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Bundesinstitut für Arzneimittel
und Medizinprodukte
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23.05.2007
75.01-3822-V-9017-100751/07
Abwehr von Gefahren durch Arzneimittel, Stufe II
hier: retardierte Oxycodon-haltige Arzneimittel mit einem bestimmten Retardierungsmechanismus
Arzneimittel siehe Anlage
Bezug:
Anhörungsschreiben der Stufe II vom 10.04.2007
Gemeinsame Stellungnahme der betroffenen Firmen unter Federführung der Firma
Stada vom 21.03.2007
Stellungnahme der betroffenen Firmen vom 26.04.2007
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit ergeht folgender
Bescheid
Für die betroffenen retardierten Oxycodon-haltigen Arzneimittel wird zum 1. Juli 2007 die folgende
Ergänzung / Änderung der Gebrauchs- und Fachinformation angeordnet. Die Anordnung betrifft
die Abschnitte 4.2 „Dosierung, Art und Dauer der Anwendung“ und 4.4 „Besondere Warnhinweise
und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung“ der Produktinformationen.
Abschnitt „Dosierung, Art und Dauer der Anwendung“ der Fach- und Gebrauchsinformation:
„[…] soll nicht zusammen mit einem Alkohol-haltigen Getränk eingenommen
werden.“
Abschnitt „Warnhinweise“ der Fachinformation:
„Die gleichzeitige Einnahme von […] zusammen mit einem Alkohol-haltigen Getränk
muss vermieden werden, da Alkohol die Freisetzung von Oxycodon beschleunigt.
Dies kann zu erhöhten Oxycodon-Konzentrationen im Blut und häufiger zu
Nebenwirkungen wie Somnolenz oder Atemdepression führen.“
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Abschnitt „Warnhinweise“ der Gebrauchsinformation:
„Die gleichzeitige Einnahme von […] zusammen mit einem Alkohol-haltigen Getränk
muss vermieden werden, da Alkohol die Freisetzung von Oxycodon beschleunigt.
Dies kann zu erhöhten Oxycodon-Konzentrationen im Blut und häufiger zu
Nebenwirkungen wie Schläfrigkeit/Benommenheit oder Atemdämpfung führen.“
Begründung
Die Anordnung beruht auf den Bestimmungen des § 28 Abs. 2 AMG in der Fassung der
Bekanntmachung des Gesetzes vom 12.12.2005 (BGBl. I vom 15.12.2005 Seite 3394), zuletzt
geändert durch Art. 30 des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen
Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbs-stärkungsgesetz - GKV-WSG) vom 26.03.2007 (BGBl. I
vom 30.03.2007 Seite 378).
Die dem BfArM vorliegenden Unterlagen und Erkenntnisse bezüglich der vom Stufenplanverfahren
betroffenen retardierten Oxycodon-haltigen Arzneimittel für die zweimal tägliche Anwendung,
insbesondere die uns übermittelten Untersuchungen der Firma Mundipharma Research GmbH &
Co. KG zum Einfluss von Ethanol auf die Retardierung und die Stellungnahme der betroffenen
Firmen und des BAH im Rahmen des Stufenplanverfahrens, veranlassen das Bundesinstitut für
Arzneimittel und Medizinprodukte, die Textänderungen anzuordnen.
Die von den betroffenen Zulassungsinhabern vorgelegten Unterlagen bestätigen weitgehend die
von der Firma Mundipharma erhobenen experimentellen Daten bezüglich des Einflusses von
Ethanol unter in vitro-Bedingungen auf die Freisetzung des Wirkstoffs Oxycodon aus den
betreffenden retardierten Präparaten. Diese Daten weisen aus, dass bei sachgerechter und
bestimmungsgemäßer Anwendung keine medizinisch relevanten Bedenken bezüglich der sicheren
Anwendung der betroffenen Arzneimittel bestehen. Werden die Retardformulierungen jedoch mit
einer größeren Menge von hochprozentigem Ethanol (über 20%) eingenommen, besteht für kurze
Zeit nach der Einnahme die Gefahr, dass der Retardierungseffekt teilweise aufgehoben wird und
beim Patienten eine größere Wirkstoffmenge freigesetzt wird als vorgesehen. Aus den vorgelegten
Daten lässt sich ableiten, dass bei einer Ethanolkonzentration im Magen von bis zu 20% keine
klinisch relevanten, erhöhten Freisetzungsraten und damit Wirkstoffkonzentrationen zu erwarten
sind, die die sichere Anwendung dieser Arzneimittel in Frage stellen. Höhere
Ethanolkonzentrationen (über 20%) im Magen-Darm-Trakt sind unwahrscheinlich bzw. können im
Magen lediglich bei der Einnahme größerer Mengen hochprozentiger Spirituosen und für einen
begrenzten Zeitraum bestehen. Durch die Einnahme des Ethanols wird die Magensäureproduktion
angeregt, so dass es zu Verdünnungseffekten kommt. Hinzu kommt, dass Ethanol sehr schnell
aus dem Magen-Darmtrakt resorbiert wird. Bei den hier diskutierten retardierten Arzneimitteln
handelt es sich um Pelletformulierungen. Nach der Einnahme einer Tablette zerfällt diese im
Magen recht schnell, so dass nur noch kleinere Pellets vorhanden sind, die den Magen relativ
schnell verlassen und erst im Dünndarm weiter aufgelöst werden. Im Dünndarm wird die
Flüssigkeitsmenge schnell erhöht, so dass dort aufgrund der starken Verdünnung keine hohen
Ethanolkonzentrationen vorhanden sein können. Somit ist die in vitro gezeigte beschleunigte
Freisetzung des Gesamtwirkstoffs aus der Pelletformulierung in vivo nicht zu erwarten.
Unter Berücksichtigung der speziellen Darreichungsform und Wirkstoffmenge in den betroffenen
Arzneimitteln und der Übertragung der in vitro-Daten auf die in vivo-Situation sind die möglichen
Auswirkungen auf den Patienten bei nicht bestimmungsgemäßem Gebrauch jedoch als so relevant
einzustufen, dass die Aufnahme zusätzlicher Informationen in der Fach- und
Gebrauchsinformation erforderlich wird. Die Relevanz bezieht sich aber auf die besondere
Situation, dass das Arzneimittel mit Hilfe eines hochprozentigen Ethanol-haltigen Getränks
eingenommen, d.h. hinuntergeschluckt wird.
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Aufgrund der dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte vorliegenden Daten werden
die geforderten Ergänzungen / Änderungen für nötig gehalten, um Schaden von den Patienten
abzuwenden. Die betroffenen Firmen stimmen in ihrer Stellungnahme vom 26.04.2007 der
Einfügung der Textergänzung für den Abschnitt 4.2 „Dosierung, Art und Dauer der Anwendung“ zu.
Für den Abschnitt 4.4 „Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung“
halten wir die von den Firmen vorgeschlagene Änderung für nicht angemessen, da die
Formulierung, dass nur „hohe Alhohol-Konzentrationen die Freisetzung von Oxycodon
beschleunigen“, nicht genau genug ist und die zuvor gemachte Aussage, dass die gleichzeitige
Einnahme von Alkohol-haltigen Getränken grundsätzlich vermieden werden muss, zu sehr
einschränkt. Dies ist nicht im Sinne einer für den Patienten oder Arzt klaren Aussage.
Allgemeine Hinweise
Es wird darauf hingewiesen, dass die betroffenen Arzneimittel, sofern sie die o. g.
Sicherheitsanforderungen nicht erfüllen, ab dem genannten Termin nicht mehr verkehrsfähig sind
und somit von keinem Verkehrskreis mehr, auch nicht von den Apothekern, in den Verkehr
gebracht werden dürfen.
In diesem Zusammenhang weist das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte darauf
hin, daß die Inhaber von Arzneimittelzulassungen aufgrund der Bestimmungen des
Arzneimittelgesetzes verpflichtet sind, unabhängig von einschränkenden Entscheidungen der
Bundesbehörde im Rahmen der Eigenverantwortung des pharmazeutischen Unternehmers ihre
Produkte nach dem jeweils neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisstand herzustellen, eventuell
notwendige Vorsichtsmaßnahmen zum frühest möglichen Zeitpunkt durchzuführen und jederzeit
sicherzustellen, daß ihre Arzneimittel unbedenklich sind und mit einer dem jeweiligen Stand der
wissenschaftlichen Erkenntnis entsprechenden Information in den Verkehr gebracht werden. Die
vorgegebene Frist markiert daher den Zeitpunkt, zu dem die angeordneten Maßnahmen
spätestens umzusetzen sind.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben
werden. Der Widerspruch ist beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, KurtGeorg-Kiesinger-Allee 3, 53113 Bonn, schriftlich oder zur Niederschrift – unter Angabe des
Aktenzeichens 75.01-3822-V-9017-100751/07– einzulegen.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Dr. A. Thiele
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