Fact Sheet Herzinsuffizienz

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Fact Sheet
Herzinsuffizienz
Diese Zusammenstellung wurde im Rahmen des Teilprojektes 4 (Epidemiologie)
des Kompetenznetzes Herzinsuffizienz erarbeitet von:
Prof. Dr. Hans-Werner Hense, Dr. Bruno Neuner MPH, Universität Münster;
Dr. Cornelia Weikert MPH, Prof. Dr. Heiner Boeing, Deutsches Institut für Ernährungsforschung (DIfE), Nuthetal;
Dr. Jan Stritzke, Dr. Marcello Markus, Prof. Dr. Heribert Schunkert,
Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck;
Dr. Stefan Störk PhD, Prof.in Dr. Christiane Angermann,
Universitätsklinikum Würzburg.
Anregungen, Ergänzungen und Kommentare richten Sie bitte an den Sprecher des TP 4:
Prof . Dr. Hans-Werner Hense
Bereich Klinische Epidemiologie
Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin
Universität Münster
[email protected]
Fact Sheet Herzinsuffizienz
1
Stand Juli 2008
INHALT
VORWORT .............................................................................................................. 3 DEFINITIONEN ....................................................................................................... 4 HÄUFIGKEIT IN DER BEVÖLKERUNG (PRÄVALENZ) ............................................ 5 NEUERKRANKUNGSRATEN (INZIDENZ) ................................................................ 7 ÄTIOLOGIE ............................................................................................................. 8 HOSPITALISIERUNGSRATEN .................................................................................. 8 KOSTEN.................................................................................................................. 9 PROGNOSE ........................................................................................................... 10 MORTALITÄT ....................................................................................................... 11 LITERATUR ........................................................................................................... 11 Fact Sheet Herzinsuffizienz
2
Stand Juli 2008
VORWORT
Zehntausende von Menschen in Deutschland leiden an einer Pumpschwäche ihres Herzens, der Herzinsuffizienz. Viele von Ihnen
sind im täglichen Leben schwer beeinträchtigt.
Die aktuell in der Bevölkerung bestehende Belastung durch die Herzinsuffizienz (Prävalenz,
Inzidenz, Krankenhauseinweisungsraten, Letalität und Mortalität) und ihre wichtigsten Determinanten sind aber für Deutschland bisher
nur unzureichend untersucht worden.
Das Teilprojekt 4 des Kompetenznetzes
Herzinsuffizienz (Epidemiologie) basiert auf
der engen Zusammenarbeit von drei großen
bevölkerungsbezogenen Prospektivstudien in
Deutschland, der KORA-Studie in der Region
Augsburg, der SHIP-Studie in Vorpommern
und der EPIC-Potsdam-Studie. In diese laufenden Studien wurden Projekte mit spezifischem
Bezug zur Herzinsuffizienz eingebettet. Darüber hinaus besteht eine enge Kooperation mit
dem Teilprojekt 15 (INH-Studie). Ziel des Teilprojektes 4 ist es, aktuelle und zuverlässige Daten über die Epidemiologie der unterschiedlichen Formen der Herzinsuffizienz auf der Bevölkerungsebene und im klinischen Bereich für
Deutschland zusammenzutragen.
Fact Sheet Herzinsuffizienz
3
Seit dem Jahr 2005 stellt das Teilprojekt 4 ein
sogenanntes Fact Sheet Herzinsuffizienz für die
interessierte Fach- und Laienöffentlichkeit zur
Verfügung, in dem aktuellste Informationen zu
den verschiedensten epidemiologischen Aspekten der Herzinsuffizienz zusammengetragen
werden. Dabei wird versucht, die jeweils aktuellsten Daten aus der Arbeit des Kompetenznetzes Herzinsuffizienz in die Darstellung mit
einfließen zu lassen.
Während die ersten Fact Sheets Herzinsuffizienz dadurch geprägt waren, dass für viele
Angaben die Daten aus deutschen Untersuchungen fehlten, hat sich die Situation vor allem durch die Arbeiten in den Teilprojekten 4
und 15 deutlich verbessert: wir verfügen nun
auch für Deutschland über eine interessante,
valide und zeitnahe Information bezüglich der
wichtigsten Charakteristika zur Epidemiologie
der Herzinsuffizienz.
Wir hoffen, dass die im Folgenden angebotenen Daten und Informationen zur Herzinsuffizienz für alle Interessierten von Nutzen sind.
Wir sind selbstverständlich für Ihre Kritik,
Kommentare und Anregungen jederzeit empfänglich und dankbar.
Stand Juli 2008
DEFINITIONEN
• Symptome und Klinische Zeichen der
Herzinsuffizienz:
• Echokardiographische Zeichen der
Herzinsuffizienz:
Herzinsuffizienz wird definiert als ein klinisches Syndrom, bei dem das Herz nicht mehr
in der Lage ist, die Gewebe mit genügend
Sauerstoff zu versorgen, um den Gewebestoffwechsel in Ruhe und unter Belastung sicherzustellen. Klinisch bestehen dabei typische
Symptome wie Atemnot, Müdigkeit und
Flüssigkeitsretention, die ursächlich auf eine
kardiale Funktionsstörung zurück zu führen
sind. Die Diagnose einer Herzinsuffizienz ist
das Ergebnis von sorgfältiger Anamnese und
körperlicher Untersuchung
Die wichtigste diagnostische Untersuchung
bei einer Herzinsuffizienz ist die zweidimensionale Echokardiographie mit DopplerFlussmessungen. Sie dient dem Ziel, Veränderungen an Herzmuskel, Klappen oder Perikard
zu erkennen. Mit der Echokardiographie lassen
sich systolische von diastolischen Funktionsstörungen des linken Ventrikels abgrenzen.
Der funktionelle Schweregrad der Herzinsuffizienz wird nach der New York Heart
Association (NYHA) in vier Grade eingeteilt:
• Systolische Dysfunktion
•
NYHA-Stadium 1:
Herzerkrankung ohne körperliche Leistungseinschränkung. Alltägliche körperliche Belastung
verursacht keine inadäquate Erschöpfung,
Rhythmusstörung, Luftnot oder Angina Pectoris.
• NYHA-Stadium 2:
Herzerkrankung mit geringer Einschränkung der
körperlichen Leistungsfähigkeit. Keine Beschwerden in Ruhe. Alltägliche körperliche Belastung
verursacht inadäquate Erschöpfung, Rhythmusstörung, Luftnot, Angina.
• NYHA-Stadium 3:
Herzerkrankung mit höhergradiger Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Keine
Beschwerden in Ruhe. Geringe körperliche Belastung verursacht inadäquate Erschöpfung, Rhythmusstörung, Luftnot, Angina Pectoris.
• NYHA-Stadium 4:
Herzerkrankung mit Beschwerden bei allen körperlichen Aktivitäten und in Ruhe. Bettlägerigkeit.
Fact Sheet Herzinsuffizienz
4
Ventrikuläre Funktionsstörungen können
mit und ohne klinische Zeichen der Herzinsuffizienz auftreten. Sie gelten als Vorstufen der
klinisch manifesten Erkrankung .
Die primäre funktionelle Information aus
dem Echokardiogramm besteht in der Ermittlung der Auswurffraktion (oder Ejektionsfraktion = EF) der linken Herzkammer. Im Allgemeinen wird eine EF über 55% als normal,
zwischen 55 und 44% als leichte, von 45 bis
30% als mittelgradige und unter 30% als
schwere systolische Dysfunktion eingestuft.
• Diastolische Dysfunktion
Die Doppler-Echokardiographie erlaubt
darüber hinaus die Bestimmung von Schlagvolumen, Herz-Zeit-Volumen sowie insbesondere
die Analyse des transmitralen Geschwindigkeitsprofils des Blutflusses währen der Diastole
(E/A-Quotient, isovolumetrische Relaxationszeit). Hinzu kommen inzwischen auch neuere
Untersuchungstechniken wie die Bestimmung
des Pulmonalvenenflusses und der sogenannte
Gewebedoppler (zur Bestimmung der Bewegung des Mitralklappenrings).
Stand Juli 2008
HÄUFIGKEIT IN DER BEVÖLKERUNG
(PRÄVALENZ)
•
• Linksventrikuläre Systolische Dysfunktion
Symptomatische Herzinsuffizienz
Zurzeit liegen aus Deutschland keine Daten zur Prävalenz (Häufigkeit) der symptomatischen, chronischen Herzinsuffizienz vor. Wir
präsentieren deshalb in Abbildung 1 die Ergebnisse der niederländischen RotterdamStudie. In dieser Studie wurden Frauen und
Männer aus einer repräsentativen Stichprobe
der Allgemeinbevölkerung, die älter als 55 Jahre waren, zunächst klinisch untersucht. Zur
Diagnose einer Herzinsuffizienz wurden dabei
die Kriterien der US-amerikanischen Framingham-Studie herangezogen.
18
16
Abb. 2: Prävalenz der
Linksventrikulären Systolischen Dysfunktion
15,7
12
10
Prävalenz (%)
Prävalenz (%)
14
Abb. 1: Prävalenz der
symptomatischen Herzinsuffizienz
Rotterdam-Studie 1999
Im Rahmen des MONICA/KORA-Projektes
wurde in der Studienregion Augsburg im Jahr
1994/95 eine große Bevölkerungsstichprobe
von über 1000 Frauen und Männern echokardiographisch untersucht. Zum Vergleich wurden Resultate aus der amerikanischen Olmsted
County Studie (s. Literatur: Redfield et al.,
2003) herangezogen. Beide Studien sind einander in Abbildung 2 gegenübergestellt. Dabei
sind die unterschiedlichen Grenzwerte für die
Auswurffraktion bei einem direkten Vergleich
der beiden Studien zu beachten.
8,0
8
6,8
5,5
6
3,7
4
2,8
2
0
55 -6 4
65 -7 4
75 -84
85 -94
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
MONICA Augsburg 1
6 ,3
4,7
1 ,5 1,4
1 ,7
2, 1
2,0
2, 2
1 ,9
1,7
0,8
0, 6
0
<40
40-59
Jahre
Männer
7 ,9
Olmsted County 2
60+
45-5 4
55 -64
65-7 4
7 5+
Jahre
Frauen
Männer
1
Frauen
EF < 48%; 2 EF < 40%
Die Abbildung verdeutlicht die starke Altersabhängigkeit der chronischen Herzinsuffizienz. Diese bevölkerungsbasierende Untersuchung zeigt außerdem deutlich, dass Patienten
mit den klinischen Zeichen einer Herzinsuffizienz im höheren Alter häufiger dem weiblichen Geschlecht angehören
Die Prävalenz einer eingeschränkten Auswurffraktion des linken Ventrikels nimmt nach
diesen Befunden insbesondere bei Männern
mit steigendem Alter zu. Bei Frauen sind diese
altersspezifischen Veränderungen der systolischen Funktion dagegen schwächer ausgeprägt
bzw. gar nicht vorhanden.
In der Gruppe der über 85-Jährigen weist
nach der Rotterdam- Studie jede sechste Frau
und jeder zwölfte Mann eine Herzinsuffizienz
auf.
Die Pumpfunktion des linken Ventrikels ist
demnach bei etwa jedem zehnten bis zwanzigsten Mann in den höheren Altersgruppen eingeschränkt.
Fact Sheet Herzinsuffizienz
5
Stand Juli 2008
• Ventrikeldysfunktion und Herzinsuffizienz
• Diastolische Dysfunktion
Im Rahmen des oben bereits erwähnten
MONICA/KORA-Projektes wurde echokardiographisch auch die diastolische Funktion
nach den Kriterien der European Study Group
on Diastolic Heart Failure untersucht. Zum
Vergleich wurden erneut die Resultate aus der
amerikanischen Olmsted County Studie herangezogen. Der Vergleich ist in Abbildung 3 dargestellt.
Wenngleich die systolischen und diastolischen Störungen der Ventrikelfunktion einen
Teil der pathophysiologischen Grundlage der
Herzinsuffizienz darstellen, sind sie nur zu einem geringeren Prozentsatz mit einer typischen klinischen Symptomatik verbunden.
Auch für diesen Zusammenhang bietet die
amerikanische Olmsted County Studie eine gute Datenbasis.
Abb. 3: Prävalenz der
A bb . 4: S ympto matische Her zinsuffiz ienz b ei
Diastolischen Dysfunktion
sys tolischer bzw. di asto lis cher Dy s funk ti on
Olmste d County
Olmsted County 2
50
20, 9
16, 3
11, 7
9, 3
7, 3 7, 4
10
io
n
un
ct
dy
sf
Se
v
er
e
dy
er
at
Frauen
sf
u
un
ct
e
Gesamt
nc
t io
io
n
al
D
75+
ild
65- 74
M
Männer
55- 64
M
45- 54
ys
f
EF
<
1
0
Gesamt
%
%
50
1, 8
n
0
5, 7
5
od
7, 1
or
m
8, 6
20
40
10
30
<
15
13, 8
40
EF
Prävalenz (%)
20
N
MONICA/KORA Augsburg 1
Prävalenz (%)
25
‚Diastolic abnormality’ basierend auf altersspezifischen
E/A, IVRT und EF > 45%;
2 ‚Moderate and severe diastolic dysfunction’ basierend auf
E/A mit und ohne Valsalva, Gewebedoppler und
Pulmonalvenenfluss.
1
Beide Untersuchungen belegen, dass diastolische Funktionsstörungen deutlich häufiger
auftreten als die systolische Dysfunktion. Die
mit dem Alter steigende Häufigkeit einer diastolischen Dysfunktion ist darüber hinaus, anders als bei der systolischen Dysfunktion (siehe
oben), bei beiden Geschlechtern vorhanden.
Abbildung 4 belegt, dass vor allem die ausgeprägteren Stadien der systolischen wie auch
der diastolischen Dysfunktion durchaus mit
den klassischen Symptomen einer Herzinsuffizienz einhergehen. Andererseits sind mehr als
die Hälfte dieser Patienten frei von Atemnot,
Müdigkeit und / oder Flüssigkeitseinlagerung.
In der Größenordnung ist eine diastolische
Dysfunktion in der Allgemeinbevölkerung
mehr als doppelt so häufig als eine systolische
Funktionsstörung. In den höheren Altersgruppen weist etwa jeder fünfte Mann und jede
sechste Frau Zeichen einer mittelgradigen bis
schweren diastolischen Dysfunktion auf.
Des Weiteren zeigte sich, dass auch die systolischen und diastolischen Funktionsstörungen
weitgehend unabhängig voneinander auftreten. Von allen Patienten mit einer EF < 50%
fand sich bei fast zwei Dritteln keine oder nur
eine leichte Einschränkung der diastolischen
Funktion.
Fact Sheet Herzinsuffizienz
6
Stand Juli 2008
NEUERKRANKUNGSRATEN (INZIDENZ)
In Deutschland wurden im Rahmen des Follow-Ups der prospektiven EPIC-Studie in der
Region Potsdam alle in der Gruppe von Studienteilnehmern neu auftretenden Fälle mit
den Symptomen einer Herzinsuffizienz über
den Verlauf von 8.5 Jahren erfasst. Nur Selbstangaben, die sich im Rahmen einer standardisierten Nacherfassung medizinisch bestätigen
ließen, wurden für die Berechnungen der Inzidenz herangezogen. Dabei handelte es sich um
Fälle mit passenden pathologischen Befunden
in Echokardiographie oder Koronarangiographie, mit Symptomen entweder mit Röntgenbefund oder pathologischem EKG.
Abb. 5: Inzidenz der
symptomatischen Herzinsuffizienz
8.5 Jahre Follow-Up der EPIC Pot sdam St udie
42, 2
Inzidenz pro 10.000 / Jahr
45
40
35
30
25, 6
25
20
Abb. 6: Relative Zunahme (in %) echokardiographischer Werte
10 Jahre Follow-Up, MONICA/KORA Studie Augsburg
Δ WT (in %)
Δ LA (in %)
p=0.025
15%
15%
p<0.001
p=0.012
10%
10%
5%
5%
0%
0%
-5%
p=0.001
-5%
Normalgewicht Präadipositas
Adipositas
Normalgewicht Präadipositas
Adipositas
W T: Wanddick e linker Ventrikel, LA, Durchmesser linker Vorhof
Stadien der Herzinsuffizienz
Die chronische Herzinsuffizienz manifestiert
sich in unterschiedlichen Graden der funktionellen Einschränkung (NYHA-Stadien, siehe
oben). Im Interdisziplinären Netzwerk Herzinsuffizienz (INH) am Herz- und Kreislaufzentrum der Universität Würzburg wurden
konsekutiv Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz (symptomatisch oder EF <40%) aus
der Region erfasst.
13, 1
15
10
5, 0
4, 6
2, 1
5
0
45- 54
55- 64
65+
A lter (in Jahren)
Frauen
Prozent
M änner
In der MONICA/KORA-Kohorte wurden
686 Probanden nach 10 Jahren echokardiographisch nachuntersucht. Das Auftreten erster
Zeichen von frühzeitiger kardialer Funktionsstörung wurde dabei in Abhängigkeit vom
Körpergewicht betrachtet. Es zeigte sich, dass
die Zunahme der Ventrikeldicke und der Vorhofdurchmesser signifikant mit dem Körpergewicht assoziiert war (Abbildung 6).
Fact Sheet Herzinsuffizienz
7
Abb. 7: Verteilung der NYHA-Stadien
Prospektive Kohortenstudie Würzburg
(n = 1054)
50
45
40
35
30
25
20
15
10
5
0
1
2
3
4
NYHA
Männer
Frauen
Das Durchschnittsalter betrug knapp 73 Jahre. Etwa 50% der Männer, aber zwei Drittel der
Frauen befanden sich in den NYHA-Stadien 3
oder 4.
Stand Juli 2008
ÄTIOLOGIE
HOSPITALISIERUNGSRATEN
Die Bestimmung der Ursachen einer Herzinsuffizienz ist im Allgemeinen dadurch erschwert, dass Risikofaktoren eine lange Latenzund Induktionszeit besitzen, dass sie oft stark
miteinander korrelieren und dass mehrere Risikofaktoren mit präklinischen und klinischen
Veränderungen auf einem gemeinsamen ätiologischen Pfad liegen.
Patienten mit schwereren Verlaufsformen
bedürfen häufig der stationären Behandlung.
Krankenhausentlassungsdiagnosen werden in
vielen Ländern herangezogen, um die zeitliche
Veränderung der Krankheitsbelastung (= case
load) mit diesen regelmäßig verfügbaren Daten
abzuschätzen (Abbildung 9; ICD-9: 428 und
ICD-10: I50).
Abb. 8: Ätiologie der Herzinsuffizienz
Abb. 9: Jährliche Krankenhausfälle
Hauptdiagnose Herzinsuffizienz (I 50)
www.gbe-bund.de
INH-Register Würzburg (N = 997)
60
350 000
40
300 000
30
250 000
20
200 000
0
150 000
K
M
e
E
te
nd
er
A
50 000
yp
er
tr
di
ng
ve
0
H
pe
nb
e
100 000
K
la
p
op
he
H
E
H
M
P
er
te
ns
i
H
yp
ta
tiv
e
K
H
D
ila
Is
ch
äm
is
ch
e
P
10
E
An teil (%)
50
200 0
Männer
Während in den klinischen Studien vor allem die ischämische Herzkrankheit im Vordergrund steht, berichten bevölkerungsbasierende
Prospektivstudien, wie z.B. die FraminghamStudie, dagegen von attributablen Fraktionen
von mehr als 50% für die Hypertonie und von
nur etwa 30% für die koronare Herzkrankheit.
Der lange Follow-Up-Zeitraum epidemiologischer Studien trägt dabei zu einer unterschiedlichen Gewichtung bei.
Fact Sheet Herzinsuffizienz
200 1
2002
2003
2004
2005
2 006
Frauen
8
Zurzeit stehen dazu in Deutschland vor allem eine Datenquellen zur Verfügung: die Berichterstattung des Statistischen Bundesamtes
(www.gbe-bund.de; Abbildung 9 und 10). Die
Qualität dieser Dokumentationen ist allerdings
nicht zu hoch, da die Berichte auf Fallbasis und
nicht auf Personenbasis erstellt werden, so dass
Mehrfach-Einweisungen desselben Patienten
im Berichtszeitraum auch mehrfach gezählt
werden.
Stand Juli 2008
Andererseits lassen sich zeitliche Trends der
stationären Versorgung der Herzinsuffizienz
anhand dieser Datenbestände gut abbilden,
wenn man davon ausgeht, dass sich die Systematik der Erhebung nicht verändert hat.
Abb. 10: Krankenhausfälle, pro 100.000
Einwohner
( www.gbe-bund.de)
350
300
250
200
150
KOSTEN
Die Krankheitskostenrechnung des Statistischen Bundesamtes bietet die Möglichkeit, die
Kosten im Gesundheitswesen nach Krankheiten darzustellen und diese nach Alter und Geschlecht ui differenzieren.
Im Jahre 2004 entstanden dem deutschen
Gesundheitswesen durch die Behandlung von
Krankheiten Kosten in Höhe von 224,9 Mrd.
Euro. An erster Stelle standen dabei die Krankheiten des Kreislaufsystems mit insgesamt
35,27 Mrd. Euro.
Krankheitskosten für spezifische Herz-Kreislaufkrankheiten, nach Geschlecht, BRD
Statistisches Bundesamt, 2007
100
50
0
2000
2001
2002
2003
Männer
2004
2005
2006
Krankheitsart
Frauen
(ICD)
Die Zahl der hospitalisierten Fälle mit einer
Herzinsuffizienz hat sich nach Jahren des steten Anstieges aktuell stabilisiert. Frauen dominieren die Zahl der Krankenhausfälle deutlich.
Die Liegedauern haben sich zwar verkürzt,
sind aber immer noch relativ lang.
Durchschnittliche stationäre Aufenthaltsdauer in
Tagen im Jahr 2005, BRD.
Nationale Daten AOK.
Krankheitsart
(ICD)
Ischämische
Herzkrankheiten
(I20-25)
Herzinsuffizienz
(I50)
Zerebrovaskuläre
Krankheiten
(I60 – I69)
Männer
Frauen
(Tage je Fall)
(Tage je Fall)
7.29
7.84
12.56
12.70
12.9
12.9
Fact Sheet Herzinsuffizienz
9
Ischämische Herzkrankheiten
(I20-25)
Herzinsuffizienz
(I50)
Zerebrovaskuläre
Krankheiten
(I60 – I69)
Männer
Frauen
(Mill. Euro)
(Mill. Euro)
3803
2387
969
1579
3175
6320
Im Zusammenhang der Gesamtausgaben
für die Herz-Kreislauf-Erkrankungen spielen
die Kosten für die Herzinsuffizienz eine eher
nachgeordnete Rolle. Weit über 80% dieser
Kosten fallen dabei erst jenseits des 65. Lebensjahres an.
Hier spielt bei der Betrachtung aber natürlich auch die Prognose eine wichtige Rolle, da
die Kosten auch in Beziehung zur durchschnittlichen Dauer der Erkrankung bzw. zur Lebenserwartung der betroffenen Altersgruppen gesetzt werden müssen.
Stand Juli 2008
PROGNOSE
DIE WÜRZBURGER INH- STUDIE
Die Herzinsuffizienz ist mit einer ungünstigen Prognose verbunden. Die krankheitsbezogene Sterblichkeit (= Letalität) ist hoch und
auch in bevölkerungsbezogenen Studien bei
Männern und Frauen in ähnlichen Größenordnungen.
Unter den Patienten beider Geschlechter,
deren mittleres Lebensalter bei 73 Jahren lag,
fanden sich im Würzburger INH-Register folgende kurz- und langfristigen Letalitäten (Abbildung 11):
Das Interdisziplinäre Netzwerk Herzinsuffizienz (INH) wurde 2001 als Forschungs- und
Versorgungsnetz am Würzburger HerzKreislaufzentrum zum Zwecke der Versorgungsforschung und Verbesserung der Versorgungslage bei Herzinsuffizienz gegründet. In
diesem Rahmen wurden ein Versorgungskonzept für herzinsuffiziente Patienten erarbeitet
und die Effektivität und Effizienz in der prospektiven, randomisierten und kontrollierten
INH-Studie an 715 Patienten geprüft:
Abb. 11: Letalität bei Herzinsuffizienz
Prospektive Kohortenstudie Würzburg
(n = 1054)
40%
35%
30%
25%
20%
15%
10%
5%
0%
nach 30
Tagen
nach 180
Tagen
nach 360
Tagen
nach 540
Tagen
Abb. 12: Kumulatives Überleben in Abhängigkeit von
der Art der Versorgung in der INH-Studie: Krankheitsmanagement mit HeartNetCare HF Würzburg© (HNC) vs. Usual Care (UC).
In der gleichen Studie wurde der Grad der
leitliniengerechten Therapie (GLT; Range 0100%) berechnet. Dabei wurden etablierte
Kontraindikationen und die drei Substanzklassen Betablocker, ACE-Hemmer/AT1-Blocker
und Aldosteron-Antagonist berücksichtigt. Der
mittlere GLT von Patienten mit eingeschränkter Pumpfunktion lag bei 67%, bei aus dem
Krankenhaus zugewiesene Patienten noch etwas besser (73%). Ein besserer GLT (verglichen
wurden die Gruppen niedrig versus hoch) war
auch nach multivariater Adjustierung signifikant mit einer um 38% besseren Überleben
verbunden (p = 0.008).
Fact Sheet Herzinsuffizienz
10
.In der INH-Studie wurden in zwei Studienarmen die bisher übliche Versorgung
(Usual Care) und die Versorgung durch multidiziplinäres Krankheitsmanagement (HeartNetCare HF Würzburg©) verglichen. Effektivitätsparameterwaren u. a.: Tod jeder Ursache,
Zeit bis zum ersten Ereignis (Tod, Hospitalisierung), Anzahl außerhalb des Krankenhauses
erlebter Tage, Schweregrad der Herzinsuffizienz und Lebensqualität.
Innerhalb der Nachbeobachtung von 6
Monaten starben im ‚Usual Care’-Arm 51 Patienten (14 %) verglichen mit 28 (8 %) im mit
Heart- NetCare HF Würzburg© betreuten Arm.
(p=0.018, Risikoreduktion 43%, Abb. 12).
Stand Juli 2008
MORTALITÄT
LITERATURAUSWAHL
Die Daten zur Sterblichkeit an Herzinsuffizienz in Deutschland werden jährlich vom
Statistischen Bundesamt auf der Basis der ICDKodierung der Leichenschauscheine berechnet.
Die Zahl der pro Jahr an einer Herzinsuffizienz
versterbenden Personen ist bei Frauen wesentlich höher als bei Männern (Abbildung 12).
Angermann CE. INH-Studie: mehr Lebensqualität und
bessere Überlebenschancen. MedReview; 2008: 2-3.
Abb. 13: Sterbefälle Deutschland 2000-2006, ICD10: I50
Baessler A, Fischer M, Schunkert H. [Chronic heart failure--often an avoidable fate] Deutsche Medizinische Wochenschrift 2003; 128: 1489-1493.
Fischer M, Baessler A, Hense HW, Hengstenberg C, Muscholl M, Holmer S, Döring A, Bröckel U, Riegger G,
Schunkert H. Prevalence of left ventricular diastolic dysfunction in the community. Results from a Doppler echocardiographic-based survey of a population sample. European Heart Journal 2003;24: 320-328.
Fischer M, Baessler A, Holmer SR, Muscholl M, Bröckel U,
Luchner A, Hense HW, Döring A, Riegger G, Schunkert
H. [Epidemiology of left ventricular systolic dysfunction
in the general population of Germany: results of an echocardiographic study of a large population-based sample.
Zeitschrift für Kardiologie 2003; 92: 294-302.
45000
40000
35000
30000
25000
20000
15000
10000
5000
0
Germing A, Mügge A. Diastolische Herzinsuffizienz Was ein "Nicht-Kardiologe" darüber wissen sollte.
Deutsche Medizinische Wochenschrift 2006; 131, 2672-2674.
2000
2001
2002
2003
Männer
2004
2005
2006
Frauen
Ein genaueres Bild, das die hier besonders
wichtige Altersentwicklung der Bevölkerung
mitberücksichtigt, zeichnen die altersstandardisierten Sterberaten (= Mortalitätsraten).
Abb. 14: Altersstandardisierte Mortalität
Deutschland 2000-2005
Herzinsuffizienz (ICD-10: I50)
70
60
40
30
20
10
0
2002
2003
Männer
2004
2005
Redfield MM, Jacobsen SJ, Burnett JC, Jr. et al. Burden of
systolic and diastolic ventricular dysfunction in the community: appreciating the scope of the heart failure epidemic. JAMA 2003; 289: 194-202.
Störk S, Hense HW, Zentgraf C, Uebelacker I, Jahns R,
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treatment guidelines is associated with lower mortality in
a community-based sample of patients with chronic heart
failure. A prospective cohort study. Eur J Heart Fail 2008
(in press).
50
2001
Mosterd A, Cost B, Hoes AW et al. The prognosis of heart
failure in the general population: The Rotterdam Study.
European Heart Journal 2001; 22: 1318-1327.
Störk S, Frantz S, Bauersachs J, Ertl G, Angermann CE.
Primärdiagnostik der Herzinsuffizienz in Klinik und Praxis. Deutsche Medizinische Wochenschrift; 2008; 636-641.
80
2000
Mosterd A, Hoes AW, de Bruyne MC et al. Prevalence of
heart failure and left ventricular dysfunction in the general population; The Rotterdam Study European Heart Journal 1999; 20: 447-455.
2006
Frauen
Es wird deutlich, dass die Sterblichkeit an
Herzinsuffizienz in der Bevölkerung seit dem
Jahr 2003 deutlich sank.
Fact Sheet Herzinsuffizienz
11
Stand Juli 2008
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