Aktuelles: ONTARGET(R)-Ergebnisse: Weniger Nebenwirkungen für kardiovaskuläre Hochrisikopatienten Homepage: Rohrmoser L www.kup.at/ hypertonie Journal für Hypertonie - Austrian Journal of Hypertension 2008; 12 (2), 36-40 Online-Datenbank mit Autoren- und Stichwortsuche Offizielles Organ der Österreichischen Gesellschaft für Hypertensiologie www.hochdruckliga.at Member of the Indexed in EMBASE/Excerpta Medica/SCOPUS P. b . b . G Z 0 2 Z 0 3 1 1 0 6 M , V e r l a g s p o s t a m t : www.kup.at/hypertonie 3 0 0 2 P u r k e r s d o r f , E r s c h e i n u n g s o r t : 3 0 0 3 G a b l i t z NEUES AUS DEM VERLAG Abo-Aktion 2016 Wenn Sie Arzt sind, in Ausbildung zu einem ärztlichen Beruf, oder im Gesundheitsbereich tätig, haben Sie die Möglichkeit, die elektronische Ausgabe dieser Zeitschrift kostenlos zu beziehen. Die Lieferung umfasst 4–6 Ausgaben pro Jahr zzgl. allfälliger Sonderhefte. Das e-Journal steht als PDF-Datei (ca. 5–10 MB) zur Verfügung und ist auf den meisten der marktüblichen e-Book-Readern, Tablets sowie auf iPad funktionsfähig. P 聺 Bestellung kostenloses e-Journal-Abo Besuchen Sie unsere zeitschriftenübergreifende Datenbank 聺 Artikeldatenbank Die meistgelesenen Artikel: P Journal für Kardiologie P Journal für Hypertonie P Zeitschrift für Gefäßmedizin P P P 聺 Bilddatenbank 聺 Fallberichte Rubrik: Aktuelles ONTARGET®-Ergebnisse: Weniger Nebenwirkungen für kardiovaskuläre Hochrisikopatienten L. Rohrmoser Einleitung Die Bedeutung des Renin-Angiotensin-Systems (RAS) für die Entstehung kardiovaskulärer Erkrankungen wurde nicht zuletzt durch die HOPE-Studie in beeindruckender Weise gezeigt. Seither ist belegt, dass die Wirkung von Medikamenten, die das RAS positiv beeinflussen, weit über jene der Senkung des Blutdrucks hinaus geht. In der Folge wurden die Angiotensin1-Rezeptorblocker (AT1-Blocker, ARB) entwickelt, die spezifisch an den Subtyp 1 der zwei bekannten AngiotensinRezeptoren binden und damit gezielter wirken. Genauer gesagt bleibt der protektive Effekt des Angiotensin II erhalten, ebenso wie die vasodilatatorische Wirkung des Bradykinins, das wesentlich für die bei ACE-Hemmern häufigen Nebenwirkungen des trockenen Reizhustens und der Angioödeme verantwortlich ist [1, 2]. Dieser Effekt wurde nun erstmals in einer weltweit durchgeführten Studie belegt: An der randomisierten, doppelblinden, multizentrischen ONTARGET®-Studie nahmen insgesamt 25.600 kardiovaskuläre Hochrisikopatienten an 733 Zentren in 40 Ländern teil. Patienten mit ACE-Hemmer-Unverträglichkeit wurden in die TRANSCEND-Studie eingeschlossen, deren Ergebnisse im Herbst veröffentlicht werden (siehe unten). Die Ergebnisse von ONTARGET® wurden Ende März bei der jährlichen Tagung des American College of Cardiology (ACC) in Chicago präsentiert. Das Patientenkollektiv entsprach dabei jenem von HOPE [3]: Personen mit bestehender kardiovaskulärer Erkrankung oder Diabetes mit Spätfolgen, aber ohne Herzinsuffizienz. Aufgrund dieser Vorgeschichte waren die meisten bereits mit einem oder mehreren Kardiologika therapiert worden. In der Studie erhielten sie entweder 10 mg Ramipril, 80 mg Telmisartan oder eine Kombinationstherapie aus den beiden Arzneimitteln und wurden rund 5 Jahre lang verfolgt. Primäre Endpunkte waren kardiovaskulär bedingter Tod, Myokardinfarkt, Schlaganfall und Hospitalisierung aufgrund von Herzinsuffizienz, sekundäre Endpunkte das neue Auftreten von Herzinsuffizienz, Diabetes oder Vorhofflimmern, Demenz oder kognitiver Abbau, Nephropathie oder Revaskularisation. Gleich wirksam, aber besser verträglich HOPE wies für Ramipril eine relative Risikoreduktion bezüglich der kombinierten Endpunkte Herzinfarkt, Schlaganfall oder kardiovaskulärer Tod von 22 % nach. Das relative Risiko von Myokardinfarkt sank um 20 %, jenes für Insult um 32 %. Die Ergebnisse von ONTARGET® zeigen, dass Ramipril und Telmisartan in Hinblick auf diese primären, aber auch auf die sekundären Endpunkte der Studie gleichwertig waren [4]. 36 Doch ein signifikanter Unterschied zwischen den Medikamenten ließ sich finden: Die Nebenwirkungen waren bei Telmisartan geringer und die Therapietreue entsprechend höher. Insgesamt brachen 2029 Teilnehmer (23,7 %) der Ramipril-Gruppe und 1796 (21 %) der Telmisartan-Gruppe die Behandlung vorzeitig ab. Besonders ausgeprägt waren die Unterschiede bei Reizhusten und Angioödemen. 4,2 % der Patienten der Ramipril-Gruppe beendeten die Therapie vorzeitig aufgrund von Husten, gegenüber 1,1 % der Telmisartan-Gruppe (p < 0,001) (Abb. 1). Die entsprechenden Werte bei Angioödemen waren 0,3 vs. 0,1 % (p = 0,01). Jedoch brachen mehr Patienten der Telmisartan-Gruppe die Studie aufgrund hypotensiver Symptome ab (149 vs. 229, p > 0,001). Zum Zeitpunkt des Einschlusses in die Studie war der Wert bei 141/82, zum Zeitpunkt der Randomisierung in die 3 Arme bei 134/77. Danach blieben die Werte über 5,5 Jahre annähernd konstant, wobei die Patienten der Telmisartan- und der Kombinationsgruppe im gesamten Verlauf der Studie durchwegs etwas niedrigere Blutdruckwerte aufwiesen als jene der Ramipril-Gruppe. Die Kombinationstherapie brachte keine weiteren Vorteile bezüglich der primären Endpunkte – und das obwohl laut Studienautoren die zusätzliche Senkung der systolischen Blutdruckwerte von 2–3 mmHg theoretisch eine relative Risikoreduktion von 4–5 % hätte erbringen sollen –, jedoch eine deutlich höhere Anzahl an Abbrüchen aufgrund schlechter renaler Werte und von Problemen im Darmbereich (Durchfall) im Vergleich zu beiden Monotherapien, die diesbezüglich untereinander keine signifikanten Unterschiede aufwiesen. 1929 Patienten, die die Kombinationstherapie erhielten (22,7 % dieser Gruppe), stoppten die Einnahme beider Medikamente vor Studienende, zusätzliche 566 Teilnehmer (6,7 %) beendeten die Einnahme eines der beiden Arzneimittel. Die doppelte RAS-Blockade brachte also nicht die von manchen erhoffte Wirkung. Compliancevorteile bei langfristiger Behandlung Die Gleichwertigkeit der beiden Medikamente in der ONTARGET®-Studie bedeutet für die Praxis, dass Telmisartan das einzige Sartan ist, für das eine Risikoreduktion bei Hochrisikopatienten über die Blutdrucksenkung hinaus nachgewiesen werden konnte. Gerade für diese Patienten ist nun die Compliance besonders wichtig. Leider ist das aber nicht allen Betroffenen bewusst. Schließlich verursachen Hypertonie, Diabetes und hohe Cholesterinwerte keine unmittelbaren Schmerzen und ihre lang- J HYPERTON 2008; 12 (2) For personal use only. Not to be reproduced without permission of Krause & Pachernegg GmbH. Rubrik: Aktuelles Frühpensionierungen. In Österreich starben 2006 32.500 Menschen an den Folgen einer kardiovaskulären Erkrankung [5]. Zirka 15.000 erleiden jährlich einen Herzinfarkt und etwa 20.000 einen Schlaganfall. Die Todesrate beträgt etwa 11.600 bei diesen beiden Erkrankungen. Noch gravierender sind die Kosten der lebenslangen Behinderung, die nach einem solchen kardiovaskulären Ereignis entstehen kann. Derzeit leiden etwa 60.000 Menschen in Österreich an den Folgen eines Schlaganfalls [6]. Abbildung 1: Auftreten von Reizhusten und Angioödemen unter Telmisartan und Ramipril. © Merck Serono. fristige Bedeutung wird daher von manchen Patienten unterschätzt. Zudem handelt es sich bei jeder Hypertonie-Behandlung um eine langfristige, in der genannten Zielgruppe sogar um eine lebensbegleitende Therapie. Neben den spürbaren Nebenwirkungen wie Reizhusten oder Angioödemen weist Telmisartan auch noch Vorteile in Bereichen auf, die die Betroffenen zwar nicht direkt fühlen, die aber für den behandelnden Arzt von Bedeutung sind. Dazu gehört die hohe Lipophilie von Telmisartan. Durch die dadurch bedingte gute Gewebegängigkeit wird das lokale RAS in Endorganen wie Herz oder Niere besonders gut gehemmt. Auch die Halbwertszeit von 24 Stunden – die längste unter allen ARB – und die damit verbundene Einnahme einmal täglich ist ein weiterer Pluspunkt hinsichtlich der Compliance. Für Personen mit Nierenschäden ist Telmisartan der günstigste ARB, da es die geringste renale Elimination aufweist. Bis zu mittelgradiger Niereninsuffizienz ist daher keine Dosisanpassung notwendig. Ältere Patienten, die aufgrund ihrer Multimorbidität oft mit einer Vielzahl an Medikamenten konfrontiert sind, profitieren nicht nur von den geringen Nebenwirkungen Telmisartans, sondern schätzen auch jede Pille weniger, die sie einzunehmen haben. Bei jüngeren sind eine geringe Nebenwirkungsrate und eine hohe Compliance erforderlich, da hier die Einnahme besonders langfristig erfolgt. Prim. Univ.-Prof. Dr. Kurt Huber, Wilhelminenspital Wien, erklärte bei der Pressekonferenz zur Präsentation der Studienergebnisse im April in Wien: „Aufgrund der Datenlage sollte Telmisartan in der Indikation Sekundärprävention bei Hochrisikopatienten als erster Angiotensin-Rezeptorblocker (ARB) bei ACE-Hemmer-Unverträglichkeit Verwendung finden.“ Die wirtschaftliche Bedeutung der antihypertensiven Therapie Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind in Österreich immer noch die Todesursache Nummer 1, aber auch eine der Hauptursachen für Behinderungen, chronische Erkrankungen und 38 J HYPERTON 2008; 12 (2) Die Prävention dieser Erkrankungen bzw. ihrer Folgewirkungen ist daher auch für die Volkswirtschaften sowie für die Gesundheitskosten jedes einzelnen Staates von enormer Bedeutung. Und das gilt ganz abgesehen vom menschlichen Leid, das jeder Herzinfarkt oder Schlaganfall bei den Betroffenen, aber auch deren Familien auslöst, sowie den persönlichen Folgen etwa durch den Wegfall des Einkommens eines Familienmitglieds, den zeitlichen und nervlichen Aufwand für die Pflege eines Behinderten und die Kosten für eine bedarfsgerechte Unterbringung, ob im Heim oder zu Hause. Weitere Studien zu Telmisartan Die Bestätigung der guten Wirkung von Telmisartan im Vergleich mit Placebo folgt übrigens im Herbst, wenn die Ergebnisse der TRANSCEND-Studie vorgestellt werden [7, 8]. Die Studienpopulation von TRANSCEND – etwa 6000 Studienteilnehmer – unterscheidet sich von jener in ONTARGET® dadurch, dass hier nur Patienten mit ACE-Hemmer-Unverträglichkeit aufgenommen wurden. Weitere Studien zum Thema Telmisartan sind das PROTECTION-Studienprogramm mit 10 Studien mit über 6500 Patienten, deren Schwerpunkt auf einer möglichen protektiven Wirksamkeit von Telmisartan auf Niere und Herz bei Patienten mit Diabetes und renaler Dysfunktion unterschiedlicher Schweregrade liegt, sowie PRoFESS, das die Rolle von Telmisartan zusätzlich zur Standardtherapie mit Thrombozytenaggregationshemmern bei der Sekundärprävention von Schlaganfall untersucht und mit über 20.000 Patienten die größte Studie in dieser Indikation ist, die jemals durchgeführt wurde. Telmisartan wurde von Boehringer Ingelheim erforscht und wird in Österreich unter dem Handelsnamen Micardis® oder in Kombination mit Hydrochlorothiazid unter dem Namen MicardisPlus® von Merck Serono vertrieben. Fazit Der vorteilhafte Effekt auf kardiovaskuläre Hochrisikopatienten, der in der HOPE-Studie für Ramipril ermittelt wurde, ist nach der ONTARGET®-Studie auch bei Telmisartan zu finden. Die geringere Rate an Nebenwirkungen führte allerdings zu einer höheren Compliance und längerer Therapietreue der Patienten unter Telmisartantherapie. Rubrik: Aktuelles Literatur: 1. Ball SG, White WB. Debate: angiotensinconverting enzyme inhibitors versus angiotensin II receptor blockers – a gap in evidence-based medicine. Am J Cardiol 2003; 91: 15G–21G. converting-enzyme inhibitor, ramipril, on cardiovascular events in high-risk patients. N Engl J Med 2000; 342: 146–53. 4. The ONTARGET Investigators. Telmisartan, ramipril, or both in patients at high risk for vascular events. N Eng J Med 2008; 358: 1547–59. 2. Ferrario CM. Role of angiotensin II in cardiovascular disease: therapeutic implications of more than a century of research. J Renin Angiotensin Aldosterone Syst 2006; 7: 3–14. 5. Statistik Austria. 2008. http: //www.statistik.at/web_de/ statistiken/gesundheit/todesursachen/ todesursachen_ausgewaehlte/ index.html#index1 [Gesehen 24. 5. 2008]. 3. The Heart Outcome Prevention Evaluation Study Investigators. Effect of an angiotensin 6. Dachverband der Schlaganfallselbsthilfegruppen Österreichs: 40 J HYPERTON 2008; 12 (2) http: //www.schlaganfall-info.at/info/ was.html [Gesehen 24. 5. 2008]. 7. Unger T. The ongoing telmisartan alone and in combination with ramipril global endpoint trial program. Am J Cardiol 2003; 91: 28G–34G. 8. Yusuf S. From the HOPE to the ONTARGET and the TRANSCEND studies: challenges in improving prognosis. Am J Cardiol 2002; 89: 18A–26A. Korrespondenzadresse: Livia Rohrmoser A-3830 Waidhofen/Thaya, Puch 15 E-Mail: [email protected] Haftungsausschluss Die in unseren Webseiten publizierten Informationen richten sich ausschließlich an geprüfte und autorisierte medizinische Berufsgruppen und entbinden nicht von der ärztlichen Sorgfaltspflicht sowie von einer ausführlichen Patientenaufklärung über therapeutische Optionen und deren Wirkungen bzw. Nebenwirkungen. Die entsprechenden Angaben werden von den Autoren mit der größten Sorgfalt recherchiert und zusammengestellt. Die angegebenen Dosierungen sind im Einzelfall anhand der Fachinformationen zu überprüfen. Weder die Autoren, noch die tragenden Gesellschaften noch der Verlag übernehmen irgendwelche Haftungsansprüche. Bitte beachten Sie auch diese Seiten: Impressum Disclaimers & Copyright Datenschutzerklärung Fachzeitschriften zu ähnlichen Themen: P Journal für Kardiologie P Journal für Hypertonie Zeitschrift für Gefäßmedizin P Besuchen Sie unsere Rubrik 聺 Medizintechnik-Produkte P IntelliSpace Cardiovascular Philips Austria GmbH, Healthcare CT TAVI Planning mit syngo.CT Cardiac Function-Valve Pilot Siemens AG Österreich STA R Max Stago Österreich GmbH boso ABI-system 100 Boso GmbH & Co KG BioMonitor 2 BIOTRONIK Vertriebs-GmbH Die neue Rubrik im Journal für Kardiologie: Clinical Shortcuts In dieser Rubrik werden Flow-Charts der Kardiologie kurz und bündig vorgestellt Zuletzt erschienen: Interventionelle kathetergestützte Aortenklappenimplantation (TAVI) J Kardiol 2014; 21 (11–12): 334–7. Einsatz einer perioperativen Blockertherapie zur Reduktion von Morbidität und Mortalität J Kardiol 2015; 22 (1–2): 38–40. Diagnostik der Synkope J Kardiol 2015; 22 (5–6): 132–4. Kardiologische Rehabilitation nach akutem Koronarsyndrom (ACS) J Kardiol 2015; 22 (9–10): 232–5.