Wunden bei denen der Patient keine Heilung anstrebt, Josef Jenewein

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Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Wunden, bei denen der Patient keine
Heilung anstrebt: artifizielle Störungen
10. Wound Specialist Day
Prof. Dr. Josef Jenewein
Leitender Arzt
Konsiliar- und Liaisonpsychiatrie
Inhalt
§  Einführung: Fallbeispiel
§  Artifizielle Störungen und MünchhausenSyndrom
§  Wie erkennen?
§  Was tun?
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Artifizielle Störungen
§  Heterogene Krankheitsgruppe, deren Leitsymptom darin
besteht, dass die Betroffenen körperliche
Krankheitssymptome aktiv erzeugen, aggravieren und
manchmal vortäuschen, um auf diese Weise Aufnahme
in Krankenhäusern und meist invasive diagnostische
und operative Massnahmen zu erreichen.
§  Die Motivation besteht scheinbar darin, die
Patientenrolle anzunehmen und ist nicht von äusseren
Anreizen, z. B. finanziellem Gewinn, geprägt.
Artifizielle Störungen
•  Artifizielle Hauterkrankungen: Aufbringen von Säuren, Laugen und
anderen toxischen Substanzen, mechanische Manipulationen der
Haut, chronische Lymphödeme durch wiederholtes Strangulieren
von Gliedmassen, subkutanes Einspritzen von infizierten Lösungen,
Speichel etc.
•  Artifizielle Chirurgische Symptome: Wundheilungsstörungen und
rezidivierende Abszesse, Vortäuschen von abdominellen
Schmerzen, Stuhl- und Harnverhalt, Manipulation an
zentralvenösen Zugängen
•  Artifizielle internistische Symptome: Fieberzustände, Anämien,
Blutgerinnungsstörungen, hyperthyreote Störungen,
Hypoglykämien, rezidivierende septische Zustände durch
Selbstinjektion von infizierten Lösungen, kardiologische Symptome
durch Einnahme von Betablockern etc., Vortäuschung von
Haemoptysis durch Schlucken und anschließendes Erbrechen von
Blut
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Artifizielle Störungen
§  Die absoluten Prävalenzzahlen sind unsicher.
§  Artifiziellen Störungen: 0,6 bis 2 % bei allgemeinmedizinischen und bis zu 5 % bei dermatologischen
Patienten
§  Münchhausen-Syndrom: schwere Form mit
delinquentem Verhalten, Medikamentenmissbrauch etc.
sind sehr viel seltener und betreffen vorwiegend Männer
(etwa 10 % der Gesamtgruppe).
§  Artifizielle Krankheiten finden sich ganz bevorzugt bei
Frauen (80 %) und gehäuft bei Angehörigen des
medizinischen Personals (Pflege, Arzthelferinnen,
technischen Assistentinnen, auch Ärztinnen).
Artifizielle Störungen: Hinweise
§  Patienten suchen viele verschiedene Spitäler auf
§  Inkonsistente und irreführende Angaben
§  Untypischer Krankheitsverlauf: Wundheilungsstörung,
Antibiotikaresistenz, atypische Keime
§  Multiple (invasive) Abklärungen und Behandlungen mit wenig
konsistenten Resultaten und grosser Bereitschaft des Patienten
§  Symptome übersteigen den üblichen Verlauf
§  Erste Hinweise auf Manipulationen; unerwartete Verschlechterungen
vor Austritt
§  Erster Verdacht auf artifizielle Störung durch einen Behandler
§  Soziale Faktoren: wenig Besuch, inkonsistente Angaben (Lügen),
forderndes Verhalten, Auseinandersetzungen mit Behandlungsteams
§  Vehemente Ablehnung von psychiatrischer Betreuung
Christopher Bass, Peter Halligan; Lancet 2014; 383: 1422–32
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Christopher Bass, Peter Halligan; Lancet 2014; 383: 1422–32
Dissoziative Störungen (Konversionsstörungen): F44
§  Prävalenz: 1-2%
§  Dissoziative Amnesie
§  Dissoziative Fugue
§  Dissoziativer Stupor
§  Dissoziative Störung der
Bewegung oder Sinnesempfindung (Lähmungen,
Sensibilitätsstörungen, Anfälle
etc.)
§  Multiple Persönlichkeitsstörung
§  Ganser Syndrom
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Konstruktive Konfrontation
Vorbereitung:
§  alle Hinweise und möglichen Beweise Sammeln
§  Psychiatrischen Dienst miteinbeziehen, Besprechung mit
allen Beteiligten inkl. Hausarzt
Konfrontation:
§  Empathisch und nicht vorwurfsvoll („Es handelt sich um
eine Krankheit“!)
§  Hinweis, dass Behandlung trotzdem fortgeführt werden
kann, psychiatrische Unterstützung wichtig
§  Keine riskanten Abklärungen und Eingriffe mehr
durchführen
§  Dokumentation in Krankengeschichte und Information
des Hausarztes (Cave: Arztgeheimnis)
Therapie und Prognose
Therapie:
§  Schwierig wegen mangelnder Motivation und Einsicht;
bestehenden Persönlichkeitsstörungen z.T. mit
dissozialen Zügen; schweren vorbestehenden
Traumatisierungen
§  Harm reduction! Antidissoziative Techniken;
medikamentöse Behandlung (Antidepressiva,
Benzodiazepine)
Prognose:
§  Bei schwerer Ausprägung leider schlechte Prognose: nur
bei ca. 20% erfolgreiche Behandlungen
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