Blatt 0: Präsenzaufgaben für die erste Übung

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Topologie
M. Eisermann / A. Thumm
WiSe 2013/2014
Blatt 0: Präsenzaufgaben für die erste Übung
1. VOLLSTÄNDIGKEIT UND F IXPUNKTSÄTZE
1.1. Existieren zwei Metriken auf R, die beide die Standardtopologie induzieren, wobei die eine Metrik vollständig ist aber die andere nicht?
Lösungsskizze: — Ja, das gibt es. Wir wissen, dass der euklidische Raum (R, |−|) vollständig ist. Hingegen
ist das offene Intervall ]0, 1[, versehen mit der euklidischen Metrik, nicht vollständig: Die Folge xn = 1/n ist
eine Cauchy–Folge ohne Grenzwert in ]0, 1[. Die Funktion f : R → ]0, 1[ mit f (x) = ex /(1 + ex ) ist stetig,
ebenso die Umkehrfunktion f −1 : ]0, 1[ → R mit f −1 (x) = ln(x/(1 − x)), also haben wir einen Homöomor∼
phismus R −
→
]0, 1[. Demnach ist d : R × R → R≥0 mit d(x, y) = | f (x) − f (y)| eine Metrik auf R, die die
Standardtopologie induziert, aber (R, d) ist nicht vollständig.
—
1.2. Formulieren und beweisen Sie den Zwischenwertsatz.
Lösungsskizze: — Siehe Skript §B4.
—
1.3. Formulieren und beweisen Sie den Banachschen Fixpunktsatz.
Lösungsskizze: — Siehe Skript §B5.
—
Der Fixpunktsatz von Banach ist ein wichtiges Konstruktionsprinzip der Analysis. Satz
und Beweis sind metrischer Natur, anders als der topologische Fixpunktsatz von Brouwer:
Jede stetige Abbildung f : [0, 1]n → [0, 1]n hat (mindestens) einen Fixpunkt.
1.4. Beweisen Sie den Brouwerschen Fixpunktsatz im einfachsten Fall n = 1.
Lösungsskizze: — Man betrachte die Abbildung g : [0, 1] → R, die durch g(x) = x − f (x) gegeben ist.
Wegen 0 ≤ f (x) ≤ 1 gilt g(0) ≤ 0 und g(1) ≥ 0. Nach dem Zwischenwertsatz existiert also ein x ∈ [0, 1]
mit g(x) = 0 und somit f (x) = x.
—
1.5. Hat jede stetige bzw. kontraktive Abbildung f : ]0, 1[ → ]0, 1[ einen Fixpunkt?
∼
∼
Jeder Homöomorphismus ]0, 1[ −
→
]0, 1[? Jeder Homöomorphismus [0, 1[ −
→
[0, 1[?
Lösungsskizze: —
(1) Die Abbildung f : ]0, 1[ → ]0, 1[ mit f (x) = x/2 ist eine Kontraktion ohne Fixpunkt.
∼
(2) Sei g : ]0, 1[ −
→
R ein Homöomorphismus. Die Abbildung f : ]0, 1[ → ]0, 1[ mit f (x) = g−1 (g(x) +
1) ist ein Homöomorphismus ohne Fixpunkt.
∼
(3) Sei f : [0, 1[ −
→
[0, 1[ ein Homöomorphismus, dann muss f (0) = 0 gelten. Anschaulich ist klar: Der
einzige Punkte, dessen Wegnahme das Intervall nicht trennt, ist 0. Diese topologische Eigenschaft
bleibt unter Homöomorphismen erhalten.
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Stand 30. Oktober 2013
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Ausführlicher Beweis mit Zwischenwertsatz: Nehmen wir zunächst an, dass x0 = f (0) 6= 0. Es gibt nun
ein ε > 0, so dass [x0 − ε, x0 + ε] ⊂ [0, 1[ gilt. Wir nehmen nun an, dass f −1 (x0 − ε) < f −1 (x0 + ε) gilt
und betrachten g : [0, 1] → R mit g(t) = f −1 (x0 + tε). Aus dem Zwischenwertsatz folgern wir, dass es
0 < t0 < 1 gibt mit f −1 (x0 + t0 ε) = f −1 (x0 − ε). Dies steht im Widerspruch dazu dass f bijektiv ist. Der
Fall f −1 (x0 − ε) > f −1 (x0 + ε) führt mit dem gleichen Argument ebenfalls zu einem Widerspruch. Somit
muss f (0) = 0 gelten.
—
1.6. Auf der Erde gibt es jederzeit zwei gegenüberliegende Orte gleicher Temperatur:
Ist f : Sn → R stetig und n ≥ 1, so existiert ein x ∈ Sn mit f (x) = f (−x).
Lösungsskizze: — Sei γ : [0, 1] → Sn eine stetige Abbildung mit γ(1) = −γ(0), also ein Weg, der zwei
gegenüberliegende Punkte verbindet. Für n ≥ 1 ist dies immer möglich. Wir betrachten die stetige Funktion
g : [0, 1] → R mit g(t) = f (γ(t)) − f (−γ(t)). Wegen g(0) = −g(1) existiert dank Zwischenwertsatz ein
t ∈ [0, 1] mit g(t) = 0. Für den Punkt x = γ(t) gilt dann f (x) = f (−x), wie gewünscht
—
2. S KALARPRODUKT ⇒ N ORM ⇒ M ETRIK ⇒ T OPOLOGIE
p
2.1. Jedes Skalarprodukt hx|yi induziert eine Norm |x| = hx|xi, jede Norm eine Metrik d(x, y) = |x − y|, und jede Metrik eine Topologie Td .
Lösungsskizze: — Skalarprodukt ⇒ Norm: Es ist klar, dass |−| positiv definit ist. Die Dreiecksungleichung
folgt aus der Cauchy–Schwarz–Ungleichung: |x + y|2 = |x|2 + 2hx|yi + |y|2 ≤ |x|2 + 2|x||y| + |y|2 . Diese beweist man (im reellen Fall) am einfachsten wie folgt: Es gilt 0 ≤ hx +ty|x +tyi = |x|2 + 2thx|yi +t 2 |y|2 . Die
rechte Seite ist eine reelle Parabel in t mit höchstens einer reellen Nullstelle. Damit kann die Diskriminante
nicht positiv sein, d.h. 4hx|yi2 −4|x|2 |y|2 ≤ 0. Durch Umordnen und Wurzel ziehen erhält man hx|yi ≤ |x||y|.
Norm ⇒ Metrik: Hier sollte alles klar sein.
Metrik ⇒ Topologie: Eine Menge U ist genau dann ein Element von Td , wenn es zu jedem Punkt x ∈ U ein
ε > 0 gibt, so dass U auch alle Punkte y mit d(x, y) ≤ ε enthält. Die beliebige Vereinigung von
Elementen
T
aus Td ist offensichtlich wieder ein Element von Td . Seien nun U1 , . . . ,Un ∈ Td und x ∈ U = nk=1 Uk . Man
wähle nun ε1 , . . . , εn > 0, so dass alle Punkte y mit d(x, y) ≤ εk in Uk enthalten sind. Dann gilt ε = min εk > 0
und für alle Punkte y mit d(x, y) ≤ ε folgt aus ε ≤ εk , dass y ∈ Uk und schließlich y ∈ U.
—
2.2. Nicht jede Norm stammt von einem Skalarprodukt (Parallelogrammgleichung),
nicht jede Metrik von einer Norm, und nicht jede Topologie von einer Metrik.
Lösungsskizze: — Beispiele sind:
p
(1) kxk p = p |x1 | p + . . . + |xn | p auf Rn für alle 1 ≤ p < 2 bzw. 2 < p ≤ ∞ (wobei kxk∞ = max|xk |)
und n ≥ 2. Am einfachsten sind natürlich p = 1 oder p = ∞ und n = 2.
(2) Die diskrete Metrik auf Rn für n ≥ 1.
(3) Die indiskrete Topologie auf einem Raum mit mindestens zwei Punkten.
—
2.3. Je zwei Skalarprodukte h − | − i und hh − | − ii auf Rn sind isometrisch. Es existiert
∼
eine R–linearer Isomorphismus h : Rn −
→
Rn mit h h(u) | h(v) i = hh u | v ii.
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Lösungsskizze: — Sei b1 , . . . , bn eine Basis von Rn . Mit dem Gram–Schmidt–Verfahren erhalten wir eine
orthonormale Basis e1 , . . . , en von Rn bzgl. h − | − i wie folgt: Wir definieren induktiv e1 = b1 /|b1 | und
ek = ẽk /|ẽk | mit ẽk = bk − h bk | ek−1 iek−1 − . . . − h bk | e1 ie1 .
Seien nun e1 , . . . , en und e01 , . . . , e0n orthonormale Basen von Rn bzgl. h − | − i und hh − | − ii. Eine Isometrie
h : Rn → Rn erhalten wir nun durch lineare Fortsetzung aus h(ek ) = e0k .
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3. E IN G RUSS AN DIE A LGEBRA
3.1. Die Gruppe GLn R ist offen in Rn×n und die Inversionsabbildung A 7→ A−1 stetig.
Lösungsskizze: — Der Fall n = 0 ist trivial, weswegen wir n > 0 annehmen können. Die Determinante
det : Rn×n → R ist ein Polynom in den Koeffizienten einer Matrix und als solches stetig. Da R× = R r {0}
offen in R ist, ist somit GLn R = det−1 (R× ) offen in Rn×n . Für die Inverse einer Matrix A gilt A−1 =
det(A)−1 adj(A), weswegen die Inversionsabbildung auf GLn R stetig ist.
—
3.2. Die Untergruppen On R ⊂ GLn R und Un C ⊂ GLn C sind kompakt.
Lösungsskizze: — Die Untergruppe On R ⊂ GLn R ist definiert durch At A = I = AAt . Da die beiden Abbildungen f1 , f2 : Rn×n → Rn×n , die durch f1 (A) = At A und f2 (A) = AAt definiert werden stetig sind, ist
On R = f1−1 ({I}) ∩ f2−1 ({I}) abgeschlossen in Rn×n und somit auch in GLn R. Die Kompaktheit von On R
folgt nun daraus, dass On R in Rn×n beschränkt ist. Man sieht beispielsweise leicht, dass für A ∈ On R die
Operatornorm (kAk = sup|x|≤1 |Ax|) stets ≤ 1 ist.
Den Fall Un C ⊂ GLn C behandelt man analog.
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