Besetzung TROUBLE IN TAHITI oper in einem akt und sieben szenen Text und Musik von Leonard Bernstein – Marc Blitzstein gewidmet – TROUBLE IN TAHITI von Leonard Bernstein Uraufführung 12. Juni 1952, Aula der Brandeis Universität in Waltham/Massachusetts 1984 integriert in „A quiet place“ Text von Stephen Wadsworth; Musik von Leonrad Bernstein BLUE MONDAY (135 Street) th oper in einem akt Text von Buddy de Sylva Musik von George Gershwin Premiere 10. APRIL 2010 im kleinen haus Dinah Almuth Herbst Sam, ihr Ehemann Charles E.J. Moulton Jazz-Trio: Girl Christa Platzer Boy 1 Jeffery Krueger Boy 2 Michael Dahmen BLUE MONDAY (135th Street) von George Gershwin Uraufführung 28. August 1922, Broadway Ein Projekt des MiR-Jugend-Orchester Aufführungsdauer CA. 1 STD. 40 MIN. eine pause Sängerin | Vi Almuth Herbst Sänger 1, ihr Ehemann | Joe Jeffery Krueger Sänger 2, ihr Liebhaber | Tom Charles E.J. Moulton Sam Michael Dahmen Mike, Aufnahmeleiter Alexander Poetsch Impressum HEFT-NR. 26 Herausgeber Musiktheater im Revier GmbH 09.10 generalIntendant Michael Schulz Geschäftsführer Dieter kükenhöner Redaktion juliane schunke Gestaltung Wedeldesign.Foto Druck Makossa Druck & Medien GmbH Gelsenkirchen AUFFÜHRUNGSRECHTE Trouble in Tahiti: Boosey & Hawkes · Bote & Bock GmbH, Berlin; Blue Monday: die Aufführungsrechte liegen bei der Gershwin® Family Bildnachweis INSZENIERUNGSFOTOS VON PEDRO MALINOWSKI / Lena terlisten Textnachweis David Ewen: George Gershwin, München 1988; Andreas Jaensch: Leonard Bernsteins Musiktheater, Kassel 2003; Hanspeter Krellmann: George Gershwin, Hamburg 1988 Inhalt Trouble in Tahiti musikalische Leitung Clemens Jüngling Inszenierung Carsten Kirchmeier Bühne und Kostüme Beata Kornatowska choreografiemarika carena Dramaturgie Juliane Schunke Licht Helmut Justus Dinah und Sam wohnen in einem schönen weißen Reihenhaus in der Vorstadt. Trotz ihrer guten Lebenssituation sind sie unglücklich, haben sich auseinander gelebt. Sie reden kaum noch miteinander und wenn, dann aneinander vorbei oder sie streiten: Wer kümmert sich um das gemeinsame Kind, wer bemüht sich um das gemeinsame Leben und so weiter und so weiter… Schon beim Frühstück diskutieren sie wieder und Sam ist froh, dass er ins Büro muss. Dinah sucht derweil ihren Psychiater auf, dem sie ihr Herz ausschüttet. In der Mittagspause begegnen sie sich zufällig, wollen aber beide vermeiden, miteinander essen gehen zu müssen und erfinden eine Ausrede. Sie erinnern sich an ihr Kennen lernen und die Liebe, die sie einst verband. Beide wollen dahin zurück, wissen aber nicht (mehr), wie das geht. Sam geht zu seinem Handballspiel und Dinah geht ins Kino: „Trouble in Tahiti“ heißt der Film, der sie in seiner Kitschigkeit zuerst abschreckt und dann doch die Sehnsucht nach romantischer Liebe in ihr weckt. Am Abend sitzen sie wieder in der Küche, wollen eigentlich reden. Doch das Gespräch beginnt zu eskalieren und, um nicht wieder streiten zu müssen, gehen sie ins Kino, in „Trouble in Tahiti“. musikalische Studienleitung Annette Reifig musikalische Einstudierung Clemens Jüngling Regieassistenz | Inspizienz | Abendspielleitung Gerda Levers Soufflage Ariane Peleikis Projektleitung MJO Judith Malkowski Bühnenbildhospitanz Daniela Sülwold Dramaturgie- und Regiehospitanz Astrid Meier Technische Vorstände Technischer Direktor Michael Merckel Bühneninspektor | Bühnenmeister christoph kreutzer licht Jürgen Rudolph Ton Dieter Butterweck | Stefan Hauswald | Dirk Lansing Requisite THORSTEN BÖNING Kostüm Andreas Meyer maske Petr Pavlas Ausstattungswerkstätten Andrea GieSSelmann Malsaal Andrea Borowiak Schreinerei Heinrich Schmidt Dekoration Peter Adamski Schlosserei Mario Schmidt Es spielt das MiR-Jugend-Orchester mit musikalischem Coaching der Neuen Philharmonie Westfalen Das Fotografieren sowie Ton-, Video- und Filmaufnahmen während der Vorstellung sind aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet. almuth herbst charles e.j. moulton | almuth herbst charles e.j. moulton | almuth herbst Blue Monday Eine Gruppe von Sängern trifft sich an einem Montag im Tonstudio, um „Blue Monday“* von George Gershwin aufzunehmen. Diese Geschichte um Liebe, Eifersucht und ein fatales Missverständnis, das zu einem Mord aus Leidenschaft führt, ist der Situation der Künstler nicht ganz unähnlich: Die Sängerin der weiblichen Hauptfigur Vi ist mit dem Sänger des Joe verheiratet und unglücklich in dieser Ehe: Er schlägt sie. Sie beschließt, mit ihrem Liebhaber, der ebenfalls an den Tonaufnahmen beteiligt ist, durchzubrennen. Aber sie haben die Rechnung ohne den misstrauischen Ehemann gemacht: Dieser heuert Sam, einen Kollegen, der immer chronisch pleite ist, gegen viel Geld an, seiner Frau nachzuspionieren. Und tatsächlich findet Sam, der die Wohnungsschlüssel des Liebhabers an sich gebracht hat, in dessen Haus die gepackten Koffer der beiden und Flugtickets. Nachdem der Ehemann das erfahren hat, beschließt er Rache zu nehmen… * Vi ist mit dem Spieler Joe liiert, aber auch Tom ist in Vi verliebt. Als er zufällig ein Gespräch belauscht, in dem Joe davon erzählt, ohne Vi in den Süden zu seiner Mutter zurückzugehen, wittert Tom seine Chance. Joe wartet auf ein Telegramm. Er will Vi von seiner Abreise nichts erzählen, denn sie würde ihn zurückhalten. Tom erzählt Vi, dass Joe Nachricht von einer anderen Frau erwartet. Vi glaubt Tom und erschießt Joe. Erst danach erfährt sie, dass das Telegramm von Joes Schwester ist… mir-jugend-orchester Zuhause am MiR In dieser Spielzeit geht das MiR-Jugend-Orchester in seine zweite Runde. Wieder haben sich junge Musikerinnen und Musiker zusammengefunden, um für vier Vorstellungen ein echtes Opernorchester zu sein. Dabei gehen ihnen die Opernklänge und Jazzrhythmen von Leonard Bernstein und George Gershwin sichtlich ins Blut. Und obwohl sich Orchestermusiker während der Vorstellung eigentlich nicht umdrehen dürfen, um zu sehen, was hinter ihnen auf der Bühne geschieht, haben sie in diesem Jahr eine ganz besondere Funktion. Denn sie begleiten im Graben und auf der Bühne sitzend in „Trouble in Tahiti“ nicht nur den Ehezwist von Dinah und Sam, sondern werden in „Blue Monday“ selbst zum Darsteller und „spielen“ das Aufnahme-Orchester im Tonstudio. Das MiR-Jugend-Orchester ist bereits zu einem festen Bestandteil des Musiktheaters geworden und wenn sich die Nachwuchstalente in der nächsten Spielzeit wieder treffen, sitzen dann schon lauter „alte Hasen“ im Graben des Kleinen Hauses. michael dahmen | charles e.j.moulton | almuth hebst | jeffery krueger | alexander poetsch Das MiR-Jugend-orchester 1. Geige Natalie Bolinski | Marie-Claire Delarber | Malte Waag 2. Geige Ann-Christin Gericke | Maxime Shakir | Christina Zejewski Viola hannah dommann | finja Tillmann | lioba Werner | Frauke Wielebski Cello helena bartel | Alexandra Espey | Felicia Hamza | Inga Anne Sander Kontrabass Santiago Cavanagh | Moritz wedekind Querflöte Sarah Jeske Querflöte | Piccolo Nina Yao 1. Oboe Clara Geuchen 2. Oboe Lubomir Pechakov Englischhorn Ulla Hampe 1. Klarinette Julia Graebe 2. Klarinette Philipp Schönnenbeck Bassklarinette Katharina Mittag 1. Fagott Ermal Jaho 2. Fagott Johanna Voss 1. Horn Thorben Gruber 2. Horn Maria Schönnenbeck Saxophon Benjamin Sander Trompete nina bühn | Hendrik Gruber 1. Posaune ina gölzenleuchter 2. Posaune Matthias Stennes Tuba Finja Tillmann Harfe Daniela Reimann Klavier Liyang Sheng Schlagzeug Adrian kels | Philip Timpe Blue Monday nannten Zeitopern um dieses Genre sehr verdient gemacht. Die Zeitoper griff Themen des Alltags auf und integrierte sie in ein kurzes dramatisches Gerüst. Für „Trouble in Tahiti“ standen biografische Eindrücke Bernsteins Pate. So ist es nur logisch, dass der Komponist gleichzeitig sein eigener Librettist war. Im Stück verarbeitete er den unlösbaren Konflikt einer Ehe, die sich im Laufe der Zeit in ein Nebeneinanderher-leben aufgelöst hat und beide Partner vergessen haben, wie das Miteinander funktioniert. Hier zeigen sich Parallelen zur wenig glücklichen Ehe von Bernsteins Eltern. Sein Vater Samuel (Sam!) war ein erfolgreicher Geschäftsmann, für den seine Firma und die jüdischen Traditionen oberste Priorität hatten, Bernsteins Mutter Jennie (Bernstein verwendet im Stück den Namen seiner Großmutter väterlicherseits Dinah) „Diese Oper wird noch in hundert Jahren nachgeahmt werden.“ (Zeitungskritik nach der Uraufführung) michael dahmen | jeffery krueger Eine amerikanische Oper? charles e. j. moulton | michael dahmen | christa platzer | jeffery krueger Trouble in Tahiti …fürwahr! Leonard Bernstein wählte einen möglichst exotischen und fern jeder Realität liegenden Titel für seinen Operneinakter von 1952. Er betonte damit die große inhaltliche Kluft zwischen der romantischen und völlig absurden Handlung des gleichnamigen Films und der trostlosen Lebens- und Gefühlswelt des Ehepaars Dinah und Sam, deren einsames Ringen um ein bisschen Glück sich tatsächlich hinter dem Titel „Trouble in Tahiti“ verbirgt. Bernstein wollte in den 50er Jahren seine Karriere als Dirigent zugunsten des Komponierens aufgeben und sich im Amerika der Revueshows und Musicals der Kreation einer originär amerikanischen Oper widmen. „Trouble in Tahiti“ ist Bernsteins erster Versuch in diese Richtung und entstand, als Bernstein gerade an der Brandeis University in Waltham unterrichtete. Formal orientierte er sich an den Einaktern der 1920er Jahre solcher Kollegen wie Paul Hindemith, Ernst Krenek und Kurt Weill. Vor allem Weill hatte sich mit so ge- war dagegen ein stark gefühlsbetonter Mensch. Mit der Zeit führte diese unterschiedliche Veranlagung zu starker Entfremdung, die vor allem die Kinder zu spüren bekamen. In der Oper baute Bernstein zusätzlich ein kommentierendes Element, ein Jazz-Trio ein. Schon mit der Bezeichnung ist die musikalische Ausrichtung dieses verkleinerten griechischen Chores klar festgelegt. Und im locker-leichten Ton jazziger Rhythmen offenbaren die drei über die Nichtkonversation der beiden Hauptdarsteller hinweg ganz deutlich die Kluft zwischen dem Wunschtraum vom glücklichen Leben in der Vorstadt und der Gefühlskälte, die sich oft hinter dem „amerikanischen Traum“ verbirgt. Bernstein integrierte das fünfundvierzigminütige Werk 1984 in eine weitere (seine insgesamt zweite) Oper „A quiet place“, worin die Eheszenen zwischen Dinah und Sam Erinnerungen des alten Sam an das Leben mit der inzwischen verstorbenen Dinah darstellen. Ob Bernstein selbst seinem Anspruch an eine amerikanische Oper näher gekommen ist, ist nicht überliefert, seine Kritiker jedoch waren sich in dem Urteil einig, Bernstein habe mit „Trouble in Tahiti“, der musikalischen Verbindung von Elementen der Oper mit den Jazzklängen des Trios und der kleinen Orchesterbesetzung ganz klar eine „amerikanische Kammeroper“ geschaffen. „niemals aufhören zu lächeln“ (regieanweisung Bernsteins für das jazztrio) George Gershwin dagegen, erfolgreicher amerikanischer Komponist und Songschreiber der 20er und 30er, der den Jazz salonfähig machte, hatte gar nicht explizit geplant, die Form einer amerikanischen Oper aus der Taufe zu heben und es mit „Blue Monday“ doch – und noch 30 Jahre vor Leonard Bernstein – getan. Das einaktige Stück war ursprünglich als Beitrag für die jährlich stattfindenden „George White Scandals“, einer mit Songs und Tanznummern versehenen Revue in New York, geplant. Der Librettist Buddy de Sylva und Gershwin, beide große Anhänger der schwarzen Blues- und Ragmusik, hatten schon eine Weile über eine Oper mit einer Schwarzen-Thematik in der typischen „Blackface“-Manier nachgedacht. „Blue Monday“ war die erste ihrer Art und die Form der Oper mit ihrer Gesangsform und der akkuraten Trennung zwischen Rezitativ und Gesangsnummer war eine charles e.j. moulton | almuth herbst große Herausforderung für die bis dahin in der freien Form des Jazz singenden Künstler der Uraufführung vom 28. August 1922 (übrigens ein Montag). Der Organisator George White hielt nicht nur die Form, sondern auch die Handlung – eine Frau zwischen zwei Männern und ein Mord aus Leidenschaft – für ein großes Wagnis, war es doch per se schon zu schwermütig für das amüsiersüchtige Publikum. So stimmte er der Aufführung erst drei Wochen vor der Premiere endgültig zu. 26 Mit „Blue Monday“ machte Gershwin, der seit 1920 als Komponist und Songschreiber für die „Scandals“ engagiert war, seine ersten Erfahrungen in der dramatischen Form der Oper. Er kombinierte Opernelemente mit Jazzklängen und dem aus der Volksliedkunst der Schwarzen stammenden Rag. Innerhalb von fünf Tagen schrieben und komponierten de Sylva und Gershwin die Geschichte der schönen Vi und ihres Geliebten Joe. Das Ganze sollte in einem kleinen Trouble in Tahiti | Blue Monday Leonard Bernstein | George Gershwin charles e.j. moulton Café in der Nähe der 135. Straße in New York spielen und ähnlich wie in Ruggero Leoncavallos „Il Bajazzo“ von einem handlungsübergreifenden Monolog der Hauptfigur über das nun zu präsentierende Theaterstück und dessen schon vorweggenommene Moral eingeleitet werden. Der Titel war Ausdruck der Melancholie der handelnden Personen, des Heimwehs nach dem Süden und dem Wunsch nach einer bedingungslosen Liebe. Nur Sam, Kellner in jenem Café, weiß, dass Montage immer Tage sind, an denen diese Melancholie die Menschen überempfindlich und unzurechnungsfähig macht, man besser zu Hause bleibt und nichts tut… „Blue Monday“ gilt als die erste genuin amerikanische Oper, die eine Handlung aus dem amerikanischen Leben zeigte. Gershwin wagte damit ein musikalisches Experiment, dessen Fortführung ihm 1935 mit „Porgy and Bess“ zu Weltruhm gereichen sollte. juliane schunke