KIT WS 2010/11 Moderne Theoretische Physik 2 — Quantenmechanik II V: Prof. Dr. D. Zeppenfeld, Ü: Dr. S. Gieseke Lösung der Klausur Nr. 1, 14.2.2011 Aufgabe 1: Zweidimensionaler harmonischer Oszillator [3 · 4 = 12] Wir untersuchen den zweidimensionalen Oszillator H= p2y p2x mω 2 2 + + x + 2mω 2 y2 . 2m 2m 2 (a) Bestimmen Sie zu allen Zuständen der vier niedrigsten Energien die Energie und die Entartung. Geben Sie auch die Zustände in geeigneten Quantenzahlen an. Das System wird durch den Operator √ � 2mω �3/2 2 V=δ 2 x y h̄ gestört. Berechnen Sie die erste nichtverschwindende Korrektur ∆(i) zu den ungestörten Energien (b) E = 3 h̄ω , 2 (c) E = 7 h̄ω . 2 Lösung: (a) wegen 2mω 2 y2 = 12 m(2ω )2 y2 haben wir zwei unabhängige Oszillatoren mit Frequenzen ω und 2ω und Energien Ex = h̄ω�(n x + 12 ) und Ey = 2h̄ω (ny + 21 ). Also E = Ex + Ey = � � � h̄ω n x + 2ny + 32 . Mit Zuständen � n x ny erhalten wir dann für die ersten vier Energien: Energie Zustände Entartungsgrad E = 32 h̄ω | 00 � 1 | 20 � , | 01 � 2 E = 52 h̄ω E = 72 h̄ω E = 92 h̄ω | 10 � 1 | 30 � , | 11 � 2 (b) Da die Zustände in der Besetzungszahldarstellung gegeben sind, drücken wir V mit Hilfe von � � � � h̄ � h̄mω � † † x= a+a , p = −i a−a . 2mω 2 durch Erzeugungs und Vernichtungsoperatoren aus. Analog mit (y, py ) → (b, b† ), hier jedoch auch ω → 2ω in den Normierungsfaktoren berücksichtigen! Damit erhalten wir V = δ( a2 + a†2 + 2n x + 1)(b + b† ) . 2 Moderne Theoretische Physik 2 KIT, WS 2010/11 Damit lautet die Korrektur erster Ordnung zum Grundzustand � � (1) ∆0 = � 00 | V | 00 � ∝ � 0 | x2 � 0 � � 0 | y | 0 � = 0 . � �� � =0 Für die erste nichtverschwindende Korrektur müssen wir also mindestens bis zur nächsten Ordnung gehen. Dazu benötigen wir alle möglichen Matrixelemente � 00 | V | kl �. Wegen der Wirkung von a, a† , b, b† als Leiteroperatoren und deren Auftauchen in maximal zweiter bzw. erster Potenz in V, können nur | kl � = | 01 � , | 11 � , | 21 � überhaupt einen Beitrag geben. Wir finden √ � 00 | V | 01 � = δ(2 · 0 + 1)( 1) = δ , √ � 00 | V | 11 � = δ(0)( 1) = 0, √ √ √ √ � 00 | V | 21 � = δ( 2 1))( 1) = δ 2 . Und damit (2) ∆0 = ∑ | � kl | V | 00 � |2 (0) (0) = E0 − E(kl ) � � δ2 1 2 δ2 =− + =− . h̄ω 2 4 h̄ω (kl )�=(00) δ2 0 2δ2 + + ( 32 − 72 )h̄ω ( 32 − 92 )h̄ω ( 32 − 11 2 ) h̄ω In erster nichtverschwindender Korrektur lautet die Grundzustandsenergie (2) E0 3 δ2 = h̄ω − . 2 h̄ω (c) Der Energieeigenwert E = 72 h̄ω gehört zu den Zuständen | 20 � und | 01 �, ist also 2-fach entartet. Zur Berechnung der Energiekorrektur durch V benötigen wir also die Matrixelemente von V im Unterraum dieser zwei Zustände. � 2� � 01 | V | 01 � ∝ � 0 | x � 0 � � 1 | y | 1 � = 0 , � �� � =0 � 2� � 20 | V | 20 � ∝ � 2 | x � 2 � � 0 | y | 0 � = 0 , � �� � =0 √ √ √ √ � � 2 � �� � † � � � 01 | V | 20 � = δ 0 � a � 2 1 � b � 0 = δ( 2 1)( 1) = δ 2 = � 20 | V | 01 � Damit lautet V in der Basis der zwei ungestörten, entarteten Zustände, √ �0 1� √ V=δ 2 = δ 2σx 1 0 � � � � � � � � 1 1 1 1 Wegen σx = , σx = − sind die Eigenwerte und Eigenvektoren be1 1 −1 −1 kannt. Damit haben wir in erster nichtverschwindender Korrektur die folgenden Energien und Zustände: √ 7 1 (1) E A = h̄ω − δ 2 zu √ (| 01 � − | 20 �) , 2 2 √ 7 1 (1) EB = h̄ω + δ 2 zu √ (| 01 � + | 20 �) . 2 2 KIT · WS 2010/11 Moderne Theoretische Physik 2 3 Aufgabe 2: Relativistische Korrekturen [6] Welche der relativistischen Korrekturen 1 1 dV (r ) � � S·L, 2m2 c2 r dr � 2 �2 �p 1 Hr = − , 2 2m 2mc HLS = h̄2 � 2 HD = ∇ V (r ) , 8m2 c2 des Wasserstoffatoms kann als Störoperator die ungestörten 2s und 2p Zustände vermischen? Wenn also | E(1) � = α | 2s � + β | 2p � (α, β ∈ C ) , wann kann αβ �= 0 werden? Bitte begründen Sie Ihre Antwort sorgfältig. Lösung: Die Eigenzustände des ungestörten Wasserstoffatoms mit Hamiltonoperator H0 = Hkin + V (r ) werden durch Zustände | nlm � klassifiziert, wobei l, m die Quantenzahlen zu �L2 , Lz sind. Hr hängt nur vom Impuls des Elektrons ab und lässt sich durch H0 − V (r ) ausdrücken. Wegen der Radialsymmetrie vertauscht Hr also wiederum mit �L2 , Lz ; ist also ebenso diagonal in | nlm � und vermischt daher die ungestörten 2s und 2p Zustände nicht. Für HD gilt wegen der Radialsymmetrie das gleiche Argument. Für HLS sind | nlm � keine guten Quantenzahlen mehr, weil Lz nicht mit HLS vertauscht. Daher � � � wird er normalerweise in der Basis jlsm j diagonalisiert. Das betrifft aber eben nicht l, sondern nur m. Daher kann auch dieser Operator die Zustände nicht mischen. (Zugegeben, das war etwas zu suggestiv in eine andere Richtung formuliert, sorry). Aufgabe 3: Dirac–Strom [6 + 4 = 10] Wir untersuchen ein Dirac–Elektron in Ruhe (Sz = + 2h̄ ), beschrieben durch den Spinor ψ( x ). (a) Berechnen Sie die elektromagnetische Stromdichte jµ = eψ̄( x )γµ ψ( x ) im Ruhesystem des Teilchens. (b) Wie lautet der Strom im System, in dem sich das Teilchen mit dem Impuls ( E/c, p, 0, 0) in x–Richtung bewegt? Lösung: (a) Der Spinor eines Elektrons in Ruhe mit Sz = + h̄/2 lautet ψ( x ) = exp(−ip · x/h̄)w1 ( p), mit p = (mc,�0). Damit ist 1 0 jµ = eψ† ( x )γ0 γµ ψ( x ) = e(1, 0, 0, 0)γ0 γµ 0 . 0 Da in den räumlichen γi nur die Nebendiagonalen �= 0 sind erhalten wir ((γ0 )2 = 1 nur in der nullten Komponente einen Beitrag, also jµ = (e,�0), wie erwartet. 4 Moderne Theoretische Physik 2 KIT, WS 2010/11 (b) Vom boost (mc, 0, 0, 0) → ( E/c, p, 0, 0) lesen wir γ = ( E/c)/(mc) = E/(mc2 ) ab, ebenso bekommen wir β = −cp/E. Damit ist jµ = e pµ ( E/c, p, 0, 0) = e = eβµ , mc mc also Ladung×4–Geschwindigkeit. Alternative Lösung: gegebenen Impuls in w1 ( p) einsetzen und mit den expliziten Darstellungen der γ-Matrizen jµ komponentenweise berechnen. Aufgabe 4: Quadrupolübergänge [6 + 2 + 4 = 12] Elektromagnetische Quadrupolübergänge im Wasserstoffatom werden durch sphärische Tensor(2) operatoren Qm beschrieben. (a) Berechnen Sie das Verhältnis B/A der folgenden Matrixelemente zwischen Wasserstoffeigenzuständen | nlm �, � (2) � � � A = n � 4 3 � Q2 � n 2 1 , � (2) � � � B = n � 4 − 2 � Q0 � n 2 − 2 . Das Ergebnis ist eine Zahl. (b) Berechnen Sie � (2) � � � C = n � 5 1 � Q2 � n 1 − 1 , � (2) � � � D = n � 3 1 � Q0 � n 1 − 1 . (c) Wir betrachten das Matrixelement � � � � 4 l m � z( x + iy) � n 2 1 mit kartesischen Koordinaten x, y, z. Welche Werte sind für l, m erlaubt und warum? Lösung: (2) (a) Da es sich bei Qm um sphärische Tensoroperatoren handelt, können wir A und B nach dem Wigner–Eckart–Theorem in ein Produkt aus Clebsch–Gordan–Koeffizienten (CGK) und reduziertem Matrixelement zerlegen. Das reduzierte Matrixelement ist bei beiden gleich, so dass im Verhältnis nur noch ein Verhältnis von CGKs bleibt, B � 2 2; 0 − 2 | 4 − 2 � = . A � 2 2; 2 1 | 4 3 � Für die Kopplung 2 ⊗ 2 = 4 müssen wir die gesuchten CGKs berechnen. Der Zustand maximalen Gewichts ist | 44 � = | 22 � | 22 �. Wegen der Phasenbeziehung � j1 j2 ; m1 m2 | J M � = (−1) j1 + j2 − J � j1 j2 ; −m1 − m2 | J − M � müssen wir den Absteigeoperator J− nur zweimal anwenden. Wir berechnen � √ J− /h̄ | 4 4 � = 4(4 + 1) − 4(4 − 1) | 4 3 � = 2 2 | 4 3 � , √ √ J− /h̄ | 4 3 � = 20 − 6 | 4 2 � = 14 | 4 2 � . KIT · WS 2010/11 Moderne Theoretische Physik 2 5 Andererseits √ � � 2·3−2·1 |21�|22� + |22�|21� � � = 2 |21�|22� + |22�|21� , √ � � � � ( J− /h̄)2 | 2 2 � | 2 2 � /2 = 6 − 0 | 2 0 � | 2 2 � + | 2 2 � | 2 0 � + 2 | 2 1 � | 2 1 � + | 2 1 � | 2 1 � √ √ = 6|20�|22� + 6|22�|20� +4|21�|21� . J− /h̄ | 2 2 � | 2 2 � = Damit erhalten wir � 1 � |43� = √ |21�|22� + |22�|21� , 2 � √ 1 �√ 6| 2 0 � | 2 2 � + 6 | 2 2 � | 2 0 � + 4 | 2 1 � | 2 1 � . |42� = √ 2 7 Da (−1)2+2−4 = +1, können wir von den unterstrichenen Zuständen die gesuchten CGKs ablesen und erhalten das gesuchte Resultat � √ √ B 6 2 3 = √ · = . A 7 2 7 1 (b) In beiden Fällen verschwindet der CGK, so dass nach dem Wigner–Eckart Theorem beide Matrixelemente = 0 sind. C = 0, weil ( j1 = 2) ⊗ ( j2 = 1) nicht zu J = 5 koppeln kann. Ebenso gilt D = 0, weil m1 + m2 = 0 + 1 �= 2 = M. (c) Der Operator z( x + iy) lässt sich durch die Kugelfunktion Y21 ausdrücken, weil � � 15 1 15 1 1 Y2 = − r cos θ (r sin θ cos φ + ir sin θ sin φ) = − z( x + iy) . 2 8π r 8π r2 Damit handelt es sich um einen sphärischen Tensoroperator vom Rang 2. Dementsprechend wäre aus der Kopplung 2 ⊗ 2 möglich: l = 2 − 2, . . . , 2 + 2 = 0, 1, 2, 3, 4. Wegen m = 2 ist l = 0, 1 jedoch nicht möglich. Wegen n = 4 und l < n beim Wasserstoffatom entfällt auch l = 4. Schliesslich verletzt l = 3 die Paritätserhaltung. Damit bleibt für den gesuchten Zustand nur | 4 2 2 �.