Kapitel 10 Das AD‐AS Modell Übersicht des Kapitels 10.1 Aggregierte Nachfrage 10.2 Aggregiertes Angebot 10.3 Das Gleichgewicht im AD‐AS Modell Makroökonomie - Uni Basel 436 Das IS‐LM Modell ist ein allgemeines Gleichgewichtsmodell, welches erlaubt, die Auswirkungen eines Schocks in einem spezifischen Markt auf die Volkswirtschaft zu analysieren. Das Modell der aggregierten Nachfrage und des aggregierten Angebots dient dem selben Zweck Wir verwenden wir das IS‐LM Modell um das AD‐AS Modell herzuleiten Je nach Problemstellung erweist sich jeweils das eine oder das g j andere Modell als nützlicher IS‐LM zeigt die Beziehung zwischen Realzinssatz und Output auf AD‐AS zeigt die Beziehung zwischen Preisniveau und Output auf Die theoretischen Argumente hinter beiden Modellen sind exakt die selben! Notation AD : Aggregierte Nachfrage AS : Aggregiertes Angebot Makroökonomie - Uni Basel 437 1 10.1 Aggregierte Nachfrage Wir betrachten erneut den Fall der geschlossenen Volkswirtschaft Die aggregierte Nachfragekurve Die AD Kurve zeigt die Beziehung zwischen der Menge an nachgefragten Gütern und des Preisniveaus wenn der Gütermarkt ( IS) und der Anlagemarkt ( LM) im Gleichgewicht sind. Die beiden Märkte sind gleichzeitig im Gleichgewicht wenn sich die beiden Kurven schneiden Dh. die AD‐Kurve zeigt das Preis‐ und Outputniveau, bei welchem sich die IS und LM‐Kurven schneiden Makroökonomie - Uni Basel r 438 LM2 IS0 LM0 LM1 r2 r0 r1 Y2 Y0 Y Y1 Preisniveau, P P2 Aggregierte Nachfragefunktion P0 P1 AD0 Makroökonomie - Uni Basel Y2 Y0 Y1 Y 439 Die aggregierte Nachfragekurve Die AD‐Kurve setzt die totale nachgefragte Menge an Gütern in Relation zum allgemeinen Preisniveau (und nicht zu relativen Preisen) Die AD‐Kurve ist negativ geneigt, da ein höheres Preisniveau das reale Geldangebot reduziert, somit die LM‐Kurve nach oben verschiebt, damit zu einem höheren Realzinssatz führt und die nachgefragte Outputmenge reduziert Makroökonomie - Uni Basel 440 2 Faktoren welche die AD‐Kurve verschieben Jegliche Faktoren welche den Schnittpunkt der IS‐ und LM‐Kurve nach links verschieben, führen zu einer Verschiebung der AD‐Kurve nach unten links; jegliche Faktoren welche den Schnittpunkt der IS‐ und LM‐ Kurve nach rechts verschieben, führen zu einer Verschiebung der AD‐Kurve nach oben rechts. g So führt beispielsweise eine temporäre Erhöhung der Staatsausgaben zu einer Bewegung der IS‐Kurve nach oben rechts, was wiederum die AD‐Kurve ebenfalls nach oben rechts verschiebt Makroökonomie - Uni Basel r 441 IS0 IS1 LM0 r1 r0 Y0 Y Y1 P P0 AD1 AD0 Makroökonomie - Uni Basel Y0 Y1 Y 442 Faktoren welche die IS‐Kurve nach oben rechts verschieben beeinflussen die AD‐Kurve auf dieselbe Art und Weise Erhöhungen des zukünftigen Outputs, Vermögens: ↑ C der Staatsausgaben, ↑ G oder der erwarteten zukünftigen Grenzproduktivität des Kapitals: ↑ I Abnahme der Steuern, sofern die Ricardianische Äquivalenz nicht gilt: ↑ C oder des effektiven Steuersatzes auf Kapital: ↑ I Faktoren welche die LM‐Kurve nach unten rechts verschieben haben bei gegebenem Preisniveau denselben Effekt auf die AD‐Kurve Erhöhung des nominalen Geldangebotes ↓ r der erwarteten Inflation ↓ Nachfrage nach Geld ↑ Nachfrage nach nichtmonetären Anlagen ↓ r Abnahme des nominalen Zinssatzes auf Geld oder der realen Geldnachfrage: ↑ Nachfrage nach nichtmonetären Anlagen ↓ r Makroökonomie - Uni Basel 443 3 r IS0 LM0 LM1 r1 r0 Y0 Y Y1 P P0 AD1 AD0 Makroökonomie - Uni Basel Y0 Y Y1 444 10.2 Aggregiertes Angebot Die aggregierte Angebotskurve Die aggregierte Angebotskurve zeigt die Beziehung zwischen dem Preisniveau und der aggregierten Menge an angebotenem Output durch die Firmen Langfristig passen sich alle Preise an. Nominale Variablen haben keinen Einfluss auf das Gleichgewichtsniveau des Outputs Wir gehen weiterhin von den Annahmen aus dem IS/LM Modell aus: Kurzfristig bleiben die Preise fix und die Firmen bieten somit immer die Menge an, welche gerade nachgefragt wird Makroökonomie - Uni Basel 445 Daher: Die kurzfristig aggregierte Angebotskurve verläuft horizontal (unendlich elastisch) Die langfristige aggregierte Angebotskurve verläuft vertikal: das reale BIP wird nicht durch das nominale Preisniveau beeinflusst Langfristige AS (LRAS) P Kurzfristige AS (SRAS) Makroökonomie - Uni Basel Y 0 Y 446 4 Verschiebungen der aggregierten Angebotskurven Die SRAS‐Kurve verschiebt sich immer dann, wenn Firmen aufgrund veränderter Produktionskosten (z.B. Energiekosten) kurzfristig ihre Preise anpassen Alle Faktoren welche den Output bei Vollbeschäftigung erhöhen verschieben die LRAS‐Kurve nach rechts; reduziert sich der Output bei Vollbeschäftigung, so verschiebt sich d das LRAS nach links hl k Beispiele dafür sind Veränderungen der Erwerbsbevölkerung oder in der Produktivität, welche sich auf die Arbeitsnachfrage auswirken Dieselben Faktoren welche jeweils bereits in den vorherigen Vorlesungen die FE‐Kurve verschoben haben Makroökonomie - Uni Basel 447 10.3 Das Gleichgewicht im AD‐AS Modell Kurzfristiges Gleichgewicht: AD schneidet SRAS Übergangsgleichgewicht g gg g Langfristiges Gleichgewicht: AD schneidet LRAS Allgemeines Gleichgewicht: AD, LRAS und SRAS schneiden sich alle im selben Punkt Makroökonomie - Uni Basel 448 P Langfristige AS (LRAS) Kurzfristige AS (SRAS) AD AD Y 0 Y Betrachten wir im Rahmen dieses Modells die Effekte einer monetären Expansion (ΔM) Makroökonomie - Uni Basel 449 5 Benchmark: Effekte im IS‐LM ‐ Modell Aus vorheriger Vorlesung wissen wir: LM0 r r MS1 MS0 LM1 4% 2% MD0 MD = MS MD = MS Real MD and real MS Y0 Y Makroökonomie - Uni Basel 450 Effekte einer unerwarteten monetären Expansion: ΔM, wir gehen kurzfristig von einem konstanten P aus Zusätzliche Annahmen: schnelle Anpassung des Anlagemarktes, Firmen können und wollen die Produktion ausdehnen FE0 r LM0 = LM2 IS0 LM1 r2 = r0 Übergangsgleichgewicht r1 Y 0 Y Makroökonomie - Uni Basel 451 Ein monetärer Schock im AD‐AS Modell LRAS Langfristiges Gleichgewicht wieder hergestellt P Übergangs‐ gleichgewicht SRAS1 P SRAS AD1 AD Ausgangs‐ gleichgewicht Y Makroökonomie - Uni Basel 0 Y1 Monetärer Schock Y 452 6 Kapitel 11 Zyklische Schwankungen und wirtschaftspolitische Massnahmen Übersicht des Kapitels 11.1 Konjunkturzyklen und was wir bisher gesehen haben 11.2 Konjunkturzyklen: Einige Fakten 11.3 Real business cycle – Theorie 11.4 Der Neukeynesianische Ansatz 11.5 Preis‐ und Lohnrigiditäten: empirische Evidenz Makroökonomie - Uni Basel 455 11.1 Konjunkturzyklen und was wir bisher gesehen haben Zwei Schlüsselfragen zu Konjunkturzyklen Was sind die zugrundeliegenden ökonomischen Ursachen? Wie sollen politische Entscheidungsträger damit umgehen? Jede Theorie zu Konjunkturzyklen besteht aus zwei Komponenten Eine Beschreibung der Typen von Schocks, welchen die grösste Wirkung auf die Volkswirtschaft zugeschrieben wird Ein Modell welches beschreibt, wie wichtige makroökonomische Variablen auf wirtschaftliche Schocks reagieren Makroökonomie - Uni Basel 456 7 Ausgangslage: Zwei Haupttheorien zu Konjunkturzyklen Klassische Theorie Keynesianische Theorie r Y Y Untersuchung beider Theorien im IS‐LM Modell Entspricht die Theorie den beobachteten Mustern? Makroökonomie - Uni Basel 457 Wenn sich die IS‐Kurve nach rechts verschiebt... führt dies zu einem Boom: Der Output steigt über das Gleichgewichtsniveau positiver Output gap Es wird zunehmend schwierig die Arbeitsnachfrage zu decken die Arbeitslosigkeit liegt unter ihrem natürlichen Niveau und erzeugt Inflation: Im Wettbewerb um die Arbeitskräfte müssen die Firmen die Löhne erhöhen Die Firmen erhöhen daraufhin auch die Preise um die höheren Kosten weiterzugeben und die Nachfrage abzukühlen weiterzugeben und die Nachfrage abzukühlen r Makroökonomie - Uni Basel Y Y 458 11.2 Konjunkturzyklen: Einige Fakten Alle Konjunkturzyklen weisen gemeinsame Merkmale auf Zyklisches Verhalten der Variablen: Richtung und timing In welche Richtung bewegt sich eine Variable relativ zur aggregierten ökonomischen Aktivität? Prozyklisch: in dieselbe Richtung Antizyklisch: in die gegenteilige Richtung Azyklisch: kein klares Muster Was ist das timing der Bewegungen einer Variablen relativ zur aggregierten ökonomischen Aktivität? Vorlaufend: im Voraus Gleichlaufend: zur selben Zeit Nachlaufend: verzögert Makroökonomie - Uni Basel 459 8 .10 .08 .06 .04 .02 .00 -.02 -.04 -.06 -.08 1980 1985 1990 HP GDP 1995 2000 2005 HPGOODSEXP Güterexporte: Prozyklisch und gleichlaufend Makroökonomie - Uni Basel 460 .03 .02 .01 .00 -.01 -.02 -.03 1980 1985 1990 HPGDP 1995 2000 2005 HPUNEMP RATE Arbeitslosigkeit: Antizyklisch und nachhinkend Makroökonomie - Uni Basel 461 Zyklisches Verhalten wichtiger makroökonomischer Variablen Prozyklisch Gleichlaufend: Industrieproduktion, Exporte Vorlaufend: Bauinvestitionen, Geldmengenwachstum, Aktienpreise Nachlaufend: Beschäftigung, Reallöhne, Konsum , Inflation Antizyklisch: Arbeitslosigkeit, Staatsausgaben (?) Unbestimmtes timing: Staatsausgaben Unbestimmtes timing: Staatsausgaben Volatilität Die Produktion von Gebrauchsgütern ist volatiler als diejenige von Konsumgütern und Dienstleistungen Investitionsausgaben sind ebenfalls volatiler als Konsumausgaben All dies kann sich von Land zu Land etwas unterscheiden: Datenanalyse kann dabei helfen! Makroökonomie - Uni Basel 462 9 Volatilität Produktion von Gebrauchsgütern (Autos, Möbel, …) ist volatiler als diejenige der Verbrauchsgüter Nachfrage nach/Produktion von einigen Dienstleistungen ist volatiler als die anderer Dienstleistungen Investitionsausgaben sind volatiler als Konsumausgaben .10 .05 .00 -.05 -.10 -.15 1980 Makroökonomie - Uni Basel 1985 1990 1995 2000 2005 HP private consumption HP equipment investment HP GDP 463 11.3 Real business cycle (RBC) – Theorie Klassischer Ansatz: Märkte werden schnell geräumt RBC: Reale Schocks auf die Volkswirtschaft sind die primäre Ursache für Konjunkturzyklen. Beispiele realer Schocks: Schocks auf die Produktionsfunktion Schocks auf die Grösse der Erwerbsbevölkerung Schocks auf die Staatsausgaben, G Schocks auf die Konsumentenpräferenzen Diese Schocks beeinflussen die IS‐ oder die FE‐Kurve, jedoch nicht die LM‐Kurve Geld spielt keine wichtige Rolle. Makroökonomie - Uni Basel 464 Die wichtigste Rolle spielen Schocks auf Produktionsfunktion, welche in ABC als Angebotsschocks und von RBC Theoretikern als Produktivitätsschocks bezeichnet werden Y A*(Ka * N1a ) Totale Faktorproduktivität, TFP Beispiele von Produktivitätsschocks Entwicklung neuer Produkte oder Produktionstechnologien z.B. reiner technologischer Fortschritt Neue Managementmethoden Qualitätsveränderungen von Kapital und Arbeit Veränderungen der Verfügbarkeit von Rohmaterialien und Energie Ungewöhnlich gutes oder schlechtes Wetter Veränderungen staatlicher Regulierungen welche die Produktion betreffen Keynesianer sind davon sicherlich nicht überzeugt; aber auch längst nicht auf alle Klassiker stimmen zu Makroökonomie - Uni Basel 465 10 Die negativen Auswirkungen eines adversen Produktivitätsschocks Resultate aus früheren Vorlesungen: Ein Ölpreisschock reduziert MPN und somit die Nachfrage nach Arbeit Y (1 a ) A * K a * N a N Reallöhne, Beschäftigung, Output, Konsum und Investitionen gehen zurück, während der Realzinssatz und das Preisniveau ansteigen zurück, während der Realzinssatz und das Preisniveau ansteigen Ein adverser Produktivitätsschock verursacht somit eine Rezession (Output geht zurück) Ein positiver Produktivitätsschock führt zu einem Boom (Output steigt); Anmerkung: Der Output entspricht immer dem Output bei Vollbeschäftigung Makroökonomie - Uni Basel 466 ND0 w NS0 ND2 w0 w 2 Der Ölpreisanstieg führt zu einer Verschiebung des allgemeinen Preisniveaus nach oben (direkte und indirekte Effekte auf den CPI) Rezession im Gleichgewicht Inflation! r FE2 LM2 FE0 IS0 N2 r I N LM0 N 0 S2 Makroökonomie - Uni Basel S0 Y2 Y 0 Y 467 Die RBC Theorie lässt sich mit vielen Fakten von Konjunkturzyklen vereinbaren Wenn eine Ökonomie ständig Produktivitätsschocks ausgesetzt ist, würde dies gemäss Theorie zu immer wiederkehrenden Fluktuation führen, was wir in der Realität auch beobachten können Die Theorie sagt das prozyklische Verhalten von Beschäftigung und Reallöhnen korrekt voraus (wie in unserem Beispiel) u se e e sp e ) Die Theorie sagt weiter das prozyklische Verhalten der durchschnittlichen Arbeitsproduktivität ebenfalls korrekt voraus Wenn Booms nicht durch Produktivitätsschocks verursacht würden, wäre aufgrund der abnehmenden Grenzproduktivität der Arbeit ein antizyklisches Verhalten der Arbeitsproduktivität zu erwarten Makroökonomie - Uni Basel 468 11 Gemäss Theorie müsste sich das Preisniveau antizyklisch verhalten, was jedoch nicht mit den Daten übereinstimmt. .03 .02 Evidenz für die Schweiz: .01 .00 -.01 -.02 -.03 1980 1985 1990 1995 HPCP I 2000 2005 HPGDP Aber: Der Anstieg der Inflation während den Rezessionen, verursacht durch die Ölpreisschocks von 1973–1974 und 1979– 1980, ist konsistent mit der RBC Theorie Ein weiteres Problem ist die Korrelation zwischen Geldmenge und Output Makroökonomie - Uni Basel 469 Wie wird Produktivität gemessen? Im empirischen Kontext verwenden RBC Theoretiker das Solow‐Residuum als Mass für Produktivitätsschocks Benannt nach Robert Solow, dem Begründer der modernen Wachstumstheorie Gegeben Gegeben sei eine Cobb sei eine Cobb‐Douglas Douglas Produktionsfunktion und Daten Produktionsfunktion und Daten zu Y, K, und N. Das Solow‐Residuum ist dann: A Y K a N 1a (1) Es wird als Residuum bezeichnet, weil es nicht direkt messbar ist Makroökonomie - Uni Basel 470 Schätzung der Produktionsfunktion der Schweiz BIP Kapitalstock Erste Differenzen des BIP‐Zyklus alpha Arbeitsstunden .03 .02 .01 .00 -.01 .02 -.02 -.03 .01 .00 -.01 a + Residuen aus der Regression = geschätztes Solow‐Residuum -.02 1980 1985 Residual Makroökonomie - Uni Basel 1990 1995 Actual 2000 2005 Fitted 471 12 Das Solow‐Residuum weist eine stark prozyklische Tendenz auf Dies stimmt mit der RBC Theorie überein, nach welcher die Konjunkturzyklen durch Produktivitätsschocks verursacht werden Aber sollte das Solow‐Residuum wirklich als Mass für Technologie interpretiert werden? Wenn es ein Mass für Technologie wäre, sollte es nicht mit Faktoren wie Staatsausgaben oder Geldpolitik, welche wissenschaftlichen und technologischen Fortschritt nicht direkt beeinflussen, zusammenhängen. Statistische Studien zeigen jedoch eine Korrelation mit diesen Grössen Auch wenn sich die aktuelle Technologie nicht verändert hat, kann die gemessene Produktivität trotzdem schwanken Kapital und Arbeit werden von Zeit zu Zeit intensiver genutzt Intensivere Nutzung der Inputs führt zu höherem Output Makroökonomie - Uni Basel 472 Auslastungsgrad in % Auslastungsgrad der technischen Kapazität in der verarbeitenden Industrie seit 1967, gemäss KOF Monatsumfragen 92.0 90.0 88.0 86.0 84.0 82.0 80.0 78.0 76.0 74.0 Der Auslastungsgrad von Kapital sei uK und der Auslastungsgrad der Arbeit uN Definieren wir die Kapitalleistungen als uK×K und die Leistungen aus Arbeit als uN ×N Umschreiben der Produktionsfunktion: Y = A×F(uK×K, uN×N) = A× (uK×K)alpha(uN×N)1‐alpha (2) Einsetzen für Y in Glg. (1) ergibt für das Solow‐Residuum = A × uKalpha × uN1‐alpha Das Solow‐Residuum besteht somit nicht nur aus A. Es schwankt ebenso mit uK und uN Makroökonomie - Uni Basel 473 Die Auslastung ist prozyklisch; das gemessene Solow‐ Residuum ist somit stärker prozyklisch als der tatsächliche Produktivitätsparameter A Hortung von Arbeitskräften: Firmen behalten trotz Rezession ihre Arbeitskräfte, um Anstellungs‐ und Entlassungskosten zu vermeiden Gehortete Arbeitskräfte arbeiten weniger hart oder erledigen Instandhaltungsarbeiten Die tiefere Produktivität von gehorteten Arbeitskräften wiederspiegelt nicht einen technologischen Wandel sondern nur den Grad der Auslastung Veränderungen im geschätzten Solow‐Residuum müssen daher nicht notwendigerweise Produktivitätsschocks wiederspiegeln Mehr als nur reine RBC Theorie und Produktivitäts‐ schocks Makroökonomie - Uni Basel 474 13 Fiskalpolitische Schocks im klassischen Modell Effekte einer temporären Erhöhung der Staatsausgaben Die heutigen oder zukünftigen Steuern zur Finanzierung der Staatsausgaben reduzieren den PDV der Ressourcen der Leute, was einen Einkommenseffekt auf das Arbeitsangebot verursacht. Der Grenznutzen einer zusätzlichen Stunde an Arbeit erhöht sich relativ zur Freizeit. Das Das höhere Arbeitsangebot führt zu sinkenden Reallöhnen und höhere Arbeitsangebot führt zu sinkenden Reallöhnen und einer höheren Beschäftigung Die Zunahme der Beschäftigung erhöht auch den Output und die FE‐Linie verschiebt sich nach rechts Die temporäre Erhöhung der Staatsausgaben verschiebt die IS‐ Kurve nach oben rechts während die nationalen Ersparnisse zurückgehen Makroökonomie - Uni Basel w 475 NS0 ND0 NS2 1. Leute arbeiten mehr weil sie sich ärmer fühlen (Einkommenseffekt) 2. Höher Beschäftigung (bei tieferem Lohn) erhöht den Gleichgewichtsoutput 4. Nachfrage oberhalb des Gleichgewichts führt zu Inflation w0 r IS2 r I N S2 0 N2 S3 N FE2 FE0 LM2 LM0 IS0 S0 3. Höheres G reduziert C, aber weniger als ΔG (da Ersparnisse ↓) I2 Makroökonomie - Uni Basel Y 0 Y2 Y 476 Somit hat Fiskalpolitik einen realen Effekt Bedeutet dies, dass die Fiskalpolitik somit eingesetzt werden sollte um das Gleichgewicht wieder herzustellen? Klassische Ökonomen/innen: nicht wirklich, da sich Preise und Löhne sowieso schnell anpassen um das Gleichgewicht wieder herzustellen. Nebenbei erhöht die Fiskalpolitik den Output indem sie die Arbeitskräfte schlechter stellt, da diese danach höhere Steuern zahlen und tiefere Löhne erhalten g g g Weiter können bei der Verfügung und Umsetzung der Politik Verzögerungen auftreten Dies hängt u.a. davon ab was die Ansicht bezüglich der gerade herrschenden Wirtschaftslage ist: PROBLEM DER ECHTZEIT‐DATEN Weiter ist es von den Zukunftsaussichten der Ökonomie abhängig: PROGNOSEN ÜBER ZUKÜNFTIGE ZUSTÄNDE SIND NICHT ANNÄHERND 100% ZUVERLÄSSIG Es ist also unklar wie stark die fiskalpolitischen Massnahmen sein müssen, um den gewünschten Effekt auf Beschäftigung und Output erzielen zu können Makroökonomie - Uni Basel 477 14 Arbeitslosigkeit im klassischen Modell Im klassischen Modell existiert keine Arbeitslosigkeit; arbeitslose Personen gehören freiwillig nicht zur Erwerbsbevölkerung In der Realität ist die gemessene Arbeitslosigkeit nie gleich null und es sind gerade die Probleme der Arbeitslosigkeit, welche die Politik während Rezessionen am meisten beschäftigen Klassische Ökonomen verfügen über ein weiterentwickeltes g g Modell zur Erklärung von Arbeitslosigkeit Arbeitskräfte und Jobs haben unterschiedliche Anforderungen, es existiert also ein matching Problem Strukturelle Arbeitslosigkeit Es braucht jeweils Zeit um die geeigneten Arbeitskräfte für die entsprechenden Jobs zu finden, somit existiert immer gewisse Arbeitslosigkeit Friktionelle Arbeitslosigkeit Makroökonomie - Uni Basel Die Arbeitslosigkeit steigt in Rezessionen an, da Produktivitätsschocks dazu führen, dass sich Jobs und Arbeitskräfte vermehrt nicht mehr entsprechen Ein Schock welcher zu Fehlanpassungen führt erhöht die friktionelle wie auch strukturelle Arbeitslosigkeit falls sich die Eignungsanforderungen der Arbeitgeber verändern Schocks erhöhen die natürliche Arbeitslosigkeit; jedoch immer noch keine zyklische Arbeitslosigkeit im klassischen Modell Mit Geldpolitik lässt sich die Arbeitslosigkeit durch Stützung der p g g Nachfrage nicht bekämpfen, da dies nur zu höheren Preisen führt. 478 Aber diese Argumente sind nicht befriedigend: Viele Arbeiter sind nur temporär nicht angestellt, es existiert kein fundamentaler mismatch Wenn Rezessionen nur Phasen mit höherem mismatch sind, dann sollten die gemeldeten freien Stellen in Rezessionen zunehmen. In Tat und Wahrheit gehen diese aber zurück, wie wir bei der Diskussion der Beveridge‐Kurve gesehen haben. Makroökonomie - Uni Basel 479 Geldpolitik und die Volkswirtschaft Im klassischen Modell ist Geld sowohl kurzfristig wie auch langfristig neutral, da sich die Preise zur Wiederherstellung des Gleichgewichts schnell anpassen Wenn Geld neutral ist, wieso weist die Variable Geld dann in den Daten vorauseilende prozyklische Muster auf? Auf eine Ausdehnung des Geldangebots folgt oft eine Erhöhung des Outputs Rückläufiges Geldangebot wird oft von nachfolgenden Rezessionen begleitet Monetäre Nicht‐Neutralität und umgekehrte Kausalität: Korrelation impliziert nicht auch Kausalität! Falsche Interpretation: Output steigt aufgrund vergangener Geldangebotserhöhungen an Korrekte Interpretation: Getrieben durch Geldnachfrage beinhaltet das Geldangebot bereits antizipierte zukünftige Outputveränderungen. Falls dies zutrifft, kann Geld prozyklisch und vorauseilend aber trotzdem neutral sein Makroökonomie - Uni Basel 480 15 ABER Nicht‐Neutralität des Geldes: Weitere Evidenz Monetäre Veränderungen weisen manchmal einen, von erwarteten zukünftigen Outputveränderungen unabhängigen Ursprung auf. Auf solche Geldangebotsveränderungen folgten jeweils Veränderungen der Einkommen und Preise Daher scheint Geld nicht neutral zu sein Es gibt eine Variante des klassischen Modells in welcher Geld nicht neutral ist: die misperception theory Makroökonomie - Uni Basel 481 Misperception theory – das Grundprinzip: Eine wahrgenommene Erhöhung des relativen Preises irgendeines Gutes erhöht dessen Produktion. Wenn das allgemeine Preisniveau P mehr als erwartet steigt, werden dies die Firmen zuerst nicht wahrnehmen. Die Preissteigerung ihres Produktes wird von den Firmen als relativer Preisanstieg missinterpretiert und das Angebot somit ausgedehnt Nach einer Weile erfassen die Firmen die Entwicklung korrekt und passen die Produktion entsprechend an. Treten unerwartete monetäre Schocks auf, verschiebt sich das Preisniveau über das erwartete Level hinaus nach oben Klassische Ökonomen gehen also davon aus, dass unerwartete Veränderungen im Geldangebot einen Einfluss auf die reale Aktivität haben, da Produzenten die Preisentwicklungen falsch interpretieren Auf vollständig antizipierte Veränderungen trifft dies nicht zu, diese sind sowohl kurz‐ wie auch langfristig neutral. Makroökonomie - Uni Basel 482 Die Zentralbank kann die Geldpolitik zur Beeinflussung des Outputs nur dann nutzen, wenn sie die Produzenten damit überrascht Dies kann aber nicht systematisch erfolgen, da die Leute Erwartungen bilden. Sie werden realisieren, dass die Zentralbank in Rezessionen das Geldangebot ausdehnen und in Booms reduzieren will und werden sich daher auch nicht davon täuschen lassen Hypothese der rationalen Erwartungen: Die Voraussagen der Leute zu ökonomischen Variablen sind gut begründet und Leute zu ökonomischen Variablen sind gut begründet und beinhalten alle verfügbaren Informationen In diesem Fall hat nur eine zufällige Geldpolitik einen Effekt Aber eine zufällige Politik kann nicht zur Glättung der Konjunkturzyklen genutzt werden. Die Kombination der misperceptions Theorie und rationale Erwartungen deuten darauf hin, dass Zentralbanken die Geldpolitik nicht systematisch zur Stabilisierung der Ökonomie einsetzen können. Makroökonomie - Uni Basel 483 16