen signifikant von einem Zeitraum auf den nächsten ab: um 59,3%, um 29%, um 26,8% und um 34,6% (p in allen Fällen <0,001) (Tab. 4, Abb. 8). Es ist noch zu erwähnen, dass die aktuell gemessene Virus‐RNA im Mittel bei mehr als 50% der Patienten unterhalb der Nachweisgrenze und bei allen Patienten zwischen 0 und 1000 Kopien/ml lag. ED HIV (n = 113) 0 ‐ 2 Jahre (n = 113) 2 ‐ 5 Jahre (n = 113) 5 ‐ 10 Jahre (n = 83) 10 ‐ 15 Jahre (n = 39) Gesamt‐Lym. CD4‐Lym. CD8‐Lym. Viruslast 1370; 1519,4 ± 751,7 1711; 1800,6 ± 614,2 1840; 1889,8 ± 558,5 1973; 2012,9 ± 569,8 2179; 2120,4 ± 632,8
261; 294,3 ± 215,3 352; 367,8 ± 205,5 399; 436,2 ± 194,5 506; 531,9 ± 241,6 562; 600,3 ± 299,6 821; 863,0 ± 454,5 961; 980,0 ± 415,2 887; 964,7 ± 374,6 930; 963,7 ± 329,0 949; 990,4 ± 365,0 3,0; 2,46 ± 1,53 0,80; 1,00 ± 1,03 0,26; 0,71 ± 0,87 0,16; 0,52 ± 0,69 0,10; 0,34 ± 0,51 Tabelle 4: Entwicklung der Mediane (x̃), Mittelwerte (x̄) ± Standardabweichung (σ) in den untersuchten Zeiträumen für Lymphozytenzahlen (in Zellen/ml) und für Viruslast (als logarithmisch kodierte Zahl der Viruskopien/ml) 26
Abbildung 7: Entwicklung der Gesamt‐, CD4‐ und CD8‐Lymphozytenzahlen (in Zellen/ml) in Abhängigkeit von der Zeit Abbildung 8: Entwicklung der Viruslasten (logarithmisch codiert, Kopien/ml) in Abhängigkeit von der Zeit 27
3.4. Abhängigkeit der Stoffwechselparameter von anderen untersuchten Einflussgrößen Im Folgenden ist dargestellt, wie die aktuellen Werte für Cholesterin, Triglyceride und Glucose mit anderen Einflussgrößen in Zusammenhang standen. Dazu wurden Regressionsanalysen und U‐Tests durchgeführt. Die Infektionsdauer fungierte als Kontrollvariable, um deren Einfluss als Störvariable auszuschalten. Signifikante Ergebnisse (p≤0,05) sind in Tabellen oder Regressionsgeraden dargestellt. Korrelation des Lebensalters mit den Stoffwechselparametern Zwischen dem Lebensalter und den Stoffwechselwerten zeigten sich folgende Korrelationskoeffizienten: Cholesterin r=0,177 (p=0,062), Triglyceride r=0,035 (p=0,715), Glucose r=0,173 (p=0,068). In keinem Fall wurde eine ausreichende Signifikanz erreicht. Korrelation des Gewichts und BMI mit den Stoffwechselparametern Die Höhe der Triglyceridspiegel korrelierte sowohl mit dem Gewicht als auch mit dem BMI. Die Glucosespiegel hingen mit dem Gewicht und signifikant mit dem BMI zusammen. Bezüglich der Cholesterinspiegel und deren Korrelation zur Höhe von Gewicht und BMI ergab sich keine Signifikanz (Tab. 5, Abb. 9). Gewicht BMI Korrelation (r) 0,061 0,070 Signifikanz (p) 0,530 0,467 Korrelation 0,373 0,249 Signifikanz (p) <0,001 0,009 Korrelation 0,168 0,292 Signifikanz (p) 0,079 0,002 Cholesterin Triglyceride Glucose Tabelle 5: Korrelation der Stoffwechselparameter mit Gewicht und BMI 28
Abbildung 9: Regressionsgeraden über die Zusammenhänge zwischen Stoffwechselwerten (in mg/dl) und Gewicht (in kg) sowie BMI (in kg/m²) Einfluss des Lipodystrophie‐Syndroms (LDS) auf die Stoffwechselparameter Patienten mit LDS hatten signifikant höhere Triglycerid‐ und Glucosespiegel als HIV‐
Infizierte ohne LDS. Die Cholesterinwerte unterschieden sich nicht in den beiden Gruppen (Tab. 6). Cholesterin Triglyceride Glucose LDS (n = 29) 209,0 ± 37,2 247,4 ± 93,5 103,9 ± 30,2 kein LDS (n = 84) Signifikanz (p) 202,3 ± 40,5 196,7 ± 130,9 95,9 ± 32,3 0,440 0,003 0,049 Tabelle 6: Mittelwerte (x̄) ± Standardabweichung (σ) der Stoffwechselparameter (in mg/dl) bei LDS 29
Korrelation der Dauer der HIV‐Infektion mit den Stoffwechselparametern Die Infektionsdauer korrelierte nicht mit den Triglycerid‐ (p=0,816) und Glucosewerten (r=0,952). Jedoch ergab sich eine signifikante negative Korrelation (r=‐0,194; p=0,04) zwischen der Dauer der Infektion und den Cholesterinwerten (Abb. 10). Abbildung 10: Regressionsgerade über den Zusammenhang zwischen dem Cholesterinspiegel (in mg/dl) und der HIV‐Infektionsdauer (in Jahren) Korrelation der Surrogatmarker der HIV‐Infektion mit den Stoffwechselparametern Die Zahl der Gesamt‐Lymphozytenzahlen korrelierte mit den Cholesterin‐, mit den Triglycerid‐ und mit den Glucosewerten. Gleichwohl ergab sich nur bei den Triglyceriden eine ausreichende Signifikanz (Tab. 7, Abb. 11). Die CD4‐Zellzahlen zeigten in Bezug auf Cholesterin und auf Triglyceride signifikante Korrelationen. Für die Glucosewerte zeigte sich keine Korrelation (Tab. 7, Abb. 11). Zwischen den CD8‐Zellzahlen und den drei Stoffwechselparametern lagen keine signifikanten Korrelationen vor (Tab. 7, Abb. 11). Für die Viruslast und die Glucosewerte zeigte sich ein signifikanter linearer Zusammenhang. Demgegenüber standen nicht signifikante Korrelationen mit den Cholesterin‐ und den Triglyceridspiegeln (Tab. 7, Abb. 11). 30
Gesamt‐Lym. CD4‐Lym. CD8‐Lym. Viruslast Korrelation (r) 0,170 0,197 ‐0,050 ‐0,141 Signifikanz (p) 0,073 0,037 0,603 0,138 Korrelation 0,216 0,204 0,128 0,005 Signifikanz (p) 0,022 0,031 0,179 0,957 Korrelation 0,104 ‐0,031 0,098 0,200 Signifikanz (p) 0,276 0,748 0,306 0,034 Cholesterin Triglyceride Glucose Tabelle 7: Korrelation der Stoffwechselwerte mit Surrogatmarkern der HIV‐Infektion Abbildung 11: Regressionsgeraden über die Zusammenhänge zwischen Stoffwechselwerten (in mg/dl) und Lymphozytenzahlen (in Zellen/ml) Außerdem hatten Patienten mit Hypertriglyceridämie signifikant höhere Zellzahlen an Gesamt‐ wie auch an CD4‐Lymphozyten. Für Patienten mit Hyperglykämie bzw. IGT waren nur die Gesamt‐Lymphozytenzahlen erkennbar höher (Tab. 8). 31
Gesamt‐Lym. CD4‐Lym. 2251 ± 713 593 ± 255 Hyperglykämie (n = 25) Normoglykämie (n = 88) Signifikanz (p) 1965 ± 638 560 ± 264 0,063 0,424 2211 ± 603 617 ± 222 Hypertriglyceridämie (n = 50) Normotriglyceridämie (n = 63) Signifikanz (p) 1884 ± 677 528 ± 284 0,008 0,014 Tabelle 8: Mittelwerte (x̄) ± Standardabweichung (σ) der Gesamt‐ und CD4‐Lymphozyten (in Zellen/ml) bei Hypergklykämie und bei Hypertriglyceridämie Einfluss des Vorliegens von AIDS auf die Stoffwechselparameter Bezüglich der Stoffwechselparameter (Cholesterin, Triglyceride und Glucose) ergab sich kein signifikanter Unterschied in Abhängigkeit vom Vorliegen von AIDS oder dessen Abwesenheit (p zwischen 0,733 und 0,541). Korrelation der Einnahmedauer antiretroviraler Substanzen mit den Stoffwechsel‐
parametern Die Einnahmedauer der NRTI korrelierte nicht mit den Spiegeln an Cholesterin, Triglyceriden oder Glucose (p=0,583; p=0,685; p=0,931). Für die PI zeigten sich ebenfalls keine signifikanten Zusammenhänge mit den drei Stoffwechselparametern (Cholesterin p=0,286; Glucose p=0,627; Triglyceridse p=0,071). Die Stoffklasse der NNRTI korrelierte weder mit den Triglycerid‐ noch mit den Glucosewerten (p=0,307; p=0,982), gleichwohl signifikant mit dem Cholesterin (p=0,03). Allerdings hatten Patienten sowohl mit Hypertriglyceridämie als auch mit gestörter Glucosetoleranz (IGT) eine signifikant längere PI‐Einnahmedauer, unterschieden sich jedoch nicht zu Patienten ohne diese Stoffwechselstörungen hinsichtlich der Einnahme von NRTI oder NNRTI (Tab. 9). 32
NRTI NNRTI PI 10,0 ± 4,0 3,4 ± 3,0 4,7 ± 3,5 Hyperglykämie (n = 25) Normoglykämie (n = 88) 9,4 ± 3,5 4,7 ± 3,5 2,9 ± 3,4 0,42 0,119 0,015 9,7 ± 3,8 4,1 ± 3,5 4,4 ± 3,5 Signifikanz (p) Hypertriglyceridämie (n = 50) Normotriglyceridämie (n = 63)
Signifikanz (p) 9,4 ± 3,5 4,6 ± 3,3 2,4 ± 3,1 0,55 0,526 0,002 Tabelle 9: Mittelwerte (x̄) ± Standardabweichung (σ) der Einnahmedauer antiretroviraler Medikamente (in Jahren) bei Hypergklykämie und bei Hypertriglyceridämie 3.5. Abhängigkeit des Blutdrucks von anderen untersuchten Einflussgrößen Der Zusammenhang des Blutdrucks mit anderen Einflussgrößen wurde mit Hilfe von Regressionsanalysen und U‐Tests untersucht. Die Infektionsdauer fungierte als Kontrollvariable. Bei signifikanten Ergebnissen (p≤0,05) sind wiederum Tabellen oder Regressionsgeraden angeführt. Korrelation des Lebensalters und der Dauer der Hypertonie mit dem Blutdruck Bezüglich des systolischen Blutdrucks und dem Alter der Patienten ergab sich ein signifikanter linearer Zusammenhang. Der diastolische Blutdruck hingegen zeigte keine solche Signifikanz. Zwischen der Dauer der Hypertonie und den systolischen sowie diastolischen Blutdrücken zeigten sich signifikante Korrelationen (Tab. 10, Abb. 12). Lebensalter Hypertonie‐Dauer RR systolisch Korrelation (r) 0,246 0,418 Signifikanz (p) 0,009 <0,001 0,069 0,319 0,472 0,001 RR diastolisch Korrelation Signifikanz (p) Tabelle 10: Korrelation der Blutdruckwerte mit Lebensalter und Hypertonie‐Dauer 33
Abbildung 12: Regressionsgerade über den Zusammenhang zwischen systolischem Blutdruck (in mmHg) und Lebensalter (in Jahren) Korrelation der Stoffwechselparameter mit dem Blutdruck Der systolische Blutdruck korrelierte signifikant sowohl mit der Höhe der Cholesterin‐ und Triglyceridspiegel als auch mit der Höhe der Glucosespiegel. Auch zwischen dem diastolischen Blutdruck und den Stoffwechselparametern ließen sich Zusammenhänge erkennen, allerdings war dieser nur bei den Triglyceriden signifikant (Tab. 11, Abb. 13). Cholesterin Triglyceride Glucose Korrelation (r) 0,269 0,330 0,276 Signifikanz (p) 0,004 <0,001 0,003 Korrelation 0,117 0,292 0,178 Signifikanz (p) 0,222 0,002 0,062 RR systolisch RR diastolisch Tabelle 11: Korrelation der Blutdruckwerte mit Stoffwechselparametern 34
Abbildung 13: Regressionsgeraden über die Zusammenhänge zwischen Blutdruckwerten (in mmHg) und Stoffwechselparametern (in mg/dl) Korrelation des Gewichts und des BMI mit dem Blutdruck Zwischen dem Gewicht und der Höhe des systolischen sowie diastolischen Blutdrucks zeigten sich signifikante Korrelationen. Gleiches galt für den BMI (Tab. 12, Abb. 14). Gewicht BMI Korrelation (r) 0,431 0,475 Signifikanz (p) <0,001 <0,001 Korrelation 0,512 0,517 Signifikanz (p) <0,001 <0,001 RR systolisch RR diastolisch Tabelle 12: Korrelation der Blutdruckwerte mit Gewicht und BMI 35
Abbildung 14: Regressionsgeraden über die Zusammenhänge zwischen Stoffwechselwerten (in mg/dl) und Gewicht (in kg) sowie BMI (in kg/m²) Einfluss des Lipodystrophie‐Syndroms (LDS) auf den Blutdruck Patienten mit LDS hatten signifikant höhere systolische wie auch diastolische Blutdrücke gegenüber Patienten ohne diese Fettverteilungsstörung (Tab. 13). LDS (n = 29) kein LDS (n = 84) Signifikanz (p) RR systolisch RR diastolisch 140,0 ± 13,4 132,9 ± 13,0 87,1 ± 8,3 83,0 ± 8,6 0,015 0,021 Tabelle 13: Mittelwerte (x̄) ± Standardabweichung (σ) des Blutdrucks (in mmHg) bei LDS 36
Korrelation der Dauer der HIV‐Infektion mit dem Blutdruck Weder die systolischen noch die diastolischen Blutdrücke korrelierten signifikant mit der Infektionsdauer in Jahren (p=0,454 und p=0,902). Korrelation der Surrogatmarker der HIV‐Infektion mit dem Blutdruck Weder für den systolischen noch für den diastolischen Blutdruck zeigten sich signifikante Korrelationskoeffizienten hinsichtlich ihrer Zusammenhänge mit der Anzahl an Gesamt‐, CD4‐ und CD8‐Lymphozyten. Gleiches galt für die Viruslast (p zwischen 0,138 und 0,937). Der Vergleich der Patienten mit normal‐hohem Blutdruck zu Patienten mit Hypertonie zeigte keine signifikanten Unterschiede bezüglich der Anzahl an Gesamt‐ (p=0,713), und CD4‐Lymphozyten (p=0,07). Einfluss des Vorliegens von AIDS auf den Blutdruck Patienten mit AIDS unterschieden sich hinsichtlich des systolischen (p=0,621) und des diastolischen (p=0,603) Blutdrucks nicht signifikant von HIV‐Patienten ohne AIDS. Korrelation der Einnahmedauer antiretroviraler Substanzen mit dem Blutdruck Weder der systolische noch der diastolische Blutdruck korrelierte signifikant mit der Einnahmedauer eines NRTI, NNRTI oder eines PI (p zwischen 0,435 und 0,949). Einfluss des Nikotinkonsums auf den Blutdruck Bei HIV‐positiven Nicht‐Rauchern war sowohl der systolische als auch der diastolische Blutdruck signifikant höher als bei Rauchern (Tab. 14). RR systolisch RR diastolisch
Nikotinkonsum (n = 57) kein Nikotinkonsum (n = 56) Signifikanz (p) 131,6 ± 12,3 82,6 ± 8,0 138,0 ± 13,8 85,5 ± 9,1 0,015 0,021 Tabelle 14: Mittelwerte (x̄) ± Standardabweichung (σ) des Blutdrucks (in mmHg) bei Nikotinkonsum 37
3.6. Unterschiede der Nierenfunktion und der Proteinurie zwischen den Studiengruppen Im Folgenden werden die Parameter der Nierenfunktion, sowie die unterschiedliche Ausprägung der Proteinurie in den drei Studiengruppen dargestellt. Dazu werden sowohl die Ergebnisse der Teststreifenuntersuchungen als auch diejenigen der Spot‐
Urin‐Diagnostik aufgeführt (Tab. 15, Abb. 15). Vergleich der Proteinurie zwischen der Gruppe „MetS“ und den Kontrollen Die Protein‐Ausscheidung gemessen im Teststreifen sowie die Protein‐Kreatinin‐
Verhältnisse bezüglich der Gesamtproteine, des Albumins und des α 1 ‐Mikroglobulins waren in der MetS‐Gruppe signifikant höher als in der Kontrollgruppe. Bis auf eine Ausnahme lag die Albuminurie als Mikro‐Albuminurie (30‐300 mg/g) vor. Die IgG‐
Kreatinin‐Ratio bei Patienten mit MetS war nicht signifikant höher (Tab. 15, Abb. 15). Das bedeutet, dass HIV‐Patienten mit MetS gegenüber den Kontrollen eine glomeruläre sowie eine glomerulär‐tubuläre Proteinurie vorweisen konnten. Die Odds für glomeruläre Proteinurie in der MetS‐Gruppe waren 6,3‐fach höher (95%‐KI 1,2 ‐ 33,3), die für glomerulär‐tubuläre Proteinurie 13,7‐fach höher (95%‐KI 2,9 ‐ 66,7) als in der Kontrollgruppe. Die Risikoerhöhung von 2,4% für eine tubuläre Proteinurie bei Vorliegen von MetS war nicht signifikant (95%‐KI 0,7 ‐ 8,3). Vergleich der Proteinurie zwischen der Gruppe „Hypertonie“ und den Kontrollen Im Teststreifen fand sich keine signifikant veränderte Proteinausscheidung in der Hypertonie‐Gruppe verglichen mit der Kontrollgruppe. Auch die Werte des Spoturins (Protein‐Kreatinin‐Verhältnisse) in beiden Gruppen unterschieden sich nicht signifikant voneinander (Tab. 15, Abb. 15). Daher kann davon ausgegangen werden, dass sich die Patienten der Hypertonie‐
Gruppe in Bezug auf Proteinurie ähnlich verhielten wie die der Kontrollgruppe. Das lässt sich auch an den Odds Ratios erkennen, die für Patienten der Hypertonie nicht signifikant ausfielen. Bezüglich einer glomerulären Proteinurie waren sie 0,5‐fach 38
(95%‐KI 0,1 ‐ 5,7), einer tubulären 1,6‐fach (95%‐KI 0,6 ‐ 4,5) und einer gemischten Proteinurie 2,1‐fach (95%‐KI 0,4 ‐ 11,1) erhöht. Vergleich der Proteinurie zwischen der Gruppe „MetS“ und der Gruppe „Hypertonie“ Die mittels Teststreifen untersuchte Proteinurie war bei Patienten mit MetS signifikant höher als bei Hypertonikern. Auch die Kreatinin‐Verhältnisse für Gesamtproteine und für Albumin in der MetS‐Gruppe war im Vergleich signifikant erhöht. Bezüglich der α 1 ‐
Mikroglobulin‐ und der IgG‐Kreatinin‐Ratio ergaben sich keine signifikanten Unterschiede in beiden Gruppen (Tab. 15, Abb. 15). Das lässt darauf schließen, dass sich Patienten der MetS‐Gruppe im Vergleich zu Patienten der Hypertonie‐Gruppe vor allem durch eine glomeruläre oder glomerulär‐
tubuläre Proteinurie auszeichneten. Die Odds Ratios für glomeruläre Proteinurie betrugen 12,1% (KI 1,2 ‐ 125) und für glomerulär‐tubuläre Proteinurie 6,5% (KI 1,5 ‐ 28,6). MetS war nicht mit einem erhöhten Risiko (Odds Ratio 1,5%) für eine tubuläre Proteinurie verbunden (95%‐KI 0,4 ‐ 5,5). Metab. Syndr. Hypertonie Kontrolle (n = 36) (n = 38) (n = 39) 3,3; 7,2 ± 8,9 0; 3,7 ± 6,2 138; 203 ± 162 108; 108 ± 44 MetS vs. Hypertonie MetS vs. Kontrolle vs. Kontrolle Hypertonie
p p p 1,0; 3,8 ± 8,4 0,029 0,844 0,035 110; 122 ± 57 0,028 0,539 0,005 Proteine im Teststreifen Gesamtprotein / Kreatinin Albumin / Kreatinin α 1 ‐Mikroglobulin / Kreatinin Immunglobulin G / Kreatinin 22,3; 45,9 ± 67,6 4,8; 12,4 ± 17,8 2,6; 12,1 ± 31,0 0,001 0,318 0,01 15,3; 25,3 ± 30,7 13,2; 13,5 ± 12,1 8,9; 9,9 ± 10,4 0,01 0,161 0,21 0; 4,3 ± 7,8 0; 1,6 ± 2,8 0; 3,9 ± 13,2 0,362 0,548 0,151 Tabelle 15: links: Mediane (x̃) und Mittelwerte (x̄) ± Standardabweichung (σ) der Proteinurie‐Parameter (in g/l für Teststreifenproteine und in mg/g für Proteinurie‐Kreatinin‐Ratios); rechts: Signifikanzniveau (p‐Werte) beim Vergleich der Studiengruppen 39
Abbildung 15: Boxplots über Proteinurie in den Studiengruppen Serum‐Kreatinin und geschätzte GFR (eGFR nach MDRD) Beim Vergleich der Lageparameter für die Serum‐Kreatinin‐Spiegel zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Patienten der drei Studiengruppen (Tab. 16). Auch in Bezug auf die geschätzte GFR nach der MDRD‐Formel waren die Unterschiede in den drei Gruppen nicht signifikant. In der Kontrollgruppe fanden sich die höchsten eGFR‐Werte, gefolgt von der MetS‐Gruppe. Am niedrigsten waren sie in der Hypertonie‐Gruppe (Tab. 16). 40
Metab. Syndr. Hypertonie Kontrolle (n = 36) (n = 38) (n = 39) 94,7; 98,6 ± 18,9 95,1; 96,8 ± 18,3 99,5; 103,2 ± 22,2
0,545 0,292 0,86; 0,87 ± 0,16 0,9; 0,89 ± 0,16 0,86; 0,85 ± 0,14 0,815 0,289 0,489 MetS vs. Hypertonie MetS vs. Kontrolle vs. Kontrolle Hypertonie
p p p eGFR Serum‐Kreatinin 0,677 Tabelle 16: links: Mediane (x̃) und Mittelwerte (x̄) ± Standardabweichung (σ) des Serum‐Kreatinins (in mg/dl) und der eGFR (in ml/min/1,73m²); rechts: Signifikanzniveau (p‐Werte) beim Vergleich der Studiengruppen Zeitliche Entwicklung des Serum‐Kreatinins Die Veränderungen des Serum‐Kreatinins in Abhängigkeit von der Zeit betrugen maximal 3%. Zwei Jahre nach Erstdiagnose „HIV“ zeigte sich kein signifikanter Unterschied. Die Werte aus den ersten zwei Jahren verglichen mit denen der Jahre zwei bis fünf waren signifikant niedriger (p=0,033). Fünf bis zehn Jahre nach Diagnose, sowie nach zehn bis 15 Jahren gab es im Vergleich zum jeweils vorherigen Zeitraum ein erneutes signifikantes Absinken des Kreatininspiegels (p<0,001) (Tab. 17, Abb. 16). Serum‐Kreatinin ED HIV (n = 113) 0 ‐ 2 Jahre (n = 113) 2 ‐ 5 Jahre (n = 113) 5 ‐ 10 Jahre (n = 83) 10 ‐ 15 Jahre (n = 39) 1,00; 0,98 ± 0,18 1,00; 0,99 ± 0,14 0,97; 0,97 ± 0,15 0,95; 0,94 ± 0,15 0,94; 0,91 ± 0,17 Tabelle 17: Mittelwerte (x̄) ± Standardabweichung (σ) in den untersuchten Zeiträumen für das Serum‐
Kreatinin (in mg/dl) Abbildung 16: Entwicklung des Serum‐Kreatinins (in mg/dl) in Abhängigkeit von der Zeit 41
CKD‐Stadien nach der Einteilung der US National Kidney Foundation (103) Von 113 Patienten hatte einer eine eGFR zwischen 30 und 60 und 41 Patienten eine eGFR von <90 (in ml/min/1,73m²). In der Gruppe „MetS“ hatten 17 Patienten eine CDK im Stadium I, elf befanden sich im Stadium II und einer im Stadium III. Unter den Hypertonikern ließen sich neun Patienten als Stadium I klassifizieren und zehn als Stadium II. Bei den Kontrollen hatten elf Patienten eine CKD im Stadium I und sieben eine im Stadium II (Abb. 17). Abbildung 17: Verteilung der Patienten der Studiengruppen nach Kriterien der CKD‐Stadieneinteilung
3.7. Abhängigkeit der Proteinurie von anderen untersuchten Einflussgrößen Um den Zusammenhang zwischen Proteinurie und anderen untersuchten Parametern wie Blutdruck und MetS‐Faktoren darzustellen, wurden ‐ wie in Kapitel 3.4 und 3.5 ‐ Regressionsanalysen und U‐Tests durchgeführt. Korrelation des Lebensalters mit der Proteinurie Es zeigten sich signifikante Zusammenhänge zwischen Proteinurie und Lebensalter für die Gesamtprotein‐ und Albumin‐Kreatinin‐Quotienten. Bezüglich der Proteinurie 42
gemessen im Teststreifen und der Kreatinin‐Ratios für α 1 ‐Mikroglobulin und IgG waren die Korrelationen zu gering, um signifikant zu sein (Tab. 18, Abb. 18). Lebensalter Proteine im Teststreifen Korrelation (r) 0,108 Signifikanz (p)
0,269 Korrelation (r) 0,308 Signifikanz (p)
0,002 Korrelation (r) 0,254 Signifikanz (p)
0,009 α 1 ‐Mikroglobulin / Kreatinin Korrelation (r) 0,189 Signifikanz (p)
0,057 Immunglobulin G / Kreatinin Korrelation (r) 0,014 Signifikanz (p)
0,888 Gesamtprotein / Kreatinin Albumin / Kreatinin Tabelle 18: Korrelation der Proteinurie mit dem Lebensalter
Abbildung 18: Regressionsgeraden über die Zusammenhänge zwischen Proteinurie / Kreatinin (in mg/g) und Lebensalter (in Jahren) Anhand der Steigung der Regressionsgeraden (Regressionskoeffizient b1) lässt sich der Anstieg der Protein‐Kreatinin‐Verhältnisse (in mg/g) pro Lebensjahr ableiten (Tab. 19). Lebensalter r² p b1 Gesamtprotein / Kreatinin 0,095 0,002 3,400 Albumin / Kreatinin 0,065 0,009 1,239 / 0,036 0,057 0,407 α 1 ‐Mikroglobulin Kreatinin 43
Tabelle 19: erweiterte Regressionsanalyse über Zusammenhänge zwischen Proteinurie und Lebensalter
Korrelation des Blutdrucks und der Dauer der Hypertonie mit der Proteinurie Die Höhe des systolischen Blutdrucks hing signifikant mit der Albumin‐Kreatinin‐Ratio und mit dem Ausmaß der α 1 ‐Mikroglobulinurie zusammen. Für die mittels Teststreifen und im Spoturin gemessene Gesamt‐Proteinurie, sowie für IgG / Kreatinin waren die linearen Zusammenhänge zu gering für eine Signifikanz. Bezüglich des diastolischen Blutdrucks zeigten sich keine signifikanten Korrelationen (Tab. 20, Abb. 19). Die Dauer einer Hypertonie korrelierte mit den Parametern der Proteinurie. Davon waren die Korrelationen bezüglich der Albuminurie knapp nicht signifikant. Für die im Teststreifen gemessenen Proteine und das IgG‐Kreatinin‐Verhältnis waren sie noch deutlicher nicht signifikant (Tab. 20). RR systolisch RR diastolisch Hypertonie‐Dauer
Korrelation (r) 0,117 0,099 ‐0,023 Signifikanz (p) 0,232 0,312 0,813 Korrelation (r) 0,194 0,084 0,270 Signifikanz (p) 0,057 0,414 0,007 Korrelation (r) 0,223 0,136 0,186 Signifikanz (p) 0,024 0,171 0,059 Korrelation (r) 0,226 0,154 0,345 Signifikanz (p) 0,023 0,125 <0,001 Korrelation (r) 0,038 ‐0,008 0,075 Signifikanz (p) 0,704 0,935 0,452 Proteine im Teststreifen Gesamtprotein / Kreatinin Albumin / Kreatinin α 1 ‐Mikroglobulin / Kreatinin Immungloublin G / Kreatinin Tabelle 20: Korrelation der Proteinurie mit Blutdruckwerten und Hypertonie‐Dauer 44
Abbildung 19: Regressionsgeraden über die Zusammenhänge zwischen Proteinurie (in mg/g) und Blutdruckwerten (in mmHg) Die Steigung der Regressionsgeraden (b1) zeigt die Anstiege der Protein‐Kreatinin‐
Quotienten (in mg/g) pro Jahr mit Hypertonie (Tab. 21). Hypertonie‐Dauer r² p b1 Gesamtproteine / Kreatinin 0,073 0,007 7,617 Albumin / Kreatinin 0,035 0,059 2,307 / 0,119 <0,001 1,902 α 1 ‐Mikroglobulin Kreatinin Tabelle 21: erweiterte Regressionsanalyse über Zusammenhänge zwischen Proteinurie und Hypertonie‐
Dauer Die Diagnose Bluthochdruck bedeutete überdies signifikant erhöhte Albumin‐ und α 1 ‐
Mikroglobulin‐Kreatinin‐Quotienten. Hinsichtlich der Gesamtprotein‐Kreatinin‐ und der IgG‐Kreatinin‐Verhältnisse ergaben sich keine signifikanten Unterschiede (Tab. 22). arterielle Hypertonie (n= 71) arterielle Normotonie (n=42) Signifikanz (p) Teststreifenprot. Prot. / Krea Albumin / Krea α 1 ‐Mikrogl. / Krea IgG / Krea 2,5; 5,5 ± 7,9 116,1; 155,6 ± 129,5
10,6; 29,5 ± 53,8 14,7; 20,0 ± 25,0 0,0; 3,8 ± 8,2 111,3; 123,0 ± 54,8 3,2; 14,4 ± 32,4 9,0; 10,3 ± 10,2 0,0; 4,2 ± 13,0 0,0; 2,8 ± 5,8 0,194 0,686 0,026 0,036 0,822 Tabelle 22: Mittelwerte (x̄) ± Standardabweichung (σ) der Proteinurie (in mg/g) bei Hypertonie 45
Korrelation des Glucosespiegels und der Dauer des Typ II Diabetes mit der Proteinurie Die Blutglucose korrelierte deutlich mit den Protein‐Kreatinin‐Verhältnissen der Spoturin‐Diagnostik. Nur bei mittels Teststreifen gemessener Proteinurie war der Zusammenhang nicht signifikant (Tab. 23, Abb. 20). Die Kreatinin‐Quotienten für Gesamtproteine, Albumin und α 1 ‐Mikroglobulin hingen signifikant mit der Anzahl der Jahre seit der Diagnose „Diabetes mellitus Typ II“ zusammen. Lediglich die Proteinurie gemessen im Teststreifen und die IgG‐Kreatinin‐
Ratio verfehlten die Signifikanz (Tab. 23). Glucose Diabetes‐Dauer Korrelation (r) 0,097 0,151 Signifikanz (p) 0,318 0,120 Korrelation (r) 0,450 0,455 Signifikanz (p) <0,001 <0,001 Korrelation (r) 0,271 0,549 Signifikanz (p) 0,005 <0,001 α 1 ‐Mikroglobulin / Kreatinin Korrelation (r) 0,231 0,344 Signifikanz (p) 0,020 <0,001 Immunglobulin G / Kreatinin Korrelation (r) 0,246 0,165 Signifikanz (p) 0,013 0,097 Proteine im Teststreifen Gesamtprotein / Kreatinin Albumin / Kreatinin Tabelle 23: Korrelation der Proteinurie mit Glucosewerten und Diabetes‐Dauer 46
Abbildung 20: Regressionsgeraden über die Zusammenhänge zwischen Proteinurie (in mg/g) und Glucose (in mg/dl) An den Regressionskoeffizienten (b1) lassen sich die Anstiege der Protein‐Kreatinin‐
Verhältnisse (in mg/g) für jedes Jahr mit Typ II‐Diabetes erkennen (Tab. 24). Diabetes‐Dauer r² p b1 Gesamtprotein / Kreatinin 0,207
<0,001 19,711 Albumin / Kreatinin 0,301
<0,001 10,621 α 1 ‐Mikroglobulin / Kreatinin 0,118
<0,001 2,929 Immunglobulin G / Kreatinin 0,027
0,097 0,632 Tabelle 24: erweiterte Regressionsanalyse über Zusammenhänge zwischen Proteinurie und Diabetes‐
Dauer Das Vorliegen einer Hyperglykämie war mit signifikant höheren Parametern der Proteinurie‐Diagnostik assoziiert (Tab. 25). Hyperglykämie (n = 25) Normoglykämie (n = 88) Signifikanz (p) Teststreifenprot. Prot. / Krea Albumin / Krea α 1 ‐Mikrogl. / Krea IgG / Krea 4,2; 6,9 ± 8,2 140,3; 228,5 ± 179,5
22,4; 53,0 ± 75,1 18,3; 31,0 ± 33,6 0,0; 4,3 ± 7,9 110,0; 116,7 ± 51,6 4,1; 14,7 ± 29,8 10,0; 11,5 ± 11,8 0,0; 2,7 ± 9,5
0,010 0,001 0,001 0,001 0,031 Tabelle 25: Mittelwerte (x̄) ± Standardabweichung (σ) der Proteinurie (in mg/g) bei Hyperglykämie 3,1; 5,6 ± 8,8
47
Korrelation der Cholesterin‐ und Triglyceridspiegel mit der Proteinurie Für die Triglyceride ergaben sich keine signifikanten Korrelationen mit den Parametern der Proteinurie, auch wenn die Werte Proteinurie gemessen im Teststreifen, der Albuminurie und der α 1 ‐Mikroglobulinurie stärker korrelierten als r=0,16. Die Gesamtprotein‐ und der IgG‐Kreatinin‐Quotienten korrelierten nur sehr wenig. Die Cholesterinwerte hingen gleichermaßen nicht signifikant mit den Parametern der Proteinurie‐Diagnostik zusammen (Tab. 26, Abb. 21). Cholesterin Triglyceride Korrelation (r) 0,087 0,165 Signifikanz (p) 0,373 0,090 Korrelation (r) ‐0,078 0,075 Signifikanz (p) 0,446 0,463 Korrelation (r) 0,041 0,177 Signifikanz (p) 0,681 0,072 α 1 ‐Mikroglobulin / Kreatinin Korrelation (r) 0,052 0,189 Signifikanz (p) 0,606 0,057 Immunglobulin G / Kreatinin Korrelation (r) 0,003 ‐0,074 Signifikanz (p) 0,976 0,458 Proteine im Teststreifen Gesamtprotein / Kreatinin Albumin / Kreatinin Tabelle 26: Korrelation der Proteinurie mit Cholesterin und Triglyceriden Abbildung 21: Regressionsgeraden über die Zusammenhänge zwischen Proteinurie (in mg/g) und Triglyceriden (in mg/dl) Bei Patienten mit Vorliegen einer Hypertriglyceridämie waren die Proteinurie gemessen im Teststreifen, sowie die Kreatinin‐Verhälnisse der Ausscheidung von α 1 ‐
48
Mikroglobulin und von Albumin deutlich höher als bei Patienten mit Normotriglyceridämie. Die übrigen Vergleiche zeigten jedoch keine signifikanten Unterschiede (Tab. 27). Teststreifenprot. Hypertriglyceridämie (n = 50) 3,3; 7,1 ± 10,6 Normotriglyceridämie (n = 63) Signifikanz (p) Prot. / Krea 119,7; 155,3 ± 109,5
Albumin / Krea α 1 ‐Mikrogl. / Krea IgG / Krea 10,9; 32,4 ± 59,9 15,0; 21,9 ± 27,3 0,0; 2,0 ± 3,7 3,8; 15,9 ± 30,4 9,7; 11,3 ± 11,5 0,0; 4,5 ± 12,1
0,0; 3,0 ± 4,3 110,7; 132,9 ± 106,2
0,045 0,229 0,078 0,026 0,246 Tabelle 27: Mittelwerte (x̄) ± Standardabweichung (σ) der Proteinurie (in mg/g) bei Hypertriglyceridämie Korrelation des Gewichts und des BMI mit der Proteinurie Hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen Gewicht und Proteinurie zeigten sich nicht signifikante Korrelationen. Der Gesamtprotein‐Kreatinin‐Quotient hing signifikant mit dem BMI zusammen. Die übrigen Werte korrelierten wenig mit dem BMI (Tab. 28). Gewicht BMI Proteine im Teststreifen Korrelation (r) 0,130 0,076 Signifikanz (p) 0,186 0,444 Korrelation (r) 0,168 0,306 Signifikanz (p) 0,100 0,002 Korrelation (r) 0,079 0,111 Signifikanz (p) 0,425 0,268 α 1 ‐Mikroglobulin / Kreatinin Korrelation (r) 0,004 ‐0,046 Signifikanz (p) 0,972 0,651 Immunglobulin G / Kreatinin Korrelation (r) ‐0,026 0,127 Signifikanz (p) 0,794 0,209 Gesamtprotein / Kreatinin Albumin / Kreatinin Tabelle 28: Korrelation der Proteinurie mit Gewicht und BMI Einfluss des Lipodystrophie‐Syndroms (LDS) auf die Proteinurie Bei Patienten mit LDS zeigte sich eine vermehrte Proteinurie im Vergleich zu Patienten ohne LDS. Jedoch waren die Unterschiede nicht signifikant (Tab. 29). 49
Für HIV‐positive mit LDS zeigten sich in Bezug auf glomeruläre (95%‐KI 0,9‐ 20,7) und glomerulär‐tubuläre Proteinurie (95%‐KI 1,2‐ 15,7) jeweils Risikoerhöhungen von 4,3. Allerdings war nur letztere signifikant. Teststreifenprot. 3,3; 6,6 ± 9,5 LDS (n = 29) kein LDS (n = 84) Signifikanz (p) Protein / Krea Albumin / Krea
123,1; 172,6 ± 124,9 13,2; 42,0 ± 71,3
α 1 ‐Mikrogl. / Krea IgG / Krea 12,9; 22,3 ± 27,0 1,7; 3,4 ± 4,9 1,9; 4,3 ± 7,4 109,6; 132,2 ± 99,6 5,0; 17,1 ± 32,9 10,7; 14,1 ± 18,2 0,0; 3,4 ± 10,4
0,349 0,079 0,110 0,121 0,099 Tabelle 29: Mittelwerte (x̄) ± Standardabweichung (σ) der Proteinurie (in mg/g) bei LDS Korrelation der Dauer der HIV‐Infektion mit der Proteinurie Der α 1 ‐Mikroglobulin‐Kreatinin‐Quotient korrelierte signifikant der Dauer der HIV‐
Infektion. Bezüglich der Proteine gemessen im Teststreifen, sowie der Protein‐
Kreatinin‐Ratios für Gesamtproteine, Albumin und IgG zeigten sich keine signifikanten Zusammenhänge mit der Infektionsdauer in Jahren (Tab. 30). HIV‐Infektionsdauer Proteine im Teststreifen Korrelation (r) 0,111 Signifikanz (p)
0,255 Korrelation (r) 0,189 Signifikanz (p)
0,063 Korrelation (r) 0,186 Signifikanz (p)
0,059 α 1 ‐Mikroglobulin / Kreatinin Korrelation (r) 0,206 Signifikanz (p)
0,038 Immunglobulin G / Kreatinin Korrelation (r) ‐0,007 Signifikanz (p)
0,947 Gesamtprotein / Kreatinin Albumin / Kreatinin Tabelle 30: Korrelation der Proteinurie mit der Infektionsdauer
Daraus ließ sich die Steigung der Regressionsgeraden (b1) ableiten, die zeigt, um wie viel die Protein‐Kreatinin‐Ratios (in mg/g) pro Infektionsjahr zunahm (Tab. 31). 50
HIV‐Infektionsdauer r² p b1 Gesamtprotein / Kreatinin 0,036 0,063 3,764 Albumin / Kreatinin 0,035 0,059 1,628 / 0,042 0,038 0,798 α 1 ‐Mikroglobulin Kreatinin Tabelle 31: erweiterte Regressionsanalyse über Zusammenhänge zwischen Proteinurie und Infektionsdauer Korrelation der Surrogatmarker der HIV‐Infektion mit der Proteinurie Kein Parameter der Proteinurie‐Diagnostik korrelierte signifikant mit der Anzahl an Gesamt‐, CD4‐, CD8‐Lymphozyten oder der Viruslast (p zwischen 0,2 und 0,697). Einfluss des Vorliegens von AIDS auf die Proteinurie Außer des signifikant höheren α 1 ‐Mikroglobulin‐Kreatinin‐Verhältnisses unterschieden sich Patienten mit AIDS nicht signifikant von solchen ohne AIDS. Patienten mit dem Vollbild AIDS hatten eine 1,8‐fache, allerdings nicht signifikante Risikoerhöhung bezüglich einer tubulären Proteinurie (95%‐KI 0,6 ‐ 5,2). AIDS (n = 31) kein AIDS (n = 63) Signifikanz (p) Teststreifenprot. Protein / Krea Albumin / Krea α 1 ‐Mikrogl. / Krea IgG / Krea 3,3; 6,6 ± 10,0 114,7; 129,6 ± 56,4 9,4; 17,9 ± 20,9 16,8; 21,2 ± 22,6 1,7; 4,2 ± 6,99 112,5; 148,0 ± 121,7
4,8; 25,8 ± 54,0 10,0; 14,1 ± 19,9 0,0; 3,9 ± 10,9
0,0; 2,0 ± 2,6 0,096 0,968 0,351 0,027 0,793 Tabelle 32: Mittelwerte (x̄) ± Standardabweichung (σ) der Proteinurie (in mg/g) bei AIDS Einfluss des Nikotinkonsums auf die Proteinurie Raucher hatten im Vergleich zu Nicht‐Rauchern eine signifikant höhere α 1 ‐
Mikroglobulin‐Kreatinin‐Ratio. Bezüglich der restlichen Parameter zeigten sich keine signifikanten Unterschiede (Tab. 33). 51
Für Raucher ergab sich eine signifikante Odds Ratio von 3,7 (95%‐KI 1,4 ‐ 9,8), wenn es um das Vorliegen einer tubulären Proteinurie ging. Nikotinkonsum (n = 57) Teststreifenprot. Protein / Krea 2,5; 6,6 ± 10,2 110,6; 136,3 ± 76,8 6,4; 20,9 ± 39,3 14,7; 19,6 ± 24,1 1,7; 3,0 ± 4,2 117,6; 149,9 ± 133,0
6,7; 26,1 ± 53,5 8,4; 12,7 ± 16,7 0,0; 4,6 ± 12,6 kein Nikotinkonsum (n = 56) IgG / Krea 0,0; 2,1 ± 3,5 0,168 0,701 0,681 0,029 0,584 Signifikanz (p) Albumin / Krea α 1 ‐Mikrogl. / Krea Tabelle 33: Mittelwerte (x̄) ± Standardabweichung (σ) der Proteinurie (in mg/g) bei Nikotinkonsum Zusammenhang zwischen cardiovaskulären Ereignissen und Proteinurie Zwischen Patienten mit cardiovaskulären Ereignissen in der Anamnese (n=15) und Patienten ohne (n=86) gab es keine signifikanten Unterschiede bezüglich der untersuchten Ausscheidungsparameter (p zwischen 0,13 und 0,982). Zusammenhang zwischen Tenofovir (TDF)‐Einnahme und tubulärer Proteinurie Die Höhe der α 1 ‐Mikroglobulin‐Kreatinin‐Ratio korrelierte signifikant mit der Einnahmedauer von TDF in Jahren. Der Regressionskoeffizient b1 zeigt den Anstieg des α 1 ‐Mikroglobulin‐Kreatinin‐Quotienten pro Jahr der TDF‐Einnahme (Tab. 34, Abb. 22). Einnahmedauer TDF α 1 ‐Mikroglobulin r / 0,329 r² p b1 0,108 0,001 3,072 Kreatinin Tabelle 34: Regressionsanalyse über Zusammenhänge zwischen Proteinurie und TDF‐Einnahmedauer 52
Abbildung 22: Regressionsgeraden über die Zusammenhänge zwischen α 1 ‐Mikroglobulinurie (in mg/g) und Einnahmedauer von TDF (in Jahren) 53
4. DISKUSSION Das metabolische Syndrom (MetS) bei Patienten mit wenig progredienter jedoch langjähriger HIV‐Infektion ist assoziiert mit der Entwicklung einer Proteinurie. Nach einer Einführung über Auswahl der Studiengruppen und Ausprägungen der Surrogatmarker der HIV‐Infektion, werden zuerst relevante Störungen der Population vor Anwendung der Auswahlkriterien diskutiert. In den darauf folgenden Kapiteln werden das metabolische Syndrom, die arterielle Hypertonie und die Nierenfunktion Thema der Diskussion sein bzw. wie diese mit anderen untersuchten Parametern in Zusammenhang stehen. Im Anschluss daran folgen eine Zusammenfassung der wichtigsten der Aspekte sowie ein Ausblick über die Bedeutung dieser Ergebnisse. 4.1. Einführung 4.1.1. Auswahl der Patientengruppen Um die drei untersuchten Patientengruppen vergleichen zu können, wurde angestrebt, die drei Gruppen bezüglich Alter, Geschlechterverteilung, Anteil an Rauchern, Dauer der HIV‐Infektion, und Anteil an Patienten mit Lipodystrophie‐Syndrom (LDS) ausgeglichen zu gestalten. Bezüglich der Infektionsdauer gelang dies nicht. Die Dauer der HIV‐Infektion war bei Patienten der Gruppe „MetS“ im Mittel signifikant höher als bei den Kontrollen. Diese Tatsache wurde in den Auswertungen berücksichtigt. 4.1.2. Surrogatmarker der HIV‐Infektion (Viruslast, CD4‐Zellzahl) Vor der kritischen Auseinandersetzung mit den weiteren Ergebnissen dieser Arbeit, ist allgemein noch auf die mittleren Viruslasten und CD4‐Zellzahlen aus dem letzten Jahr der statistischen Beobachtung einzugehen. Der Vergleich der aktuellen Viruslasten ergab keine signifikanten Unterschiede zwischen den drei untersuchten Gruppen (Tab. 2, S. 22). Die aktuell gemessenen Viruslasten lagen im Mittel bei mehr als 50% der 54
Patienten unterhalb der Nachweisgrenze und bei allen Patienten zwischen 0 Kopien/ml und 1.000 Kopien/ml (S. 25). Das ist insgesamt als sehr niedrig einzustufen. Es sei erwähnt, dass mit einer HAART begonnen werden sollte, wenn behandlungs‐
naive Patienten eine AIDS‐definierende Erkrankung durchgemacht haben oder, wenn die CD4‐Zellzahl unter 350/ml gefallen ist (153). Bei über 500 Zellen/ml ist die Initiierung der HAART optional (153). Mit im Mittel über 500 Zellen/ml (Tab. 2, S. 22) sind die aktuellen CD4‐Zellzahlen der Patienten in den drei untersuchten Gruppen als hoch zu werten. Zusammen mit den niedrigen Viruslasten unterstreicht dieses Ergebnis die Tatsache, dass bei den meisten Patienten der vorliegenden Untersuchung eine wenig‐
progrediente HIV‐Infektion vorlag (82). Folgende Gründe für die niedrigen Viruslasten sowie hohen CD4‐Zellzahlen sind wahrscheinlich: Die untersuchten Patienten sind gut therapiert worden, und in den allermeisten Fällen waren die Prioritäten darauf ausgelegt, konsequent niedrige Viruslasten, sowie gute CD4‐Zahlen zu erzielen. Ferner ist anzunehmen, dass der Großteil der Patienten in dieser Population eine gute Compliance hinsichtlich der Einnahme der antiretroviral wirksamen Medikamente zeigte. Das lässt sich auch daran erkennen, dass bei den beobachteten Patienten keine frische, sondern eine langjährige Infektion bestand (Tab. 2, S. 22). Ein weiteres Anzeichen für eine erfolgreiche Therapie der HIV‐Infektion ist die Tatsache, dass die Zahl der CD4‐Lymphozyten ‐ und bei geringer Variation der CD8‐
Zellzahlen ‐ damit auch die der Gesamt‐Lymphozyten über die Jahre sukzessiv und deutlich anstiegen (Tab. 4, Abb. 7, S. 25‐26). Dies passt zu den stetig abgefallenen Viruslasten (Tab. 4, Abb. 8, S. 25‐26), da niedrige Viruslasten in umgekehrter Beziehung zur Höhe der CD4‐Zellzahlen stehen (82). Das wirft ein anderes Licht auf die Entwicklung von Stoffwechselstörungen in dieser Population, da die Auswirkungen der HIV‐Infektion an sich diesbezüglich nicht von so großer Bedeutung sein konnten, wie es publiziert worden ist. 55
4.2. Relevante Störungen der Gesamtpopulation In dieser Untersuchung zeigte sich eine Prävalenz der Hypertriglyceridämie von 43% (Abb. 4, S. 21), was vergleichbar ist mit den 38,5% aus der großen DAD‐Studie (n=23.202) (149) und den 47% aus der NFHL‐Studie von Jacobson et al. (n=477) (71). In der Literatur findet sich eine ca. 35%ige Prävalenz für Insulinresistenz (IR) (61), eine 3‐
5%ige Prävalenz für gestörte Glucosetoleranz (impaired glucose tolerance, IGT) (1), sowie eine 2,8%ige Prävalenz des Typ II‐Diabetes bei mit HIV infizierten Patienten (149). Da für diese Arbeit keine Labordaten zu den Insulin‐Spiegeln zur Verfügung standen, bestand nicht die Möglichkeit mittels Homeostasis Assesment (HOMA) eine IR nachzuweisen. Wie in der Studie von Jacobson et al. (71) wurde in dieser Arbeit auf die Blutglucosespiegel Bezug genommen und die Prävalenz einer Hyperglykämie als Ausdruck einer IGT bzw. eines Typ II‐Diabetes ermittelt. Diese lag mit 7% (Abb. 4, S. 21) in der gleichen Größenordnung wie in den oben genannten Studien. Eine arterielle Hypertonie kam mit 19% in der vorliegenden Arbeit (Abb. 4, S. 21) häufiger vor als bei Patienten der DAD‐Studie (14,1%) (149). In der NFHL‐Studie wurde von einer 33%igen Prävalenz berichtet (71). Das lässt sich vielleicht dadurch erklären, dass die DAD‐Studie nur Blutdrücke über 130/85 mmHg auswertete, während von Jacobson et al. und in dieser Untersuchung eine Hypertonie auch als existent gewertet wurde, wenn sie medikamentös antihypertensiv behandelt wurde. In der vorliegenden Arbeit hatte das Metabolische Syndrom eine Prävalenz von 8% (Abb. 4, S. 21). Damit lag sie deutlich niedriger als die 18% aus einer internationalen von Samaras et al. untersuchten Population (121)
und als die 24% der US‐
amerikanischen Population der NFHL‐Studie (71). Jedoch war sie höher als die 4,4%ige Prävalenz in der DAD‐Studie (149), in welcher Daten von größtenteils europäischen HIV‐
Infizierten untersucht wurden. Somit ergibt sich eine deutliche Schwankung in Bezug auf die Prävalenzen. Für die vorliegende Arbeit muss jedoch erwähnt werden, dass Daten ausgewertet wurden, die nicht für epidemiologische Untersuchung des MetS erhoben wurden. Das Hauptaugenmerk dieser Untersuchung war demgegenüber die Analyse von Manifestations‐ und Progressionsfaktoren der Proteinurie. 56
Ferner könnten die Definitionen für das metabolischen Syndroms nicht ausreichend sensitiv für HIV‐Infizierte unter hoch‐aktiver antiretrovialer Therapie (HAART) sein (122). Beispielsweise zeigten zwei Studien Limitierungen der bekannten Definitionen hinsichtlich anthropometrischer Messungen, wenn man diese auf antiretroviral‐
therapierte HIV‐Infizierte anwendete (122). In der NFHL‐Studie war der Bauchumfang niedriger bei HIV‐Infizierten verglichen mit Patienten der Allgemeinbevölkerung trotz ähnlicher Prävalenzen für das metabolische Syndrom (71). Nicht nur Labordaten bezüglich der Stoffwechselstörungen, sondern auch Störungen der Körperfettverteilung, sind bekannte Probleme bei HIV‐positiven Patienten. Indes fehlen sichere Aussagen zu deren Häufigkeit, da die Diagnose „Lipodystrophie‐
Syndrom“ (LDS) nach klinischen Gesichtspunkten gestellt wird. Die Lipodystrophie gilt als Überbegriff für verschiedene Ausprägungen einer gestörten Verteilung des Fettgewebes. Nach Eigenberichten haben 50% der Patienten Lipodystrophie, 36% periphere Lipoatrophie, 33% abdominelle Gewichtszunahme und 6% einen sogenannten „Buffalo‐Hump“ (vermehrte Fetteinlagerung im Nackenbereich) (64). Einige Studien untersuchten bereits die Assoziation zwischen HIV‐Infektion und pathologischer Proteinausscheidung: Gupta et al. berichten, dass 30% der Patienten mit HIV‐Infektion eine abnormale Nierenfunktion zeigen und dass sich bei ca. 30% der HIV‐Infizierten Proteinurie finden lässt (57, 58). In der Population dieser Arbeit zeigte sich eine 27%ige Prävalenz für das Vorliegen einer pathologischen Proteinurie (Abb. 4, S. 21), was vergleichbar mit dem Ergebnis der oben genannten Studien ist. 4.3. Metabolisches Syndrom bei HIV‐Infizierten Es war zu erwarten, dass die Diagnose „metabolisches Syndrom“ (MetS) auch bei HIV‐
positiven Patienten in der vorliegenden Arbeit mit signifikant höheren Triglycerid‐, Cholesterin‐ und Glucosespiegeln, sowie mit signifikant höherem Gewicht und Body‐
57
Mass‐Index (BMI) einherging (Tab. 2, S. 22). Dabei korrelierte die jeweilige Höhe der Triglycerid‐ und Glucosewerte eindeutig mit dem Gewicht und dem BMI der Patienten (Tab. 5, Abb. 9, S. 27‐28). Das ist nachvollziehbar, weil Dyslipidämie, Hyperglykämie und Übergewicht zentrale Faktoren des MetS sind, und für die hier untersuchte HIV‐
infizierte Population mit den ATP‐III‐Kriterien eine Zusammenstellung von Kriterien angewendet wurde, welche für die Allgemeinbevölkerung validiert wurde (55). 4.3.1. Einfluss der HIV‐Infektion Patienten mit MetS zeigten eine signifikant höhere Anzahl an Gesamt‐ und CD4‐
Lymphozyten (Tab. 2, S. 22). Dies unterschied sich deutlich von Ergebnissen anderer Arbeiten, in denen niedrige Lymphozytenzahlen mit Hypertriglyceridämie (110) und Insulin‐Resistenz (IR) (88), sowie mit LDS (53) assoziiert waren. Steigende Viruslasten und sinkende CD4‐Zellzahlen zeigen ein beginnendes Fortschreiten der Infektion an (82). Auch die Menge der Gesamt‐Lymphozyten scheint einen prädiktiven Wert hinsichtlich Progression der Infektion zu haben. Letzteres wurde in zwei großen Studien bestätigt. Allerdings wird die Aussagekraft der Gesamt‐Lymphozytenzahl noch diskutiert (6, 82, 83). Überdies wurden fallende Lymphozytenzahlen nicht nur mit erhöhten Triglyceriden in Verbindung gebracht (110), sondern spielen auch in der Pathogenese der IR (88) und des LDS (53) eine Rolle. Es wurde gezeigt, dass bei Infektion mit dem HI‐Virus ein pro‐
inflammatorisches Milieu vorherrscht (78, 87, 88, 107)
. Dies ist sowohl in der Allgemeinbevölkerung (6, 29, 146, 148) als auch bei HIV‐positiven mit IR assoziiert (78, 80, 87). Es gibt nur wenige Arbeiten, die sich mit der Stoffwechselsituation bei virologischer Suppression beschäftigt haben. Samaras et al. berichten, dass das LDS bei Patienten mit nicht‐progressiver HIV‐Infektion nicht beobachtet werden konnte (122). Das unerwartete Ergebnis höherer Lymphozytenzahlen bei MetS stand damit in Einklang, dass in der vorliegenden Untersuchung eine steigende Infektionsdauer weder mit der Höhe der Triglycerid‐ noch mit der Höhe der Glucosespiegel korrelierte (S. 29). Ebenfalls dazu passend hatte die Diagnose „AIDS“ keine Erhöhung der Glucose‐ oder 58
Triglyceridspiegel zur Folge (S. 31). Demgegenüber fiel das Gesamt‐Cholesterin bei länger andauernder HIV‐Infektion (Abb. 10, S. 29), was vereinbar ist mit Ergebnissen aus Studien über Virämie‐assoziierte Dyslipidämie (23, 110). In dieser Arbeit zeigte sich, dass nicht erniedrigte sondern erhöhte Gesamt‐ und CD4‐
Lymphozyten‐Zahlen mit pathologischen Parametern des Lipidtoffwechsels in Verbindung standen (Tab. 7 und 8, Abb. 11, S. 29‐31). Die Höhe der Glucosespiegel sowie das Vorliegen einer gestörten Glucosetoleranz (IGT) waren jedoch nicht mit höheren Lymphozyten‐Zahlen assoziiert (Tab. 7 und 8, S. 29‐31). Die CD8‐Zellzahlen waren erstens nicht signifikant verschieden zwischen MetS‐
Patienten und Kontrollen (Tab. 2, S. 22), und zweitens war kein Zusammenhang zwischen ihnen und den Cholesterin‐, Triglycerid‐ sowie Glucosewerten erkennbar (Tab. 7, S. 29‐30). Zwar spielen die CD8‐Lymphozyten eine bedeutende Rolle bei der Kontrolle der HIV‐Infektion (82), doch ist die Höhe der CD8‐Zellzahlen nicht in gleichem Maße relevant wie die der CD4‐Zellzahlen. Die Mehrheit der Studien konnte keinen Zusammenhang zwischen der Anzahl an CD8‐Lymphozyten und der Überwachung der HIV‐Replikation feststellen (2, 49, 94, 106). Die Patienten der MetS‐Gruppe hatten trotz einer langen Infektionsdauer hohe CD4‐
Zellzahlen und niedrige Viruslasten zum Ende der Untersuchung (Tab. 2, S. 22). Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass der Nachweis günstiger Surrogatmarker der HIV‐
Infektion mit der Entwicklung eines metabolischen Syndroms kausal zusammenhing. Doch es kann festgehalten werden, dass in dieser Untersuchung die HIV‐Infektion an sich keinen großen Teil zur Pathogenese des metabolischen Syndroms beigetragen hat. Bei wenig‐progredienter HIV‐Infektion waren stattdessen diejenigen Risikofaktoren von Bedeutung, die auch für die Allgemeinbevölkerung gelten. Die Veränderungen der Triglycerid‐, Cholesterin‐ und Glucosespiegel in Abhängigkeit von der Zeit fielen gering aus (Tab. 3, Abb. 6, S. 23‐24). Die Erwartung diese Entwicklungen betreffend war jedoch eine andere, denn es ist bereits über eine Virämie‐assoziierte Dyslipidämie sowie über eine herabgesetzte Insulinsensitivität in Zusammenhang mit der HIV‐Infektion publiziert worden (8, 23, 88, 107, 110, 120). 59
Eine HIV‐Infektion kann im späten Verlauf auch zum Wasting Syndrome mit Gewichtsverlust und dennoch erhöhten Triglyceridspiegeln führen (56). Die Ursachen für dieses Syndrom sind multifaktroriell (136): direkter Einfluss durch das HI‐Virus oder indirekt über Anorexie, Malabsoprtion / Diarrhoe, Infektionen und Malignome (79). Geringe Veränderungen des Gewichts sowie des BMI (Tab. 3, S. 24) sprechen allerdings gegen ein häufig auftretendes Wasting Syndrome in der untersuchten Population und stützen das Ergebnis der wenig veränderten Stoffwechselparameter. Auch die hohen Lymphozytenzahlen und niedrigen Viruslasten sprechen diesbezüglich dagegen, da das Wasting Syndrome wie erwähnt ein Phänomen der fortgeschrittenen HIV‐Infektion ist. Die Einflüsse beider eventueller Stoffwechselpathologien ‐ HIV/HAART‐assoziierte Insulin‐Resistenz einerseits sowie ein mögliches Wasting Syndrome andererseits ‐ könnten insgesamt zu schwach gewesen sein, um signifikante Verschiebungen der Stoffwechselwerte in dieser Untersuchung zur Folge zu haben. Folglich schien weder die eine noch die andere Extreme bei den hier beobachteten Patienten deutlich zu werden. Des Weiteren kann angenommen werden, dass der Entwicklung einer pathologischen Stoffwechselsituation therapeutisch begegnet worden ist. 4.3.2. Einfluss der hoch‐aktiven antiretroviralen Therapie (HAART) Beim Vergleich der für die diese Arbeit untersuchten Studiengruppen wurden die antiretroviral wirksamen Stoffklassen der Nucleosid‐Reverse‐Transkriptase‐Inhibitoren (NRTI) und der PI (Protease‐Inhibitoren) von Patienten der MetS‐Gruppe am längsten eingenommen (Tab. 2, S. 22). Allerdings waren die MetS‐Patienten auch signifikant länger mit HIV infiziert (Tab. 2, S. 22). Hinsichtlich der Nicht‐Nucleosid‐Reverse‐
Transkriptase‐Inhibitoren (NNRTI) ergaben sich keine Unterschiede (Tab. 2, S. 22). Die HAART kann mit einer Langzeit‐Toxizität assoziiert sein, welche auch eine Vielfalt metabolischer Abnormalitäten umfasst ‐ namentlich Dyslipidämie, Fettumverteilung und IR (72). In der vorliegenden Untersuchung zeigten sich unerwartete Ergebnisse bei der Analyse der Zusammenhänge zwischen Einnahmedauer dieser antiretroviralen Medikamente und den Triglycerid‐, Cholesterin‐ und Glucosespiegeln. 60
Es wurde mehrfach bestätigt, dass eine PI‐Therapie zu Störungen des Lipid‐ und Glucosestoffwechsels führen kann (9, 18, 32, 52, 53, 86), auch wenn die PI laut Joly et al. diese Effekte nicht ohne weitere Faktoren haben (73). In der hier diskutierten Arbeit korrelierte die Höhe der Glucosespiegel nicht mit der Einnahmedauer der PI (S. 31). Für die Triglyceridspiegel konnte zwar eine stärkere, jedoch keine signifikante Korrelation zur PI‐Einnahmedauer gefunden werden (S. 31). Betrachtet man jedoch nicht die Höhe der jeweiligen Laborwerte, sondern ob erhöhte Lipid‐ oder Glucosespiegel vorliegen, ergaben sich deutliche Unterschiede (Tab. 9, S. 31‐32). HIV‐Infizierte mit Hyperglykämie oder mit Hypertriglyceridämie bekamen signifikant länger PI verordnet als Patienten ohne diese Stoffwechselveränderungen. Es kann festgehalten werden, dass die möglichen Nebenwirkungen der PI in der für diese Arbeit untersuchten Population offenbar nicht so ausgeprägt waren wie in anderen Studien. Für die NRTI wurden in der vorliegenden Untersuchung keine Auswirkungen auf die Triglycerid‐ oder Glucosespiegel festgestellt (Tab. 9, S. 31‐32), obwohl gezeigt werden konnte, dass diese Präparate mitochondriale Funktionen von Adipozyten und Myozyten stören (24, 52, 114), zu Lipoatrophie (52) und indirekt zu IR (31, 140) führen können. Eine Erklärung für die weniger ausgeprägten Nebenwirkungen der HAART bei den für diese Arbeit untersuchten Patienten könnte sein, dass zu Beginn einer Störungen des Stoffwechselprofils auf andere Präparate einer HAART ausgewichen wurde. Denn nicht alle verfügbaren antiretroviralen Medikamente können in gleichem Ausmaß für veränderte Blutwerte verantwortlich gemacht werden. In früheren Untersuchungen wurde unter den NRTI das Stavudine, besonders in Kombination mit Didanosine, mit Lipoatrophie in Verbindung gebracht (33, 92). Abacavir‐
Lamivudine basierende Regimes waren jedoch, im Gegensatz zu Stavudine‐Didanosine basierten, signifikant weniger mit Lipoatrophie und IR assoziiert (133). Und auch ein Wechsel von Zidovudine‐Lamivudine zu Tenofovir‐Emtricitabine war mit einer Verbesserung des Lipidstoffwechsels verbunden (43). Es wurde gezeigt, dass die meisten PI, insbesondere Ritonavir, zu Dyslipidämie mit erhöhtem LDL und erhöhten Triglyceriden beitragen können (52, 85). Als Ausnahme gilt 61
hier Atazanavir (17). Bekanntermaßen haben die PI auch ungünstige Auswirkungen auf den Glucosestoffwechsel. Zwar sind die Ergebnisse für einige Präparate nicht einheitlich, doch es konnte gezeigt werden, dass insbesondere Indinavir, Lopinavir und Ritonavir eine IR induzieren können (104, 105). Der Gebrauch von Nelfinavir, Atazanavir, Saquinavir, Amprenavir und von Darunavir ist nicht mit pathologisch veränderten metabolischen Parametern assoziiert (34, 70, 101, 104, 135, 141). In Bezug auf die Stoffklasse der NNRTI wurde neben einer möglichen Hyperlipidämie (11, 52)
sehr wenig über Auswirkungen auf das Stoffwechselprofil berichtet. In dieser Arbeit wurde der Einfluss der drei gängigsten antiretroviral wirksamen Stoffklassen bewertet, sodass nicht zwischen den Auswirkungen einzelner Präparate differenziert werden konnte. Es herrscht Unklarheit darüber, ob die kumulative Einnahmedauer oder die aktuelle Einnahme von antiretroviralen Medikamenten bezüglich der Pathogenese von Stoffwechselstörungen im Vordergrund stehen. Die Autoren der DAD‐Studie fanden heraus, dass eine Dyslipidämie eher mit dem derzeitigen antiretrovirale Regime korrespondiert und weniger mit vorangegangener Exposition zu verschiedenen Stoffklassen (45), sodass die kumulative Medikation nicht unbedingt mit höheren Parametern des Fettstoffwechsels assoziiert sein könnte. Nair et al. hingegen berichten davon, dass Dyslipidämie (mit Erhöhung von LDL und Triglyceriden) bei PI‐Medikation abhängig von Dosis und Einnahmedauer ist (102). 4.3.3. Einfluss des Lipodystrophie‐Syndroms (LDS) Bei HIV‐infizierten mit metabolischem Syndrom wurde bei den für diese Arbeit untersuchten Patienten das LDS gehäuft gefunden (Tab. 2., S. 22). Angesichts der Ätiologie und Pathogenese, sowie der Ausprägungen dieser Fettverteilungsstörung zeigen sich deutliche Parallelen zum MetS (121). Nicht nur der Verlust peripherer Fettspeicher (61)
sondern auch die Zunahme zentralen und viszeralen Fetts (bauchbetonte Adipositas) ist pathogenetisch von Bedeutung (107)
. Pathologische Konzentrationen von Adiponectin, Leptin, TNF‐α, PAI‐1 und IL‐6 wie sie beim LDS 62
auftreten, sind auch mit Komponenten des MetS assoziiert (3, 29, 66, 87, 148). Das führt dazu, dass das LDS mit IR und mit Hypertriglyceridämie vergesellschaftet ist (47, 61, 107, 137)
. Daher war zu erwarten, dass das HIV‐assoziierte LDS auch in dieser Untersuchung mit signifikant höheren Triglycerid‐ und Glucosespiegeln assoziiert war (Tab. 6, S. 28). 4.3.4. Einfluss des Lebensalters Ein höheres Lebensalter führte in der vorliegenden Untersuchung zwar erkennbar, jedoch nicht signifikant, zu erhöhten Glucose‐ und Cholesterinwerten bei HIV‐positiven (S. 27). In früheren Arbeiten ist ein erhöhtes Risiko für eine IR bei höherem Alter gezeigt worden (52). Zudem wurde in dieser Arbeit keine Beziehung zwischen dem Lebensalter und der Höhe der Triglyceridspiegel dargestellt, auch wenn höheres Alter eine Lipoatrophie mit erhöhten Triglyceriden begünstigt (53, 137). Folgende Gründe könnten diesbezüglich relevant sein: Erstens könnten viele der untersuchten Patienten unabhängig vom Alter hohe Triglyceridspiegel haben. Zweitens könnten die Patienten im Mittel zu jung für den Einfluss des Faktors Lebensalter sein (Tab. 2, Abb. 5, S. 22‐
23). 4.3.5. Zusammenfassung: metabolisches Syndrom bei HIV‐Infektion Im Gegensatz zur Situation vor der Einführung der HAART, geraten bei HIV‐positiven in entwickelten Ländern vermehrt solche Krankheiten in den Fokus, die auch in der Allgemeinbevölkerung im Rahmen eines gesteigerten Wohlstandes und verlängerten Überlebens von zunehmend größerer Bedeutung sind. Das metabolische Syndrom ist diesbezüglich ein anschauliches Beispiel, da Bewegungsmangel sowie hochkalorische, ballaststoffarme, kohlenhydrat‐ und lipidreiche Ernährung die Entwicklung dieses Syndroms begünstigt (39)
. Das hat in den meisten Fällen Übergewicht zur Folge. Passend dazu wurde gezeigt, dass unangemessene diätetische Gewohnheiten (77), wenig Sport (74) und Rauchen (46) bei HIV‐Infizierten offenbar üblich sind. 63
Im Rahmen einer antiretroviral therapierten HIV‐Infektion kommen überdies weitere Risikofaktoren für Stoffwechselstörungen hinzu, von denen die Nebenwirkungen der HAART sowie die Infektion an sich von vielen Autoren als bedeutend eingestuft worden sind (71, 72, 87, 121). In der hier diskutierten Arbeit waren die Auswirkungen der antiretroviral wirksamen Präparate auf das Stoffwechselprofil nicht so ausgeprägt. Darüber hinaus konnte kein Zusammenhang zwischen den Surrogatmarkern der HIV‐
Infektion und pathologischen Triglycerid‐ oder Glucosespiegeln festgestellt werden. Ferner ist festzuhalten, dass die Patientenzahl dieser Untersuchung möglicherweise nicht groß genug war, um relevante Einflussgrößen zu identifizieren. Folglich ist die Ätiologie von Stoffwechselstörungen bei Patienten mit wenig‐
progredienter bzw. erfolgreich antiretroviral therapierter HIV‐Infektion mit derjenigen der nicht‐infizierten Bevölkerung zu vergleichen. Denn auch bei Patienten der hier untersuchten Kohorte standen pathologische Blutwerte vor allem mit Übergewicht in Zusammenhang. Wie in der Allgemeinbevölkerung ist auch bei HIV‐Infizierten gerade das Übergewicht ein wichtiger Risikofaktor für MetS (71). Das metabolische Syndrom ist ein bedeutender Risikofaktor für cardiovaskuläre Ereignisse wie ischämische Hirninsulte oder Myokardinfarkte (69). Das gilt auch für Menschen mit einer antiretroviral‐therapierten HIV‐Infektion (45, 53). Zwar sind die Mechanismen von vaskulären Erkrankungen bei HIV‐Infizierten nicht ausreichend bekannt, könnten aber durch die zentralen Komponenten des MetS ‐ namentlich Dyslipidämie, IR, Diabetes und Entzündung ‐ bedingt sein (53). Zusammenfassend ist das metabolische Syndrom auch bei mit HIV infizierten Patienten eine ernstzunehmende Erkrankung, die schwer wiegende Folgen nach sich ziehen kann. 4.4. Arterielle Hypertonie bei HIV‐Infizierten 4.4.1. Einfluss des metabolischen Syndroms Es war zu erwarten, dass auch in der für diese Arbeit untersuchten Population sowohl Patienten mit MetS als auch Hypertoniker ohne MetS höhere Blutdrücke als HIV‐
64
infizierte Kontrollen aufwiesen (Tab. 2, S. 22). Jedoch war der Blutdruck in der MetS‐
Gruppe deutlich höher als in der Hypertonie‐Gruppe (Tab. 2, S. 22). Ein wahrscheinlicher Grund dafür könnte sein, dass MetS‐Patienten auch signifikant höhere Werte bezüglich der Triglyceride und der Glucose, sowie bezüglich ihres Gewichts und ihres BMI hatten (Tab. 2, S. 22). Die Patienten der MetS‐Gruppe zeichneten sich also durch das Vorliegen mehrerer Stoffwechselstörungen aus. Darüber hinaus ist dieses Syndrom mit einem erhöhten Risiko für multiple Begleiterkrankungen wie KHK, ischämische Hirninsulte und der chronischen Nierenkrankheit (CKD) verbunden (21, 69)
. Möglicherweise hat das Vorliegen der zusätzlichen Faktoren des MetS zu einer Akzentuierung des hohen Blutdrucks bei Patienten der MetS‐Gruppe geführt. Wie in anderen Studien (21, 25, 48) korrelierten auch in dieser Arbeit die Höhe der Triglycerid‐, Cholesterin‐ und Glucosespiegel, sowie das Gewicht und der BMI mit der Höhe des Blutdrucks (Tab. 11/12, Abb. 13/14, S. 33‐35). Für die vorliegende Arbeit konnte nicht verglichen werden, ob und wie ausgeprägt sich die MetS‐Patienten von den Patienten der Hypertonie‐Gruppe hinsichtlich der Einnahme antihypertensiver Medikamente unterscheiden. Möglicherweise lässt sich dieses Ergebnis auch auf verschiedenste Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zurückführen. Dies konnte jedoch ebenso nicht untersucht werden. Dennoch waren in der Hypertoniegruppe die Spiegel der Triglyceride und des Cholesterins signifikant höher als bei Patienten der Kontrollgruppe (Tab. 2, S. 22). Betrachtet man Glucose, Gewicht und BMI, Lymphozytenwerte, Einnahmedauer antiretroviraler Medikamente unterschieden sich die Patienten der Hypertonie‐Gruppe allerdings nicht wesentlich von den Kontrollen (Tab. 2, S. 22). 4.4.2. Einfluss des Lipodystrophie‐Syndroms (LDS) Da sich das Lipodystrophie‐Syndrom und das metabolisches Syndrom hinsichtlich Ätiologie und Pathogenese ähneln (121), war die Frage nach Zusammenhängen zwischen dieser Fettverteilungsstörung und einer arteriellen Hypertonie von Bedeutung. Das LDS 65
war sowohl mit höheren systolischen wie auch mit höheren diastolischen Drücken assoziiert (Tab. 13, S. 35), was sich mit den Ergebnissen von Sattler et al. deckte (129). 4.4.3. Einfluss der Hypertonie‐Dauer In der vorliegenden Arbeit waren MetS‐Patienten länger an Bluthochdruck erkrankt als Patienten der Hypertonie‐Gruppe (Tab. 2, S. 22). In dieser Untersuchung konnte gezeigt werden, dass eine länger andauernde Hypertonie mit einer Verschlechterung der Blutdruckwerte einherging (Tab. 10, S. 32). Da Hypertonie als chronisch‐
progrediente Erkrankung gilt (26), konnte dieser Befund erwartet werden. 4.4.4. Einfluss des Lebensalters Trotz des im Mittel jungen Alters der für diese Arbeit untersuchten Patienten (Tab. 2, Abb. 5, S. 22‐23), zeigte sich eine Korrelation zwischen Lebensalter und erhöhtem systolischem Blutdruck (Tab. 10, Abb. 12, S. 32‐33). Dies ist mit Publikationen über arterielle Hypertonie im Rahmen einer HIV‐Infektion vereinbar (75, 130). Auch in der Allgemeinbevölkerung gilt höheres Alter als Risikofaktor für Bluthochdruck (20). 4.4.5. Einfluss der HIV‐Infektion Eine Assoziation zwischen fallenden CD4‐Zellzahlen und Bluthochdruck wurde in der Literatur unterschiedlich bewertet: Während Crane et al. eine solche Assoziation bestätigten (25), kamen Jung et al. und Bergersen et al. zu anderen Schlüssen (12, 75). Auch in dieser Arbeit standen weder die Surrogatmarker der HIV‐Infektion (Gesamt‐
Lymphozytenzahl, CD4‐Zellzahl und Viruslast) noch die Infektionsdauer oder das Vorliegen von AIDS mit der Höhe des Blutdrucks in Zusammenhang (S. 36). Folglich 66
kann ein Zusammenhang zwischen dem Fortschreiten der HIV‐Infektion und arterieller Hypertonie durch die vorliegende Arbeit nicht bestätigt werden. 4.4.6. Einfluss der hoch‐aktiven antiretroviralen Therapie (HAART) Die Einnahmedauer der der NRTI, NNRTI oder PI korrelierte nicht mit der Höhe des Blutdrucks (S. 36). Die Ergebnisse in der Literatur sind diesbezüglich nicht einheitlich (25)
, auch wenn eine große prospektive Studie mit über 5000 HIV‐Positiven eine Assoziation zwischen antiretroviraler Therapie und Hypertonie zeigen konnte (130). Während Bluthochdruck bei HIV‐Infizierten vor Einführung der HAART selten war, suggerieren einige Arbeiten, dass jüngere HIV‐Patienten ein höheres Risiko für Hypertonie haben als die Allgemeinbevölkerung (48, 75, 129). Dies ist vor allem dann der Fall, wenn ein PI Teil der HAART ist (48, 75, 129). Allerdings sind andere metabolischen Störungen wie IR oder das metabolische Syndrom weitaus bedeutsamer bezüglich der Ätiologie der arteriellen Hypertonie (48, 129)
. Es erscheint fragwürdig, dass eine antiretrovirale Therapie signifikante direkte Einflüsse auf den Blutdruck hat (75). 4.4.7. Einfluss des Nikotinkonsums Interessanterweise waren der systolische und der diastolische Blutdruck bei Rauchern niedriger im Vergleich zu Nicht‐Rauchern (Tab. 14, S. 36). Es wurde gezeigt, dass eine umgekehrte Situation die Regel ist (26), auch bei HIV‐positiven (130). Möglicherweise ist dieses Ergebnis dadurch zu erklären, dass die untersuchten Patienten jünger waren als in den vergleichbaren Studien, dass die anderen Einflussfaktoren wie Höhe der Triglyceride, Gewicht und Lebensalter verglichen mit Nikotinkonsum von stärkerem Einfluss waren oder, dass die untersuchte Population zu klein war. 67
4.5. Nierenfunktion bei HIV‐Infizierten Bezüglich der geschätzten GFR (eGFR) konnte beim Vergleich der drei Gruppen in der vorliegenden Arbeit kein signifikanter Unterschied festgestellt werden (Tab. 15, S. 39‐
40). Die eGFR der MetS‐ und der Hypertonie‐Gruppe lagen zwar niedriger als in der Kontrollgruppe, aber mit >95 ml/min/1,73m² noch oberhalb des als pathologisch eingestuften Bereichs (103) (Tab. 1, S. 19). Bedingt durch das Auftreten von Proteinurie, waren chronische Nierenerkrankungen (CKD) zwar in allen Gruppen prävalent (Abb. 17, S. 41), jedoch wurden 97% der CKD bei den MetS‐Patienten als Stadium 1 oder 2 klassifiziert. In den anderen beiden Gruppen waren 100% der Patienten betroffen von einer CKD im Stadium 1 oder 2. Dieses steht in Einklang mit der Annahme, dass Proteinurie häufig vor einer Reduktion der glomerulären Filtrationsrate (GFR) auftritt (36, 103)
. Folglich lag auch bei den für diese Arbeit untersuchten Patienten eine gering ausgeprägte CKD vor. Diese war nicht gekennzeichnet durch eine Störung der Entgiftungsleistung, sondern durch pathologische Proteinurie. Die Patienten der drei Studiengruppen unterschieden sich auch bezüglich der im Beobachtungszeitraum leicht gesunkenen Kreatininspiegel nicht nennenswert (Tab. 16 und 17, Abb. 16, S. 39‐40). Ein Ansteigen der Kreatininspiegel kann mit einer fortschreitenden Infektion in Zusammenhang stehen, da gezeigt wurde, dass fallende CD4‐Zellzahlen mit einer verschlechterten Nierenfunktion einhergehen können (57 ‐ 59, 138)
. In dieser Arbeit konnte nun gezeigt werden, dass eine gut behandelte HIV‐
Infektion bzw. eine höhere Anzahl an CD4‐Lymphozyten eine verbesserte Nierenfunktion mit fallenden Kreatininwerten zur Folge haben kann. Eine pathologische Proteinausscheidung gemessen im Teststreifen stand nur in Zusammenhang mit Hyperglykämie und mit Hypertriglyceridämie (Tab. 25 und 27, S. 46 und 48). Als Primär‐Diagnostik einer Proteinurie sind die Urin‐Teststreifen zwar akzeptabel, weil sie eine hohe Spezifität mit wenig falsch‐positiven Ergebnissen vorweisen, doch sie sind auf Grund ihrer geringen Sensitivität nicht geeignet, um eine Proteinurie zu Beginn einer CKD aufzudecken (103). Daher, sowie anhand der Daten dieser Arbeit, ist die Teststreifen‐Diagnostik bei wenig‐progredienter HIV‐Infektion nicht dienlich eine chronische Nierenerkrankung zu erkennen. 68
Die Konzentration der Gesamtproteine ist ein unspezifischer wie ungenauer Marker einer hauptsächlich glomerulären Proteinurie, und die Bestimmung ist kein Hinweis für eine noch nicht entdeckte glomeruläre Proteinurie (113)
. Nur bei sehr hoher Ausscheidung (> 500 bis 1000 mg/g Kreatinin) ist das Bestimmen des Gesamtproteins anstelle des Albumins akzeptabel (36). 4.5.1. Einfluss des metabolischen Syndroms In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass antiretroviral therapierte HIV‐positive Patienten mit metabolischem Syndrom eine signifikant erhöhte Albumin‐Ausscheidung im Spoturin haben. Der mittlere Albumin‐Kreatinin‐Quotient war 3,7‐fach höher als bei Patienten der Hypertonie‐ und der Kontrollgruppe (Tab. 15, Abb. 15, S. 37‐39). Die Albuminurie lag bis auf eine Ausnahme im Bereich der Mikro‐Albuminurie vor (30 ‐ 300 mg/g). Verbunden mit niedrig‐normalen eGFR‐Werten sowie nicht‐pathologischem Serum‐Kreatinin spricht dies bei hypertensiver oder diabetischer Nephropathie für eine beginnende CKD (103, 36). Bei weniger ausgeprägten glomerulären Erkrankungen mit selektiver Proteinurie tritt insbesondere Albumin (Molekulargewicht 69kD) im Urin auf (27). MetS‐Patienten wiesen gegenüber Kontrollen 6,3‐fach erhöhte Odds für eine glomeruläre Proteinurie auf (S. 37), was dieses Ergebnis weiter hervorhebt. Überdies war der Kreatinin‐Quotient des α 1 ‐Mikroglobulins im Urin bei Patienten der Gruppe „MetS“ erhöht (Tab. 15, Abb. 15, S. 37‐39). Diese kleinen Proteine (33kD) passieren gewöhnlich die glomeruläre Basalmembran, um dann im tubulären System aktiv reabsorbiert zu werden und gelten als Marker der Tubulus‐Funktion (113)
. Hinsichtlich einer tubulären Proteinurie war die Erhöhung des Risikos (Odds Ratio) im Vergleich zu der Kontrollgruppe jedoch nicht signifikant (S. 37). Bezüglich der IgG‐Kreatinin‐Ratio (Tab. 15, Abb. 15, S. 37‐39) bestanden keine nennenswerten Unterschiede. IgG ist ein größeres Protein (150 kD) als Albumin und Marker für eine nicht‐selektive glomeruläre Proteinurie (27, 113). Daher spricht eine große Menge dieses Proteins im Urin vor allem für einen ausgeprägten Verlust der strukturellen Integrität und Selektivität des glomerulären Filters, sowie für eine fortgeschrittene CKD (27, 113). Bei noch ausgeprägteren Störungen erreichen sehr große 69
Proteine wie das α 2 ‐Makroglobulin (720kD) das Tubuluslumen, auch wenn diese Proteine sonst vor allem bei post‐renalen Läsionen im Urin erscheinen (27, 113). In dieser Arbeit zeigte sich bei keinem der untersuchten Patienten der Studiengruppen eine α 2 ‐
Makroglobulinurie (nicht in einer Tabelle dargestellt). Laut d’Amico et al. (27) liegen glomerulären Nierenerkrankungen mit pathologischer Proteinurie folgende Mechanismen zu Grunde: Erhöhte Ladung und Permeabilität der glomerulären Barriere haben ein Durchlassen von Albumin und Proteinen höheren Molekulargewichts (z.B. IgG) in das Tubuluslumen zur Folge. In Folge der großen luminalen Proteinmenge kommt es zu Störung der Reabsoprtion aller Proteine ‐ auch solcher mit niedrigerem Molekulargewicht (z.B. α 1 ‐Mikroglobulin) (27)
. Eine große Menge an Proteinen mit höherem Molekulargewicht im Tubuluslumen führt zu einer fortgeschrittenen Schädigung des Epithels sowie zur Aktivierung von Zytokinen und Wachstumsfaktoren, was die Entwicklung einer interstitiellen Fibrose fördert (27). In der vorliegenden Arbeit hatten Patienten mit MetS verglichen mit Patienten der Kontrollgruppe 13,7‐fach erhöhte Odds für eine glomerulär‐tubuläre Proteinurie (S. 37). Diese erhöhte Odds Ratio betont die Risikoerhöhung für HIV‐positive mit MetS eine chronische Nierenerkrankung entwickeln zu können. 4.5.1.1.
Hyperglykämie und arterielle Hypertonie Hyperglykämie und Hypertonie kamen in der Gruppe „MetS“ zu 67% respektive 92% vor (Tab. 2, S. 22). Dass diese wichtigen cardiovaskulären Risikofaktoren nicht nur in der Allgemeinbevölkerung (21, 90, 91, 109)
sondern auch bei HIV‐positiven als die bedeutendsten Gründe für eine CKD eingestuft werden (57 ‐ 59, 138), unterstreicht die Bedeutung der Tatsache, dass die HIV‐Infizierten mit MetS in dieser Untersuchung vermehrt Proteine ausschieden. So waren die Höhe der Glucosespiegel, die Anzahl der Jahre mit Typ II‐Diabetes und das Vorhandensein einer IGT signifikant mit Proteinurie assoziiert. Für jedes Jahr mit Diabetes erhöhten sich die Protein‐Kreatinin‐Ratios deutlich (Tab. 23‐25, Abb. 20, S. 45‐46). Bluthochdruck kann bei HIV‐positiven zu Proteinurie führen (57 ‐ 59, 75, 138), auch wenn nicht geklärt werden konnte, ob dieser Effekt unabhängig von anderen 70
Einflussfaktoren ist. Erhöhte Blutdruckwerte sowie die längere Dauer einer Hypertonie waren mit vermehrter Proteinausscheidung assoziiert. Pro Jahr mit der Diagnose „Hypertonie“ waren ebenfalls Anstiege der Protein‐Kreatinin‐Quotienten erkennbar. Allerdings fielen diese geringer aus als bei Patienten mit Typ II‐Diabetes. (Tab. 20‐22, Abb. 19, S. 44‐44). Bezüglich der Ausscheidung der undifferenzierten Proteine und des IgG, ergaben sich keine Zusammenhänge. Das lässt darauf schließen, dass in dieser Arbeit der Einfluss erhöhten Blutdrucks zwar deutlich nachzuweisen ist, jedoch im Vergleich zur IGT geringer ausgeprägt ist. Denn eine pathologisch erhöhte Ausscheidung von Immunglobulins G ist ein Marker für nicht‐selektive Proteinurie bei fortgeschrittenem glomerulären Schaden (27). Darüber hinaus zeigten sich in dieser Arbeit überraschenderweise keine signifikanten Unterschiede beim Vergleich der Parameter der Nierenfunktion zwischen Hypertonie‐ und Kontrollgruppe (Tab. 15 und 16, Abb. 15, S. 37‐40). Bei den Hypertonikern waren Blutdruck, Triglyceride und Gesamt‐Cholesterin zwar höher als bei den mit HIV infizierten Kontrollen, jedoch deutlich niedriger als bei Patienten der MetS‐Gruppe (Tab. 2, S. 22). Der alleinige Einfluss der Hypertonie schien in dieser relativ jungen, und bezüglich ihrer HIV‐Infektion gut therapierten, Population zu schwach zu sein, um eine Nephropathie nach sich ziehen zu können. Das Vorliegen mehrerer Faktoren des MetS hatte eine Erhöhung des Blutdrucks zur Folge. Möglicherweise war der Blutdruck bei den einzelnen Individuen der Hypertonie‐Gruppe zu niedrig um zu renalen Schäden führen zu können. Dies könnte der Grund dafür sein, dass sich die Gruppe der Hypertonie‐
Patienten bezüglich der Proteinurie eher wie die Kontrollgruppe verhielt. Die weiteren Ergebnisse über die Einflüsse von Hyperglykämie und Hypertonie auf die Nierenfunktion waren in dieser Form zu erwarten, weil bekannt ist, dass sowohl die diabetische als auch die hypertensive Nephropathie mit erhöhter Eiweißausscheidung assoziiert ist (36). Darüber hinaus konnte in dieser Arbeit gezeigt werden, dass eine gestörte Glucosetoleranz und Bluthochdruck bei HIV‐Infizierten nicht nur zu einer glomerulären Proteinurie, sondern auch verstärkt zu einer tubulären Proteinurie führen konnte (Tab. 22 und 25, S. 44 und 46). Erstens lag das Ausmaß der Proteinurie 71
bei Patienten der MetS‐Gruppe im Mittel im pathologischen Bereich. Zweitens wird dies durch die beobachteten Zusammenhänge von Glucose‐ und Blutdruck‐Werten mit Parametern der Proteinurie unterstrichen. In der Allgemeinbevölkerung tritt eine Kombination aus glomelurärer Proteinurie (Albumin als Markerprotein) und tubulärer Proteinurie (α 1 ‐Mikroglobulin als Markerprotein) häufig bei diabetischer und hypertensiver Mikroangiopathie, sowie bei fortgeschrittener Nephropathie auf (113). In dieser Arbeit konnte nun gezeigt werden, dass dieses auch bei Patienten mit erfolgreich therapierter HIV‐Infektion der Fall ist. 4.5.1.2.
Dyslipidämie und Übergewicht Dyslipidämie sowie Adipositas gehören ebenfalls zu den Kriterien des metabolischen Syndroms. Es zeigten sich erkennbare Zusammenhänge zwischen erhöhten Triglyceriden und Proteinurie. Steigende Cholesterinspiegel standen in keinem Zusammenhängen zu vermehrter Ausscheidung von Proteinen (Tab. 26 und 27, Abb. 21, S. 47‐48). Daraus kann keine Kausalität abgeleitet werden. Der Einfluss erhöhter Triglyceride auf eine gestörte Nierenfunktion ist eher als indirekt anzusehen, da die Mechanismen renaler Lipotoxozität (146) noch nicht gut erforscht sind. Eine Fettstoffwechselstörung geht nicht nur mit IR und einem pro‐inflammatorischen Zustand einher, sondern ist auch selbst Teil einer komplexen Pathologie, die in der Allgemeinbevölkerung über gestörte Konzentrationen von Adiponectin, TNF‐α, Il‐6 und PAI‐1, sowie über andere Faktoren zu Nierenfunktionsstörungen führen kann (10, 14, 63, 96, 112, 123 ‐ 126, 148, 150). Bei HIV‐Infizierten ist eine Assoziation zwischen erhöhten Triglyceridspiegeln und pathologischer Protein‐Ausscheidung bisher nicht ausreichend untersucht worden, und auch Szczech et al. konnten keinen signifikanten Zusammenhang finden (138). Für die Allgemeinbevölkerung konnte die Hypertriglycderidämie jedoch mit einer CKD in Verbindung gebracht werden (21, 127). Hinsichtlich des Gewichts und des BMI ergaben sich in dieser Arbeit keine signifikanten Korrelationen mit dem Ausmaß der Proteinurie (Tab. 28, S. 48). Die Ergebnisse waren insofern überraschend, da die MetS‐Komponenten IGT, Hypertriglyceridämie und 72
Hypertonie in der vorliegenden Arbeit mit Übergewicht in Verbindung standen und diese jeweils mit pathologischer Proteinurie assoziiert waren. Folglich schienen die Höhe des Gewichts und des BMI bei HIV‐Infizierten in erster Linie mit Faktoren des MetS in Zusammenhang zu stehen. Darüber hinaus war der Einfluss auf die Parameter der Nierenfunktion nicht ausgeprägt genug. Dennoch konnte für die Allgemeinbevölkerung gezeigt werden, dass Übergewicht mit CKD in Verbindung steht (21, 67)
. Möglicherweise war die Population der vorliegenden Untersuchung zu klein, um direkte Auswirkungen eines erhöhten Gewichts oder eines erhöhten BMI auf die Parameter der Nierenfunktion nachweisen zu können. Eine Hypercholesterinämie konnte in dieser Arbeit nicht in Zusammenhang mit verstärkter Eiweißausscheidung gebracht werden (Tab. 26, S. 47). Dieser Befund steht in Einklang mit dem Ergebnis von Szczech et al. (138). 4.5.1.3.
Schlussfolgerung Das Vorliegen einer Proteinurie bei HIV‐infizierten sollte ernst genommen werden, da dieses eher ein Signal erhöhten cardiovaskulären Risikos sein könnte als ein Marker der HIV‐bedingten Nierenerkrankung (138). In der Allgemeinbevölkerung ist Albuminurie mit cardiovaskulären Erkrankungen und erhöhter Gesamt‐Mortalität assoziiert (50). Bei HIV‐Infizierten sagt eine Proteinurie eine Progression chronischer Nierenkrankheiten sowie das Auftreten neuer AIDS‐definierender Erkrankungen voraus und ist daher ebenfalls mit erhöhter Mortalität verbunden (58). Diese Aussage macht deutlich, wie groß der Stellenwert einer pathologischen Proteinurie bei Patienten mit einer HIV‐
Infektion sein kann. Daher sollte eine Proteinurie bei allen Patienten gründlich abgeklärt werden und zu therapeutischen Konsequenzen führen. 4.5.2. Einfluss des Lipodystrophie‐Syndroms (LDS) Patienten mit LDS hatten ein 4,3‐fach erhöhtes Risiko für eine glomerulär‐tubuläre Proteinurie verglichen mit Patienten ohne diese Fettverteilungsstörung (Tab. 29, S. 48‐
73
49). Auch die Protein‐Kreatinin‐Ratios waren im Vergleich höher, unterschieden sich jedoch nicht signifikant. Bisher brachten nur Sorli et al. das LDS mit einer Störung der Nierenfunktion in Verbindung (134). In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass ein LDS vermehrt bei MetS‐Patienten auftrat (Tab. 2, S. 22) und erhöhte Triglycerid‐ und Glucosespiegel zur Folge hatte (Tab. 6, S. 28). Ein Zusammenhang zwischen LDS und Proteinurie lag insofern nahe, da sich IR, MetS und das LDS hinsichtlich ihrer Pathogenese ähneln (107, 121). Darüber hinaus spielen viele der beteiligten Moleküle wie IL‐6, PAI‐1, Leptin und freie zirkulierende Fettsäuren (free fatty acids, FFA) auch bei der Assoziation zwischen Übergewicht und CKD eine Rolle (10, 112, 148, 150). Die Tatsache, dass keine signifikanten Zusammenhänge zwischen LDS und Proteinurie nachgewiesen werden konnten, sollte kritisch betrachtet werden, weil die pathogenetischen Zusammenhänge nahe liegen. Denn erstens waren nur 29 Patienten mit einem LDS in die Untersuchung eingeschlossen und zweitens zeigte sich eine nicht unerhebliche Streuung in der Proteinurie‐Diagnostik. In Untersuchungen mit größeren Fallzahlen sollte diesen Hinweisen erneut nachgegangen werden. 4.5.3. Einfluss der HIV‐Infektion Eine fortgeschrittene HIV‐Infektion kann nicht nur negative Auswirkungen auf das Stoffwechselprofil, sondern auch auf die Nierenfunktion haben. Denn das Vorliegen von niedrigen Lymphozytenzahlen war in mehreren Untersuchungen mit Proteinurie sowie mit einem erhöhten Risiko für eine chronische Nierenerkrankung assoziiert (57 ‐ 59, 75, 138)
. Das HI‐Virus kann Zellen der Niere direkt infizieren, und es lässt sich auch bei Patienten mit Viruslasten unterhalb der Nachweisgrenze virales Genom in Nierenzellen nachweisen (16). Die für diese Arbeit untersuchten Patienten waren gut antiretroviral behandelt. Wegen der niedrigen Viruslasten und guten Lymphozytenzahlen war es schwierig in dieser Arbeit einen statistischen Nachweis über Effekte der HIV‐Infektion auf die Parameter der Nierenfunktion zu erbringen. Ferner war auch in einer Arbeit von Sorli et al. die HIV‐Infektion an sich kein unabhängiger Risikofaktor für eine CKD (134)
. 74
Aus den Daten der vorliegenden Arbeit ergaben sich keine Zusammenhänge zwischen den Surrogatmarkern der HIV‐Infektion und dem Ausmaß der Proteinurie (S. 50). Zwar korrelierte die Infektionsdauer mit der Menge ausgeschiedener Proteine, doch zeigte sich nur bezüglich des α 1 ‐Mikroglobulin‐Kreatinin‐Quotienten eine ausreichende Signifikanz (Tab. 30 und 31, S. 49‐50). Das Vorliegen von AIDS ging mit einem signifikant erhöhten α 1 ‐Mikroglobulin‐Kreatinin‐Verhältnis einher (Tab. 32, S. 50). In dieser Untersuchung schien das Vorliegen einer fortgeschrittenen HIV‐Infektion also mehr Auswirkungen auf die Funktion der Nierentubuli zu haben. Gleichwohl waren die Odds für eine tubuläre Proteinurie bei Patienten, die am Vollbild AIDS erkrankt waren, nicht signifikant erhöht. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die HIV‐Infektion in dieser Arbeit keinen nachweisbaren Einfluss auf die Nierenfunktion hatte und in keiner nennenswerten Beziehung zur Proteinurie stand. Eine gestörte Glucostoleranz, Bluthochdruck, Übergewicht und Hypertriglyceridämie spielten diesbezüglich die entscheidende Rolle. Dennoch kann für diese Arbeit eine virale Beteiligung bei der Pathogenese der nachgewiesenen Proteinurie nicht ausgeschlossen werden.
4.5.4. Einfluss des Lebensalters Ein höheres Alter ist nicht nur in der Allgemeinbevölkerung (21, 91), sondern auch in HIV‐
Populationen mit eingeschränkter Nierenfunktion assoziiert (57, 58, 98, 151). Die Resultate dieser Arbeit deckten sich mit den genannten Ergebnissen, da die Höhe der Protein‐
Kreatinin‐Ratios deutlich mit dem Lebensalter korrelierte (Tab. 18, Abb. 18, S. 42), obwohl die Patienten der vorliegenden Untersuchung vergleichsweise jung waren (Tab. 2, Abb. 5, S. 22‐23). Die Anstiege der Proteinurie pro Lebensjahr (Tab. 19, S. 42) fielen jedoch geringer aus als die Mehrausscheidung pro Jahr bei Typ II‐Diabetes oder bei Hypertonie. Es ist mit den Mitteln dieser Arbeit nicht zu klären, ob das Alter an sich, oder ein damit verbundenes pathologisches Stoffwechselprofil zu verstärkter Proteinurie führte. 75
4.5.5. Einfluss des Nikotinkonsums Nikotinkonsum kann in der Allgemeinbevölkerung (21, 91) und bei HIV‐Infizierten (35, 147) zur Entwicklung einer CKD beitragen, und geht mit Albuminurie einher (65). In dieser Arbeit zeigten sich bei Rauchern jedoch nur ein signifikant erhöhter α 1 ‐Mikroglobulin‐
Kreatinin‐Quotient, sowie eine Odds Ratio von 3,7 bezüglich einer tubulären Proteinurie (Tab. 33, S. 50‐51). Erwähnenswert ist jedoch, dass in der vorliegenden Untersuchung „Nicht‐Rauchen“ mit erhöhten Blutdruckwerten einherging (Tab. 14, S. 38). Daher sollten auch die Aussagen bezüglich der Auswirkungen des Rauchens auf die Proteinurie kritisch betrachtet werden. 4.5.6. Einfluss cardiovaskulärer Ereignisse Bezüglich der Parameter der Proteinurie‐Diagnostik konnte in der vorliegenden Arbeit kein Unterschied festgestellt werden zwischen HIV‐Infizierten mit einem cardiovaskulären Ereignis in der Anamnese und solchen ohne (S. 51). Das ist in sofern überraschend, weil sich die chronische Nierenerkrankung bei HIV‐positiven bezüglich ihrer Ätiologie nicht wesentlich von der koronaren Herzkrankheit (KHK) unterscheidet, und auch hier Diabetes und Hypertonie wichtige Faktoren sind (53, 134). Wahrscheinliche Gründe für dieses Ergebnis könnten Folgende sein: das junge mittlere Alter der Population (Tab. 2, Abb. 5, S. 22‐23), die zu geringe Anzahl an Patienten mit einem ischämischen Insult oder einer KHK in der Vorgeschichte, und die Tatsache, dass die beobachteten renalen Veränderungen ‐ wenn präsent ‐ sich noch in einem frühen Stadium befanden. 4.5.7. Einfluss der hoch‐aktiven antiretroviralen Therapie (HAART) Die Einnahme des NRTI Tenofovir (TDF) wurde mit negativen Auswirkungen auf die Nierenfunktion in Verbindung gebracht (95, 119)
. Auch in dieser Arbeit führte die 76
Einnahme von TDF zu erhöhter tubulärer Proteinurie (Tab. 34, Abb. 22, S. 52‐53). Dieses Ergebnis ist erwähnenswert, da der Einfluss der kumulativen Einnahmedauer dieses Medikamentes untersucht wurde, und die negativen Folgen von TDF auf die Niere bisher eher als akut beschrieben worden sind (119). 4.5.8. Einfluss einer Hepatitis C‐Koinfektion Auch eine HCV‐Koinfektion kann zu pathologischen Nierenveränderungen beitragen (42, 151, 159)
. Deren Auswirkungen wurden in der vorliegenden Arbeit nicht untersucht. Somit kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine mögliche Hepatitis C‐Infektion als Störvariable aufgetreten sein könnte. 4.6. Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte dieser Arbeit Fortschreiten der HIV‐Infektion 1. Im Mittel war die HIV‐Infektion im untersuchten Patientengut wenig‐progredient. Dies ist zurückzuführen auf: sukzessives Absinken der Viruslasten auf ein niedriges Niveau, sukzessiven Anstieg der CD4‐Zellzahlen auf ein hohes Niveau. Es ist anzunehmen, dass dies durch konsequente antiretrovirale Therapie und gute Compliance bedingt ist. Metabolisches Syndrom 2. Das Vorliegen einer HIV‐Infektion an sich hat für die Pathogenese des MetS keine Bedeutung. 3. Die kumulative Einnahmedauer eines NRTI korrelierte nicht mit dem Vorliegen eines pathologischen Stoffwechselprofils. Bezüglich der Einnahmedauer der PI bestand jedoch eine Assoziation zu Hypertriglyceridämie und zu Hyperglykämie. Die Nebenwirkungen der NRTI und PI auf den Triglycerid‐ und Glucosestoffwechsel 77
waren weniger ausgeprägt als zuvor publiziert. Die verschiedenen antiretroviralen Substanzen haben unterschiedliche Bedeutung für den Lipid‐ und Glucose‐
Stoffwechsel. Möglicherweise ist bei den für diese Studie untersuchten Patienten zu Beginn einer Stoffwechselstörung ein Wechsel des antiretroviral wirksamen Präparats vorgenommen worden. 4. Das LDS trat gehäuft bei MetS‐Patienten auf. Arterielle Hypertonie 5. Bluthochdruck korrelierte mit folgenden Parametern: mit erhöhten Triglycerid‐ und Glucosespiegeln, erhöhtem Gewicht und BMI, mit LDS und mit höherem Lebensalter. 6. In der MetS‐Gruppe war ein hoher Blutdruck nicht per definition ausgeschlossen. Die Patienten der MetS‐Gruppe hatten höhere Blutdrücke als die Patienten der Hypertonie‐Gruppe. Möglicherweise ist das Vorliegen mehrerer Stoffwechselstörungen bei den Patienten der MetS‐Gruppe Ursache für die Akzentuierung des hohen Blutdrucks bei diesen Patienten. Nierenfunktion 7. Eine chronische Nierenerkrankung (CKD) lag in allen drei Gruppen vor. Diese war jedoch jeweils nur gering ausgeprägt und fand ihren Ausdruck nicht in einer Störung der Entgiftungsleistung, sondern in einer Proteinurie. 8. Vor allem die Faktoren Hyperglykämie und arterielle Hypertonie standen bei HIV‐
Infizierten eindeutig mit einer pathologischen Proteinurie in Zusammenhang. MetS‐Patienten wiesen nicht nur höhere Albumin‐ und α 1 ‐Mikroglobulin‐Kreatinin‐
Verhältnisse, sondern auch eine signifikante Erhöhung des Risikos für eine glomeruläre sowie für eine glomerulär‐tubuläre Proteinurie auf. 9. Es bestand keine Beziehung zwischen dem alleinigen Vorliegen einer arteriellen Hypertonie ohne weitere Risikofaktoren und pathologischen Parametern der Nierenfunktion. Die Blutdrücke der Patienten in der Hypertonie‐Gruppe waren 78
möglicherweise nicht ausreichend hoch, um für eine Schädigung der Nieren ursächlich zu sein. 10. Das Vorliegen eines LDS war mit einer Erhöhung des Risikos für eine glomerulär‐
tubuläre Proteinurie assoziiert. 11. Die HIV‐Infektion an sich war nicht mit einer pathologischen Nierenfunktion oder Proteinurie assoziiert. Aus den Daten dieser Arbeit ist also zu schließen, dass die Summe verschiedener Faktoren für die Entwicklung einer pathologischen Proteinurie verantwortlich war. Die Proteinurie der für diese Arbeit untersuchten Patienten war daher multifaktoriell bedingt. 79
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Lebenslauf 96
97
Danksagung Zuerst möchte ich mich herzlich bei Herrn Prof. Dr. Gert Gabriëls für die Überlassung des Dissertationsthemas, die hervorragende Betreuung, die konstruktive Kritik und all die guten Tipps bedanken. Herrn PD Dr. Detlef Lang gilt ebenfalls besonderer Dank für die Übernahme des Zweitgutachtens. Zudem möchte ich mich bei Dr. Nani Osada dafür bedanken, dass ich mich bei Fragen zur statistischen Auswertung stets an sie wenden konnte. Des Weiteren bedanke ich mich bei Dr. Doris Reichelt und bei Dr. Ute Grüneberg für die Betreuung der HIV‐positiven Patienten, sowie für das Anordnen verschiedener diagnostischer Tests, ohne die diese Dissertation nicht möglich geworden wäre. Schließlich möchte ich mich bei Andrea Schroers, Gerrit Frommeyer, Reiner Lübeck und meinen Eltern Bärbel und Jürgen Meier bedanken für Kritik und Anregungen, persönliche Unterstützung, allgemeine Ratschläge und für das Korrekturlesen. 
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