Vorlesung Steuerberatung Nachfolgegestaltung 14. Juli 2011 von Dr. Stephan Schauhoff Rechtsanwalt/Fachanwalt für Steuerrecht Nachfolgegestaltung Vorlesungsbegleitende Literatur Birk, § 8 Tipke/Lang, § 13 B § 13 A 1 I. Grundzüge des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts 1. Erbanfallsteuer besteuert wird die Bereicherung beim Erben (Gegensatz: Nachlasssteuer) 2. Schenkung = Erbschaft 3. Subjektive Steuerpflicht (§ 2 ErbStG) a) Erblasser → Wohnsitz, erweitert unbeschränkt b) Erbe → Wohnsitz, erweitert unbeschränkt c) Steuerausländer beschränkt erbschaftsteuerpflichtig mit Inlandsvermögen d) Erbersatzsteuer für Familienstiftungen alle 30 Jahre 2 I. Grundzüge des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts 4. Steuerobjekt (§§ 3 ff. ErbStG) a) Erbfall (nicht Nachlassteilung), Schenkung b) Erwerb durch Vermächtnis c) Stiftungsgründung oder Auflösung (nicht: Schenkungsversprechen) Erbschaft- und Schenkungsteuer als Verkehrssteuer ausgestaltet, d.h. Anknüpfung an zivilrechtliche Erwerbstatbestände Der selbe Vorgang kann sowohl der Ertragsteuer als auch der Schenkungsteuer unterliegen, kein gesetzlicher Ausschluss, keine Regelung zum Konkurrenzverhältnis: Seniorin schenkt Pflegerin aus Dankbarkeit T€ 10, Lohn von dritter Seite 5. Steuerbefreiungen (§ 13 ErbStG) a) Zugewinnausgleich b) unbenannte Zuwendungen unter Ehegatten 3 I. Grundzüge des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts c) Zuwendung an Gemeinnützige d) Unterhaltszahlungen e) Begünstigung für Unternehmensübertragungen (Verschonungsabschlag) 6. Bemessungsgrundlage (§ 12 ErbStG) a) Wertfeststellung und BewG (§ 157 BewG) b) Immobilie → (gemeiner Wert, Bodenrichtwert für unbebaute Grundstücke, Mietgrundstücke mit örtlichem Liegenschaftszins (§§ 180 ff BewG, Ansatz nach § 13c ErbStG nur zu 90 v. H). c) Aktie, Geld, Wertpapiere → Börsenkurs d) Personengesellschaftsanteile → gemeiner Wert (§ 97 Abs. 1a BewG) e) Kapitalgesellschaftsanteile → (Veräußerungspreis (1 Jahr), vereinfachtes Ertragswertverfahren [§ 200 BewG: Betriebsergebnisse der letzten 3 Jahre x Kapitalsanierungsfaktor [4,5 + Basiszins 4 v.H.]] oder Zukunftsertrag und individueller Zins), Börsenkurs 4 I. Grundzüge des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts 7. Steuerfreibeträge (§ 15 ErbStG) a) Ehegatte 500 T€ b)Kind 400 T€ c) Enkel 200 T€ d) Eltern 100 T€ 20 T€ 500 T€ 20 T€ e) StKl. II (Nichten etc.) f) Lebenspartner g)StKl. III 8. Tarif progressionsabhängig, StKl. I (Bsp.) (§ 19 ErbStG) bis 300 T€ über 26 Mio. € 11 v.H. 30 v. H. Nicht abziehbar 5 II. Erbschaftsteuerreform BVerfG vom 07.11.2006, BVerfGE 117, 1 ff. Geltendes ErbStG ist wegen fehlender Orientierung am gemeinen Wert als einheitlichem Bewertungsmaßstab verfassungswidrig. Nach gleicher Bewertung darf Gesetzgeber Verschonungsregelungen nur in Form zielgenauer und normenklarer Bestimmungen ausgestalten. ErbStG tritt außer Kraft ab 01. Januar 2009, wenn bis dahin keine Reform verabschiedet. Besteuerung auf verfassungswidriger Basis wird bis dahin fortgesetzt Jetzt: Neues ErbStG am 1.01.2009 in Kraft getreten. Option zum neuen Recht zu optieren für Todesfälle zwei Jahre vor Inkrafttreten bis 30.06.2009 Änderung des reformierten Gesetzes durch WachstumsbeschleunigungsG: ● Verschonungsabschlag erleichtert ● Vererbung an Geschwister (StKl. II) verbilligt 6 III. Neues Erbschaftsteuerrecht 1. Begünstigung für Unternehmensübertragungen (§§ 13a, 13b ErbStG) Verschonungsabschlag alternativ: ● 85 v.H. des Wertes freigestellt, wenn innerhalb von fünf (davor sieben) Jahren nach dem Erwerb insgesamt 400 % (davor 650 %) der Ausgangslohnsumme nicht unterschritten werden ● Behaltefrist 5 (davor 7) Jahre. Keine Begünstigung mehr für gewerblich geprägte Gesellschaften. Greift nur bei Personengesellschaft, Einzelunternehmer oder 25 v.H. Kapitalgesellschaftsanteile oder Poolung von Kapitalgesellschaftsanteilen ● Verwaltungsvermögensanteil allenfalls 50 v.H. ● Abschmelzmodell, d.h. je Jahr entfällt 1/5 der Erbschaftsteuerlast ● 100 v.H. des Wertes werden als Verschonungsabschlag gegeben, wenn 700 % Lohnsumme in 7 Jahren, Behaltensfrist 7 Jahre und Vermögensverwaltungsanteil 10 v.H. 7 III. Neues Erbschaftsteuerrecht 2. Schädliches Verwaltungsvermögen ● Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke (nicht bei Konzern) ● Anteil an Kapitalgesellschaft von 25 v.H. oder weniger ● Beteiligungen an Gesellschaften mit 50 v.H./10. v.H. Vermögensverwaltungsanteil, allerdings: Erblasser hält Beteiligung an X-GmbH, diese 100 % an Z-GmbH (mehr als 50 v.H. Vermögensverwaltungsanteil), diese an „guter“ A-GmbH und schlechter B-GmbH: voller Verschonungsabschlag (BMF-Schreiben v. 25.6.2009, BStBl. 2009 I, 713 ● Wertpapiere ● Kunst etc. 8 III. Neues Erbschaftsteuerrecht ● Quote des schädlichen Verwaltungsvermögens hängt von Gestaltung des Konzerns ab: Gesellschafter > 25 v.H. GmbH 100 % Betriebs-GmbH (Wert 70 v.H.) Ergebnis: 85 v.H. Abschlag, bei Zwischenschaltung weiterer Gesellschaft 100 v.H. Abschlag 100 % Immobilien-GmbH (Wert 3o v.H.) 9 III. Neues Erbschaftsteuerrecht 3. Nießbrauch Wenn Schenker/Erblasser sich bei Vermögensübertragung Nießbrauch an übertragenem Vermögen (Personengesellschaftsanteile, Kapitalgesellschaftsanteile) vorbehält, wird Nießbrauch vom übertragenen Vermögen abgezogen. Beispiel: Kapitalgesellschaftsanteil (20 v.H.), Wert 100 Jährliche Nettodividende 2 v.H. Lebensalter Schenker 60 Jahre Wert Geschenk: Nießbrauch Steuerbarer Erwerb ./. 100 56.10576 43.89424 Höchstbetrag (§ 16 BewG) → 5,37 x 10.448 Kapitalwert 60 Jahre Anlage 9 zu § 14 BewG 10 IV. Beratungsfall Hinein in den Verschonungsabschlag: A, B, C, D, E halten je 20 v.H. an Kapitalgesellschaft Verschonungsabschlag für jeweilige Beteiligung nur, wenn sie sich poolen: § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 3 ErbStG: Anteile des Erblassers/Schenkers und Anteile weiterer Gesellschafter, wenn der Erblasser und die weiteren Gesellschafter „untereinander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern einheitlich auszuüben“. Welche Vereinbarungen müssen A, B, C, D, E abschließen? 11 IV. Beratungsfall ● Gesellschafter verpflichteten sich (auch im Gesellschaftsvertrag) Geschäftsanteile nur (nach einheitlichem Maßstab) [an Abkömmlinge und Ehefrau?, an wen auch immer?] oder zum gleichen Zeitpunkt an den außenstehenden Dritten) einheitlich zu verfügen (veräußern, auch belasten) ● Verpflichtung auch neu hinzutretendem Gesellschafter aufzuerlegen ● und das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern nur einheitlich auszuüben (was ist, wenn alle Gesellschafter entsprechend den oben dargestellten Grundsätzen gebunden sind?) (so jetzt auch Finanzverwaltung) 12 IV. Beratungsfall Erbschaftsteuerliche Spezialitäten Nießbrauch → Nutzungen (Jahreswert x Restlebenserwartung [Sterbetabelle, noch alt]) Renten → feststehender Betrag Teilentgeltlich → Unterpreisverkauf, gemischte Schenkung Mittelbare Grundstücksschenkung Schenkung unter freiem Widerruf (Schenkungsteuer, Ertragsteuer) 13