Grundlagen der Quantentheorie Franz Embacher Institut fur Theoretische Physik WS 2002/3 1 Quantenmechanischer Formalismus fur QubitSysteme Qubit-Systeme stellen die \kleinsten" nichttrivialen Quantensysteme dar. Sie werden durch einen zweidimensionalen Hilbertraum beschrieben. Fur sie nehmen die Grundzuge des quantenmechanischen Formalismus eine mathematisch recht einfache Form an. Die im Folgenden mit * bezeichneten Abschnitte bezeichnen weiterfuhrende Themen und konnen ohne Verlust des Zusammenhangs ubersprungen werden. Hilbertraum Die Quantenzustande eines Qubits werden durch zweidimensionale Vektoren mit komplexen Komponenten, d.h. durch Objekte der Form1 a b j i ! (1.1) beschrieben, wobei a und b komplexe Zahlen sind. Die Menge all dieser Vektoren wird als C2 bezeichnet. Auf ihr ist ein inneres Produkt (Skalarprodukt) deniert. Fur zwei Elemente ! ! a c j i = b ; ji = d (1.2) 1 Wir verwenden hier die so genannte Diracsche \Bra-Ket-Schreibweise" (von englisch bracket = Klammer), in der Zustandsvektoren als \Kets" j:::i geschrieben werden. 1 ist es durch h ji = a c + b d (1.3) gegeben2 . Ist h ji = 0, so nennen wir j i und ji zueinander orthogonal. Weiters hat das innere Produkt die Eigenschaft, dass h j i = a a + b b jaj2 + jbj2 (1.4) immer reell und 0 ist. Ein Vektor, fur den h j i = 1 ist, heit normiert. Das innere Produkt ist nicht symmetrisch, sondern erfullt h ji = hj i. Zweidimensionale komplexe Vektoren konnen komponentenweise addiert und mit (komplexen) Skalaren multipliziert werden. Formal ausgedruckt ist C2 ein (komplexer) Vektorraum mit einem inneren Produkt { man spricht auch von einem Hilbertraum. Dieses mathematische Konzept lat sich in Form des Cn auf hohere Dimensionen ausdehnen und (mit ein bisschen mehr Muhe) auch auf den unendlichdimensionalen Fall verallgemeinern. (Die Dimension des Hilbertraums, der einem quantenmechanischen System zugeordnet ist, kann etwas salopp als die \Zahl der klassischen Zustande" bezeichnet werden. Daher ist etwa fur die Beschreibung des Elektrons im elektrischen Feld eines Protons ein unendlichdimensionaler Hilbertraum notig). In vielen quantenmechanischen Berechnungen tritt der komplexe Charakter der Zustandsvektoren nicht augenfallig in Erscheinung. In diesen Fallen kann der Hilbertraum C2 wie der (mit dem ublichen Skalarprodukt ausgestattete) IR2 , die Menge der reellen zweidimensionalen Vektoren, behandelt (und vorgestellt) werden. h j, ein \Bra", kann verstanden werden als \bilde das innere Produkt mit j i". Das ist aquivalent dazu, h j als den zu j i \hermitisch konjugierten" Zeilenvektor zu betrachten: Ist j i durch (1.1) gegeben, so wird 2 Das Objekt h j= ; a ; b deniert, wodurch das innere Produkt (1.3) als Multiplikation der entsprechenden Matrizen ; h ji = a ; b c = ac + bd d dargestellt werden kann. 2 Zustande Der Zustand eines Qubits wird durch ein normiertes Element des Hilbertraums charakterisiert3, das wir als Zustandsvektor oder (in Anlehnung an die Bezeichnungweise bei groeren Systemen) als Wellenfunktion bezeichnen. Umgekehrt beschreibt jedes Element des Hilbertraums einen moglichen Zustand des QubitSystems4 . Die Tatsache, dass die Zustandsvektoren in einem Vektorraum leben, wird auch als Superpositionsprinzip bezeichnet. Sind j 1 i und j 2 i Zustandsvektoren, so beschreibt jede Linearkombination5 c1j 1 i + c2j 2 i (1.5) nach entsprechender Normierung einen moglichen Zustand. Sind j 1i und j 2i zudem orthogonal zueinander, so stellen j +i = p1 j 1i + j 2 i (1.6) 2 (1.7) j ;i = p12 j 1i ; j 2i zwei Beispiele fur (normierte) Superpositionen dar. (U bungsaufgabe: Unter der Voraussetzung h 1j 1 i = h 2 j 2i = 1 und h 1 j 2i = 0 nachrechnen, dass h +j +i = h ;j ;i = 1 und h +j ;i = 0 gilt!) Messung Betrachten wir eine Anordnung zur Messung6 einer physikalischen Groe des Systems. In einem Qubit-System sind lediglich zwei verschiedene Messresultate moglich { wir bezeichnen sie symbolisch als ~ und }. Sie konnen Zahlenwerten oder einfach logischen Alternativen (\ja"/\nein") entsprechen { darauf kommt es zunachst nicht an! Wichtig ist nun das folgende 3 Genau genommen gibt es einen allgemeineren Zustandbegri, den der gemischen Zustande. Ein Zustand, der als Element des Hilbertraums dargestellt werden kann, heit reiner Zustand. 4 Um genau zu sein: zwei Zustandsvektoren, die durch Multiplikation mit einer Phase (d.h. einer komplexen Zahl vom Betrag 1) auseinander hervorgehen, beschreiben denselben Zustand. 5 Dabei durfen c1 und c2 beliebige komplexe Zahlen sein, die nicht beide 0 sind. 6 Genau genommen sprechen wir hier von idealen oder von Neumann-Messungen. Es gibt einen allgemeineren Begri von Messung, der mit dem unaussprechlichen Kurzel POVM bezeichnet wird. 3 Postulat 1: Jedem der beiden moglichen Messausgange wird ein Zustandsvektor zugeordnet. Die derart zugeordneten Zustandsvektoren sind zueinander orthogonal. Wir bezeichnen die beiden zugeordneten Vektoren als j~i und j}i. Als Zustandsvektoren sind sie normiert (h~j~i = h}j}i = 1), und die Bedingung der Orthogonalitat verlangt, dass h~j}i = 0 ist. Mit anderen Worten: fj~i; j}ig ist eine Orthonormalbasis des Hilbertraums { wir konnen sie Messbasis nennen. Die Messanordnung wird durch sie charakterisiert. Die Logik des quantenmechanischen Messprozesses wird dann folgendermaen formalisiert: Postulat 2: Ist das System im Zustand j i, so sind die Wahrscheinlichkeiten fur die beiden Messausgange ~ und } durch w~ = jh~j ij2 (1.8) 2 w} = jh}j ij (1.9) gegeben. Postulat 3: In welchem Zustand das System nach der Messung7 ist, hangt vom Ausgang der Messung ab: { War das Messresultat ~, so ist das System danach im Zustand j~i. { War das Messresultat }, so ist das System danach im Zustand j}i. Wiederholte Messungen mit derselben Anordnung ergeben also immer dasselbe Resultat. Der ursprungliche Zustand j i ist \ausgeloscht". (Dieses \Ausgeloschtwerden" wird auch als Kollaps der Wellenfunktion bezeichnet). Aus Postulat 2 folgt, welcher Art die beiden Zustande j~i und j}i sind: Ist das System zu Beginn im Zustand j~i, d.h. ist j i = j~i, so ist w~ = jh~j~ij2 = 1 und w} = jh}j~ij2 = 0. In diesem Fall ergibt die Messung mit Sicherheit das Resultat ~. Analog ist das Resultat immer }, wenn sich das System zu Beginn im Zustand j}i bendet. Die beiden Zustandsvektoren j~i und j}i entsprechen 7 Diese Aussage wird auch als \Projektionspostulat" bezeichnet. Dabei wird angenommen, dass das System durch die Messung nicht zerstort worden ist. 4 vorab feststehenden Messausgangen, und wir konnen sie als die Eigenzustande der betreenden Messanordnung bezeichen8 . Die ublichen Redeweisen uber den Messprozess muten auf den ersten Blick etwas unlogisch an: Eine Messung wird manchmal als Frage \Bist du im Zustand j~i oder im Zustand j}i?" formuliert. Dabei ist aber wichtig, dass der Zustand j i des Systems vor der Messung weder j~i noch j}i zu sein braucht. Wird ein System etwa \im Zustand j~i gefunden", so ist damit gemeint, dass es nach der Messung im Zustand j~i ist, d.h. dass das Messresultat ~ war. Das System wird durch die Messanordnung gezwungen, eine der beiden Alternative j~i oder j}i \auszuwahlen", egal, in welchem Zustand es vorher war. Von j i hangen lediglich die Wahrscheinlichkeiten fur das Eintreten der beiden Alternativen ab. Postulat 2, d.h. die Zuordnung der Wahrscheinlichkeiten (1.8) { (1.9), wird manchmal auch in einer anderen Weise ausgedruckt: Wird der Zustandsvektor j i in die Messbasis entwickelt, j i = a j~i + b j}i ; (1.10) so konnen die hier auftretenden Koezienten als a = h~j i; b = h}j i (1.11) bestimmt werden9 . Damit wird w~ = jaj2; w} = jbj2 : (1.12) Wir erkennen daran, dass sich die Wahrscheinlichkeiten dank der Normierung von j i { siehe (1.4) { zu 1 aufsummieren. Damit ist sichergestellt, dass die Zuschreibung von Wahrscheinlichkeiten mathematisch konsistent ist10. Es ergibt sich hier auch eine schone geometrische Interpretation: Wird davon abgesehen, dass a und b komplex sind, so reduziert sich die Aussage a2 + b2 = 1 auf 8 Mathematische Erganzung: Die beiden Zustande sind die einzigen, fur die der Ausgang der Messung bereits feststeht. Das lat sich leicht beweisen: Soll etwa ein j i gefunden werden, fur das = 1 und w} = 0 ist, so sagt uns (1.9) sofort, dass j i zu j}i orthogonal ist. Da unser Hilbertraum zweidimensional ist, folgt, dass j i zu j~i parallel sein muss (d.h. bis auf einen Phasenfaktor mit ihm ubereinstimmt). 9 Beweis: h~j i = ah~j~i + bh~j}i = a und h}j i = ah}j~i + bh}j}i = b, wobei die Orthonormalitat der Messbasis verwendet wird 10 Dieses Argument zeigt auch, warum die Quadrate in (1.8) { (1.9) bzw. (1.12) notwendig sind. w~ 5 den Pythagoraischen Lehrsatz fur die Komponenten eines Einheitsvektors im IR2. Die Wahrscheinlichkeiten sind dann die Quadrate der Langen der Projektionen von j i auf die Vektoren der Messbasis. Sind beide Koezienten a und b ungleich 0, so besitzt der Zustandsvektor j i gema (1.10) \Anteile" sowohl von j~i als auch von j}i, und der Messausgang ist ungewiss. In diesem Fall spricht man von quantenmechanischer Unscharfe. Standardbasis Erinnern wir uns, dass die Elemente des Hilbertraums eines Qubit-Systems komplexe zweikomponentige Vektoren sind. Damit konnen wir eine Orthonormalbasis, die sich zum Rechnen besonders gut eignet, auszeichnen, die so genannte Standardbasis: ! ! 1 0 j0i = 0 ; j1i = 1 : (1.13) Ein beliebiges Element des Hilbertraums kann leicht durch sie ausgedruckt werden: ! a j i = b = a j0i + b j1i: (1.14) Die Einfuhrung der Standardbasis erlaubt es, Elemente des Hilbertraums wahlweise als \konkrete" zweikomponentige Vektoren oder als \abstrakte" Linearkombinationen der Standardbasis zu betrachten. Berechnungen (etwa von inneren Produkten11 ) konnen dann wahlweise in der Komponentenschreibweise oder durch Manipulation der Objekte j0i und j1i ausgefuhrt werden, wobei im zweiten Fall lediglich die Orthonormalitat der Standardasis bedacht werden muss: h0j0i = h1j1i = 1, h0j1i = 0. Wollen wir nun verschiedene Messanordnungen betrachten, so konnen wir deren Eigenvektoren durch die Standardbasis ausdrucken. Wir bleiben bei unserer Notation, die beiden Messausgange und die zugeordneten Elemente der Messbasis mit den Symbolen ~ und } zu bezeichnen, geben ihnen aber zur besseren Unterscheidbarkeit zusatzliche Indizes. Wir wollen einige Beispiele betrachten: 11 Der zu (1.14) gehorende \Bra" ist h j = a h0j + b h1j, damit sich das innere Produkt (1.3) durch einfaches Nebeneinanderschreiben eines \Bras" und eines \Kets" ergibt. 6 Eine Messung in der Standardbasis ist klarerweise durch das Paar j~st i = j0i; j}st i = j1i (1.15) charakterisiert. Ein Beispiel fur eine Messung in einer anderen Basis12 ist durch j~H i = p1 j0i + j1i ; j}H i = p1 j0i ; j1i (1.16) 2 2 deniert. Es wird in der Quanteninformation haug verwendet. Zusammen mit (1.15) haben wir hier ein Modell fur zwei Messungen (genauer: zwei verschiedene Messanordnungen), die, wie oft formuliert wird, \einander ausschlieen": Es gibt keinen Zustandsvektor, fur den sich die Ausgange beider Messungen mit Sicherheit voraussagen lassen. Ist beispielsweise j i = j0i, so ist das Resultat der Messung (1.15) mit Sicherheit ~st , aber in der Messung (1.16) sind die Wahrscheinlichkeiten fur beide moglichen Ausgange ungleich 0 (namlich 1=2). Allgemeiner13 konnen wir die durch j~ i = cos j0i + sin j1i; j} i = sin j0i ; cos j1i (1.17) denierte Familie von Messbasen betrachten, wobei ein beliebiger Winkel ist. (U bungsaufgabe: Nachrechnen, dass die beiden eine Orthonormalbasis bilden! Wie konnen sie im Rahmen des IR2 geometrisch dargestellt werden?) Wird von 0 weg erhoht, so ist bei = 180 die Ausgangssituation (bis auf eine physikalisch irrelevante Vorzeichenumkehr des zweiten Basisvektors) wiederhergestellt. Bereits vorher, bei = 90, sind die Basisvektoren im Vergleich zu = 0 (wieder bis auf ein irrelevantes Vorzeichen) lediglich vertauscht, wodurch sich der physikalisch relevante Bereich als 0 < 90 (oder, wenn man lieber will, als ;45 < 45) ergibt. 12 Sie geht aus der Standardbasis durch eine so genannte Hadamard-Transformation hervor, daher der Index \H ". 13 Geometrisch ist es schoner, in (1.16) und (1.17) den jeweils zweiten Basisvektor in sein Negatives zu verwandeln, formal ist es schoner, die Formeln so zu belassen, wie sie hier stehen. Physikalisch ist beides gleichwertig. 7 Als letztes Beispiel fur eine Messbasis erwahnen wir j~ci = p12 j0i + ij1i ; j}ci = p12 j0i ; ij1i : (1.18) Glucklicherweise kann man den quantenmechanischen Formalismus so aufbauen, dass derartige Superpositionen { die nicht-reelle Koezienten enthalten { selten auftreten. Was bedeutet was? Was bedeuten diese mathematischen Objekte nun physikalisch? Das hangt vom betrachteten System ab. Wir wollen drei Systeme erwahnen: Abstraktes ElektronenSystem Spin Polarisation des Photons j0i j "i (spin up) j1i j #i (spin down) jV i (vertikal polarisiert) Messg i. d. Standardb. Atomares System jH i (horizontal polarisiert) Grundzustand Stern-Gerlach Polarisator erster angeregter Zustand Messg. d. Energie Mathematisch gesehen konnen j0i j "i jH i und j1i j #i jV i identiziert werden; die verschiedenen Bezeichnungen deuten lediglich an, ob an ein konkretes physikalisches System gedacht wird und an welches. Bei der Identizierung konkreter physikalischer Situationen konnen die Koordinaten-Achsen, auf die sich die Bezeichnungen \up", \down", \horizontal" und \vertikal" beziehen, frei gewahlt werden. Von besonderem Interesse sind Messanordnungen, die nicht der Standardbasis entsprechen. Die allgemeinste Messanordnung, deren Eigenbasis sich mit reellen Koezienten durch die Standardbasis ausdrucken lat, ist durch (1.17) gegeben. Fur = 45 ergibt sich (1.16) als Spezialfall. Was bedeuten diese Basen physikalisch? Das hangt wieder vom betrachteten System ab. 8 Elektronenspin: Die Bezeichnungen \spin up" und \spin down" werden ublicherweise auf die z-Achse bezogen. j "i reprasentiert einen Zustand, der in einem Stern-GerlachExperiment mit in positive z-Richtung weisendem Magnetfeld mit Sicherheit das Resultat \Spinkomponente in Magnetfeldrichtung ist positiv" (h=2) ergibt, und j #i reprasentiert einen Zustand, der im selben Experiment mit Sicherheit das Resultat \Spinkomponente in Magnetfeldrichtung ist negativ" (;h =2) ergibt. Als Messbasis (1.15) interpretiert, entspricht die Standardbasis also einer Stern-GerlachAnordnung mit in die positive z-Richtung weisendem Magnetfeld (d.h. der Messung der z-Komponente des Spins). Nun wahlen wir eine weitere, dazu orthogonale raumliche Richtung. U blicherweise wird dazu die x-Achse herangezogen (wobei es dann bequem ist, die raumliche Bewegung des Elektrons in die y-Richtung zu legen). Die entsprechende Messbasis (1.16) wird ublicherweise in der Form j !i = p12 j "i + j #i ; j i = p12 j "i ; j #i (1.19) angeschrieben (wobei ~H mit ! und }H mit identiziert wird). Sie entspricht einer Stern-Gerlach-Anordnung mit in die positive x-Richtung weisendem Magnetfeld. Die Verallgemeinerung dessen, die Basis (1.17), reprasentiert dann eine Messung mit Magnetfeld in der xz-Ebene, und zwar um den Winkel = 2 von der z- hin zur x-Richtung gedreht14 . Nun konnen wir Wahrscheinlichkeiten fur Messresultate berechnen. Sei etwa das System im Zustand j i = j "i prapariert. Wenn das Elektron in eine um den Winkel zur z-Achse verdrehte Stern-Gerlach-Apparatur geschickt wird { die dafur zustandige Eigenbasis ist (1.17) mit = =2 {, so ist die Wahrscheinlichkeit, die Spinkomponente in diese neue Richtung positiv zu nden (Ergebnis ~ ) durch cos2(=2) und die Wahrscheinlichkeit, die Spinkomponente negativ zu nden (Ergebnis } ) durch sin2 (=2) gegeben. 14 Man beachte den Faktor 2! Wird \im Hilbertraum um den Winkel gedreht", so entspricht das einer Drehung der Messapparatur im pyhsikalischen Raum um den Winkel 2. Das hangt damit zusammen, dass das Elektron ein Spin-1/2-Teilchen ist. 9 Fur = 90, was der Basis (1.19) entspricht, sind beide Wahrscheinlichkeiten gleich 1=2. Diese Ergebnisse sind die eigentliche Essenz des Spin-1/2-Systems. Bei = 180 weist Magnetfeld in die negative z{Richtung, was einfach einer Vertauschung der Vektoren der Standardbasis entspricht. Das impliziert beispielsweise, dass an einem Elektron im Zustand j "i bei umgedrehtem Magnetfeld mit Sicherheit eine negative Spin-Komponenten gemessen wird. Obwohl sich erst bei = 360 die Ausgangssituation wieder einstellt, ergibt sich ab = 180 nichts physikalisch Neues. Polarisation des Photons: Die Bezeichnungen \horizontal" und \vertikal" werden auf eine beliebige Achse bezogen, die orthogonal zur Bewegungsrichtung des Photons steht und bezeichnen Polarisatorstellungen. Die Standardbasis bezieht sich auf einen horizontal gestellten Polarisator: Im Zustand jH i kommt das Photon mit Sicherheit durch, im Zustand jV i wird es mit Sicherheit absorbiert. Der Polarisator darf nun in der zur Bewegungsrichtung orthogonalen Ebene gedreht werden (wobei ein Drehsinn als positiv festgelegt wird). Die Basis (1.16) entspricht dann einer Anordnung, in der die Polarisatorstellungen um 45 gedreht sind, und die Basis (1.17) entspricht einer um den Winkel gedrehte Anordnung15 . Nun konnen wir wieder Wahrscheinlichkeiten fur Messresultate berechnen. Ist das System etwa im Zustand j i = jH i prapariert, und trit das Photon auf einen um den Winkel gedrehten Polarisator, so ist die Wahrscheinlichkeit furs Durchkommen (Ergebnis ~ ) durch cos2 und die Wahrscheinlichkeit furs Absorbiertwerden (Ergebnis } ) durch sin2 gegeben. Fur = 45, was der Basis (1.16) { mathematisch auch (1.19) { entspricht, sind beide Wahrscheinlichkeiten gleich 1=2. Diese Ergebnisse sind die eigentliche Essenz des Polarisations-Systems. Sie konnen | ganz ohne mathematischen Formalismus { auch anders hergeleitet (oder zumindest motiviert) werden, und zwar aus einer Verbindung des klassischen Elektromagnetismus fur Polarisatoren mit dem 15 Interessanterweise tritt hier { im Gesensatz zu den Spinmessungen am Elektron | kein Faktor 2 auf: Wird \im Hilbertraum um den Winkel gedreht", so entspricht das auch einer Drehung der Mess-Apparatur im pyhsikalischen Raum um den Winkel . Das hangt damit zusammen, dass das Photon ein Spin-1-Teilchen ist. 10 Photonenbegri und einem Schuss \Quantenhypothese". Fur Unterrichtszwecke ist dieses System daher moglicherweise das geeignetste. Fur = 90 ergibt sich gerade eine Vertauschung der Vektoren der Standardbasis. Das impliziert beispielsweise, dass ein Photon im Zustand jH i mit Sicherheit von einem vertikal gestellten Polarisator absorbiert wird. Obwohl sich erst bei = 180 die Ausgangssituation wieder einstellt, ergibt sich ab = 90 nichts physikalisch Neues. Atomares System: Hier haben die Basen (1.16) und (1.17) keine anschauliche Bedeutung (sie sind ja U berlagerungen von Zustanden mit verschiedener Energie) und konnen nicht durch einfache Drehungen der Messapparatur realisiert werden. Kurz zusammengefasst: die drei Systeme sind mathematisch aquivalent (sie werden ja durch einen einheitlichen \abstrakten" Formalismus beschrieben), die mathematischen Objekte konnen aber physikalisch verschieden interpretiert werden. Grundsatzfragen lassen sich sehr schon am abstrakten Level diskutieren, wobei bei Bedarf zur Illustration eines der konkreten Systeme herangezogen werden kann. Observable und Operatoren Observable sind Messgroen, die, klassisch betrachtet, konkrete (numerische) Werte haben, wie zum Beispiel der Ort, der Impuls, die Spin-Komponente in zRichtung, die Spin-Komponente in x-Richtung, usw. Da Observable gemessen werden, konnen sie mit Messanordnungen identiziert werden. In einer klassischen Theorie ist diese Identizierung nicht so wichtig, da jede Observable einen bestimmten (\scharfen", d.h. mit Sicherheit voraussagbaren) Wert hat, der als \objektive" Eigenschaft des Zustands, in dem sich das System bendet, interpretiert werden kann. Eine Messung dient dann lediglich dazu, diesen (bereits vorher feststehenden) Wert zu erfahren. Wir besprechen nun zwei Konzepte: das der quantenmechanischen Observable und das des einer Observable zugeordneten Operators. Observable*: 11 In der Quantentheorie ist das, wie wir bereits formuliert haben, anders: das Verhalten unter einer Messung kann nur dann mit Sicherheit vorausgesagt werden, wenn sich das System in einem Eigenzustand dieser Messung bendet. Wo stecken nun die \Messgroen", von denen bisher nicht die Rede war, in unserem Formalismus? Im Qubit-System ist diese Frage leicht beantwortet: Eine physikalische Observable entsteht, indem jedem moglichen Messausgang (~ und }) eine Zahl (der \Messwert") zugeordnet wird. Betrachten wir als Beispiel die Messung in der Standard-Basis (1.15): Ist das Resultat der Messung ~st , so wollen wir ihr den Zahlenwert 1 zuordnen, ist das Resultat der Messung }st , so wollen wir ihr den Zahlenwert ;1 zuordnen. Diese Zuordnungen denieren eine Observable, die man ublicherweise als 3 bezeichnet. Anstatt zu sagen \Das Messresultat der Messung war ~st " konnen wir auch sagen \Es wurde die Observable 3 gemessen, und das Resultat war 1". Eine Observable (eines Qubit-Systems) ist daher nicht anderes als eine Messanordnung (dargestellt durch eine Messbasis) zusammen mit einer Belegung der moglichen Messausgange mit Zahlenwerten. Auf die konkreten zugeordneten Zahlen kommt es dabei nicht an { wichtig ist nur, dass sie voneinander verschieden sind. Operatoren*: Es gibt eine praktische Methode, die in einer Observable steckende Information in kompakter Form anzuschreiben. Nehmen wir das oben behandelte Beispiel der Observablen 3 . Sie wird auf folgende Weise zu einem mathematischen Objekt gemacht: 3 = j0ih0j ; j1ih1j : (1.20) Dieses Objekt lat sich nach einem simplen \Baukastensystem" auf Zustandvektoren \anwenden". Beispielsweise ist16 3 j0i = j0ih0j0i ; j1ih1j0i = j0i (1.21) 16 Das zeigt den praktischen Vorteil der Diracschen Bra-Ket-Schreibweise: Wann immer ein \Bra" h:::j und ein \Ket" j:::i zusammenstoen, ist ein inneres Produkt gemeint. Ganz allgemein kann 3 j i f ur jedes Element j i des Hilbertraums gebildet werden. 12 und 3 j1i = j0ih0j1i ; j1ih1j1i = ;j1i : (1.22) Es handelt sich hier um einen linearen Operator, und gema (1.21) und (1.22) sind die Vektoren der Standardbasis seine Eigenvektoren (zu den Eigenwerten 1). Alternativ zu (1.20) kann 3 in der Komponentenschreibweise auch als Matrix 3 = 10 ;01 ! (1.23) angeschrieben werden. Seine Wirkung auf ein Element des Hilbertraums (wenn dieses als komplexer zweikomponentiger Vektor aufgefasst wird) ist dann mit Hilfe der Matrixmultiplikation zu ermitteln. Im Elektron-System wird dieser Operator (bis auf einen Faktor) mit einer Komponente des Spins identiziert: S3 = h2 3 = h2 (j0ih0j ; j1ih1j) (1.24) ist jener Operator, der die Observable \Spinkomponente in z-Richtung" darstellt. Seine Eigenvektoren sind die Elemente der Standardbasis, und seine Eigenwerte sind h =2, und das sind genau die moglichen Messwerte. In analoger Weise sind die Operatoren 1 = j0ih1j + j1ih0j (1.25) 2 = i (j1ih0j ; j0ih1j) (1.26) fur die Spinkomponenten in x und y-Richtung zustandig, und ihre Matrizendarstellungen lauten 1 = 2 = ! 0 1 1 0 ! 0 i : ;i 0 (1.27) (1.28) (1.23) und (1.27) { (1.28) sind die Paulischen Spinmatrizen, und sie werden auch als x , y und z bezeichnet. Es lat sich leicht nachrechnen, dass die Elemente der Messbasis (1.16) { mathematisch dasselbe wie (1.19) { Eigenvektoren von 1 (zu 13 den Eigenwerten 1) sind. (U bungsaufgabe!) Der Operator fur die Messung der Spinkomponente in eine beliebige raumliche Richtung ~n (mit ~n2 = 1) ist durch (h=2) ~n~ gegeben, wobei ~n~ = nxx + ny y + nz z (1.29) ist17. Ganz allgemein kann jeder Observable ein linearer Operator zugeordnet werden18 . Mit diesem Konzept stellt sich die Logik des Messvorgangs in einem Qubit-System19 so dar: Ist A der einer Observable (Messanordnung) zugeordnete Operator, so besteht die Messbasis gerade aus den Eigenvektoren von A, und die moglichen Messwerte sind die zugehorigen Eigenwerte. Die Wahrscheinlichkeiten sind { siehe (1.8) und (1.9) { durch innere Produkte mit den Vektoren der Messbasis gegeben. Das Konzept des Operators fasst also nur kompakt zusammen, was wir ohnehin bereits formuliert haben. Es ist ein nutzliches Hilfsmittel, aber { zumindest im Qubit-System { nicht unbedingt notwendig. Nachbemerkung zu groeren Systemen* Der Groteil des bisher besprochenen Formalismus kann fur Systeme, die durch Hilbertraume hoherer Dimensionen dargestellt werden, ubernommen werden. Allerdings ist dabei eine Sache zu beachten: Die Zahl der moglichen Ausgange der Messung einer Observable ist nie groer als die Dimension des Hilbertraums20, kann aber kleiner sein. Dadurch ist der Begri der Messbasis nicht mehr das optimale Mittel, um die Logik des Messvorgangs zu beschreiben. Betrachten wir zwei Beispiele in einem dreidimensionalen Hilbertraum: 17 Hier sehen wir auch, warum wir die Bewegung des Elektrons in y -Richtung angenommen haben: In den Operatoren fur die Spinkomponenten orthogonal zur Bewegungsrichtung treten dann nur reelle Zahlen auf! 18 Umgekehrt eignen sich nur hermitische Operatoren dazu, Observable darzustellen. Ein linearer Operator ist hermitisch, wenn seine Eigenvektoren eine Basis (die Messbasis) bilden und seine Eigenwerte (die Messwerte) reel sind. Theoretisch sind damit auch Vielfache des Einheitsoperators zugelassen. Fur diese sind aber die beiden Eigenwerte gleich und konnen daher nicht zwischen zwei Alternativen unterscheiden { bei diesen Operatoren handelt es sich um \triviale" Observable, bei denen es nichts zu messen gibt. 19 In groeren Systemen muss man ein bisschen aufpassen { da ist unser bisheriger Formalismus noch nicht allgemein genug. Siehe den nachsten Abschnitt. 20 Das trit genau genommen nur auf ideale Messungen zu, nicht aber auf ihre Verallgemeinerungen, die POVMs. 14 Eine Messung, die drei mogliche Ausgange zulasst, sei charakterisiert durch die Basiselemente j~i, j}i und ji (die paarweise zueinander orthogonal sein mussen). Auf diese Art von Messungen kann der bisherige Formalismus in naturlicher Weise verallgemeinert werden. So ist beispielsweise die Wahrscheinlichkeit, den Messausgang zu nden, durch w = jhj ij2 gegeben. Ordnet man den drei Ausgangen die Zahlenwerte 1, 2 und 3 zu, und ist die Messbasis gleichzeitig die Standardbasis, so wird der zugehorige Operator in Matrixschreibweise als 0 1 1 0 0 A = B@ 0 2 0 CA (1.30) 0 0 3 dargestellt. Eine andere Situation ergibt sich aber, wenn dieselbe Basis verwendet, die ersten beiden Messausgange (~ und }) aber nicht voneinander unterschieden werden konnen. Dann gibt es nur zwei mogliche Messresultate, namlich \~ oder }" und { die Messung ist \grober" als zuvor. Die Wahrscheinlichkeit fur den ersten Ausgang ist durch w~ oder } = jh~j ij2 + jh}j ij2 ; (1.31) die fur den zweiten durch w = jhj ij2 (1.32) gegeben. Ordnet man den zwei Ausgangen die Zahlenwerte 1 und 2 zu, und ist die Messbasis gleichzeitig die Standardbasis, so wird der zugehorige Operator in Matrixschreibweise als 0 1 1 0 0 B = B@ 0 1 0 CA (1.33) 0 0 2 dargestellt. Er besitzt nur zwei Eigenwerte (1 und 2), und die Eigenvektoren zum Eigenwert 1 sind nicht eindeutig bestimmt: Jede \gedrehte" Variante des Paars (j~i; j}i) ware genausogut verwendbar. In diesem Fall spricht man von Entartung. Hier ist der Begri des Operators wichtiger als im zweidimensionalen Hilbertraum, da die Angabe einer konkreten Messbasis uberussige Information beinhaltet21. Eine physikalische Situation dieses Typs ergibt sich beispielsweise, wenn der Gesamtspin eines Atoms gemessen wird: eine solche Messung ist blind gegenuber den Einzelspins. 21 Eine okonomischere Methode besteht darin, anstelle eines Paars (j~i; j}i) aus Eigenvektoren zum Eigenwert 1 die Projektion auf den Teilraum, den sie aufspannen (den Eigenraum zum Eigenwert 1), anzugeben. Sie kann eindeutig aus dem Operator B gewonnen werden. In Matrix- 15 2 Zwei-Qubit-Systeme Systeme von mehreren Qubits (wie sie etwa bei der Diskussion des EPR-Paradoxons und der Quantenteleportation benotigt werden), bewirken nur eine maige Steigerung des Schwierigkeitsgrads und lassen sich weitgehend mit Hilfe des bisher Gesagten analysieren. Es soll in diesem Kapitel nicht um Grundlagenprobleme der Quantentheorie gehen, sondern um die Darstellung des notigen Formalismus. Wir betrachten ein System, das aus zwei raumlich getrennen Qubits besteht. In einem der beiden Teilsystem kann Alice schalten und walten, das andere ist die Domane von Bob. An welche physikalischen Realisierungen (Spins, Polarisationen,...) wir dabei denken, ist unerheblich. Welche Zustande kann das Gesamtsystem annehmen? Diskutieren wir ein paar Moglichkeiten. Alice hat ihr System im Zustand j0i prapariert, Bob das seine im Zustand j1i. Alices Zustandvektor liegt in ihrem Hilbertraum, Bobs Zustandvektor liegt in seinem. Um diese beiden Raume und ihre Elemente nicht zu verwechseln, bezeichnen wir Alices Zustand als j0iAlice und Bobs Zustand als j1iBob. Der Zustand des Gesamtsystems kann durch Nebeneinanderschreiben in einen mathematischen Ausdruck gebracht werden22 : ji = j0iAlicej1iBob (2.1) Manchmal werden, um die Schreibweise abzukurzen, fur Alice und Bob die Symbole 1 und 2 verwendet, womit wir ji auch als j0i1j1i2 schreiben konnen. Zudem kann durch die Bezeichnung ji12 ausgedruckt werden, dass es sich hierbei um den Zustand eines aus den Systemen \1" und \2" zusammengesetzten Systems handelt. Alice und Bob konnen ihr System auch in andere Zustande bringen, so dass der Zustand des Gesamtsystem etwa durch ji = j1iAlicej0iBob (2.2) schreibschreibweise lautet sie 01 P =@ 0 0 0 1 0 0 0 0 1 A: 22 Manchmal wird auch die Bezeichnung j0iAlice j1iBob verwendet, wobei das \Tensorprodukt" bezeichnet. 16 oder ji = p1 j0iAlice + j1iAlice j1iBob 2 (2.3) gegeben ist. Im zweiten Fall hat Alice ihr Systen in eine Superposition der beiden Vektoren der Standardbasis gebracht. Nun kommt das Superpositionsprinzip der Quantentheorie ins Spiel: Mit zwei Zustandsvektoren beschreibt auch jede (normierte) Superposition einen moglichen Zustand des Systems. Das System konnte sich also auch in dem aus (2.1) und (2.2) durch Superposition gewonnenen Zustand jEPRi = p12 j0iAlicej1iBob ; j1iAlicej0iBob (2.4) benden. Wir haben ihm bereits seinen beruhmten Namen gegeben: es handelt sich um den EPR-Zustand (oder Spin-Singlett-Zustand) in der von David Bohm angegebenen Form. Einen solchen Zustand konnen Alice und Bob naturlich nicht durch lokale Operationen in ihren Teilsystemen erzeugen { wir nennen einen Zustand mit dieser Eigenschaft verschrankt. Mathematisch gesehen ist ein Zustand verschrankt, wenn er nicht als \Produkt" eines Zustandsvektors von Alice mit einem Zustandsvektor von Bob zu schreiben ist. (2.1) { (2.3) weisen eine solche Produktstruktur auf, sind daher nicht verschrankt. Auch wenn Alice und Bob durch lokale Operationen keinen verschrankten Zustand erzeugen konnen, macht das die Natur fur sie: Es ist moglich, Paare von Photonen zu erzeugen, deren Polarisationsfreiheitsgrade im Zustand (2.4) sind. Alice und Bob mussen nur warten und jeweils \ihr" Photon im Empfang nehmen. Dann konnen sie Messungen in ihrem Teilsystemen ausfuhren, wie wir sie in Kapitel 1 besprochen haben. Bevor wir sie das tun lassen, mussen wir noch kurz daruber sprechen, wie mit derartigen Objekten gerechnet werden kann. Dazu folgen wir zwei Prinzipien Linearitat: Das Bilden einer Linearkombinationen in einem Teilsystem ubertragt sich auf die entsprechende Linearkombinationen im Gesamtsystem. Beispielsweise konnen wir rechnen: j0iAlice + 2 j1iAlice j1iBob = j0iAlicej1iBob + 2 j1iAlicej1iBob 17 (2.5) Unabhangigkeit von Operationen in beiden Teilsystemen. Das ist wichtig beim Bilden innerer Produkte. Der zu (2.4) gehorende \Bra" ist hEPRj = p12 Aliceh0j Bob h1j ; Aliceh1j Bob h0j : (2.6) Wird nun uberpruft, ob (2.4) tatsachlich normiert ist, d.h. ob hEPRjEPRi = 1 gilt, so mussen Einzelschritte vom Typ Alice h0j Bob h1j multipliziert mit j0iAlicej1iBob = Aliceh0j0iAlice Bobh1j1iBob = 1 1 = 1 (2.7) gemacht werden. (U bungsaufgabe: die Normierung von jEPRi uberprufen!) Im Grunde genommen handelt es sich hier wieder um ein einfaches \Baukastensystem". Die Menge aller moglichen Zustande des Gesamtsystems ist nicht schwer herauszunden. Aufgrund des Linearitatsprinzips kann jeder Zustandsvektor \ausmultipliziert" und in die Form ji = a j0iAlicej0iBob + b j0iAlicej1iBob + c j1iAlicej0iBob + d j1iAlicej1iBob (2.8) gebracht werden, wobei a, b, c und d komplexe Zahlen sind, die gema jaj2 + jbj2 + jcj2 + jdj2 = 1 normiert sind23 . Um Messungen zu beschreiben, gehen wir genauso vor wie fur das einzelne QubitSystem vorigen Kapitel besprochen: wir charakterisieren eine Messung durch ihre Eigenzustande, d.h. durch eine Messbasis. Wir nehmen an, Alice und Bob entscheiden sich, Messungen vorzunehmen, die durch ihre jeweiligen Standardbasen (1.15) charakterisiert sind. (Die moglichen Messausgange bezeichnen wir ab jetzt einfach mit \0" und \1". Wir verwenden Anfuhrungszeichen, wann immer es nicht um Zahlenwerte, sondern um die Kennzeichnung von Alternativen geht). Ist das System beispielsweise im EPR-Zustand (2.4), so wurden wir gern voraussagen, mit welchen Wahrscheinlichkeiten die moglichen Kombinationen von Ausgange auftreten. Vom 23 Der Gesamt-Zustandsvektor ji liegt, mathematisch ausgedruckt, in einem vierdimensionalen Hilbertraum, der auch als C2 C2 geschrieben werden kann und zu C4 isomorph ist. 18 Standpunkt des Gesamtsystems betrachtet, legt diese Frage eine Messbasis aus vier Elementen fest. Wir bezeichnen sie als j~i j}i ji j|i = = = = j0iAlicej0iBob j0iAlicej1iBob j1iAlicej0iBob j1iAlicej1iBob : (2.9) (2.10) (2.11) (2.12) Die Wahrscheinlichkeiten fur die vier Messausgange sind nun, in direkter Verallgemeinerung von (1.8) { (1.9), als innere Produkte zu berechnen: w~ = jh~jEPRij2 = jhAlice0j hBob0jEPRij2 = 0 w} = jh}jEPRij2 = jhAlice0j hBob1jEPRij2 = 12 w = jhjEPRij2 = jhAlice1j hBob0jEPRij2 = 12 w| = jh|jEPRij2 = jhAlice1j hBob1jEPRij2 = 0 : (2.13) (2.14) (2.15) (2.16) Wann immer Alice \0" misst, misst Bob \1", und umgekehrt24 , denn die Wahrscheinlichkeit dass beide \0" oder beide \1" messen, ist 0. Eine interessante Frage ist nun, mit welcher Wahrscheinlichkeit Alice etwa den Ausgang \0" registrieren wird, unabhangig davon, das Bob macht. Da die beiden Systeme voneinander unabhangig sind, kann Alice annehmen, Bob macht auch eine Messung (egal, ob er tatsachlich eine macht oder nicht), und sie kann sich zum Zweck der Berechnung sogar eine Messbasis fur Bob aussuchen, die fur ihre Argumentation bequem ist. Wir wahlen naturlich Bobs Standardbasis und betrachten die Liste (2.13) { (2.16): Unter allen vier Messausgangen kommen nur zwei vor, in denen Alice \0" misst, und zwar mit den Wahrscheinlichkeiten 0 und 1=2. Die Wahrscheinlichkeit, dass Alice \0" registriert, ist daher 0 + 1=2 = 1=2. Man kann dieselben Resultate auch erzielen, indem (2.4) in die Messbasis (2.9) 24 Daher ruhrt der Name \Spin-Singlett": Denken wir an zwei Spinsysteme, so entspricht die betrachtete Situation der Messung der z -Komponenten der beiden Spins. Ordnen wir statt \0" und \1" den Messausgangen die Zahlen 1 (\spin up") und ;1 (\spin down") zu, so ist die Summe der von Alice und Bob erzielten Messwerte immer 0. Das gilt auch fur Messungen der anderen Spinkomponenten. Daher wird fur den Gesamtspin im EPR-Zustand immer der Wert 0 gemessen. 19 { (2.12) zerlegt wird: jEPRi = 0 j~i + p1 j}i ; p1 ji + 0 j|i : 2 2 (2.17) Nun konnen die uns interessierenden Wahrscheinlichkeiten als Quadrate der Koezienten abgelesen werden. Diese beiden Verfahren sind auch fur andere Messanordnungen anwendbar. Sollen nur die Wahrscheinlichkeiten fur Messungen an einem Teilsystem bestimmt werden, so kann fur das andere Teilsystem eine beliebige Messbasis angenommen werden { das Ergebnis hangt nicht von dieser Wahl ab25 . U bungsaufgabe: Das System sei im EPR-Zustand und Alice verwende die Messbasis s s 3 (2.18) j~iAlice = 5 j0iAlice + 25 j0iAlice s s 2 (2.19) j}iAlice = 5 j0iAlice ; 35 j0iAlice : Man uberprufe, dass j~iAlice und j}iAlice eine Orthonormalbasis bilden und berechne die Wahrscheinlichkeiten, mit denen Alice die beiden Ausgange ~ und } registriert. Als letzten Fall erwahnen wir noch, dass an unserem System eine Messung durchgefuhrt werden kann, deren Messbasis aus verschrankten Zustanden besteht. Eine solche Messung kann nicht durch lokalisierte Messungen an den beiden Teilsystemen durchgefuhrt werden. Ein beruhmtes Beipiel ist die so genannte Bell-Basis j+i = p12 j0iAlicej1iBob + j1iAlicej0iBob (2.20) j;i = p12 j0iAlicej1iBob ; j1iAlicej0iBob (2.21) (2.22) j+i = p12 j0iAlicej0iBob + j1iAlicej1iBob j;i = p12 j0iAlicej0iBob ; j1iAlicej1iBob ; (2.23) 25 Es gibt eine vom mathematischen Standpunkt aus gesehen elegantere Methode: das Bilden der \partiellen Spur" uber das Teilsystem, an dem keine Messung durchgefuhrt wird. Sie geht jedoch uber den hier behandelten Rahmen hinaus. 20 die in der Quantenteleportation benotigt wird (und die teilweise bereits experimentell realisierbar ist). Die Wahrscheinlichkeiten fur die vier moglichen Messausgange (d.h. die Alternativen +, ;, + und ;) in einem beliebigen Zustand ji des Systems konnen wie oben mit Hilfe innerer Produkte oder durch Entwicklung von ji in die Bell-Basis und Ablesen der (Betragsquadrate der) Koezienten bestimmt werden. Ausgerustet mit der bisher besprochenen Mathematik ist ein profundes Verstandnis des EPR-Paradoxons, der Bellschen Ungleichungen, der Quantenteleportation und verwandter Themen moglich. 21