Bd. 346 (1966) 97 Jodtyrosin-Dejodasen von Leber und Skelett-Muskulatur unter verschiedenen Bedingungen des Jod-Stoffwechsels Von Harald Schäfer und Norbert Hartmann Aus dem Physiologisch-Chemischen Institut der Universität Greifswald (Der Schriftleitung zugegangen am 9. Mai 1966) In den vergangenen Jahren bestand sehr starkes Interesse an der Aufklärung der physiologischen Bedeutung dejodierender Enzyme1. Es wurden jedoch berechtigte Zweifel an der Realität der durch Flavin inononucleotid und Licht aktivierten Systeme in vivo angemeldet2. Diese Kriterien treffen für die in diesem Institut genauer untersuchte Jodtyrosin-Dejodase3' 4 nicht zu, was uns um so mehr veranlaßte, die Bedeutung dieser Dejodase unter verschiedenen Bedingungen des Jodstoffwechsels eingehender zu untersuchen. Wie bereits festgestellt, ist diese an charakteristischen Veränderungen im Stoffwechselgeschehen beteiligt5. Kürzlich veröffentlichte Befunde lassen auf den physiologischen Wirkungsort der in Leber und Muskulatur untersuchten Jodtyrosin-Dejodasen schließen (vgl. 1. c.1). An Hand der hier angeführten Befunde konnten mögliche Veränderungen der dejodierenden Aktivität als Folge des Aufarbeitungsprozesses ausgeschlossen werden. Weiterhin wurde die unterschiedliche Beeinflussung der Jodtyrosin-Dejodasen von Leber und Muskulatur unter der Wirkung von Thyroxin und MTU* in vivo und im Verlauf einer experimentellen Hyperthyreose untersucht. Material und Methodik Für die Versuche wurden 8 Monate alte zuchtreife Hauskaninchen verwendet; für jede Versuchsserie l Wurf. Bei nicht reinrassigen Würfen mußten die Tiere in ihren äußeren Merkmalen völlig übereinstimmen. Zwei Tiere eines Wurfes blieben jeweils als Kontrollen unbehandelt, die anderen erhielten entweder über die Dauer von 10 Tagen 0,25 mg pro kg Körpergewicht L-Thyroxin (La Röche) subkutan pro die oder 0,1 g pro kg Körpergewicht MTU (Philopharm) peroral pro die, in Versuchsserie III über 28 Tage und in Versuchsserie IV über 70 Tage. * Verwendete Abkürzung: MTU = Methylthiouracil. H. Schäfer, Ch. Voss, H.-J. Henschel u. N. Hartmann, diese Z. 341, 268 [1965]. 2 S. Lissitzky, X. Sympos. d. Dtsch. Ges. f. Endokrinologie, Wien 1963. 3 N. Hartmann, diese Z. 306, 107 [1956]; 316, 199 [1959]. 4 N. Hartmann, diese Z. 308, 157 [1957]. 5 N. Hartmann, Ch. Voss u. H. Schäfer, V. Internat. Biochemie-Kongr., Moskau 1961: Sekt. 5, 202. Korrelation zwischen Schilddrüsenaktivität und Dejodasewirkung der Gewebe. 1 Unauthenticated Download Date | 5/11/16 7:12 PM 98 H. Schäfer und N. Hartmann, Bd. 346 (1966) Weiterhin wurden im Spätherbst und Winter frettierte Wildkaninchen aus der Umgebung von Greifswald verwendet. Sie wurden gruppenweise aufgearbeitet; eine Gruppe einige Stdn. nach dem Fang, weitere l und 14 Tage nach dem Fang. Die Tiere blieben möglichst unbehelligt unter konstanten Stall- und Fütterungsbedingungen (Rüben, Heu- und Körnerfutter ad libitum, der Nahrung auf freier Wildbahn angepaßt). Allmorgendlich wurde bei allen Tieren das Gewicht kontrolliert. Die Aufarbeitung erfolgte bei 0° bis -f-3° im Kühlraum. Jeweils ein Tier wurde durch Nackenschlag betäubt, durch Stich ins Herz getötet und entblutet, sofort Leber und Muskulatur — erector trunci — exzidiert und in eiskalten M/15 Phosphatpuffer (Puffergemisch nach Sörensen), pH 8,0 geworfen, nach Abkühlen abgetupft, von Blut und Bindegewebe weitmöglichst befreit, gewogen, grob zerkleinert und unmittelbar darauf abgewogene Teüe der Leber l Min. und der Muskulatur P/2 Min. in eiskalter M/15 Phosphatpuffer-Lösung, pH 8,0, mit Hilfe eines Ultra-Turrax (Fa. Janke & Kunkel KG) unter Eiskühlung homogenisiert. Zur Glykogenbestimmung wurde bei der Exzision von zweiter Hand ein abgewogenes Stück Leber bzw. Muskulatur der Hauskaninchen sofort6 in kochende SOproz. KOH geworfen. Die Auf arbeitung erfolgte nach Walaas u. a. . Die Glykogenglucose wurde nach Frank und Kirberger 7 bestimmt. Die Anreicherung der Zellplasma-Dejodase von Leber und Muskulatur erfolgte in Anlehnung an die von H art mann (vgl. 1. c.4) verwendete Methode. Das Zellplasma-Eiweiß von Leber und Muskulatur wurde zwischen 40% und 55% (NH4)2S04-Sättig. ausgefällt. Diese Fraktion enthält die Hauptfermentaktivität der Zellplasma-Dejodase. Nähere Angaben über das Fraktionierungsverfahren vgl. 1. c.1. Fraktionen und Homogenate gelangten gleichzeitig 6—7 Stdn. (bzw. wie unter der Abbildung angegeben) nach Töten der Tiere zur Bebrütung in die Ansätze. Parallel liefen zur Kontrolle Versuche, in denen die Homogenate unmittelbar nach dem Homogenisieren in die Ansätze zur Bebrütung kamen. Zusammensetzung und Bebrütung der Ansätze vgl. 1.8 c.1. Das aus dem Dijodtyrosin freigesetzte Jodid wurde nach der von Hartmann angegebenen Methode potentiometrisch titriert. Alle Versuche wurden als Doppelversuche angesetzt. Für jedes Organ wurde der Organjodidgehalt und für jeden Versuch die Spontandejodierung des eingesetzten L-Dijodtyrosins im Verlaufe des Versuches ermittelt und in Rechnung gestellt. Die Spontandejodierung belief sich auf durchschnittlich 4% des fermentativ freigesetzten Jodids. Die Eiweißbestimmung erfolgte nach der Biuret-Methode von Bücher und Mitarbeitern9. Die exzidierten Schilddrüsen wurden sauber präpariert, in Formol fixiert, in Paraffin eingebettet und die Schnitte mit Hämatoxilin-Eosin gefärbt. Die Irrtumswahrscheinlichkeit p wurde nach dem -Test von Fischer und Student berechnet. Ergebnisse und Diskussion Zum Ausschluß störender Faktoren, welche von Einfluß auf die zu untersuchenden Veränderungen der dejodierenden Fermente sein konnten, wurden die mit der Dauer der Lagerung bzw. Aufarbeitung bei 0° bis +3° einhergehenden Veränderungen der dejodierenden Enzyme untersucht (s. Abbildung). 6 0. Walaas u. E. Walaas, J. biol. Chemistry 187, 769 [1950]. 7 H. Frank u. E. Kirberger, Biochem. Z. 320, 360 [1949/50]. 8 N. Hartmann, diese Z. 301, 60 [1955]. 9 G. Beisenherz, H. J. Boltze, Th. Bücher, R. Czok, K. H. Garbade, E. Meyer-Arendt u. G. Pfleiderer, Z. Naturforsch. 8b, 555 [1953]. Unauthenticated Download Date | 5/11/16 7:12 PM Bd. 346 (1966) Jodtyrosin-Dej odasen 99 10- Veränderungen der dejodierenden Aktivitäten in Leber- und Muskel-Homogenaten in Abhängigkeit von der Lagerungszeit bei 0 bis + 3°. Die Ansätze enthielten: Homogenat aus 0,3 g Leber (Frischgewicht) bzw. Homogenat aus 1,5 g Muskel (Frischgewicht) in jeweils 20 ml 0,2n Phosphatpuffer, pH 8; 35//Mol L-Dijodtyrosin in 5 ml 0,02N NaOH und 0,5 ml Toluol; zur Aktivierung in den entsprechenden Ansätzen 50mg Natriumpyruvat. Inkubation: ISStdn. bei 37°. und : Messung an 2 verschiedenen Tieren. Versuche mit (·) und ohne ( O ) Pyruvat im Ansatz. Der Abfall der dejodierenden Aktivität von Leber und Muskulatur über 4 bis 5 Stdn. bis zu einem über Stunden gleichbleibenden Niveau wird in Leber-Homogenaten reproduzierbar unter der Wirkung von Pyruvat in vitro ausgeglichen; die Aktivität steigt sogar ein wenig mit der Zeit an (rechts oben in der Abbildung). In Muskel-Homogenaten folgt einem abrupten Aktivitätsanstieg durch Pyruvat in vitro ein ebenso steiler Abfall bis zu Werten, die sich über mehrere Stunden konstant halten. Alle diese Veränderungen, die vermutlich auf die Wirkung von Begleitsubstanzen zurückzuführen sind, bleiben ohne Einfluß Unauthenticated Download Date | 5/11/16 7:12 PM H. Schäfer und N. Hartmann, 100 Bd. 346 (1966) auf Veränderungen der Dejodasen, welche diesen in vivo aufgeprägt sind. Dieselben Befunde wurden mit dem Überstand (10 Min. 12 000 X^) der Homogenate erhalten. In allen Versuchsserien zeigten die unmittelbar nach dem Homogenisieren zur Bebrütung gelangten Homogenate die gleichen charakteristischen Veränderungen wie die Homogenate, welche nach 6—7stdg. Stehenlassen bei 0° bis +3° in die Ansätze zur Bebrütung kamen. Ein nach 25stdg. Lagerung bei 0° bis +3° auftretender Aktivitätsanstieg ist nach unveröffentlichten Befunden möglicherweise auf nichtenzymatische Dejodierungsprozesse zurückzuführen. Auf eine Anreicherung der Zell-Eiweißfraktionen, welche längere Zeit in Anspruch nahm, mußte deshalb verzichtet werden. Zur Auslösung einer Hyperthyreose bei relativ jungen Hauskaninchen war ein Mehrfaches der Thyroxin-Dosis erforderlich, die in früheren Versuchen (vgl. 1. c.5) bei 3 Jahre alten Kaninchen für den gleichen Effekt benötigt wurde. Dabei war der Gewichtsverlust regelmäßig nachweisbar, histologisch das Bild einer Ruheschilddrüse; nicht sehr ausgeprägt war der Leber-Glykogenverlust nach 16stdg. Hungern. Das Muskel-Glykogen blieb unbeeinflußt (Tab. 1). In der älteren Literatur10 wird häufig über die bessere Verträglichkeit junger Individuen gegenüber Schilddrüsen-Hormonen berichtet. Von Bansi11 wurde kürzlich wieder darauf hingewiesen. Tab. 1. Leber- und Muskel-Glykogen nach 16stdg. Hungern und Thyroxin- bzw. MTU-Behandlung. n = Zahl der Versuchstiere. L-Thyroxin 10 Tage lang täglich 0,25 mg/kg Körpergewicht; MTU 28 Tage (Vers. III) bzw. 70 Tage (Vers. IV) lang 0,1 g/kg Körpergewicht. (Vgl. method. Teil.) Versuchsserie I II III IV Leber-Gly kogen[%] Thyroxin-beKontrolltiere handelte Tiere n=2 n =3 Muskel-Gty'kogen [%] Thyroxin-beKontrolltiere handelte Tiere n =2 n=3 4,2 ± 1,91 4,6 ± 1,20 1,4 ± 0,35 1,6 ± 0,41 0,62 ± 0,09 0,67 ± 0,23 0,65 ± 0,10 0,74 ± 0,07 Kontrolltiere n =2 MTU-behandelte Tiere n =3 Kontrolltiere n =2 MTU-behandelte Tiere n =3 5,9 ± 0,08 5,3 ± 2,60 5,6 ± 0,40 5,3 ± 0,17 0,61 ± 0,12 0,48 ± 0,12 0,58 ± 0,25 0,42 ± 0,04 Die bei frettierten Wildkaninchen durch das Schreckerlebnis ausgelöste thyreogene Alarmreaktion wird offenbar eingeleitet durch den plötzlichen Austritt der gespeicherten Schilddrüsen-Hormone mit 10 J. Abelin in A. Bethe, G. v. Bergmann, G. Embden u. A. Ellinger, Handb. d. normalen und patholog. Physiologie, Bd. XVI, I, S. 104—105, SpringerVerlag, Berlin 1930. 11 H. W. Bansi, X. Sympos. d. Dtsch. Ges. f. Endokrinologie, Wien 1963. Unauthenticated Download Date | 5/11/16 7:12 PM Bd. 346 (1966) Jodtyrosin-Dejodasen 101 nachfolgender gesteigerter Neusynthese1'12. Eine Beteiligung des Hypophysen-Nebennierenrinden-Systems wurde von Kr ach t13 ausgeschlossen. Hier liegen die Ergebnisse einer Versuchsserie vor (Tab. 2, Versuchsserie V). Wie an anderer Stelle ausführlich erörtert (vgl. 1. c.1), fällt trotz individueller, alters-, geschlechts- und biotopbedingter Verschiedenheit des Tiermaterials eine relativ gute Reproduzierbarkeit der Ergebnisse in den Versuchen mit Wildkaninchen auf. Bei weitem nicht so einheitlich wird die Applikation der relativ hohen Thyroxin-Dosen von Hauskaninchen beantwortet. Tiere mit auch nur geringgradig abweichenden äußeren Merkmalen eines nicht reinrassigen Wurfes waren für diese Versuche nicht verwendbar. Exogen angebotenes Thyroxin tritt in seiner Wirkung als krankheitsauslösende Noxe hinter der unter pathophysiologischen Bedingungen durch Schreck ausgelösten Schilddrüsen-Überfunktion zurück. Unter dem Bild einer artifiziellen Hyperthyreose sind die Aktivitäten der jodtyrosin-dejodierenden Fermente der Skelettmuskulatur eindeutig erhöht, gleichermaßen die der angereicherten Dejodase. (Tab. 2, Versuchsserie I und II.) Zu einem eindrucksvollen Aktivitätsanstieg kommt es auch im Skelettmuskel-Homogenat des Wildkaninchens (Tab. 2, Versuchsserie V), allerdings erst einen Tag nach dem initialen Überangebot an Schilddrüsen-Hormon (l Tag nach dem Frettieren; vgl. 1. c.1). Demgegenüber ist die dejodierende Aktivität der angereicherten Dejodase der Muskulatur und der Leber zur Zeit des initialen Überangebots an Schilddrüsenhormon stark erhöht (Tab. 2, Versuchsserie V, 4—5 Stdn. nach dem Frettieren) und fällt in der Phase der Neusynthese ab (l Tag nach dem Frettieren). Thyroxin-Gaben beeinflussen die jodtyrosin-dejodierende Aktivität der Leber unterschiedlich. Ein deutlicher, signifikanter Aktivitätsabfall im Homogenat wie in der angereicherten Dejodase ist in Versuchsserie II (Tab. 2) nachweisbar. Demgegenüber zeigt die dejodierende Aktivität der Leber-Fraktion der Versuchsserie I (Tab. 2) einen signifikanten Anstieg; im Homogenat ist dieses nicht sicher nachzuweisen. Über eine erniedrigte jodtyrosin-dejodierende Aktivität von LeberSclmitten nach Thyroxin-Medikation wurde berichtet (vgl. 1. c.5). Im Gegensatz zu den erheblichen Veränderungen der jodtyrosindejodierenden Aktivität im Skelettmuskel-Homogenat der thyreotoxischen Wildkaninchen bleiben die Aktivitäten der Leber-Homogenate über den Verlauf der Erkrankung hin im Rahmen einer gewissen biologischen Streubreite auf einem Niveau. 12 W. E i c k h o f f , Schilddrüse und Basedow, G.-Thieme-Verlag, Stuttgart 1949; J. Kracht u. U. Kracht, Virchow's Arch, pathol. Anatom. Physiol. klin. Med. 321, 238 [1952]; I. Meissner, J. Kracht u. W. Diller, Naunyn-Schmiedebergs13Arch. exp. Pathol. Pharmakol. 216, 424 [1952]. J. Kracht, Acta endocrinol. [Copenhagen] 15, 355 [1954]. Unauthenticated Download Date | 5/11/16 7:12 PM H. Schäfer und N. Hartmann, 102 Bd. 346 (1966) Tab. 2. Aktivitäten der Dejodasen in Homogenaten und Zell-Eiweißfraktionen von der beobachteten Differenzen (p) im Vergleich zur jeweiligen Kontrolln = Zahl der T4-behandelte Tiere: Versuchsserie I und II10 Tage lang 0,25 mg/kg Körpergewicht IV) 70 Tage lang 0,1 g/kg Körpergewicht MTU. Versuchsserie V: 4—5 Stdn. Ansätze und Inkubation vgl. Legende zur Abbildung; die Ansätze für Leber- bzw. bzw. 2,1 g Muskel Leber-Homogenat Leberohne Pyruvat | mit Pyruvat ohne Pyruvat Versuchsserie I. Spezif. Aktivität Kontroll-Tiere 2,9 ± 0,4 81,3 ± 0,7 3,2 ±0 n=2 T4-behand. Tiere 113% ± 19% 93% ± 3,5% 122% ± 28% n =3 O 5) O 5) « 0,1) Versuchsserie I. Gesamtaktivität Kontroll-Tiere 222 ± 16 6265 ± 303 260 ±0 n=2 T4-behand. Tiere 134% ± 24% 150% ± 6,5% 109% ± 4,9% n =3 « 0,27) « 0,1) (<1) Versuchsserie II. Spezif. Aktivität Kontroll-Tiere 41,1 ± 0,4 1,17 ± 0 1,29 ± 0,07 n =2 T4-behand. Tiere 86% ± 6,3% 53% ±43% 60% ± 13% 71 = 3 (<5) « 0,1) (<1) Versuchsserie II. Gesamtaktivität Kontroll-Tiere 31,3 ± 3,9 1098 ± 106 39,7 ± 7,8 n=2 Thyroxin-behand. 78,1% ±4,7% 51,4% ± 39,8% 53,7% ± 12,4% Tiere (<5) « 0,1) « 0,1) n =3 Versuchsserie III. Spezif. Aktivität 42,4 ± 4,1 1,59 ± 0,1 Kontroll-Tiere 1,06 ± 0,2 n=2 MTU-behand. Tiere 125% ± 15% 171% ± 10% 96% ± 10% ri = 3 (<5) O 5) « 0,1) Versuchsserie IV. Spezif. Aktivität Kontroll-Tiere 90,0 ± 6,6 5,49 ± 0,8 12,1 ± 1,2 n =2 133% ± 33% MTU-behand. Tiere 117% ± 84% 104% ± 3,9% n =2 O 5) O 5) O 5) Versuchsserie V. Spezif. Aktivität 0* n =3 ITag 7i = 3 14 Tage n=3 3,98 ± 0,4 97,7% O 5) 73,2% O 5) 52,08 ± 5,1 93,7% O 5) 118,5% O 5) * 4—5 Stdn. nach dem Frettieren nochmals nachgeschreckte Tiere, die im Anschluß daran Unauthenticated Download Date | 5/11/16 7:12 PM 103 Jodtyrosin-Dej odasen Bd. 346 (1966) Leber und Skelettmuskulatur. In Klammern: Wahrscheinlichkeit der Zufälligkeit gruppe (= 100%) bzw. der 1. Versuchsgruppe in Versuchsserie V. Versuchstiere. L-Thyroxin; MTU-behandelte Tiere (Versuchsserie III) 28 Tage bzw. (Versuchsserie bzw. l Tag bzw. 14 Tage nach dem Frettieren aufgearbeitete Wildkaninchen. Muskel-Fraktionen enthielten Zell-Eiweißfraktionen aus 0,3 g Leber (Frischgewicht) (Frischgewicht). Fraktion Muskel-H omogenat mit Pyruvat ohne Pyruvat mit Pyruvat nMol Jodid/mg Eiweiß 2,86 ± 0,6 3,63 ± 0,6 94,9 ± 2,8 Muskel-Fi aktion ohne Pyruvat mit Pyruvat 1,72 ±0,4 241% ±48% 236% ± 48% 123% ± 7,0% 88% ± 8,8% « 0,1) « 0,1) « 0,1) « 0,1) ! Jodid/g Organ X g Organ- Gewicht /kg Körpergewicht 7290 ± 222 144% ± 13% « 0,1) nMol Jodid/mg Eiweiß 125,5 ± 2,9 0,48 ± 0,1 2,68 ± 0,3 0,95 ± 0 480% ± 202% 203% db 49% 84% ± 5,2% 216% ± 128% (<5) « 0,1) « 0,1) (<6) ! Jodid/g Organ g Organ- Gewicht /kg Körpergewicht 3842 ± 643 8,08 db 0,8 181% db 28% « 0,1) 5,42 db 0,3 127% ± 16% (<5) 66,9% ± 2,9% «0,1) nMol Jodid/mg Eiweiß 118,0 ± 5 5,0 ± 0,3 30% ± 19% 87% ± 11% « 0,1) (<5) nMol Jodid/mg Eiweiß 134,8 ± 4,1 2,68 ± 0,4 110% ± 9,0% 147% ± 37% O 5) (>ö) nMol Jodid/mg Eiweiß 129,9 ± 7,2 37,1% O 0,1) 53,1% (<1) 6,28 ± 1,6 137,9% (<2) 141,7% O 5) 5,8 ± 2,5 1,9 ± 0,3 13 ± 2,6 48% ± 55% O 5) 33% ± 12% « o,i) 31% ±9,3% « 0,1) 5,79 ± 1,3 4,64 ± 0,4 33 ± 3,5 84% ± 32% O 5) 121% db 5,6% «'S) 73% ± 14% (<1) 8,29 ± 2,4 140,9% (<1) 120,1% («5) 3,30 ± 0,2 61,6% « 0,2) 43.3% « 0,2) sofort aufgearbeitet wurden. Unauthenticated Download Date | 5/11/16 7:12 PM 104 H. Schäfer und N. Hartmann, Bd. 346 (1966) Die aus diesen Leber-Homogenaten angereicherten Dejodasen zeigen in ihren dejodierenden Aktivitäten über den Verlauf der Erkrankung hin die gleichen Veränderungen wie die in gleicher Weise angereicherten Skelettmuskulatur-Dejodasen. Aus den im Verlauf gleichförmigen Veränderungen wurde auf eine funktioneile Einheit dieser Zellplasma-Dejodasen von Leber und Muskulatur unter pathophysiologischen Bedingungen geschlossen (vgl. 1. c.1). Das unterschiedliche Verhalten der dejodierenden Aktivitäten in Homogenaten und angereicherten Eiweißfraktionen gegenüber dem gleichen Substrat in den Verlaufsuntersuchungen läßt die Wirkung anderer unter diesen Bedingungen auch dejodierender Fermente im Homogenat vermuten, die sich, möglicherweise eingeordnet in andere Regulationsmechanismen, in den Aktivitäten abweichend verändern. Auch die Wirkung hemmender und aktivierender Substanzen im Homogenat kommt in Betracht. Eine Anreicherung der jweils zu untersuchenden Dejodase scheint zumindest für die Beurteilung seiner physiologischen Bedeutung an Hand dieser Befunde unerläßlich. Bei den Verlaufsuntersuchungen an Wildkaninchen fällt die geringe Beteiligung der Gesamt-Leber — gemessen an der dejodierenden Aktivität der Homogenate gegenüber Dijodtyrosin — an Veränderungen im Dejodierungsgeschehen im Vergleich mit Aktivitätsveränderungen in Muskel-Homogenaten auf. Dies läßt auf die Bedeutung der Leber für andere Stoffwechselwege im Abbau der Schilddrüsenhormone und ihrer Metabolite schließen (vgl.14). Bei den unterschiedlichen Aktivitätsveränderungen in den Lebern der mit Thyroxin behandelten Tiere muß daneben eine toxische Wirkung des in unphysiologisch hohen Dosen applizierten Thyroxins — besonders im Falle eines signifikanten Aktivitätsabfalls — in Betracht gezogen werden. Pyruvat hat im Vergleich mit anderen Aktivatoren15 eine besonders nachhaltig aktivierende Wirkung auf die von N. Hartmann beschriebene Jodtyrosin-Dejodase (vgl. 1. c.4). In allen Versuchen wurden deshalb in vitro mit Pyruvat aktivierte Ansätze mitgeführt. Nur im Homogenat und der Zell-Eiweißfraktion der Leber bewirkt Pyruvat eine drastische Aktivitätserhöhung, weit weniger deutlich in der ZellEiweißfraktion der Muskulatur. Die dejodierende Aktivität der Skelettmuskel-Homogenate wird durch Pyruvat in vitro sehr wenig oder gar nicht beeinflußt. Die in vivo den Dejodasen aufgeprägten Veränderungen bleiben durch Pyruvat in vitro unbeeinflußt, d. h. Pyruvat in vitro vermag die Wirkung eines erhöhten Thyroxinangebots in vivo auf die Jodtyrosin-Dejodasen nicht zu verändern. Bei der geringen Enzymaktivität (bzw. Konzentration) in der Muskulatur dürfte die Verfüg14 I. R. Tata, Biochim. biophysica Acta [Amsterdam] 28, 95 [1958]; I. R. Tata,15 Proc. Soc. exp. Biol. Med. 95, 362 [1957]. N. Hartmann, Gemeins. Tagung d. Deutsch., Franz, u. Schweiz. Biochem., Zürich 1960: Die Auswirkung einiger Vitamine und Hormone auf den Jodstoffwechsel. Unauthenticated Download Date | 5/11/16 7:12 PM Bd. 346 (1966) Jodtyrosin-Dejodasen 105 barkeit an Pyruvat — soweit dieses dem Enzym in der Zelle zugänglich ist — nicht als limitierender Faktor oder als verantwortlich für die Veränderungen der dejodierenden Aktivitäten angesehen werden. Eine Abhängigkeit der Dejodierung vom Glykogengehalt der jeweils untersuchten Organe, wie früher beobachtet worden war (vgl. 1. c.4), konnte in der Leber nicht immer nachgewiesen werden (Tab. l u. 2, vgl. auch 1. c.1). Unter ausgeglichenen Stoff Wechselbedingungen läuft ein höherer Glykogengehalt einer höheren Dejodierungsrate parallel (vgl. 1. c.4). Unter abgewandelten Bedingungen kann auch bei hohem Glykogengehalt eine erniedrigte Dejodierung vorkommen, wie unsere Versuche zeigen. Eine extrathyreoidale Wirkung von Thiouracilverbindungen ist auch an Jodtyrosin-Dejodasen nachweisbar. So berichtete unlängst M. L. Maayan 1 6 von einer Aktivierung der Jodtyrosin-Dejodase der Rattenschilddrüse nach 6-n-Propyl-thiouracil-Medikation, wohl als Folge einer Dauerstimulierung des thyreotropen Hormons. I. Röche (zit. in16) beobachtete diese Wirkung nur an der Meerschweinchenschilddrüse. In Leber-Homogenaten und aus diesen gewonnenen Zell-Eiweißfraktionen mit MTU behandelter normaler Tiere fanden wir — in Versuchsserie III und IV (Tab. 2) — die dejodierende Aktivität nicht nennenswert beeinflußt. Ein Aktivitätsanstieg ist angedeutet. In vorangegangenen Untersuchungen (vgl. 1. c.5) wurde ein Anstieg der dejodierenden Aktivität an Leberschnitten nachgewiesen. M. L. Maayan (vgl. 1. c.16) beobachtete in Leber-Homogenaten von normalen, hypophysektomierten oder mit 6-n-Propyl-thiouracil behandelten Ratten keine Aktivitätsunterschiede und vermutet eine unterschiedliche Beeinflußbarkeit von Schilddrüsen- und Leber-Tyrosin-Dejodasen durch thyreotropes Hormon. Zu einem über SOproz. Aktivitätsabfall kommt es demgegenüber bei den Skelettmuskel-Dejodasen der Versuchsserie III (Tab. 2); nicht eindeutig ist der MTU-Effekt bei den Tieren der Versuchsserie IV (Tab. 2) nachweisbar; die Dauer der Medikation ist offenbar von Einfluß (Serie III 28 Tage, Serie IV 70 Tage). Diese Minderung der dejodierenden Aktivität der Muskulatur ist sowohl durch eine indirekte MTU-Wirkung — in Form eines reduzierten Angebotes an Schilddrüsenhormon und in Folge davon einer erhöhten Sekretion von thyreotropem Hormon — als auch durch einen direkten MTU-Effekt an der Dejodase erklärbar. E. Herrera u. a.17 fanden in neuerlichen Versuchen die Annahme bestätigt, daß die Beeinflussung der Stoffwechselwirkung der Schilddrüsen-Hormone durch PropyltMouracil18 sehr wahrscheinlich 16 M. L. Maayan, Endocrinology 75, 747 [1964], dort zitiert: I. Röche, 0. Michel, A. Gorbman u. S. Lissitzky. 17 E. Herrera, F. Escobar del Rey u. G. Morreale de Escobar, Endocrinology 73, 744 [1963]. 18 N. R. Stasilli, R. L. Kroc u. R. Edlin, Endocrinology 66, 872 [I960]; F. Escobar del Rey, G. Morreale de Escobar, M. D. Garcia Garcia u. I. Mouriz Garcia, Endocrinology 71, 859 [1962]. Unauthenticated Download Date | 5/11/16 7:12 PM 106 H. Schäfer und N. Hartmann, Bd. 346 (1966) in Verbindung zu bringen ist mit einer Hemmung von Dejodierungsprozessen während des intrazellulären Abbaus der Schilddrüsen-Hormone19. Auffallend ist der Einfluß von MTU auf die Wirkung von Pyruvat in vitro. Absolut wird die dejodierende Aktivität durch in vitro zugesetztes Pyruvat erhöht; es ist aber regelmäßig eine, wenn auch nur geringgradige, so doch deutliche Minderung in der Aktivierung nachweisbar, wenn die Tiere — in vivo — MTU erhielten. Das gilt für Leberwie auch Muskel-Dejodasen. So kann unter der Wirkung von Pyruvat in vitro auch die dejodierende Aktivität der Leber nach MTU-Behandlung erniedrigt sein (Versuchsserie III, Tab. 2). Auch die angereicherte Muskel-Dejodase ist in Versuchsserie IV (Tab. 2) unter dieser Wirkung erniedrigt. Es liegt demnach eine direkte Wirkung des MTU auf den durch Pyruvat bewirkten Aktivierungsmechanismus vor. An der Aufklärung des Mechanismus der Wirkung von MTU sowohl auf die Jodtyrosin-Dejodase als auch auf die durch Pyruvat ausgelöste Aktivierung wird gearbeitet. Zusammenfassung Es wurden die Veränderungen der dejodierenden Aktivität gegenüber L-Dijodtyrosin in Homogenaten und Zellplasma-Eiweißfraktionen von Leber und Muskulatur unter der Wirkung von Thyroxin- und Methylthiouracil- Gaben sowie der Verlauf einer Schreckthyreotoxikose bei Kaninchen untersucht. Die Ergebnisse wurden miteinander verglichen und diskutiert. Die Jodtyrosin dejodierende Aktivität der Muskulatur ist nach Thyroxin-Gaben erhöht, auch im Falle einer akuten Hormonabgabe aus der Schilddrüse. Methylthiouracil bewirkt eine Minderung der Aktivität. Die Jodtyrosin dejodierenden Fermente der Leber erwiesen sich als sehr aktiv, aber kaum beeinflußbar. Die angereicherten ZellplasmaDejodasen von Leber und Muskulatur verändern sich unter pathophysiologischen Bedingungen gleichförmig und lassen auf eine funktionelle Einheit schließen. Eine toxische Thyroxin-Wirkung auf die Leber-Jodtyrosin-Dejodase ist anzunehmen. Die aktivierende Rolle des Pyruvats wurde diskutiert. Methylthiouracil — in vivo appliziert — wirkt hemmend auf die Aktivierung durch Pyruvat in vitro. Die Möglichkeit und Notwendigkeit einer Anreicherung der Jodtyrosin-Dejodasen zur Untersuchung ihrer physiologischen Bedeutung im Jod-Stoffwechsel wurde untersucht. 19 F. Escobar del Rey u. G. Morreale de Escobar, IVth International Goitre Conference, London 1960 in R. Pitt-Rivers, Advances Thyroid Res., S. 74, Pergamon Press, Oxford 1961. Unauthenticated Download Date | 5/11/16 7:12 PM Bd. 346 (1966) Jodtyrosin-Dejodasen 107 Summary Changes in the L-Diiodotyrosine-deiodinating activity of homogenates and cell plasma protein fractions from liver and muscle were studied after the administration of thyroxine or methylthiouracil to rabbits, and during fright thyrotoxicosis. The results were compared and discussed. The deiodinating activity of muscle is increased after thyroxine dosage, even in cases of acute loss of hormone from the thyroid gland. Methylthiouracil causes a decrease of activity. The iodotyrosine-deiodinating enzymes of liver show very high activity towards substrates, but are otherwise almost unaffected. The purified cell plasma deiodinases of liver and muscle show the same changes under pathophysiological conditions, which suggests a single functional unit. Thyroxine seems to be toxic to the liver iodotyrosine-deiodinase. The activating role of pyruvate is discussed. Methylthiouracil, administered in vivo, caused an inhibition of the activating effect of pyruvate in vitro. The possibility and necessity for purifying the iodotyrosine deiodinases, for the purpose of studying their physiological importance in iodine metabolism, is discussed. Dr. Harald Schäfer, Physiologisch-Chemisches Institut der Universität X 22 Greifswald, Eubenow-Straße 3. Unauthenticated Download Date | 5/11/16 7:12 PM