Die Regeneration der chronisch durch Diäthylnitrosamin geschädigten Leber nach Teilhepatektomie U. MOHR, R. SPEETZEN, M . KNECHT und H . WRBA Deutsches Krebsforschungszentrum Heidelberg, Institut für experimentelle Pathologie (Direktor: Prof. Dr. Dr. H. W R B A ) (Z. Naturforsch. 2 3 b, 5 2 8 — 5 3 0 [ 1 9 6 8 ] ; e i n g e g a n g e n am 8. A u g u s t 1967) Die chronisch durch DÄNA geschädigte Leber zeigt gegenüber der normalen Leber eine gesteigerte DNS-Synthese und nach Teilresektion ebenfalls regeneratives Wachstum. Sowohl autoradiographisch als auch nach Bestimmung des 3 H-Hhymidineinbaues ist das Ausmaß der Regeneration bei nicht verzögertem Beginn gegenüber der normalen Leber herabgesetzt. Lebercirrhosen, als proliferative Reaktion auf Schädigungen der Leber lassen sich experimentell durch verschiedenartige Substanzen induzieren. Die Beziehung zwischen der Regenerationsfähigkeit des Organes und der bestehenden Lebercirrhose wird in der Literatur unterschiedlich diskutiert. Die durch Tetrachlorkohlenstoff chronisch geschädigte Leber soll nach Teilhepatektomie nur eine eingeschränkte Regenerationsfähigkeit besitzen ( M A N N , HURO- Wucherungen, gutartige Hepatome und Carcinome (THOMAS 10 , GRUNDMANN u n d 1( 2 WITZ und STUDER 3 , RABINOVICI und WIENER 4 ). 5 Nach der Beschreibung der leberschädigenden Eigenschaft des Dimethylnitrosamins ( M A G E E und 8 B A R N E S ) wurde in Wiederholung und Erweiterung dieser Versuche eine ähnliche Leberwirkung für Diäthylnitrosamin (DÄNA) gefunden (SCHMÄHL, 9 P R E U S S M A N N und H A M P E R L ) . Das histologische Bild dieser Schädigung ist gekennzeichnet durch fleckförmige Nekrosen, Blutungen und Fett- und Eiweißeinlagerungen in die Parenchymzellen. Als Folge finden sich progressive Veränderungen, wie Gallengangs- 2 3 4 5 6 F . C . MANN, S u r g e r y 8 , 2 2 5 N ) . Material und Methode An- dererseits wird über den Rüdegang einer bestehenden Tetrachlorkohlenstoff-Cirrhose nach Teilresektion der Leber berichtet ( C O S T A und S M O R L E S I , 6 I S L A M I und Mitarbb. ). Auch die durch Thioacetamid geschädigte Leber läßt nach Teilhepatektomie eine geringere Zunahme der Proliferations-Aktivität erkennen als die unbehandelte, teilresezierte Leber 7 ( S T Ö C K E R und Mitarbb. ) . 1 SIEBURG Ein wesentlicher Teilvorgang der Regeneration ist der nachweisbare Anstieg der DNS-Synthese im regenerierenden Organ. Durch die Bestimmung des Einbaues von DNS-Vorläufersubstanzen läßt sich daher Umfang und Kinetik der Regeneration erfassen. Lebercirrhosen werden durch DANA, besonders bei einer Tagesdosis von etwa V30 der LD50/kg/KG erzeugt ( D R U C K R E Y , S C H I L D B A C H , S C H M Ä H L , P R E U S S M A N N und I V A N C O V I C S 12 ). Weibliche Albinoratten (SpragueDawley) mit einem Gewicht von 200 + 25 g wurden verwendet. Die Tiere erhielten Preßfutter (HopeFarms) und Wasser ad libitum. In einer ersten Versuchsreihe wurden bei 20 Tieren dreimal wöchentlich je 16 mg DÄNA/kg/KG subcutan bis zu einer Gesamtdosis von 768 mg/kg/KG verabreicht. Eine Woche nach Abschluß dieser Behandlung wurden 10 Tiere und 10 Tiere gleichen Alters ohne Behandlung teilhepatektomiert. 24 Stdn. später erhielten alle Tiere intraperitoneal 100 /xC 3H-Thymidin/Tier. Die restlichen 10 mit DÄNA behandelten Tiere dieser Versuchsgruppe und 10 unbehandelte Ratten erhielten die gleiche Menge 3 H-Thymidin ohne Teilhepatektomie. Sämtliche Tiere wurden zwei Stdn. nach der Thymidinapplikation getötet. Von den entnommenen Organen wurden HESchnitte und Histoautoradiogramme nach der StrippingFilm-Methode angefertigt. Es wurden 10 000 Parenchymzellen im Histoautoradiogramm ausgezählt. 7 [1940]. F. C. MANN, J. Mt. Sinai Hosp. N. Y. 11, 65 [1944]. R . B. HUROWITZ U . A. STUDER, A. M. A. Arch. Pathol. 69, 511 [I960]. N. RABINOVICI U. R . W I E N E R , Gastroenterology 4 0 , 416 [I960]. A. COSTA U. L. SMORLESI, Arch. De Vecchi anatom. pathol. 1 7 , 4 7 1 [1951]. A. H . ISLAMI, G. T. PACK U . J. C. HUBBARD, Cancer 1 1 , 663 [1958]. 8 F. STÖCKER, V. HÖPER, Wschr. 44, 675 [1966]. P . N. MAGEE U. J. M . [1956]. 9 10 11 S . PLATO BARNES, U. W. D . HEINE, Klin. Brit. J. Cancer 10, 114 SCHMÄHL, R. PREUSSMANN U . H . HAMPERL, Naturwissenschaften 47, 89 [I960]. C. THOMAS, Z . Krebsforsch. 64, 244 [1961], E . GRUNDMANN U . H . SIEBURG, Beitr. pathol. Anatom. 126, D. 57 [1962]. 12 H . DRUCKREY, A . SCHILDBACH, D . SCHMÄHL. R . PREUSSMANN U. S . IVANCOVICS, Unauthenticated Download Date | 5/11/16 7:11 PM Arzneimittel-Forsch. 13, 841 [1963]. In einer zweiten Versuchsreihe erhielten 40 Tiere zweimal wöchentlich subcutan je 40 mg DÄNA/kg/KG bis zu einer Gesamtdosis von 960 mg/kg/KG. Eine Woche nach Absetzen der Behandlung wurden alle Tiere teilhepatektomiert. Im Abstand von 4, 8, 12, 16, 20, 28, 32, 36 und 48 Stdn. nach Hepatektomie erhielten je 4 Ratten intraperitoneal 250 /uC 3H-Thymidin/ kg/KG. 40 gleichalte unbehandelte Ratten wurden teilhepatektomiert und in der gleichen zeitlichen Anordnung, bei gleicher Thymidin-Applikation untersucht. Alle Tiere wurden zwei Stdn. nach der Thymidininjektion getötet und die Organe histologisch untersucht. Die aufgenommene Aktivität an 3H-Thymidin wurde nach 13 K A L B E R E R und R U T S C H M A N N für 1,0 g Lebergewebe bestimmt. Dabei werden die Gewebsproben in Sauerstoffatmosphäre in einem geschlossenen System verbrannt. Die Aktivität enthaltenden Verbrennungsprodukte wurden in einer Absorptionslösung aufgenommen und im Flüssigkeits-Scintillations-Spektrometer gemessen. Ergebnisse In der ersten Versuchsreihe nach einer Gesamtdosis von 768 mg DÄNA/kg/KG zeigte die Leber der Tiere einen unterschiedlich starken Parenchymumbau. Bei der Hälfte der Versuchstiere traten Hepatome auf. Die Leber der mit DÄNA behandelten Tiere zeigte eine nachweisbare DNS-Synthese, während bei den unbehandelten Tieren, der Erfahrung entsprechend, der Markierungsindex unter 1 %o der Leberzellen liegt. Die Teilhepatektomie führte bei den mit DÄNA behandelten Tieren zu einem Anstieg im Markierungsindex, der etwa der Hälfte der Größe bei einer Leber von teilhepatektomierten, unbehandelten Tieren entspricht (Tab. 1). Behandlung 768 mg D Ä N A + T H 768 mg D Ä N A TH keine Markierungsindex in°/oo Mittlere Abweichung des Mittelwertes 172,2 28,8 311,5 0,7 ± 7,9 ± 3,5 ± 11,7 Tab. 1. Markierte Parenchymzellen 3 H-Index: 1. der DÄNALeber 24 Stdn. nach der Teilhepatektomie, 2. der DÄNALeber ohne Teilhepatektomie, 3. der normalen Leber 24 Stdn. nach der Teilhepatektomie und 4. der normalen Leber ohne Teilhepatektomie. In einer zweiten Versuchsreihe bei einer wöchentlichen Dosis von 80 mg DÄNA/kg/KG mit einer Gesamtdosis von 960 mg/kg/KG zeigten alle Versuchs13 F. KALBERER U. J. [1961]. RUTSCHMANN, Helv. chim. Acta 44, 1956 0 8 16 24 32 AO 48 h nach Teilhepatektomie Abb. 1. Inkorporierte 3 H-Thymidinmenge der normalen und der durch DÄNA geschädigten Leber zu verschiedenen Zeitpunkten nach Teilhepatektomie. Urwerte transformiert nach 2= 100(10 g x ) - 2 0 0 — • ... (Signifikanz , , durch .. . . Varianzanalyse gesichert.) tiere Lebercirrhosen. Das Lebergewicht der mit DÄNA behandelten Tiere betrug 9,4 ± 2,7% des Körpergewichtes, das der unbehandelten Kontrolltiere 3,7 + 0,2% des Körpergewichtes. Bei der Bestimmung der eingebauten Radioaktivität findet sich bei den unbehandelten Tieren der bekannte Anstieg der DNS-Synthese (Maximum bei 24 Stdn.). Die DNS-Synthese in der Leber der mit DÄNA behandelten Tiere liegt während der gesamten Regenerationszeit deutlich unter den entsprechenden Werten unbehandelter Tiere (Abb. 1). Diskussion Die vorliegenden Ergebnisse erbringen den Beweis dafür, daß nach Teilhepatektomie auch bei einer toxisch geschädigten Leber eine Regeneration des Organes erfolgt. Autoradiographische Untersuchungen (Markierungsindex) und die Bestimmung der Inkorporation an 3H-Thymidin in zwei unabhängigen Versuchsreihen zeigen, daß Ausmaß und die Intensität der Regeneration beim DÄNA vorbehandelten Tier geringer sind. Dabei ist zu berücksich- Unauthenticated Download Date | 5/11/16 7:11 PM tigen, daß die normale Leber mit der Leber eines im chronischen Versuch mit Diäthylnitrosamin behandelten Tieres nicht unmittelbar vergleichbar ist; die DÄNA behandelten Tiere zeigen eine vergrößerte Leber, es entstehen Lebercirrhosen. Die Frage, ob die Hepatektomie einen günstigen Einfluß auf die Lebercirrhose hat, läßt sich an unseren Befunden nicht klären. Es ist aber festzustellen, daß auch nach chronischer Substanzwirkung die regenerative Kapazität des Organes nachweisbar erhalten ist. Der Beginn der Regeneration ist bei der chronisch geschädigten Leber nicht verzögert. Über den Einfluß von Hydroxyenalen (4-Hydroxypent-2.3-toz«j-en-al-l) auf DNS und RNS von Ehrlich-Ascites-Tumorzellen E. SCHAUENSTEIN, W . WÖHL Und I. KRAMER Lehrkanzel für Biochemie der Universität Graz, Österreich (Z. N a t u r f o r s c h . 2 3 b , 5 3 0 — 5 3 7 [ 1 9 6 8 ] ; e i n g e g a n g e n a m 3 1 . J u l i 1967) Die cytotoxischen Wirkungen von HPE bei einer Konzentration von 5 - 1 0 " 3 Mol// während 30 Min. aerober Inkubation auf Ehrlich-Ascites-Tumorzellen werden cytospektrometrisch untersucht: 1. Der Gehalt an DNS, untersucht mit der F e u 1 g e n - Reaktion, erfährt keine signifikante Veränderung. 2. Die Intensität der Methylenblau-Färbung nimmt nach HPE-Behandlung drastisch ab, woraus auf einen teilweisen Verlust an RNS geschlossen wird. 3. In den unter HPE-Einwirkung entstandenen Plasmaextrusionen werden tatsächlich typische Nucleinsäure-Spektren erhalten, die der ausgetretenen RNS zugeordnet werden. Da diese Plasmaextrusionen jedoch auch sicher noch zusätzlich Proteine enthalten, werden sie als Ausdruck einer Desintegration des Cytoplasmas aufgefaßt. Die geschilderten Effekte konnten bei gesunden Leber-, Nieren- und weißen Blutzellen auch bei Anwendung viel höherer HPE-Konzentrationen nicht beobachtet werden. Über die selektiven cytotoxischen Eigenschaften verschiedener Hydroxyenale (HE), insbesondere Hydroxy octenal (HOE) gegenüber Ehrlich'schen Ascites-Tumorzellen (EATZ) wurde bereits mehrfach berichtet 1 ' 2 . Der schädigende Einfluß dieser Substanzen auf die Krebszellen äußert sich in mehrfacher Weise, nämlich in Stoffwechselblockaden, cytomorphologischen Veränderungen in vitro und Hemmung des Tumorwachstums in vivo. Bezüglich der cytomorphologischen Veränderungen sei insbesondere auf die früheren Untersuchungen gemeinsam mit R A T Z E N H O F E R und Z A N G G E R hingewiesen 2 ' 3 , in denen erstmals gezeigt werden konnte, daß es bei der Einwirkung von HOE auf EATZ zum Austritt kugeliger Plasmatropfen kommt (Stalagmose), die an Größe zunehmen, bis ihr Durchmesser den der Zelle erreicht oder gelegentlich 1 E . SCHAUENSTEIN, H . ESTERBAUER, H . J A A G U . M . T A U F E R , Mh. sogar übertrifft, worauf es schließlich zur Abschnürung der ausgetretenen Plasmatropfen und zur völligen Ablösung von der Zelle kommt (Stalagmoptyse). Die Stalagmose ist in ihren Anfangsstadien noch reversibel und nur mit einem teilweisen Verlust der Virulenz der Zellen verbunden, während die völlige Ablösung der Tropfen selbstverständlich irreversibel und ein Zeichen für den eingetretenen Zelltod ist. Cytomorphologische Effekte sowie Stoffwechselblokkaden bei den bisher untersuchten Zellen gesunder Organe und des Blutes, konnten nicht bzw. in ungleich geringerem Ausmaße beobachtet werden 112 ' 17 . Die Stalagmose erfaßt rund 95% der Zellen nach 30 Min. Inkubation in HE-Lösungen bei 5 - 1 0 - 3 Mol// Endkonzentration. Der Verlust der Virulenz tritt bei Verwendung von HOE ab 3 - 1 0 _ 3 M o l / / , bei Hydroxypentenal (HPE) ab 2 1 0 _ 3 M o l / / ein. Bei 3 Chem. 95,180 [1964]. 2 E . SCHAUENSTEIN, J . ZANGGER U . M . forschg. 19 b, 923 [1964], RATZENHOFER, Z . Natur- 4 M . RATZENHOFER U . J . ZANGGER, Beitr. pathol. Anatom, allg. Pathol. 130, H. 2, 243 [1964] bzw.: Verh. Dtsch. Ges. Pathol. 48. Tagung (1964), 121. W. BURKL, I. K R A M E R u. E . SCHAUENSTEIN, Z . Naturforschg. 22 b, 763 [1967]. Unauthenticated Download Date | 5/11/16 7:11 PM